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Konkomitantes Auftreten von Lichen sclerosus und
                                                      Hashimoto-Thyreoiditis
                                                              Eberz B, Regauer S
                 Journal für Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel - Austrian
               Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism 2009; 2 (3), 7-10

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Austrian Journal of Clinical Endocrinology and Metabolism
                                               Metabolism
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Manual der chirurgischen Krebstherapie
       Herausgeber: Österreichische Gesellschaft für
       Chirurgische Onkologie
       1. Auflage 2011; ISBN 978-3-901299-60-5
       356 Seiten, brosch., Format A4.
       Verkaufspreis: € 95.00
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Lichen sclerosus und Hashimoto-Thyreoiditis

           Konkomitantes Auftreten von Lichen sclerosus
                  und Hashimoto-Thyreoiditis
                                                                          B. Eberz1, S. Regauer2

  Kurzfassung: Der Lichen sclerosus (LS) zählt zu           mit LS ein Screening auf TPO- und TG-Antikör-      tients, a serological screening for autoimmune
  den chronisch entzündlichen Hauterkrankungen,             per. Bei erhöhten Titern sollte eine Abklärung     diseases was performed. Pathological eleva-
  der auf dem Boden einer Immundysregulierung               mittels Schilddrüsensonogramm sowie eine Be-       tions of autoantibodies to thyroglobulin (TG)
  entsteht. Per 01.06.2009 war die Prävalenz des            stimmung von basalem „thyroid-stimulating          and/or thyroid peroxidase (TPO) were found in
  klinisch und stanzbioptisch diagnostizierten              hormone“ (TSH), freiem T3 und freiem T4 erfol-     58/263 LS patients (23 %). In 50/263 (19 %) of
  anogenitalen Lichen sclerosus in einer allge-             gen. In der Schilddrüsensprechstunde sollten       our LS patients, Hashimoto’s thyroiditis was
  mein gynäkologischen Praxis in Mürzzuschlag               Frauen mit Hashimoto-Thyreoiditis gezielt nach     confirmed by sonography of the thyroid gland.
  9,1 % (278/3040 Patientinnen). Die frühzeitige            chronischen bzw. rezidivierenden anogenitalen      25 of these 50 LS patients with Hashimoto’s thy-
  Abklärung chronischer Vulvabeschwerden unter              Beschwerden, insbesondere Pruritus, Brennen        roiditis (50 %) had a prior diagnosis and were
  standardmäßiger Einbeziehung einer Vulvabiop-             oder Dyspareunie befragt werden. Bei positiver     known to be hypothyroid. In the other 50 % (25
  sie erlaubte es, auch Frühformen des LS zu er-            Anamnese ist eine Zuweisung an einen auf           patients!), however, the primary diagnosis of
  fassen. Nach klinischer und stanzbioptischer              Vulvaerkrankungen spezialisierten Facharzt für     Hashimoto’s thyroiditis was made only after se-
  Diagnose eines LS wird in Anlehnung an die                Gynäkologie sinnvoll.                              rological screening during the routine workup
  „Guidelines for the Management of Lichen Scle-                                                               for a diagnosis of vulvar LS. Due to the high per-
  rosus“ [1] ein serologisches Screening auf Auto-                                                             centage of occult Hashimoto’s thyroiditis in LS
  antikörper (TPO-AK, TG-AK, Parietalzell- und              Abstract: Concomitant Occurrence of Lichen patients, we recommend a screening for TPO
  antinukleäre Antikörper) durchgeführt. Bei 263            Sclerosus and Hashimoto’s Thyroiditis. Lichen and TG autoantibodies in all patients with vulvar
  unserer 278 LS-Patientinnen wurde ein serologi-           sclerosus (LS) is a chronic inflammatory skin dis- LS. Pathological elevation of one or both values
  sches Screening auf Autoimmunerkrankungen                 ease with an immune dysregulation as the un- should be followed by sonography of the thyroid
  durchgeführt. Insgesamt hatten 58/263 LS-Pati-            derlying cause. As of June 1, 2009, 278/3040 gland and serological analysis of basal TSH,
  entinnen pathologisch erhöhte Thyroidperoxida-            patients of a practicing gynecological physician free T3, and T4. Specialists in thyroid disease
  se- (TPO-) und/oder Thyreoglobulin- (TG-) Anti-           in Mürzzuschlag had a clinically and biopsy- should be aware of the strong association of
  körpertiter (23 %), davon 50/263 (19 %) auch              proven anogenital LS, commensurate with a thyroid disease and anogenital LS. Women with
  eine sonographisch bestätigte Hashimoto-Thy-              prevalence of 9.1 %. The standard procedure of a diagnosis of Hashimoto’s thyroiditis should be
  reoiditis. Bei 50 % dieser Hashimoto-Patientin-           obtaining skin biopsies in patients with chronic questioned specifically for chronic vulvar symp-
  nen war bereits im Vorfeld eine Hypothyreose              vulvar symptoms allowed the detection of early toms, in particular for pruritus, burning pain, and
  bekannt, bei den restlichen 25 Patientinnen han-          stages of LS. Every patient with an initial diag- dyspareunia. In case of a positive history, pa-
  delte es sich allerdings um eine Erstdiagnose im          nosis of LS in this practice undergoes routine tients should be referred for further evaluation
  Rahmen des Screenings für LS. Aufgrund der                serological screening for autoantibodies follow- to a gynecologist with experience in vulvar dis-
  hohen Prävalenz von Hashimoto-Thyreoiditis in             ing the “Guidelines for the Management of Li- eases. J Klin Endokrinol Stoffw 2009; 2 (3):
  LS-Patientinnen empfehlen wir bei allen Frauen            chen Sclerosus” [1]. In 263/278 of our LS pa- 7–10.

 „ Einleitung                                                                         en, Klitoris und des Introitus mit teils atrophen, teils hypertro-
                                                                                      phen Hautveränderungen (Abb. 3). Als Symptome werden
 Der Lichen sclerosus (LS) zählt zusammen mit Psoriasis und                           neben chronisch rezidivierendem, oft quälendem Juckreiz
 Lichen planus zu den chronisch-entzündlichen Hauterkran-                             auch Schmerzen und Dyspareunie genannt, vor allem bei Rha-
 kungen. Der LS kann in jeder Altersgruppe und in beiden                              gadenneigung und Verengung des Introitus vaginae. Lokali-
 Geschlechtern auftreten, und betrifft bevorzugt die Anogeni-                         sationsabhängig können bei periurethraler bzw. perianaler
 talregion. Er zeigt einen chronischen schubweisen Verlauf                            Mitbeteiligung auch Dysurie und Defäkationsschmerzen so-
 mit Phasen der Remission und Exazerbation. Obwohl der LS                             wie Hämatochezie auftreten. Der LS ist oft auch schon in den
 eine Erkrankung beider Geschlechter ist [2, 3], wird er immer                        frühen Stadien mit einer erheblichen Einschränkung der Le-
 noch häufiger bei Frauen diagnostiziert. Klinisch präsentiert                        bensqualität verbunden. Die betroffenen Frauen stehen unter
 sich das Krankheitsbild in seiner Frühform mit Rötungen,                             einem hohen Leidensdruck, insbesondere, da das Bild der
 Furchen und Rhagaden (Abb. 1), Pigmentunregelmäßigkeiten                             Frühform wenig bekannt ist und somit häufig falsch interpre-
 (Abb. 2) und diskreten weißlich-glatten Plaques der betroffe-                        tiert und somit auch inadäquat therapiert wird. Eine diagnosti-
 nen Hautareale. Die Spätform ist durch Veränderungen der                             sche Abklärung von chronischen anogenitalen Beschwerden
 Vulvaarchitektur gekennzeichnet, insbesondere dominieren                             sollte daher stanzbioptisch auch schon bei nur diskreten
 Schrumpfungs- und Sklerosierungsprozesse der kleinen Labi-                           makroskopischen Veränderungen erfolgen [1]. Häufig wird
                                                                                      die Diagnose allerdings erst im fortgeschrittenen, „ausge-
                                                                                      brannten“, irreversiblen Stadium als Blickdiagnose gestellt.

 Aus der 1Praxis Dr. Eberz, Mürzzuschlag, und dem 2Institut für Pathologie,           Über die Prävalenz des LS in der (weiblichen) Bevölkerung
 Medizinische Universität Graz                                                        gibt es kaum Daten. Schätzungen reichen von 1:60 (1,7 %)
 Korrespondenzadresse: Dr. med. Barbara Eberz, Praxis für Gynäkologie und Geburts-    bei Patientinnen einer amerikanischen allgemeingynäkologi-
 hilfe, A-8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 3/II, E-Mail: eberz.barbara@medway.at       schen Praxis [4] bis 1:1000 bei Patienten an einer dermato-

                                                                                                                      J KLIN ENDOKRINOL STOFFW 2009; 2 (3)          7

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Lichen sclerosus und Hashimoto-Thyreoiditis

                       ion                                                                                                 on
                    ers                                                                                                 rsi
                  tv                                                                                                  ve
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           he                                                                                                    P
        Sie                                                                                   iehe
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Abbildung 1: 41-jährige Patientin mit frühem Lichen sclerosus: Rötung, Furchen,     Abbildung 3: 83-jährige Patientin mit fortgeschrittenem Lichen sclerosus: Schrump-
Rhagade.                                                                            fung des Genitales, „buried clitoris“, verengter Introitus vaginae, Pigment-
                                                                                    unregelmäßigkeiten.

                                                                                    Die chronisch-lymphozytäre Thyreoiditis/Hashimoto-Thy-
                                                                                    reoiditis ist eine Autoimmunerkrankung. Auch hier sind die

                                       ion                                          auslösenden Faktoren, die zum Krankheitsausbruch führen,
                                                                                    noch nicht hinreichend geklärt. Diskutiert werden genetische,

                                    ers                                             infektiöse und endokrinologisch-hormonelle Faktoren [6, 23–

                                intv                                                25]. Die exogene Zufuhr von hohen Joddosen (z. B. jodhalti-

                              Pr                                                    ge Kontrastmittel) scheint eine relativ gesicherte Rolle zu

            he
                                                                                    spielen, über die mögliche Mitbeteiligung der Jodierung von

         Sie                                                                        Nahrungsmitteln wird kontrovers diskutiert. Histologisch ist
                                                                                    das Krankheitsbild durch fokale oder diffuse T-Lympho-
                                                                                    zyteninfiltrate gekennzeichnet, die letztendlich zu einer Zer-
                                                                                    störung des Schilddrüsengewebes führen und für die typi-
                                                                                    schen, zur Diagnosestellung wesentlichen Veränderungen im
                                                                                    Ultraschallbild der Schilddrüse verantwortlich sind (inhomo-
Abbildung 2: 53-jährige Patientin mit frühem Lichen sclerosus: diskrete weißliche   genes und echoarmes Parenchym). Serologisch können in
Plaques, Pigmentunregelmäßigkeiten.                                                 > 80 % der Erkrankten Antikörper gegen Thyroidperoxidase
                                                                                    (Anti-TPO-AK) und in 35–60 % Antikörper gegen Thyreo-
                                                                                    globulin (Anti-TG-AK) nachgewiesen werden.
logischen Klinik [2]. Die Ätiologie des LS ist nach wie vor
ungeklärt. Der LS wird aber heute als multifaktorielle Erkran-                      Die Stoffwechsellage kann vor allem am Beginn der Erkran-
kung verstanden, die sowohl genetische, hormonelle und                              kung durch eine Hyperthyreose, im weiteren Verlauf dann
infektiöse auslösende Faktoren haben kann [5–7]. Die Haut-                          durch eine zunehmende Schilddrüsenunterfunktion gekenn-
manifestationen und Veränderungen im betroffenen Gewebe                             zeichnet sein. Dementsprechend „bunt“ ist hier auch oft das
werden durch Lymphozyteninfiltrate hervorgerufen. Im Infil-                         Symptombild, wodurch die Diagnose erschwert werden kann.
trat finden sich bis zu 20 % T-Lymphozyten mit einem mono-
klonal rearrangierten γ-Kettengen des T-Zellrezeptors [8, 9].                       Zur Diagnosesicherung wird neben der Klinik und dem sero-
Histologisch ist ein dichtes bandförmiges Entzündungsinfil-                         logischen Nachweis der schilddrüsenspezifischen Antikörper
trat entlang der Basalmembran mit Übergreifen auf das Epi-                          in erster Linie die Sonographie der Schilddrüse eingesetzt,
thel zu erkennen. Im aktiven Krankheitsstadium typisch ist                          eine histologische Diagnosesicherung durch Feinnadelpunk-
eine lymphozytäre Vaskulitis [10]. Die charakteristischen                           tion ist selten nötig.
histopathologischen Merkmale des fortgeschrittenen LS, d. h.
irreversible Sklerose, Verlust von Blutgefäßen, Atrophie von                        Die Prävalenzangaben für die Hashimoto-Thyreoiditis beru-
Epidermis und Dermis sind durch Zytokinsekretion der Lym-                           hen in Westeuropa in erster Linie auf Schätzungen: 1–2 % für
phozyten zu erklären. LS-Patienten leiden oft zusätzlich an                         Fälle mit Hashimoto-Thyreoiditis in Kombination mit einer
systemischen Autoimmunerkrankungen, insbesondere an                                 Hypothyreose bzw. 6–8 % für subklinische Verläufe.
Hashimoto-Thyreoiditis, Vitiligo, Alopezia areata und Psori-
asis [2, 11–18]. Auch der Nachweis von Parietalzell-Antikör-                        Frauen sind 10–15× häufiger betroffen als Männer. In der
pern und Autoimmungastritis ist beschrieben [19]. Obwohl                            Literatur werden Assoziationen mit zahlreichen anderen auto-
bisher weder krankheitsspezifische Antigene noch LS-spezi-                          immunologischen Krankheitsbildern bei 25 % der Patienten
fische Autoantikörper identifiziert wurden, wird der LS als                         beschrieben. Die Haut betreffend kommen in erster Linie
Immundysregulierung verstanden [20–22].                                             Vitiligo und Alopezia areata vor [26, 27].

8      J KLIN ENDOKRINOL STOFFW 2009; 2 (3)
Lichen sclerosus und Hashimoto-Thyreoiditis

„ Patienten und Methoden                                        bei unauffälligem Sonogramm in regelmäßiger Observanz.
                                                                Insgesamt 58 Frauen (55 Stammkollektiv, 3 Sekundärzuwei-
Die allgemeingynäkologische Praxis der Autorin befindet         sungen) der 263 LS-Patientinnen (23 %) hatten pathologisch
sich in Mürzzuschlag, einer Bezirkshauptstadt mit ca. 10.000    erhöhte TPO- und/oder TG-Antikörpertiter. Die konsekutive
Einwohnern mit nur einer weiteren gynäkologischen Praxis        Abklärung mittels Schilddrüsensonographie bestätigte in 50/
im Umkreis von etwa 60 km. 3040 Frauen werden als Stamm-        263 (19 %) das Krankheitsbild der Hashimoto-Thyreoiditis.
patientenkollektiv zumindest einmal jährlich untersucht, wo-    8/58 dieser LS-Patientinnen mit erhöhten Titern hatten ein
bei das Spektrum Routinekontrollen, geburtshilfliche Unter-     unauffälliges Sonogramm. Bei 25/50 (50 %) der Hashimoto-
suchungen, Karzinomvor- und -nachsorge sowie Untersu-           Patientinnen war bereits eine Hypothyreose bekannt, bei den
chungen bei diversen Beschwerden/Problemstellungen be-          restlichen 25 Patientinnen handelte es sich allerdings um eine
inhaltet. Seit etwa 5 Jahren besteht ein konkreter Schwer-      Erstdiagnose im Rahmen des Routinescreenings für LS. Allen
punkt in der Diagnostik und Therapie vulvärer bzw.              Patientinnen mit pathologischen TPO- und/oder TG-Antikör-
anogenitaler Krankheits- und Beschwerdebilder. Dadurch          pern wurde die Bestimmung des basalen TSH und der freien
sind seit etwa einem Jahr zusätzlich zum Stammpatienten-        Schilddrüsenhormone fT3 und fT4 empfohlen. Bei 23/25
kollektiv etliche Patientinnen durch Sekundärzuweisungen        Frauen mit bekannter Hashimoto-Thyreoiditis bestand eine
hinzugekommen.                                                  substitutionspflichtige Schilddrüsenunterfunktion, die restli-
                                                                chen 2 benötigten noch keinen Schilddrüsenhormonersatz.
Bei rezidivierenden oder persistierenden, therapieresistenten   Von den neu diagnostizierten Patientinnen waren 8/25 (32 %)
anogenitalen Beschwerden/Symptomen und/oder entspre-            hypothyreot und somit substitutionspflichtig, bei 14/25 Pati-
chenden makroskopischen Hautveränderungen wird nach ge-         entinnen (56 %) bestand noch Euthyreose und in 3 (12 %)
nauer Anamnese eine Stanzbiopsie in Lokalanästhesie durch-      Fällen waren die schilddrüsenspezifischen Stoffwechsel-
geführt. Optimalerweise erfolgt die Entnahme an mindestens      parameter zum Zeitpunkt der Publikation noch nicht be-
2 Hautstellen unter Berücksichtigung des Punctum maximum        stimmt. Eine hyperthyreote Stoffwechsellage wurde bei
der sichtbaren Veränderungen und der Beschwerden. Der           keiner der Patientinnen gefunden. Keine der 8 Frauen mit er-
Stanzdurchmesser soll nicht < 4 mm betragen. Die Stanz-         höhtem TPO- und/oder TG-Antikörpertiter und unauffälli-
biospie wird sehr gut toleriert, da sie rasch und für die Pa-   gem Schilddrüsensonogramm wies eine Hypo- oder Hyper-
tientin schmerzarm durchführbar ist. Die Beurteilung der        thyreose auf.
Biopsate erfolgt am Pathologischen Institut der Medizini-
schen Universität Graz durch eine Expertin sowohl für
Gynäko- als auch Dermatopathologie. Nach klinischer und         „ Diskussion
stanzbioptischer Diagnose eines LS wird in Anlehnung an die     Die Prävalenz des LS beträgt im Patientenkollektiv der
„Guidelines for the Management of Lichen Sclerosus“ [1] ein     Autorin 9,1 %. Die frühzeitige Abklärung chronischer Vulva-
Screening auf Autoantikörper (TPO-AK, TG-AK, Parietal-          beschwerden unter standardmäßiger Einbeziehung einer Vul-
zell-Antikörper und antinukleäre Antikörper) durchgeführt.      vabiopsie erlaubte es, auch Frühformen des LS zu erfassen.
Die Auswertung erfolgt an der Universitätsklinik für Innere     Unsere Prävalenz ist somit wesentlich höher als bisher in der
Medizin in Graz. Bei Vorliegen von erhöhten TPO- und/oder       Literatur beschrieben und lässt den Schluss auf eine hohe
TG-Antikörpertitern wird den betroffenen Frauen die Durch-      Dunkelziffer unerkannter (früher) Fälle in der weiblichen
führung einer klinischen und sonographischen Untersuchung       Durchschnittsbevölkerung zu. Systematische Screeningunter-
der Schilddrüse sowie einer laborchemischen Kontrolle des       suchungen auf Schilddrüsenautoantikörper in großen LS-Pa-
basalen TSH und der freien Schilddrüsenhormone fT3/fT4          tientenkollektiven sind selten. Die von uns gefundene Präva-
durch einen Facharzt für Innere Medizin empfohlen. Im Be-       lenz von pathologisch erhöhten TPO- und TG-Antikörper-
darfsfall werden dann noch ergänzende Untersuchungen, wie       titern (23 %) und Hashimoto-Thyreoiditis (19 %) ist im Ver-
z. B. ein Schilddrüsenszintigramm oder -sonogramm veran-        gleich zur Durchschnittsbevölkerung (6–8 %) um das 2–3-
lasst.                                                          Fache erhöht. Auffällig ist, dass die Hälfte der Hashimoto-
                                                                Thyreoiditis-Diagnosen Erst- bzw. Zufallsbefunde im Rah-
„ Ergebnisse                                                    men des Screenings waren. Immerhin ein Drittel dieser neu-
                                                                diagnostizierten Fälle benötigte zum Zeitpunkt der Diagnose-
Per 01.06.2009 war von den 3040 in regelmäßiger Kontrolle       stellung bereits eine medikamentöse Substitution mit Schild-
befindlichen Frauen des Stammpatientinnenkollektivs bei         drüsenhormonen. Diese Daten unterstreichen die Bedeutung
278 ein anogenitaler LS diagnostiziert. Dies entspricht einer   des Screening-Angebots für LS-Patienten. Der Großteil der
Prävalenz von 9,1 % in diesem Kollektiv. Die Anzahl aller       Hashimoto-Thyreoiditis zeigt leichte Erkrankungsverläufe
Patientinnen mit einer Diagnose LS inklusive bereits verstor-   mit z. T. unklaren und schwer zuordenbaren Symptomen wie
benen Frauen und Sekundärzuweisungen betrug 292; die            Müdigkeit, Abgeschlagenheit und Konzentrationsproblemen,
Untersuchungsergebnisse von 263 Frauen wurden für diese         die dennoch die Lebensqualität einschränken können. Einige
Arbeit ausgewertet. Bei 260 dieser 263 Patientinnen wurde       der durch Schilddrüsenunterfunktion hervorgerufenen Symp-
ein serologisches Screening auf Autoimmunerkrankungen           tome wie Zyklusstörungen, Sub- und Infertilität, Libido-
durchgeführt. Zwei der 3 zugewiesenen, nicht gescreenten        verminderung sowie Schleimhauttrockenheit betreffen den
Frauen hatten bereits eine Diagnose einer Hashimoto-Thy-        gynäkologischen Bereich. Aus diesem Kontext heraus wäre es
reoiditis mit erhöhten Schilddrüsenautoantikörpern und typi-    sinnvoll, bei der Anamneseerhebung in der Schilddrüsen-
schen sonographischen Veränderungen der Schilddrüse, die        sprechstunde auch nach anogenitalen/gynäkologischen Be-
dritte Patientin war wegen Erhöhung von TPO-Antikörpern         schwerden zu fragen.

                                                                                         J KLIN ENDOKRINOL STOFFW 2009; 2 (3)   9
Lichen sclerosus und Hashimoto-Thyreoiditis

                                                                                                 and atrophicus. Br J Dermatol 1981; 104:        tients with lichen sclerosus. Br Med J 1974;
  „ Relevanz für die Praxis                                                                      563–6.
                                                                                                 12. Meyrick Thomas RH, Ridley CM, Black
                                                                                                                                                 4: 78–9.
                                                                                                                                                 20. Powell J, Wojnarowska F, Winsey S,
                                                                                                 MM. The association of lichen sclerosus et      Marren P, Welsh K. Lichen sclerosus pre-
  Aufgrund der hohen Prävalenz von Hashimoto-Thyreoidi-                                          atrophicus and autoimmune-related disease       menarche: autoimmunity and immunogenet-
  tis in LS-Patientinnen empfehlen wir bei allen Frauen mit                                      in males. Br J Dermatol 1983; 109: 661–4.       ics. Br J Dermatol 2000; 142: 481–4.
  bestätigtem LS ein immunologisches Screening, das auch                                         13. Thomas RH, Ridley CM, Black MM.             21. Regauer S. Immune dysregulation in
                                                                                                 Lichen sclerosus et atrophicus associated       lichen sclerosus. Eur J Cell Biol 2005; 84:
  TPO- und TG-Antikörper beinhaltet. Bei erhöhten Titern                                         with systemic lupus erythematosus. J Am         273–7.
  eines oder beider Parameter sollte eine weiterführende                                         Acad Dermatol 1985; 13: 832–3.                  22. Regauer S, Beham-Schmid C. Detailed
                                                                                                 14. Meyrick Thomas RH, Ridley CM, McGibbon      analysis of the T-cell lymphocytic infiltrate
  Abklärung mittels Schilddrüsensonogramm sowie eine                                             DH, Black MM. Lichen sclerosus et atrophicus    in penile lichen sclerosus: an immunohis-
  Bestimmung von basalem TSH, freiem T3 und freiem T4                                            and autoimmunity – a study of 350 women.        tochemical and molecular investigation.
                                                                                                 Br J Dermatol 1988; 118: 41–6.                  Histopathology 2006; 48: 730–5.
  erfolgen. In der Schilddrüsensprechstunde sollten Frauen
                                                                                                 15. Farrell AM, Marren PM, Wojnarowska F.       23. Daneshpazhooh M, Mostofizadeh GM,
  mit bestätigter Hashimoto-Thyreoiditis auch gezielt nach                                       Genital lichen sclerosus associated with        Behjati J, Akhyani M, Robati RM. Anti-thy-
  chronischen bzw. rezidivierenden Beschwerden im Vulva-                                         morphoea or systemic sclerosis: clinical and    roid peroxidase antibody and vitiligo: a con-
                                                                                                 HLA characteristics. Br J Dermatol 2000;        trolled study. BMC Dermatol 2006; 6: 3.
  bereich, inbesondere Pruritus, Brennen oder Dyspareunie                                        143: 598–603.                                   24. Kimura H, Caturegli P. Chemokine orches-
  befragt werden. Bei positiver Anamnese ist eine Zuwei-                                         16. Vaccaro M, Guarneri F, Borgia F, Cannavò    tration of autoimmune thyroiditis. Thyroid
                                                                                                 SP, Benvenga S. Association of lichen           2007; 17: 1005–11.
  sung an einen auf Vulvaerkrankungen spezialisierten Fach-                                      sclerosus and autoimmune thyroiditis: pos-      25. Jacobson EM, Huber A, Tomer Y. The
  arzt für Gynäkologie sinnvoll.                                                                 sible role of Borrelia burgdorferi? Thyroid     HLA gene complex in thyroid autoimmunity:
                                                                                                 2002; 12: 1147–8.                               from epidemiology to etiology. J Autoimmun
                                                                                                 17. Simpkin S, Oakley A. Clinical review of     2008; 30: 58–62.
                                                                                                 202 patients with vulval lichen sclerosus:      26. Kakourou T, Kanaka-Gantenbein C,
                                                                                                 A possible association with psoriasis.          Papadopoulou A, Kaloumenou E, Chrousos
                                                                                                 Australas J Dermatol 2007; 48: 28–31.           GP. Increased prevalence of chronic autoim-
                                                                                                 18. Eberz B, Berghold A, Regauer S. High        mune (Hashimoto’s) thyroiditis in children
                                                                                                 prevalence of concomitant anogenital lichen     and adolescents with vitiligo. J Am Acad
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                                                                                                   und Gastarzttätigkeit an der gynäkologisch-
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                                                 ment in vulvar lichen sclerosus and squamous      geburtshilflichen Abteilung des Landeskran-
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10      J KLIN ENDOKRINOL STOFFW 2009; 2 (3)
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