Homöopathie passt nicht ins "politische Weltbild"
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Homöopathie passt nicht ins „politische Weltbild“ Medienmitteilung des „Schweizerischen Das renommierte britische Medizin- Vereins homöopathischer Ärztinnen und Fachjournal „The Lancet“ verkündet in der Ärzte“ vom August 2005 zur Publikation Ausgabe vom 27. August 2005 „Das Ende der „PEK-Studie“ von Prof. Matthias der Homöopathie“. Das Lancet publiziert Egger, Uni Bern, im „The Lancet“. (PEK = Ergebnisse einer Homöopathie-Studie, die Programm Evaluation Komplementärmedizin) im Rahmen des Programms Evaluation Komplementärmedizin PEK unter der Der SVHA hat bereits vor der Publikation Leitung von Professor Matthias Egger vom der Homöopathie-Studie von Prof. Matthias Institut für Sozial- und Präventivmedizin Egger von der Universität Bern im April ISPM der Universität Bern verfasst wurde. 2005 gravierende inhaltliche und formale Die Studie kommt zum Schluss, die Mängel an derselben offen gelegt. Das For- Wirkung von Homöopathie beruhe auf dem schungsdesign wird der Homöopathie nicht Placebo-Effekt. Im Editorial schreibt das gerecht. Basierend auf den Resultaten ist Lancet, Ärzte müssten mit den Patienten ab die Aussage unhaltbar, Homöopathie wirke heute über den „Mangel an Wirkung“ Klar- nicht besser als ein Scheinmedikament (Pla- text sprechen. Der Schweizerische Verein cebo). Das britische Medizin-Fachjournal homöopathischer Ärztinnen und Ärzte „The Lancet“ kündete darauf in seiner Aus- SVHA hat in einer Medienorientierung am gabe vom 27. August 2005 „Das Ende der 21. April 2005 gravierende inhaltliche und Homöopathie“ an. Diese Aussage stützt formale Mängel der Studie offen gelegt. sich auf die Resultate der Studie, welche im Rahmen des Programms Evaluation Kom- Ungeeignete Methodik plementärmedizin „PEK“ verfasst wurde. Die Forscher um Professor Egger Anlass der Lancet-Publikation dürfte haben eine so genannte Meta-Analyse be- ein vor kurzem bekannt gewordener Ent- stehender Untersuchungen verfasst. Sie ver- wurf eines WHO-Reports sein, welcher der gleichen die Resultate von 110 homöopathi- Homöopathie ein gutes Zeugnis ausstellt. schen mit 110 schulmedizinischen Studien. Aus ideologischen Gründen stemmen sich Die Studie untersucht ausschliesslich rando- viele Forscher gegen die Tatsache, dass misierte kontrollierte Studien (RTC), die be- Homöopathie heilt. Sie untermauern ihre kanntlich im Bezug auf komplexe Heil- defensive Haltung mit dem Argument, dass verfahren nur eine bedingte Aussagekraft die Wirkung von Homöopathie mit klassi- haben. Die Studien missachten die Praxis schen Forschungsmethoden nur schwer der Homöopathie, in der die Wahl des Arz- nachweisbar sei. Der SVHA fordert eine neimittels fast immer individuell erfolgt. bessere Zusammenarbeit von Schulmedizin und Homöopathie. Ideologische Graben- Die wissenschaftliche Problematik kämpfe behindern den Fortschritt in der lässt sich leicht verstehen: Das Symptom Medizin. Im Interesse der Patienten ist Kopfweh, um ein Beispiel zu nennen, kann diejenige Methode zu wählen, welche den viele Ursachen haben. Schulmediziner be- besten Behandlungserfolg erzielt. kämpfen Kopfweh immer mit denselben
schmerzlindernden Medikamenten. Homöo- PEK-Schlussbericht ein gutes Zeugnis aus- pathen bekämpfen keine Symptome, sie gestellt. suchen die Ursachen des Kopfwehs und ver- schreiben für dasselbe Symptom unter- Im Entwurf des PEK-Schlussbe- schiedliche Medikamente. Während das richtes vom 14. März 2005 schlägt der schulmedizinische Medikament das Kopf- Bewertungsausschuss vor, die Homöopa- weh unterdrückt, soll das homöopathische thie im Leistungskatalog der Grundversi- Mittel den Selbstheilungsprozess auslösen cherung zu belassen. Aus politischen und und die Störung beheben. Doppelblind- weltanschaulichen Überlegungen wurden Studien, bei denen die Patienten nach einer die Empfehlungen im Schlussbericht vom Zufallsauswahl entweder das Schmerzmittel 24. April 2005 jedoch gestrichen. X oder das Homöopathika Y einnehmen sind für die Messung der Wirksamkeit der Homöopathie nur bedingt geeignet. Kann Professor Egger keine Wirkung nachwei- Anlass der Publikation sen, so heisst dies nicht, dass keine Wirkung besteht („the absence of proof is not the Das Medizinal-Journal „The Lancet“ proof of absence“). dürfte der „Egger-Studie“ so viel Gewicht beimessen, weil der vor kurzem bekannt ge- wordene Entwurf eines WHO-Reports der Einseitige Interpretation Homöopathie ein gutes Zeugnis ausstellt. Das „Lancet“ zitiert den Bericht: Trotz Verletzung homöopathischer Grundlagen ist es in einer grossen Zahl von „Die Mehrzahl der wissenschaftli- Homöopathiestudien gelungen, die experi- chen Studien in den letzten 40 Jahren mentelle Wirkung und die klinische Wirk- haben gezeigt, dass Homöopathie gegen- samkeit nachzuweisen. In fast allen grossen über Placebo überlegen ist und der kon- Übersichtsstudien, Metaanalysen und syste- ventionellen Medizin in der Behandlung matischen Reviews erweist sich die Ho- von Menschen und Tieren gleichgestellt möopathie als wirksam. Es gibt mehr als 20 werden kann.“ wissenschaftliche Studien, die zum Teil viel umfangreicher sind als die Berner Studie. Das Forscherteam um Prof. Matthias Das Weltbild vieler konservativer Egger erklärt und hinterfragt in keiner Wei- Forscher wird erschüttert, wenn die Homöo- se die diametral entgegengesetzten Ergeb- pathie beim Patienten eindeutig wirkt, ob- nisse ihrer Studie, obwohl diese auf weit- wohl ihr Wirkungsmechanismus mit her- gehend ähnlichem Studienmaterial aufbaut. kömmlichen wissenschaftlichen Verfahren nur schwer erklärbar ist. Schulmedizin und Komplementärmedizin sind durch weltan- schauliche Gräben getrennt, die einen sa- Positive Resultate seit 40 Jahren chlichen Diskurs erschweren. Im Rahmen des Programms Evalua- tion Komplementärmedizin PEK wurden Der konventionellen Schulmedizin mehrere Studien zur Homöopathie durchge- mit ihrem naturwissenschaftlich-materia- führt. Mit Ausnahme der Studie von Profes- listischen und mechanistischen Ansatz sor Egger kamen die Forscher mehrheitlich steht das ganzheitliche Menschenbild der zu positiven Resultaten. Obwohl der PEK- Komplementärmedizin gegenüber, das Schlussbericht nur die Studie Egger aus- Seele, Geist und Körper als Einheit ver- führlich vorstellt, wird der Homöopathie im steht.
Forderung des SVHA doch, unter denen die Hälfte bis zwei Drit- tel der Patienten leiden, kann die Schul- Der SVHA spricht sich für eine medizin das Leiden in vielen Fällen nur bessere Zusammenarbeit der klassischen symptomatisch angehen und oft lediglich Schulmedizin und der Homöopathie aus. nur vorübergehend lindern. Eine der grossen Ideologische Grabenkämpfe schaden dem Stärken der Homöopathie ist, dass sie die Fortschritt der Medizin. Im Interesse der Krankheitsursache behandelt. Patienten ist diejenige Methode zu wählen, Der SVHA betont, dass mehr Mittel die jeweils den grössten Erfolg verspricht. in die wissenschaftliche Forschung der Ho- Im Bereich der Akut- und Intensiv- möopathie eingesetzt werden müssen. Dabei medizin sowie in der Chirurgie hat die sind praxis- und kontextgerechte wissen- Schulmedizin grosse Möglichkeiten und schaftliche Forschungsmethoden zu wählen. Stärken. Bei chronischen Krankheiten je- www.svha.ch „Anatomie einer statistischen Operation“b ZEITUNG von Dr. med. Hansueli Albonico und Dr. «Das begleitende Editorial verkün- med. Bruno Ferroni. Aus der Schwei- det das Ende der Homöopathie. Wir zerischen Ärztezeitung 2006; 87, S. 1276/77 stimmen darin überein, dass die Zeit für ‹selektive Analysen und biased reports› Die sogenannte «Egger-Studie», die zum vorbei ist, aber finden es ironisch, dass Schluss kommt, dass Homöopathie nicht dieses Editorial sich gerade auf eine der- besser sei als Placebo, ist derzeit die um- artige Studie stützt.» strittenste Homöopathiestudie. Die Kontro- Klaus Linde von der Technischen verse begann schon zwei Jahre vor ihrer Universität München resümiert: «Wir fin- offiziellen Veröffentlichung im Lancet vom den es extrem enttäuschend, dass eine füh- 27. August 2005 nach Vorveröffentlichun- rende medizinische Fachzeitschrift eine sol- gen in den Medien. Die Publikation im Lan- che Studie in einer völlig unkritischen und cet erfolgte im Gefolge der Ankündigung polemischen Art missbraucht.» eines Reviews der WHO, der zum gegen- Es ist nicht einfach für den alltags- teiligen Schluss kommt, nämlich dass die beschäftigten homöopathisch interessierten «Mehrheit» der peer-reviewed Artikel zu Hausarzt, sich wirklich ein Bild zu machen diesem Thema über die vergangenen 40 von dieser Studie, die in der publizierten Jahre «gezeigt habe, dass Homöopathie in Form unvollständig und verwirrlich er- placebokontrollierten Studien dem Placebo scheint. Wir unternehmen deshalb den Ver- überlegen ist und den konventionellen such, aus hausärztlicher Sicht die uns gra- Therapien gleichwertig ist». Die Publika- vierend erscheinenden Befunde (in Ergän- tion, begleitet von einem Editorial unter zung des SÄZ-Beitrages von Bruno Ferro- dem Titel «The end of homeopathy», provo- ni) aufzulisten. Dazu haben wir uns bemüht, zierte eine Flut von Repliken aus aller Welt, nebst den veröffentlichten Zuschriften an woraus im Lancet (vom 17. Dezember Lancet auch unpublizierte zu verarbeiten. 2005) nur eine kleine Auswahl aufgenom- Die Studie von Shang et al. geht aus von der men wurde. Peter Fisher vom Prämisse: “Sämtliche Wirkungen der Ho- „Royal London Homeopathic Hospital“ möopathie sind nichtspezifische Placebo- fasst die Kritik zusammen: wirkungen“.
«Background Homoeopathy is widely used, so wichtige «externe Validität» (Bedeutung but specific effects of homoepathic reme- der Erhebung für das System der Homöo- dies seem implausible» und: «During the pathie) übergangen. Die ausgeschlossenen process of potentisation information is Studien werden erst nach Monaten im Inter- thought to be transferred from the diluted net aufgeschaltet, was für eine Arbeit dieser substance to the solvent, which in the light Bedeutung ganz ungewöhnlich ist. Trotz- of current knowledge seems implausible. dem zeigten die Auswertungen sowohl für Many people therefore assume that any die Homöopathie als auch für die Schul- effects of homoepathy must be non-specific medizin primär fast durchgehend vergleich- placebo effects.» bar günstige Resultate (die Standardab- weichung reichte von 0,12 bis 1,65 für die Befund Nr. 1 Homöopathiestudien und von 0,13 bis 1,52 Statt auf eine Hypothese wird die Studie auf für die Untersuchungen der konventionellen eine Prämisse abgestützt. Durch eine syste- Medizin). matische Literatursuche wurden Studien zur Wirksamkeit der Homöopathie gesammelt. Befund Nr. 5 Diese primären Ergebnisse werden im Befund Nr. 2 Summary und im Editorial nicht genannt. Die Studie berücksichtigt nur zufallsverteil- Zum Ausschluss falsch-positiver Interpreta- te Doppelblindstudien (RCTs = randomized tionen der Ergebnisse wird eine «Funnel- controlled trials), deren Eignung zur Erfas- Plot»-Analyse (Bewertung von Metaanaly- sung von hochindividualisierten komplexen sen mit der Methode des «umgekehrten Therapiemethoden strittig sind. Dabei wur- Trichters») durchgeführt, die für Homöo- den Studien zu den Bereichen «klassische», pathie und Schulmedizin vergleichbare Ver- «klinische» und «komplexe» Homöopathie zerrungen zeigt. berücksichtigt. Befund Nr. 6 Befund Nr. 3 Auch dieses Ergebnis wird im Editorial und Damit werden drei verschiedene Systeme in den Pressemeldungen nicht aufgeführt. durcheinandergeworfen, womit vorpro- Vor allem aber wird die ebenso wichtige grammiert ist, dass zuletzt bei den Ergebnis- Analyse möglicher falsch-negativer Verzer- sen völlig unklar ist, welche Homöopathie rungen (Selektive Compliance, Drop-outs, sie überhaupt betreffen. Zudem ist die Aus- unsensitiver Fragebogen usw.) unterlassen. sagekraft des Funnel-Plots (s. u.) für inho- Falsch-negative Biases sind jedoch häufiger mogene Gruppen von vornherein be- in Studien zu komplexen Therapiesyste- schränkt. Die Qualität der schliesslich aus- men. Die Untersuchung wird eingeengt (von gewählten 110 homöopathischen und 110 je 110 Studien) auf grössere Untersuchun- schulmedizinischen Studien wurde nach gen mit höherer interner Studienqualität. drei Kriterien «Randomisierung» (Zufalls- Ausgewählt werden schliesslich acht Stu- verteilung), «Verblindung» und «Datenana- dien zur Homöopathie und sechs Studien lyse» beurteilt. 21 Homöopathiestudien zur Schulmedizin. (19%) und 9 Studien zur konventionellen Medizin (8%) waren von «höherer Quali- Befund Nr. 7 tät.» Die acht Homöopathiestudien und sechs Studien der Schulmedizin werden in der Pu- Befund Nr. 4 blikation selber nicht preisgegeben, sondern Mit der Beschränkung auf drei Kriterien zur erst nach Monaten im Internet genannt. Nur «internen Validität» (Gültigkeit der statisti- fünf der Homöopathiestudien betreffen ho- schen Analyse in sich selber) wird die eben- möopathische Therapien (die drei übrigen
Studien betreffen Grippeprävention, Ge- rücksichtigten Studien bekannt gegeben. wichtsreduktion durch Fasten und die Be- handlung von Muskelkater). Die Studien er- Befund Nr. 9 fassen verschiedene Homöopathiesysteme. Die Untersuchung wird ohne die für seriöse Die sechs schulmedizinischen Studien sind Wissenschaftlichkeit übliche Transparenz demgegenüber systemkonform hoch selek- durchgeführt. Aufgrund der letztendlich un- tiert. Nur in drei Fällen sind die schulmedi- genügenden Signifikanz der kombinierten zinischen Studien mit den homöopathischen Auswertung von acht Studien wird aufgrund Untersuchungen vergleichbar (s. Kasten). zahlreicher Annahmen geschlossen, dass Bei statistischer Kombination der Homöopathie schlechthin nicht wirksamer acht Homöopathiestudien bleibt noch immer sei als Placebo. Entsprechend titelt das Edi- eine positive Wirkung, aber die Signifikanz torial im «Lancet»: «The end of homeo- (Sicherheit, dass nicht ein Zufallsresultat pathy». vorliegt) verschwindet. Für eine virtuelle Studie vom Umfang der grössten Homöopa- Befund Nr. 10 thiestudie lässt sich durch Extrapolation aus Aufgrund einer kleinen Stichprobe von acht dem Funnel-Plot somit kein signifikanter zum Teil nicht validen Homöopathiestudien Effekt mehr ermitteln. wird durch einen problematischen Vergleich mit sechs schulmedizinischen Untersuchun- Befund Nr. 8 gen mittels einer virtuellen Hochrechnung Die Wiedergabe der Daten zu diesen ent- global auf die Unwirksamkeit der Homöo- scheidenden Studien im Webappendix vom pathie geschlossen. Diese Schlussfolgerung 17. Dezember 2005 wurde später teilweise ermöglicht es Bundesrat Pascal Couche- korrigiert (vgl. Webappendix vom 23. Dez- pin, die Homöopathie trotz positiver Beur- ember 2005). Das fragwürdige Resultat teilung im Schlussbericht des Programms dient in der Studie als Grundlage für eine Evaluation Komplementärmedizin (PEK) fragwürdige Hochrechnung auf eine virtu- aus der Grundversicherung auszuschlies- elle Studie im Umfang der grössten Homöo- sen. www.saez.ch pathiestudie. Bereits zwei Jahre vor der ei- gentlichen Publikation werden die Ergeb- (Studienvergleiche, Übersicht und Quellenanga- nisse der Tagespresse übergeben. Erst Mo- ben wurden hier – gegenüber dem Original - aus nate nach der Publikation werden die 14 be- Platzgründen ausgelassen.). Pressemitteilung: Reaktion vom Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) Berlin 28. Sept. 2005: „Stiftung Warentest erklärt zum Placebo, nur weil deren Wirkung wis- 3000 Jahre Heilwirkung zum Placebo“ senschaftlich noch nicht umfassend belegt ist“, sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henn- Mit Verwunderung hat der Bundesverband ing Fahrenkamp in Berlin. www.bpi.de der Pharmazeutischen Industrie die Ergeb- nisse einer Untersuchung der Stiftung Wa- rentest zur Kenntnis genommen, wonach bei „Millionen von Patienten machen zahlreichen Studien mit alternativen Heil- seit Jahren gute Erfahrungen etwa mit methoden keine Heilwirkung nachgewie- der Homöopathie. Wenn die Stiftung sen worden sei. „Die Stiftung Warentest er- Warentest jetzt das Gegenteil behauptet, klärt knapp 3000 Jahre alte Heilmedizin verunsichert sie die Verbraucher.“
Durch eine Literaturanalyse will die Schweiz für politische Diskussionen gesorgt Verbraucherinstitution bewiesen haben, und waren genutzt worden, die Homöopa- dass nur jedes dritte alternative Heilverfah- thie aus dem Leistungskatalog der Schwei- ren wirksam ist. „Sicherlich gibt es auch so zer Krankenkassen zu kippen. Ausgerechnet genannte Heilmethoden, deren Wirksamkeit die Universität Bern jedoch, auf die sich zweifelhaft ist. Dennoch werden schulmedi- Gegner der Homöopathie beziehen, hat eine zinisch austherapierte, chronisch kranke weitere Studie vorgelegt, die die Effektivität Menschen mit Hilfe alternativer Verfahren homöopathischer Mittel bei Kindern mit geheilt oder erfahren zumindest deutliche dem Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom Linderung. Hochwertige Arzneimittel also (ADS) belegt. Hyperaktivität, Impulsivität, pauschal abzuwerten, ist fahrlässig." Schüchternheit und Ängstlichkeit nahmen bei den untersuchten Kindern um bis zu 63 Studien der Berliner Charité an Prozent ab, das Lernverhalten verbesserte grossen Patientenzahlen zeigen, dass die sich und die positive Wirkung hielt lang- Homöopathie in der Praxis einer kon- fristig an. ventionellen Behandlung oft mindestens ebenbürtig ist. Im Sinne des Verbrauchers spricht sich der Bundesverband der Pharmazeuti- Als möglicher Grund für die Aufre- schen Industrie für die Arzneimittelvielfalt gung lässt sich der vorab verbreitete Ent- aus. „Dazu gehört das vom Patienten ge- wurf eines WHO-Reports vermuten, der für wünschte Miteinander von schul- und kom- die Homöopathie recht günstig ausfällt. Da- plementärmedizinischen Therapien“, so rin heisst es: Fahrenkamp. Umfragen zufolge wünschen 70 Prozent der Bundesbürger die Verfüg- "Die Mehrzahl der wissenschaftli- barkeit homöopathischer Behandlungsmö- chen Studien in den letzten 40 Jahren ha- glichkeiten, einzelne Krankenkassen sind ben gezeigt, dass die Homöopathie gegen- mittlerweile sogar bereit, für eine homöopa- über Placebo überlegen und gleichwertig thische Behandlung ihrer Patienten, die ist gegenüber der konventionellen Medi- wirksam und preisgünstig zugleich ist, auf- zin in der Behandlung der Krankheiten zukommen. von Menschen und Tieren." Der Bundesverband der Pharmazeu- Damit widerspricht die WHO der tischen Industrie (BPI) vertritt mit seiner Untersuchung des von der Stiftung Waren- 50-jährigen Erfahrung auf dem Gebiet der test zitierten Schweizer Sozialmediziners Entwicklung, Zulassung und Vermarktung Egger, der Beweise für eine Unwirksamkeit von Arzneimitteln das breite Spektrum der der Homöopathie gefunden zu haben glaubt. pharmazeutischen Industrie auf nationaler Seine Äusserungen hatten zuletzt in der und internationaler Ebene. www.bpi.de Foto Georg Kissling: Homöopathie auf dem Prüfstand
Wirksamkeit der Homöopathie bei Kindern mit ADS-Syndrom in Placebo-kontrollierter, rando- misierter Doppelblind Studie dokumentiert Aus dem „European Journal of Pediatrics“ "Das Ergebnis stand nicht von vorn- Vol. 164, Nr. 12, 2005. herein fest", sagt Studienleiter und Kinder- arzt Heiner Frei, "der Grossteil der teilneh- Kinder, die an der Aufmerksamkeitsstörung menden Ärzte wollte eigentlich beweisen, ADS leiden, bedeuten Stress für Eltern, dass es nicht funktioniert." Lehrer, Erzieher und sich selbst. In bestim- Homöopathie bewirkt unerklärlichen Effekt mten Hirnabschnitten ist bei ihnen das . Wie so oft, wenn Exponenten der Wissenschaft hochempfindliche System der Botenstoffe, die Homöopathie als Irrlehre entlarven woll- die Reize von einer Nervenzelle zur näch- ten, wurden sie am Ende zu deren grössten sten weiterleiten, aus dem Gleichgewicht. Verfechter und bedeutendsten Vertreter. Die tiefe Beschäftigung mit der Materie scheint Dadurch werden ankommende Im- einen unerklärlichen Effekt zu bewirken. Gross scheint der Anreiz, ihre Wirksamkeit nachzu- pulse nicht ausreichend gefiltert, so dass die weisen, da sie durch Beobachtung doch offen- Kinder unter dauernder Reizüberflutung sichtlich erscheint. Dem gegenüber ist es aller- leiden. Die Folgen sind hyperaktive, unauf- dings einfacher, deren Unwirksamkeit poli- merksame und impulsive bis aggressive tisch zu polemisieren, als deren Wirksamkeit Verhaltensauffälligkeiten. Die schulischen wissenschaftlich zu widerlegen. Ad absurdum Leistungen der betroffenen Kinder liegen getrieben, als ob diese Frage wissenschaftlich meist weit unter ihrer eigentlichen Bega- nicht ins politische Weltbild passen würde. bung. Bei der Behandlung werden heute Lesen Sie dazu etliche vieler Ärztebiografien am Beispiel von James Tyler Kent, einem Ana- meist eine Verhaltenstherapie sowie eine tomieprofessor oder Constantin Hering, einem medikamentöse Behandlung kombiniert. Chirurgen, auf S. 18. (Anmerkung: Red.). Am häufigsten verabreicht wird das dem Betäubungsmittelgesetz unterstehende Psy- Drei Ärzte des 11 Mitglieder umfas- chostimulans „Methylphenidat“, eher be- senden Teams vertraten die homöopathische kannt unter dem Namen Ritalin. Da Eltern Seite. An der Studie, die an der Univer- zunehmend nach Alternativen suchen, läuft sitätskinderklinik des Berner Inselspitals parallel dazu bei Ärzten und Forschungs- durchgeführt wurde, waren unter anderem stellen die Suche nach anderen Behand- die KIKOM (Kollegiale Instanz für Kom- lungsmöglichkeiten. plementärmedizin), die Abteilung für Neu- ropädiatrie der Universitätskinderklinik und Bisher wurde aufgrund der hohen das Institut für mathematische Statistik der Verdünnung homöopathischer Arznei- Universität Bern beteiligt. mittel deren Wirksamkeit immer wieder in Frage gestellt. Schwierige Verblindung Nach einer ersten Befragung der El- Nun wies ein interdisziplinäres tern und Lehrer mit dem Conners−Fragebo- Schweizer Ärzteteam erstmals in einer gen, einem Suchtest für ADS−Symptome, von 2001 bis 2005 dauernden Doppel- wurde jedes der 83 teilnehmenden Kinder blindstudie eine wesentliche Besserung zwischen 6 und 16 Jahren an der Abteilung des ADS durch die Verabreichung ho- für Neurologie und Neuropsychologie der möopathischer Medikamente nach. Universitätskinderklinik Bern untersucht,
um die Diagnose wissenschaftlich zu erhär- In der folgenden, verblindeten ten. In einer anschliessenden, etwa halbjäh- Crossoverphase wurden diese 70 Kinder an rigen Screeningphase erhielt jedes Kind die Universitätskinderklinik zurück über- eine individuelle homöopathische Behand- wiesen und nach dem Zufallsprinzip auf lung in der Praxis von Dr. Heiner Frei. Bei einen Therapiearm A oder B eingeteilt. In allen Kindern musste das individuell pas- beiden Gruppen wurden die Medikamente sende homöopathische Arzneimittel gefun- während einer Phase von 6 Wochen doppel- den werden, das genau mit der Symptoma- blind gegen Placebos ausgetauscht. Das tik des Kindes übereinstimmte. heisst, dass weder der behandelnde Arzt noch die untersuchenden Psychologen oder Ziel der Studie war, dass jedes Kind die Eltern oder Kinder wussten, ob dieser in dieser Phase eine Reduzierung des Con- Placeboversuch in den ersten oder den ners Global Index (CGI), des Masses für zweiten sechs Wochen der Crossover-Studie ADS−Symptome, von mindestens 50 Pro- stattfand. Dr. Heiner Frei hatte während zent erreichte. Die Ergebnisse waren er- dieser Zeit auch keinen Kontakt zu den Pa- staunlich klar. Der CGI zeigte im Studien- tienten. kollektiv bereits in der Screeningphase für Zu Beginn der Crossover−Studie, ab 70 der 83 Kinder deutliche Verbesserungen. dem Zeitpunkt, als die Patienten nicht mehr Er sank in dieser Zeit durchschnittlich von wussten, ob sie Homöopathie oder Placebo 19 auf 8 Punkte. Neuropsychologische Bes- bekommen werden, verschlechterten sich serungen waren zudem vor allem beim visu- beide Gruppen, vermutlich aufgrund der ellen Wahrnehmen, der Impulsivität und der Erwartung, jetzt Placebo zu erhalten. Erst in geteilten Aufmerksamkeit sichtbar. Die neu- der zweiten Phase der Crossover−Studie ropsychologischen Testresultate dieser Kin- zeigte sich ein klarer Unterschied zwischen der verbesserten sich also signifikant. Homöopathie und Placebo. „Medizin und Macht“ am Beispiel des Programms Evaluation Komplementärmedizin (PEK) Bern Aus einer Ringvorlesung von Dr. med. Pe- kenversicherungsgesetz auch das Obligato- ter Heusser, Mitglied des Lenkungsaus- rium für die Grundversicherung und für das schusses PEK zum Thema „Medizin und Eidgenössische Departement des Inneren Macht“ der KIKOM (= Kollegiale Instanz (EDI) die erstmalige Verfügungsgewalt, ab- für Komplementärmedizin) an der Univer- schliessend festzulegen, welche ärztlichen sität Bern vom 9.12.2005, WS 2005/06 Leistungen im Rahmen der Grundversi- cherung vergütet werden müssen und wel- che davon ausgeschlossen sind. Weite Krei- 1. Entstehung des Programms Eva- se in der Bevölkerung befürchteten, dass luation Komplementärmedizin PEK unter diesen Voraussetzungen je nach politi- schen Machtkonstellationen die ärztliche Die ärztliche Komplementärmedizin Komplementärmedizin nicht mehr wie konnte vor 1998 immer in der Grundver- bisher im Rahmen der Grundversicherung sicherung vergütet werden, wenn die Kran- vergütet werden könnte und opponierten kenversicherungen dies in ihren Statuten deshalb im Abstimmungskampf gegen das vorsahen. 1998 kam mit dem neuen Kran- Krankenversicherungsgesetz.
Bundesrätin (BR) Ruth Dreifuss sah UNION komplementärmedizinischer Ärzte- sich deshalb gezwungen, der Bevölkerung gesellschaften, des BSV und der Schwei- entgegenzukommen und verfügte, dass die zerischen Krankenkassenkonkordats zusam- komplementärmedizinischen Leistungen mensetzte. Sie wurden am 18. Dez. 1998 am von Ärzten auch unter dem neuen Kranken- Inselspital Bern in einem öffentlichen versicherungsgesetz ab 1999 provisorisch Workshop vorgestellt, von internationalen bis zum 30. Juni 2005 in der obligatorischen Experten kommentiert und im Plenum dis- Grundversicherung bleiben sollten, und kutiert. Nach ihrer Annahme durch die ELK zwar unter der Bedingung, dass die Kom- wurden sie in einer gekürzten Version in plementärmedizin von Ärzten ausgeübt das „Handbuch zu Standardisierung der würde, die einen von der FMH anerkannten medizinischen und Wirtschaftlichen Bewer- komplementärmedizinischen Fähigkeitsaus- tung medizinischer Leistungen“ (neue Aus- weis besassen, und zweitens, dass in dieser gabe 2000) des BSV aufgenommen. Diese Zeit eine wissenschaftliche Evaluation der „Kriterien“ sollten nun der von BR Drei- Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirt- fuss geforderten Evaluation zu Grunde ge- schaftlichkeit der Komplementärmedizin legt werden. Drei medizinische Fakultäten durchgeführt würde. Das galt für die fünf versuchten im nachhinein, beim BSV eine häufigsten Methoden: Anthroposophische Revision dieser „Kriterien“ zu erwirken. Medizin, Klassische Homöopathie, Neural- Das wurden vom BSV jedoch abgelehnt. therapie, Traditionelle Chinesische Medizin Die Vertreter jener Fakultäten hatten die (TCM) und Phytotherapie, die insgesamt Unterlagen erhalten und an jenem öffent- alle auch an den beiden komplementärmedi- lichen Workshop teilgenommen, aber ihre zinischen Lehrstühlen in Zürich und Bern Argumente dort nicht präsentiert. Von 1999 an der Universität vertreten sind. bis 2005 wurde das “Programm Evaluation Komplementärmedizin PEK“ durchgeführt. Auf Grund dieser Evaluation sollte Nach einer längeren Konsensphase zwi- 2005 neu entschieden werden, ob diese Me- schen Vertretern von Behörden, Schul- und thoden weiterhin in der Grundversicherung Komplementärmedizin sowie Methodologie bleiben sollen. Nach welchen Kriterien der wurde ein sowohl für die Schweiz wie auch Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirt- im internationalen Rahmen erstmaliges und schaftlichkeit die Komplementärmedizin einmaliges Gesamtprojekt eingerichtet, das beurteilt werden sollte, war in einer Exper- aus zwei umfassenden Teilen bestand, einer tise festgelegt, die vom Verfasser (Dr. med. so genannten Versorgungsforschungsstudie Peter Heusser) im Auftrag des Bundesamt- und einer Literaturstudie, und im Ganzen in es für Sozialversicherung (BSV) zwischen der im Folgenden beschriebenen Weise or- 1996 und 1998 erarbeitet und am 12. März ganisiert war: 1998 von der Eidgenössischen Leistungs- kommission des EDI genehmigt worden war. 2. Organisation des PEK Diese „Kriterien zur Beurteilung des 1. Der Lenkungsausschuss war für die Nutzens von komplementärmedizinischen Führung des ganzen PEK verantwortlich. Er Methoden“ waren in Zusammenarbeit mit bestand aus zwei Vertretern des BSV (Dr. einer von der Schweizerischen Ärztegesell- Pedro Koch, Präsident, und Dr. Felix schaft FMH (bzw. von Dr. H. H. Brunner Gurtner), der geschäftsführenden Pro- als deren Präsident) eingesetzten Arbeits- grammleitung (Marianne Amiet und Florian gruppe Komplementärmedizin ausgearbeitet Mitscherlich), je zwei Vertretern der Schul- worden, die sich aus leitenden Repräsentan- medizin (Kollegium für Hausarztmedizin ten der FMH (Dr. Brunner selbst), der der Schweizerischen Akademie der Wissen-
schaften SAMW, Dr. Gilbert Abetel und ungsstudie zuständig: Dr. Hansueli Dr. Urban Wirz) und der Komplementärme- Albonico für Anthroposophische Medizin, dizin (Dr. Marcel Brander und später Dr. Dr. Peter Mattmann für Homöopathie, Dr. Bruno Ferroni als Vertreter der UNION Adrian Renfer für TCM, Dr. Andreas Beck komplementärmedizinischer Ärztegesell- und später Dr. Lorenz Fischer für Neural- schaften und Dr. Peter Heusser als Vertre- therapie und Dr. Margot Mütsch für ter der Universität) sowie ein Experte für Phytotherapie. Diese Gruppe traf sich in methodologische Fragen (PD Dr. Dieter grösseren Abständen mit dem Lenkungsaus- Melchart, Universitäten München und schuss zur Besprechung anstehender Fra- Zürich). Der Lenkungsausschuss hatte gen. regelmässige Sitzungen, an denen meist auch PD Busato und Dr. Bergemann als 5. Das internationale Review Board hatte Vertreter der Versorgungsforschungs- und die Aufgabe, die wissenschaftliche Qualität Literaturstudien teilnahmen. des PEK zu überwachen. Es setzte sich aus international anerkannten erstklassigen 2. Eine umfassende Literaturstudie sollte Fachleuten zusammen: Prof. F. B. Kristen- anhand der internationale Literatur die sen (Dänisches Zentrum für Evaluation und Evidenz zur Wirksamkeit, Zweckmässigkeit Health Technology Assessment), Prof. R. und Wirtschaftlichkeit dieser fünf Methoden Eichenberger (Universität Fribourg), Prof. kritisch aufarbeiten und in so genannten F. Gutzwiller (Universität Zürich), Prof. J. HTA-Berichten (Health Technology As- Kleijnen (Universität York, GB), PD K. sessment) darstellen. Für diese Arbeit wurde Linde (Technische Universität München), einerseits ein Konsortium der Universität Prof. H. Stalder (Universität Genf), Prof. P. Witten/Herdecke (Prof. Peter Matthiessen), Matthiessen (bis 2002, Universität Witten der Panmedion-Stiftung Zürich (Dr. Steffi Herdecke, DE), Prof. A. Pécoud (Uni- Bergemann) und des Instituts für ange- versität Lausanne), und Prof. H. Walach (ab wandte Erkenntnistheorie und Medizinische 2002, Universität Freiburg, DE). Methodologie IAEMM, Freiburg i.Br. (Dr. Gunver Kienle) verpflichtet (Erstellung der Die Arbeitsverhältnisse waren durch fünf HTA-Berichte), andererseits das In- Verträge geregelt. Von allen Sitzungen wur- stitut für Sozial- und Präventivmedizin der den Protokolle erstellt. Man war explizit um Universität Bern ISPM (Prof. Matthias Eg- Transparenz bemüht und um gute Koopera- ger, Vergleich der randomisierten Studien tion zwischen den Vertretern der verschie- in Schul- und Komplementärmedizin). denen Arbeitsbereiche und komplementär- und schulmedizinischen Richtungen. Es ge- 3. Eine erstmalige Versorgungsforschungs- lang, in diesem mehrjährigen Prozess einen studie sollte in der Schweiz die Praxen, konstruktiven interdisziplinären Dialog zwi- Ärzte- und Patientenstrukturen, den Be- schen diesen Gruppierungen zu erreichen, handlungsnutzen und die Kosten der schul- allmählich eine fast freundschaftlich zu nen- und komplementärmedizinischen Praxen nende Arbeitsatmosphäre zu schaffen, und miteinander vergleichen. Dieser Teil wurde insgesamt ein international einmaliges Da- von PD Dr. André Busato, Institut für tenmaterial zu produzieren (D. Melchart: Evaluative Forschung in der Orthopädie der Schw. Ärztegesellschaft 2005; 86: 934-937) Universität Bern geleitet. Ein Projekt, das im Ausland sehr 4. Die Experten der komplementärmedizi- wohl als vorbildlich beachtet wurde und nischen Ärztegesellschaften waren für alle das dann leider, wie wir wissen, ein etwas komplementärmedizinischen Sachfragen in unrühmliches Ende gefunden hat. Darü- der Literatur- und der Versorgungsforsch- ber wird im Folgenden berichtet.
3. Der Wechsel des PEK vom BSV schuss, Experten und Review Board über- zum Bundesamt für Gesundheit BAG gingen und das Prinzip der Transparenz verletzten. Diese problematische und für ein Nachdem Bundesrat Pascal Couche- demokratisches Land bedenkliche Vorge- pin von BR Dreifuss das EDI übernommen hensweise des BAG in der Schlussphase hatte und das PEK 2004 vom BSV in das von PEK veranlassen mich, die Ereignisse Bundesamt für Gesundheit (BAG) trans- genauer zu schildern und den interessierten feriert wurde, änderte sich die Arbeitsat- Kreisen zur Verfügung zu stellen. Als Mit- mosphäre deutlich. Zunächst wurde Dr. glied des nationalen Lenkungsausschuss- med. et lic. oec. Kurt Hess vom BAG mit es habe ich hautnah alles selbst miterlebt einer Evaluation des bisherigen PEK-Pro- und verfüge über die entsprechenden of- zesses beauftragt. Er attestierte dem Projekt fiziellen Dokumente und Korresponden- in seiner Evaluation PEK vom 31. 8. 2004 zen, aus denen hier zitiert wird. Die Öf- insgesamt sehr gute Noten: „PEK hat fentlichkeit hat bei diesem Projekt, das allein schon dadurch, dass die histori- mit über 6 Millionen Franken aus öffent- schen Gräben zwischen den beiden medi- lichen Steuergeldern finanziert worden zinischen Systemen in schwierigen Kon- ist, ein Recht zu wissen, was hier vorge- sensverfahren und durch eine von allen gangen ist. Beteiligten als konstruktiv empfundene Kooperation weitgehend überbrückt wer- den konnten, einmaliges erreicht, das 4. Änderung der Publikationsstrategie auch international bereits auf höchste Be- und Verzögerung der Auswertung achtung gestossen ist.“ Er kommt zur Einschätzung, „dass hier allerorts in ho- Das Ziel von PEK war, durch die hem Mass ökonomisch, professionell und HTA-Berichte und die Resultate der Versor- effizient gearbeitet worden ist und wird“. gungsforschungsstudie eine Grundlage für Wenn man diesen Bericht liest, mutet es die Entscheidung des EDI zu liefern, ob die sehr eigentümlich, wenn Dr. Brunner später ärztliche Komplementärmedizin weiterhin behauptete, es gebe Indizien dafür, dass die im Rahmen der Grundversicherung vergütet PEK-Studien aus politischen Gründen so werden sollte oder nicht. Dazu musste von angelegt wurden, dass das Resultat für die den komplementärmedizinischen Fachge- Komplementärmedizin möglichst günstig sellschaften ein entsprechender Antrag an ausfalle, und das PEK sei möglicherweise die ELK gestellt werden, basierend auf je- „falsch aufgegleist“ worden. nen Berichten und Studien. Die ELK hatte dann auf Grund dieser Unterlagen eine Em- Unter der neuen Leitung des BAG pfehlung als Grundlage für den Entscheid ging die Arbeit zunächst weiter wie vorher. des EDI zu formulieren. Nach Transferieren Neu war, dass das BAG einen aus Prof. des PEK-Programms vom BSV in das BAG Zeltner und Dr. Brunner (Direktor bzw. waren Dr. Brunner und Prof. Zeltner zu- Vizedirektor BAG) sowie Dr. Koch (BAG nächst der Meinung, dass die PEK-Resultate und Präsident PEK Lenkungsausschuss) be- durch wissenschaftliche Publikationen be- stehenden strategischen Ausschuss PEK bil- kannt gemacht und dadurch eine öffentliche dete, in dem Dr. Brunner die Geschäftsfüh- Diskussion über die ärztliche Komplemen- rung innehatte. Dadurch änderte sich der tärmedizin angestossen werden sollten, be- PEK-Prozess enorm. Denn der strategische vor die Angelegenheit in der ELK behandelt Ausschuss ergriff in der Folge mehrfach würde. Der strategische Ausschuss kom- Massnahmen, die mit vorherigen Abmach- munizierte das den Lenkungsausschuss und ungen im Widerspruch standen, die verein- den andern Mitarbeitern von PEK klar als barten Kompetenzen von Lenkungsaus- einen Entschluss und gab auch die damit
verbundenen Konsequenzen bekannt: „Die Arbeit befindlichen Publikationen sollten wissenschaftliche Diskussion über PEK nun keine Relevanz mehr haben als Ent- muss auf höchstem Niveau vor der Beratung scheidungsgrundlage für die ELK (!): „In durch die ELK stattfinden. Dies ist inner- Bezug auf das weitere Vorgehen betont er halb des vorgesehenen Zeitplans nicht mög- [Dr. Koch], dass die involvierten Institute lich. Deshalb wurde die Verlängerung der publizieren können, dass diese Publikatio- provisorischen Aufnahme der fünf Metho- nen aber nicht mehr als Entscheidgrundlage den auf 31.12. 2005 beschlossen und die zur Verfügung zu stehen haben. Es ist frei- sechs Monate stehen nun neu zur Verfü- willig und PEK übernimmt auch keine Fin- gung. Resultate sollen in peer reviewed anzierung“ (Protokoll 10.12.2004). journals vorgestellt werden, bevor die ELK entscheidet. Eine breite Diskussion soll Eine andere unmittelbare Folge von demnach vorher stattfinden.“ (Protokoll BR Couchepin’s Ablehnung der Fristver- Lenkungsausschuss PEK 9. 9. 2004). Das längerung war, dass die Anträge der Fach- entsprach übrigens auch der ausdrücklichen gesellschaften an die ELK in kürzester Zeit Empfehlung von Dr. Hess. Später hat der (von Dezember 2004 bis 28. 2. 2005, statt Pressesprecher des BAG, Herr Dauwalder, mehr als sechs Monate später!) geschrieben behauptet, diese auf Öffentlichkeit abziel- werden mussten („Es bleibt beim 30. Juni ende Publikationsstrategie „sei nur in Erwä- 2005, d. h. es gibt keine Verlängerung der gung gezogen worden, mit Blick auf eine provisorischen Aufnahme um sechs Mona- mögliche Verlängerung des Provisoriums te. Die Publikationen haben ab sofort keine für die Komplementärmedizin“. (Espace Priorität mehr“, Mitteilung der Programm- Mittelland, 22. 4. 2005). leitung 1.12.2004). Fakt ist jedoch, dass die Sache im Im weiteren konnte jetzt den Anträ- PEK als Entschluss mitgeteilt und protokol- gen der Fachgesellschaften zwar die inzwi- liert sowie die ganze Arbeit im PEK dra- schen fertig gestellten HTA-Berichte, stisch umgestellt wurde und dadurch viele jedoch aus der für die schweizerischen Ver- Monate (von April bis Ende November hältnisse so wichtigen Versorgungsforsch- 2004!) wesentliche Kraft für Auswertungs- ungsstudie kein einigermassen vollständiges arbeiten verloren gingen, weil die Haupt- Datenmaterial mehr zu Grunde gelegt wer- energie in die Produktion von Publikationen den konnte. Denn durch das Versäumen der bereits fertig gestellten Auswertungen weiterer Analysen zugunsten der Publikatio- gesteckt werden musste. Damals hiess es nen lagen lediglich eine deskriptive Daten- auch: „Dr. Hans Heinrich Brunner ist auswertung und einige im Prozess befindli- beein-druckt von den Daten, die vorhanden che Publikationsmanuskripte schon vor. sind. Zeltner wie Brunner stehen hinter dem Programm. Das Budget bleibt insbesondere Dies war deswegen problematisch, im bisher vorgesehenen Rahmen (und be- weil die intendierten Arbeiten weitere Ana- reits gekürzten) bestehen und wird nicht zu- lysen betreffend Wirksamkeit, Zweck- sätzlich gekürzt. Der Zeitplan muss neu ge- mässigkeit, Sicherheit und Wirtschaftlich- schrieben werden“ (Protokoll 9. 9. 2004). keit der Komplementärmedizin sowie Ver- gleiche mit der Schulmedizin enthielten, die Aber am 1.12.2004 lehnte BR Cou- für die Interpretation der PEK-Ergebnisse chepin die Fristerstreckung von sechs Mo- und damit für den politischen Entscheid von naten kurzerhand ab. Das hatte verschiedene Bedeutung gewesen wären. Das war ein negative Konsequenzen. Die Finanzen für umso härterer Schlag, als sowohl die die noch notwendigen Publikationen wur- komplementärmedizinischen Experten wie den gestrichen, und die geplanten oder in auch schul- und komplementärmedizinische
Mitglieder und der Methodologe des Lenk- (bzw. Antragsteller) zu den bereits verfüg- ungsausschusses aufgrund gängiger Erfah- baren Daten durch eine unverständliche rungen mit wissenschaftlichen Publi- Anordnung von Dr. Brunner unnötig behin- kationen und Peer-review Journals die Pro- dert wurde: Die Dossiers mit den deskriptiv grammleitung und die BAG-Vertreter im ausgewerteten Daten mussten im Institut für Lenkungsausschuss deutlich, aber vergeb- Evaluative Forschung im Wankdorf-Quar- lich, auf das Illusionäre einer bloss sechs- tier eingesehen und durften trotz einer monatigen Fristverlängerung aufmerksam unterschriebenen Vertraulichkeitserklärung gemacht hatten: Die Produktion von hoch- nicht zur Bearbeitung mitgenommen wer- rangigen Arbeiten und der Peer-Review den. Dies obwohl ausgemacht worden war: Prozess dauert für solche Publikationen „Den Experten werden die Dossiers gege- ohne weiteres ein Jahr oder länger. Und ben, sobald sie eine Vertraulichkeitserklä- man bedenke auch die Menge (damals ca. rung unterschrieben haben“ (Protokoll vom 20) der ins Auge gefassten Veröffentlichun- 29.10.2004). gen. Von diesem Gesichtspunkt aus war es erstaunlich, dass die wissenschaftlich den- Man muss bedenken, dass alle Ex- kenden Mediziner im BAG zu glauben perten vollzeitig tätige Ärzte waren und ihre schienen, mit sechs Monaten Verlängerung Anträge nur an Abenden und Wochenenden durchzukommen. Das konnten die Experten sowie unter grossem zeitlichen Druck ihrerseits nicht glauben und blieben deshalb durchführen konnten, und dass sie für diese stets skeptisch, da insbesondere die weitere, Dateneinsicht extra nach Bern reisen für die Anträge so wichtige Datenaus- mussten. Die geschilderte Massnahme wertung durch das Primat der Publikationen wurde von ihnen deshalb mit Recht als schi- enorm verzögert wurde. kanös empfunden. Auf jeden Fall war sie ein deutlicher Ausdruck schärfsten Miss- Als deshalb in einer Expertensitzung trauens der BAG-Spitze gegenüber den von Dr. Koch Garantien für die Richtigkeit komplementärmedizinischen Experten. Es des eingeschlagenen Weges und eine Even- ist deshalb sehr eigentümlich, wenn später tualplanung für den Fall verlangt wurden, Dr. Brunner die Komplementärmediziner dass die Fristerstreckung durch BR Couche- des ständigen, durch nichts begründeten pin abgelehnt würde, reagierte Dr. Koch mit „Argwohns“ (Basler Zeitung 6. 4. 2005), ja einem Wutausbruch, warf fehlendes Ver- sogar der „Paranoia“ (Tagesanzeiger 7. 4. trauen vor, versicherte die Richtigkeit des 2005) bezichtigte. Wie die genannten und Vorgehens und lehnte das Verlangte als un- die noch weiter zu besprechenden Vor- sinnig ab. Kurz darauf erfolgte jedoch BR fälle zeigten, lag der Argwohn häufig auf Couchepin’s Ablehnung der Fristerstreck- Seiten des BAG, und die Komplemen- ung. Die Programmleitung versuchte noch tärmediziner (und nicht nur diese) hatten gleichentags mit der Versicherung zu be- allen Grund zum Zweifel an der Inte- schwichtigen, „dass die Zeit, die durch den grität des Vorgehens des BAG in dieser ‹Exkurs› mit Publikationen verloren gegan- Schlussphase des PEK, wie auch das gen ist, bei der Einreichung der Anträge be- nächste Beispiel zeigt. rücksichtigt wird“ (1.12.2004). 5. Die Entlassung des Ökonomen Von einer solchen Berücksichtigung war dann freilich bei der Einreichung der Viel Staub aufgewirbelt hat die un- Anträge nicht mehr die Rede. Erschwerend rühmliche plötzliche Entlassung des Ge- kam in dieser Phase der eiligen Antrag- sundheitsökonomen Dr. eoc. Hanspeter Stu- stellung noch dazu, dass der Zugang der der. Am 31. 3. 2005 erfolgte die völlig komplementärmedizinischen Fachexperten unerwartete Aufhebung seines Mandats
durch seinen Vorgesetzten, gemäss den dik- tät Bern übergeben werden. Die bei Dir tierten Anweisungen „der Auftraggeber des vorliegenden elektronischen Informatio- PEK-Projekts“ (Entlassungsschreiben von nen des PEK-Projektes müssen gelöscht PD Busato an Dr. Studer vom 31. 3. 2005). werden. Eine Missachtung dieser Vor- schriften hat rechtliche (bis hin zu straf- Eine Begründung dazu wurde nicht rechtlichen) Konsequenzen von Seiten gegeben, und sie fehlt bis heute. Fehler oder der Universität Bern, bzw. des Bundes- wissenschaftliche Unkorrektheiten hatte er amtes für Gesundheit zur Folge.“ sich nicht zuschulden kommen lassen. Und die Statistiken, die ein ökonomisch gün- Und bis heute hat Dr. Studer keine stigeres (!) Abschneiden der Komplemen- Erlaubnis zum Weiterarbeiten und Publi- tärmedizin zeigten, waren nicht von ihm, zieren erhalten. Im Gegenteil, jede weitere sondern von seinem Arbeitgeber PD Busato Mitarbeit Studer’s wird vom entsprechen- durchgeführt worden. Der Pressesprechers den Institut abgelehnt, sodass die ökonomi- des BAG, Daniel Dauwalder, behauptete schen Arbeiten, bei denen er Co-Autor ist, damals, von einer Entlassung Hans-Peter nicht weiterkommen und nicht veröffent- Studers könne „keine Rede“ sein, da er licht werden können. Dafür hat das Institut bloss in einem Mandatsverhältnis für PEK als erstes eine Publikation herausgebracht, gearbeitet habe; dieses sei nun erfüllt und in der durch eine selektive Interpretation entsprechend aufgelöst worden – „das sei von PEK-Daten über die Häufigkeit von Usus“ (Der Bund 5. 4. 2005); und wenn Sprechstunden ein höherer ökonomischer Studer das als fristlose Kündigung be- Ressourcenverbrauch von Patienten der trachte, sei das dessen „Interpretation“ (Es- Komplementärmedizin suggeriert wird, pace Mittelland, 6. 4. 2005). ohne das durch korrespondierende makro- ökonomische Zahlen belegen zu können. Das ist jedoch ein recht sophisti- Ein Resultat, das auch schlecht mit den scher, irreführender Umgang mit der Wahr- verfügbaren Gesamtkostenzahlen von PEK heit und in diesem Kontext eindeutig falsch: übereinstimmt . Der Kredit von Dr. Studer war noch nicht aufgebraucht, die im Prozess befindlichen Auswertungen und Publikationen zusam- 6. Vorzeitiger Abbruch des PEK, men mit PD Busato waren nicht abge- Entlassung der Mitarbeiter mit schlossen. Auch die Aussage von Dr. Rückschlag für den Auswertungs- Brunner in der Arena-Sendung vom 8. 4. und Publikationsprozess 2005, es stimme gar nicht, dass Dr. Studer einen Maulkorb erhalten habe, und er könne Problematisch war im Weiteren auch ja weiter publizieren, ist unwahr. Der Ent- der vorzeitige Abbruch des PEK, die vorge- lassungstext besagt das genaue Gegenteil: zogene Entlassung der PEK-Mitarbeiter und „Dein Auftrag ist abgeschlossen und die sich daraus ergebende Hemmung des sämtliche weitere Arbeiten von Diener Publikationsprozesses. In der Lenkungs- Seite sind einzustellen. Die PEK-Daten ausschusssitzung vom 7. 4. 2005 verkün- dürfen von Dir in keiner Art und Weise dete Dr. Koch, dies werde die letzte Sitz- für Vorträge, Publikationen oder für ung sein, PEK werde vorzeitig abgebro- andere Projekte verwendet werden. Alle chen, die weiteren, bereits geplanten Sitz- Dokumente und Daten, die Du im ungen des Lenkungsausschusses und der Rahmen des Projektes von mir oder von Experten sowie die Abschlussveranstal- anderer Stelle erhalten hast, müssen an tung mit gemeinsamem Rückblick wür- das Institut für Evaluative Forschung in den gestrichen, den PEK-Forschern wer- Orthopädischer Chirurgie der Universi- de vorzeitig gekündigt, und für die Wei-
terarbeit an den Publikationen müsste Aktuell wird versucht, im Rahmen dann die Bewilligung des BAG zwecks von Dissertationen, die gemeinsam von PD Benützung des entsprechenden Materials Busato und den Dozenten der Kollegialen eingeholt werden. Instanz für Komplementärmedizin (KI- KOM) geleitet werden, wenigstens einen Die Kündigungen erfolgten dann Teil der geplanten Themen weiter zu bear- rasch. Die bis zum 31.12.2005 laufenden beiten und so rasch als möglich zu publi- Verträge wurden vom BAG aufgekündigt, zieren. diejenigen der Programmleitung per 30. 4. Aber es ist klar, dass, wenn mit Aus- 2005, und die der Forscher per 30. 6. 2005, nahme von PD Busato alle wissenschaftli- soweit sie in Anbetracht der inzwischen un- chen PEK-Mitarbeiter aus seinem Institut erfreulich gewordenen Arbeitsatmosphäre entfernt sind, dort sonst niemand mehr die in der Zwischenzeit nicht schon selbst ge- Übersicht hat und die Arbeit leistet. Und PD kündigt hatten. Die letzte Kündigung erfolg- Busato hat selbst schon klar signalisiert, te per 31. 8. 2005. Das bedeutete zwar nicht dass er wegen Engagements in anderen Pro- eine Verunmöglichung der weiteren wissen- jekten kaum noch Resourcen für PEK haben schaftlichen Arbeit, aber doch einen gra- wird. vierenden Rückschlag für die Auswertungen des wertvollen Datenmaterials und die wis- Wenn also nichts anderes ge- senschaftlichen Publikationen. Wie sollten schieht, dann werden viele Daten dieser die entlassenen Forschergruppen ohne für die Schweizer Verhältnisse wichtigen, Finanzierungen ihre mitten im Prozess erstmaligen Praxisbezogenen Untersuch- befindlichen Arbeiten fortführen und ab- ung der Komplementärmedizin begraben schliessen können? Wie sollen sich neue bleiben. Das wäre leider ein Zustand, wie oder andere Forschergruppen ohne Auf- er angesichts des merkwürdigen Verhal- wand von zusätzlichen Ressourcen neu in tens des BAG von vielen Komplementär- dieses Material einarbeiten? medizinern schon seit langem befürchtet worden ist. Nach dem Entscheid Couchepin wurde der Umgang mit den PEK-Daten wie Man muss sich wirklich fragen, was folgt geregelt: die Daten bleiben im Besitz in den Verantwortlichen vorgegangen ist, des BAG, sie liegen nach wie vor im Institut wenn sie vorgängig des ELK-Beschlusses für Evaluative Forschung vor, werden dort die PEK-Resultate zuerst „auf höchstem von PD Busato verwaltet und dürfen von in- Niveau“ publizieren und öffentlich diskutie- teressierten Forschern benützt werden. Dazu ren wollen, dann den intendierten Publika- muss ein Benutzungsvertrag mit dem BAG tionen für den ELK-Beschluss keine Rele- abgeschlossen werden, der die Benutzung vanz mehr beilegen, und zum Schluss den der Daten regelt, mit ausschliesslicher Gel- Auswertungs- und Publikationsprozess tung für das vereinbarte Forschungsziel – durch Aufkündigung der vertraglich verein- nota bene – unter Androhung rechtlicher barten Anstellungszeiten zurückstutzen und Schritte bei Nicht-Einhaltung. Das ist real gefährden. juristisch völlig in Ordnung, man muss sich jedoch klar sein, dass das Bundesamt Ob das angesichts dieses inter- schon bei der Formulierung des For- national einmaligen Datenmaterials, des schungsziels so auch die Möglichkeit hat, öffentlichen Interesses und der Finanzier- eine Vereinbarung einzugehen oder nicht ung mit öffentlichen bzw. Steuergeldern und so die Richtung, die diese Forschung wirklich zu verantworten ist, mögen andere nimmt, zu beeinflussen. beurteilen.
7. Von der Öffentlichkeit seinerseits eine Präsentation geben zu kön- zur Geheimhaltung und nen. Aufgrund dieser Rücksprache be- die „PEK-Fachtagung“ schloss die UNION an ihrer Vorstandssitz- ung vom 27. 1. 2005, die Tagung durchzu- Am 21. 4. 2005 führte die UNION führen. Mit erheblichem Aufwand konnte komplementärmedizinischer Ärztegesell- ein gutes wissenschaftliches Programm er- schaften in der Schweiz zusammen mit den arbeitet werden. Lehrstühlen für Komplementärmedizin der Universitäten Bern und Zürich eine Fach- Dr. P. Koch sagte am 15. 2. 2005 aus tagung PEK durch. Es war ursprünglich ge- terminlichen Gründen ab; seine Absage ent- plant, die wissenschaftlichen Resultate von hielt keinerlei neue Erwägung zum Tag- PEK an dieser Tagung zu besprechen. Die ungsprogramm. Man musste demnach von Idee zu einer solchen Fachtagung unter der seinem weiteren Einverständnis ausgehen. Leitung der UNION stammte ursprünglich Dr. H. H. Brunner wurde ebenfalls als Re- von einem Mitglied der PEK-Programm- ferent eingeladen und auf das provisorische leitung, Marianne Amiet. Sie hatte das an Programm gesetzt. Er sagte jedoch am 8. 2. verschiedenen Sitzungen so kommuniziert. 2005 ab mit der Begründung, dass es üblich Ein Protokoll davon ist vorhanden. Diese sei, dass der Verantwortliche in der Verwal- Idee wurde von der UNION aufgegriffen tung während des Entscheidungsprozesses und umgesetzt. Die Frage, welche der be- schweige. Seine Absage enthielt ebenfalls reits verfügbaren PEK-Ergebnisse anläss- keinerlei Einwand gegen das Tagungs- lich dieser Tagung für die Präsentationen programm. verwendet werden können, stand zuvorderst bei der allerersten zweistündigen Besprech- Seit Beginn der Tagungsorgani- ung, welche Dr. Albonico im Auftrag des sation Ende Januar 2005 hielt der Be- UNION-Vorstandes am 20. 1. 2005 mit der gleittext in Übereinstimmung mit den An- Programmleitung in Bern führte. Er berief weisungen der Programmleitung fest: „An sich dabei auf die Ausführungen von Dr. dieser Tagung präsentiert die UNION Koch (BAG, strategischer Ausschuss PEK) schweizerischer komplementärmedizini- anlässlich der PEK-Sitzung vom 10.12.2004 scher Ärzteorganisationen zusammen mit in Bezug auf das weitere Procedere, näm- der Kollegialen Instanz für Komple- lich, „dass die involvierten Institute publi- mentärmedizin der Universität Bern zieren können“ (Protokoll vom 10.12.2004). (KIKOM) und der Abteilung für Natur- heilkunde der Universität Zürich sowie An der Sitzung vom 20. 1. 2005 wur- den Fachleuten des PEK die Ergebnisse, de vereinbart: „Für die Präsentationen kön- soweit sie für die Anträge der Fach- nen alle PEK-Produkte, welche für die An- schaften zur definitiven Beibehaltung die- träge der Fachgesellschaften zur Verfügung ser Methoden in der sozialen Kranken- stehen, gebraucht werden. Die Programm- versicherung der Schweiz vorlagen.“ leitung wird Pedro Koch informieren“ (Pro- tokoll sowie Mail von H.U. Albonico an die Dieser Text lag bei den Anfragen der UNION vom 20. 1.2005). Dr. Koch als Mit- UNION zur Mitwirkung sowohl der glied des strategischen Lenkungsausschus- Programmleitung als auch Dr. Koch und Dr. ses wurde daraufhin sowohl durch die Pro- Brunner zu allen Zeiten vor, es erfolgten grammleitung als auch durch den Unions- keinerlei Einwände. Die eingeladen PEK- präsidenten informiert, wobei das Konzept Wissenschaftler sagten ihre Teilnahme und das provisorische Programm vorgelegt schriftlich zu, und ein offizielles Programm wurde. P. Koch erklärte sich mit der Plan- konnte definitiv aufgestellt und publiziert ung einverstanden und wünschte explizit, werden. Die Planung der Fachtagung wurde
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