Homöopathie passt nicht ins "politische Weltbild"

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Homöopathie passt nicht ins "politische Weltbild"
Homöopathie passt nicht ins „politische Weltbild“

Medienmitteilung des „Schweizerischen                  Das renommierte britische Medizin-
Vereins homöopathischer Ärztinnen und          Fachjournal „The Lancet“ verkündet in der
Ärzte“ vom August 2005 zur Publikation         Ausgabe vom 27. August 2005 „Das Ende
der „PEK-Studie“ von Prof. Matthias            der Homöopathie“. Das Lancet publiziert
Egger, Uni Bern, im „The Lancet“. (PEK =       Ergebnisse einer Homöopathie-Studie, die
Programm Evaluation Komplementärmedizin)       im Rahmen des Programms Evaluation
                                               Komplementärmedizin PEK unter der
Der SVHA hat bereits vor der Publikation       Leitung von Professor Matthias Egger vom
der Homöopathie-Studie von Prof. Matthias      Institut für Sozial- und Präventivmedizin
Egger von der Universität Bern im April        ISPM der Universität Bern verfasst wurde.
2005 gravierende inhaltliche und formale       Die Studie kommt zum Schluss, die
Mängel an derselben offen gelegt. Das For-     Wirkung von Homöopathie beruhe auf dem
schungsdesign wird der Homöopathie nicht       Placebo-Effekt. Im Editorial schreibt das
gerecht. Basierend auf den Resultaten ist      Lancet, Ärzte müssten mit den Patienten ab
die Aussage unhaltbar, Homöopathie wirke       heute über den „Mangel an Wirkung“ Klar-
nicht besser als ein Scheinmedikament (Pla-    text sprechen. Der Schweizerische Verein
cebo). Das britische Medizin-Fachjournal       homöopathischer Ärztinnen und Ärzte
„The Lancet“ kündete darauf in seiner Aus-     SVHA hat in einer Medienorientierung am
gabe vom 27. August 2005 „Das Ende der         21. April 2005 gravierende inhaltliche und
Homöopathie“ an. Diese Aussage stützt          formale Mängel der Studie offen gelegt.
sich auf die Resultate der Studie, welche im
Rahmen des Programms Evaluation Kom-           Ungeeignete Methodik
plementärmedizin „PEK“ verfasst wurde.
                                                      Die Forscher um Professor Egger
       Anlass der Lancet-Publikation dürfte    haben eine so genannte Meta-Analyse be-
ein vor kurzem bekannt gewordener Ent-         stehender Untersuchungen verfasst. Sie ver-
wurf eines WHO-Reports sein, welcher der       gleichen die Resultate von 110 homöopathi-
Homöopathie ein gutes Zeugnis ausstellt.       schen mit 110 schulmedizinischen Studien.
Aus ideologischen Gründen stemmen sich         Die Studie untersucht ausschliesslich rando-
viele Forscher gegen die Tatsache, dass        misierte kontrollierte Studien (RTC), die be-
Homöopathie heilt. Sie untermauern ihre        kanntlich im Bezug auf komplexe Heil-
defensive Haltung mit dem Argument, dass       verfahren nur eine bedingte Aussagekraft
die Wirkung von Homöopathie mit klassi-        haben. Die Studien missachten die Praxis
schen Forschungsmethoden nur schwer            der Homöopathie, in der die Wahl des Arz-
nachweisbar sei. Der SVHA fordert eine         neimittels fast immer individuell erfolgt.
bessere Zusammenarbeit von Schulmedizin
und Homöopathie. Ideologische Graben-                 Die wissenschaftliche Problematik
kämpfe behindern den Fortschritt in der        lässt sich leicht verstehen: Das Symptom
Medizin. Im Interesse der Patienten ist        Kopfweh, um ein Beispiel zu nennen, kann
diejenige Methode zu wählen, welche den        viele Ursachen haben. Schulmediziner be-
besten Behandlungserfolg erzielt.              kämpfen Kopfweh immer mit denselben
schmerzlindernden Medikamenten. Homöo-          PEK-Schlussbericht ein gutes Zeugnis aus-
pathen bekämpfen keine Symptome, sie            gestellt.
suchen die Ursachen des Kopfwehs und ver-
schreiben für dasselbe Symptom unter-                  Im Entwurf des PEK-Schlussbe-
schiedliche Medikamente. Während das            richtes vom 14. März 2005 schlägt der
schulmedizinische Medikament das Kopf-          Bewertungsausschuss vor, die Homöopa-
weh unterdrückt, soll das homöopathische        thie im Leistungskatalog der Grundversi-
Mittel den Selbstheilungsprozess auslösen       cherung zu belassen. Aus politischen und
und die Störung beheben. Doppelblind-           weltanschaulichen Überlegungen wurden
Studien, bei denen die Patienten nach einer     die Empfehlungen im Schlussbericht vom
Zufallsauswahl entweder das Schmerzmittel       24. April 2005 jedoch gestrichen.
X oder das Homöopathika Y einnehmen
sind für die Messung der Wirksamkeit der
Homöopathie nur bedingt geeignet. Kann
Professor Egger keine Wirkung nachwei-          Anlass der Publikation
sen, so heisst dies nicht, dass keine Wirkung
besteht („the absence of proof is not the              Das Medizinal-Journal „The Lancet“
proof of absence“).                             dürfte der „Egger-Studie“ so viel Gewicht
                                                beimessen, weil der vor kurzem bekannt ge-
                                                wordene Entwurf eines WHO-Reports der
Einseitige Interpretation                       Homöopathie ein gutes Zeugnis ausstellt.
                                                Das „Lancet“ zitiert den Bericht:
       Trotz Verletzung homöopathischer
Grundlagen ist es in einer grossen Zahl von           „Die Mehrzahl der wissenschaftli-
Homöopathiestudien gelungen, die experi-        chen Studien in den letzten 40 Jahren
mentelle Wirkung und die klinische Wirk-        haben gezeigt, dass Homöopathie gegen-
samkeit nachzuweisen. In fast allen grossen     über Placebo überlegen ist und der kon-
Übersichtsstudien, Metaanalysen und syste-      ventionellen Medizin in der Behandlung
matischen Reviews erweist sich die Ho-          von Menschen und Tieren gleichgestellt
möopathie als wirksam. Es gibt mehr als 20      werden kann.“
wissenschaftliche Studien, die zum Teil viel
umfangreicher sind als die Berner Studie.
       Das Forscherteam um Prof. Matthias              Das Weltbild vieler konservativer
Egger erklärt und hinterfragt in keiner Wei-    Forscher wird erschüttert, wenn die Homöo-
se die diametral entgegengesetzten Ergeb-       pathie beim Patienten eindeutig wirkt, ob-
nisse ihrer Studie, obwohl diese auf weit-      wohl ihr Wirkungsmechanismus mit her-
gehend ähnlichem Studienmaterial aufbaut.       kömmlichen wissenschaftlichen Verfahren
                                                nur schwer erklärbar ist. Schulmedizin und
                                                Komplementärmedizin sind durch weltan-
                                                schauliche Gräben getrennt, die einen sa-
Positive Resultate seit 40 Jahren
                                                chlichen Diskurs erschweren.
       Im Rahmen des Programms Evalua-
tion Komplementärmedizin PEK wurden                     Der konventionellen Schulmedizin
mehrere Studien zur Homöopathie durchge-        mit ihrem naturwissenschaftlich-materia-
führt. Mit Ausnahme der Studie von Profes-      listischen und mechanistischen Ansatz
sor Egger kamen die Forscher mehrheitlich       steht das ganzheitliche Menschenbild der
zu positiven Resultaten. Obwohl der PEK-        Komplementärmedizin gegenüber, das
Schlussbericht nur die Studie Egger aus-        Seele, Geist und Körper als Einheit ver-
führlich vorstellt, wird der Homöopathie im     steht.
Forderung des SVHA                              doch, unter denen die Hälfte bis zwei Drit-
                                                tel der Patienten leiden, kann die Schul-
       Der SVHA spricht sich für eine           medizin das Leiden in vielen Fällen nur
bessere Zusammenarbeit der klassischen          symptomatisch angehen und oft lediglich
Schulmedizin und der Homöopathie aus.           nur vorübergehend lindern. Eine der grossen
Ideologische Grabenkämpfe schaden dem           Stärken der Homöopathie ist, dass sie die
Fortschritt der Medizin. Im Interesse der       Krankheitsursache behandelt.
Patienten ist diejenige Methode zu wählen,              Der SVHA betont, dass mehr Mittel
die jeweils den grössten Erfolg verspricht.     in die wissenschaftliche Forschung der Ho-
       Im Bereich der Akut- und Intensiv-       möopathie eingesetzt werden müssen. Dabei
medizin sowie in der Chirurgie hat die          sind praxis- und kontextgerechte wissen-
Schulmedizin grosse Möglichkeiten und           schaftliche Forschungsmethoden zu wählen.
Stärken. Bei chronischen Krankheiten je-                                      www.svha.ch

„Anatomie einer statistischen Operation“b
ZEITUNG

von Dr. med. Hansueli Albonico und Dr.                 «Das begleitende Editorial verkün-
med. Bruno Ferroni. Aus der Schwei-             det das Ende der Homöopathie. Wir
zerischen Ärztezeitung 2006; 87, S. 1276/77     stimmen darin überein, dass die Zeit für
                                                ‹selektive Analysen und biased reports›
Die sogenannte «Egger-Studie», die zum          vorbei ist, aber finden es ironisch, dass
Schluss kommt, dass Homöopathie nicht           dieses Editorial sich gerade auf eine der-
besser sei als Placebo, ist derzeit die um-     artige Studie stützt.»
strittenste Homöopathiestudie. Die Kontro-             Klaus Linde von der Technischen
verse begann schon zwei Jahre vor ihrer         Universität München resümiert: «Wir fin-
offiziellen Veröffentlichung im Lancet vom      den es extrem enttäuschend, dass eine füh-
27. August 2005 nach Vorveröffentlichun-        rende medizinische Fachzeitschrift eine sol-
gen in den Medien. Die Publikation im Lan-      che Studie in einer völlig unkritischen und
cet erfolgte im Gefolge der Ankündigung         polemischen Art missbraucht.»
eines Reviews der WHO, der zum gegen-                  Es ist nicht einfach für den alltags-
teiligen Schluss kommt, nämlich dass die        beschäftigten homöopathisch interessierten
«Mehrheit» der peer-reviewed Artikel zu         Hausarzt, sich wirklich ein Bild zu machen
diesem Thema über die vergangenen 40            von dieser Studie, die in der publizierten
Jahre «gezeigt habe, dass Homöopathie in        Form unvollständig und verwirrlich er-
placebokontrollierten Studien dem Placebo       scheint. Wir unternehmen deshalb den Ver-
überlegen ist und den konventionellen           such, aus hausärztlicher Sicht die uns gra-
Therapien gleichwertig ist». Die Publika-       vierend erscheinenden Befunde (in Ergän-
tion, begleitet von einem Editorial unter       zung des SÄZ-Beitrages von Bruno Ferro-
dem Titel «The end of homeopathy», provo-       ni) aufzulisten. Dazu haben wir uns bemüht,
zierte eine Flut von Repliken aus aller Welt,   nebst den veröffentlichten Zuschriften an
woraus im Lancet (vom 17. Dezember              Lancet auch unpublizierte zu verarbeiten.
2005) nur eine kleine Auswahl aufgenom-         Die Studie von Shang et al. geht aus von der
men       wurde.     Peter    Fisher    vom     Prämisse: “Sämtliche Wirkungen der Ho-
„Royal London Homeopathic Hospital“             möopathie sind nichtspezifische Placebo-
fasst die Kritik zusammen:                      wirkungen“.
«Background Homoeopathy is widely used,          so wichtige «externe Validität» (Bedeutung
but specific effects of homoepathic reme-        der Erhebung für das System der Homöo-
dies seem implausible» und: «During the          pathie) übergangen. Die ausgeschlossenen
process of potentisation information is          Studien werden erst nach Monaten im Inter-
thought to be transferred from the diluted       net aufgeschaltet, was für eine Arbeit dieser
substance to the solvent, which in the light     Bedeutung ganz ungewöhnlich ist. Trotz-
of current knowledge seems implausible.          dem zeigten die Auswertungen sowohl für
Many people therefore assume that any            die Homöopathie als auch für die Schul-
effects of homoepathy must be non-specific       medizin primär fast durchgehend vergleich-
placebo effects.»                                bar günstige Resultate (die Standardab-
                                                 weichung reichte von 0,12 bis 1,65 für die
Befund Nr. 1                                     Homöopathiestudien und von 0,13 bis 1,52
Statt auf eine Hypothese wird die Studie auf     für die Untersuchungen der konventionellen
eine Prämisse abgestützt. Durch eine syste-      Medizin).
matische Literatursuche wurden Studien zur
Wirksamkeit der Homöopathie gesammelt.           Befund Nr. 5
                                                 Diese primären Ergebnisse werden im
Befund Nr. 2                                     Summary und im Editorial nicht genannt.
Die Studie berücksichtigt nur zufallsverteil-    Zum Ausschluss falsch-positiver Interpreta-
te Doppelblindstudien (RCTs = randomized         tionen der Ergebnisse wird eine «Funnel-
controlled trials), deren Eignung zur Erfas-     Plot»-Analyse (Bewertung von Metaanaly-
sung von hochindividualisierten komplexen        sen mit der Methode des «umgekehrten
Therapiemethoden strittig sind. Dabei wur-       Trichters») durchgeführt, die für Homöo-
den Studien zu den Bereichen «klassische»,       pathie und Schulmedizin vergleichbare Ver-
«klinische» und «komplexe» Homöopathie           zerrungen zeigt.
berücksichtigt.
                                                 Befund Nr. 6
Befund Nr. 3                                     Auch dieses Ergebnis wird im Editorial und
Damit werden drei verschiedene Systeme           in den Pressemeldungen nicht aufgeführt.
durcheinandergeworfen, womit vorpro-             Vor allem aber wird die ebenso wichtige
grammiert ist, dass zuletzt bei den Ergebnis-    Analyse möglicher falsch-negativer Verzer-
sen völlig unklar ist, welche Homöopathie        rungen (Selektive Compliance, Drop-outs,
sie überhaupt betreffen. Zudem ist die Aus-      unsensitiver Fragebogen usw.) unterlassen.
sagekraft des Funnel-Plots (s. u.) für inho-     Falsch-negative Biases sind jedoch häufiger
mogene Gruppen von vornherein be-                in Studien zu komplexen Therapiesyste-
schränkt. Die Qualität der schliesslich aus-     men. Die Untersuchung wird eingeengt (von
gewählten 110 homöopathischen und 110            je 110 Studien) auf grössere Untersuchun-
schulmedizinischen Studien wurde nach            gen mit höherer interner Studienqualität.
drei Kriterien «Randomisierung» (Zufalls-        Ausgewählt werden schliesslich acht Stu-
verteilung), «Verblindung» und «Datenana-        dien zur Homöopathie und sechs Studien
lyse» beurteilt. 21 Homöopathiestudien           zur Schulmedizin.
(19%) und 9 Studien zur konventionellen
Medizin (8%) waren von «höherer Quali-           Befund Nr. 7
tät.»                                            Die acht Homöopathiestudien und sechs
                                                 Studien der Schulmedizin werden in der Pu-
Befund Nr. 4                                     blikation selber nicht preisgegeben, sondern
Mit der Beschränkung auf drei Kriterien zur      erst nach Monaten im Internet genannt. Nur
«internen Validität» (Gültigkeit der statisti-   fünf der Homöopathiestudien betreffen ho-
schen Analyse in sich selber) wird die eben-     möopathische Therapien (die drei übrigen
Studien betreffen Grippeprävention, Ge-         rücksichtigten Studien bekannt gegeben.
wichtsreduktion durch Fasten und die Be-
handlung von Muskelkater). Die Studien er-      Befund Nr. 9
fassen verschiedene Homöopathiesysteme.         Die Untersuchung wird ohne die für seriöse
Die sechs schulmedizinischen Studien sind       Wissenschaftlichkeit übliche Transparenz
demgegenüber systemkonform hoch selek-          durchgeführt. Aufgrund der letztendlich un-
tiert. Nur in drei Fällen sind die schulmedi-   genügenden Signifikanz der kombinierten
zinischen Studien mit den homöopathischen       Auswertung von acht Studien wird aufgrund
Untersuchungen vergleichbar (s. Kasten).        zahlreicher Annahmen geschlossen, dass
        Bei statistischer Kombination der       Homöopathie schlechthin nicht wirksamer
acht Homöopathiestudien bleibt noch immer       sei als Placebo. Entsprechend titelt das Edi-
eine positive Wirkung, aber die Signifikanz     torial im «Lancet»: «The end of homeo-
(Sicherheit, dass nicht ein Zufallsresultat     pathy».
vorliegt) verschwindet. Für eine virtuelle
Studie vom Umfang der grössten Homöopa-         Befund Nr. 10
thiestudie lässt sich durch Extrapolation aus   Aufgrund einer kleinen Stichprobe von acht
dem Funnel-Plot somit kein signifikanter        zum Teil nicht validen Homöopathiestudien
Effekt mehr ermitteln.                          wird durch einen problematischen Vergleich
                                                mit sechs schulmedizinischen Untersuchun-
Befund Nr. 8                                    gen mittels einer virtuellen Hochrechnung
Die Wiedergabe der Daten zu diesen ent-         global auf die Unwirksamkeit der Homöo-
scheidenden Studien im Webappendix vom          pathie geschlossen. Diese Schlussfolgerung
17. Dezember 2005 wurde später teilweise        ermöglicht es Bundesrat Pascal Couche-
korrigiert (vgl. Webappendix vom 23. Dez-       pin, die Homöopathie trotz positiver Beur-
ember 2005). Das fragwürdige Resultat           teilung im Schlussbericht des Programms
dient in der Studie als Grundlage für eine      Evaluation Komplementärmedizin (PEK)
fragwürdige Hochrechnung auf eine virtu-        aus der Grundversicherung auszuschlies-
elle Studie im Umfang der grössten Homöo-       sen.                           www.saez.ch
pathiestudie. Bereits zwei Jahre vor der ei-
gentlichen Publikation werden die Ergeb-        (Studienvergleiche, Übersicht und Quellenanga-
nisse der Tagespresse übergeben. Erst Mo-       ben wurden hier – gegenüber dem Original - aus
nate nach der Publikation werden die 14 be-     Platzgründen ausgelassen.).

Pressemitteilung: Reaktion vom Bundesverband
der Pharmazeutischen Industrie (BPI) Berlin
28. Sept. 2005: „Stiftung Warentest erklärt     zum Placebo, nur weil deren Wirkung wis-
3000 Jahre Heilwirkung zum Placebo“             senschaftlich noch nicht umfassend belegt
                                                ist“, sagte BPI-Hauptgeschäftsführer Henn-
Mit Verwunderung hat der Bundesverband          ing Fahrenkamp in Berlin.      www.bpi.de
der Pharmazeutischen Industrie die Ergeb-
nisse einer Untersuchung der Stiftung Wa-
rentest zur Kenntnis genommen, wonach bei              „Millionen von Patienten machen
zahlreichen Studien mit alternativen Heil-      seit Jahren gute Erfahrungen etwa mit
methoden keine Heilwirkung nachgewie-           der Homöopathie. Wenn die Stiftung
sen worden sei. „Die Stiftung Warentest er-     Warentest jetzt das Gegenteil behauptet,
klärt knapp 3000 Jahre alte Heilmedizin         verunsichert sie die Verbraucher.“
Durch eine Literaturanalyse will die          Schweiz für politische Diskussionen gesorgt
Verbraucherinstitution bewiesen haben,               und waren genutzt worden, die Homöopa-
dass nur jedes dritte alternative Heilverfah-        thie aus dem Leistungskatalog der Schwei-
ren wirksam ist. „Sicherlich gibt es auch so         zer Krankenkassen zu kippen. Ausgerechnet
genannte Heilmethoden, deren Wirksamkeit             die Universität Bern jedoch, auf die sich
zweifelhaft ist. Dennoch werden schulmedi-           Gegner der Homöopathie beziehen, hat eine
zinisch austherapierte, chronisch kranke             weitere Studie vorgelegt, die die Effektivität
Menschen mit Hilfe alternativer Verfahren            homöopathischer Mittel bei Kindern mit
geheilt oder erfahren zumindest deutliche            dem         Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom
Linderung. Hochwertige Arzneimittel also             (ADS) belegt. Hyperaktivität, Impulsivität,
pauschal abzuwerten, ist fahrlässig."                Schüchternheit und Ängstlichkeit nahmen
                                                     bei den untersuchten Kindern um bis zu 63
      Studien der Berliner Charité an                Prozent ab, das Lernverhalten verbesserte
grossen Patientenzahlen zeigen, dass die             sich und die positive Wirkung hielt lang-
Homöopathie in der Praxis einer kon-                 fristig an.
ventionellen Behandlung oft mindestens
ebenbürtig ist.                                             Im Sinne des Verbrauchers spricht
                                                     sich der Bundesverband der Pharmazeuti-
        Als möglicher Grund für die Aufre-           schen Industrie für die Arzneimittelvielfalt
gung lässt sich der vorab verbreitete Ent-           aus. „Dazu gehört das vom Patienten ge-
wurf eines WHO-Reports vermuten, der für             wünschte Miteinander von schul- und kom-
die Homöopathie recht günstig ausfällt. Da-          plementärmedizinischen Therapien“, so
rin heisst es:                                       Fahrenkamp. Umfragen zufolge wünschen
                                                     70 Prozent der Bundesbürger die Verfüg-
       "Die Mehrzahl der wissenschaftli-             barkeit homöopathischer Behandlungsmö-
chen Studien in den letzten 40 Jahren ha-            glichkeiten, einzelne Krankenkassen sind
ben gezeigt, dass die Homöopathie gegen-             mittlerweile sogar bereit, für eine homöopa-
über Placebo überlegen und gleichwertig              thische Behandlung ihrer Patienten, die
ist gegenüber der konventionellen Medi-              wirksam und preisgünstig zugleich ist, auf-
zin in der Behandlung der Krankheiten                zukommen.
von Menschen und Tieren."
                                                            Der Bundesverband der Pharmazeu-
       Damit widerspricht die WHO der                tischen Industrie (BPI) vertritt mit seiner
Untersuchung des von der Stiftung Waren-             50-jährigen Erfahrung auf dem Gebiet der
test zitierten Schweizer Sozialmediziners            Entwicklung, Zulassung und Vermarktung
Egger, der Beweise für eine Unwirksamkeit            von Arzneimitteln das breite Spektrum der
der Homöopathie gefunden zu haben glaubt.            pharmazeutischen Industrie auf nationaler
Seine Äusserungen hatten zuletzt in der              und internationaler Ebene.      www.bpi.de

Foto Georg Kissling: Homöopathie auf dem Prüfstand
Wirksamkeit der Homöopathie bei Kindern mit
ADS-Syndrom in Placebo-kontrollierter, rando-
misierter Doppelblind Studie dokumentiert

Aus dem „European Journal of Pediatrics“                "Das Ergebnis stand nicht von vorn-
Vol. 164, Nr. 12, 2005.                          herein fest", sagt Studienleiter und Kinder-
                                                 arzt Heiner Frei, "der Grossteil der teilneh-
Kinder, die an der Aufmerksamkeitsstörung        menden Ärzte wollte eigentlich beweisen,
ADS leiden, bedeuten Stress für Eltern,          dass es nicht funktioniert."
Lehrer, Erzieher und sich selbst. In bestim-
                                                     Homöopathie bewirkt unerklärlichen Effekt
mten Hirnabschnitten ist bei ihnen das           .

                                                     Wie so oft, wenn Exponenten der Wissenschaft
hochempfindliche System der Botenstoffe,             die Homöopathie als Irrlehre entlarven woll-
die Reize von einer Nervenzelle zur näch-            ten, wurden sie am Ende zu deren grössten
sten weiterleiten, aus dem Gleichgewicht.            Verfechter und bedeutendsten Vertreter. Die
                                                     tiefe Beschäftigung mit der Materie scheint
       Dadurch werden ankommende Im-                 einen unerklärlichen Effekt zu bewirken. Gross
                                                     scheint der Anreiz, ihre Wirksamkeit nachzu-
pulse nicht ausreichend gefiltert, so dass die
                                                     weisen, da sie durch Beobachtung doch offen-
Kinder unter dauernder Reizüberflutung               sichtlich erscheint. Dem gegenüber ist es aller-
leiden. Die Folgen sind hyperaktive, unauf-          dings einfacher, deren Unwirksamkeit poli-
merksame und impulsive bis aggressive                tisch zu polemisieren, als deren Wirksamkeit
Verhaltensauffälligkeiten. Die schulischen           wissenschaftlich zu widerlegen. Ad absurdum
Leistungen der betroffenen Kinder liegen             getrieben, als ob diese Frage wissenschaftlich
meist weit unter ihrer eigentlichen Bega-            nicht ins politische Weltbild passen würde.
bung. Bei der Behandlung werden heute                Lesen Sie dazu etliche vieler Ärztebiografien
                                                     am Beispiel von James Tyler Kent, einem Ana-
meist eine Verhaltenstherapie sowie eine             tomieprofessor oder Constantin Hering, einem
medikamentöse Behandlung kombiniert.                 Chirurgen, auf S. 18. (Anmerkung: Red.).
Am häufigsten verabreicht wird das dem
Betäubungsmittelgesetz unterstehende Psy-                Drei Ärzte des 11 Mitglieder umfas-
chostimulans „Methylphenidat“, eher be-          senden Teams vertraten die homöopathische
kannt unter dem Namen Ritalin. Da Eltern         Seite. An der Studie, die an der Univer-
zunehmend nach Alternativen suchen, läuft        sitätskinderklinik des Berner Inselspitals
parallel dazu bei Ärzten und Forschungs-         durchgeführt wurde, waren unter anderem
stellen die Suche nach anderen Behand-           die KIKOM (Kollegiale Instanz für Kom-
lungsmöglichkeiten.                              plementärmedizin), die Abteilung für Neu-
                                                 ropädiatrie der Universitätskinderklinik und
       Bisher wurde aufgrund der hohen           das Institut für mathematische Statistik der
Verdünnung homöopathischer Arznei-               Universität Bern beteiligt.
mittel deren Wirksamkeit immer wieder in
Frage gestellt.                                  Schwierige Verblindung
                                                        Nach einer ersten Befragung der El-
       Nun wies ein interdisziplinäres           tern und Lehrer mit dem Conners−Fragebo-
Schweizer Ärzteteam erstmals in einer            gen, einem Suchtest für ADS−Symptome,
von 2001 bis 2005 dauernden Doppel-              wurde jedes der 83 teilnehmenden Kinder
blindstudie eine wesentliche Besserung           zwischen 6 und 16 Jahren an der Abteilung
des ADS durch die Verabreichung ho-              für Neurologie und Neuropsychologie der
möopathischer Medikamente nach.                  Universitätskinderklinik Bern untersucht,
um die Diagnose wissenschaftlich zu erhär-             In der folgenden, verblindeten
ten. In einer anschliessenden, etwa halbjäh-   Crossoverphase wurden diese 70 Kinder an
rigen Screeningphase erhielt jedes Kind        die Universitätskinderklinik zurück über-
eine individuelle homöopathische Behand-       wiesen und nach dem Zufallsprinzip auf
lung in der Praxis von Dr. Heiner Frei. Bei    einen Therapiearm A oder B eingeteilt. In
allen Kindern musste das individuell pas-      beiden Gruppen wurden die Medikamente
sende homöopathische Arzneimittel gefun-       während einer Phase von 6 Wochen doppel-
den werden, das genau mit der Symptoma-        blind gegen Placebos ausgetauscht. Das
tik des Kindes übereinstimmte.                 heisst, dass weder der behandelnde Arzt
                                               noch die untersuchenden Psychologen oder
        Ziel der Studie war, dass jedes Kind   die Eltern oder Kinder wussten, ob dieser
in dieser Phase eine Reduzierung des Con-      Placeboversuch in den ersten oder den
ners Global Index (CGI), des Masses für        zweiten sechs Wochen der Crossover-Studie
ADS−Symptome, von mindestens 50 Pro-           stattfand. Dr. Heiner Frei hatte während
zent erreichte. Die Ergebnisse waren er-       dieser Zeit auch keinen Kontakt zu den Pa-
staunlich klar. Der CGI zeigte im Studien-     tienten.
kollektiv bereits in der Screeningphase für            Zu Beginn der Crossover−Studie, ab
70 der 83 Kinder deutliche Verbesserungen.     dem Zeitpunkt, als die Patienten nicht mehr
Er sank in dieser Zeit durchschnittlich von    wussten, ob sie Homöopathie oder Placebo
19 auf 8 Punkte. Neuropsychologische Bes-      bekommen werden, verschlechterten sich
serungen waren zudem vor allem beim visu-      beide Gruppen, vermutlich aufgrund der
ellen Wahrnehmen, der Impulsivität und der     Erwartung, jetzt Placebo zu erhalten. Erst in
geteilten Aufmerksamkeit sichtbar. Die neu-    der zweiten Phase der Crossover−Studie
ropsychologischen Testresultate dieser Kin-    zeigte sich ein klarer Unterschied zwischen
der verbesserten sich also signifikant.        Homöopathie und Placebo.

„Medizin und Macht“ am Beispiel des Programms
Evaluation Komplementärmedizin (PEK) Bern

Aus einer Ringvorlesung von Dr. med. Pe-       kenversicherungsgesetz auch das Obligato-
ter Heusser, Mitglied des Lenkungsaus-         rium für die Grundversicherung und für das
schusses PEK zum Thema „Medizin und            Eidgenössische Departement des Inneren
Macht“ der KIKOM (= Kollegiale Instanz         (EDI) die erstmalige Verfügungsgewalt, ab-
für Komplementärmedizin) an der Univer-        schliessend festzulegen, welche ärztlichen
sität Bern vom 9.12.2005, WS 2005/06           Leistungen im Rahmen der Grundversi-
                                               cherung vergütet werden müssen und wel-
                                               che davon ausgeschlossen sind. Weite Krei-
1. Entstehung des Programms Eva-               se in der Bevölkerung befürchteten, dass
luation Komplementärmedizin PEK                unter diesen Voraussetzungen je nach politi-
                                               schen Machtkonstellationen die ärztliche
       Die ärztliche Komplementärmedizin       Komplementärmedizin nicht mehr wie
konnte vor 1998 immer in der Grundver-         bisher im Rahmen der Grundversicherung
sicherung vergütet werden, wenn die Kran-      vergütet werden könnte und opponierten
kenversicherungen dies in ihren Statuten       deshalb im Abstimmungskampf gegen das
vorsahen. 1998 kam mit dem neuen Kran-         Krankenversicherungsgesetz.
Bundesrätin (BR) Ruth Dreifuss sah      UNION komplementärmedizinischer Ärzte-
sich deshalb gezwungen, der Bevölkerung         gesellschaften, des BSV und der Schwei-
entgegenzukommen und verfügte, dass die         zerischen Krankenkassenkonkordats zusam-
komplementärmedizinischen          Leistungen   mensetzte. Sie wurden am 18. Dez. 1998 am
von Ärzten auch unter dem neuen Kranken-        Inselspital Bern in einem öffentlichen
versicherungsgesetz ab 1999 provisorisch        Workshop vorgestellt, von internationalen
bis zum 30. Juni 2005 in der obligatorischen    Experten kommentiert und im Plenum dis-
Grundversicherung bleiben sollten, und          kutiert. Nach ihrer Annahme durch die ELK
zwar unter der Bedingung, dass die Kom-         wurden sie in einer gekürzten Version in
plementärmedizin von Ärzten ausgeübt            das „Handbuch zu Standardisierung der
würde, die einen von der FMH anerkannten        medizinischen und Wirtschaftlichen Bewer-
komplementärmedizinischen Fähigkeitsaus-        tung medizinischer Leistungen“ (neue Aus-
weis besassen, und zweitens, dass in dieser     gabe 2000) des BSV aufgenommen. Diese
Zeit eine wissenschaftliche Evaluation der      „Kriterien“ sollten nun der von BR Drei-
Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirt-          fuss geforderten Evaluation zu Grunde ge-
schaftlichkeit der Komplementärmedizin          legt werden. Drei medizinische Fakultäten
durchgeführt würde. Das galt für die fünf       versuchten im nachhinein, beim BSV eine
häufigsten Methoden: Anthroposophische          Revision dieser „Kriterien“ zu erwirken.
Medizin, Klassische Homöopathie, Neural-        Das wurden vom BSV jedoch abgelehnt.
therapie, Traditionelle Chinesische Medizin     Die Vertreter jener Fakultäten hatten die
(TCM) und Phytotherapie, die insgesamt          Unterlagen erhalten und an jenem öffent-
alle auch an den beiden komplementärmedi-       lichen Workshop teilgenommen, aber ihre
zinischen Lehrstühlen in Zürich und Bern        Argumente dort nicht präsentiert. Von 1999
an der Universität vertreten sind.              bis 2005 wurde das “Programm Evaluation
                                                Komplementärmedizin PEK“ durchgeführt.
        Auf Grund dieser Evaluation sollte      Nach einer längeren Konsensphase zwi-
2005 neu entschieden werden, ob diese Me-       schen Vertretern von Behörden, Schul- und
thoden weiterhin in der Grundversicherung       Komplementärmedizin sowie Methodologie
bleiben sollen. Nach welchen Kriterien der      wurde ein sowohl für die Schweiz wie auch
Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirt-          im internationalen Rahmen erstmaliges und
schaftlichkeit die Komplementärmedizin          einmaliges Gesamtprojekt eingerichtet, das
beurteilt werden sollte, war in einer Exper-    aus zwei umfassenden Teilen bestand, einer
tise festgelegt, die vom Verfasser (Dr. med.    so genannten Versorgungsforschungsstudie
Peter Heusser) im Auftrag des Bundesamt-        und einer Literaturstudie, und im Ganzen in
es für Sozialversicherung (BSV) zwischen        der im Folgenden beschriebenen Weise or-
1996 und 1998 erarbeitet und am 12. März        ganisiert war:
1998 von der Eidgenössischen Leistungs-
kommission des EDI genehmigt worden
war.                                            2. Organisation des PEK

       Diese „Kriterien zur Beurteilung des     1. Der Lenkungsausschuss war für die
Nutzens von komplementärmedizinischen           Führung des ganzen PEK verantwortlich. Er
Methoden“ waren in Zusammenarbeit mit           bestand aus zwei Vertretern des BSV (Dr.
einer von der Schweizerischen Ärztegesell-      Pedro Koch, Präsident, und Dr. Felix
schaft FMH (bzw. von Dr. H. H. Brunner          Gurtner), der geschäftsführenden Pro-
als deren Präsident) eingesetzten Arbeits-      grammleitung (Marianne Amiet und Florian
gruppe Komplementärmedizin ausgearbeitet        Mitscherlich), je zwei Vertretern der Schul-
worden, die sich aus leitenden Repräsentan-     medizin (Kollegium für Hausarztmedizin
ten der FMH (Dr. Brunner selbst), der           der Schweizerischen Akademie der Wissen-
schaften SAMW, Dr. Gilbert Abetel und          ungsstudie   zuständig:   Dr.    Hansueli
Dr. Urban Wirz) und der Komplementärme-        Albonico für Anthroposophische Medizin,
dizin (Dr. Marcel Brander und später Dr.       Dr. Peter Mattmann für Homöopathie, Dr.
Bruno Ferroni als Vertreter der UNION          Adrian Renfer für TCM, Dr. Andreas Beck
komplementärmedizinischer      Ärztegesell-    und später Dr. Lorenz Fischer für Neural-
schaften und Dr. Peter Heusser als Vertre-     therapie und Dr. Margot Mütsch für
ter der Universität) sowie ein Experte für     Phytotherapie. Diese Gruppe traf sich in
methodologische Fragen (PD Dr. Dieter          grösseren Abständen mit dem Lenkungsaus-
Melchart, Universitäten München und            schuss zur Besprechung anstehender Fra-
Zürich). Der Lenkungsausschuss hatte           gen.
regelmässige Sitzungen, an denen meist
auch PD Busato und Dr. Bergemann als           5. Das internationale Review Board hatte
Vertreter der Versorgungsforschungs- und       die Aufgabe, die wissenschaftliche Qualität
Literaturstudien teilnahmen.                   des PEK zu überwachen. Es setzte sich aus
                                               international anerkannten erstklassigen
2. Eine umfassende Literaturstudie sollte      Fachleuten zusammen: Prof. F. B. Kristen-
anhand der internationale Literatur die        sen (Dänisches Zentrum für Evaluation und
Evidenz zur Wirksamkeit, Zweckmässigkeit       Health Technology Assessment), Prof. R.
und Wirtschaftlichkeit dieser fünf Methoden    Eichenberger (Universität Fribourg), Prof.
kritisch aufarbeiten und in so genannten       F. Gutzwiller (Universität Zürich), Prof. J.
HTA-Berichten (Health Technology As-           Kleijnen (Universität York, GB), PD K.
sessment) darstellen. Für diese Arbeit wurde   Linde (Technische Universität München),
einerseits ein Konsortium der Universität      Prof. H. Stalder (Universität Genf), Prof. P.
Witten/Herdecke (Prof. Peter Matthiessen),     Matthiessen (bis 2002, Universität Witten
der Panmedion-Stiftung Zürich (Dr. Steffi      Herdecke, DE), Prof. A. Pécoud (Uni-
Bergemann) und des Instituts für ange-         versität Lausanne), und Prof. H. Walach (ab
wandte Erkenntnistheorie und Medizinische      2002, Universität Freiburg, DE).
Methodologie IAEMM, Freiburg i.Br. (Dr.
Gunver Kienle) verpflichtet (Erstellung der           Die Arbeitsverhältnisse waren durch
fünf HTA-Berichte), andererseits das In-       Verträge geregelt. Von allen Sitzungen wur-
stitut für Sozial- und Präventivmedizin der    den Protokolle erstellt. Man war explizit um
Universität Bern ISPM (Prof. Matthias Eg-      Transparenz bemüht und um gute Koopera-
ger, Vergleich der randomisierten Studien      tion zwischen den Vertretern der verschie-
in Schul- und Komplementärmedizin).            denen Arbeitsbereiche und komplementär-
                                               und schulmedizinischen Richtungen. Es ge-
3. Eine erstmalige Versorgungsforschungs-      lang, in diesem mehrjährigen Prozess einen
studie sollte in der Schweiz die Praxen,       konstruktiven interdisziplinären Dialog zwi-
Ärzte- und Patientenstrukturen, den Be-        schen diesen Gruppierungen zu erreichen,
handlungsnutzen und die Kosten der schul-      allmählich eine fast freundschaftlich zu nen-
und komplementärmedizinischen Praxen           nende Arbeitsatmosphäre zu schaffen, und
miteinander vergleichen. Dieser Teil wurde     insgesamt ein international einmaliges Da-
von PD Dr. André Busato, Institut für          tenmaterial zu produzieren (D. Melchart:
Evaluative Forschung in der Orthopädie der     Schw. Ärztegesellschaft 2005; 86: 934-937)
Universität Bern geleitet.
                                                     Ein Projekt, das im Ausland sehr
4. Die Experten der komplementärmedizi-        wohl als vorbildlich beachtet wurde und
nischen Ärztegesellschaften waren für alle     das dann leider, wie wir wissen, ein etwas
komplementärmedizinischen Sachfragen in        unrühmliches Ende gefunden hat. Darü-
der Literatur- und der Versorgungsforsch-      ber wird im Folgenden berichtet.
3. Der Wechsel des PEK vom BSV                  schuss, Experten und Review Board über-
zum Bundesamt für Gesundheit BAG                gingen und das Prinzip der Transparenz
                                                verletzten. Diese problematische und für ein
        Nachdem Bundesrat Pascal Couche-        demokratisches Land bedenkliche Vorge-
pin von BR Dreifuss das EDI übernommen          hensweise des BAG in der Schlussphase
hatte und das PEK 2004 vom BSV in das           von PEK veranlassen mich, die Ereignisse
Bundesamt für Gesundheit (BAG) trans-           genauer zu schildern und den interessierten
feriert wurde, änderte sich die Arbeitsat-      Kreisen zur Verfügung zu stellen. Als Mit-
mosphäre deutlich. Zunächst wurde Dr.           glied des nationalen Lenkungsausschuss-
med. et lic. oec. Kurt Hess vom BAG mit         es habe ich hautnah alles selbst miterlebt
einer Evaluation des bisherigen PEK-Pro-        und verfüge über die entsprechenden of-
zesses beauftragt. Er attestierte dem Projekt   fiziellen Dokumente und Korresponden-
in seiner Evaluation PEK vom 31. 8. 2004        zen, aus denen hier zitiert wird. Die Öf-
insgesamt sehr gute Noten: „PEK hat             fentlichkeit hat bei diesem Projekt, das
allein schon dadurch, dass die histori-         mit über 6 Millionen Franken aus öffent-
schen Gräben zwischen den beiden medi-          lichen Steuergeldern finanziert worden
zinischen Systemen in schwierigen Kon-          ist, ein Recht zu wissen, was hier vorge-
sensverfahren und durch eine von allen          gangen ist.
Beteiligten als konstruktiv empfundene
Kooperation weitgehend überbrückt wer-
den konnten, einmaliges erreicht, das           4. Änderung der Publikationsstrategie
auch international bereits auf höchste Be-      und Verzögerung der Auswertung
achtung gestossen ist.“ Er kommt zur
Einschätzung, „dass hier allerorts in ho-               Das Ziel von PEK war, durch die
hem Mass ökonomisch, professionell und          HTA-Berichte und die Resultate der Versor-
effizient gearbeitet worden ist und wird“.      gungsforschungsstudie eine Grundlage für
Wenn man diesen Bericht liest, mutet es         die Entscheidung des EDI zu liefern, ob die
sehr eigentümlich, wenn Dr. Brunner später      ärztliche Komplementärmedizin weiterhin
behauptete, es gebe Indizien dafür, dass die    im Rahmen der Grundversicherung vergütet
PEK-Studien aus politischen Gründen so          werden sollte oder nicht. Dazu musste von
angelegt wurden, dass das Resultat für die      den komplementärmedizinischen Fachge-
Komplementärmedizin möglichst günstig           sellschaften ein entsprechender Antrag an
ausfalle, und das PEK sei möglicherweise        die ELK gestellt werden, basierend auf je-
„falsch aufgegleist“ worden.                    nen Berichten und Studien. Die ELK hatte
                                                dann auf Grund dieser Unterlagen eine Em-
        Unter der neuen Leitung des BAG         pfehlung als Grundlage für den Entscheid
ging die Arbeit zunächst weiter wie vorher.     des EDI zu formulieren. Nach Transferieren
Neu war, dass das BAG einen aus Prof.           des PEK-Programms vom BSV in das BAG
Zeltner und Dr. Brunner (Direktor bzw.          waren Dr. Brunner und Prof. Zeltner zu-
Vizedirektor BAG) sowie Dr. Koch (BAG           nächst der Meinung, dass die PEK-Resultate
und Präsident PEK Lenkungsausschuss) be-        durch wissenschaftliche Publikationen be-
stehenden strategischen Ausschuss PEK bil-      kannt gemacht und dadurch eine öffentliche
dete, in dem Dr. Brunner die Geschäftsfüh-      Diskussion über die ärztliche Komplemen-
rung innehatte. Dadurch änderte sich der        tärmedizin angestossen werden sollten, be-
PEK-Prozess enorm. Denn der strategische        vor die Angelegenheit in der ELK behandelt
Ausschuss ergriff in der Folge mehrfach         würde. Der strategische Ausschuss kom-
Massnahmen, die mit vorherigen Abmach-          munizierte das den Lenkungsausschuss und
ungen im Widerspruch standen, die verein-       den andern Mitarbeitern von PEK klar als
barten Kompetenzen von Lenkungsaus-             einen Entschluss und gab auch die damit
verbundenen Konsequenzen bekannt: „Die         Arbeit befindlichen Publikationen sollten
wissenschaftliche Diskussion über PEK          nun keine Relevanz mehr haben als Ent-
muss auf höchstem Niveau vor der Beratung      scheidungsgrundlage für die ELK (!): „In
durch die ELK stattfinden. Dies ist inner-     Bezug auf das weitere Vorgehen betont er
halb des vorgesehenen Zeitplans nicht mög-     [Dr. Koch], dass die involvierten Institute
lich. Deshalb wurde die Verlängerung der       publizieren können, dass diese Publikatio-
provisorischen Aufnahme der fünf Metho-        nen aber nicht mehr als Entscheidgrundlage
den auf 31.12. 2005 beschlossen und die        zur Verfügung zu stehen haben. Es ist frei-
sechs Monate stehen nun neu zur Verfü-         willig und PEK übernimmt auch keine Fin-
gung. Resultate sollen in peer reviewed        anzierung“ (Protokoll 10.12.2004).
journals vorgestellt werden, bevor die ELK
entscheidet. Eine breite Diskussion soll              Eine andere unmittelbare Folge von
demnach vorher stattfinden.“ (Protokoll        BR Couchepin’s Ablehnung der Fristver-
Lenkungsausschuss PEK 9. 9. 2004). Das         längerung war, dass die Anträge der Fach-
entsprach übrigens auch der ausdrücklichen     gesellschaften an die ELK in kürzester Zeit
Empfehlung von Dr. Hess. Später hat der        (von Dezember 2004 bis 28. 2. 2005, statt
Pressesprecher des BAG, Herr Dauwalder,        mehr als sechs Monate später!) geschrieben
behauptet, diese auf Öffentlichkeit abziel-    werden mussten („Es bleibt beim 30. Juni
ende Publikationsstrategie „sei nur in Erwä-   2005, d. h. es gibt keine Verlängerung der
gung gezogen worden, mit Blick auf eine        provisorischen Aufnahme um sechs Mona-
mögliche Verlängerung des Provisoriums         te. Die Publikationen haben ab sofort keine
für die Komplementärmedizin“. (Espace          Priorität mehr“, Mitteilung der Programm-
Mittelland, 22. 4. 2005).                      leitung 1.12.2004).

        Fakt ist jedoch, dass die Sache im             Im weiteren konnte jetzt den Anträ-
PEK als Entschluss mitgeteilt und protokol-    gen der Fachgesellschaften zwar die inzwi-
liert sowie die ganze Arbeit im PEK dra-       schen fertig gestellten HTA-Berichte,
stisch umgestellt wurde und dadurch viele      jedoch aus der für die schweizerischen Ver-
Monate (von April bis Ende November            hältnisse so wichtigen Versorgungsforsch-
2004!) wesentliche Kraft für Auswertungs-      ungsstudie kein einigermassen vollständiges
arbeiten verloren gingen, weil die Haupt-      Datenmaterial mehr zu Grunde gelegt wer-
energie in die Produktion von Publikationen    den konnte. Denn durch das Versäumen
der bereits fertig gestellten Auswertungen     weiterer Analysen zugunsten der Publikatio-
gesteckt werden musste. Damals hiess es        nen lagen lediglich eine deskriptive Daten-
auch: „Dr. Hans Heinrich Brunner ist           auswertung und einige im Prozess befindli-
beein-druckt von den Daten, die vorhanden      che Publikationsmanuskripte schon vor.
sind. Zeltner wie Brunner stehen hinter dem
Programm. Das Budget bleibt insbesondere              Dies war deswegen problematisch,
im bisher vorgesehenen Rahmen (und be-         weil die intendierten Arbeiten weitere Ana-
reits gekürzten) bestehen und wird nicht zu-   lysen betreffend Wirksamkeit, Zweck-
sätzlich gekürzt. Der Zeitplan muss neu ge-    mässigkeit, Sicherheit und Wirtschaftlich-
schrieben werden“ (Protokoll 9. 9. 2004).      keit der Komplementärmedizin sowie Ver-
                                               gleiche mit der Schulmedizin enthielten, die
       Aber am 1.12.2004 lehnte BR Cou-        für die Interpretation der PEK-Ergebnisse
chepin die Fristerstreckung von sechs Mo-      und damit für den politischen Entscheid von
naten kurzerhand ab. Das hatte verschiedene    Bedeutung gewesen wären. Das war ein
negative Konsequenzen. Die Finanzen für        umso härterer Schlag, als sowohl die
die noch notwendigen Publikationen wur-        komplementärmedizinischen Experten wie
den gestrichen, und die geplanten oder in      auch schul- und komplementärmedizinische
Mitglieder und der Methodologe des Lenk-        (bzw. Antragsteller) zu den bereits verfüg-
ungsausschusses aufgrund gängiger Erfah-        baren Daten durch eine unverständliche
rungen mit wissenschaftlichen Publi-            Anordnung von Dr. Brunner unnötig behin-
kationen und Peer-review Journals die Pro-      dert wurde: Die Dossiers mit den deskriptiv
grammleitung und die BAG-Vertreter im           ausgewerteten Daten mussten im Institut für
Lenkungsausschuss deutlich, aber vergeb-        Evaluative Forschung im Wankdorf-Quar-
lich, auf das Illusionäre einer bloss sechs-    tier eingesehen und durften trotz einer
monatigen Fristverlängerung aufmerksam          unterschriebenen Vertraulichkeitserklärung
gemacht hatten: Die Produktion von hoch-        nicht zur Bearbeitung mitgenommen wer-
rangigen Arbeiten und der Peer-Review           den. Dies obwohl ausgemacht worden war:
Prozess dauert für solche Publikationen         „Den Experten werden die Dossiers gege-
ohne weiteres ein Jahr oder länger. Und         ben, sobald sie eine Vertraulichkeitserklä-
man bedenke auch die Menge (damals ca.          rung unterschrieben haben“ (Protokoll vom
20) der ins Auge gefassten Veröffentlichun-     29.10.2004).
gen. Von diesem Gesichtspunkt aus war es
erstaunlich, dass die wissenschaftlich den-             Man muss bedenken, dass alle Ex-
kenden Mediziner im BAG zu glauben              perten vollzeitig tätige Ärzte waren und ihre
schienen, mit sechs Monaten Verlängerung        Anträge nur an Abenden und Wochenenden
durchzukommen. Das konnten die Experten         sowie unter grossem zeitlichen Druck
ihrerseits nicht glauben und blieben deshalb    durchführen konnten, und dass sie für diese
stets skeptisch, da insbesondere die weitere,   Dateneinsicht extra nach Bern reisen
für die Anträge so wichtige Datenaus-           mussten. Die geschilderte Massnahme
wertung durch das Primat der Publikationen      wurde von ihnen deshalb mit Recht als schi-
enorm verzögert wurde.                          kanös empfunden. Auf jeden Fall war sie
                                                ein deutlicher Ausdruck schärfsten Miss-
        Als deshalb in einer Expertensitzung    trauens der BAG-Spitze gegenüber den
von Dr. Koch Garantien für die Richtigkeit      komplementärmedizinischen Experten. Es
des eingeschlagenen Weges und eine Even-        ist deshalb sehr eigentümlich, wenn später
tualplanung für den Fall verlangt wurden,       Dr. Brunner die Komplementärmediziner
dass die Fristerstreckung durch BR Couche-      des ständigen, durch nichts begründeten
pin abgelehnt würde, reagierte Dr. Koch mit     „Argwohns“ (Basler Zeitung 6. 4. 2005), ja
einem Wutausbruch, warf fehlendes Ver-          sogar der „Paranoia“ (Tagesanzeiger 7. 4.
trauen vor, versicherte die Richtigkeit des     2005) bezichtigte. Wie die genannten und
Vorgehens und lehnte das Verlangte als un-      die noch weiter zu besprechenden Vor-
sinnig ab. Kurz darauf erfolgte jedoch BR       fälle zeigten, lag der Argwohn häufig auf
Couchepin’s Ablehnung der Fristerstreck-        Seiten des BAG, und die Komplemen-
ung. Die Programmleitung versuchte noch         tärmediziner (und nicht nur diese) hatten
gleichentags mit der Versicherung zu be-        allen Grund zum Zweifel an der Inte-
schwichtigen, „dass die Zeit, die durch den     grität des Vorgehens des BAG in dieser
‹Exkurs› mit Publikationen verloren gegan-      Schlussphase des PEK, wie auch das
gen ist, bei der Einreichung der Anträge be-    nächste Beispiel zeigt.
rücksichtigt wird“ (1.12.2004).
                                                5. Die Entlassung des Ökonomen
       Von einer solchen Berücksichtigung
war dann freilich bei der Einreichung der             Viel Staub aufgewirbelt hat die un-
Anträge nicht mehr die Rede. Erschwerend        rühmliche plötzliche Entlassung des Ge-
kam in dieser Phase der eiligen Antrag-         sundheitsökonomen Dr. eoc. Hanspeter Stu-
stellung noch dazu, dass der Zugang der         der. Am 31. 3. 2005 erfolgte die völlig
komplementärmedizinischen Fachexperten          unerwartete Aufhebung seines Mandats
durch seinen Vorgesetzten, gemäss den dik-      tät Bern übergeben werden. Die bei Dir
tierten Anweisungen „der Auftraggeber des       vorliegenden elektronischen Informatio-
PEK-Projekts“ (Entlassungsschreiben von         nen des PEK-Projektes müssen gelöscht
PD Busato an Dr. Studer vom 31. 3. 2005).       werden. Eine Missachtung dieser Vor-
                                                schriften hat rechtliche (bis hin zu straf-
        Eine Begründung dazu wurde nicht        rechtlichen) Konsequenzen von Seiten
gegeben, und sie fehlt bis heute. Fehler oder   der Universität Bern, bzw. des Bundes-
wissenschaftliche Unkorrektheiten hatte er      amtes für Gesundheit zur Folge.“
sich nicht zuschulden kommen lassen. Und
die Statistiken, die ein ökonomisch gün-               Und bis heute hat Dr. Studer keine
stigeres (!) Abschneiden der Komplemen-         Erlaubnis zum Weiterarbeiten und Publi-
tärmedizin zeigten, waren nicht von ihm,        zieren erhalten. Im Gegenteil, jede weitere
sondern von seinem Arbeitgeber PD Busato        Mitarbeit Studer’s wird vom entsprechen-
durchgeführt worden. Der Pressesprechers        den Institut abgelehnt, sodass die ökonomi-
des BAG, Daniel Dauwalder, behauptete           schen Arbeiten, bei denen er Co-Autor ist,
damals, von einer Entlassung Hans-Peter         nicht weiterkommen und nicht veröffent-
Studers könne „keine Rede“ sein, da er          licht werden können. Dafür hat das Institut
bloss in einem Mandatsverhältnis für PEK        als erstes eine Publikation herausgebracht,
gearbeitet habe; dieses sei nun erfüllt und     in der durch eine selektive Interpretation
entsprechend aufgelöst worden – „das sei        von PEK-Daten über die Häufigkeit von
Usus“ (Der Bund 5. 4. 2005); und wenn           Sprechstunden ein höherer ökonomischer
Studer das als fristlose Kündigung be-          Ressourcenverbrauch von Patienten der
trachte, sei das dessen „Interpretation“ (Es-   Komplementärmedizin suggeriert wird,
pace Mittelland, 6. 4. 2005).                   ohne das durch korrespondierende makro-
                                                ökonomische Zahlen belegen zu können.
        Das ist jedoch ein recht sophisti-      Ein Resultat, das auch schlecht mit den
scher, irreführender Umgang mit der Wahr-       verfügbaren Gesamtkostenzahlen von PEK
heit und in diesem Kontext eindeutig falsch:    übereinstimmt .
Der Kredit von Dr. Studer war noch nicht
aufgebraucht, die im Prozess befindlichen
Auswertungen und Publikationen zusam-           6. Vorzeitiger Abbruch des PEK,
men mit PD Busato waren nicht abge-             Entlassung der Mitarbeiter mit
schlossen. Auch die Aussage von Dr.             Rückschlag für den Auswertungs-
Brunner in der Arena-Sendung vom 8. 4.          und Publikationsprozess
2005, es stimme gar nicht, dass Dr. Studer
einen Maulkorb erhalten habe, und er könne             Problematisch war im Weiteren auch
ja weiter publizieren, ist unwahr. Der Ent-     der vorzeitige Abbruch des PEK, die vorge-
lassungstext besagt das genaue Gegenteil:       zogene Entlassung der PEK-Mitarbeiter und
„Dein Auftrag ist abgeschlossen und             die sich daraus ergebende Hemmung des
sämtliche weitere Arbeiten von Diener           Publikationsprozesses. In der Lenkungs-
Seite sind einzustellen. Die PEK-Daten          ausschusssitzung vom 7. 4. 2005 verkün-
dürfen von Dir in keiner Art und Weise          dete Dr. Koch, dies werde die letzte Sitz-
für Vorträge, Publikationen oder für            ung sein, PEK werde vorzeitig abgebro-
andere Projekte verwendet werden. Alle          chen, die weiteren, bereits geplanten Sitz-
Dokumente und Daten, die Du im                  ungen des Lenkungsausschusses und der
Rahmen des Projektes von mir oder von           Experten sowie die Abschlussveranstal-
anderer Stelle erhalten hast, müssen an         tung mit gemeinsamem Rückblick wür-
das Institut für Evaluative Forschung in        den gestrichen, den PEK-Forschern wer-
Orthopädischer Chirurgie der Universi-          de vorzeitig gekündigt, und für die Wei-
terarbeit an den Publikationen müsste                  Aktuell wird versucht, im Rahmen
dann die Bewilligung des BAG zwecks            von Dissertationen, die gemeinsam von PD
Benützung des entsprechenden Materials         Busato und den Dozenten der Kollegialen
eingeholt werden.                              Instanz für Komplementärmedizin (KI-
                                               KOM) geleitet werden, wenigstens einen
        Die Kündigungen erfolgten dann         Teil der geplanten Themen weiter zu bear-
rasch. Die bis zum 31.12.2005 laufenden        beiten und so rasch als möglich zu publi-
Verträge wurden vom BAG aufgekündigt,          zieren.
diejenigen der Programmleitung per 30. 4.              Aber es ist klar, dass, wenn mit Aus-
2005, und die der Forscher per 30. 6. 2005,    nahme von PD Busato alle wissenschaftli-
soweit sie in Anbetracht der inzwischen un-    chen PEK-Mitarbeiter aus seinem Institut
erfreulich gewordenen Arbeitsatmosphäre        entfernt sind, dort sonst niemand mehr die
in der Zwischenzeit nicht schon selbst ge-     Übersicht hat und die Arbeit leistet. Und PD
kündigt hatten. Die letzte Kündigung erfolg-   Busato hat selbst schon klar signalisiert,
te per 31. 8. 2005. Das bedeutete zwar nicht   dass er wegen Engagements in anderen Pro-
eine Verunmöglichung der weiteren wissen-      jekten kaum noch Resourcen für PEK haben
schaftlichen Arbeit, aber doch einen gra-      wird.
vierenden Rückschlag für die Auswertungen
des wertvollen Datenmaterials und die wis-            Wenn also nichts anderes ge-
senschaftlichen Publikationen. Wie sollten     schieht, dann werden viele Daten dieser
die entlassenen Forschergruppen ohne           für die Schweizer Verhältnisse wichtigen,
Finanzierungen ihre mitten im Prozess          erstmaligen Praxisbezogenen Untersuch-
befindlichen Arbeiten fortführen und ab-       ung der Komplementärmedizin begraben
schliessen können? Wie sollen sich neue        bleiben. Das wäre leider ein Zustand, wie
oder andere Forschergruppen ohne Auf-          er angesichts des merkwürdigen Verhal-
wand von zusätzlichen Ressourcen neu in        tens des BAG von vielen Komplementär-
dieses Material einarbeiten?                   medizinern schon seit langem befürchtet
                                               worden ist.
        Nach dem Entscheid Couchepin
wurde der Umgang mit den PEK-Daten wie                Man muss sich wirklich fragen, was
folgt geregelt: die Daten bleiben im Besitz    in den Verantwortlichen vorgegangen ist,
des BAG, sie liegen nach wie vor im Institut   wenn sie vorgängig des ELK-Beschlusses
für Evaluative Forschung vor, werden dort      die PEK-Resultate zuerst „auf höchstem
von PD Busato verwaltet und dürfen von in-     Niveau“ publizieren und öffentlich diskutie-
teressierten Forschern benützt werden. Dazu    ren wollen, dann den intendierten Publika-
muss ein Benutzungsvertrag mit dem BAG         tionen für den ELK-Beschluss keine Rele-
abgeschlossen werden, der die Benutzung        vanz mehr beilegen, und zum Schluss den
der Daten regelt, mit ausschliesslicher Gel-   Auswertungs- und Publikationsprozess
tung für das vereinbarte Forschungsziel –      durch Aufkündigung der vertraglich verein-
nota bene – unter Androhung rechtlicher        barten Anstellungszeiten zurückstutzen und
Schritte bei Nicht-Einhaltung. Das ist         real gefährden.
juristisch völlig in Ordnung, man muss sich
jedoch klar sein, dass das Bundesamt                   Ob das angesichts dieses inter-
schon bei der Formulierung des For-            national einmaligen Datenmaterials, des
schungsziels so auch die Möglichkeit hat,      öffentlichen Interesses und der Finanzier-
eine Vereinbarung einzugehen oder nicht        ung mit öffentlichen bzw. Steuergeldern
und so die Richtung, die diese Forschung       wirklich zu verantworten ist, mögen andere
nimmt, zu beeinflussen.                        beurteilen.
7. Von der Öffentlichkeit                       seinerseits eine Präsentation geben zu kön-
zur Geheimhaltung und                           nen. Aufgrund dieser Rücksprache be-
die „PEK-Fachtagung“                            schloss die UNION an ihrer Vorstandssitz-
                                                ung vom 27. 1. 2005, die Tagung durchzu-
        Am 21. 4. 2005 führte die UNION         führen. Mit erheblichem Aufwand konnte
komplementärmedizinischer       Ärztegesell-    ein gutes wissenschaftliches Programm er-
schaften in der Schweiz zusammen mit den        arbeitet werden.
Lehrstühlen für Komplementärmedizin der
Universitäten Bern und Zürich eine Fach-                Dr. P. Koch sagte am 15. 2. 2005 aus
tagung PEK durch. Es war ursprünglich ge-       terminlichen Gründen ab; seine Absage ent-
plant, die wissenschaftlichen Resultate von     hielt keinerlei neue Erwägung zum Tag-
PEK an dieser Tagung zu besprechen. Die         ungsprogramm. Man musste demnach von
Idee zu einer solchen Fachtagung unter der      seinem weiteren Einverständnis ausgehen.
Leitung der UNION stammte ursprünglich          Dr. H. H. Brunner wurde ebenfalls als Re-
von einem Mitglied der PEK-Programm-            ferent eingeladen und auf das provisorische
leitung, Marianne Amiet. Sie hatte das an       Programm gesetzt. Er sagte jedoch am 8. 2.
verschiedenen Sitzungen so kommuniziert.        2005 ab mit der Begründung, dass es üblich
Ein Protokoll davon ist vorhanden. Diese        sei, dass der Verantwortliche in der Verwal-
Idee wurde von der UNION aufgegriffen           tung während des Entscheidungsprozesses
und umgesetzt. Die Frage, welche der be-        schweige. Seine Absage enthielt ebenfalls
reits verfügbaren PEK-Ergebnisse anläss-        keinerlei Einwand gegen das Tagungs-
lich dieser Tagung für die Präsentationen       programm.
verwendet werden können, stand zuvorderst
bei der allerersten zweistündigen Besprech-             Seit Beginn der Tagungsorgani-
ung, welche Dr. Albonico im Auftrag des         sation Ende Januar 2005 hielt der Be-
UNION-Vorstandes am 20. 1. 2005 mit der         gleittext in Übereinstimmung mit den An-
Programmleitung in Bern führte. Er berief       weisungen der Programmleitung fest: „An
sich dabei auf die Ausführungen von Dr.         dieser Tagung präsentiert die UNION
Koch (BAG, strategischer Ausschuss PEK)         schweizerischer komplementärmedizini-
anlässlich der PEK-Sitzung vom 10.12.2004       scher Ärzteorganisationen zusammen mit
in Bezug auf das weitere Procedere, näm-        der Kollegialen Instanz für Komple-
lich, „dass die involvierten Institute publi-   mentärmedizin der Universität Bern
zieren können“ (Protokoll vom 10.12.2004).      (KIKOM) und der Abteilung für Natur-
                                                heilkunde der Universität Zürich sowie
        An der Sitzung vom 20. 1. 2005 wur-     den Fachleuten des PEK die Ergebnisse,
de vereinbart: „Für die Präsentationen kön-     soweit sie für die Anträge der Fach-
nen alle PEK-Produkte, welche für die An-       schaften zur definitiven Beibehaltung die-
träge der Fachgesellschaften zur Verfügung      ser Methoden in der sozialen Kranken-
stehen, gebraucht werden. Die Programm-         versicherung der Schweiz vorlagen.“
leitung wird Pedro Koch informieren“ (Pro-
tokoll sowie Mail von H.U. Albonico an die              Dieser Text lag bei den Anfragen der
UNION vom 20. 1.2005). Dr. Koch als Mit-        UNION zur Mitwirkung sowohl der
glied des strategischen Lenkungsausschus-       Programmleitung als auch Dr. Koch und Dr.
ses wurde daraufhin sowohl durch die Pro-       Brunner zu allen Zeiten vor, es erfolgten
grammleitung als auch durch den Unions-         keinerlei Einwände. Die eingeladen PEK-
präsidenten informiert, wobei das Konzept       Wissenschaftler sagten ihre Teilnahme
und das provisorische Programm vorgelegt        schriftlich zu, und ein offizielles Programm
wurde. P. Koch erklärte sich mit der Plan-      konnte definitiv aufgestellt und publiziert
ung einverstanden und wünschte explizit,        werden. Die Planung der Fachtagung wurde
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