Dialog Deutscher Dialogmarketing Verband e.V. www.ddv.de März 2019 - DDV Deutscher Dialogmarketing Verband eV
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dialog E-MAIL-MARKETING: Künstliche Intelligenz Deutscher Dialogmarketing Verband e.V. www.ddv.de März 2019 AUTOMATION: Für Konsumenten muss CUSTOMER-JOURNEY: Touchpoints werden TOP-THEMEN unterstützt die Individualisierung, ist allerdings kein Allheilmittel. SEITE 3 künftig alles noch leichter und schneller gehen als bisher schon. SEITE 11 nicht durch Mediaplaner, sondern von den Kunden ausgewählt. SEITE 13 Anzeige
2 DIALOG TICKER DIALOG MÄRZ 2019 EDITORIAL „Es geht um viel mehr als eine Technik“ Liebe Leser, Martin Nitsche, es gibt nur wenige Artikel in dieser ersten DIALOG-Ausgabe Für Unternehmen bedeutet dies, folgert van Belleghem, Präsident des Deutschen des Jahres, in denen das Thema Künstliche Intelligenz keine dem Einsatz Künstlicher Intelligenz Vorrang zu geben. Denn Dialogmarketing Verbands Rolle spielt. Mal ist es ein Schwerpunkt, dann wird es anders ließen sich die Ansprüche der Kunden künftig nicht gestreift, mal wird es eher im Ganzen, dann wieder in einem mehr befriedigen. Wie viel Zeit zur Vorbereitung auf diese besonderen Detail beleuchtet. Das Thema durchzieht die Zukunft bleibt, lässt er offen. Deutlich wird immerhin, allzu Nummer wie ein roter Faden. Das war zum Teil so geplant, es viel wird es nicht sein. Das liegt auch daran, dass KI keine hat sich aber auch so ergeben. Genau das geschieht, wenn ein Technik ist, die sich mal eben schnell aufgreifen lässt. Thema vom Rand ins Zentrum rückt: Plötzlich ist es für alle Vielmehr ist Künstliche Intelligenz eine Basis-Methode für sichtbar – und jeder beeilt sich, es zu bestaunen und zu be- viele Bereiche, die aber auf jeden Einzelfall eigens angepasst gutachten und von seinem Standpunkt aus zu kommentieren. werden muss. Künstliche Intelligenz hilft der Individualisierung im E-Mail- Vor zwei Jahren haben wir uns im DIALOG zum ersten Mal Marketing auf die Sprünge, sie macht Chatbots innerhalb wie ausführlich mit dem Thema KI befasst. Inzwischen erfahren außerhalb von Callcentern schlauer, sie spielt in grundsätzli- wir fast täglich von Anwendungen, die große Fortschritte che und ethische Fragen hinein. Und sie verändert die ermöglichen. Die Praxis ist oft schon viel weiter als die theo- Beziehung zwischen Unternehmen und Kunden. Auf diesen retische Debatte. Das muss kein Nachteil sein. Vorausge- Aspekt geht auch unser Gastautor Steven van Belleghem ein setzt, wir lassen die grundsätzlichen Fragen nicht außer Acht. (Seite 11). Er ist davon überzeugt, dass wir gerade den Beginn Denn es geht um viel mehr als eine Technik. einer neuen Phase der digitalen Evolution erleben. In ihr wird, so seine Prognose, für den Konsumenten alles noch einmal leichter und schneller gehen müssen als bisher. Denn der Konsument wolle möglichst wenig Aufwand haben – das werde sein wichtigster Maßstab, an dem er Unternehmen und ihre Angebote bemisst. m.nitsche@ddv.de DDV-Ticker IMPRESSUM Vertrieb: Heike Koch (Ltg.) Telefon: 069 / 75 95-19 41 Marketing Sales & Services: MAX-Award: Das Online-Voting Dialogmarketing der Parfümerie-Kette Dou- Aus diesem Grund ist der DDV eine Part- HERAUSGEBER Boris Pawlenka (Ltg.) beginnt Ende März glas und was Versicherer vom Handel lernen nerschaft mit der Akademie der Deutschen Deutscher Dialogmarketing Telefon: 069 / 75 95-19 42 Verband e.V. MAX ist der wichtigste Dialogmarketing können. Ein Vortrag von Hans Jürgen Schäfer, Medien in München eingegangen. Die Non- Patrick Tapp (v.i.S.d.P.), Präsident Bereichsleitung Wettbewerb im deutschsprachigen Raum. Leiter Recht der DDV-Geschäftsstelle, geht Profit-Organisation zählt mit über 4000 Hahnstraße 70 Finanzen und Medienservices: Thomas Berner Nachdem eine Qualifizierungs- und Ent- auf die rechtlichen Entwicklungen im Dia- Teilnehmern pro Jahr zu den führenden 60528 Frankfurt Telefon: 069 / 75 95-11 47 scheidungs-Jury im Februar eine Vorauswahl logmarketing ein. Die Teilnahme ist kosten- Medienakademien in Deutschland. Mit Telefon: 069 / 401 276 500 Produktion: Hans Dreier (Ltg.) Telefax: 069 / 401 276 599 der eingereichten Arbeiten in puncto Kreati- los. BVN ihrem Seminar- und Tagungsprogramm hat Telefon: 069 / 75 95-24 63 www.ddv.de on und Effizienz getroffen und in offener www.ddv.de sie sich als Ansprechpartner für Weiter- Leitung Logistik: Ilja Sauer (Ltg.) Abstimmung die Shortlist festgelegt hat, liegt bildung und Qualifizierung rund um Medien, Telefon: 069 / 75 95-22 01 REDAKTION nun die finale Beurteilung der Arbeiten in Marketing, digitaler Wandel, Innovation und Boris von Nagy (BvN), Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste vom den Händen der Öffentlichkeit. Am 25. März DialogNatives in Hamburg: E-Business etabliert. DDV-Mitglieder erhal- Telefon: 069 /401 276 513 1.1.2019 b.vonnagy@ddv.de startet das Online-Voting, bei dem jeder mit Marketing für Start-ups im Fokus ten 15 Prozent Rabatt auf die Seminare der Schlussredaktion: Erscheinungsweise: 4x jährlich. einer gültigen E-Mail-Adresse teilnahme- Am 15. April treffen sich die DialogNatives in Medienakademie. BVN Joachim Thommes (ts) DDV-Mitglieder erhalten DIALOG zusammen mit HORIZONT im Rahmen ihrer berechtigt ist und maximal drei Favoriten Hamburg. Die Veranstaltung behandelt das www.medien-akademie.de Telefon 0641 / 9 30 39 03 DDV-Mitgliedschaft. auswählen kann. Die Gesamtzahl der Stim- Thema „Marketing für Start-ups“ und soll thommes@horizont.net DIALOG wird vom Deutschen Fachverlag im Gestaltung: Andreas Liedtke (Ltg.), men legt fest, welche Arbeiten bei der Preis- beleuchten, welche Strategien Unterneh- Auftrag des DDV produziert. Thomas Dahmen verleihung am 7. Mai auf dem OMR Festival mensgründer verfolgen. Darüber hinaus Wissenschaftlicher Kongress: in Hamburg mit dem MAX-Award in Gold, erfahren die Teilnehmer, welche Hindernisse Call for Papers läuft VERLAG TECHNISCHE GESAMTHERSTELLUNG Silber oder Bronze ausgezeichnet werden. beim Aufbau eines Start-ups zu umgehen Der diesjährige wissenschaftliche inter- Deutscher Fachverlag GmbH, HORIZONT Vogel Druck und Medienservice GmbH BVN sind. Nach dem Vortrag der Referenten bietet disziplinäre Kongress für Dialogmarketing Mainzer Landstraße 251, Leibnizstraße 5 60326 Frankfurt am Main www.max-award.de ein Get-together Zeit zum Networken. Als findet am 24. September an der Hochschule 97204 Höchberg Internet: www.horizont.net Location dient das Betahaus im Hamburger Pforzheim statt. Wissenschaftler aller Dis- Geschäftsführung: Schanzenviertel. Für DialogNatives ist die ziplinen können bis zum 9. Mai Vortrags- Angela Wisken (Sprecherin), Peter Esser, Mit der Annahme zur Veröffentlichung Web-Konferenz zu Trends Veranstaltung gratis. Gäste bezahlen 10 Euro themen mit Bezug zum Dialogmarketing und Markus Gotta, Peter Kley, Holger Knapp, überträgt der Autor dem Verlag das aus- im digitalen Kundendialog Eintritt. Das Platzangebot ist begrenzt. BVN Data-driven Marketing für das Symposium Sönke Reimers schließliche Verlagsrecht für die Zeit bis zum Aufsichtsrat: Klaus Kottmeier, Ablauf des Urheberrechts. Diese Rechtsüber- Gemeinsam mit dem AMC, einem Netzwerk www.dialognatives.com vorschlagen. Die jährlich im Herbst statt- tragung bezieht sich insbesondere auf das Andreas Lorch, Catrin Lorch, Peter Ruß von Versicherungs-Unternehmen mit Sitz in findende Tagung hat sich als Plattform für Gesamtverantwortung HORIZONT: Recht des Verlages, das Werk zu gewerblichen Zwecken per Kopie (Mikrofilm, Fotokopie,CD- Düsseldorf, veranstaltet der DDV am 20. den Austausch zwischen Forschung und Markus Gotta Rom oder andere Verfahren) zu vervielfältigen März von 9.45 Uhr bis 13 Uhr eine Webkon- Akademie der Deutschen Medien Praxis etabliert. Während der Veranstaltung Verlagsleitung: Peter Gerich und/oder in elektronische oder andere ferenz zu den Trends im digitalen Kunden- und DDV werden Partner wird der Alfred Gerardi Gedächtnispreis Christoph Krug (Sales Director) Datenbanken aufzunehmen. Alle veröffent- Telefon: 069 / 75 95-12 45 lichten Beiträge sind urheberrechtlich dialog. Teilnehmer können während der Mit dem Siegfried Vögele Institut hat im 2019 verliehen, die Preisträger werden in Heinz Kort (Leitung Sales) geschützt. Ohne Genehmigung des Verlages ganzen Web-Konferenz dabei sein oder ge- August vergangenen Jahres eine der letzten Kurzpräsentationen vorgestellt. BVN Telefon: 069 / 75 95-18 75 ist eine Verwertung strafbar. Dies gilt auch für die Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme zielt einzelne Slots besuchen. Auf der Agen- Weiterbildungs-Institutionen im Bereich des Kontakt: Timo Liebe (Teammanager Media Services) in elektronische Datenbanken und die da steht unter anderem ein Vortrag zum Dialogmarketings ihre Pforten geschlossen. b.hoefner@ddv.de Telefon: 069 / 75 95-18 72 Vervielfältigung auf CD-Rom.
DIALOG MÄRZ 2019 DIALOG E-MAIL-MARKETING 3 FOTO: SERGEY / FOTOLIA Künstliche Intelligenz ist mehr als Automation, aber kein Allheilmittel Auf dem Weg zur KI-Mail S chon bald lässt sich vorhersagen, wann es ten. Das findet auch Jörg Sayn, Technikvorstand von ten, wer dagegen aufgeschlossen und flexibel genug genug ist. Wenn nämlich der Empfänger ei- Artegic, Bonn. Der Grund dafür liege darin, dass der sei, könne sich mithilfe von KI vielleicht schon inner- nes Newsletters keine Lust mehr verspürt, Aufwand bisher zu hoch gewesen sei. Denn die größere halb von ein oder zwei Jahren enorme Wettbewerbs- ihn weiterhin zu beziehen. Sei es, weil er die Relevanz eines Newsletters habe nicht nur einen um- vorteile verschaffen. besten Angebote schon gekauft hat, sei es, fassenden Blick auf die Daten, sondern auch viel manu- Bollhöfer hält es sogar für möglich, dass es dem- weil ihn das Thema aus anderen Gründen nicht mehr elle Arbeit erfordert. Erst Künstliche Intelligenz erlaube nächst zu Quantensprüngen in puncto KI-Fortschritt interessiert. Oder auch, weil er den Dauerbeschuss mit es nun, „eine sehr differenzierte Kommunikation ohne kommt. Denn derzeit werde in Forschungs- und Ent- den immer gleichen Avancen leid ist. Bisher löscht der solchen Aufwand“ zu verwirklichen. wicklungs-Abteilungen großer Unternehmen und in der Empfänger den Newsletter oder bestellt ihn ab. In Zu- Nach Ansicht Sayns ist KI mithin zunächst einmal Wissenschaft viel Geld in die Verbesserung von Algorith- kunft wird der Werbungtreibende den Versand von sich nichts anderes als eine Art fortgeschrittener Automati- men und Architekturen gesteckt. „Das bezieht sich al- aus eine Weile stoppen. Solange, bis ihm signalisiert on. Sie lässt die alte Faustformel Individualisierung lerdings immer auf konkrete Fälle – die Erfindung einer wird, dass er ihn – behutsam und mit veränderten Inhal- gleich Differenzierung gleich Überforderung in ihrem generellen KI, die mehr als nur ein Problem auf einmal ten – wieder aufnehmen kann. letzten Teil ungültig werden. lösen kann, bleibt bis auf Weiteres ein Wunschtraum.“ Je mehr eine E-Mail auf eine Person zugeschnitten Das Go zur zweiten Chance kommt von Künstlicher sein soll, desto mehr Hypothesen sind aufzustellen und Wunder sind also wieder nicht zu erwarten. Und im Intelligenz, die der Werbungtreibende für sich arbeiten Entscheidungen zu treffen. Welche Reaktionszeiten Alltagsgeschäft haben die E-Mail-Marketer sowieso an- lässt. Genau genommen nicht nur das Go. Denn natür- beispielsweise sind angemessen, welche Inhalte sollen dere Sorgen. Darauf hat die Unternehmensberatung lich wird der Werbungtreibende selbst gar nicht ins Ge- wo in der Kontaktstrecke ausgespielt, welche weiteren Absolit im Januar in ihrer „Benchmark-Studie“ hinge- schehen eingreifen, sondern alles an die Algorithmen Punkte wann an welche Vorlieben des Adressaten ange- wiesen. Ihr zufolge ist der Status quo in vielen Be- und Maschinen abgeben. KI wird darüber entscheiden, passt werden? In der bisherigen Praxis werde, erklärt reichen geradezu „ernüchternd“. „Bevor wir über welcher Adressat welche Inhalte bekommt, in welcher Sayn, angesichts der Fülle an Möglichkeiten „lieber Trends wie Marketing-Automation sprechen können, Frequenz – und wann es eben auch mal genug ist. Denn gleich ganz aufs Ausprobieren verzichtet“. KI dagegen müssen viele Unternehmen überhaupt erst einmal die die KI hat gelernt: Empfänger sind wertvoll. Zu wertvoll, stört sich nicht an großen Zahlen. Ihr ist es schnuppe, Grundlagen der E-Mail-Kommunikation verinnerli- um sie durch fade Inhalte oder falsche Zeitpunkte zu ob sie 5 oder 5000 Variablen berechnet, testet und chen“, erklärt Studienautor Torsten Schwarz. vergraulen. „Künstliche Intelligenz wird eine sich ab- optimiert. Zu den Basics zählt er beispielsweise Begrüßungs- zeichnende Marketing-Müdigkeit erkennen und helfen, und anlassbezogene Trigger-Mails, die von weniger als ihr vorzubeugen“, sagt Timo Kohlberg, Senior Product Macht Künstliche Intelligenz überhaupt erst Indivi- einem Fünftel der untersuchten 5037 Unternehmen Marketing Manager bei Adobe in München. dualisierung möglich? „Ja und nein“, sagt Jens Hil- aus neun Branchen versandt würden. Besonders Noch ist es nicht ganz so weit. Bislang schreibt KI brands, Geschäftsführer Netnomics, Hamburg. Auch er schwer tun sich der Analyse nach viele Unternehmen mal eine Betreffzeile oder ein Textchen oder wählt ein betrachtet KI zunächst einmal als weiterentwickelte mit der persönlichen Ansprache des Empfängers. Zwar Bild für einen Newsletter aus. Schon morgen aber könn- Automation. Auf den zweiten Blick unterscheide sie fragten 73 Prozent bei der Anmeldung nach dem Na- te sie prognostizieren, wann ein Empfänger eine E-Mail sich dann aber doch deutlich. So könne KI ungeahnte men des Interessenten, genutzt werde er aber nur von haben will und wann nicht. Das funktioniert, wenn ge- Lösungswege finden, zu überraschenden Ergebnissen 61 Prozent. „Viele Unternehmen müssen langsam be- nug Daten gesammelt und ausgewertet worden sind. kommen und außergewöhnliche Vorschläge unterbrei- greifen, wie wichtig es ist, Kunden in Zeiten der Infor- Danach bemisst sie die Wahrscheinlichkeit für einen ten. „Sie sieht die Dinge immer wieder neu – das passt mationsflut individuell anzusprechen, um wettbe- passenden Inhalt zu einem bestimmten Zeitpunkt. Das gut zum Ziel der individuellen Ansprache.“ Trotzdem werbsfähig bleiben zu können“, mahnt Schwarz. Ziel ist, einen Grad an Individualisierung der Botschaft sei sie kein Allheilmittel: Eine gute, mit Liebe zum De- JOACHIM THOMMES und der Zustellung zu erreichen, der den Namen auch tail erzählte Story und interaktive Inhalte könne sie verdient. „Das wird nicht mehr lange auf sich warten nicht ersetzen. lassen“, mutmaßt Kohlberg. Beim E-Mail-Marketing geht es häufig darum, Pro- Versprochen wird die Individualisierung im E- zesse zu optimieren. Für diesen Zweck ist Künstliche Mail-Marketing schon lange. Umgesetzt jedoch nur sel- Intelligenz „geradezu perfekt geeignet“, meint Klaas Bollhöfer, Geschäftsführer von Birds on Mars, Berlin. Ob sich umgekehrt auch die Unternehmen für KI eig- nen, hänge in erster Linie von ihrer Verfassung ab: Wer verkrustete Strukturen aufweise, habe schlechte Kar-
4 DIALOG INTERVIEW DIALOG MÄRZ 2019 Attikus A. Schacht über Chatbots im Kundenkontakt „Service wird zur tragenden Säule“ A uf Euphorie folgt Ernüchterung. So enorm erhöht. Wenn das nicht so wäre, würden Es sind mehrere Punkte. Erstens die bes- geht es oft, wenn zu große Erwartun- wir jetzt nicht über Chatbots reden, weil ihr Ein- sere Erreichbarkeit, nämlich Tag und Nacht, gen in eine Sache gesetzt werden. satz überhaupt nicht infrage käme. Die Rechen- das ganze Jahr über. Zweitens die Automation Doch auch die Enttäuschung kann kapazität – und damit die Power der Bots – wird oder Teil-Automation des Kundenkontakts, da trügen, wenn sie den Blick auf die in den kommenden Jahren weiter zulegen. Das sind wir auch beim Thema Kostensenkung. Wirklichkeit verengt. Im Thema Chatbots steckt ist der eine Punkt. Beim anderen Punkt geht es Drittens verläuft die Kommunikation per Chat- weniger Potenzial, als sich die Enthusiasten er- um eine Option, über die nur ein Teil der Chat- bot synchron – so wie beim Telefon, aber anders träumen, aber mehr, als die Skeptiker zugeben bots verfügt, die aber ihr Potenzial erheblich als bei der E-Mail. Das heißt, das Unterneh- möchten. Der Berater Attikus A. Schacht er- vergrößert: neuronale Netze. men kann unmittelbar auf den Kunden einge- klärt, warum das so ist. Und schlägt den großen hen, es findet viel schneller heraus, was er Bogen zur Zukunft des Kunden-Services. Sie Was verbirgt sich dahinter? wirklich möchte, und erhöht so seine Zu- liegt, wie er findet, nicht zuletzt in Datenban- Künstliche neuronale Netze sind dem Ner- friedenheit. ken. Ein Gespräch über Optionen und Varian- vensystem nachempfunden. Mit ihnen kommt ten, Rechenkapazität und Power, neuronale ein Hauch von Intelligenz ins Spiel. Denn nun Sind die Chatbots morgen, wenn sie Netze und den Mindestlohn. müssen sich die Chatbots nicht mehr stur an gewissermaßen klüger und einfühl- Wenn-dann-Regeln halten, sondern können samer sein werden als heute, dia- Das Thema Chatbots wird in der Callcenter- sich selbst Lösungswege suchen. Und sie ler- logfähige Gesprächspartner – Branche nach wie vor heiß diskutiert. Die an- nen dazu. Nichtsdestotrotz hält sich ihre In- und ersetzen mehr und mehr fängliche Euphorie ist aber wieder verflogen. telligenz in Grenzen, denn sie sind ja nach wie die Agenten –, oder sind sie War zu viel Wunschdenken im Spiel? vor an Datenbanken angedockt: Nur was da drin eher Hiwis der Agenten, Attikus Schacht: Wie heißt es so schön? Jede ist, können sie auch wieder ausgeben. Sie kön- arbeiten ihnen also vor Erwartung ist eine Falle. In Bezug auf die Chat- nen nichts erfinden, sind also nicht im eigentli- allem zu? bots waren die Erwartungen allerdings weit chen Sinn kreativ – und damit auch nicht wirk- Die Dialogfä- überzogen, die Enttäuschung fällt deshalb um- lich intelligent. higkeit der Bots wird so größer aus. nach und nach zu- Was ist die Voraussetzung für neuronale Netze? nehmen. Die ent- Von welchen Illusionen haben sich die Enthusi- Sie müssen trainiert werden. Das geht nur, scheidende Frage asten verabschieden müssen? wenn man genügend Input zum Üben hat. Für ist, wie gut die Ich bin mir nicht sicher, ob das schon alle Unternehmen mit einem geringen Kunden- zentrale Wissens- getan haben. stamm kommen sie deshalb kaum infrage, denn datenbank ist, auf die haben meist zu geringe Datenmengen, um die sowohl der Sprechen wir darüber, was Chatbots können. die Chatbots zu füttern und ausreichend zu trai- Mitarbeiter als Wie machen sie sich im Callcenter nützlich? nieren. auch der Bot zu- Chatbots sind Dialog-Assistenten für ei- greifen. Kann die nen eng umgrenzten Fragenbereich. Sie Was darf die Entwicklung eines künstlichen Datenbank alle durchsuchen Sätze oder Teile davon nach be- Assistenten kosten? Fragen des Kun- stimmten Begriffen und Phrasen, erkennen Nur 1 bis 3 Prozent aller Anfragen an Con- den beantworten, definierte Kontexte, schlagen in einer Daten- tact-Center werden heutzutage im Chat gestellt. dann wird es ihm bank nach, wie sie darauf reagieren sollen, und Das limitiert die Ausgaben für die Bots doch nicht so wichtig sein, setzen das um. In diesem Fall funktionieren sie deutlich. Es ist allerdings damit zu rechnen, ob er mit einem Men- also nach klaren Regeln. Je reichhaltiger und dass der Anteil zunimmt. Dann dürfen auch die schen oder einer Maschine zu tun hat. Das Er- FOTO: KAREN KÖHLER präziser die verknüpfte Datenbank ist, desto Kosten für Chatbots höher ausfallen. gebnis zählt. flexibler und treffender zugleich können die Chatbots reagieren. Welches Interesse haben die Callcenter zurzeit Gilt das umgekehrt auch für die Service-Center? an den Bots? Wann werden sie sich darauf einstellen müssen, Das hört sich nicht gerade nach Intelligenzbes- Ich störe mich an dem Begriff „Callcen- dass am anderen Ende der Strippe kein Kunde tien an. ter“. Er ist veraltet, denn heute geht es um Kun- mehr wartet, sondern dessen Chatbot? Das sind sie ja auch nicht. Meist hängen denservice in einem umfassenden Sinn über In zwei oder drei Jahren mag das langsam ihre Antworten zunächst einmal vom Inhalt der viele Kanäle. an Bedeutung gewinnen. Zurzeit erleben wir ja Datenbanken und von deren Aufbau ab, der gerade erst einen anderen Wandel: Chat-Bots mehr oder weniger intelligent gemacht sein Bei „Callcenter“ wissen alle, was damit gemeint werden zu Voice-Bots. Man spricht mit den Ge- kann. Der Inhalt resultiert natürlich aus dem ist, und dass man da nicht nur anrufen kann. räten, und sie antworten in gesprochener Spra- Input, der bereitgestellt wurde: Je mehr Varian- „Contact-Center“ klingt komisch. Neuerdings che. Siehe Alexa. ten für ein und denselben Fragenkontext inte- reden manche von „Kunden-Interaktions-Cen- griert worden sind, desto eher kann eine sinn- ter“ – ist das nicht peinlich? Was halten Sie von der Vorstellung, dass sich in volle Antwort gefunden werden und sich der Vielleicht sollte man von Service-Centern Zukunft Bots untereinander austauschen und Einsatz von Chatbots lohnen. sprechen. Marketing, Vertrieb und Service verständigen, ohne dass noch ein Mensch da- wachsen immer mehr zusammen. Service ist zwischenfunkt? Bisher lösen die schlauen Assistenten eher das zeitgemäße Marketing und der zeitgemäße Ich finde das gar nicht so abwegig. In der schlichte Aufgaben. Vertrieb in einem. Durch das Produkt allein Industrie laufen ja schon zahllose Prozesse Stimmt. Will jemand beispielsweise seine kann sich kaum noch ein Unternehmen von an- allein zwischen Maschinen ab. Oder neue Adresse mitteilen, hat ein Chatbot norma- deren unterscheiden. Die Kundenschnittstelle denken Sie an die Börse: Ein Groß- lerweise kein Problem damit. wird zum differenzierenden Faktor. teil des Handels dort funktio- niert vollautomatisch mit- Aber im Lauf der Zeit werden ihre Fähigkeiten Was interessiert die Service-Center in erster Li- hilfe von Algorithmen. zunehmen? nie an den Chatbots? Die Rationalisierung von Warum soll das in Ganz sicher. In den vergangenen Jahren Prozessen, die Chance auf Kostensenkung oder der Kommuni- hat sich die Leistungsfähigkeit der Computer die Verbesserung der Kundenbeziehung? kation nicht
DIALOG MÄRZ 2019 DIALOG INTERVIEW 5 „Durch das Produkt allein können sich Unternehmen kaum noch unterscheiden“ Attikus A. Schacht ähnlich sein? Unter der Voraussetzung natür- lich, dass es uns nicht schadet, sondern nützt. Attikus A. Schacht Welche Aufgaben sollten Chatbots lieber nicht Der 52-Jährige ist Chef von Schacht übernehmen? Consulting in Leinfelden-Echterdingen Es gibt Bereiche, in denen sich Men- bei Stuttgart. Während seines Wirt- schen zurzeit noch ausschließlich von Men- schaftsingenieur-Studiums an der TH schen beraten lassen wollen. Zum Beispiel, Darmstadt verbrachte er ein Auslands- wenn es um ihre finanzielle Zukunft geht, semester an der École Nationale de l’Avia- suchen Kunden den Kontakt zu Menschen. tion Civile in Toulouse, wo er sich intensiv Ebenso, wenn Hilfe gebraucht wird: Einen mit neuronalen Netzen beschäftigte. Zu Notarzt will ich persönlich sprechen und seiner Berufslaufbahn gehören Stationen nicht abwarten müssen, ob eine Maschi- bei Nokia, Freudenberg, Walter Services ne meine Frage richtig einordnen kann. und beim Bosch Communication Center. 2013 gründete er Schacht Consulting. Wird die Unterteilung in A-, B- und C-Kunden Bestand haben? Es wird weiterhin Kunden ge- ben, die vorzugsweise von menschli- chen Agenten betreut werden, weil sie finanziell sehr lukrativ sind und jeder Kontakt eine weitere Verkaufs- Chance bietet. Sie werden vom Chatbot so schnell es geht an einen Mitarbeiter weitergeleitet werden. Wie sieht Ihre Vision vom Kun- denservice im Jahr 2025 aus? Mitte der 2020er Jahre ist der Kundenservice die tragende Säule im Dialog zwischen Un- ternehmen und Konsumenten und das entscheidende Diffe- renzierungs-Merkmal. Das Kommunikations-Verhalten wird sich mit den Kommuni- kations-Mitteln weiterentwi- ckeln, aber nicht drastisch ändern. Denn der persönli- che Austausch mit einem Mitarbeiter wird auch dann noch die größte Rolle spie- len. Anders gesagt: Das Te- lefon bleibt das wichtigste Instrument, doch gleichzei- tig gewinnen automatisierte und teilweise automatisierte Lösungen – wie Messenger und Chats – an Gewicht. Die Mitarbei- ter im Kundenservice werden Kom- munikationsprofis für diverse Kanä- le sein. Werden die Service-Center dann mehr oder weniger Beschäftigte haben als heute? Es werden viele sein. Unser Leben wird noch mehr von Technik bestimmt sein als heute schon, also wird es auch mehr Bedarf an qualifizierter Beratung geben. Und die Kun- den werden eher bereit sein, für kompetenten Service und persönliche Zuwendung zu bezah- len. Das können auf absehbare Zeit Maschinen nicht oder nicht so gut wie Menschen. Freilich wird man solche versierten Leute, die perma- nent von Tools unterstützt werden, nicht zum Mindestlohn bekommen. INTERVIEW: JOACHIM THOMMES
6 DIALOG DIREKTVERTRIEB DIALOG MÄRZ 2019 FOTO: DENNIS SAVINI Live-Vorführung in vertrauter Umgebung: Präsentation des Thermomix. Der Direktvertrieb füllt die Lücke, die der E-Commerce nicht schließen kann Prickelnde Inszenierung J e mehr Menschen im Internet ein- form werden.“ Schon deshalb nicht, weil tiv“, schätzt Clausnitzer. Die Kunden woll- kaufen, umso mehr erkennen auch es in ihm selten um Artikel des täglichen ten sich nun mal vorab informieren und Das ist Direktvertrieb die Mängel des elektronischen Bedarfs, vielmehr um langlebige und hö- Produkte auch bequem nachbestellen Handels: Die Produkte lassen sich herwertige Produkte gehe. können. „Und für manche ist die Hemm- Der persönliche Verkauf von Kon- nicht in die Hand nehmen und aus- Doch das Internet spielt dem Direkt- schwelle, auf eine Party zu gehen, zu- sumgütern und Dienstleistungen probieren, das riesige Angebot wirkt oft vertrieb in die Karten. „Und das gleich nächst noch zu hoch.“ außerhalb von Geschäftsräumen überfordernd statt inspirierend, und es ist mehrfach“, so Clausnitzer. Der E-Com- Dennoch ist es gerade die Party, die wird als Direktvertrieb bezeichnet. kein Verkäufer da, der sich etwas fragen merce verschärfe den Preisdruck weiter, den Direktvertrieb mittlerweile prägt. Sie Zu ihm gehört demnach der oder auch mal in einen Plausch übers Wet- worauf der klassische Einzelhandel mit macht ein Gutteil der „Heimvorführun- Verkauf von Produkten in der ter verwickeln lässt. Zwar treiben Online- Einsparungen beim Personal und folglich gen“ aus, die mit 54 Prozent die belieb- Wohnung oder am Arbeitsplatz des Händler viel Aufwand, um diese Defizite an der Beratung reagiere. Die umfassen- teste Form des Direktvertriebs sind. Auf Kunden, aber auch auf Messen, abzumildern, ganz beseitigen können sie de Information werde damit zu einer Do- den legendären Vertreterbesuch – die an- Märkten und in Fußgängerzonen. sie aber nicht. Manch ein Konsument mäne des Direktvertriebs. Zudem seien gekündigte und die unangekündigte Va- E-Commerce ist nach dieser sieht sich deshalb nach alternativen Ein- Empfehlungen von Freunden und Be- riante zusammengenommen – entfällt nur Definition kein Direktvertrieb, kaufsmöglichkeiten um. Zu ihnen zählt kannten, die zu Verkaufspartys einladen, noch die Hälfte davon. „Verkaufspartys da er auf einem Medium basiert, der Direktvertrieb. Er bietet Produkte zum allemal glaubwürdiger als Referenzen sind heute eine Art Happening, da geht es also nicht persönlich sein kann. Anfassen, persönliche Beratung und viel- unbekannter Internet-Nutzer. Nicht zu- auch um Gemeinschaft, um Erlebnis und leicht sogar eine prickelnde Inszenierung. letzt sei es durch Social Media aber auch Spaß“, erklärt Florian Kraus, Professor an Die Rede ist von der Spielart des Di- leichter geworden, Kontakte zu Interes- der Uni Mannheim, der regelmäßig Studi- rektvertriebs, die außerhalb von Geschäf- senten zu knüpfen. Aufdringliche Anrufe en zum Thema vorlegt. Danach kommen ten und abseits von Medien stattfindet. waren gestern, heute wird per Whatsapp fast drei Viertel aller Verkäufe im Direkt- Sie hat in den vergangenen Jahren bei den angefragt. vertrieb auf solchen Events zustande. Konsumenten ständig mehr Anklang ge- Überhaupt geht der Direktvertrieb Sie sind Kraus zufolge gerade auch funden: Von 2008 bis 2017 hat sich der mit der Zeit. Urgesteine wie Tupper und bei komplexen Produkten erfolgreich. Umsatz der Branche auf 17,6 Milliarden Avon etablieren Filialen im Netz. Vorwerk „Generell erklärt eine Live-Vorführung am Euro fast verdoppelt, wie der Bundesver- eröffnet Flagship-Stores in der City und schnellsten, wie ein Produkt funktio- band Direktvertrieb Deutschland (BDD) in landet den Verkaufshit Thermomix. Start- niert.“ Schon aus diesem Grund ist es Berlin vorrechnet. Zahlen fürs vergangene ups wie der Schmuckanbieter Pippa & Je- auch Clausnitzer nicht bang um die Zu- Jahr gibt es noch nicht. an und der Kosmetik-Händler Younique kunft der Branche: „Je mehr die Technik „Natürlich wachsen die Bäume adressieren junge Zielgruppen und nutzen unseren Alltag bestimmt, desto größer nicht in den Himmel“, sagt BDD-Ge- Social-Media-Plattformen auch zum Ver- wird der Beratungsbedarf. Ihn kann der schäftsführer Jochen Clausnitzer, „der Di- trieb. „Die Hälfte unserer Mitglieder ist Direktvertrieb besonders gut decken.“ rektvertrieb wird nie zur Haupteinkaufs- inzwischen in mehr als einem Kanal ak- JOACHIM THOMMES
DIALOG MÄRZ 2019 DIALOG PRAXIS 7 Theoretische Erkenntnisse werden zu wenig umgesetzt Kundenorientierung häufig nur ein Lippenbekenntnis B is zu 20 Prozent des Unter- zum Beispiel in der Produkt- oder Kom- auf Lippenbekenntnissen basiert statt auf Die Qualität der Individualisierung nehmenserfolgs hängen da- munikationsplanung eingesetzt werden. wirklich umgesetzten Marketing-, Ver- hängt vom Wissen über die Kunden ab, von ab, wie Unternehmen mit Nur so lässt sich das Kundenwissen im triebs- und Service-Maßnahmen. Rund das zwar von den Befragten als recht gut ihren Kunden interagieren. ganzen Unternehmen sinnvoll anwenden 70 Prozent der Teilnehmer sagen, dass ih- eingestuft, aufgrund der Marketer haben demnach ein (Stichworte: Data-Analytics und -Mana- nen Kundenorientierung wichtig ist, aber weniger stark ausgeprägten FOTO: GKK vitales Interesse daran, den Erfolg gezielt gement). nur 30 Prozent haben echtes, systemati- systematischen Samm- zu beeinflussen und zu managen. Nur Drittens empfiehlt es sich, dass Un- sches Wissen über ihre Kunden. lung, Auswertung und Ver- mit diesem Wissen können sie Budgets ternehmen dieses Wissen systematisch Die Individualisierung der Kunden- wendung von Kundendaten sinnvoll investieren. Das bestätigt die im Dialog mit den Kunden auf eine kreati- ansprache ist ebenfalls stark optimie- jedoch überschätzt wurde. Studie „Dialog-Excellence“, die das ve und möglichst persönliche Art und rungsfähig, verraten die Antworten der Mann sagt, dass sich „gera- Kompetenz-Center Agenturen im DDV Weise einsetzen. Insbesondere die per- Teilnehmer. Eine stärkere Individualisie- de durch die Abdeckung unter der wissenschaftlichen Leitung von sönliche, interaktive und relevante An- rung hat einen hohen Einfluss auf die Wie- und kreative Gestaltung re- Andreas Mann, Professor an der Univer- sprache der Kunden hat sich als wichtige derkaufs- und Weiterempfehlungsrate levanter Touchpoints für sität Kassel, initiiert hat. Erfolgsgröße hervorgetan. Das Control- und damit erfahrungsgemäß auf die be- den Kunden in der Phase Ihr zufolge führt der Weg über drei ling der Kommunikation – im Sinne einer sonders wertvollen, weil profitablen Kun- der Kaufentscheidung posi- Stufen. Erstens sollten sich Unterneh- nachhaltigen Messung und Bewertung den. Gerade hier können die Unterneh- tive Erlebnisse schaffen men und ihre Partner konsequent an den der einzelnen Maßnahmen – ist ebenfalls men ihre Kundenorientierung beweisen lassen“. Bedürfnissen der Kunden ausrichten, für ein wichtiger, aber in der Praxis häufig und den Unternehmenswert erhöhen. Beim Controlling die- ein kundenorientiertes Mindset bei allen nicht umgesetzter Erfolgsfaktor (Kom- Ein deutliches Missverhältnis konn- ser Maßnahmen ist eben- Beteiligten sorgen und sich über die un- munikations-Management). ten die Wissenschaftler der Universität falls noch Luft nach oben. ternehmerische Bedeutung von langfris- Über diese drei Stufen werden unter Kassel zwischen der Wahrnehmung und So erfolgt die Durchführung tigen Kundenbeziehungen im Klaren anderem Umsatz, Image und Vertrauen der tatsächlichen Umsetzung in puncto von Pre-Tests, in denen bei- sein. Das Stichwort lautet Customer-Cen- positiv beeinflusst. Das ist natürlich der kreativen und interaktiven Gestaltung spielsweise die Interaktivi- Autor Markus Gräßler, 45, tricity. leichter gesagt als getan. der Maßnahmen registrieren. Die Teil- tät, die Kreativität und ihre ist Managing Director von Zweitens sind Unternehmen gut be- nehmer schätzten ihre Umsetzungsqua- Wirkung auf die Kunden GKK Dialog in Frankfurt. raten, Daten über einzelne Kunden und Auch die individuelle Ansprache lität deutlich höher ein, als die konse- überprüft werden, nur teil- Kundensegmente zu sammeln und zu lässt zu wünschen übrig quente Ausrichtung der eingesetzten Me- weise. Obwohl gerade sie einen großen analysieren. Eine aussagekräftige Daten- Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die dien an der Customer-Journey vermuten Einfluss auf die Ergebnisse haben können. basis muss dann aber auch genutzt und Kundenorientierung vieler Anbieter eher lässt. Mehr Infos: www.ddv.de Anzeige
8 DIALOG STUDIEN DIALOG MÄRZ 2019 Lesetipps für Marketer Aufs Tempo drängt doch alles MESSENGER: FIRMEN ausbleibt. Allerdings ist Service für die Studienautoren raten dazu, solche Be- BLEIBEN RESERVIERT Jugendlichen und jungen Erwachsenen in wertungen offensiv einzusetzen: „Mit Whatsapp ist der Deutschen liebstes Tool: erster Linie eine Frage des Tempos: Rund transparenten und unabhängigen Be- Rund 50 Millionen Menschen sollen ein Drittel der Befragten schätzt diese wertungen auf ihrer Homepage können Hochrechnungen zufolge den Messenger Eigenschaft am meisten, Qualität und Online-Shops Orientierung bieten und hierzulande nutzen, zwei Drittel davon Kosten sind weniger wichtig. sich gleichzeitig positiv von anderen wenigstens einmal in der Woche. Doch im Schnelligkeit ist auch das Haupt- Händlern absetzen.“ TS Marketing spielt der Kommunikations- kriterium für die Mittel, mit denen Ser- dienst bislang eine Nebenrolle, wie eine vice-Fragen geklärt werden sollen: Bevor- Name der Studie: Trends im E-Commerce Untersuchung von Promio.net bestätigt. zugt wird die Suche auf Google, dagegen – So shoppen die Deutschen 2019 Danach bietet lediglich ein Viertel der landen der Anruf bei einer Hotline, der Herausgeber: Bundesverband Informati- befragten Marketer ihren Kunden Whats- Online-Chat mit einem Agenten, der onswirtschaft, Telekommunikation und app an. Und obwohl die Hälfte von ihnen Besuch im Laden und selbst Social- neue Medien (Bitkom), Berlin dem Messenger künftig mehr Potenzial Media-Präsenzen abgeschlagen auf Erscheinungsdatum: 24. Januar 2019 zubilligt, plant nur jeder siebte Investi- den Plätzen. Allein digitale Assistenten Befragter Personenkreis: Internet-Nutzer tionen in das Instrument. werden noch als Helfer akzeptiert: Die ab 14 Jahren Größere Bedeutung messen die Hälfte der Befragten spricht lieber mit Befragte Personen: 1086 Umfrageteilnehmer der E-Mail zu. Derzeit einem Bot als einem Service-Menschen, Preis: gratis ist sie – wie das Telefon – praktisch überall auch weil Bots „keine komplizierten Weitere Informationen: www.bitkom.org im Angebot, künftig werde ihr Gewicht Fragen stellen“. TS noch zunehmen. Favorisiert wird die elektronische Post aus mehreren Grün- Name der Studie: Customer-Care 2025 DEUTSCHLAND HUMPELT den: Sie gilt als schnell und sicher, der (nur auf Englisch) VORNEWEG Kommunikationsverlauf lässt sich ein- Herausgeber: B2X, München Kaum haben sich die Deutschen darauf fach dokumentieren, nicht zuletzt dient Erscheinungsdatum: 16. Januar 2019 verständigt, dass mit ihrem Land nicht sie den Unternehmen traditionell als Befragter Personenkreis: junge Leute mehr viel los ist – vor allem in puncto Werbemittel. unter 30 Jahren in China, Deutschland, Innovation hinke es andauernd hinter Veränderungen erwarten die Befrag- Indien, Indonesien, Mexiko und den USA anderen Nationen her –, schon kommt ten vor allem in zweierlei Hinsicht. Der Befragte Personen: 1704 einer an und ruft: „Stimmt doch gar Brief – zurzeit noch an dritter Stelle der Preis: gratis nicht!“ In diesem Fall ist es der US-Medi- Angebotsliste – werde wohl an Relevanz Weitere Informationen: enkonzern Bloomberg. Er behauptet einbüßen. Jedenfalls taucht er in der www.b2x.com/customer-care-2025 sogar, die Republik zwischen Rhein und Projektion der künftigen Nutzungswahr- Oder liege mit Südkorea fast gleichauf. scheinlichkeit erst an 10. Stelle auf und Und zwar an der Spitze der 95 untersuch- investiert wird fast nichts mehr in ihn. RASANZ STATT ten Länder. Seinem Innovation Index Außerdem halten es die Teilnehmer für PERFEKTION zufolge ist Südkorea mit 87,38 Punkten wahrscheinlich, dass künftig Medien Tempo ist Trumpf – daran glauben auch der globale Innovations-Champion. Doch wichtig werden, die bisher kaum Bedeu- zwei Drittel der Entscheider bei B-to-B- die Bundesrepublik liegt mit 87,30 Punk- tung haben oder die noch niemand kennt. Händlern, die der Software-Anbieter ten nur knapp dahinter. Vor allem bei der TS Intershop zum Stand der Digitalisierung Wertschöpfung in der verarbeitenden in ihren Unternehmen hat befragen las- Industrie und bei der Hightech-Dichte Name der Studie: Kommunikationskanä- sen. Als wichtigste Auswirkungen der kann Deutschland glänzen. Zum Ver- le aus Unternehmenssicht Digitalisierung auf Vertrieb und Services gleich: Die USA landen im Ranking auf Herausgeber: Promio.net, Bonn nennen die Teilnehmer mehr Effizienz Platz 8 (83,21 Punkte), China erst an Erscheinungsdatum: 31. Januar 2019 (42 Prozent), steigende Umsätze und 16. Stelle (78,35 Punkte). Befragter Personenkreis: Unternehmens- eine höhere Kundenzufriedenheit Der Index basiert auf Bewertungen vertreter aus den Bereichen Marketing (jeweils 39 Prozent). TS in sieben Kategorien: Stärke von For- und Kommunikation schung und Entwicklung, Wertschöpfung Befragte Personen: 125 Name der Studie: E-Commerce Report in der verarbeitenden Industrie, Pro- Preis: gratis 2019 duktivität, Hightech-Dichte, Hochschul- Weitere Informationen: www.promio.net Herausgeber: Intershop, Jena bildung, Anteil der in Forschung und Erscheinungsdatum: 7. Februar 2019 Entwicklung Beschäftigten sowie Zahl Befragter Personenkreis: Entscheidungs- der Patente. Das Verzeichnis wird jährlich träger von B-to-B-Händlern in den Bene- aktualisiert. TS GUTER SERVICE HÄNGT lux-Ländern, Deutschland, Frankreich, AM EILTEMPO Großbritannien, Skandinavien und den Name der Studie: Bloomberg Innovation Waren lassen sich gut etikettieren, Men- USA Index (nur auf Englisch) schen nicht. Dennoch wird es gern ver- Befragte Personen: 400 Herausgeber: Bloomberg, New York sucht. Nicht selten kommen dann Ge- Preis: gratis Erscheinungsdatum: 22. Januar 2019 bilde heraus wie die „Digital Natives“, die Weitere Informationen: www.intershop.de Befragter Personenkreis: – tags nur Bits und Bytes zu sich nehmen Befragte Personen: – und nachts von Bits und Bytes träumen. Preis: Zusammenfassung gratis Angeblich setzen sie sich sogar aus zwei Weitere Informationen: Gruppen zusammen: der Generation Y, KUNDEN HELFEN www.bloomberg.com auch Millennials genannt, und der Gene- ZU VERKAUFEN ration Z. Die Ersten sind zwischen 1980 Die Hoffnung, damit Zeit zu sparen, ist und 1999 geboren. Die Zweiten ein paar eines der Motive, im Internet einzukaufen Jahre vor und ein paar nach der Jahr- statt anderswo. In einem Ranking des tausendwende – da sind sich die Wort- Bitkom steht dieser Beweggrund mit schöpfer uneins. Aber beide Gruppen 67 Prozent Zustimmung an 3. Stelle. seien unglaublich digital, also Natives. Auf Platz 1 liegt die Unabhängigkeit von Was die außer Online sonst noch gut Öffnungszeiten (77 Prozent), auf Platz 2 finden, hat eine Untersuchung von B2X, die Lieferung nach Hause (76). Der Ver- einem Anbieter für Customer-Care-Lösun- band kommt auf 56 Millionen Bundes- gen, zutage gefördert. Ihr zufolge möch- bürger, die zumindest einmal im Jahr ten die Digital Natives, dass Geschäfte online shoppen gehen – das entspricht das ganze Jahr rund um die Uhr geöffnet vier Fünfteln der geschäftsfähigen Bevöl- sind, und dass sie immer prompt bedient kerung. werden. Zudem erwarten sie guten Ser- Der wichtigste Einkaufshelfer ist der vice. 81 Prozent von ihnen ist er so wich- Untersuchung zufolge die Bewertung von tig, dass sie die Marke wechseln, falls er Angeboten durch andere Kunden. Die
10 DIALOG UMFRAGE DIALOG MÄRZ 2019 Chatbots verändern das Verhältnis von Unternehmen und Konsumenten Wird der direkte Austausch unnötig? Künstlicher Intelligenz und Automation ver- FOTO: PEGASYSTEMS FOTO: STUDIO FOTOSESSION stärken die Relevanz von Kunden-Daten und -Insights und lassen sie zum zentralen Wettbe- werbsfaktor werden. Gewinnen werden die, die ihre Kunden am besten verstehen und dadurch optimal bedienen können. Das war aber auch schon vor den Chatbots der Fall. „VERKAUF PER EMOTION „AUS TOUCH WIRD FOTO: CMBS NICHT MEHR MÖGLICH“ SPEECH UND CHAT“ CARSTEN RUST, RON HOFER, Senior Director Client Innovation Partner bei Useeds, Berlin: bei Pegasystems, München: 1 In der Arbeitswelt werden die Menschen alles 1 Mittels Künstlicher Intelligenz werden dem an Chatbots delegieren, was heute noch ein Konsumenten lästige Alltagsaufgaben abge- Assistent oder eine Sekretärin erledigt. In der nommen. So wird beispielsweise das Auto selbst- Freizeit all das, wofür man bisher anrufen muss- ständig erkennen, wann die nächste Inspektion te: vom Kontakt zum Kennenlernen über Termin- fällig ist. Und per Zugriff auf den Terminkalender buchungen bis zu Fragen und Problemen. wird der digitale Assistent einen passenden Schließlich auch all das, wofür es zurzeit eine „DIE ZEIT DER SILOS Termin dafür vereinbaren. Eine direkte Kommu- App gibt. Aus Touch wird Speech und Chat. GEHT ZU ENDE“ Wenn von Chatbots im nikation mit dem Kundenservice ist nicht mehr nötig. Wenn doch, dann nur in komplexen Fällen, 2 Wenn Sie heute einen Assistenten haben, der MANFRED STOCKMANN, Inhaber CMBS Change Management Beratung, Kundenservice die Rede ist, die in der Regel aber sowieso von Mensch zu Dinge für Sie organisiert, ist Ihre Haltung gegen- Olching bei München: geht es meist nur um eine Mensch gelöst werden. Der Kunde wird ent- scheiden, wie viele Daten seinem persönlichen über einem Unternehmen geprägt durch die Meinung Ihres Assistenten, denn Sie selbst 1 Viele Menschen werden all jene Aufgaben an effizientere Unternehmens- digitalen Assistenten zur Verfügung stehen. haben ja wenig bis keinen Kontakt mehr dazu. Chatbots oder andere digitale Assistenten dele- organisation. Dabei bedie- 2 Ein Szenario, in dem zwei Chatbots miteinan- Künftig wird diese Rolle von einem KI-basierten Agenten übernommen, und auch das Unterneh- gieren, die ihnen das Leben leichter machen. Da kann es um Einkaufshelfer gehen, eine Stilbera- nen sich doch schon heute der kommunizieren, halte ich für unwahrschein- men besitzt einen KI-basierten Agenten. Beide tung, Terminvereinbarungen, Ticketbestellungen auch die Konsumenten lich. Vermutlich wird das lediglich im Outbound- beziehungsweise Telesales-Umfeld vorkommen, kommunizieren untereinander. Bislang werden Chatbots noch meist als Mittel angesehen, um und Tischreservierungen oder auch um Beglei- tung und Unterhaltung bei Freizeitaktivitäten. elektronischer Assistenten wenn Chatbots eingesetzt werden, um dem Kun- Kosten zu senken und die Vermarktung zu för- Schauen wir nach Japan, wo Singles und einsame (Stichwort: Alexa und Co), den etwas zu verkaufen. Der intelligente Anruf- beantworter (Personal Chatbot) wird Angebote dern. Doch schon jetzt existieren beispielsweise simple Bots auf Ebay, die in der allerletzten Menschen bereits Geräte nutzen, die zur Unter- haltung und als Gesprächspartner dienen. um Aufgaben bequemer ohne Emotionen bewerten. Verkaufen über Emo- Sekunde ein Gebot für ihren Besitzer abgeben, Warum sollte das nicht demnächst Einzug in oder nicht mehr selbst tionen wäre dann nicht mehr möglich. Grund- sätzlich gilt: Im Rahmen der Digitalisierung wird Agenten, die für Online-Werbeplätze bieten, und solche, die bei Verhandlungen helfen, Win-win- Smartphones, smarte Home-Assistenten und dergleichen finden? erledigen zu müssen. das Callcenter für Routineprozesse nicht mehr Lösungen zu finden. In Zukunft werden Chatbots Wie werden Chatbots das relevant sein und vermutlich für den Kunden selbst intensiver vermarktet werden müssen als 2 Vermutlich werden digitale Assistenten schnel- auch nicht mehr erreichbar. das Endprodukt – und zwar an andere Chatbots. ler privat genutzt, als Unternehmen darauf vor- Verhältnis von Unternehmen bereitet sind. Doch auch diese Lernkurven wer- und Konsumenten in den den sich anpassen. Meine Überzeugung ist, dass Mitte der 2020er Jahre Contact-Center nicht nächsten Jahren verändern? mehr so wie heute gebraucht werden, weil die Zeit DIALOG hat nachgefragt. der ausgegliederten Abteilungen – der Silos – FOTO: NOVOMIND FOTO: DEFACTO endlich zu Ende gehen wird. Zumindest werden sich insbesondere Inhouse-Einheiten für den 1 Welche Aufgaben werden Kundenservice neu erfinden und organisieren die Kunden bis zum müssen. Es braucht mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit und Kompetenzvernetzung, Jahr 2025 an Chatbots Brückenbauer und mehr Selbstorganisation, delegieren? um die Entwicklungen im Dialog mit dem Kunden zu stemmen. 2 Worauf müssen sich „BOTS FINDEN „CHATBOTS WERDEN Unternehmen und Call- LÖSUNGEN AUTONOM“ LERNEN MÜSSEN“ center einstellen, wenn FRANZISKA DEMPT, MARTIN GRASS, auch die Konsumenten Business Development Manager International bei Novomind, Hamburg: Geschäftsführer Defacto Realations, Erlangen: Chatbots einsetzen? 1 Eine Menge. Chatbots werden beim Conver- 1 Chatbot ist ja genau betrachtet eine neue Be- sational Commerce und der Bedienung von An- zeichnung für die Mensch-Maschine-Interaktion. wendungen im Internet der Dinge eine noch UMFRAGE: JOACHIM THOMMES Vor einigen Jahren noch sagte man ganz einfach größere Rolle spielen – multimedial in der Ein- „virtueller Assistent“. Tatsächlich beschreibt das und Ausgabe. Und das allein schon, um die viel besser, wohin sich die heutigen Chatbots bis Einschränkungen von Smartphones zu eliminie- 2025 entwickeln werden, nämlich zu Assistenten ren. Je besser die Skills und ausgefeilter die der Nutzer. Sie werden nicht mehr darauf be- Künstliche Intelligenz, desto attraktiver die schränkt sein, Rede und Antwort zu stehen, son- User-Experience und intensiver die Interaktion. dern im Auftrag ihrer Besitzer agieren – beispiels- Bei sensibleren Themen wie Payment werden weise passend zu Flugreisen Mietwagen buchen, Chatbots lernen und Vertrauen schaffen müssen. einen Platz im Lieblingsrestaurant reservieren, Spannend bleibt, wie Gehirn-Computer-Schnitt- von sich aus Blumen zu einem Jahrestag bestellen stellen die virtuelle und die erweiterte Realität und auf dem Smartphone darüber informieren, (VR und AR) in den Dialog einbinden werden. wenn die Lieblingsband ein Konzert angekündigt hat. Die intelligenten Bots erledigen reaktiv oder 2 Unternehmen stehen vor der Herausforderung, proaktiv Aufgaben für die User. trotz der Gatekeeper – Amazon, Google und Co – die Permissions und Daten der eigenen Kunden 2 Die Chatbots der Unternehmen werden mit den zu erhalten. Es geht dabei um die Geschäfts- virtuellen Assistenten der User zusammenarbei- bedingungen, die die großen Plattformen für die ten und autonom Lösungen finden können. Die- Unternehmen definieren. Sie bestimmen den ser Bot-to-Bot-Interaktion sollten sich Unterneh- Zugang zum Kunden, der eine konsistent per- men besonders widmen. sonalisierte Journey erwartet. Fortschritte in
DIALOG MÄRZ 2019 DIALOG AUTOMATION 11 ILLUSTRATION: DENISISMAGILOV / FOTOLIA Kundenbeziehungen in Zeiten Künstlicher Intelligenz Schneller als in Echtzeit sein W ir stehen am Beginn einer neuen Phase der Marketing-Ratgeber für die zweite Phase der Digitalisie- in der dritten Phase der digitalen Entwicklung größer denn digitalen Evolution. In der ersten Phase rung – es ging mir darum, Wege für die Umgestaltung von je. Ausreichende Datenmengen sind eine unabdingbare ging es darum, Informationen über das In- Unternehmenskultur und -kommunikation in der neuen Voraussetzung für den wirksamen Einsatz von KI. ternet verfügbar zu machen. Anschließend Welt der sozialen Medien und Smartphones aufzuzeigen. standen neue Kommunikationskanäle wie Mittlerweile hat diese zweite Phase bereits das Rei- Zweitens braucht es neue Schnittstellen zur effizienteren Smartphones im Vordergrund. In der dritten Phase wer- festadium erreicht. Trotzdem ist es natürlich noch immer Automatisierung der Kommunikation und Interaktion mit den nun Automatisierung und Künstliche Intelligenz (KI) wichtig, in mobile Anwendungen und Kommunikation den Kunden. Die Kunden sind nicht mehr bereit, eine die zentralen Themen sein. über soziale Medien zu investieren. Auch wenn die dritte Stunde auf eine Antwort zu warten. Als neues Minimum Als Kunden treten wir in ein Zeitalter ein, in dem wir Phase der Digitalisierung bereits begonnen hat, besteht wird Kommunikation in Echtzeit erwartet, und zwar über hohe Servicequalität erwarten und genießen können. auf Kundenseite weiter Bedarf an guter Kommunikation benutzerfreundliche Schnittstellen. Der Kunde soll mög- Mithilfe smarter Lösungen können Unternehmen die Pro- und Service aus Phase zwei – die Konsumenten sind in lichst wenig Aufwand haben, das bleme ihrer Kunden erkennen und bewältigen, bevor die- ihrem Verhalten sogar mehr denn je darauf eingestellt. ist die Priorität. sen überhaupt bewusst wird, dass es ein Problem gibt. Mein drittes Management-Buch, When Digital Be- Kundenservice in einem Tempo, das quasi schneller als comes Human (2014), beschäftigt sich mit dem Über- Drittens stehen wir im Kampf ge- Echtzeit ist, wird schon demnächst die Norm sein. Auf- gang von Phase zwei zu Phase drei. Als es herauskam, gen den Zug zur Massenware. bauend auf der massiv gestiegenen Qualität des Daten- drehte sich alles um die „digitale Transformation“ – es Weil immer mehr Kundenent- Managements schreitet auch die Personalisierung von war das Schlagwort für Unternehmen, die überlegten, wie scheidungen aufgrund von Algo- Produkten und Leistungen rasch voran. Dazu kommt, die Mensch-Maschine-Beziehung verbessert und erwei- rithmen getroffen werden und dass die User-Schnittstellen intui- tert werden könnte. Die zentrale Aussage von When Digi- die Macht der großen digitalen Das 5. Jahresforum für Data-driven tiver denn je arbeiten – was in den tal Becomes Human ist auch fünf Jahre später noch gül- Plattformen immer stärker Marketing findet am 28. und 29. Mai FOTO: JIMMY KETS vergangenen Jahren zu Umwäl- tig: Computer können Mehrwert vor allem durch die Auto- wächst, besteht das Risiko, dass im Hilton Düsseldorf statt. zungen in der Bedienung von Ge- matisierung von operativen Prozessen schaffen, während jedes Produkt irgendwann zur Die Keynotes stammen von Steven van räten und Software geführt hat. Menschen sich in erster Linie auf Aufgaben konzentrie- Massenware wird, bei der nur Belleghem, der über den Kundennutzen Was bedeutet all das für Un- ren sollten, bei denen der emotionale Aspekt im Vorder- mehr der Preis zählt. Um diesem von Künstlicher Intelligenz spricht, und ternehmen? Wer seinen Kunden grund steht. Risiko entgegenzuwirken, müs- Torsten Schwarz, Inhaber von Absolit die neuen Spitzenleistungen bie- Wenn es darum geht, Mehrwert für den Kunden zu sen Unternehmer und Marke- Dr. Schwarz Consulting. Er referiert über ten will, muss sich strategisch neu generieren, können Mensch und Maschine einander her- tingexperten neue Wege zur Anspruch und Wirklichkeit von Per- positionieren: Künstliche Intelli- vorragend ergänzen – daran wird sich in den kommenden Schaffung von Mehrwert und sonalisierung heute. genz muss als Top-Priorität an die Jahren auch nichts ändern, außer dass die Maschinen Produktdifferenzierung finden. Zu den weiteren Themen gehören Marke- Stelle mobiler Techniken treten. eine prominentere Rolle spielen werden, während die ting-Automation, Kunden-Erwartungen Es mag auf den ersten Blick Rolle des Menschen ein noch schärferes Profil bekom- Viertens brauchen wir für über- und Kunden-Kommunikation. nicht erkennbar sein, warum es men wird. morgen Investitionen, mit deren Die Teilnahme kostet 1260 Euro manchen Marken gelingt, ihren In meinen jüngsten Arbeiten geht es nun vor allem Hilfe die menschliche Leistung für Anwender und 2060 Euro für Kunden bessere Service-Leistun- um die mittelfristige Entwicklung der Kundenbeziehun- durch Technik verbessert wird. Dienstleister. Veranstalter ist Succus gen zu offerieren, anderen dage- gen. Unternehmen stehen heute vor der Herausforde- Wie können wir schneller werden Wirtschaftsforen, Wien. Der Autor Steven van Belleghem, 42, lehrt gen nicht. Der Grund dafür ist, rung, für „übermorgen“ zu investieren, gleichzeitig je- und die Anzahl der Fehler redu- www.dialogsummit.de an der Vlerick Business School in Belgien dass KI eine meist unsichtbare doch auch die Entwicklungen aus Phase zwei weiter vo- zieren, dabei aber so persönlich und hat mehrere Firmen gegründet. Er ist Technologie ist. In der ersten Pha- ranzutreiben. Anders gesagt, sie müssen parallel zur Ar- wie möglich agieren? Wie können Autor mehrerer Bücher, zuletzt erschien se der Digitalisierung war der beit an den Kundenbeziehungen von heute und morgen wir unser Team dabei unterstützen, die Wünsche und „Customers the Day After Tomorrow“. Launch einer Website für Kunden auch an der Gestaltung der Kundenbeziehungen von Erwartungen der künftigen Kunden zu erfüllen? Bei die- Beim 5. Dialog Summit in Düsseldorf hält und Wettbewerber ein deutlich übermorgen arbeiten. ser vierten Achse geht es um Augmented Intelligence, er die Eröffnungsrede. sichtbares Ereignis. In der zweiten also erweiterte Intelligenz: Technik wird eingesetzt, um Phase führte man eine neue App Kunden sind nicht länger bereit, die menschliche Leistung zu verbessern. ein, auch das eine Investition, die Kunden und Konkur- eine Stunde auf eine Antwort zu warten renten bemerkt haben. Bei all dem Hype, der heute um diverse neue Techniken In einem Satz lässt es sich so zusammenfassen: In Weil KI jedoch unsichtbar ist, können Unterneh- getrieben wird, kann es für ein Unternehmen schwierig den Kundenbeziehungen von übermorgen werden Daten men, die sie schnell adaptieren, sich einen deutlichen sein, Schwerpunkte zu setzen. Die Antwort darauf ist: Im eingesetzt, um neuen Kundennutzen zu generieren, die Wettbewerbsvorteil verschaffen. Den Kunden ist das Fokus muss zuallererst der Kunde stehen. Wenn man den benutzerfreundlichsten Schnittstellen zu gestalten, den nicht unbedingt bewusst – sie merken nur, dass Firma A Kunden in den Mittelpunkt stellt, ist die Frage nach der Zug zur Massenware abzuwehren und die menschliche besseren Service anbietet und besseres Personal hat als spezifischen Technik weniger entscheidend. Konkret geht Leistungskraft mithilfe neuer Techniken zu optimieren. Firma B. In Wirklichkeit aber arbeitet das Personal von es um vier Achsen, entlang derer in die Kundenbeziehung Ist Ihr Unternehmen für die Kunden von übermor- Firma A mit der smarteren Software. der Zukunft investiert werden sollte. gen gerüstet? Wie viel Zeit investieren Sie, um mehr und bessere Daten einsetzen zu können, neue User-Schnitt- Computer automatisieren Abläufe, Menschen Erstens müssen Kundenbeziehungen zunehmend als stellen zu entwickeln, den Zug zur Massenware zu be- konzentrieren sich auf emotionale Aspekte Wissenschaft betrachtet werden. Die vorhandenen Daten kämpfen und die Potenziale der erweiterten Intelligenz Meine ersten zwei Bücher, The Conversation Manager müssen eingesetzt werden, um neue Formen des Kunden- zu nutzen? Übermorgen beginnt heute. Es ist Zeit, sich (2010) und The Conversation Company (2012), waren nutzens zu entwickeln – und daher ist der Bedarf an Daten vorzubereiten, zu investieren, zu handeln.
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