IM AUGE DES TAIFUNS WIE DER KLIMAWANDEL DIE MENSCHEN AUF DEN PHILIPPINEN BEDROHT
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Im Auge des Taifuns Diese Satellitenaufnahme zeigt Taifun Haima, der am 19. Oktober 2016 mit Windgeschwindigkeiten von bis zu Wie der Klimawandel die Menschen 225 km/h auf die nördlichen Philippinen auf den Philippinen bedroht traf und große Zerstörung anrichtete. G letscher und Polkappen schmelzen, zurückdrehen könnte. Vor allem Menschen über 36.000 Kilometer lange Küstenlinie der Meeresspiegel steigt, Über in armen Ländern leiden schon heute unter und das feuchte Klima machen die schwemmungen, Stürme, Hitze den verheerenden Folgen des Klimawandels. Philippinen zu einem der katastrophenge wellen und Dürren nehmen zu. Die Ursache fährdetsten Länder der Erde: Immer wieder des Klimawandels sind gewaltige Mengen 36.000 Kilometer flutgefährdete Küste kommt es zu Überschwemmungen, Tropen von Kohlendioxid (CO²), die bei der maß stürmen (in Südostasien Taifune genannt), losen Verbrennung von Kohle, Öl und Gas Die Philippinen gehören zu den Ländern, Hitzewellen, Dürren und Erdrutschen, aber in die Atmosphäre geblasen werden. die am stärksten durch den Klimawandel auch zu Erdbeben und Vulkanausbrüchen. Hinzu kommen weitere klimaschädliche gefährdet sind (Maplecroft 2015). Mehr als Drei Viertel der Bevölkerung leben in Treibhausgase, etwa aus der massiven Ab 100 Millionen Menschen bewohnen den im Gebieten, die mehreren dieser Bedrohun holzung von Wäldern und der industriellen Pazifik gelegenen Archipel aus über 7.000 gen ausgesetzt sind (GFDRR 2016). Der Landwirtschaft. In den letzten 150 Jahren Inseln. Wie viele wirtschaftlich aufstre Klimawandel verstärkt die klimatischen ist die globale Durchschnittstemperatur bende Staaten sind auch die Philippinen Extreme und die damit verbundenen dadurch bereits um ein Grad Celsius ein Land der Gegensätze: Einer kleinen Gefahren, vor allem für die Bevölkerung an gestiegen. Langfristig könnte die globale reichen Oberschicht und glänzenden den Küsten und die in Armut lebenden Erwärmung drei Grad oder mehr betragen, Wolkenkratzern in der Hauptstadt Manila Menschen in den Städten. Zusätzlich trotz des Pariser Klimaschutzabkommens. steht weit verbreitete Armut gegenüber. erhöhen Faktoren wie Umweltzerstörung, Wissenschaftler/innen warnen eindring Ein gutes Drittel der Beschäftigten ver- Abholzung, Bergbau oder das Wachstum lich, dass ein derart ungebremster Klima- dient ihr Einkommen in Landwirtschaft und der Armenviertel in den Städten die Ver- wandel die Welt ins Chaos stürzen und Fischerei (FAO 2016a). Ihre geographische wundbarkeit der Menschen gegenüber den © NOAA/NASA‘s Rapid Response Team das Rad der menschlichen Entwicklung Lage in einer seismisch aktiven Zone, die Folgen des Klimawandels (Weltbank 2013a).
Super-Taifun Haiyan Super-Taifun Haiyan, der die Philippinen im November 2013 traf und besonders auf den Inseln Leyte und Samar und in der Stadt Tacloban verheerende Zerstörung hinterließ, war der stärkste bisher aufgezeichnete Tropensturm in der Geschichte des katastrophenerprobten Landes. Die entstandenen Schäden wurden auf 23 Milliarden US-Dollar geschätzt. Über 6.000 Menschen kamen ums Leben, 4,1 Millionen wurden obdach PHILIPPINEN los. Fischer/innen verloren ihre Boote, Die Philippinen sind ein Inselstaat in Südostasien und liegen im westlichen Kleinbäuerinnen und -bauern ihre Felder. Pazifik. Mit einer Landfläche von rund Etwa 600.000 Hektar landwirtschaftliche 300.000 km² sind die Philippinen um etwa Fläche, darunter viele Reisfelder, wurden ein Sechstel kleiner als Deutschland. zerstört (Oxfam 2014, 2016a). Laut Weltbank leben mehr als 13 Millionen Menschen auf den Philippinen in extremer Armut, d.h. sie haben zum Leben umge- rechnet weniger als 1,9 US-Dollar pro Tag zur Verfügung. Steigender Meeresspiegel bedroht die Küsten Für die Menschen in den Küstenregionen stellt der steigende Meeresspiegel eine große Gefahr dar. Eine globale Erwärmung um vier Grad Celsius könnte an der philippinischen Küste bis 2060 zu einem Meeresspiegelanstieg um einen halben Meter führen, bis 2090 um einen ganzen Meter (Weltbank 2013b). Gerade den flachen Küstengebieten droht dadurch schleichender Landverlust. Wiederkeh rende Fluten werden zunehmend Land überschwemmen und Anbauflächen © Kasia Strek versalzen. Noch katastrophaler wird es, wenn Taifune und der steigende Meeres spiegel zusammenwirken: Das kann zu extremen Überschwemmungen führen. „Ich werde mich immer an den Tag Taifune werden stärker erinnern, als Taifun Haiyan meinen Städte in Gefahr besten Freund in Tacloban tötete. Jährlich brechen etwa 20 Taifune über die Sein Name ist Agit Sustento und sein Philippinen herein (PAGASA 2011). Treffen Wegen ihrer hohen Bevölkerungsdichte Leben und Tod sind so real wie der diese auf bewohntes Gebiet, können sind Küstenstädte besonders vom Klimawandel.“ sie mit großer Zerstörungskraft Häuser, Klimawandel gefährdet – allen voran die Infrastruktur oder Felder – und damit Hauptstadtregion Metro Manila mit ihren Klima-Aktivist A.G. Saño beteiligt sich Lebensgrundlagen – vernichten. Zwar ist knapp 13 Millionen Einwohner/innen. Am an Rettungsmaßnahmen und Wieder es nicht möglich, einzelne Stürme direkt härtesten trifft es die Bevölkerung in den aufbauarbeiten nach Taifunen und auf den Klimawandel zurückzuführen, informellen Siedlungen, wo viele in großer hilft philippinischen Gemeinden, sich klar ist aber, dass die globale Erwärmung Armut leben. Oft fehlt es den Menschen auf die zunehmenden Naturgewalten die klimatischen Bedingungen für das an einem gesicherten Zugang zu sauberem besser vorzubereiten. Als Street-Art- Entstehen starker Stürme begünstigt. Wasser, häufig ist die Gesundheitsver Künstler macht er mit großflächigen Tatsächlich hat sich in den vergangenen sorgung mangelhaft. Zudem leben die Wandmalereien (Murals) auf die 40 Jahren die Häufigkeit besonders Menschen in sehr einfachen Behausungen, Gefahren des Klimawandels aufmerk heftiger Taifune im pazifischen Raum mehr wodurch sie extremer Hitze, Stürmen sam. Er befand sich in Tacloban als als verdoppelt (Weltbank 2011). Prognosen und Überschwemmungen fast schutzlos Taifun Haiyan über die Stadt herein zufolge wird ihre Zerstörungskraft weiter ausgeliefert sind (Weltbank 2013b). brach und schildert hier seine Erfah zunehmen. Auch die damit einhergehen Katastrophenwarnungen erreichen sie oft rungen: den Regenmengen könnten um ein Drittel zu spät oder gar nicht. Eine Flutwelle steigen. Mehr und stärkere Überschwem genügt, und sie verlieren ihr gesamtes Hab www.oxfam.de/tacloban mungen sind die Folge (Weltbank 2013b). und Gut, viele sogar ihr Leben.
Ernten brechen ein © Anne Wright /Oxfam Steigende Temperaturen und klimatische Extremereignisse wie Dürren und Taifune führten auf den Philippinen bereits in den vergangenen Jahrzehnten zu Ernte verlusten, insbesondere in Jahren des Wie im Dorf Barangay Magay Wetterphänomens El Niño (ADB 2009, vgl. im Bild hinterließ Taifun Haiyan Kasten). Stark betroffen ist dabei der besonders auf der Insel Klimawandel bekämpfen, Leyte große Zerstörung. Anbau von Reis. Er ist wichtiges Grundnah Anpassung unterstützen! rungsmittel und zudem Einkommens grundlage für 2,5 Millionen Familien auf Um die schlimmsten Auswirkungen des den Philippinen (FAO 2016b). Auch hier Klimawandels so weit wie möglich zu verschärft der Klimawandel die Situation – verhindern, müssen die globalen Treib nicht nur wegen des steigenden Meeres hausgasemissionen bis Mitte des Jahr spiegels und immer heftigerer Taifune. hunderts auf nahezu Null sinken. Reiche Klimawissenschaftler/innen rechnen Leere Fischernetze Länder wie Deutschland stehen in zudem mit zunehmenden Hitzewellen, die besonderer Verantwortung, denn sie das Pflanzenwachstum beeinträchtigen. Fisch ist ein wesentlicher Bestandteil haben ihren heutigen Wohlstand auf dem Zudem werden Niederschläge häufiger als der Ernährung auf den Philippinen. Die massiven Verbrauch von Kohle, Öl und Starkregen fallen und dadurch die Ernte Fischerei bietet dort zudem Einkommens Gas aufgebaut und damit den Klimawandel beschädigen oder von den Feldern spülen grundlage für etwa 1,5 Millionen Familien maßgeblich verursacht. Ärmere Länder (Weltbank 2013b). Ein Extremszenario geht (FAO 2014). Schon jetzt sind die Bestände wie die Philippinen sind im Rahmen ihrer bis Ende des Jahrhunderts von einem bedroht – unter anderem wegen Umwelt Möglichkeiten ebenfalls zum Klimaschutz Rückgang der philippinischen Reiserträge verschmutzung und Überfischung, unter dem Pariser Klimaschutzabkommen um bis zu 75 Prozent aus (ADB 2009). Für insbesondere durch industrielle Fang verpflichtet, brauchen dafür aber Unter die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern, die flotten. Der Klimawandel verschärft die stützung. schon heute unter Armut und ungerechter Situation noch. Seit 1910 hat sich der Landverteilung leiden, könnte sich der Pazifik um etwa 0,6 bis 1 Grad Celsius Selbst ehrgeiziger Klimaschutz wird den Klimawandel in den kommenden Jahrzehn erwärmt (Folland et al. 2003). Zudem Klimawandel nur begrenzen und nicht mehr ten damit zu einer ernsten Katastrophe nehmen die Ozeane einen Teil des massen aufhalten. In stark betroffenen Ländern entwickeln. haft ausgestoßenen Kohlendioxids auf, gilt es, an erster Stelle die in Armut was ihren Säuregehalt erhöht (IPCC 2014). lebende Bevölkerung bei der Anpassung an Diese Veränderungen beeinträchtigen die Folgen zu unterstützen. Dämme zum etwa Nahrungsrundlagen, Wachstum und Schutz vor Flutwellen oder Frühwarn Fortpflanzung der Fische; Bestände systeme, die auch entlegene Siedlungen El Niño nehmen ab oder ziehen in kältere Gebiete. erreichen, können die Menschen wider Die 26.000 km² umfassenden Korallenriffe standsfähiger machen. Häuser müssen El Niño ist ein wiederkehrendes globales der Philippinen haben große ökologische befestigt und Felder gegen Erosion Wetterphänomen, bei dem sich zunächst Bedeutung für die Fischbestände und gesichert werden. In dürregeplagten der Ostpazifik erwärmt und es in der Folge leiden unter der zunehmenden Erwärmung Regionen müssen landwirtschaftliche weltweit zu Extremwetterlagen kommt. und Versauerung des Ozeans. Eine globale Methoden gefördert werden, die an die Das letzte El-Niño-Phänomen in den Erwärmung um vier Grad Celsius würde verstärkte Trockenheit angepasst sind. Jahren 2015 und 2016 fiel besonders sie fast vollständig zerstören und den von Zugleich sind zusätzliche Risikofaktoren heftig aus. 60 Millionen Menschen waren der Fischerei lebenden Menschen die Ein- wie Abholzung und Umweltzerstörung zu infolgedessen von Hunger bedroht (OCHA kommensgrundlage entziehen. Prognosen stoppen. Anpassung und die Sicherung 2016). Auf den Philippinen waren Klein zufolge könnten die Fangmengen in den gegen künftige Katastrophen müssen bäuerinnen und -bauern mit Trockenheit südlichen Philippinen in den 2050er Jahren langfristig gedacht und mit den Betroffe und Dürren konfrontiert. Mehr als 400.000 um 50 Prozent zurückgehen (Weltbank nen gemeinsam geplant werden: Diese Familien hatten mit Ernteverlusten 2013b). kennen die Risiken vor Ort am besten und zu kämpfen, die Hälfte davon auf der von besitzen einen großen Erfahrungsschatz Armut und langjährigen, gewaltsamen im Umgang mit ähnlichen Situationen. Für Konflikten ohnehin schwer geplagten all das brauchen Länder wie die Philippinen Insel Mindanao (FAO 2016c). Viele umfassende Unterstützung – von den Fischer/innen brachten deutlich reichen Ländern, die dazu völkerrechtlich geringere Fangmengen nach Hause unter dem Pariser Klimaschutzabkommen (Oxfam 2016b). verpflichtet sind.
Oxfams Forderungen an die Bundesregierung In Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaschutzabkommen muss Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis 2050 auf nahezu Null reduzieren. Wir müssen weg von Kohle und anderen fossilen Energieträgern und konsequent auf die erneuerbaren Energien umsteigen. Innerhalb der nächsten 15 bis 20 Jahre muss Deutsch land vollständig aus der Kohle aus steigen. Sie möchten Oxfams Arbeit finanziell unterstützen ? Deutschland muss arme Länder stärker bei der Anpassung an klimati- Spendenkonto: 80 90 500 sche Veränderungen unterstützen, Bank für Sozialwirtschaft damit die Bevölkerung ihre Lebens BLZ: 370 205 00 grundlagen absichern kann. Zunehmend IBAN: DE87 3702 0500 0008 0905 00 wird Deutschland diese Länder auch BIC: BFSWDE33XXX bei der Bewältigung der unvermeidlichen Stichwort: KAMPAGNEN Verluste und Schäden infolge des Klimawandels unterstützen müssen. Impressum Herausgeber: Oxfam Deutschland e. V. Am Köllnischen Park 1 10179 Berlin Tel.: 030 - 45 30 69 0 Fax: 030 - 45 30 69 401 Quel l en E-Mail: info@oxfam.de ADB (2009): The economics of climate change OCHA (2016): El Niño: Overview of impact, in Southeast Asia: A regional Review. projected humanitarian needs and response. V.i.S.d.P.: Marion Lieser Autor: Bastian Neuwirth FAO (2014): Fishery and Aquaculture Country Oxfam (2016a): Humanitarian Quality Assurance – Profiles. Philippines. Philippines: Evaluation of Oxfam’s humanitarian Redaktion: Julia Jahnz, Jan Kowalzig, response to Typhoon Haiyan (Yolanda). Antje Lehmann, Markus Nitschke FAO (2016a): Philippines at a glance. FAO (2016b): Regional Rice Initiative Pilot Oxfam (2016b): A Preventable Crisis. El Niño and La Niña events need earlier responses and Gestaltung: Ole Kaleschke | olekaleschke.de Project – Philippines. a renewed focus on prevention. FAO (2016c): FAO expands El Niño response Oxfam (2014): A sign of things to come? Dezember 2016 in the Philippines. Examining four major climate related disasters, Folland, Rebwick, Salinger, Jiang, Rayner (2003): 2010–2013, and their impact of food security. Diese Broschüre wurde mit umweltfreundlicher Trends and variations in South Pacific PAGASA (2011): Climate Change in the Philippines. Technik produziert und gedruckt auf mit dem island and ocean surface temperatures. Weltbank (2013a): Getting a Grip … Blauen Engel ausgezeichnten Recyclingpapier GFDRR (2016) Country Profile. The Philippines. on Climate Change in the Philippines. aus 100% Altpapier. IPCC (2014): Climate Change 2014, Synthesis Report, Summary for Policymakers. Weltbank (2013b): Turn down the heat. Maplecroft (2015): Climate Change Weltbank (2011): Vulnerability, Risk Reduction, Vulnerability Index 2015. and Adaptation to Climate Change. Philippines. www.oxfam.de Dieses Projekt wurde gefördert von: Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen.
Sie können auch lesen