IM SCHAT TEN DER SEUCHE - Seit 2016 gilt Westafrika als frei von Ebola. Doch die Überlebenden kämpfen noch immer mit den Folgen des Virus. Wie ...

 
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IM SCHAT TEN DER SEUCHE - Seit 2016 gilt Westafrika als frei von Ebola. Doch die Überlebenden kämpfen noch immer mit den Folgen des Virus. Wie ...
I M S C H AT T E N
                    DER SEUCHE
            Seit 2016 gilt Westafrika als frei von Ebola. Doch die Überlebenden kämpfen
                noch immer mit den Folgen des Virus. Wie Mary und Jessica in Liberia

                                   TEXT & FOTOS MARIUS MÜNSTERMANN

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IM SCHAT TEN DER SEUCHE - Seit 2016 gilt Westafrika als frei von Ebola. Doch die Überlebenden kämpfen noch immer mit den Folgen des Virus. Wie ...
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                                  Ebola R E P O R TA G E

                   Allein neu
                   beginnen
                   Mary Harris
                   verlor durch
                   die Krank-
                   heit Eltern
                   und Bruder

 Enges Terrain
  West Point ist
     der größte
  Slum in Libe-
rias Hauptstadt
      Monrovia
IM SCHAT TEN DER SEUCHE - Seit 2016 gilt Westafrika als frei von Ebola. Doch die Überlebenden kämpfen noch immer mit den Folgen des Virus. Wie ...
R E P O R TA G E

                                                                        Den Virus
                                                                        im Blick
                                                                        Jessica Sonpon
                                                                        trägt den Ebola-
                                                                        Erreger in ihren
                                                                        Augen, sie
                                                                        wird regelmäßig
                                                                        medizinisch
                                                                        überwacht

                                                       Anlaufstelle
                                                      Joyous Momoh
                                                          (links) vom
                                                      Liberianischen
                                                         Roten Kreuz
                                                       kümmert sich
                                                     um Überlebende

 I         hr Vater brachte das Virus mit nach
           Hause. Vermutlich infizierte er sich
           in der kleinen Klinik, in der er als
     Arzt arbeitete, im Zentrum von West
     Point, dem größten Slum in Liberias
     Hauptstadt Monrovia. Ihr Vater war der
                                                  oder in überfüllten Slums wie West Point,
                                                  wo bis zu 70 000 Menschen gedrängt auf
                                                  einer sandigen Halbinsel zwischen Atlan-
                                                  tik und dem übelriechenden Mesurado-
                                                  Fluss leben. Hier ist Mary Harris zu
                                                  Hause. Der Rauch aus vielen Holzkohle­
                                                                                                Tränen von der Wange, atmet tief durch.
                                                                                                „Die Ebola-Krise ist vorbei. Aber wir
                                                                                                Überlebenden kämpfen bis heute“, sagt
                                                                                                sie. „Wir kämpfen uns zurück ins Leben.“
                                                                                                   Dass die Weltgesundheitsorganisation
                                                                                                die betroffenen westafrikanischen Staa-
     Erste in der Familie von Mary Harris, der    öfen hängt in den labyrinthartigen Gas-       ten 2016 für Ebola-frei erklärte, war vie-
     erkrankte. Marys Mutter ließ bald danach     sen unter den niedrigen Wellblechdä-          len Medien keine Schlagzeile mehr wert.
     ihren Stand auf dem Markt ruhen. Ihre        chern. Kinderkeuchen dringt aus dem           Doch viele der mehr als 17 000 Men-
     Mangos und Orangen wollte jetzt sowieso                                                    schen, die das Virus überlebt haben, lei-
     niemand mehr kaufen, die Leute horteten                                                    den bis heute unter den Folgen. Auch ihre
     Wasser, Mehl, Bohnen, Öl, keine Früchte.      IHR MANN VERLIESS                            Schicksale blieben nach dem Ende der
         Die Mutter kümmerte sich um ihren                                                      Epidemie weitgehend unbeachtet. Dabei
     Mann, tupfte ihm den Schweiß vom Leib,         SIE, WEIL SIE NACH                          könnten die Überlebenden eine entschei-
     wischte das Erbrochene vom Boden.                                                          dende Rolle im Kampf gegen künftige
     Wenige Tage später wurde auch sie fiebrig.     IHREN ELTERN SAH                            Ebola-Ausbrüche spielen. Forscher wol-
     Dann erwischte es Marys Bruder.                                                            len mit ihrer Hilfe Impfstoffe entwickeln
         Nie zuvor hat Ebola derart verheerend    Nachbarhaus, übertönt von Hip-Hop, der        und neue Erkenntnisse über das Virus
     gewütet wie zwischen 2013 und 2016 in        aus blechernen Boxen wummert.                 erlangen, bevor sich womöglich ein noch
     Westafrika. Das Virus tötete mindestens         Während sie erzählt, rutscht Mary          aggressiverer Erregerstamm verbreitet.
     11 300 Menschen, die meisten in Liberia,     Harris unruhig in ihrem Plastikstuhl hin         Auf dem Höhepunkt der Epidemie im
     Sierra Leone und Guinea. Vermutlich gab      und her. Die 22-Jährige zupft das blau-       Spätsommer 2014 ließ die Regierung ganz
     es noch deutlich mehr Todesfälle, die nie    weiß gestreifte Tuch zurecht, das sie         West Point von der Armee abriegeln.
     dokumentiert wurden. Menschen, die           kunstvoll um ihren Kopf geschlungen           Niemand kam mehr hinein und schon gar
     starben, ohne dass sich je ein Arzt um sie   trägt. Sie hat das Virus überlebt, als Ein-   nicht hinaus. Wer es dennoch versuchte,
     gekümmert hätte, in entlegenen Dörfern       zige in ihrer Familie. Sie wischt sich die    den trieben die Soldaten mit Knüppeln

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Dürftiger
                Schutz
                Die Anzüge der
                Helfer dienen
                mittlerweile als
                Regenbekleidung

zurück hinter den Stacheldrahtzaun.         sie Marys Mutter und ihren Bruder auf         Haus verlassen hatte. Ebola-Kranke
Haushalte wie der von Familie Harris, in    Schubkarren davon, sie waren zu schwach,      waren Aussätzige. Selbst Ärzte, die in
denen Ebola-Kranke lebten, wurden           um noch selbst zu gehen, und brachten         Kontakt mit Patienten standen, wurden
gesondert isoliert. Mary wohnte damals      sie in eine zum Sammelpunkt für Ebola-        mancherorts mit Steinen beworfen.
einige Straßen von ihren Eltern entfernt.   Kranke umfunktionierte Grundschule in            Tage später kehrte Mary in ihr Eltern-
Ihr Mann drohte sie zu verlassen, wenn      West Point. Medizinische Hilfe gab es         haus zurück, in der Hoffnung, etwas zu
sie nach ihrer Familie sähe. Mary, damals   anfangs nicht, nur die Aussicht, bald in      finden, was sie verkaufen konnte, um
schwanger mit Zwillingen und Mutter         ein gerade entstehendes Behandlungs-          Essen zu kaufen. Doch es war leer gefegt.
einer heute Sechsjährigen, ging trotzdem;   zentrum gefahren zu werden.                   Die Ebola-Spürtrupps hatten die Räume
ihren Mann sah sie danach nie wieder.                                                     mit Chlor eingesprüht und ihre Habe ver-
   Drei Wochen mussten Marys Angehö-                                                      brannt. Für Mary war das ein zweiter
rige im Haus ausharren – so lange kann         DREI VIERTEL DER                           Schock: „Ich stand vor dem Nichts.“
es dauern, bis sich nach einer Infektion                                                     Ihr half das Liberianische Rote Kreuz,
die ersten Symptome zeigen. „Ich weiß,           EBOLA-TOTEN                              verschaffte ihr eine Ausbildung; inzwi-
dass das eine Schutzmaßnahme war. Aber                                                    schen hat sie einen kleinen Verkaufsstand
für uns fühlte es sich an wie ein Gefäng-       WAREN FRAUEN                              aufgemacht und kann damit sich und ihre
nis“, sagt Mary. Die spärlichen Vorräte                                                   drei Kinder versorgen. In einer der Gas-
waren nach vier Tagen aufgebraucht. „Wir    Mary Harris weiß nicht, wann und wo           sen von West Point backt sie salzige Teil-
haben gehungert und um Wasser gebet-        ihre Familie starb. Sie sah sie nie wieder,   chen, Kokos- und Erdnusskekse. Ihr
telt.“ Nur einmal am Tag kam ein Hilfs­     später erfuhr sie, dass ihre Leichname        Stand ist eigentlich nur ein Ofen und ein
trupp vorbei. Sie stellten Wasser und       verbrannt wurden. Auch Mary bekam             Blech, auf dem die Kekse ausliegen. Für
Mehl vor die Tür, dann verschwanden sie.    Durchfall und Fieber und versteckte sich,     Mary Harris aber bedeutet er Zukunft.
   Ärzte kamen nicht. Erst als ihr Vater    um dem Hausarrest zu entgehen, in einer          Die Epidemie hat viele Traumata hin-
starb, betraten Helfer in Schutzanzügen     verwaisten Ecke des Marktes unter einer       terlassen. Drei Viertel der Ebola-Toten
ihr Haus und hievten den Toten an allen     Plane. Sie hörte, wie eine Nachbarin sie      waren Frauen – weil mehr Frauen als
vieren hinaus. Am nächsten Tag fuhren       lauthals verfluchte, weil sie unerlaubt das   Männer in Pflegeberufen arbeiten und

                                                                                                                     B R I G I T T E 5 / 2018   61
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Neues
        Zuhause
        Jessica (rechts)
        lebt jetzt in der
        Familie ihrer
        Nachbarin Luis
        (Mitte) und
        deren Tochter
        Rose (links)

                                                  weil vor allem Frauen zu Hause Angehö-     zuerst infizierten, das Virus in ihre Fami-
                                                  rige pflegten und so einem besonderen      lien trugen und nun denken, dass sie
                  R ÄT S E L H A F T E            Ansteckungsrisiko ausgesetzt wurden.       Schuld am Tod ihrer Liebsten tragen.“
                     EPIDEMIE                        Wer überlebte, war stigmatisiert. In       Joyous Momoh kennt sich gut aus in
                                                  den ersten Monaten nach der Epidemie       West Point, sie arbeitet seit vielen Jahren
          Die Ebola-Forschung beschränkte         wurden Ebola-Überlebende in manchen        dort. Das zahlte sich während der Ebola-
           sich bislang fast ausschließlich auf   Krankenhäusern als „Spezialpatienten“      Krise aus. „Wir waren vorbereitet“, sagt
           Tests an Makaken-Affen. Seit 1976      behandelt – für 50 Dollar, für die meis-   Momoh. Schon bevor das Viertel unter
              ist das Virus zwar nachweislich     ten eine unbezahlbare Summe. Manchmal      Quarantäne gestellt wurde, lagerte das
          36-mal vom Tier auf den Menschen
                                                  wurde eine Behandlung ganz verweigert.     Rote Kreuz Handschuhe, Desinfektions-
           übergegangen. Doch die Zahl der
           Infizierten war stets überschaubar,    Viele wurden gemieden, manche, wie         mittel, Schutzanzüge und -masken bei
             noch kleiner war die Gruppe der      Mary Harris, von ihren Ehepartnern oder    Frauen in West Point. So waren sie aus-
          Überlebenden. Schwierige Voraus-        Familien verstoßen.                        gerüstet, um Kranken zu helfen, während
          setzungen für umfassende Studien.          „Viele der Überlebenden leiden unter    niemand das Viertel betreten durfte. Es
              So gab es vor dem Ausbruch in       posttraumatischen Belastungsstörungen      ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der
          Westafrika gerade einmal zwei Ver-      oder Depressionen“, sagt Joyous Momoh,     Epidemie, die auch die WHO rückbli-
           suchsreihen mit Ebola-Überleben-       die beim Liberianischen Roten Kreuz ein    ckend betont: Ein Virus lässt sich nur
             den, die größere – Überlebende
                                                  Programm leitet, das Frauen ein eigen-     dann effektiv bekämpfen, wenn die
          eines Ausbruchs in Uganda im Jahr
          2000 – umfasste lediglich 70 Patien-    ständiges Leben ermöglicht. Prostituier-   Betroffenen selbst in den Kampf einge-
            ten. Neue Erkenntnisse verspricht     ten, Drogenabhängigen, Vergewaltigungs-    bunden werden. Joyous Momoh sagt: „Wir
          das Forschungsprogramm PREVAIL          opfern, Aids-Kranken – und seit dem        haben das Virus in Monrovia erwartet.“
           in Monrovia. Es erforscht das Post-    Ende der Epidemie auch Ebola-Überle-          Forscher vermuten, dass die Seuche
            Ebola-Syndrom – die Regionen im       benden. Momoh hilft den Frauen in the-     ihren Ursprung in einem Dorf im Drei-
              Körper, in denen die Viren nach     rapeutischen Sitzungen, ihre Erlebnisse    ländereck zwischen Guinea, Liberia und
          Abklingen der Krankheit überleben.      zu verarbeiten. „Manche werden von         Sierra Leone nahm. „Patient Zero“ soll
                                                  Schuldgefühlen geplagt, weil sie sich      2013 ein zweijähriger Junge gewesen sein.

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Flughunde gelten als mögliche Überträ-                                                     sich Ebola nicht nur im Auge von Über-
ger, aber auch Affen und andere Wildtiere           HILFE FÜR DIE                          lebenden monatelang festsetzen kann,
– seit die Menschen immer tiefer in die            ÜBERLEBENDEN                            sondern auch im Gehirn, in der Mutter-
Wälder vordringen, leben die Wildtiere in                                                  milch und in Hoden, vermutlich auch in
unmittelbarer Nachbarschaft. Einige Zeit                                                   der Plazenta und im Rückenmark. For-
                                                 Beim Liberianischen Roten Kreuz
kursierte das Virus unerkannt in den              können etwa 200 Frauen in einer
                                                                                           scher fassen die Symptome als Post-
umliegenden Dörfern. Die Symptome –                     dreijährigen Ausbildung            Ebola-Syndrom zusammen. Die Erklä-
vor allem Fieber, Erbrechen und Durchfall       schneidern lernen, eine Ausbildung         rung: Die befallenen Regionen sind so-
– ähneln denen anderer Tropenkrankhei-           im Gastronomiegewerbe machen              genannte immunprivilegierte Bereiche
ten. Mindestens 30 Menschen starben,            oder Friseurin werden. Zuvor lernen        des Körpers. Das Immunsystem ist dort
bis ein Epidemiologe von Ärzte ohne              viele der Frauen erst einmal lesen,       heruntergefahren, um das empfindliche
Grenzen dem Virus auf die Schliche kam.              schreiben und rechnen. Und            Gewebe nicht zu sehr zu belasten. Viren
                                                   gemeinsam mit Joyous Momoh
Er hatte Berichte über die vermehrten                                                      nutzen diese Schwachstelle.
                                                 und ihren Kolleginnen verarbeiten
Todesfälle aus Guinea studiert und war            sie in therapeutischen Sitzungen            Die Forscher hoffen, mithilfe der
stutzig geworden, weil in einigen der               ihre traumatischen Erlebnisse.         Daten einen Impfstoff entwickeln zu kön-
Krankenakten Schluckauf vermerkt war:              Auch das ist eine Besonderheit,         nen, denn womöglich verfügen die Über-
eines der seltsamen, ungeklärten Symp-          denn psychologische Betreuung ist          lebenden über spezielle Antikörper, die
tome, die Ebola bei einigen Patienten her-           in Liberia noch immer selten.         im Kampf gegen Ebola eine Schlüsselrolle
vorruft. Der Arzt schlug Alarm, doch es          Im ganzen Land, das von 1987 bis          spielen könnten. Der US-Pharmakonzern
war bereits zu spät.                                 2003 von zwei Bürgerkriegen           Merck & Co. testet bereits einen Impf-
                                                 zerrissen wurde, gab es zu Beginn
   Das Virus erreichte Monrovia in den                                                     stoff in Guinea. Allerdings: Er wirkt bis-
                                                 der Ebola-Epidemie im Jahr 2013
Schulferien, im Sommer 2014. Es war                    genau zwei Psychologen.             lang nicht gegen alle Ebola-Varianten.
Jessica Sonpons letztes Schuljahr. „Aber                                                      Die Zeit drängt. Eine neue Ebola-Epi-
                                                  Spenden für das WIN-Progamm
wegen der Epidemie konnte ich nicht                      („Women Training and              demie ist laut Weltgesundheitsorganisa-
mehr zur Schule gehen“, sagt die 22-Jäh-                 Integrated Program“):             tion „unausweichlich“. Im Mai 2017
rige, während sie ihre Halskette durch die              Deutsches Rotes Kreuz,             tauchte das Virus erneut auf, diesmal in
Finger gleiten lässt. An die Wochen, in         IBAN: DE63370205000005023307,              der Demokratischen Republik Kongo.
denen ihre Familie mit dem Virus                     Stichwort: Gesundheit Afrika.            In Liberia starben im April 2017
kämpfte, hat Jessica fast keine Erinnerun-                                                 13 Menschen eines seltsamen Todes. Der
gen mehr. Sie hat als Einzige überlebt.                                                    Verdacht: Ebola. Die Behörden reagierten
Heute lebt sie bei ihrer Nachbarin Luis,                                                   schnell. Angehörige der Verstorbenen
die sie bei sich aufnahm.                     fortleben kann, war bis dahin nicht          wurden isoliert, Proben der Toten in ein
   Während Jessica erzählt, trommelt          bekannt. Man kannte das Phänomen nur         spezialisiertes Labor geschickt. Das
Regen auf das Wellblechdach. Sie muss         von anderen Viren wie Herpes.                Ergebnis: Meningitis. Und die Erkennt-
sich anstrengen, um gegen den Lärm               Alle sechs Monate fährt Jessica ins       nis: Das Alarmsystem funktioniert.
anzureden. Das Hören fällt ihr ohnehin        John F. Kennedy Krankenhaus, die größte         Mary Harris will den Hügel hinauf ins
schwer. „Außerdem kann ich manchmal           Klinik Monrovias. Der Bau wurde mit          Zentrum von Monrovia. Dort bewirbt sie
kaum klar sehen“, sagt sie. Und immer         internationalen Hilfsgeldern saniert, im     sich in Hotels und Restaurants. So hofft
wieder durchfährt sie ein Schmerz in allen    zweiten Stock ist eine gut ausgestattete     sie, Ebola hinter sich zu lassen. Sie will
                                              Station untergebracht, mit modernen          dann wegziehen aus West Point.
                                              Messgeräten und Gefrierschränken, in            Jessica Sonpon träumt davon, irgend-
    EBOLA-VIREN                               den sich Blutproben bei minus 80 Grad        wann zu studieren. Seit das Virus sie in
   VERSCHWINDEN                               konservieren lassen. Diese Station ist der   den Ferien befiel, ist sie nicht mehr zur
                                              Hauptsitz des Forschungsprogramms            Schule gegangen. Sie will Ärztin werden.
  NICHT KOMPLETT                              PREVAIL („Partnership For Research on
                                              Ebola Virus in Liberia“), gefördert von
  AUS DEM KÖRPER                              den US-amerikanischen National Insti-                       Marius Münstermann
                                              tutes of Public Health. Im Eingangsbe-                       wollte eigentlich der
Gliedern. Jessica leidet unter den körper-    reich klebt ein Sticker mit der Aufschrift                   Frage nachgehen, ob das
lichen Langzeitfolgen von Ebola. Denn         „All Liberians Are Survivors“: Alle Libe-                    arme, kriegsversehrte
Überleben bedeutet nicht, dass das Virus      rianer sind Überlebende.                                     Liberia auf einen
ganz aus dem Körper verschwunden ist.            Fünf Jahre lang erhalten Überlebende                      erneuten Ebola-Ausbruch
                                                                                                           vorbereitet wäre. Im
   Es ist ihr nicht anzusehen, aber in Jes-   wie Jessica hier kostenlose Untersuchun-
                                                                                           Gespräch mit Überlebenden merkte er
sicas Augen verstecken sich noch immer        gen und Behandlungen. Inzwischen neh-        jedoch, dass die Langzeitfolgen des Virus
Ebola-Viren. Sie lassen den Augeninnen-       men 1141 Überlebende am PREVAIL-Pro-         noch gar nicht ausgestanden sind.
druck anschwellen, deshalb der Schmerz        gramm teil. Entsprechend groß ist der        Seine Recherche wurde von der Stiftung
und die Sehprobleme. Dass Ebola im Auge       Erkenntnisgewinn: Man weiß jetzt, dass       Weltbevölkerung gefördert.

                                                                                                                      B R I G I T T E 5 / 2018   63
IM SCHAT TEN DER SEUCHE - Seit 2016 gilt Westafrika als frei von Ebola. Doch die Überlebenden kämpfen noch immer mit den Folgen des Virus. Wie ...
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