Immobilien Research Spezial - Immobilien nach der Finanzkrise

Die Seite wird erstellt Rene Eder
 
WEITER LESEN
Immobilien Research Spezial
      Immobilien nach der Finanzkrise

      Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                                            Makro Research

                 Immobilien nach der Finanzkrise

                 ‡ Mittlerweile dauern die Wachstumsschwächen in den Ländern, die von der Banken- und Immobilienkrise betroffen
                 waren, schon seit fünf Jahren an. Trotz der extrem expansiven Geldpolitik der Zentralbanken ist in den nächsten
                 zwei bis drei Jahren keine erhöhte Inflation zu erwarten. Wegen der gebremsten Inflations- und Wachstumserwar-
                 tungen bleiben die Zinskurven weitgehend flach und ein erheblicher Verzehr der finanziellen Reserven führt dazu,
                 dass künftige Konjunkturschwankungen schwer oder sogar gar nicht mehr durch staatliche Politik gemildert werden
                 können. Insgesamt muss mit einer weltweit größeren Makrovolatilität gerechnet werden.

                 ‡ Für die „neue“ Kapitalmarktwelt erwarten wir zwei wesentliche Effekte: Erstens einen hohen Preis für Sicherheit
                 und damit sehr niedrige risikofreie - besser risikoarme – Zinsen und zweitens eine deutlich schwächer steigende Ka-
                 pitalmarktlinie, weil Investoren, deren Renditeziel früher durch den risikofreien Zins abgedeckt wurde, jetzt stärker in
                 riskantere Assets investieren müssen. Core-Immobilien profitieren in der „neuen Welt“.

                 ‡ Die Erfahrungen am gewerblichen Immobilienmarkt Japans lassen für die Krisenländer der südlichen Peripherie Eu-
                 ropas darauf schließen, dass sich dort im Laufe eines längeren Anpassungsprozesses ein neues Renditeniveau etab-
                 lieren wird, basierend auf deutlich niedrigeren Mieten und damit sinkenden Kapitalwerten.

                 ‡ In Europa sehen wir in den nächsten zwei Jahren mit wenigen Ausnahmen nur geringe Möglichkeiten für „cherry
                 picking“ bei Immobilieninvestments. Eine Erhöhung des Exposures in B-Städten schafft hier zwar Renditechancen,
                 erhöht aber gleichzeitig auch Liquiditätsrisiken. Anleger in Europa müssen deswegen ihre Rendite-Anforderungen
                 herunterschrauben. In Übersee (Amerika und Asien/Pazifik) kann man eher einzelne konjunkturelle Zyklen ausspie-
                 len, benötigt dafür jedoch eine breit gestreute regionale Diversifikation. Eine gute regionale und sektorale Diversifi-
                 kation generiert jedoch eher sichere und stabile Portfolien als erhöhte Renditeerwartungen.

                 ‡ In Zeiten, in denen Sicherheit so stark nachgefragt wird, spielt Stabilität eine große Rolle. Daher gehören Immobi-
                 lien in jedes Portfolio. Im gegenwärtigen Umfeld schlagen sie sich als Sachwerte gut. Zum einen können Immobilien
                 alternative Anlagen derselben Risikokategorie (Bunds) outperformen. Zum anderen verfügen sie über Schutzmecha-
                 nismen bei Inflationsszenarien. Während in globalen Immobilienportfolien in den nächsten Jahren durch aktives
                 Fondsmanagement noch Wachstumszyklen gegeneinander ausgespielt werden können, kann in europäischen Port-
                 folien durch eine gelungene Markt- und Sektor-Allokation vor allem Sicherheit geschaffen werden.

Autoren                         Dr. Claus Becher                                    Andreas Wellstein
                                claus.becher@deka.de                                andreas.wellstein@deka.de
                                Tel.: (069) 71 47 - 11 37                           Tel.: (069) 71 47 – 38 50

                 Disclaimer: Diese Darstellungen inklusive Einschätzungen wurden von der DekaBank nur zum Zwecke der Information des jeweiligen Empfängers
                 erstellt. Die Informationen stellen weder ein Angebot, eine Einladung zur Zeichnung oder zum Erwerb von Finanzinstrumenten noch eine Empfeh-
                 lung zum Erwerb dar. Die Informationen oder Dokumente sind nicht als Grundlage für irgendeine vertragliche oder anderweitige Verpflichtung ge-
                 dacht, noch ersetzen sie eine (Rechts- und / oder Steuer) Beratung; auch die Übersendung dieser stellt keine derartige beschriebene Beratung dar.
                 Die hier abgegebenen Einschätzungen wurden nach bestem Wissen und Gewissen getroffen und stammen (teilweise) aus von uns nicht überprüf-
                 baren, allgemein zugänglichen Quellen. Eine Haftung für die Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit der gemachten Angaben und Einschätzun-
                 gen, einschließlich der rechtlichen Ausführungen, ist ausgeschlossen. Die Darstellungen inklusive Einschätzungen dürfen weder in Auszügen noch
                 als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch die DekaBank vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden.

                 Jeder Empfänger sollte eine eigene unabhängige Beurteilung, eine eigene Einschätzung und Entscheidung vornehmen. Insbesondere wird jeder
                 Empfänger aufgefordert, eine unabhängige Prüfung vorzunehmen und/oder sich unabhängig fachlich beraten zu lassen und seine eigenen Schluss-
                 folgerungen im Hinblick auf wirtschaftliche Vorteile und Risiken unter Berücksichtigung der rechtlichen, regulatorischen, finanziellen, steuerlichen
                 und bilanziellen Aspekte zu ziehen. Sollten Kurse / Preise genannt sein, sind diese freibleibend und dienen nicht als Indikation handelbarer Kurse /
                 Preise.

                                                                                                                                                                        1
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                               Makro Research

           1. Folgen der Finanzkrise –                                   in den kommenden Jahren stellen muss. Untersuchun-
              Eine „neue Welt“                                           gen zeigen, dass zehn Jahre nach einer großen Kredit-
                                                                         und Immobilienkrise das Wirtschaftswachstum um ca.
           In Europa schwankt man je nach aktuellster Meldung            1% gegenüber dem vorherigen Niveau gedrosselt ist.
           zur Eurokrise zwischen Hoffen und Bangen. Die damit           Zudem ist die Arbeitslosigkeit oft dreimal so hoch und
           verbundene Unsicherheit bremst die Konjunktur, und            gleichzeitig sind deflationäre Tendenzen zu bekämpfen,
           das obwohl die Austeritätsprogramme der südlichen Pe-         die die längerfristigen Zinsen niedrig halten. Zusam-
           ripherie schon allein ausreichen, das Wachstum zu ver-        mengefasst: Die Rekonvaleszenz nach einer Kredit- und
           langsamen. Auch weltweit häufen sich Nachrichten, die         Immobilienkrise ist hart und dauert länger an, als einem
           nicht immer Anlass zu Optimismus bieten. In Japan wird        lieb ist.
           ein Konjunktur-Programm aufgelegt, das zwar kurzfris-
           tig als Strohfeuer wirken sollte, die langfristigen Struk-
           turprobleme aber nicht löst. Auch in den USA ist die Fis-
           kalklippe nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.                 2. Polarisierung der Welt

           Lässt man diese teilweise widersprüchlichen Meldungen         Während die größere Makrovolatilität wohl alle Länder
           einmal beiseite und tritt einen Schritt zurück, um das        in ihren Bann reißen wird, gibt es bei den sonstigen Fol-
           Gesamtbild zu betrachten, so kann man einige Eck-             gen der Krise und damit den Wachstumserwartungen
           punkte für die zukünftige weltweite wirtschaftliche           der nächsten Jahre deutliche Unterschiede.
           Entwicklung definieren.
                                                                          Abb. 1 Potenzialwachstum Europa, vor und
           1. In den Ländern, die von der Banken- und Immobilien-                nach der Krise
           krise betroffen waren, schwächelt das Wachstum schon
                                                                            120
           seit der Lehman-Krise, d.h. seit fünf Jahren. Einen posi-
                                                                            118         2000-2008
           tiven Rückprall, der nach der tiefen Rezession 2009 zu
                                                                            116         0,47% pro
           erwarten gewesen wäre, gab es in den meisten dieser
           Länder nicht. Darüber hinaus werden nun einzelne Län-            114         Quartal
           der durch ein – ebenfalls mehrere Jahre andauerndes –            112
           Austeritätsprogramm belastet.                                    110
                                                                            108
           2. Trotz der extrem expansiven Geldpolitik der Zentral-          106
           banken, welche die niedrigen Zinsen durch quantitative           104                                2008-2014 0,3% pro
           Maßnahmen unterstützen, ist in den nächsten zwei bis             102                                Quartal
           drei Jahren keine erhöhte Inflation zu erwarten.                 100
                                                                                     2000

                                                                                                      2005

                                                                                                                    2010

                                                                                                                                    2015

           3. Wegen der gebremsten Inflations- und Wachstums-
           erwartungen bleiben die Zinskurven auch weitgehend                                 BIP 2000-2008                BIP 2009-2017
           flach, wenngleich erste leichte Anstiege vorstellbar sind.
                                                                          Quellen:          Eurostat, DekaBank; Index: 2000 = 100

           4. Da die meisten Staaten ihre finanziellen Reserven
           während der Lehman-Krise verbraucht haben, ist nur
           noch wenig Munition vorhanden, um eventuell neu               Unter dem schwachen Wachstum leidet vor allem Euro-
           aufkommenden konjunkturellen Schwächeperioden                 pa und hier in erster Linie die südliche Peripherie. Betrug
           entgegenzusteuern. Dies führt dazu, dass künftige Kon-        das europäische Potenzialwachstum vor der Krise noch
           junkturschwankungen schwer oder sogar gar nicht               etwa 0,47% je Quartal, so wächst es seit Krisenbeginn
           mehr durch staatliche (keynesianische) Politik gemildert      um mehr als 1/3 langsamer (Abb. 1). Obwohl sich kein
           werden können, sodass insgesamt mit einer weltweit            Land innerhalb der Eurozone dem allgemeinen Druck
           größeren Makrovolatilität gerechnet werden muss.              entziehen kann, gibt es doch einige Lichtblicke. Vor al-
                                                                         lem Deutschland profitiert mittelfristig von seiner gro-
           Auch wenn diese vier Eckpunkte nicht gerade erfreulich        ßen Wettbewerbsfähigkeit und dem Zinsniveau, wel-
           klingen, so scheint dies die Realität zu sein, der man sich   ches - würde man die deutsche Konjunktur alleine be-

                                                                                                                                            2
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                                      Makro Research

           trachten - eigentlich zu niedrig ist. Durch diese expansi-                     ren ebenfalls spürbar mit der Verschuldungssituation
           ve Geldpolitik ist aber in den nächsten zehn Jahren mit                        auseinandersetzen müssen. Dies gilt vor allem, wenn
           einem guten Investitions- und Konsumklima zu rechnen,                          man es mit dem Atomausstieg ernst meint und sich
           sodass hier das Potenzialwachstum als eines von weni-                          durch den Energie-Import dem internationalen Kapital-
           gen Industrieländern sogar gegenüber den letzten zehn                          markt öffnen muss.
           Jahren höher liegen dürfte. Neben Deutschland sollte
           sich das Wirtschaftswachstum auch in den skandinavi-                           Außerhalb der etablierten Industrienationen werden vor
           schen Staaten und Polen wieder auf dem Vorkrisen-                              allem die Emerging Markets ein stärkeres Wachstum er-
           Niveau normalisieren.                                                          reichen. Ein wesentlicher Grund dafür ist, dass diese
                                                                                          Länder keinen vergleichbaren Schuldenballast tragen
           Es sind aber nicht nur die europäischen Länder, deren                          (Abb. 2).
           Wachstum durch die hohe Verschuldung gebremst
           wird. Die USA werden 2013 von einer Fiskalklippe be-
           droht und in Japan wird man sich in den nächsten Jah-

            Abb. 2 Schuldenstand und Schuldensalden einzelner Länder 2011

                                   -12
                                   -10                                                                                Irland
                                                                                                             USA
                                    -8                                                    Spanien     UK
                                                                                                      Frankreich
              Budgetsaldo, % BIP

                                    -6                                                                         Portugal
                                             Australien              Tsch. Rep.     Polen Niederlande
                                    -4                                                               Kanada                          Italien
                                                                          Türkei                              Belgien
                                                                                   Brasilien       Ungarn
                                    -2
                                                                                 Mexiko              Deutschland
                                     0
                                                     Russland                                                           Singapur
                                     2                                Südkorea
                                             Chile
                                     4
                                     6
                                         0             20             40            60          80           100               120             140

                                   Emerging Markets         Industrieländer
                                                                              Staatsverschuldung, % BIP
            Quellen: Nationale Statistikämter, EIU, Fitch, DekaBank

           3. Entwicklung der Immobilienmärkte                                            Die Anatomie der Japan-Krise

           Aufräumarbeiten im Finanzsektor, hoher Preis für Si-                           Auf den ersten Blick ähneln die Komponenten dieses
           cherheit, höhere Makrovolatilität, niedrige reale Verzin-                      volkwirtschaftlichen Szenarios einem „Japan light“. Dort
           sung bei niedrigen Wachstumsaussichten in den Indust-                          brach 1990 die "Japan AG" aufgrund einer Banken-,
           rienationen: Wie entwickeln sich Immobilienmärkte in                           Kredit- und Immobilienkrise zusammen. Der Nikkei ver-
           diesem Umfeld?                                                                 lor binnen Jahresfrist über 40% und das Land stürzte in
                                                                                          eine der schlimmsten Krisen, von denen es sich bis heu-
                                                                                          te nicht erholen konnte.

                                                                                          Nimmt man die Entwicklung Japans einmal als Blaupau-
                                                                                          se, so ist folgendes festzustellen:

                                                                                                                                                     3
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                                                                        Makro Research

            Abb. 3 Mietentwicklung und Cap Rate in Tokio                                                   Abb. 4 Spread Cap Rate Büro vs. 10j-Bonds
            %                                                                                  %            %-Punkte
            40                                                                                        8     6
             20                                                                                       6     4
              0                                                                                       4
                                                                                                            2
                                                                                                            0
            -20                                                                                       2
                                                                                                           -2
            -40                                                                                       0
                                                                                                           -4
                  1990
                         1992
                                1994
                                       1996
                                              1998
                                                     2000
                                                            2002
                                                                   2004
                                                                          2006
                                                                                 2008
                                                                                        2010
                                                                                               2012

                                                                                                                1990
                                                                                                                       1992
                                                                                                                              1994
                                                                                                                                     1996
                                                                                                                                            1998
                                                                                                                                                   2000
                                                                                                                                                          2002
                                                                                                                                                                 2004
                                                                                                                                                                        2006
                                                                                                                                                                               2008
                                                                                                                                                                                      2010
                                                                                                                                                                                             2012
                          Miete ggü. Vj. (l.S.)                           Cap Rate (r.S.)
            Quellen:   Cap Rate: CBRE 5-Wards, Miete: Aggregierte Reihe von                                Quellen:     Bloomberg, JLL, DekaBank
            JLL und CBRE

                                                                                                          Seit Mitte der 90er Jahre befindet sich Japan in einem
           Die Miete fiel in Tokio (5 Central Wards) ausgehend von                                        deflationären Umfeld mit stagnierenden, sogar
           einem sehr hohen Niveau Anfang der 90er Jahre fünf                                             schrumpfenden Preisen, und trotz der extrem niedrigen
           Jahre lang (1991-1996) mit Schrumpfungsraten von                                               Zinsen gelang und gelingt es nicht, Inflation zu erzeu-
           knapp 10 bis über 20% pro Jahr (Abb. 3). Danach war                                            gen. Betrachtet man in diesem Zusammenhang die Ren-
           das Mietniveau halbiert, aber anstatt damit die Grund-                                         tabilität von Immobilieninvestitionen, indem man die
           lage für ein Rückprallpotenzial zu legen, schrumpften                                          Cap Rate den zehnjährigen Bonds gegenüber stellt, so
           bzw. stagnierten die Mieten in einem deflationären Um-                                         sieht man folgenden Verlauf (Abb. 4): Am Anfang war
           feld noch über die Jahrtausendwende hinaus. Erst ab                                            der Spread negativ, typisch für Blasenzustände. Sehr
           2004 stiegen die Mieten wieder, sogar mit beachtlichen                                         hohe Kaufpreise, die nur durch große Mietphantasien
           Wachstumsraten von z.T. über 30%, bis sie im Zuge der                                          gerechtfertigt waren, wurden aufgerufen. Dann folgte
           durch den Lehmann-Schock ausgelösten weltweiten Fi-                                            die Ernüchterungsphase, eine Risikoprämie und Liquidi-
           nanzmarktkrise wieder in sich zusammenfielen und                                               tätsprämie für Immobilen wurde eingepreist. Der Spread
           2012 etwa das Niveau des alten Tiefpunktes von 2002                                            zwischen Bond und Cap Rate erreichte ein Niveau von
           erreichten.                                                                                    über vier Prozentpunkten. Immobilien, so sie zu aktuel-
                                                                                                          len Marktpreisen und nicht an den historisch orientier-
           Die Cap Rate (Nettoanfangsrendite) war Anfang der                                              ten Preisen gehandelt wurden, waren in dieser Phase
           90er Jahre zum Höhepunkt der Immobilienblase noch                                              über mehrere Jahre (1996-2003) eine sehr lukrative In-
           extrem niedrig und lag deutlich unter 3% für Spitzenob-                                        vestition. Nach einer kurzen Phase 2005-2006/2007, in
           jekte im Bürosektor. Dann jedoch stieg sie im Zuge der                                         der auch ausländische Investoren den Preiskampf wieder
           90er Jahre-Bankenkrise deutlich an. Je nach Daten-                                             eröffneten, sanken zwar die Cap Rates wieder auf Ni-
           grundlage erreichte sie ein Niveau von 6 bis 7%, was                                           veaus von etwa 3%. Jedoch lag das Zinsniveau im Ver-
           deutlich über dem Vorkrisenniveau lag. Dieses extrem                                           gleich zu den frühen 90ern bedeutend niedriger, sodass
           hohe Niveau hielt sich gut acht Jahre bis 2004, während                                        der Spread weiterhin positiv blieb. Investitionen zwi-
           die japanische Volkswirtschaft in dieser Zeit eine sehr                                        schen 2005 und 2007 waren mit deutlich weniger
           volatile Entwicklung mit rezessiven aber auch sehr guten                                       Mietphantasien verbunden, wenngleich die Risiko- und
           Jahren verzeichnete.                                                                           Liquiditätsprämie für Immobilien zu niedrig war. Nach
                                                                                                          der Finanzkrise 2009 pendelte sich der Spread dann auf
                                                                                                          einem noch sehr auskömmlichen Niveau von ca. 2,5
                                                                                                          Prozentpunkten ein. Dies entspricht wieder einer „typi-
                                                                                                          schen“ Immobilienprämie und damit einem Normalzu-
                                                                                                          stand vor dem Hintergrund des aktuellen Zinsniveaus.

                                                                                                                                                                                                4
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                         Makro Research

           Was kann man von Japan lernen?                                lich auf deutlich niedrigeren Mieten und damit gesun-
                                                                         kenen Kapitalwerten. Zwar sind im Verhältnis zu ande-
           Auch wenn Japan nicht Europa ist, so kann man sich an         ren Assetklassen geringere Renditeverluste zu erwarten,
           einigen Punkten zumindest für das südliche Europa             jedoch sind Wertrückgänge eben nicht zu vermeiden.
           orientieren.
                                                                         5. Wenn die Marktpreise reagiert haben und man zum
           1. Es wird ein „New Normal“ bei den Anfangsrenditen/          neuen Renditeniveau einkaufen kann, stellen Immobi-
           Cap Rates erreicht. Diese neuen Renditeniveaus müssen         lien im Vergleich zu anderen Assetklassen gerade we-
           sich aber erst mühsam im Marktgeschehen durchsetzen.          gen ihrer oft überzeichneten Unsicherheits-/ Liquiditäts-
           Behindert wird dieser Prozess durch niedrige Transakti-       prämie für den langfristigen Investor eine lukrative An-
           onsniveaus, wobei Verkäufer und Käufer in einer               lage dar. Der Preisunterschied gegenüber der als sehr si-
           Schockstarre verharren. Die einzigen Transaktionen, die       cher angesehenen Asset-Klasse Bonds ist verglichen mit
           zu Beginn laufen, sind extreme Super Core-Assets, die         historischen Niveaus groß und kann ausgenutzt werden.
           zu kaum veränderten Preisen gehandelt werden, oder
           sogar einen Preisanstieg realisieren können. Sie senden        Abb. 5 Finanzierungskosten und Rendite
           damit falsche Preissignale, die den Anpassungsprozess
                                                                            Bp.
           weiter verzögern.
                                                                           600
                                                                           500
           2. Nicht nur wegen der Schockstarre, sondern auch               400
           aufgrund teilweise falscher Preissignale dauern Banken-         300
           und Immobilienkrisen länger als viele erwarten, nämlich         200
           bis zu zehn Jahren. Im Fall des südlichen Europas sollte        100
           man dies im Hinterkopf behalten, wenn man auf einen               0
           Rückprall wartet.

           3. Wertverluste, Renditeanstiege und Mietrückgänge
           müssen stark genug sein, um ein Rückprallpotenzial                              Marge 3. Quartal 2012
           aufzuweisen. Der Vergleich mit den Niveaus der Ver-                             3 Monatszinsen
           gangenheit reicht nicht aus, vor allem wenn dort Phan-                          Spitzenrendite Büro Q3 2012
           tasiepreise bezahlt wurden. Vielmehr müssen sich Net-          Quellen:    CBRE, Bloomberg, PMA, DekaBank; Rendite gilt jeweils
                                                                          für die Top-Standorte Paris, London etc.
           toanfangsrenditen erst über ihrem neuen nachhaltigen
           Nachkrisen-Niveau bewegen, um ein Rückprallpotenzial
           für antizyklische Investments aufzubauen. Wo dieses
           liegt, ist schwierig zu bestimmen. Man kann sich jedoch       In Abbildung 5 werden neben Zinsen noch Kreditmar-
           ein wenig an der Historie vor der Währungsunion orien-        gen berücksichtigt und diese zu einem Indikator für die
           tieren. Damals wurden den einzelnen Ländern sehr un-          gesamten Finanzierungskosten zusammengefügt. Selbst
           terschiedliche Risiko-Spreads zugeteilt. So lag das mittle-   wenn man diese höheren Werte als Opportunitätskos-
           re Niveau der Anfangsrenditen zwischen 150 Basispunk-         ten für ein Immobilieninvestment berücksichtigt, so ist
           ten (Madrid) und 300 Basispunkten (Lissabon) höher als        der Spread zwischen Nettoanfangsrendite der Bürospit-
           in den vergangenen zehn Jahren. Damit dürfte ein mitt-        zenobjekte und diesen Finanzierungskosten in Deutsch-
           leres Renditeniveau jetzt eher bei über 6% in Madrid          land noch verhältnismäßig hoch (größer 230 Bps). Im-
           und über 8% in Lissabon liegen. Erst wenn die Renditen        mobilien waren also 2012 immer noch relativ attraktiv,
           über diese neuen Niveaus gestiegen sind, besteht ein          wenngleich die Attraktivität 2013 etwas zurückgehen
           Rückprallpotenzial.                                           sollte. In Spanien und dem britischen Top-Markt, dem
                                                                         Londoner West End, sieht das Verhältnis aus Einkom-
           4. Bestandshalter von Immobilien in Ländern mit rezes-        men und Kosten deutlich ungünstiger aus, eine geringe-
           siven und deflationären Tendenzen müssen mit Wert-            re Attraktivität senkt die Preise. Die Nettoanfangsrendi-
           verlusten rechnen. Selbst wenn sich die Anfangsrendite        ten sollten deswegen vor allem in der südlichen Periphe-
           von Spitzenobjekten wenig verändert - da Flucht in Si-        rie noch weiter auf höhere Niveaus klettern bzw. sich
           cherheit einen Renditedruck auslöst - so berechnet sich       dann erst einmal längere Zeit auf diesen Niveaus veran-
           diese Anfangsrendite nun auf einer neuen Basis, näm-          kern.

                                                                                                                                             5
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                                                                              Makro Research

           Entwicklung jenseits der Peripherie                          in den 14 Regionalstandorten im Durchschnitt bei gut
                                                                        6,1% und damit mehr als 110 Basispunkte oberhalb des
           Nicht nur die Wirtschaft ist zwischen der Peripherie und     Mittelwerts der Top 7-Standorte (Abb. 6). Die deutschen
           Kerneuropa polarisiert. Auch die jeweiligen Immobi-          B-Standorte wiesen relativ zu den Top 7-Märkten ein in
           lienmärkte entwickeln sich in Kern und Peripherie            der Vergangenheit geringes Schwankungsrisiko auf.
           höchst unterschiedlich.                                      Damit sind diese Märkte aber nicht für alle Investoren
                                                                        der Königsweg, denn ein Engagement birgt aufgrund
           Unseren Prognosen zufolge werden Investitionen in risi-      der deutlich geringeren Transaktionsvolumina ein höhe-
           koreichen Märkten der südlichen Peripherie derzeit nicht     res Liquiditätsrisiko. Unerlässlich ist außerdem eine ge-
           mit höheren Erträgen belohnt. In den nord- und kerneu-       naue Marktkenntnis der in Frage kommenden Märkte:
           ropäischen Büromärkten bleibt vor allem die Suche nach       Zum einen ist das Segment der B-Standorte keineswegs
           Sicherheit ein wesentliches Investitionsmotiv. Dort wird     homogen und zum anderen ist auch innerhalb eines
           sich die Nachfrage auch primär auf die großen Zentren        Regionalmarktes Wissen über die Teilmärkte vonnöten,
           beschränken. Die starken letzten Jahre und aktuell hohe      um die Prime-Lagen zu identifizieren. Im erhöhten Rese-
           Preise begrenzen allerdings die Ertragsperspektiven bis-     arch-Bedarf liegt aber auch eine Chance für marktkun-
           her gut performender Standorte in Deutschland, Skan-         dige Investoren, denn internationale Anleger, die den
           dinavien oder UK (London). Zudem sollten die prosperie-      Markteintritt in Deutschland planen, werden sich mit
           renden Märkte stärker in den Fokus der Entwickler rü-        höherer Wahrscheinlichkeit auf die Top 7-Märkte kon-
           cken. Deutschlands Topmärkte profitieren besonders.          zentrieren. Auf den Regionalmärkten dürfte die Konkur-
           Ausländische Investoren sehen die robuste Entwicklung        renz unter den Investoren folglich geringer sein.
           der deutschen Wirtschaft. Vor allem deutsche Investo-
           ren trauen den dauernden Dogma-Brüchen (Eventual-             Abb. 6 B-Städte: Spitzenrenditen (Büro) 2012
           Ankauf von Staatsanleihen usw.) der EZB nicht. Entge-
                                                                             %
           gen der kurzfristig reellen Bedrohung durch Deflation
                                                                           7,0
           haben sie eher Angst vor der Möglichkeit einer mittel-
           bis langfristig auftauchenden Inflation.                        6,5

           Zusammengefasst werden Realzinsfalle, Inflationsschutz          6,0
           und die Suche nach Sicherheit die Renditen von Immo-
                                                                           5,5
           bilien in Top-Lagen ohne großes Vermietungsrisiko vor
           allem in Deutschland vergleichsweise niedrig halten. Ihre       5,0
           Kapitalwerte sind in den letzten drei Jahren so deutlich
           gestiegen, dass sie im historischen Vergleich als „teuer“       4,5
           anzusehen sind. Ganz nebenbei findet sich hier ein ers-         4,0
           ter Einfluss der lockeren Geldpolitik, jenseits ansteigen-
                                                                                                                                                  Hannover

                                                                                                                                                                                              Münster
                                                                                          Bonn
                                                                                                 Bremen
                                                                                                          Dortmund

                                                                                                                               Duisburg
                                                                                                                                          Essen

                                                                                                                                                                         Leipzig

                                                                                                                                                                                                                   Wiesbaden
                                                                                 Bochum

                                                                                                                                                                                   Mannheim
                                                                                                                                                             Karlsruhe
                                                                                                                     Dresden

                                                                                                                                                                                                        Nürnberg

           der Verbraucherpreise: Nicht die Preise von (Konsum-
           )Produkten sondern die Assetpreise von Sachwerten wie
           Gold und Immobilien steigen.                                            Min                               Max                            2012                                      Ø Top 7
                                                                         Quellen:   BulwienGesa, PMA, DekaBank; Min und Max bezogen
                                                                         auf 2002 bis 2011

           Deutsche B-Städte

           Aufgrund des mittelfristig erfreulichen konjunkturellen
           Ausblicks sollte Deutschland weiterhin übergewichtet
           werden. Da Immobilien in den A-Städten verhältnismä-
           ßig teuer sind, treten vermehrt B-Standorte als Alterna-
           tiv-Investitionen in den Fokus. Im Gegensatz zu den an-
           deren europäischen Märkten sind dort die Nettoan-
           fangsrenditen deutlich höher als in den A-Städten. Am
           Jahresende 2012 lag die Spitzenrendite der Büromärkte

                                                                                                                                                                                                                               6
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                                    Makro Research

           4. Entwicklung von Immobilienport-                                        bei knapp 5%. Sie zeichneten sich durch eine relativ
              folien und Immobilienfonds in der                                      niedrige, jedoch sehr stabile Rendite aus und befanden
                                                                                     sich etwa in der Risikoklasse von 10-jährigen Bunds.
              „neuen Welt“
                                                                                     Darüber hinaus war es in diesem Zeitfenster möglich,
                                                                                     die Rendite zu erhöhen, wenn man weiter ins Risiko
                                                                                     ging. Man konnte eine „Kapitalmarktlinie“ durch die
                                                                                     Punkte legen, die sich ausgehend vom auskömmlichen
           Realzinsfalle und finanzielle Repression1
                                                                                     Renditeniveau von 5% bis in Sphären von 10% p.a.
                                                                                     bewegte.
           Die hohe Nachfrage nach Sicherheit geht damit einher,
           dass derzeit die Zinsen nicht nur am Geldmarkt sondern
           auch im mehrjährigen Bereich unterhalb der Inflations-                     Abb. 7 Die neue Kapitalmarktwelt
           rate liegen. Verstärkt wird der Trend zu niedrigen Zinsen                   ∅ Rendite in %
           noch durch verschärfte Regeln des Staates für den Fi-                       16
                                                                                                                                       DAX
           nanzsektor, etwa höheren Eigenkapitalanforderungen.                         14
                                                                                                Die "gute alte Zeit" 1995-2007
           Dies bietet Banken und anderen institutionellen Anle-
                                                                                       12                                     Euro Reit
           gern (bspw. Versicherer) einen starken Anreiz, Staatsan-                                                         S&P         STOXX50
           leihen auch zu niedrigen Zinsen zu kaufen, da diese nur                     10
           unterproportional mit Eigenkapital unterlegt werden                                                          US Reit
           müssen. Diese durch staatliche Regelung verursachte                          8 Bund 10
                                                                                            Jahre
                                                                                                                                   ?
           Abart der finanziellen Repression auf „freiwilliger Basis“                             Offene
                                                                                        6
                                                                                                  Immo-
           führt zu Zinsen unterhalb der Inflationsrate. Dadurch                                   Fonds                    Kapitalmarktlinie
                                                                                        4
           findet eine schleichende Entwertung der realen Vermö-                                                            der "neuen Welt"?
                                                                                           Bund 5
           gen, vor allem von Anleihen, statt. Dieser Vermögensef-                      2   Jahre
           fekt ist zunächst relativ gering. Da aber Euroland erst
                                                                                        0
           am Anfang der Bewältigung der Schuldenkrise steht,                               0      5        10         15      20     25      30
           wird uns das Thema finanzielle Repression auch die                                                                    ∅ Risiko in %
           nächsten Jahre begleiten und frühestens ein Ende fin-                      Quellen: DB Research, DekaBank
           den, wenn die Schuldenlast der Länder wieder eine
           tragfähige Größe erreicht. Das Umfeld der Euro-
           Staatsschuldenkrise und die finanzielle Repression zur
                                                                                     Diese Welt gibt es jetzt allerdings nicht mehr. In der
           Krisenbewältigung dürften uns deswegen noch lange
                                                                                     neuen Welt erwarten wir zwei wesentliche Effekte. Den
           Zeit erhalten bleiben. In diesem Umfeld sollte die Dis-
                                                                                     ersten Effekt, nämlich einen hohen Preis für Sicherheit
           kussion um Sachwerte wie Rohstoffe, Aktien, Infrastruk-
                                                                                     und damit sehr niedrige risikofreie - besser risikoarme –
           turprojekte und natürlich Immobilien als Anlageform
                                                                                     Zinsen spüren bereits Investoren überall auf der Welt.
           immer stärker an Bedeutung gewinnen.
                                                                                     Sicherheit wird auch in den nächsten Jahren sehr teuer
                                                                                     bleiben, die Renditen werden sich trotz eines geringen
           Die neue Kapitalmarktwelt
                                                                                     Aufwärtspotenzials erst einmal verankern. Damit be-
                                                                                     kommt eine imaginär gezeichnete Kapitalmarktlinie ei-
           Die Finanzmarktkrise und der Konsolidierungskurs sowie
                                                                                     nen neuen Ankerpunkt deutlich unterhalb des histori-
           die finanzielle Repression führen in eine „neue Welt“.
                                                                                     schen Niveaus.
           Grafisch kann man sie sich wie in Abbildung 7 verdeut-
           lichen: Dort sind die durchschnittlichen Renditen einiger
                                                                                     Der zweite Effekt verbindet die von uns zukünftig er-
           Assets in den Jahren 1995 bis 2007 durch Rauten dar-
                                                                                     wartete höhere Makrovolatilität mit der verzweifelten
           gestellt. In diesem Zeitraum war die Welt mit einigen
                                                                                     Suche nach Rendite. Dies führt zum einen dazu, dass
           Ausnahmen (Dotcom-Blase) weitgehend „in Ordnung“.
                                                                                     die Kapitalmarktlinie deutlich schwächer steigt, weil In-
           Offene Immobilienfonds rentierten in diesem Zeitfenster
                                                                                     vestoren, deren Renditeziel früher durch den risikofreien
                                                                                     Zins abgedeckt wurde, jetzt stärker in riskantere Assets
                                                                                     investieren müssen. Dies erhöht die Preise und die Ren-
           1                                                                         dite sinkt.
             Vergleiche hierzu auch: Melzer 2012: Zurück in die Zukunft an den
           Kapitalmärkten: Finanzielle Repression, in: Volkswirtschaft Spezial der
           DekaBank 9/2012

                                                                                                                                                   7
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                                Makro Research

            Immobilien und Inflation                                             Abb. 8 Inflation und Wertentwicklung OIF
           In den letzten Jahren hatten die Zentralbanken die Infla-             %
           tion weitestgehend im Griff und aktuell sind noch keine               10
           großen Inflationssorgen eingepreist. Dennoch bleibt                     8
           Skepsis, ob die extrem lange andauernde lockere Geld-                   6
           politik der Zentralbanken nicht doch deutlich höhere                    4
           Preissteigerungsraten nach sich zieht. Zudem wandelt                    2
           sich die EZB stärker in Richtung der US-Notenbank Fed:
                                                                                   0
           Selbst wenn explizit etwas anderes kommuniziert wird,

                                                                                       1976
                                                                                       1978
                                                                                       1980
                                                                                       1982
                                                                                       1984
                                                                                       1986
                                                                                       1988
                                                                                       1990
                                                                                       1992
                                                                                       1994
                                                                                       1996
                                                                                       1998
                                                                                       2000
                                                                                       2002
                                                                                       2004
                                                                                       2006
                                                                                       2008
                                                                                       2010
           ist implizit Preisstabilität nicht mehr ihr einziges Ziel. Mit
           dieser neuen Rolle beeinflusst die EZB auch die Zins-                              Inflationsrate           Wertentwicklung OIF
           und Inflationsentwicklung. Auch wenn 2013 und 2014
                                                                                 Quellen:   BVI, Ecowin, DekaBank
           die Zielmarke von 2% kaum überschritten wird, könn-
           ten zukünftige Preissteigerungsraten durchaus darüber
           liegen, in Deutschland mittelfristig sogar zwischen 2            Trotz der historisch guten Ergebnisse ist es theoretisch
           und 4%. Die Gretchenfrage für noch höhere Inflations-            möglich, dass in Zeiten größerer Inflationsverwerfungen
           raten wird sein, ob es durch die „neue“ EZB-Politik ge-          die Wirtschaft so außer Rand und Band gerät, dass Im-
           lingt, das Bankensystem zu stabilisieren oder ob sich            mobilien-Investitionen negative Erträge erwirtschaften.
           etwa Assetpreisblasen bilden. In dieser Welt werden              In einem solchen Szenario reicht auch die Ausgleichs-
           Produkte stärker gefragt, die einen gewissen Inflations-         kraft der Mietverträge nicht, zudem belastet die damit
           schutz aufweisen und somit ihre Nominal-Rendite so-              einhergehende Wirtschaftsschwäche die Nachvermie-
           wohl an dem Realzinsumfeld und an der Inflationsrate             tungen. Modellrechnungen in verschiedenen Inflations-
           orientieren. Wie die meisten Sachwerte gehören Immo-             szenarien (Tab. 1) zeigen aber, dass Immobilien selbst
           bilien zu diesen Produkten mit Inflationsschutz                  im negativsten Randszenario Vorteile gegenüber Bonds
           (Hedge). Ihr nominaler Wert „atmet“ mit der Inflation,           haben, also hier die Konkurrenz outperformen.
           ihr realer Wert bleibt stabil, d.h. sie entwerten sich nicht
           im Zuge normaler Preissteigerungen. Weil für Gewer-                   Tab. 1      Welchen Schutz bieten Immobilien?
           beimmobilien die Mietverträge zudem oft an Preisindi-
                                                                            I                                       Inflationsrate
           katoren indexiert sind, haben diese Immobilien den Vor-
                                                                                                        5%                8%           15%
           teil, dass sie auch mit überraschend stärkeren Inflations-
                                                                                 Weitgehender
           raten umgehen können, da sich ihr Mietstrom recht                    Kapitalwerterhalt
           schnell an die neuen Gegebenheiten anpassen kann.
           Daher wundert es kaum, dass in der Vergangenheit die                 Inflationsschutz
           Erträge von Immobilien und Offenen Immobilienfonds                        (Hedge)

           mit der Inflationsrate schwankten (Abb. 8). Versteht
                                                                                Outperformance
           man Inflationsschutz so, dass die Rendite einer Anlage                     und
           von der Inflationsrate unabhängig sein soll, so wiesen               Diversifizierung
           damit OIFs einen sehr weitreichenden Inflationsschutz
           (Kapitalerhalt) auf.                                                  Quelle:    DekaBank

           Trotz dieser positiven Eigenschaften bieten auch OIFs            Zusammenfassend bieten Immobilienfonds bei höheren
           keine vollständige Kapitalwertgarantie in dem Sinne,             Inflationsraten (5%) einen weitgehenden Kapitalerhalt.
           dass ein Investment in jedem vorstellbaren Inflations-           In Szenarien mit schon als hoch zu bezeichnenden Infla-
           Szenario eine reale Rendite > 0, d.h. über der Inflations-       tionsraten (8%) sollten sie das Inflationsrisiko hedgen
           rate aufweisen kann.                                             und damit mildern können, während sie in Szenarien
                                                                            mit hoher Inflation immer noch eine Outperformance
                                                                            gegenüber anderen Assetklassen zeigen.

                                                                                                                                             8
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                  Makro Research

           Auch ist makroökonomisch mit einer großen Volatilität          Wie Immobilienportfolien aufstellen?
           zu rechnen, d.h. die kurzfristigen konjunkturellen
           Schwankungen nehmen deutlich zu. Damit steigt auch             Es konkurrieren im Allgemeinen zwei Investmentansätze
           die Volatilität im gesamten Anlagespektrum. Weil Vola-         miteinander: Zum einen der aktive „Cherry-Picking“-
           tilität oft als Risiko verstanden wird, führt dies für alle    Ansatz, zum zweiten der strategisch-strukturelle An-
           konjunktursensitiven Assetklassen dazu, dass sie mit           satz, in dem Korrelationsbeziehungen der Märk-
           steigender Renditeerwartung stärker volatil, also riskan-      te/Objekte untereinander ausgenutzt werden. Beim
           ter werden. Damit wird die „neue“ Kapitalmarktkurve            Cherry-Picking-Ansatz wird in Objekte investiert, wel-
           von uns als deutlich flacher erwartet. Zum Vergleich           chen zukünftig eine überproportionale Entwicklung zu-
           kann man sich etwa an der Entwicklung von Japan nach           getraut wird. Das Cherry-Picking kann prozyklisch erfol-
           der großen Finanzkrise orientieren (Abb. 9). Dort wird         gen. Man folgt zwar den allgemeinen Marktbewegun-
           deutlich, dass der Gang ins Risiko deutlich weniger be-        gen, kauft dabei aber vermeintlich bessere Objekte oder
           lohnt wird. Dies verlangt neue Lösungen.                       in besseren Märkten als die Konkurrenz. Dies setzt eine
                                                                          bessere Prognose/Einschätzung als die Konkurrenz vo-
            Abb. 9 Japans Kapitalmarktwelt                                raus. Zudem kann auch ein stärkeres/schwächeres Expo-
                                                                          sure in so genannten β-Märkten erfolgen, also Märkten,
             ∅ Rendite                                                    die eine stärkere zyklische Schwankung als der Ge-
            1,8%                                                          samtmarkt aufweisen, um Zyklen stärker zu spielen. Al-
                                                                          ternativ dazu können in dieser Strategie antizyklische
            1,3%                                Topix/       Epra/
                              TR Gov.                                     Käufe/Verkäufe durchgeführt werden, nämlich indem
            0,8%               Bonds             Reits       Reits        man Wendepunkte und Markttrends vorher sieht und in
                       3m                                                 heißen Märkten verkauft und einsteigt, wenn sich die
            0,3%
                                             Nikkei                       anderen Marktteilnehmer noch nicht bewegen. Damit
            -0,2%                                                         wird dieser Ansatz vor allem eine Frage der richtigen
                    0%        2%        4%    6%       8%       10%       Prognose und des richtigen Timings.
                                                         ∅ Risiko
            Quellen:     Reuters, DekaBank                                Schwierig wird dieser aktive Ansatz dann, wenn
                                                                          a) man „auf Sicht“ durch sehr unsichere Zeiten fährt,
                                                                          sodass selbst sehr gute Prognostiker/Experten keinen
                                                                          Mehrwert liefern. Dies war etwa zu den Höhepunkten
                                                                          der Lehman- und Eurokrise der Fall.
                                                                          b) Märkte in der Breite in den Fokus von Investoren ge-
           Core-Immobilien profitieren in dieser neuen Welt
                                                                          kommen sind. Dann gelingt es immer schwerer, über-
                                                                          proportionale gute Objekte zu kaufen. So erleben wir es
           Wichtig ist, dass geringes Risiko, sprich Sicherheit, in der
                                                                          in den etablierten Top-Märkten in Kerneuropa.
           „neuen Welt“ ein „teures Gut“ ist. Damit profitieren
                                                                          c) sich Abwärtstrends verfestigen und noch Jahre an-
           Produkte, denen ein klar kommunizierbares niedriges
                                                                          dauern. Dies ist nach unserer Einschätzung in der südli-
           Risiko innewohnt, in dieser neuen Welt. Betrachtet man
                                                                          chen Peripherie der Fall.
           nun die Eigenschaften von Core-Immobilien, so glätten
           langfristige Mietverträge Einkommensströme. Damit ist
                                                                          Wenn Expertenwissen über Objekte und Prognosen zu
           zu erwarten, dass diese Assetklasse weniger stark von
                                                                          Märkten kein Erfolgsrezept mehr sind, da alle Akteure
           der Volatilität des makroökonomischen Umfeldes be-
                                                                          ähnliches wissen (oder nicht wissen), bleibt noch der
           troffen wird. Sie ist zwar nicht vom Auf und Ab an den
                                                                          strategisch-strukturelle Ansatz. Hier wird im Rahmen ei-
           Investmentmärkten gefeit. Die fundamentalen Werte,
                                                                          nes Portfoliokonstruktionsprozesses versucht, Immobili-
           die über den Einkommensstrom den eigentlichen Wert
                                                                          enportfolios nach günstigen Diversifikationseigenschaf-
           eines Assets bestimmen, an dem sich seriöse langfristige
                                                                          ten einzelner Standorte zusammenzustellen. Man ver-
           Investoren orientieren, sollten hier jedoch ein Stück
                                                                          meidet den Ankauf einer Vielzahl hoch korrelierter
           „Langweile“ erhalten lassen. Deswegen schlagen sich in
                                                                          Standorte, um Klumpenrisiken im Portfolio zu verhin-
           dieser „neuen Welt“ auch Gewerbeimmobilien gut,
                                                                          dern. Dabei zeigen unsere Berechnungen, dass nach ak-
           denn Core-Immobilien bieten Sicherheit bei weiterhin
                                                                          tuellen Prognosen eine sektorale und regionale Diversi-
           auskömmlichen Renditen.
                                                                          fikationsstrategie weniger die Rendite des Immobilien-

                                                                                                                                 9
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                                                                                  Makro Research

           portfolios erhöht, jedoch die Portfolio-Volatilität und                bild zu nennen. Hier spielt vor allem eine Rolle, dass
           damit das Risiko deutlich senken kann.2                                OIFs eine Liquiditätsquote vorhalten, um Mittelabflüsse
                                                                                  zu bedienen. Die gesetzliche Mindestquote beträgt 5%,
           Wie weiter oben angedeutet sehen wir in der aktuellen                  die meisten konservativ geführten Fonds führen aller-
           Situation in Europa in den nächsten zwei Jahren mit                    dings eine höhere Liquiditätsquote, welche sich in man-
           wenigen Ausnahmen nur geringe Möglichkeiten, die                       chen Fällen eher in der Größenordnung von 20% be-
           besten Kirschen heraus zu pflücken. Zwar müssen einige                 wegt. Mit dieser höheren Quote können schockartige
           der in Abwicklung befindlichen Offenen Immobilien-                     Liquiditätsabflüsse leichter absorbiert werden.
           fonds ihre Objekte verkaufen. Der Anteil an „Perlen“ in
           diesen Portfolien ist jedoch relativ gering. Eine Erhöhung             Auf Basis von Prognosen der Wirtschaftsentwicklung,
           des Exposures in B-Städten schafft hier zwar Rendi-                    der Inflation und der erwarteten Zinsen, kann man Pro-
           techancen, erhöht aber gleichzeitig auch Liquiditätsrisi-              jektionen für Offene Immobilienfonds berechnen
           ken. Portfolien in diesem Segment weisen damit ein et-                 (Abb. 10).
           was höheres Risikoprofil jenseits des Schwankungsrisi-
           kos auf im Vergleich zu Portfolien, die nur in den Core-                Abb. 10 Projektion Performance OIFs
           Märkten investiert sind. Anleger in Europa müssen des-
                                                                                      %
           wegen ihre Rendite-Anforderungen herunterschrauben.                        6
           In Übersee (Amerika und Asien/Pazifik) kann man eher
                                                                                      5
           einzelne konjunkturelle Zyklen ausspielen, hierbei benö-
           tigt man jedoch eine breit gestreute regionale Diversifi-                  4
           kation. Auch die sektorale Diversifikation bringt wie be-                  3
           schrieben in den nächsten Jahren keine Renditewunder.                      2
           Insgesamt generiert eine gute Diversifikation jedoch ei-
                                                                                      1
           ne geringere Volatilität und damit ein Produkt, welches
           aktuell und wohl auch in den nächsten Jahre eine hohe                      0
           Zahlungsbereitschaft bei den Kunden auslösen wird.                        -1
                                                                                          2000
                                                                                          2001
                                                                                          2002
                                                                                          2003
                                                                                          2004
                                                                                          2005
                                                                                          2006
                                                                                          2007
                                                                                          2008
                                                                                          2009
                                                                                          2010
                                                                                          2011
                                                                                          2012
                                                                                          2013
                                                                                          2014
                                                                                          2015
           Performance-Erwartung Offener Immobilienfonds
                                                                                                   10j-Bunds
                                                                                                   Unterschied OIFs vs. 10jähriger Bond
           Angesichts der oben aufgezeigten Entwicklung stellen
                                                                                                   OIFs + Modellrechnung
           sich zwei Fragen. Zum einen, wie sich Offene Immobili-
           enfonds (OIFs) als wichtige Anlageklasse entwickeln                     Quellen: Bloomberg, BVI; aus der historischen Performance bis
                                                                                   2012 wurden die sich in Abwicklung befindlichen OIFs herausge-
           werden. Zum anderen, wie die Performance im Ver-                        rechnet. Ab 2013 Prognosen der DekaBank
           gleich zu anderen Asset-Klassen aussieht.

           Die Erfahrung zeigt, dass die Performance von OIFs von
                                                                                  Nach der Projektion dürfte die Performance der OIFs in
           der Entwicklung der Wirtschaft, vom realen Zinsniveau
                                                                                  2013 nur knapp unter 2% liegen und 2014 zwar dar-
           und der Inflation abhängt. Auch wenn durch langfristi-
                                                                                  über, jedoch immer noch unter den gewohnten Niveaus
           ge Mietverträge der Konjunkturzyklus geglättet wird, so
                                                                                  früherer Jahre. Die schwache Konjunktur bremst die
           ist die wirtschaftliche Entwicklung mittelfristig bestim-
                                                                                  mehrheitlich in Euroland aufgestellten Fonds genauso
           mende Determinante. Zweitens bestimmt nicht nur die
                                                                                  aus, wie die niedrige Inflation und das niedrige Zinsum-
           reale wirtschaftliche Entwicklung das Geschehen an den
                                                                                  feld.
           Immobilienmärkten. Wie oben gezeigt (Kasten Inflation)
           profitieren Immobilienmärkte von einer moderaten Infla-
                                                                                  Damit schneiden OIFs aber nicht wirklich schwach ab,
           tionsentwicklung durch die Indexierung der Mietverträ-
                                                                                  vergleicht man dies mit dem „Erzrivalen“, der zehnjäh-
           ge. Niedrige Inflationsraten führen damit aber auch zu
                                                                                  rigen Bundesanleihe. In der Vergangenheit lag die
           geringen Erträgen. Als dritte Determinante ist das Zins-
                                                                                  durchschnittliche Performance von OIFs teilweise unter,
                                                                                  in guten Jahren teilweise über der Rendite zehnjähriger
                                                                                  Bunds. Nach unseren Projektionen sollten die OIFs ihren
           2
                                                                                  Konkurrenten im sicheren Segment drei Jahre lang out-
             Becher 2012: Der Logistik-Sektor in Immobilienportfolios, in Mün-
                                                                                  performen.
           chow, M. (Hrsg.): Kompendium der Logistik-Immobilien, 2012. S. 203ff

                                                                                                                                                    10
Immobilien Research Spezial
Immobilien nach der Finanzkrise

Ausgabe 1/2013 – 28. Januar 2013                                        Makro Research

           5. Fazit:
              Gut diversifizierte Immobilien-
              fonds gehören in jedes Portfolio

           Fünf Jahre nach der Finanzkrise hat sich eine neue Kapi-
           talmarktwelt herausgebildet. Diese ist von niedriger risi-
           kofreier Verzinsung und größerer Volatilität bei noch
           gebremstem Wachstum geprägt. Die Aufräumarbeiten
           im Euroraum sind zwar im Gange, werden aber noch
           lange nicht abgeschlossen sein. So lange sehen sich Ka-
           pitalanlagen einer Realzinsfalle und finanzieller Repres-
           sion gegenüber. Insbesondere das Niedrigzinsumfeld
           beeinflusst alle Assetklassen und zwingt Anleger in ei-
           nen Spagat zwischen teuren, aber sicheren Assets und
           riskanten Anlagen. Zudem ist die Zahlungsbereitschaft
           für Sicherheit hoch.

           In diesem Umfeld schlagen sich Immobilien als Sachwer-
           te gut. Zum einen können sie alternative Anlagen der-
           selben Risikokategorie (Bunds) selbst injapanähnlichen
           Szenarien outperformen. Zum anderen verfügen sie
           über Schutzmechanismen bei Inflationsszenarien. Wäh-
           rend in globalen Immobilienportfolien in den nächsten
           Jahren durch aktives Fondsmanagement noch Wachs-
           tumszyklen gegeneinander ausgespielt werden können,
           kann in europäischen Portfolien durch eine gelungene
           Markt- und Sektor-Allokation vor allem Sicherheit ge-
           schaffen werden. Kein schlechtes Produkt also in einer
           Zeit, in der Sicherheit eine so hohe Zahlungsbereitschaft
           auf sich zieht.

                                                                                    11
Sie können auch lesen