Immobilien Schweiz - 4Q 2021 - Knapper Boden wird immer dichter bebaut - Htr hotel revue
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
_______ Wordcloud: Regionen mit der höchsten Anzahl abgebrochener Wohnungen im Verhältnis zu ihrem Wohnungsbestand. Je grösser der Gemeindename, desto mehr Wohnungen wurden in den letzten fünf Jahren abgerissen. Die Abbruchquote ist ein Indiz für eine hohe Ersatzneubautätigkeit, die meist mit Verdichtung einher geht. Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz – 4Q 2021 Knapper Boden wird immer dichter bebaut
Impressum _______ Herausgeber: Raiffeisen Schweiz Genossenschaft Raiffeisen Economic Research Martin Neff Chefökonom The Circle 66 8058 Zürich-Flughafen Autoren Michel Fleury Francis Schwartz Alexander Koch economic-research@raiffeisen.ch Weitere Raiffeisen-Publikationen Hier können Sie die vorliegende und auch weitere Pub- likationen von Raiffeisen abonnieren. Direkt-Link zur Website Immobilien Schweiz | 4. Q 2021
Inhaltsverzeichnis _______ Editorial Knapper Boden wird immer dichter bebaut 4 Marktüberblick 6 Marktumfeld Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 7 Hypothekarmarkt 8 Immobilienanlagen 9 Marktsegmente Miete 11 Eigentum 14 Büro 16 Fokus Herausforderungen im Wohnungsbau 18 Anhang Gemeindetypen und Regionen 24 Verwendete Abkürzungen 25 Immobilien Schweiz | 4. Q 2021
Editorial _______ Liebe Leserinnen und Leser Die Vermeldung von Rekordpreisen im Eigenheimmarkt hat langsam, aber sicher Tradition. Quartal für Quartal werden neue Höchstpreise für Wohneigentum bezahlt. Diesmal haben wir nicht nur einen neuen Rekordwert zu vermelden, sondern mit einem Wert von 4.4% (!) auch noch den höchsten An- stieg der Einfamilienhauspreise seit Lancierung unseres Transaktionspreisindex. Wer nun damit rechnet, dass jetzt das Ende der Fahnenstange endlich erreicht ist, dürfte sich täuschen. Alle Marktindikatoren zeigen auch für die Zukunft eine rege Nachfrage und ein knappes Angebot an. Darum dürfte auch die Lebensdauer dieser neuen Rekordmarke nur von kurzer Dauer sein. Zeit bleibt Geld Trotz Rekordpreisen gibt es aber in der Schweiz nach wie vor bezahlbare Einfamilienhäuser. Nur halt nicht an den absoluten Toplagen. Häuser in Gemeinden mit unterdurchschnittlicher Standortqualität sind häufig Ladenhüter. Der Markt spielt an den guten Lagen. Und was die Lage angeht sind Herr und Frau Schweizer auch angesichts von Höchstpreisen kaum zu Kompromissen bereit. Das altbewährte Motto „Lage, Lage, Lage!“ bleibt trotz Homeoffice und Homeshopping aktuell. Wir zeigen in unserer Analyse auf, wie viel wir für einen um eine Minute kürzeren Weg in die Grossstadt zu zahlen bereit sind. Das Ergebnis: Zeit ist und bleibt viel Geld wert. Ob angesichts des mittlerweile beeindrucken hohen Preises der Zeit sich nicht doch der eine oder andere künftig lieber für Geld statt für Zeit entscheidet? Sanfte Landung weiter auf Kurs Ebenso Tradition wie das Brechen neuer Preisrekorde für Wohneigentum hatte seit 2008 die jährliche Publikation steigender Leerstandzahlen im September. Mit dieser Tradition wurde 2021 aber gebro- chen. Und zwar klar und deutlich. Die Leerstandziffer ist von 1.72% auf 1.54% gesunken. Die nun erfolgte Trendwende hatte sich zwar abgezeichnet, aber von ihrer Stärke waren dann doch alle über- rascht. So rätseln auch wir noch über die genauen Ursachen des unerwartet starken Rückgangs der wohl bekanntesten Immobilienmarktkennzahl. Was aber klar ist: Der Mietwohnungsmarkt hat damit die nächste Phase in seinem Landungsanflug eingeläutet. Und weiter zeichnet sich eine sanfte Landung ab. Die Mietwohnungsleerstände sind auf breiter Front gesunken, einzig in den Städten sind die Leerstände heuer gestiegen. Einerseits hat die rückläufige Zuwanderung die Nachfrage hier reduziert, denn Aus- länder lassen sich zunächst meist in den Städten nieder. Andererseits zeigen sich erste Effekte der für viele nun möglichen Heimarbeit und von Onlineshopping. Städtische Lagen haben damit an relativer Attraktivität verloren. Dennoch ist an der vielfach kolportierten These von einer ausgeprägten Corona- Stadtflucht nach wie vor nichts dran. Trotz des jüngsten Anstiegs der Leerwohnungsziffer in den Städ- ten sind die Leerstände in den Zentren nach wie vor sehr tief. Die Stadt bleibt ein äusserst attraktives Pflaster. Viele Menschen kehren der Stadt gerade wegen ihrer grossen Attraktivität, die sich in sehr hohen Wohnkosten widerspiegelt, den Rücken. Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 4
Editorial _______ Auf in die neue Arbeitswelt! Von einer Tradition kann man beim Homeoffice zwar noch nicht sprechen. Die meisten von uns machen erst seit etwas mehr als eineinhalb Jahren erste Erfahrungen mit Heimarbeit. Trotzdem ist sie für viele nicht mehr aus ihrem Arbeitsalltag wegzudenken. Zwar gilt immer noch eine bundesrätliche Home- office-Empfehlung, die Anwesenheit im Büro hat aber bereits wieder spürbar zugenommen. Die wäh- rend der Pandemie teilweise vermissten Vorzüge des Büros ziehen einige Leute vermehrt freiwillig, zu- mindest für ein paar Tage die Woche, an ihren alten Arbeitsplatz. Andere müssen auf Geheiss ihrer Vorgesetzten gezwungenermassen wieder häufiger im Büro antraben. Jedenfalls wird nun allmählich erfahrbar wie die Arbeitswelt der Zukunft aussehen wird. Bei vielen wird das eine Kombination aus Heimarbeit und Anwesenheit im Büro sein. Mit diesem Spagat wird versucht das Beste aus beiden Welten auch nach der Pandemie zu erhalten. Vor allem grossen Firmen bieten sich durch die auch künftig tiefere Arbeitsplatzauslastung Möglichkeiten, mit flexiblen Arbeitsplatzkonzepten die Anzahl Arbeitsplätze zu reduzieren. Dadurch lässt sich die heute tiefe Auslastung wieder erhöhen und Miet- kosten können eingespart werden. Noch schützen träge Entscheidungsprozesse und langfristige Miet- verträge die Vermieter von Büroflächen vor Kündigungen im grossen Stil. Die Anbieter von Büroflächen werden die sinkende Nachfrage aber künftig deutlich zu spüren bekommen, denn die steigende Büro- beschäftigung wird kaum ausreichen, um die eingesparten Flächen zu kompensieren. Nur in der Peripherie ein gutes Geschäft Ebenfalls ein vergleichsweise neues Phänomen ist die Kurzzeitvermietung von Wohnungen via Airbnb und vergleichbaren Plattformen. Trotzdem hat sich der Markt nach einer äusserst dynamischen Wachs- tumsgeschichte mittlerweile etabliert. Vor Ausbruch der Pandemie befand sich der Markt bereits in seiner Sättigungsphase. Das Coronavirus und der Einbruch des internationalen Tourismus haben ihn just in dieser Phase hart getroffen. Wegen ausbleibender Gäste sind mittlerweile viele Wohnungen wie- der von der Plattform verschwunden, vor allem in den Städten. In vielen touristischen Gemeinden ist die Auslastung der Betten dagegen sogar gestiegen. Schon vor der Krise war Airbnb für Investoren vor allem dort attraktiv. In den Städten ist und bleibt der reguläre Mietwohnungsmarkt für Investoren inte- ressanter. Symbiotische Beziehung Seit jeher pflegen der Immobilienmarkt und das Baugewerbe eine symbiotische Beziehung. In unserem Fokusthema zeigen wir die Wechselwirkungen zwischen diesen beiden bedeutenden Wirtschaftszwei- gen auf. Steigen die Immobilienpreise, dann wird jeweils gebaut was das Zeug hält. Trotz reger Nach- frage durch den Wohnungsbau hält ein grosser Konkurrenzkampf in der Branche die Margen im Bau- gewerbe aber tief. Die Baugesuche zeigen für die Zukunft eine deutliche Abnahme der Aufträge an. Der ohnehin schon harte Konkurrenzkampf in der Branche wird sich damit noch verschärfen. Weil Boden knapp ist, gerade an den Lagen mit grosser Wohnungsnachfrage, verlagert sich die Wohn- bautätigkeit mehr und mehr in Richtung Umbau und Ersatzneubau. Auf der grünen Wiese wird immer weniger Wohnraum erstellt. Einfamilienhäuser mit ihrem grossen Flächenanspruch werden nur noch wenige gebaut und Blöcke mit Renditeliegenschaften für Mietwohnungen werden immer höher. Damit zeigt die verschärfte Raumplanung allmählich ihre gewünschten Effekte: Unser knapper Boden wird immer intensiver genutzt. Wir wünschen eine anregende Lektüre! Ihr Raiffeisen Economic Research Team Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 5
Marktumfeld _______ Nachfrage Bevölkerung: Die robuste Arbeitskräftenachfrage sorgt für eine anhaltend hohe Zuwanderung. Wir erwarten bis Ende Jahr eine Nettozuwanderung von deutlich über 50'000 Menschen. Die Bevölke- rung dürfte 2021 wegen weniger Todesfällen mit 0.8% stärker wachsen als im Vorjahr. BIP: Der Aufhol- und Nachholschub nach den vorangegangenen «Lockdowns» ist mittlerweile über- wiegend ausgelaufen. Damit schwenkt die Konjunktur wieder auf eine deutlich langsamere Gangart ein. Weiterhin gestörte globale Lieferketten bremsen die Expansion des BIP ab. Einkommen: Ungeachtet der schwächeren Wachstumsdynamik wollen die Unternehmen ihre Belegschaft weiter ausweiten. Damit ist ein weiterer Rückgang der Arbeitslosigkeit angezeigt. Die aggregierten Einkommen können aufgrund der neu geschaffenen Jobs zulegen. Finanzierungsumfeld: Trotz eines leichten Aufwärtsschubs der Langfristzinsen von sehr tiefen Ni- veaus bleiben die Finanzierungskonditionen weiter sehr günstig. Weil die Inflationsprognose für die Schweiz und die Eurozone tief ist, sehen die Notenbanken keinen Bedarf für baldige Zinserhöhungen. Anlagen: Trotz weiter gestiegenen Immobilienpreisen und sinkenden Neumieten bleibt das Rendite-Risikoprofil von Immobilienanlagen im anhaltenden Tiefzinsumfeld angesichts fehlen- der Alternativen attraktiv. Angebot Bautätigkeit: Die Projektpipeline wird immer dünner. Sowohl im Eigenheimmarkt wie auch im Mietwohnungsmarkt. Die Wohnungsproduktion liegt künftig tiefer als die Zusatznachfrage nach Wohnungen durch neue Haushalte. Leerstände: Die Leerwohnungsziffer ist 2021 erstmals seit 2008 wieder gesunken. Die Trend- wende bei den Leerständen ist damit, auch wenn aufgrund von Sondereffekten der Covid-Pandemie Unsicherheiten bestehen, etwas früher als von den meisten Beobachtern antizipiert geschafft. Preisausblick Eigentum: Trotz rekordhoher Preise dürfte das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht sein. Weiterhin spricht nichts für sinkende Eigenheimpreise. Das Angebot ist und bleibt knapp und die Nachfrage anhaltend hoch. Mieten: Auch wenn die Leerstände erstmals gesunken sind, das Niveau der Leerstände bleibt ausserhalb der beliebtesten Lagen nach wie vor hoch. Damit bleiben auch die Neumieten weiter unter Druck. Erst wenn der Leerwohnungsberg abgebaut wurde, wird sich der Druck auf die Mieten abschwächen. Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 6
Marktumfeld _______ Wirtschaftliche Rahmenbedingungen Die Schweizer Wirtschaft konnte sich nach dem Ende des zweiten „Lockdowns“ sehr schnell Richtung Vorkrisenniveau erholen. Das Erholungstempo hat zuletzt dafür aber auch sehr schnell wieder stark nach- gelassen. Dennoch suchen die Unternehmen weiterhin neue Arbeitskräfte, was auch die Zuwanderung auf einem hohen Niveau hält. Die Weltwirtschaft erholt sich weiterhin von der Pandemie. Konjunktur Da uns das Corona-Virus aber auch weiterhin begleitet und Schweizer BIP, in Mrd. CHF eine komplette Rücknahme der Einschränkungsmassnahmen 190 auf sich warten lässt, verzögert sich die Normalisierung in ei- Prognose nigen betroffenen Dienstleistungsbranchen. Darüber hinaus 185 ist der Aufhol- und Nachholschub nach den vorangegange- 180 nen «Lockdowns» mittlerweile überwiegend ausgelaufen. Damit schwenkt die Konjunktur wieder auf eine deutlich 175 langsamere Gangart ein. 170 Die Industrienachfrage bleibt währenddessen zwar solid. Das 165 dicke Auftragspolster kann jedoch, wegen der hartnäckigen 1q19 3q19 1q20 3q20 1q21 3q21 1q22 3q22 globalen Lieferengpässe, oft nicht so schnell abgearbeitet Quelle: SECO, Raiffeisen Economic Research werden. Notwendige Produktionsanpassungen und -kürzun- gen bremsen die weitere Expansion ab. Gut zwei Drittel der Arbeitsmarkt Geschäftskontakte der SNB berichten derzeit von einer er- schwerten Beschaffungssituation. Insgesamt dürfte die Schweizer Arbeitslosenrate in %, saisonbereinigt Schweizer Wirtschaft damit im dritten Quartal erst einmal 4.5 nicht weiter gross vom Fleck gekommen sein, nachdem das 4.0 BIP im zweiten Quartal mit einem kräftigen Quartalsplus von 3.5 1.8% fast wieder das Vorkrisenniveau erreicht hat. 3.0 2.5 Ungeachtet der schwächeren Wachstumsdynamik wollen 2.0 die Unternehmen ihre Belegschaft weiter ausweiten, insbe- 1.5 sondere im Gesundheitssektor und der Gastwirtschaft. Damit 1.0 ist ein weiterer kontinuierlicher Rückgang der Schweizer Ar- 01/08 01/10 01/12 01/14 01/16 01/18 01/20 beitslosigkeit angezeigt. Die Arbeitslosenquote dürfte sich Quelle: SECO, Raiffeisen Economic Research bereits im nächsten Jahr wieder dem niedrigen Vorkrisenni- veau annähern. Bevölkerung Die robuste Arbeitskräftenachfrage sorgt auch für eine an- haltend hohe Zuwanderung. Die Zahl der Zuzüger hat sich Veränderung ständige Wohnbevölkerung in Tsd. nur während der ersten Corona-Welle im letzten Frühjahr 140 130 Geburtenüberschuss Wanderungssaldo kurzzeitig stärker verringert. Da gleichzeitig die Auswande- 120 110 rung noch stärker zurückgegangen ist, u.a. wegen strikterer 100 90 80 Einreisebeschränkungen im Ausland, ist der Wanderungs- 70 60 saldo im letzten Jahr jedoch sogar angestiegen. Und die ver- 50 40 fügbaren Monatsdaten zur Ausländerstatistik lassen für die- 30 20 10 ses Jahr eine ähnlich hohe Nettozuwanderung von deutlich 0 über 50 Tsd. erwarten. Zusammen mit niedrigeren Corona- Todesfällen dürfte die Schweizer Bevölkerung 2021 wieder etwas stärker um rund 0.8% wachsen. Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 7
Marktumfeld _______ Hypothekarmarkt Die starken Preisanstiege haben die Zinserwartungen für die Notenbanken nach vorne verschoben. Die EZB sieht sich deshalb einer Zinsnormalisierung aber nicht viel näher. Damit ist auch in der Schweiz wei- terhin keine Zinserhöhung absehbar. Trotz eines leichten Aufwärtsschubs der Langfristzinsen von den sehr tiefen Niveaus, bleiben die Finanzierungskonditionen damit erst einmal weiter sehr günstig. Ein Ende der globalen Lieferengpässe ist bisher weiterhin Eurozone-Inflation nicht absehbar. Zwar gibt es bspw. Entspannung bei Konsumentenpreise, in % ggü. Vorjahr Holzprodukten. Der Chipmangel hält hingegen unvermin- 3.5 dert an. Zudem haben sich die Preise zahlreicher Rohstoffe Mittelfristiges im Zuge des Wiedereröffnungsschubs stark erhöht. Davon 3.0 Inflationsziel EZB-Prognose unabhängige Knappheiten bei Gas in Europa und Kohle in 2.5 2.0 China erhöhen den Preisdruck zusätzlich. Zwar dürften die 1.5 Güterpreise nach einem Einpendeln von Angebot und 1.0 Nachfrage schliesslich wieder nachgeben. Die wesentlich 0.5 länger als erwartet andauernden Engpässe ziehen jedoch 0.0 zwangsläufig stärkere Preisüberwälzungen an die Endver- braucher nach sich, allen voran in den USA. Das Durchschnittsinflationsziel der amerikanischen Noten- Quelle: Refinitiv, Raiffeisen Economic Research bank wird damit viel schneller als ursprünglich erwartet erreicht. Die Fed plant deshalb noch vor Jahresbeginn mit Hypothekarzinsen der geldpolitischen Normalisierung zu beginnen, indem Zinssätze für Neugeschäfte, in % sie erst einmal ihre Anleihekäufe reduziert. Richtung Ende 5.0 nächsten Jahres könnte dann eine erste Zinsanhebung fol- 4.0 gen. Die Zinserwartungen für die Notenbanken haben sich 3.0 mit den starken Preisanstiegen insgesamt nach vorne ver- 2.0 schoben und dabei den Kapitalmarktzinsen einen leichten 1.0 0.0 Schub verliehen, auch in der Schweiz. -1.0 Die Inflationssorgen sind bei der EZB und der SNB aller- 01/08 01/10 01/12 01/14 01/16 01/18 01/20 5-J.-Fest 10-J.-Fest dings weitaus weniger stark ausgeprägt als bei den US- Libor/SARON 10-J.-Eidgenossen SNB-Leitzins Kollegen, nicht zuletzt wegen der vergleichsweise mode- raten Lohndynamik. Die EZB geht mittelfristig unverändert Quelle: SNB, Raiffeisen Economic Research von einer Inflationsrate spürbar unter ihrem Inflationsziel von 2.0% aus. Damit sieht EZB-Präsidentin Christine Hypothekarvolumen Lagarde einen ersten Zinsschritt weiterhin weit entfernt. Wachstum in % ggü. Vorjahr Dies gilt genauso für die SNB, die zudem wegen des an- 7.0 haltenden Aufwertungsdrucks auf den Franken immer mal 6.0 wieder am Devisenmarkt interveniert. 5.0 Der Anstieg der Schweizer Langfristzinsen sollte somit erst 4.0 einmal weiter begrenzt bleiben. Und auch die langfristigen 3.0 Hypothekarzinsen dürften nach einem moderaten Anstieg 2.0 von den rekordtiefen Niveaus nicht nach oben ausbre- 1.0 chen. Die Finanzierungskonditionen bleiben über alle 0.0 Laufzeiten hinweg sehr günstig. Das Hypothekarwachs- 01/10 01/12 01/14 01/16 01/18 01/20 tum zeigt dabei zuletzt unverändert moderat nach oben. Quelle: SNB, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 8
Marktumfeld _______ Immobilienanlagen – Airbnb-Kurzzeitvermietung Die Kurzzeitvermietung von Wohnungen ist in Schweizer Städten spätestens seit Ausbruch der Coronapande- mie kein gutes Geschäft mehr. Ausserhalb der Zentren und der Agglomerationen bleibt Airbnb aber lukrativ. Dort ist die Auslastung der Unterkünfte gut, die Zimmerpreise sind hoch und gleichzeitig sind die Opportuni- tätskosten in Form der Langzeitvermietung tief. Airbnb-Anbieter in den Städten haben wegen des zusam- Anzahl verfügbare Airbnb-Unterkünfte mengebrochenen Städtetourismus besonders unter den Fol- Nach Gemeindetyp gen der Coronapandemie zu leiden. So finden sich in den fünf grössten Schweizer Städten Zürich, Basel, Bern, Genf 50’000 und Lausanne heute fast 40% weniger Airbnb-Unterkünfte 40’000 als vor der Pandemie. Auch in kleineren Städten haben viele 30’000 Gastgeber wegen ausbleibender Gäste die Wohnung vom 20’000 Markt genommen, das Minus beläuft sich hier auf 28%. Deutlich glimpflicher durch die Krise kamen Anbieter auf dem 10’000 Land und in touristischen Gemeinden. So inserieren in Tou- 0 rismusgemeinden nur 9% weniger Airbnb-Gastgeber als vor 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Grosszentren Zentren Urban Land Touristisch der Krise. Quelle: AirDNA, Raiffeisen Economic Research Steigende Auslastung in Tourismusregionen Mit dem Ausbruch der Pandemie hat sich die Auslastung der Anzahl Übernachtungen in Airbnb-Un- terkünften Airbnb-Unterkünfte deutlich reduziert. In der Periode von Ja- in Mio. pro Monat, nach Gemeindetyp nuar bis Ende September waren 2019, im Jahr vor der Pan- demie, 47% aller Airbnb-Betten belegt. 2020, als der Touris- 0.6 Grosszentren mus vor allem im ersten Halbjahr teilweise zum Erliegen kam, 0.5 Zentren nur noch 41%. Mit einer Auslastung von 45% hat sich die 0.4 0.3 Urban Belegung 2021 trotz weiterhin grassierender Pandemie be- 0.2 reits wieder deutlich erholt. Weil aber insgesamt weniger Un- 0.1 Land terkünfte angeboten wurden, resultiert trotz guter Auslas- 0 Jan 19 Jul 19 Jan 20 Jul 20 Jan 21 Jul 21 Touristisch tung ein Minus bei den Airbnb-Logiernächten von 18% im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019. Der Rückgang der Anzahl Quelle: AirDNA, Raiffeisen Economic Research Logiernächte hat fast vollständig die Grossstädte (-61%), die Anzahl Logiernächte in der klassischen übrigen Zentren (-40%) und die urbanen Gemeinden (-23%) Hotellerie getroffen. Ländliche (-3%) und touristische Gemeinden in Mio., von Januar bis September (-0.1%) beherbergten trotz weniger Unterkünften praktisch gleich viele Airbnb-Gäste wie im touristischen Rekordsom- 30 mer 2019. Die Bettenauslastung in den peripheren Lagen ist 25 damit als direkte Folge von Corona deutlich gestiegen. 20 15 Nicht vermehrt Langzeitaufenthalter 10 Anders als in vielen Ländern war in der Schweiz während der 5 Pandemie keine Erhöhung der Anzahl Übernachtungen pro 0 Aufenthalt in Airbnb-Unterkünften festzustellen. Weltweit Total 5 grösste Zermatt, St. hatte sich die Aufenthaltsdauer in Airbnb-Objekten während Schweizer Moritz, Luzern der Coronakrise um 58% erhöht. Erklärt wird dies mit einer Städte 2019 2020 2021 Zusatznachfrage durch das Bedürfnis nach Social Distancing und «Home»office, für welches im Ausland viele zuhause kei- Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research nen geeigneten Platz fanden. Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 9
Marktumfeld _______ In der Schweiz dürfte dieses Problem viel kleiner gewesen Bruttorendite Kurzzeitvermietung sein. Die Qualität der eigenen Wohnung ist hierzulande Nach Erwerb einer typischen Airbnb-Wohnung zu aktuel- sehr hoch, die Belegung im internationalen Vergleich tief len Marktpreisen, nach MS-Region und die Platzverhältnisse sind gut. Vielen stand ein Zimmer für Homeoffice im wahrsten Sinne des Wortes, also in den eigenen vier Wänden, zur Verfügung. Klassische Hotellerie litt deutlich stärker Schweizer Hotels waren zwischenzeitlich deutlich stärker von der Pandemie betroffen als Airbnb-Unterkünfte. Ein Phänomen, das auch in anderen Ländern zu beobachten war. Vor allem während der beiden Lockdowns litt die Ho- tellerie vergleichsweise besonders stark unter ausbleiben- den Gästen. Airbnbs dürften einerseits damit gepunktet ha- ben, dass in ihnen Social Distancing besser möglich war als Quelle: AirDNA, SRED, Raiffeisen Economic Research im Hotel und so die Hygienekonzepte weniger Einschrän- kungen zur Folge hatten. Andererseits boten die Wohnun- Relative Attraktivität Kurz- vs. Langzeit- gen dank Küche die volle Ausstattung, die in dieser Zeit zur vermietung Selbstversorgung nötig war. Diese Eigenschaften halfen Jährlicher Ertrag Kurzzeitvermietung (abzüglich Gebühren, dem Markt etwas glimpflicher davonzukommen als die Verwaltungs- und Reinigungsaufwand) sowie Bruttoertrag Langzeitmiete einer Wohnung mit einem Schlafzimmer klassische Hotellerie. 20’000 Attraktive Bruttorenditen in vielen Regionen 15’000 Im anhaltenden Negativzinsumfeld weckt die Aussicht auf at- traktive Renditen mit der Kurzzeitvermietung von Wohnun- 10’000 gen in vielen Regionen immer noch das Interesse von Inves- 5’000 toren mit renditehungrigem Kapital. In Gegenden mit noch vergleichsweise tiefem Immobilienpreisniveau und einer 0 gleichzeitig vorhandenen gewissen touristischen Qualität las- sen sich mit Kauf und anschliessender Kurzzeitvermietung von Wohnungen auf Airbnb, Bruttorenditen von teilweise Kurzzeitvermietung Langzeivermietung weit über 5% erzielen. Werte von denen man auf dem regu- lären Mietwohnungsmarkt heute nur noch träumen kann. Quelle: AirDNA, Meta-Sys, Raiffeisen Economic Research Im Mittelland lohnt sich Airbnb nicht mehr Überrendite Kurzzeitvermietung im Ver- Berücksichtigt man die Möglichkeit, dass eine Wohnung al- gleich zur Langzeitvermietung ternativ auch auf dem regulären Mietwohnungsmarkt an- Bruttorendite Kurzzeitvermietung abzüglich der Op- geboten werden kann und die Tatsache, dass mit der Ver- portunitätskosten der Langzeitvermietung sowie zu- waltung und Reinigung von Airbnb-Unterkünften ein er- sätzlichem Verwaltungs- und Reinigungsaufwand heblicher Zusatzaufwand einher geht, zeigt sich aber, dass sich Airbnb trotzdem längst nicht überall rechnet. In Regio- nen, in denen das Mietpreisniveau vergleichsweise hoch ist, kann mit klassischen Buy-to-let-Investitionen, bei welchen die Wohnungen langfristig auf dem klassischen Mietwoh- nungsmarkt an den Mann gebracht werden, mehr Geld ver- dient werden als mit einer Kurzzeitvermietung. Praktisch im gesamten Mittelland zieht man heute mit der Kurzzeitver- mietung gegenüber der Langzeitvermietung den Kürzeren. Im Alpenraum sowie am Jurabogen lässt sich mit Airbnb dagegen weiter eine interessante Mehrrendite erzielen. Quelle: AirDNA, Meta-Sys, SRED, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 10
Marktsegmente _______ Miete Im Coronajahr 2020 haben besonders viele Schweizer den Grossstädten den Rücken gekehrt. Nicht-städ- tische Gemeinden haben durch Homeoffice und Homeshopping relativ an Attraktivität gewonnen. Trotz- dem kann von einer echten Stadtflucht in der Schweiz keine Rede sein. Derweil geht mit der erstmals seit 2008 rückläufigen Leerstandsquote die sanfte Landung des Mietwohnungsmarktes in eine nächste Phase. Trotz grassierender Corona-Pandemie und den darauf- Agglomerationsgemeinden oder aufs Land optimieren folgenden Einschränkungen des Personenverkehrs und viele Schweizer angesichts der mittlerweile sehr hohen der wirtschaftlichen Aktivität ist der Wanderungssaldo Wohnkosten in den Städten finanziell ihre Wohnsitua- der Schweiz 2020 gegenüber dem Vorjahr von 43’400 tion. auf 53'800 Personen angestiegen. Zwar wanderten Relativer Attraktivitätsverlust 2020 weniger Ausländer zu (-5.4%), dieser Rückgang Covid-19 hat diesen anhaltenden Trend nun noch ak- wurde aber durch eine noch stärker rückläufige Aus- zentuiert. 2020 sind noch mehr Inländer aus den Gross- wanderung von Schweizern (-17.8%) und Ausländern städten abgewandert. Die meisten dieser Umzüge er- (-12.1%) per Saldo deutlich überkompensiert. folgten von der Grossstadt in eine umliegende Ge- Stadtflucht? meinde im gleichen Kanton. Eine solche Zunahme der Trotz zunehmendem Wanderungssaldo sind die grossen intrakantonalen Umzüge aus der Stadt ins angrenzende Schweizer Städte im Coronajahr kaum mehr gewach- Umland ist ein starkes Indiz dafür, dass die Menschen sen. Sie wiesen damit 2020 die schwächste Bevölke- ihre Wohnsituation überdenken und verändern. Tat- rungsdynamik aller Gemeindetypen auf. Einerseits liegt sächlich dürften die Städte während der Pandemie rela- das daran, dass sich die meisten zuziehenden Auslän- tiv gesehen weiter an Attraktivität eingebüsst haben. dern zunächst in den grossen Schweizer Städten nieder- Die wichtigsten Vorzüge der Stadt waren in der Pande- lassen. Die Zentren sind damit stets am stärksten von mie weniger relevant: Durch Homeoffice verlor die einem Rückgang der Einwanderung betroffen. Die rück- Nähe zum Arbeitsplatz an Bedeutung und durch ver- läufige Abwanderung vermochte einerseits die fehlende mehrtes Onlineshopping diejenige zu städtischen Ein- Zuwanderung nicht zu kompensieren. Andererseits kaufsgeschäften. Auch die Unterhaltungs- und Freizeit- wachsen die Schweizer Städte seit längerem ohnehin nur branche sowie die Gastronomie, mit der die Stadt nor- noch dank internationaler Zuwanderung, insbesondere malerweise auftrumpfen kann, verloren stark an Bedeu- gilt dies für die grössten fünf Schweizer Städte Zürich, tung. Gleichzeitig konnten nichtstädtische Gemeinden Bern, Basel, Genf und Lausanne. Binnenmigration ent- mit bezahlbaren, grösseren Wohnungen und der Nähe leert die Zentren zudem. Mit einem Umzug aus der Stadt zur Natur punkten. in vergleichsweise günstige, aber trotzdem attraktive Wanderungsbewegungen Wanderungssaldo Grosszentren Wanderungssaldo der nationalen und internationalen Wanderungssaldo in den fünf grössten Schweizer Städ- Umzüge nach Gemeindetyp ten Zürich, Basel, Bern, Genf und Lausanne 100’000 40’000 80’000 20’000 60’000 40’000 0 20’000 -20’000 0 internationaler Wanderungssaldo Grosszentren Zentren Urban Ländlich Touristisch interkantonaler Wanderungssaldo intrakantonaler Wanderungssaldo Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 11
Marktsegmente _______ Städte bleiben attraktiv Leerstände 2021 etwas gestiegen, wenn auch auf äusserst Trotz des offensichtlichen Attraktivitätsverlustes der tiefem Niveau. Insgesamt und quer durch alle anderen Ge- Städte und vermehrter Abwanderung von Inländern meindetypen sind die Leerstände gesunken. Auch abgese- kann aber nach wie vor höchstens von einer «Stadt- hen von diesen zentrifugalen Tendenzen förderte die Ana- flucht light» gesprochen werden. Die Bevölkerung in den lyse der diesjährigen Leerwohnungszählung spannende Städten nimmt nämlich immer noch leicht zu. Die ausge- und teilweise sogar überraschende Erkenntnisse zutage. lösten Anpassungsprozesse sind zwar signifikant, aber es Überraschender Rückgang der Leerwohnungen ist keineswegs so, dass die Wanderungsströme der Bevöl- Zunächst einmal - für viele unerwartet - sind die Leer- kerung im grossen Stil umgelenkt worden wären. Auch stände 2021 gesunken. Nachdem die Zahl leerer Woh- wenn die Städte relativ gesehen an Attraktivität verloren nungen zuvor jahrelang nur die andere Richtung kannte haben: Die Stadt bleibt nach wie vor ein äusserst attrakti- und teilweise steil nach oben gezeigt hat, ist sie 2021 ves Pflaster - Corona hin oder her. So ist der Wohnungs- erstmals seit 2008 zurückgegangen. Die Leerwoh- leerstand in den grossen Zentren nach wie vor extrem tief nungsziffer ist von 1.72% auf 1.54% überraschend und die Mieten bleiben enorm hoch. Der Hauptgrund, stark gesunken. Zwar hatte sich eine Entschleunigungs- weshalb die Städte nur noch langsam wachsen, ist und dynamik bei der Leerstandentwicklung schon länger ab- bleibt die Tatsache, dass sie gebaut sind und in ihrem In- gezeichnet. Insbesondere bei der Projektionstätigkeit neren nur noch vergleichsweise wenig neuer Wohnraum wurde in den letzten Jahren auf die Bremse getreten. geschaffen werden kann. Corona hat aber nun dazu ge- Fast 7'500 weniger Wohnungen stehen heute leer als führt, dass so manch rational kalkulierendem inländischem noch vor einem Jahr. Wohnsituation-Optimierer die Entscheidung, die nach wie Unbefriedigende Erklärungsversuche vor attraktive Stadt zu verlassen, etwas leichter gefallen Im Nachhinein haben alle Marktbeobachter händerin- sein dürfte. Es wird vielleicht nicht mehr um jeden Preis gend versucht, Erklärungen für ihre falschen Prognosen und in letzter Konsequenz um die begehrten Wohnungen zu finden. Wirklich fündig wurde dabei aber keiner. 2020 in den umkämpften grossstädtischen Wohnungsmärkten wurden zwar erstmals seit Jahren wieder etwas weniger gerungen. Hauptgrund für die nun durch Corona akzentu- Wohnungen produziert als neue Haushalte entstanden ierte «Stadtflucht light» bleibt damit paradoxerweise ihre sind. Der Wohnungsbestand legte um 54'902 zu, der Attraktivität, die sich in den hohen Mieten und Wohnungs- Haushaltsbestand um 56'084. Weil der Stichtag des preisen spiegelt. Haushaltsbestands der 31.12.2020 und derjenige für die Die geschilderten Entwicklungen der Wanderungsbewe- Leerwohnungsziffer der 01.06.2021 ist, müssten grös- gungen spiegeln sich auch eins-zu-eins in den im Septem- sere Änderungen in den ersten fünf Monaten des Jahres ber veröffentlichten neusten Zahlen zur Wohnungsleer- 2021 den Markt geprägt haben. Aber weder eine standentwicklung. Einzig in den Grosszentren sind die Anzahl Leerwohnungen nach Gemeinde- Leerwohnungsziffer Mietwohnungen typ 40’000 Anzahl leere Mietwohnung im Verhältnis zum Mietwohnungsbestand 30’000 20’000 10’000 0 Grosszentren Zentren Urban Land Touristisch Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 12
Marktsegmente _______ deutlich stärkere Zuwanderung noch anhaltende grös- wurden auch im letzten Quartal wieder weniger Baugesu- sere Einschränkungen auf dem Bau wurden beobachtet. che für Wohnungen, insbesondere für Mietwohnungen, Vielen blieb angesichts der Zahlen schlussendlich nur eingereicht als im Vorquartal. Die Wohnungsproduktion der Verweis, dass sich die Zusatznachfrage bis 1. Juni liegt damit künftig deutlich unter dem Wachstum der An- irgendwie aus dem Bevölkerungsbestand ergeben ha- zahl Haushalte. Insgesamt wurden von Juli 2020 bis Juli ben müsse. Mit harten Zahlen belegen lassen sich die 2021 Baugesuche für etwas mehr als 47'000 neue Woh- verschiedenen Hypothesen, jedoch bisher (noch) nicht. nungen registriert. Rechnet man künftig mit einer ähnli- Warum sich in Zeiten grosser Unsicherheit plötzlich der- chen Umbau- und Abbruchtätigkeit wie heute (vgl. Fokus art viel mehr Haushalte gebildet haben sollen als nor- Wohnungsbau), dann wächst der Wohnungsbestand malerweise, bleibt damit unklar. Eine mögliche Erklä- künftig jährlich noch um rund 50'000 Wohnungen. Bei rung ist, dass sich einige Haushalte in Folge verordne- dieser Zahl und bei gleichbleibendem Wachstum der An- tem Homeoffice einen Zweitwohnsitz ausserhalb der zahl Haushalte kann die nach wie vor sehr hohe Anzahl Stadt zugelegt haben. Aber auch zur Untermauerung leerer Wohnungen von über 71'000 künftig jährlich um dieser Theorie fehlt derzeit noch belastbares Zahlenma- rund 5’000 Wohnungen abgebaut werden. Die sich seit terial. längerem im Gang befindliche sanfte Landung des Miet- Trendwende eingeläutet wohnungsmarktes geht damit in die nächste Phase. Trotz gewisser Unsicherheitsfaktoren ist die Trend- Weitere Coronaeffekte sind sichtbar wende bei der Leerstandentwicklung aber eingeleitet Neben den eingangs beschriebenen zentrifugalen Kräften worden. Wir rechnen künftig mit sinkenden Leerstän- der Coronapandemie, die sich in einer gesteigerten Attrak- den, sofern sich die Zuwanderung auf dem bestehen- tivität von peripheren Wohnlagen manifestiert, kann eine den Niveau halten kann. Am Gesamtbild des Marktes weitere spannende Auswirkung der Krise auf den Schwei- ändert das aber wenig. Das Niveau der Leerstände zerischen Wohnungsmarkt in den Leerstandzahlen beo- bleibt absolut gesehen weiter eher hoch. Das gilt insbe- bachtet werden. Während die Leerstände bei grösseren sondere für den Mietwohnungsmarkt. Immer noch ste- Wohnungen mit 3 bis 5 Zimmern deutlich zurückgegangen hen fast 2.5% aller Mietwohnungen leer. Damit bleiben sind, stehen heute deutlich mehr 1-Zimmerwohnungen leer die Neumieten unter Druck. Die Trendwende beim Leer- als vor Jahresfrist. Auch die etwas grösseren 2-Zimmerwoh- stand wird bis auf weiteres zu keiner Trendwende bei nungen waren während der Pandemie nicht besonders ge- den Neumieten führen, im dritten Quartal 2021 sind fragt; von ihnen stehen etwa gleich viele leer wie vor einem diese denn auch weiter gesunken (-0.28%). Angesichts Jahr. Die Gründe dafür dürften in gesteigerten Platzansprü- sinkender Mieten und hoher Leerstände drosseln Pro- chen durch vermehrt zuhause verbrachte Zeit liegen. Ein zu- jektentwickler den Wohnungsneubau weiter. So sätzliches Zimmer, z. B. für ein Homeoffice hat in der Pan- demie deutlich an Wichtigkeit gewonnen. Leerwohnungsziffer nach Segment Leere Wohnungen nach Zimmerzahl Anzahl leerstehende Miet- bzw. Eigentumsobjekte im Anzahl leerstehende Wohnungen nach Zimmerzahl Verhältnis zum Miet- bzw. Eigentumsobjektbestand 25’000 3.0% 20’000 2.5% 15’000 2.0% 10’000 1.5% 5’000 1.0% 0 0.5% 0.0% 2017 2018 2019 2020 2021 1 Zimmer 2 Zimmer LWZ Miete LWZ Eigentum 3 Zimmer 4 Zimmer 5 Zimmer 6 und mehr Zimmer Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 13
Marktsegmente _______ Eigentum Die Preise für Wohneigentum haben im dritten Quartal einen Rekordanstieg verzeichnet. Insbesondere die Preise für EFH schnellten enorm in die Höhe. Doch trotz Rekordpreisen findet man in der Schweiz nach wie vor durchaus preiswerte EFH. Man muss jedoch ziemlich kompromissbereit sein, was die Lage anbelangt. Die Preise für Wohneigentum haben im dritten Quartal 2021 Weiterhin gibt es keinerlei Indizien, die auf eine Entspan- erneut dynamisch zugelegt. Stockwerkeigentum (STWE) kos- nung hindeuten. Entsprechend dürften die Eigentums- tete 2.0% mehr als vor drei Monaten. Einfamilienhäuser (EFH) preise, unbeeindruckt vom Erklimmen erneuter Rekord- wurden 4.4% teurer gehandelt als im Vorquartal und verzeich- marken, weiter steigen. neten damit den mit Abstand grössten Quartalsanstieg seit Und es gibt sie doch: bezahlbare EFH Lancierung des Raiffeisen Transaktionspreisindex im Jahr 2015. Das durchschnittlich gehandelte Einfamilienhaus kostet Alle Marktindikatoren zeugen von der Knappheit heute weit über einer Million. Doch es gibt in der Schweiz An den fundamentalen Gründen für die Preisdynamik hat durchaus auch Einfamilienhäuser für weniger Geld im Ange- sich nichts geändert. Die Nachfrage nach selbstgenutztem bot. Von den 5’630 Einfamilienhäusern, die Ende Septem- Wohneigentum bleibt hoch und das Angebot ist knapp. ber 2021 zum Verkauf standen, waren 53% für weniger als Nachfrageseitig sind weiterhin die tiefen Zinsen und die da- CHF 1 Mio. zu haben. Fast 30% aller inserierten EFH waren mit verbundenen günstigen Finanzierungskonditionen der sogar günstiger als CHF 750'000. Und 13% der EFH wurden Haupttreiber für die anhaltend hohe Nachfrage. Eigentum günstiger als 500'000 CHF angeboten. Das durchschnittli- bleibt auch nach den grossen Preisanstiegen die deutlich che auf Immobilienplattformen ausgeschriebene Haus hatte günstigere Wohnform als Mieten. Die tiefe Projektionstätig- ein Preisschild von CHF 1.08 Mio. Das mittlere durch Banken keit im Eigenheimmarkt hält auf der anderen Seite das An- finanzierte und damit auch tatsächlich verkaufte Objekt ging gebot knapp. Die Folgen dieser Marktkonstellation zeigen im vierten Quartal 2021 dagegen für CHF 1.24 Mio. über sich in allen am Markt beobachtbaren Kennzahlen: Die Leer- den Tresen. Der Unterschied liegt darin begründet, dass das stände im Eigenheimmarkt sind auf tiefem Niveau nochmals Gros der Häuser nicht da gehandelt wird, wo die günstigen gesunken. Von 0.59% im Jahr 2020 auf 0.49% in diesem Häuser verfügbar wären, sondern da, wo das Angebot be- Jahr. Die bis zum Verkauf benötige Vermarktungsdauer hält sonders knapp und die Nachfrage besonders gross ist, näm- sich auf äusserst tiefem Niveau. Mit einer mittleren Insertions- lich an den relativ guten Lagen. dauer von 62 Tagen werden vor allem EFH den Verkäufern Makrolage? derzeit förmlich aus den Händen gerissen. Noch nie war die- Die Attraktivität einer Gemeinde wird in der Immobilienan- ser Wert so tief wie heute. Auch STWE verkauft sich mit einer alyse als deren Makrolage bezeichnet. Diese Makrolage durchschnittlichen Insertionszeit von 71 äusserst schnell. wird von einer Vielzahl an Standortfaktoren einer Gemeinde Preise für selbstgenutztes Wohneigentum EFH für weniger als CHF 1 Mio. Raiffeisen Transaktionspreisindex, Anteil zum Verkauf ausgeschriebener EFH für weniger als 100 = 1. Quartal 2015 (1q15) CHF 1 Mio. 140 130 120 110 100 90 1q15 1q16 1q17 1q18 1q19 1q20 1q21 EFH STWE Quelle: SRED, Raiffeisen Economic Research Quelle: Meta-Sys, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 14
Marktsegmente _______ bestimmt. Die wichtigsten sind die Erreichbarkeit mit öffent- für ein Einfamilienhaus (Neubau, 5 Zimmer, eine Kubatur lichem und privatem Verkehr, der Steuerfuss und die im Ort von 750m³ und eine Grundstückfläche von 400m²) und eine vorhandene Infrastruktur. Aber auch Faktoren wie Seenähe Eigentumswohnung (Neubau, 4 Zimmer und 100m² Wohn- oder die Sonnenscheindauer fliessen in diese Makrolage ein. fläche) in Abhängigkeit von ihrer zeitlichen Distanz zum Kurzum hat die Makrolage den Anspruch, alle Entschei- nächsten grossen Zentrum geschätzt. Dabei wurde die je- dungskriterien, welche die Attraktivität einer Gemeinde für weils schnellstmöglich Verbindung, mit öffentlichem Ver- Bewohner bestimmen, abzubilden. Daraus ergibt sich ein kehr oder mit individuellem Privatverkehr, von einem Ob- umfassendes Standortrating einer Gemeinde. Trotz ihres tie- jektstandort ins nächste grosse Zentrum gewählt. In unten- fen Preises sind viele EFH an schlechten Makrolagen Laden- stehender Grafik ist der Zusammenhang beispielhaft für Ge- hüter. Sie werden häufig, ohne verkauft zu werden, wieder meinden im Einzugsgebiet der Stadt Zürich dargestellt. Die vom Netz genommen. Ergebnisse sind eindrücklich: Bei Einfamilienhäusern bezahlt Lage, Lage, Lage man, alle anderen Faktoren konstant gehalten, für einen um eine Minute kürzeren Pendelweg nach Zürich rund CHF Zwar sind die Immobilienpreise in den letzten Jahren quer 21'000 mehr. Bei der Eigentumswohnung kostet eine Mi- durchs ganze Land massiv gestiegen. Jedoch war die nute Zeit CHF 15'500. Preisdynamik in den attraktivsten und damit ohnehin schon teuren Gemeinden noch deutlich akzentuierter als in den e- Kompromisse ebnen den Weg ins Eigenheim her unattraktiven und somit günstigen Kommunen. In Ge- Auch nach Corona bleibt damit die Erreichbarkeit der Zen- meinden mit guter Makrolage sind die Preise seit 2015 um tren eine der gewichtigsten Determinanten des Immobilien- 32% gestiegen, in Gemeinden mit mittlerer Makrolage um preises. Homeoffice und Homeshopping haben an diesem 26% und in solchen mit schlechter Lage um 21%. (vgl. Ab- Zusammenhang bislang erst wenig geändert. Gut möglich, bildung unten). Trotz mittlerweile enorm hoher Preise in den dass sich künftig diesbezüglich aber noch grössere Anpas- attraktiven Gemeinden, scheinen Herr und Frau Schweizer sungsprozesse einstellen werden. Zumal die Eigenkapital- (noch) kaum bereit zu sein, auf etwas weniger attraktive Ge- und Tragbarkeitsanforderungen in den zentralen Lagen meinden auszuweichen und dafür einen grossen Batzen ein- mittlerweile nur noch für sehr vermögende oder einkom- zusparen. Nur äusserst selten scheinen die meisten Käufer mensstarke Haushalte erfüllbar sind. Normalverdiener müs- bereit, von der Idee eines Eigentumsobjektes in ihrer sen künftig jedenfalls vermehrt Kompromisse eingehen und Wunschgemeinde abzusehen. mit einem 20 Minuten längeren Pendelweg liessen sich rund Der Preis der Zeit um Zürich über CHF 400'000 einsparen. Vielleicht findet ei- ner der erwähnten Ladenhüter an den «schlechteren» Lagen Dabei liesse sich mit vermeintlich kleinen Abstrichen bei der ja bald doch noch einen Käufer, den die Realität eingeholt Makrolage beim Eigenheimkauf sehr viel Geld einsparen. hat. Wer dagegen zu keinen Kompromissen bereit ist, dem Wir haben dies beispielhaft für das anschauliche Kriterium bleibt auch künftig nur das Träumen vom eigenen Haus. Erreichbarkeit ausgerechnet. Dafür haben wir die Preise Transaktionspreis STWE nach Makrolage Preise nach Reisezeit nach Zürich Transaktionspreisindex für Stockwerkeigentum, 100 = 1. Transktionspreis in Abhängigkeit der Reisezeit nach Zürich, Quartal 2015 (1q15), nach Qualität der Lage der Gemeinde in Mio. CHF, schnellste Verbindung mit ÖV oder Auto 2.5 140 2 130 120 1.5 110 1 100 0.5 90 0 1q15 1q16 1q17 1q18 1q19 1q20 1q21 0-10 10-20 20-30 30-40 40-50 schlechte Makrolage Minuten Minuten Minuten Minuten Minuten mittlere Makrolage Einfamilienhaus gute Makrolage Stockwerkeigentum Quelle: SRED, Raiffeisen Economic Research Quelle: SRED, BFS, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 15
Marktsegmente _______ Büroflächen Unter den vielen durch Covid-19 beschleunigten Disruptionsprozessen gehört Homeoffice zu den wichtigs- ten. Vor allem grössere Firmen müssen sich mit den Chancen und Risiken verstärkter Telearbeit auseinan- dersetzen. Das Büro als Arbeitsort hat aber keinesfalls ausgedient. Den hybriden Arbeitsmodellen dürfte in klassischen Bürojobs die Zukunft gehören, was für den Büroflächenmarkt nicht folgenlos bleiben wird. Die komplette Auflösung der Grenzen zwischen Privatleben Die Anwesenheit am Arbeitsplatz nimmt zu und Arbeitsplatz gehört für unzählige Schweizer Angestellte Mittels Mobilitätsdaten von Google lässt sich die Anwesen- zu den prägendsten Coronaerfahrungen. Die Feststellung, heit der Schweizer Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz im dass die Trennung von Arbeitsinhalt und Arbeitsort in sehr Verlauf der Covid-Pandemie eindrücklich aufzeigen (siehe vielen Bürojobs relativ problemlos funktioniert hat, ist den untere Grafik). Zum Höhepunkt des ersten Lockdowns im betroffenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern natürlich Frühling 2020 sank die Mobilität am Arbeitsplatz schweiz- nicht entgangen. Während Büroangestellte auch nach über- weit auf bis zu 40% des Vorkrisenniveaus. Zwischen den standener Krise auf den Erhalt der dazugewonnenen Le- winterlichen Pandemieschüben stieg sie dann wieder auf bensqualität hoffen, haben Unternehmen Optimierungspo- über 80%. Im zweiten Coronawinter sank sie, auch durch tential bei alteingesessenen Konzepten erkannt. Die Krise die Homeoffice-Pflicht bedingt, wieder deutlich. Danach be- hat allerdings auch gezeigt, dass der Arbeitsplatz am Ar- gann sie wiederum relativ rasch zu steigen, bis sie sich vor beitsort durchaus seine Vorzüge hat. Der soziale Austausch und nach den Sommerferien auf 80 - 90% des Vorkrisenni- mit den Arbeitskollegen, ein einfacherer Informationsfluss veaus einpendelte. Der Drang zur Rückkehr an den Arbeits- oder die Infrastruktur sind einige Gründe, die für das Büro platz – ob freiwillig oder befohlen – war also auch nach län- sprechen. geren Phasen mit durchaus positiven Homeoffice-Erfahrun- Weiterhin viel Homeoffice in Bürobranchen gen relativ stark. Obwohl sehr viele Büroangestellte nach Die unten aufgeführten Umfragedaten zeugen davon, dass wie vor häufig zuhause arbeiten können, hat deren Anwe- sich vor allem in den klassischen Bürobranchen die Arbeits- senheit am Arbeitsplatz wieder deutlich zugenommen. Die welt nachhaltig verändert hat. Während beispielsweise im Mobilitätsdaten zeugen auch von deutlichen regionalen Un- Unterrichtswesen nach dem ersten Lockdown, mit ge- terschieden. Der aufgeführte Vergleich zwischen den Kan- schlossenen Bildungseinrichtungen, die meisten relativ tonen Thurgau und Zürich stellt dies exemplarisch dar. In Zü- schnell wieder am normalen Arbeitsplatz tätig waren, hat rich, mit einer etwa doppelt so hohen Bürobeschäftigungs- sich in typischen Bürobranchen der Anteil Heimarbeiter auf quote, liegen die täglichen Besuche am Arbeitsplatz nach sehr hohem Niveau eingependelt. Selbst in den relativ ent- wie vor knapp über 80%, während die Thurgauer diesen spannten Pandemiephasen gaben rund 70% der Befragten Sommer bereits wieder fast so oft am Arbeitsplatz waren aus der Finanzindustrie, Medienbranche oder IT an, zumin- wie vor dem Ausbruch des Coronavirus. dest teilweise weiterhin von zuhause aus zu arbeiten. Homeoffice nach Branchen Arbeitsplatzmobilität Anteile der Beschäftigten im Homeoffice, nach Bran- Anzahl Besuche an Arbeitsstätten, indexiert, chen und Pandemiephase 100 = Median 03. Januar – 6. Februar 2020 Konstruktion, Erziehung, Finanzen, Medien, Technik, 110 Baugewerbe Unterricht Recht Journalismus Informatik 100 100% 90 80% 80 60% 70 60 40% 50 20% 40 30 0% 01.03.2020 01.04.2020 01.05.2020 01.06.2020 01.07.2020 01.08.2020 01.09.2020 01.10.2020 01.11.2020 01.12.2020 01.01.2021 01.02.2021 01.03.2021 01.04.2021 01.05.2021 01.06.2021 01.07.2021 01.08.2021 01.09.2021 Mär 21 Jul 21 Mär 21 Jul 21 Mär 21 Jul 21 Mär 21 Jul 21 Mär 21 Jul 21 Apr 20 Apr 20 Apr 20 Apr 20 Apr 20 Okt 20 Okt 20 Okt 20 Okt 20 Okt 20 Nur im Homeoffice Teilweise im Homeoffice Kein Homeoffice Schweiz Zürich Thurgau Quelle: SRG, sotomo, Raiffeisen Economic Research Quelle: Google, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 16
Marktsegmente _______ Grosse Firmen sind stärker betroffen neuen Arbeitsplatzkonzepte beschäftigt. Obwohl mittel- Auch mehr als eineinhalb Jahre nach Ausbruch der Pande- fristig mit einer Erhöhung der Flächen für physische Begeg- mie erfreut sich Heimarbeit noch immer sehr grosser nungen und den sozialen Austausch gerechnet werden Beliebtheit. So wollen SRG Umfragen zufolge aktuell rund kann, werden diese die Einsparmöglichkeiten mittels inten- 87% der von Homeoffice betroffenen Arbeitnehmer dies siverer Arbeitsplatzkonzepte, wie z.B Hotdesking oder auch in Zukunft weiterführen. Dabei gibt es einen deutli- Desksharing, nicht kompensieren können. Es muss daher chen Zusammenhang zwischen der Grösse des Unterneh- vor allem bei grösseren Arbeitgebern mittelfristig mit einer mensstandortes und der Homeoffice-Präferenzen. Unten wesentlichen Reduktion der benötigten Fläche pro Mitar- aufgeführte Umfrageergebnisse zeigen, dass sich bei- beiter gerechnet werden. spielsweise in der Immobilienbranche mit der Grösse des Sinkende Nachfrage, steigende Leerstände Unternehmensstandort das Bedürfnis nach breitem und Dieser zu erwartenden Nachfragereduktion steht ein deut- regelmässigem Homeoffice deutlich verstärkt. Aber nicht licher Beschäftigungszuwachs in klassischen Bürotätigkei- nur die Präferenzen sind in grösseren Firmen auf allen Ka- ten gegenüber. So hat die Zahl der Beschäftigten in typi- derstufen deutlich stärker ausgeprägt, auch die Möglich- schen Bürobranchen in den letzten 10 Jahren jährlich um keiten und Anreize begünstigen die Fortführung der Heim- etwa 1.7% zugenommen. Selbst in der Pandemie ist diese, arbeit. Die bereits bestehende Infrastruktur und Kultur des mit einem nur leichten Rückschlag 2020, weitergestiegen. dezentralen Zusammenarbeitens sowie grössere finanzi- Zudem steigen auch in anderen Branchen im Rahmen der elle Mittel erklären den relativ problemlosen Umgang grös- Digitalisierung und Tertiarisierung der Anteil der Bürobe- serer Unternehmen mit der neuen Arbeitswelt. Zudem sind schäftigten deutlich an. Obwohl der Zuwachs neuer Büro- gerade in grösseren Büros, auch bei hohen Schwankungen arbeiter beachtlich ist, wird auch dieser kaum die Einspar- der tatsächlichen Anwesenheiten, mit den richtigen Kon- möglichkeiten der grösseren Büromieter auffangen kön- zepten deutliche Effizienzgewinne möglich. Zwar dürfte nen. Um beispielsweise eine 10% Senkung der Flächen- künftig auch in kleineren Firmen deutlich häufiger dezent- nachfrage pro Mitarbeiter in klassischen Bürobranchen ral gearbeitet werden, grössere Umbrüche am Büroflä- kompensieren zu können, müsste die Beschäftigung fast 7 chenmarkt sind aber hauptsächlich Seitens der grossen Jahre im gleichen Tempo weitersteigen. Mittelfristig muss Abnehmer von Büroflächen zu erwarten. daher mit einer stagnierenden bis sinkenden Nachfrage Hybride Arbeitsmodelle reduzieren Flächenbedarf nach Büroflächen gerechnet werden. In Kombination mit Bei Arbeitnehmern und Arbeitgebern haben sich in den letz- den ohnehin schon hohen Büroleerständen dürfte sich die ten Monaten deutliche Präferenzen für hybride Arbeitsmo- Situation für Vermieter solcher Flächen somit weiter er- delle gebildet. Daher wird es auch künftig eine Nachfrage schweren. Vor allem ausserhalb der besten Lagen werden nach attraktiven, den neuen Bedingungen entsprechenden neue Nutzungskonzepte, wie die Vermietung grösserer Büroflächen geben. Momentan zeigen sich die Büromieter Flächen an mehrere Mieter oder gar die Umnutzung alter noch sehr zurückhaltend und sind mit der Auslotung ihrer Bürogebäude zu Wohnraum, an Bedeutung gewinnen. Homeoffice und Unternehmensgrösse Entwicklung der Beschäftigung Längerfristige Homeoffice-Präferenzen in der Immobili- Entwicklung der Anzahl Beschäftigten in bestimmten enbranche, nach Grösse des Firmenstandortes Branchen, indexiert, 1992 = 100 2% 2% 225 100% 2% 4% 7% 7% 3% 20% 7% 24% 200 80% 18% 15% 19% 10% 16% 175 10% 60% 9% 16% 32% 150 33% 49% 125 40% 49% 4% 36% 100 20% 33% 21% 75 10% 15% 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 8% 4% 0% 5% 5% 2% 4% 1% Bis 5 6-10 11- 25 26-50 Mehr als 50 Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter Mitarbeiter Typische Bürotätigkeiten Industrie kann nicht möchte nicht sporadisch 1 Tag HO Sonstige Dienstleistungen Erziehung und Unterricht 1.5-2 Tage 2.5-3 Tage 3.5-4 Tage Immer Gesundheits- und Sozialwesen Quelle: SVIT, zimraum, Raiffeisen Economic Research Quelle: BFS, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 17
Fokus _______ Herausforderungen im Wohnungsbau Boomt der Immobilienmarkt, floriert meist auch das Baugewerbe. Trotz voller Auftragsbücher sind die Margen aber tief und die Baupreise stagnieren - mit Ausnahme der Baustoffpreisexplosionen der letzten Monate. Aber auch sich verstärkende Verdichtungstendenzen und Sättigungserscheinungen am Mietwoh- nungsmarkt konfrontieren das Baugewerbe mit Herausforderungen. Das Baugewerbe ist eine gewichtige Schweizer Branche Einfluss auf den Geschäftsgang im Baugewerbe aus. Denn mit einer grossen volkswirtschaftlichen Bedeutung. So ar- wenn auf dem Markt Liegenschaften knapp sind, steigt beiten mit knapp 360'000 Beschäftigten fast 7% aller der Anreiz für die Produktion neuer Objekte. Dieser Zusam- Schweizer Arbeitnehmer in diesem extrem heterogenen menhang lässt sich eindrücklich anhand der unten links Wirtschaftszweig. Zusammen tragen die vielfach kleinen stehenden Grafik aufzeigen. In den letzten 30 Jahren ha- rund 48’000 Firmen zu etwa 5% der eidgenössischen ben sich die Immobilienpreise praktisch parallel zur Ent- Wirtschaftsleistung bei. Diese bereits eindrücklichen Zah- wicklung der Bauausgaben entwickelt. So sind die Preis- len beinhalten aber nur die direkt zur Bauwirtschaft gehö- rückgänge im Nachgang der Immobilienkrise der 1990er renden Unternehmen. Viele andere Branchen sind in der Jahre mit sinkenden Bauausgaben einhergegangen. Erst Wertschöpfungskette mit der Bauindustrie eng verbun- als sich vor der Jahrtausendwende die Preise langsam wie- den. Zu nennen wären Architekten, Ingenieure, Baustoff- der erholten und die Rekordleerstände langsam schmol- zulieferer oder Hersteller von Baumaschinen. Zu den am zen, erfuhren auch die Bauausgaben wieder einen Anstieg. stärksten mit dem Baugewerbe verflochtenen Wirtschafts- Dieser Anstieg hat bis zum Ende des letzten Jahrzehnts an- zweigen gehört natürlich auch die Immobilienbranche, gehalten. Mittlerweile hat er sich jedoch etwas verlang- und damit indirekt die Finanzindustrie. Marktverschiebun- samt. gen im Immobilienwesen wirken sich zwangsläufig auf das Grosse Bedeutung des Wohnungsbaus Geschäft des Baugewerbes aus – und umgekehrt. Wie für die Immobilienwirtschaft, spielt auch für das Bau- Bau- und Immobilienwesen sind eng verbunden wesen die Bereitstellung von Wohnraum eine grosse Rolle. Der Schweizer Immobilienmarkt boomt nun bereits seit ge- Die Aufschlüsselung der Bauausgaben nach Hoch- und raumer Zeit. Im durch die tiefen Zinsen getriebenen Anla- Tiefbauarbeiten verrät, dass in den letzten Jahren zwischen genotstand sind Immobilien, ob selbstgenutzt oder ver- 75% und 80% aller Investitionen im Neubau, Umbau und mietet, gefragte, knappe Güter. Die Preise von Eigenhei- Unterhalt von Gebäuden getätigt wurde. Ein sehr grosser men und Renditeobjekten kennen daher seit der Jahrtau- Teil dieses Geld ist dabei in Wohnliegenschaften geflossen. sendwende eigentlich nur die Richtung nach oben. Dieser Die Umsätze im Hochbau zeigen, dass in den letzten Jah- florierende Immobilienmarkt übt dabei einen erheblichen ren über 60% der Bauaktivität auf den Wohnungsbau, Immobilienpreise und Bauausgaben Bautätigkeit nach Segmenten Bauausgaben in Mrd. CHF zu laufenden Preisen und Ei- Umsätze im Hochbau nach Segment, jeweils April bis genheimpreise, indexiert (1990 = 100) Juni, in Mrd. CHF 70 150 2.5 60 120 50 2 40 90 30 1.5 60 20 30 1 10 0 0 0.5 0 Bauausgaben Umbau, Erweiterung, Abbruch 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 Bauausgaben Neubau Wohnungsbau Übriger Hochbau Öffentlicher Hochbau Preise Wohneigentum (r.S.) Quelle: BFS, Wüest Partner, Raiffeisen Economic Research Quelle: SBV, Raiffeisen Economic Research Immobilien Schweiz | 4. Q 2021 | S. 18
Sie können auch lesen