In der Pillen-Falle Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen
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Artikel zu: Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen: In der Pillen-Falle - Gesundheit | STERN.DE 3/7/10 5:16 PM http://www.stern.de/kopfschmerz/ Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen: In der Pillen-Falle Wer zu oft Tabletten gegen Kopfschmerzen schluckt, kann genau deswegen noch mehr Schmerzen bekommen. Das klingt paradox - ist aber traurigerweise wahr. Immer mehr Menschen geraten so in einen Teufelskreis: Sie werden abhängig von den Medikamenten. Wenn der Schädel brummt, greifen viele Betroffene erst einmal zur Selbsthilfe. Es gibt ja genug Mittel aus der Apotheke. Das ist in Ordnung. Doch etwa ein Prozent der Deutschen nimmt täglich Tabletten gegen den Schmerz, teilweise bis zu zehn Stück. Dann wird es gefährlich. "Geschieht das regelmäßig über einen längeren Zeitraum", sagt Hartmut Göbel, Schmerzexperte aus Kiel, "besteht die Gefahr, dass die Kopfschmerzen durch den Arzneimittel- Tabletten: Wo liegt die Grenze zwischen gut und gefährlich? Missbrauch verstärkt werden. Im schlimmsten Fall entstehen © Philipp Gülland chronische Dauerkopfschmerzen." Wie viele Pillen sind noch in Ordnung? Die meisten Fachleute meinen: Wer in einem Monat an zehn Tagen oder mehr durchgängig Schmerzmittel einnimmt, ist in Gefahr. Und zwar unabhängig von der verwendeten Anzahl der Tabletten oder deren Dosierung. Dann können sich Kopfschmerzen entwickeln, deren Ursache die Medikamente selbst sind: so genannte Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen oder Medikamenten-induzierte Kopfschmerzen. In Prinzip kann jedes Schmerzmittel Kopfschmerzen verursachen, wenn Sie es zu häufig einnehmen. Noch bedenklicher wird es, wenn Sie gleichzeitig noch andere Medikamente verwenden, die auf die Nervenzellen des Gehirns einwirken, wie zum Beispiel Beruhigungsmittel oder Schlaftabletten. Wie bei einer Sucht gewöhnt sich das Gehirn an die Substanz Durch Arzneimittel verursachte Kopfschmerzen entstehen, weil zwei Faktoren fatal zusammen wirken: die permanente Angst der Betroffenen vor der nächsten Schmerzattacke und die biologischen Veränderungen in jenem Teil des Nervensystems, der Schmerzreize verarbeitet. Setzen die Gequälten die Schmerzmittel ab, stellt sich Kopfschmerz ein. Schnell nehmen sie erneut Medikamente, aus Angst vor der Pein. Gleichzeitig wirken die Präparate immer schlechter, weil sich die körpereigenen Schmerzregler schon auf die chemischen Substanzen eingestellt http://www.stern.de/kopfschmerz/erkrankungen/schmerz…-kopfschmerzen-in-der-pillen-falle-597815-print.html Page 1 of 8
Artikel zu: Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen: In der Pillen-Falle - Gesundheit | STERN.DE 3/7/10 5:16 PM weil sich die körpereigenen Schmerzregler schon auf die chemischen Substanzen eingestellt haben. Die Folge: Die Betroffenen erhöhen die Dosis - aber auch daran gewöhnt sich der Körper. Dieses Phänomen ist von Medikamenten-Abhängigen und Drogensüchtigen hinlänglich bekannt. Entzug ist der einzig verbleibende Ausweg Es gibt nur einen Ausweg, der Aussicht auf Erfolg hat: der Entzug. Sie sollten die Schmerzmittel radikal absetzen und eine Pause von zwei bis acht Wochen durchstehen. Das können Sie sowohl ambulant als auch in einer Klinik machen. Weil Sie unter massiven Entzugserscheinungen leiden könnten, empfehlen Experten, unter ärztlicher Aufsicht zu pausieren. Wenn Sie den Entzug zu Hause machen, dann sollten sie sich von spezialisierten Schmerz-Therapeuten beraten lassen. Oder Sie suchen eine spezialisierte Kopfschmerz-Klinik auf. Zu den Entzugserscheinungen zählen unter anderen starke Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Fieber, Schwindelgefühle, Herzrasen und Halluzinationen. Symptome Es ist schwierig, einen Kopfschmerz, der durch Schmerzmittel verursacht wird, von dem ursprünglich vorhandenen Kopfchmerz zu unterscheiden: Die Symptome sind relativ ähnlich. Zudem wechseln Kopfschmerzen, die durch Medikamente entstehen, oft zwischen dem Symptombild der Migräne und dem des Spannungs-Kopfschmerzes hin und her. Auch Mischformen sind möglich. Es schmerzt kontinuierlich stärker und häufiger, bis ein täglicher Dauerkopfschmerz entsteht. Qual vom Aufstehen bis zum Schlafengehen Ob Sie schon einen Schmerzmittel-induzierten Kopfschmerz haben oder noch einen natürlich bedingten, lasst sich häufig schlecht auseinanderhalten. Haben Sie schon jahrelang regelmäßig hohe Dosen Schmerzmittel eingenommen, haben Sie ein hohes Risiko, dass Ihre Kopfschmerzen von den Medikamenten herrühren. Etwa 80 Prozent der Betroffenen entwickeln nach mehreren Jahren einen täglichen Dauerkopfschmerz, der sie vom Aufwachen bis zum Schlafengehen begleitet. In vielen Fällen führt der Medikamentenmissbrauch zusätzlich zu Magenproblemen, Blutarmut sowie Nieren- oder Nervenschäden. Fachleute können solche Patienten, die Schmerzmittel seit Jahren missbrauchen, deshalb oft schnell erkennen: Die Menschen sehen häufig bleich aus, ihr Gesicht wirkt fahl, graue Augenränder verstärken den Eindruck. Die Lippen erscheinen blass, die Haut welk. Für eine sichere Diagnose reicht dieses äußere Erscheinungsbild aber keinesfalls aus. Diagnose Grundsätzlich kann jedes Mittel gegen Kopfschmerzen selbst Kopfschmerzen auslösen - wenn es zu oft eingenommen wird. Sogar gängige Substanzen wie Acetyl-Salicyl-Säure (ASS), besser bekannt als Aspirin, oder Paracetamol sind davon nicht ausgenommen. Ob ein Medikamenten-bedingter Kopfschmerz vorliegt, können Sie mit Sicherheit nur feststellen, indem sie die Arzneistoffe absetzen: über mindestens zwei Wochen, besser sind acht Wochen. http://www.stern.de/kopfschmerz/erkrankungen/schmerz…-kopfschmerzen-in-der-pillen-falle-597815-print.html Page 2 of 8
Artikel zu: Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen: In der Pillen-Falle - Gesundheit | STERN.DE 3/7/10 5:16 PM indem sie die Arzneistoffe absetzen: über mindestens zwei Wochen, besser sind acht Wochen. Leiden Sie anschließend weniger unter Kopfschmerzen oder unter Ihrem früher üblichen Schmerz- Muster, dann hat es sich um einen Schmerzmittel-Kopfschmerz gehandelt. Wenn Sie noch keine Pause gewagt haben, überprüfen Sie, wie lange und regelmäßig Sie solche Arzneien schon nehmen. Fachleute sehen die Grenze bei zehn Tagen oder mehr pro Monat, unabhängig von der verwendeten Dosis. Besondere Gefahr lauert bei Kombinationspräparaten. Sie enthalten gleich mehrere Wirkstoffe auf einmal, häufig auch Koffein. Studien der neurologischen Universitätsklinik Kiel belegen, dass gerade solche Tabletten für die größte Anzahl der Fälle von Medikamenten-bedingten Dauerkopfschmerzen verantwortlich sind. Analysieren Sie Ihre Symptome genau Spannungs-Kopfschmerzen und Migräne fühlen sich ein wenig anders an als der Kopfschmerz, der durch Medikamente entsteht. Checken Sie Ihre Symptome anhand der nachfolgenden Listen - vielleicht kommen Sie dem Übel ja auf die Spur. Spannungskopfschmerz hat folgende Charakteristiken: Er kann auftreten am ganzen Kopf, am Hinterkopf, an der Scheitelregion und der Stirn, er kann mehrere Stunden bis zu einem Tag lang andauern, er tritt gelegentlich bis täglich auf, die Beschwerden sind leicht bis mittel stark, er fühlt sich dumpf und drückend an, es gibt kaum Begleiterscheinungen wie Übelkeit, ausgelöst wird er zunächst durch Stress oder Wetterwechsel, wenn er chronisch ist, stellt er sich auch ohne Auslöser ein. Migräne hat diese Merkmale: Sie tritt überwiegend einseitig auf, dauert 4 bis 72 Stunden an, tritt etwa ein bis sechs Mal pro Monat auf, sie fühlt sich pulsierend, hämmernd, pochend an, sie ist häufig verbunden mit Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit, Alkohol, Stress und Hormonschwankungen lösen sie aus, auch Wochenenden sind beliebte Auslöser, den Migräneanfall lindern Ruhe und Dunkelheit. Kopfschmerz, der durch Medikamente entsteht, hat diese Kennzeichen: Er betrifft den ganzen Kopf, ist meist beidseitig, wenn er einseitig auftritt, wechselt er ab und an die Seite, die Beschwerden treten mindestens einige Stunden am Tag auf. Ganze 80 Prozent der http://www.stern.de/kopfschmerz/erkrankungen/schmerz…-kopfschmerzen-in-der-pillen-falle-597815-print.html Page 3 of 8
Artikel zu: Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen: In der Pillen-Falle - Gesundheit | STERN.DE 3/7/10 5:16 PM Betroffenen haben den Kopfschmerz als ständigen Begleiter - vom Aufstehehn bis zum Schlafengehen. Über die Hälfte leidet an einem dumpf-drückenden Kopfschmerz. Bei den Restlichen hat der Schmerz einen pulsierenden Charakter oder eine Mischform aus beiden Symptomen. Auch Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit sind dabei möglich. Zudem werden häufig Begleiterscheinungen wie Schwindel, Konzentrationsstörungen, Vergesslichkeit oder Müdigkeit beschrieben. Der Schmerz imitiert anfänglich den zugrunde liegenden Kopfschmerz, zum Beispiel die Migräne. Therapie Um den Kopfschmerz loszuwerden, müssen Sie aufhören, Schmerzmittel einzunehmen. Es nützt nichts, nur die Dosis zu verringern oder die Medikamente seltener zu schlucken. Nur eine absolute Pause hilft. Sie sollte je nach Schweregrad der Abhängigkeit zwischen zwei und acht Wochen lang sein. Den Entzug können Sie zu Hause machen, mit Hilfe eines niedergelassenen Schmerz- Therapeuten, in Schmerzambulanzen in Krankenhäusern oder in spezialisierten Kliniken. Die Ärztin, die Sie behandelt, wird Sie zunächst über Ihre Abhängigkeit und über die Schwierigkeiten beim Entzug aufklären. Bereits am ersten Tag Ihrer Therapie müssen Sie sämtliche Medikamente gegen Ihre Kopfschmerzen absetzen. Die Folge: Kopfschmerzen. Weitere Entzugs-Symptome können sein: Übelkeit und Erbrechen, Schwindelgefühle, Fieber, Angstzustände, Beklemmungen, Herz- oder Pulsrasen, Halluzinationen. Am dritten und vierten Tag werden Ihre die Beschwerden wahrscheinlich den Höhepunkt erreicht haben, anschließend klingen sie allmählich ab. Die Qualen des Entzugs lassen sich durch spezielle Medikamente lindern: Dies sind leichte Neuroleptika, die Ärzte herkömmlicherweise gegen psychische Störungen verabreichen. Möglicherweise nützt Ihnen auch eine begleitende Verhaltenstherapie, sie kann die Behandlung unterstützen. Sollten Sie zuvor auch Beruhigungsmittel verwendet haben, müssen auch diese Pharmaka über einige Wochen hinweg langsam reduziert und schließlich ganz abgesetzt werden. Wichtig ist, dass Sie diese Substanzen nicht plötzlich weglassen. Sonst drohen Ihnen möglicherweise ein so genanntes Medikamenten-Delirium und epileptische Anfälle. Eines Morgens sind die Kopfschmerzen weg Nach ein bis zwei Wochen geht es den meisten Betroffenen besser: Eines Morgens erwachen sie fassungslos, weil sie die Folter im Kopf zum ersten Mal seit langer Zeit nicht mehr spüren. Wie lange Sie entziehen müssen, hängt von der Schwere des Falls ab. Die Therapie kann zwischen fünf Tagen und einem Monat dauern. http://www.stern.de/kopfschmerz/erkrankungen/schmerz…-kopfschmerzen-in-der-pillen-falle-597815-print.html Page 4 of 8
Artikel zu: Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen: In der Pillen-Falle - Gesundheit | STERN.DE 3/7/10 5:16 PM fünf Tagen und einem Monat dauern. Nach dem Entzug sind zwar die andauernden Qualen verschwunden, doch das Problem ist dadurch nur halb gelöst. Denn das ursprüngliche Leiden bleibt meist weiterhin bestehen. Damit der Teufelskreis der Abhängigkeit nicht erneut beginnt, sollten Sie mit vorbeugenden Maßnahmen gegen Ihre zugrunde liegenden Kopfschmerzen beginnen. Nach dem Entzug geht die Therapie weiter Nach der Entgiftung kann die Ärztin herausfinden, unter welcher Art von Kopfschmerzen Sie ursprünglich gelitten haben und Sie entsprechend behandeln. Vorbeugende Maßnahmen, die ohne Medikamente auskommen, sollten dabei Vorrang haben. Dazu zählen: eine gesunde Lebensführung, Sport, Biofeedback-Verfahren, Stressbewältigungstrainings oder Entspannungstechniken. Bei Migräne kann auch eine medikamentöse Prophylaxe, zum Beispiel mit Betablockern wie Propranolol oder Metoprolol, sinnvoll sein. Falls Sie weiterhin Schmerzmittel nehmen müssen, sollten Sie darauf achten, die Medikamente höchstens an zehn Tagen im Monat einzunehmen. Tipps Wenn Sie vermeiden wollen, dass Sie medikamenten-induzierte Kopfschmerzen bekommen, denken Sie daran, dass Vorbeugen immer am besten ist: Oft lassen sich die Symptome durch genügend Schlaf- und Erholungsphasen sowie durch regelmäßige Bewegung deutlich verringern. Greifen Sie nur in Ausnahmefällen zu Schmerzmitteln. Versuchen Sie es zuerst mit anderen Methoden wie Massagen mit Pfefferminzöl oder Entspannungs-Übungen. Mittel gegen Migräne und andere Kopfschmerzen sollten Sie höchstens zehn Tage im Monat anwenden. Verwenden Sie möglichst Medikamente, die nur einen einzigen Wirkstoff enthalten. Vor allem von Kombipräparaten, die Koffein enthalten, ist abzuraten. Tragen Sie nicht ständig Kopfschmerz-Tabletten bei sich. Sind die Pillen stets erreichbar, ist die Gefahr groß, nach der Packung zu greifen ohne lange nachzudenken. Testen Sie, ob Sie vielleicht einfach bestimmte Lebensmittel vermeiden sollten, um erst gar keine Kopfschmerzen zu bekommen, die Medikamente nötig machen könnten. In seltenen Fällen können nämlich auch Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten Kopfschmerzen auslösen. Checken Sie systematisch, ob Ihnen folgendes bekommt: Tee, Kaffee, Alkohol, Kuhmilch, Tomaten, http://www.stern.de/kopfschmerz/erkrankungen/schmerz…-kopfschmerzen-in-der-pillen-falle-597815-print.html Page 5 of 8
Artikel zu: Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen: In der Pillen-Falle - Gesundheit | STERN.DE 3/7/10 5:16 PM Käse, Eier, Fisch, Räucherfleisch, Sojaprodukte, Schokolade, Weizenmehl, Fritiertes, Zimt, Muskatnüsse, Geschmacksverstärker, Süß-, Farb- oder Konservierungsstoffe. Falls Sie unter Migräne leiden und Spannungskopfschmerzen verspüren, muss das nicht zwangsläufig ein Anzeichen für eine Migräneattacke sein. Probieren Sie zunächst, die Sache ohne Medikament - und mit Hausmitteln - zu überstehen. Suchen Sie einen Arzt auf, wenn Sie häufig unter Kopfschmerzen leiden. Eine Selbstmedikation über einen längeren Zeitraum ist riskant. Seien Sie nicht enttäuscht, wenn die ärztliche Behandlung nicht sofort zum Erfolg führt. Die Therapie ist eine komplexe Angelegenheit, weil Kopfschmerzen durch viele verschiedene Faktoren entstehen können. Ihre Ärztin muss die Therapie individuell an Sie anpassen. Selbst eine Spezialistin braucht dafür unter Umständen ein paar Wochen. Haben Sie den Verdacht, Ihre Kopfschmerzen seien schon auf Medikamente zurückzuführen, notieren Sie, was, wie viel und wann Sie etwas einnehmen. Das hilft Ihnen, zu erkennen, ob Sie gefährdet sind. Wenn das Problem schon da ist Möglicherweise sind Sie bereits gefährdet oder gar abhängig. Dann sollten Sie sich folgendes klarmachen: Ihre Kopfschmerzen werden Sie nur los, wenn Sie die Schmerzmittel absetzen. Das ist der einzige Weg. Wenn Sie weiterhin Schmerzmittel nehmen, können Sie nicht behandelt werden. Es wird nie besser werden. Sollten Sie eine Medikamenten-Pause planen, lassen Sie sich von einem Arzt helfen. Allerdings bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen keine ausführliche Beratung zum Thema Schmerzmittel- Kopfschmerz. Daher wird es beim Hausarzt vielleicht schwierig werden. Sie können Ihrem Arzt helfen, indem Sie vor der Schmerzmittelpause einen Kopfschmerz- Kalender ausfüllen. Dort notieren Sie, wie oft und in welcher Dosis Sie Schmerzmittel einnehmen - sowohl freiverkäufliche als auch rezeptpflichtige. Sollten Sie Medikamente mit Substanzen einnehmen, die dem Morphin ähneln, weisen Sie Ihren Arzt darauf hin. Im Gegensatz zu allen anderen Schmerzmitteln dürfen diese nicht abrupt abgesetzt werden, sondern nur allmählich. http://www.stern.de/kopfschmerz/erkrankungen/schmerz…-kopfschmerzen-in-der-pillen-falle-597815-print.html Page 6 of 8
Artikel zu: Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen: In der Pillen-Falle - Gesundheit | STERN.DE 3/7/10 5:16 PM abgesetzt werden, sondern nur allmählich. Machen Sie den Entzug unter Aufsicht Lassen Sie sich während der Medikamenten-Pause von einem Experten begleiten. Das kann eine Schmerz-Therapeutin sein, aber auch ein Spezialist einer Schmerzambulanz. Sie können auch in eine Klinik gehen. Ein Entzug dauert zwischen fünf und 14 Tagen. Suchen Sie sich für diese Zeit seelischen Beistand bei Freunden oder in der Familie. Seien Sie sich im Klaren darüber, dass Sie ihren alltäglichen Aufgaben während eines Entzugs nicht nachkommen können. Sorgen Sie im voraus dafür, dass Ihr Arbeitgeber und die Familienmitglieder auf Ihren Ausfall vorbereitet sind. Passen Sie auch danach auf sich auf Ist der Entzug geschafft, sollten Sie sich immer wieder bewusst machen, dass Ihre Beschweren sich deshalb gebessert haben, weil Sie keine Schmerzmittel mehr nehmen. Führen Sie auch danach weiterhin ein Notizbüchlein, in das Sie eintragen, wann und wie viele Tabletten Sie genommen haben. So vermeiden Sie, die Maximaldosis erneut zu überschreiten. Greifen Sie nach der Medikamentenpause nur dann wieder zu Schmerzmitteln, wenn nichts anderes hilft. Und: Lassen Sie sich gegen die Kopfschmerzen behandeln, wegen denen Sie zu häufig zu Schmerzmitteln gegriffen haben. Expertenrat Professor Hartmut Göbel antwortet Warum können Schmerzmedikamente wie ein Suchtmittel wirken? Nimmt man nur gelegentlich Schmerzmittel ein, hemmen diese Substanzen verschiedene Botenstoffe im Nervensystem, die Schmerzen übertragen. Auf diese Weise lindern die Arzneimittel die Schmerzen. Wenn Sie sehr oft Tabletten einnehmen, also an mehr als zehn Tagen pro Monat, registriert dies Ihr Nervensystem und versucht gegenzusteuern. Dazu setzt es verstärkt Botenstoffe frei. Will man jetzt das Schmerzmittel weglassen, sind zu viele Botenstoffe im Nervensystem und der Entzugskopfschmerz setzt ein. Der erinnert die Patienten sofort daran, weitere Schmerztabletten einzunehmen. Damit ist der Teufelskreis geschlossen. Es ist extrem wichtig, dass der Arzt den Schmerzmittel-bedingten Kopfschmerz diagnostiziert. Nur so kann er die Patienten richtig behandeln. Welche Tabletten sind besonders gefährlich? Grundsätzlich kann jedes Medikament Schmerzmittel-bedingten Kopfschmerz auslösen und aufrechterhalten. Aus Untersuchungen wissen wir, dass besonders Schmerztabletten mit kombinierten Wirkstoffen diesen Kopfschmerztyp verursachen. Die internationale Kopfschmerzgesellschaft hat für diese Kombinations-Präparate wesentlich strengere Grenzen gesetzt: Sie sollten nicht so häufig eingenommen werden wie Einzelsubstanzen oder Triptane. Substanzen wie Acetyl-Salicyl-Säure, Paracetamol oder Ibuprofen erhalten die Kopfschmerzen aufrecht, wenn die Patienten mehr als 15 Tage im Monat diese Medikamente nehmen. Kombinations-Präparate verursachen Kopfschmerz schon, wenn sie an mehr als zehn Tagen pro Monat missbräuchlich eingenommen werden. Manche Betroffene http://www.stern.de/kopfschmerz/erkrankungen/schmerz…-kopfschmerzen-in-der-pillen-falle-597815-print.html Page 7 of 8
Artikel zu: Schmerzmittel-bedingte Kopfschmerzen: In der Pillen-Falle - Gesundheit | STERN.DE 3/7/10 5:16 PM an mehr als zehn Tagen pro Monat missbräuchlich eingenommen werden. Manche Betroffene nehmen von solchen Mitteln 20 bis 30 Tabletten pro Tag ein, und dies oft über Monate und Jahre. Unterscheiden sich die Symptome bei den verschiedenen Wirkstoffen? Nein. Die Kopfschmerzen können zwar sehr unterschiedlich sein. Das liegt dann aber am zugrunde liegenden Kopfschmerz und nicht an den Medikamenten. Dieser mischt sich mit einem dumpf- drückenden oder pulsierenden, mittelstarken Dauerkopfschmerz. Stoppt man die Schmerzmittel, tritt ein Entzugskopfschmerz mit starker Intensität auf. Dieser Absetzkopfschmerz dauert bei Kombinationsschmerzmitteln, Ergot-Alkaloiden (Migräne-Mitteln) und Opioiden (Morphin-ähnlichen Schmerzmitteln) besonders lange, hier ist der Entzug also sehr schwer und langwierig. Leichter ist das Absetzen von Substanzen wie Acetyl-Salicyl-Säure, Paracetamol, Ibuprofen oder Triptan, weil sie nur bestimmte Regelkreise im Nervensystem beeinflussen. Aus diesen Gründen plädieren wir in der Kopfschmerzbehandlung für letztere Präparate. Forschung Wie hoch die Gefahr eines Rückfalls nach einem Entzug ist, hat ein Ärzteteam um Zaza Katsarava von der Neurologischen Universitätsklinik Essen überprüft. Das Risiko ist im ersten halben Jahr nach Absetzen der Medikamente am größten: In diesem Zeitraum wurde knapp ein Drittel der insgesamt 96 beobachteten Patienten rückfällig. Die Studie belegt aber: Wer das erste Jahr ohne Schmerzmedikamente aushält, hat es meist überstanden. In den darauf folgenden drei Jahren wurden nur noch weitere zwei Patienten rückfällig. Leidensgeprüfte mit Migräne hatten übrigens deutlich seltener einen Rückfall als Menschen, die ursprünglich unter chronischem Spannungskopfschmerz gelitten hatten. Rüdiger Braun MEHR ZUM THEMA powered by WeFind © 2010 stern.de GmbH http://www.stern.de/kopfschmerz/erkrankungen/schmerz…-kopfschmerzen-in-der-pillen-falle-597815-print.html Page 8 of 8
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