Shiatsu und Kopfschmerzen - Kann Shiatsu Kopfschmerzen lindern? - Diplomarbeit Fachrichtung Shiatsu Fachberatung durch Barbara Ettler

Die Seite wird erstellt Alva Blank
 
WEITER LESEN
Shiatsu und Kopfschmerzen - Kann Shiatsu Kopfschmerzen lindern? - Diplomarbeit Fachrichtung Shiatsu Fachberatung durch Barbara Ettler
Shiatsu und Kopfschmerzen
Kann Shiatsu Kopfschmerzen lindern?

Diplomarbeit
Fachrichtung Shiatsu
Fachberatung durch Barbara Ettler

Cristina Frey
Rudenzweg 44
8048 Zürich
www.shiatsu-achtsam.ch

Tao Chi, Ausbildungs- und Schulungszentrum Zürich, Mai 2011
Shiatsu und Kopfschmerzen - Kann Shiatsu Kopfschmerzen lindern? - Diplomarbeit Fachrichtung Shiatsu Fachberatung durch Barbara Ettler
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                     Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

1 ABSTRACT
Diese Arbeit geht dem Thema Kopfschmerzen nach. Im ersten Teil habe ich
aufgearbeitet, welche Kopfschmerzformen in der westlichen Schulmedizin beschrieben
werden und das Verhältnis aufgezeigt, mit welcher Häufigkeit die verschiedenen
Kopfschmerzformen vorkommen. Dabei hat sich gezeigt, dass
Spannungskopfschmerzen und Migräne die häufigsten Formen von Kopfschmerz
darstellen und dass annähernd jede zweite erwachsene Person regelmäßig von
Kopfscherzen geplagt wird.
Im zweiten und dritten Teil habe ich die Betrachtungsweise der Traditionellen
Chinesischen Medizin und der Shiatsu-Theorie zum Thema Kopfschmerz dargestellt.
Daran anschließend habe ich in einem praktischen Teil die aus den theoretischen
Überlegungen gewonnen Erkenntnisse in der praktischen Anwendung erprobt und
überprüft. Dabei hat sich gezeigt, dass sich durchaus sehr vieles aus der Theorie als
wertvolles Instrument in der Praxis einsetzen lässt. Allerdings hat die reine Anwendung
von theoretischem Wissen auch seine Grenzen. Und gerade in Fällen, in denen
Menschen schon länger unter einem bestimmten Beschwerdebild leiden, wird der
Zugang komplexer und theoretische Ansätze allein reichen nicht mehr aus. In solchen
Fällen gilt, was der Buchautor und Leiter der Schule für Shiatsu Hamburg Wilfried
Rappenecker sagt: „Theorie ist immer nur eine Krücke, sie gibt Hinweise, entscheidend
für das konkrete Vorgehen im Shiatsu muss meiner Erfahrung nach immer die
unmittelbare Wahrnehmung sein.“1
Abschließend lässt sich an dieser Stelle sagen, dass Shiatsu sich als vielversprechende
Therapieform im Umgang mit Kopfschmerzbetroffenen erwiesen hat. Allerdings ist
Shiatsu gerade in Fällen von bereits lang andauernden Leidensgeschichten kein
Wundermittel. Mitunter es kann zwar vor allem bei akutem Schmerz zur spontanen
Linderung der Beschwerden kommen. Um jedoch nachhaltige Besserung zu erzielen –
so hat diese Arbeit gezeigt – braucht es einen umfassenderen Zeitrahmen, als der für
diese Arbeit gegebene. Zusammenfassend kann ich sagen: Shiatsu ist ein wirkungsvoller
Ansatz bei Kopfschmerzen und es lohnt sich, diesen Ansatz auch längerfristig zu
verfolgen.

1
    Rappenecker, Shiatsu bei Kopfschmerzen, S. 6

                                                                                          2
Shiatsu und Kopfschmerzen - Kann Shiatsu Kopfschmerzen lindern? - Diplomarbeit Fachrichtung Shiatsu Fachberatung durch Barbara Ettler
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                                                Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

INAHLTSVERZEICHNIS

1 ABSTRACT .....................................................................................................................2

INHALTSVERZEICHNIS ....................................................................................................3

3 EINLEITUNG ...................................................................................................................5
  3.1 Begründung der Themenwahl ...................................................................................5
  3.2 Zielsetzung ................................................................................................................5
  3.3 Fragestellung.............................................................................................................5
  3.4 Eingrenzung ..............................................................................................................5
  3.5 Relevanz ...................................................................................................................6
  3.6 Adressat/innen ..........................................................................................................6
  3.7 Vorgehen in dieser Arbeit..........................................................................................6

4 HAUPTTEIL.....................................................................................................................8
     4.1.1 Kopfschmerzen aus Sicht der westlichen Schulmedizin .....................................8
     4.1.2 Kopfschmerzen in der TCM ..............................................................................11
     4.1.3 Kopfschmerzen im Shiatsu ...............................................................................12
  4.2 Vorgehen – Praktischer Teil .................................................................................18
     4.2.1 Interview mit der Shiatsu-Therapeutin Barbara Ettler......................................18
     4.2.2 Fragestellungen zu Beginn einer Behandlung.................................................20
     4.2.3 Bedeutung von Bo Shin bei Kopfschmerzen ...................................................22
     4.2.4 Spontane Reaktionen auf eine Behandlung ....................................................22
     4.2.5 Allgemeine Tipps zur Verbesserung des Wohlbefindens ................................23
  4.3 Ergebnisse .............................................................................................................24
     4.3.1 Erkenntnisse aus der praktischen Arbeit...........................................................24
     4.3.2 Ausblick auf weiterführende Behandlungen ....................................................25

5 SCHLUSSTEIL..............................................................................................................26
  5.1 Reflexion über die Diplomarbeit ..............................................................................26
  5. 2 Konsequenzen für die Praxis .................................................................................26

6 LITERATURVERZEICHNIS ..........................................................................................27
  6.1 Literatur ...................................................................................................................27
  6.2 Internetadressen .....................................................................................................27

                                                                                                                                   3
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                                               Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

Anhang A.........................................................................................................................28
   Krankengeschichte von VK ...........................................................................................28
      Hintergründe ..............................................................................................................28
      Schmerzbeschrieb und Umgang mit dem Schmerz...................................................28
      Auslöser und Häufigkeit .............................................................................................29
   Krankengeschichte von BM .......................................................................................30
      Hintergründe ..............................................................................................................30
      Schmerzbeschrieb und Umgang mit dem Schmerz...................................................30
      Auslöser und Häufigkeit .............................................................................................31

Anhang B.................................................................................................... 32
   Zusammenfassung der Behandlungs-Protokolle ..........................................................32
      Behandlungen von VK ...............................................................................................32
      Behandlungen von BM...............................................................................................33

                                                                                                                                 4
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                    Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

3 EINLEITUNG

      3.1 Begründung der Themenwahl
Ich habe mich für das Thema Kopfschmerzen in erster Linie deshalb entschieden, weil
mein Ehemann seit vielen Jahren massiv und sehr häufig unter Kopfschmerzen leidet.
Darüber hinaus höre ich immer wieder von Menschen, die ebenfalls regelmäßig unter
heftigen Kopfschmerzen zu leiden haben. Aufgrund dessen bin ich überzeugt, dass mir
das Thema Kopfschmerzen als Shiatsu-Therapeutin immer wieder begegnen wird. Dies
meine Motivation, mich mit dem Thema im Rahmen dieser Arbeit auseinander zu setzen.

      3.2 Zielsetzung
In einem ersten Schritt zeige ich auf, welche Formen von Kopfschmerzen in der westlichen
Schulmedizin beschrieben sind. Dabei wird einerseits die Sichtweise der westlichen
Schulmedizin auf die Beschwerdebilder thematisiert, andererseits biete ich einen
Überblick, wie Kopfschmerzen in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) und im
Shiatsu betrachtet und interpretiert werden.
Aus diesen Erkenntnissen und Überlegungen heraus möchte ich für mich praktische
Ansätze für die konkrete Behandlungssituation finden. Dies um gezielt mit dem Thema
Kopfschmerzen im Shiatsu umgehen zu lernen.

      3.3 Fragestellung
Kann Shiatsu verschiedene Formen von Kopfschmerzen lindern und welche Aspekte sind
bei der Behandlung von Kopfschmerzen zu beachten?

      3.4 Eingrenzung
Ich beschränke mich in dieser Arbeit auf das exemplarische Arbeiten mit zwei Personen,
die beide schon seit der Kindheit unter häufigen, teils massiven Kopfschmerzen leiden. Bei
beiden Betroffenen sind die Ursachen für die Schmerzen weitgehend unbekannt und beide
leiden unter unterschiedlichen Ausprägungen von Kopfschmerz.
Weiter haben beide Betroffene schon vielfältige andere Therapieversuche unternommen,
wobei nichts nachhaltig geholfen hat. Während der Dauer der Behandlungen im Rahmen

                                                                                       5
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                     Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

dieser Diplomarbeit ist keiner der Betroffenen in einer sonstigen Behandlung. Allerdings
nehmen beide Betroffene in Phasen übermäßiger Schmerzen Schmerzmittel ein.
Bei den beiden Betroffenen handelt es sich um eine 56-jährige Frau (VK) und einen 55-
jährigen Mann (BM, mein Ehepartner). Der Einfachheit halber werde ich in dieser Arbeit für
Personenbezeichnungen jeweils die männliche Form gebrauchen.

        3.5 Relevanz
Kopfschmerzen sind eine weit verbreitete Beschwerdeform. Dies belegt etwa eine breit
angelegte Umfrage des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen in Deutschland2.
Demnach ist annähernd jede zweite erwachsene Person (46%) von Kopfschmerzen
betroffen. Gemäß der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft3 ist Kopfschmerz
eine Volkskrankheit unter der allein in Deutschland 10 Millionen Menschen leiden, drei
Millionen von ihnen täglich.
Für die Schweiz kann von ähnlichen Zahlen an Kopfschmerzpatienten ausgegangen
werden – dies bestätigt auf Anfrage Peter Sandor, Neurologe und Leiter der Abteilung
Kopfweh und Schmerz des Universitätsspitals Zürich.

        3.6 Adressat/innen
Mit dieser Arbeit möchte all jene ansprechen, die therapeutisch mit Kopfschmerzpatienten
arbeiten, vornehmlich Shiatsu-Praktizierende. Darüber hinaus richtet sich die Arbeit
durchaus auch an Kopfschmerzpatienten. Dies um Betroffenen ein besseres Verständnis
der eigenen Beschwerden zu vermitteln, so dass sie lernen, besser mit den Schmerzen
umzugehen.

        3.7 Vorgehen in dieser Arbeit
In einem ersten Schritt werde ich die verschiedenen Formen von Kopfschmerzen auflisten
– so wie sie in der westlichen Schulmedizin beschrieben sind. Es geht mir dabei darum,
eine Vorstellung von den Beschwerdebildern und deren Bedeutung für die Betroffenen zu
bekommen. Im zweiten Abschnitt dieses theoretischen Teils gehe ich auf die Sichtweise
der TCM auf Kopfschmerzen ein, wobei ich mich hier auf die Beschreibung einiger
weniger zentralen Erkenntnisse der TCM beschränken werde. Einige wichtige in der TCM
2
    Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 26, 1999
3
    www.dmkg.de

                                                                                           6
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                       Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

genannte Kopfschmerzpunkte und deren Bezug zu einer bestimmten Kopfschmerzform
werden in einer Tabelle aufgelistet. Der dritte theoretische Teil setzt sich mit den
Erkenntnissen zum Thema Kopfschmerz im Shiatsu auseinander. Hierbei zeigen sich für
Kopfschmerzen typische energetische Muster. Es wird diskutiert, wie eine wirkungsvolle
Shiatsu-Arbeit mit diesen Mustern aussehen kann, welche Herangehensweise und
welcher Fokus in der Behandlung angemessen sind.
An den theoretischen Teil schließt der praktische Teil an. In diesem zweiten Hauptteil
fließen meine Erfahrungen mit der Umsetzung der aus der Theorie gewonnen
Erkenntnisse ein. Dabei zeigt sich, wie wertvoll theoretisches Wissen grundsätzlich sein
kann. Aber auch, dass alles „Wissen“ eben immer nur Theorie bleibt, und sich in der
Praxis durchaus nicht immer bestätigen muss.
Im Schlussteil schließlich reflektiere ich sowohl meine theoretischen Erkenntnisse als auch
meine praktische Erfahrungen und ziehe daraus die für mich zentralen Schlüsse im Bezug
auf meine Ausrichtung und Haltung im Shiatsu im Umgang mit dem Thema Kopfschmerz
im Speziellen und Shiatsu im Allgemeinen.

                                                                                           7
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                   Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

4 HAUPTTEIL
4.1       Theoretischer Rahmen

4.1.1 Kopfschmerzen aus Sicht der westlichen Schulmedizin

           4.1.1.1 Definitionen verschiedener Formen von Kopfschmerz
Kopfschmerz ist nicht gleich Kopfschmerz – die westliche Schulmedizin unterscheidet
über 180 verschiedene Kopfschmerzformen4. Dazu gehören etwa Grippe-Kopfschmerzen
oder andere Kopfschmerzformen, die in Zusammenhang mit einer Erkrankung
vorübergehend auftreten können. Diese Kopfschmerzformen sind allerdings marginal
und machen nur einen kleinen Teil aus. Die häufigste Kopfschmerzform ist dagegen der
sogenannte Spannungskopfschmerz gefolgt vom Migränekopfschmerz.

           4.1.1.2 Einteilung nach Art und Häufigkeit
Wie bereits erwähnt, leidet knapp die Hälfte der Schweizer Bevölkerung unter
wiederkehrenden, teils heftigen Kopfschmerzen. Da jedoch die Ursachen von
Kopfschmerzen häufig nicht abschließend geklärt sind, haben Mediziner 1988 eine neue
international anerkannte phänomenologische Einteilung von Kopfschmerzarten nach Art
und Häufigkeit statt nach Ursache vorgenommen.

Quelle: www.kopfschmerzen.de

4
    International Headache Society, 1988

                                                                                       8
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                     Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

          4.1.1.3 Spannungskopfschmerzen
Zu den Ursachen von Spannungskopfschmerz lässt sich nichts Abschließendes sagen.
Häufig werden jedoch im Zusammenhang mit Spannungskopfschmerz Muskel-
verspannungen beobachtet. Weiter beschreibt die westliche Schulmedizin die Theorie
eines „Schmerzfilters im Gehirn“5. Dieser Schmerzfilter wird über den Botenstoff
Serotonin gesteuert. Mangelt es an Serotonin, wird die Schmerzschwelle gesenkt und
Schmerzen werden schneller wahrgenommen. Auslöser für Serotonin-Mangel können
sein: psychischer Stress, Arbeiten in falscher Körperhaltung oder bei schlechtem Licht,
Schlafmangel, zu hoher Nikotinkonsum oder Störungen des Kauapparates wie
Zähneknirschen.
Spannungskopfschmerz zeichnet sich durch dumpfe, drückende Schmerzen aus, der
meist beidseitig auftritt.
Spannungskopfschmerz wird in zwei Verlaufsformen aufgeteilt:
• Episodischer Spannungskopfschmerz: Mindestens zehn Kopfschmerzperioden pro
Jahr, die sich insgesamt über weniger als 180 Tage erstrecken
• Chronischer Spannungskopfschmerz: Der Patient leidet an mindestes 180 Tagen pro
Jahr an Spannungskopfschmerz

          4.1.1.4 Migräne
Migräne bedeutet heftig bohrende, pulsierende oder hämmernde Kopfschmerzen, die
anfallsartig auftreten. Betroffen sind rund 10-15 Prozent der Bevölkerung, wobei Frauen
häufiger unter Migräne leiden als Männer6. Die genauen Ursachen von Migräne sind
weitgehend unbekannt. Experten gehen heute jedoch davon aus, dass eine erblich
bedingte Veranlagung bei der Migräne eine Rolle spielt.
Migräne wird häufig von Begleitsymptomen wie Übelkeit und Erbrechen,
Überempfindlichkeit gegen Licht oder Geräusche begleitet. Bekannt sind auch
Sehstörungen, die noch vor dem Eintreten der Schmerzen einsetzen. Eine
Migräneattacke kann bis zu 72 Stunden andauern. Ein Migräniker erleidet monatlich eine
bis vier Attacken, für Betroffene bedeutet dies einen hohen Leidensdruck.

5
    www.kopfschmerzen.de
6
    Bierbach, S. 1072

                                                                                          9
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                    Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

Die meistgenannten Trigger für Migräne sind: Stress, Wetter- und Klimaeinflüsse,
übermäßige körperliche Anstrengung, bestimmte Nahrungsmittel, Nikotin, Abweichung
vom Schlafrhythmus oder Hormonverschiebungen während der Menstruation.

Quelle: www.gesundheitsprechstunde.ch/migraene

         4.1.1.5 Andere Formen

Folgende weitere Kopfschmerzformen sind:
• Cluster-Kopfschmerz: Typisch für diese sehr schweren Schmerzattacken ist das
episodische Auftreten, wobei sich die Anfälle im Frühling und im Herbst häufen. Cluster-
Kopfschmerzen treten immer einseitig auf und strahlen zur Schläfe aus
• Kopfschmerz nach Schädelverletzungen: Kopfschmerzen verursacht durch
Verletzungen am Kopf

                                                                                       10
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                    Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

• Kopfschmerz bei einer Infektion: Kopfschmerzen im Zusammenhang mit einer
grippalen Erkrankung, als Symptom bei Sinusitis7 oder Infektionen mit Colibakterien8
• Kopfschmerz durch Substanzeinwirkung: Nahrungsmittelallergie bedingte
Kopfschmerzen oder aufgrund von Alkohol oder anderen Drogen
• Kopfschmerz als Symptom: Kopfschmerz als Warnsymptom, das auf eine andere
Erkrankung hinweist, zum Beispiel ausstrahlender Zahnschmerz
• Kopfschmerz beim Sex: Die Ursachen für diese Kopfschmerzform sind zwar nicht
bekannt, doch wird ein Zusammenhang von erhöhtem Blutdruck und Muskeltonus beim
Liebesakt angenommen9

    4.1.2 Kopfschmerzen in der TCM
Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) beschreibt chronischen Kopfschmerz oder
Migräne als eine Stauung respektive Blockade des Ki in den Yang-Meridianen des
Kopfes. Gemäß Gabriel Stux, Autor und Akupunktur-Spezialist am Akupunktur Zentrum
Düsseldorf, beruhen Kopfschmerzen somit auf inneren Störungen im Energiefluss. Dabei
kann es sich um Fülle- oder Leerestörungen handeln, wobei Füllestörungen überwiegen.

       Füllestörungen überwiegen meist und sind gezeichnet durch sehr intensive
       Kopfschmerzen oder Migräne mit starkem Spannungsgefühl, pochenden
       Schmerzen und dem Gefühl „der Kopf könnte platzen“. Bei Schwächestörungen
       sind die Kopfschmerzen dumpf, häufig in Verbindung mit Benommenheit und
       anderen allgemeinen Schwächesymptomen, wie z. B. übermäßige Müdigkeit,
       Erschöpfungsgefühl, Schwindel oder Hypotonie.10

Stux nennt als häufigste innere Störung (über 50%) Leber- und Gallenblasen-
disharmonien, und zwar in erster Linie „Stagnation des Leber-Ki“ und „Aufsteigendes
Leber-Yang“. Seltener sind Kopfschmerzen Folge einer Milz-Pankreas-Schwäche oder
einer Schwächestörung der Nieren, bei der sich aufgrund latenter Ängstlichkeit und bei
einer zwanghaften Persönlichkeitsstruktur chronische Kopfschmerzen entwickeln
können.
7
  Nasen-Nebenhöhlen-Entzündung
8
  Darminfektion
9
  www.kopfschmerzen.de
10
   Stux, www.tcm-info.ch

                                                                                         11
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                            Shiatsu und Kopfschmerzen
 Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

 Konkret kennt die TCM verschiedene Punkte, die bei bestimmten Kopfschmerzformen
 behandelt werden können:
Punkt      Lage                                               Wirkungen
BL 2       mediales Ende der Augenbraue                       Stirnkopfschmerzen
BL 10      unter ersten HW, zirka 1cm unter Schädelrand       Scheitelkopfschmerzen
LE 3       zw. erster und zweiter Zeh, zirka 3,5cm aufwärts   Kopfschmerz, Schwindel
GB 1       neben dem äußeren Augenwinkel                      Kopfschmerzen, Augenprobleme
GB 20      seitl. Rückenstreckers, unterhalb Schädelansatz    Kopf- und Nackenschmerzen
DI 4       Mitte des zweiten Mittelhandknochens               Stirnkopfschmerzen, Zahnschmerzen
DE 1       lateral Ringfinger an Nagelecke                    Kopfschmerzen, Fieber
DE 23      Vertiefung am äußeren Ende der Augenbraue          Kopfschmerzen

        4.1.3 Kopfschmerzen im Shiatsu
 Um gleich an die oben aufgeführte Tabelle anzuschließen, lässt sich sagen, dass Walter
 Rademacher in seinem Buch „Shiatsu in der Praxis“ im Kapitel zum Thema
 Kopfschmerz11 Zuordnungen zwischen Kopfschmerzformen und Meridianen macht, die
 weitgehend mit den Behandlungspunkten aus der TCM übereinstimmen – wobei
 Rademacher nicht einzelne Punkte auf den Meridianen nennt, sondern die Meridiane in
 ihrem gesamten Verlauf betrachtet. Rademacher beschreibt folgende
 Kopfschmerzformen und bringt sie mit bestimmten Meridianen in Verbindung:
 • Schläfenkopfschmerz → GB & 3E
 • Kopfschmerz in Nacken, Okziput und Rücken → BL & DÜ
 • Vom Scheitel auf die Schläfen ausstrahlender Schmerz mit Magensymptomen wie
 saueres Aufstoßen und Übelkeit → LE & PE
 • Kopfschmerz, der auf den ganzen Körper, die Glieder und das Abdomen
 ausstrahlt → MI & LU
 • Kopfschmerz, der sich im Innern abspielt und auf die Zähne wirkt → NI & HE
 • Stirn- und supraorbitaler12 Kopfschmerz → MA & DI

 11
       Rademacher, S. 335 ff.
 12
       Über den Augenhöhlen liegend

                                                                                              12
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                        Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

Als einfaches Grundmuster kann im Shiatsu davon ausgegangen werden, dass bei
Kopfschmerzen die freie Verbindung zwischen dem Kopf und dem Rest des Körpers
gestört ist, dass also das Ki nicht frei zwischen dem Kopf und dem Rest des Körpers
fließen kann. Ähnlich wie in der TCM wird auch im Shiatsu aufsteigendes Ki als Ursache
für Kopfschmerz beschrieben. Peter Sandbichler vom Shiatsu-Fachinstitut Salzburg
schreibt dazu: „In den meisten Fällen liegt dem Kopfschmerz eine Kraft zugrunde, die Ki
nach oben steigen lässt.“13 Allerdings verursacht aufsteigendes Ki allein noch keine
Kopfschmerzen. Erst wenn wie oben beschrieben, die Verbindung zwischen dem Kopf
und dem Rest des Körpers unterbrochen ist und es zum Festhalten des Ki im Kopf
kommt, bleibt das Ki im Kopf gefangen und es stellen sich Schmerzen ein. Wilfried
Rappenecker zum Schmerzsymptom: „Meist ist es eine energetische Fülle, die die
Schmerzen auslöst – Ki kann hinein aber nicht heraus. Seltener kann auch eine relative
Ki-Leere als lokales Muster dem Kopfschmerz zugrunde liegen.“14 Auch hier deckt sich
die TCM-Theorie mit der Shiatsu-Theorie.
Rappenecker formuliert aufgrund dieser Erkenntnis vier zentrale Fragen für die
Behandlung von Kopfschmerzen im Shiatsu:
      1. Welche Kraft führt dazu, dass Ki in den Kopf steigt und dort blockiert?
      2. Welches Stagnationsmuster findet sich im Kopf des Klienten, der Klientin?
      3. Wo befinden sich die deutlichsten Unterbrechungsmuster in der Verbindung
         zwischen dem Kopf und dem Rest des Körpers?
      4. Welche Körperbereiche stehen in deutlicher Resonanz zum Kopfschmerzmuster
         und machen es dadurch erst möglich?

Auf diese Fragestellungen wird in den folgenden Abschnitten weiter eingegangen.

13
     www.shiatsu-salzburg.at/Kopfschmerzen.html
14
     Rappenecker, Shiatsu bei Kopfschmerzen, S. 1

                                                                                         13
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                        Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

           4.1.3.1 Das aufsteigende und blockierte Ki und das Holz-Element
         Welche Kraft führt dazu, dass Ki in den Kopf steigt und dort blockiert?

Rappenecker erwähnt an erster Stelle das Holz-Element. Das Element Holz und die
energetischen Organe Leber und Gallenblase sind die Kräfte im Menschen, welche am
stärksten das Aufsteigen von Energie bewirken – so wie im Frühjahr zarte
Pflanzensprossen eine unbändige Energie entwickeln, um nach oben durch die
Erdoberfläche ans Licht vorzudringen. Zudem wird dem Holzelement auch die Funktion
der Kontrolle zugeordnet. Durch Überkontrolle können allerdings auch Blockaden
entstehen. Entsprechend schreibt Rappenecker: „Es ist also kein Wunder, dass die
meisten Kopfschmerzen mit der aufsteigenden und kontrollierenden Aktivität von Leber
und Gallenblase zusammenhängen und entsprechend im Shiatsu über diese Organe
beziehungsweise ihre Meridiane behandelt werden können.“15
Insbesondere bei der Migräne zeigt sich der Bezug zum Holz deutlich. Der für die
Migräne typische Halbseitenkopfschmerz widerspiegelt den seitlichen Verlauf des
Gallenblasenmeridians. Die häufig mit Migräne verbundene Übelkeit – ein Symptom der
stark aufsteigenden Holz-Energie, welche die nach unten wirkende Magen-Energie im
Störfall nicht mehr auszugleichen vermag – sowie eine große muskuläre Anspannung
verweisen einerseits auf die aufsteigende Yangkraft, andererseits auf die Kontrollkraft
der Leber. Auch die häufig auftretende Lichtscheu weist auf eine Störung der
Leberenergie hin – sind die Augen doch das der Leber zugeordnete Sinnesorgan.
Als Kopfschmerz auslösende Faktoren können bei entsprechender Disposition alle
Lebensumstände wirken, die das Hochsteigen des Ki begünstigen – so etwa Wut, Ärger,
Stress, Druck oder auch stark yangbetonte Nahrungsmittel wie etwa stark Gebratenes,
zuviel Scharfes oder aber yin-schwächende Faktoren wie mangelnde Flüssigkeitszufuhr.
Doch auch wenn, wie Rappenecker festhält, das Holz-Element bei Kopfschmerzen
praktisch immer beteiligt ist, so können auch andere Elemente involviert sein. Hinweise,
welche dies sind, gibt die Lokalisation des Kopfschmerzes. So listet Rappenecker
folgende Zusammenhänge auf: Kopfschmerz in der Mitte unter dem Schädeldach und
das Gefühl von „großem Druck“ unter dem Schädeldach ordnet er der Leber zu.

15
     Rappenecker, Shiatsu bei Kopfschmerzen, S. 1

                                                                                          14
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                      Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

Schmerzen, die vom Nacken über den Hinterkopf nach oben ziehen sind der Blase
zugeschrieben. Stirnkopfschmerzen haben mit Dickdarm und Magen zu tun. Und
Schmerzen, die ein Gefühl verursachen, als sei der ganze Kopf unter einem Helm
eingezwängt, verbindet Rappenecker mit einer Ki-Schwäche von Milz-Pankreas.

           4.1.3.2 Stagnationsmuster auffinden und erkennen
         Welches Stagnationsmuster findet sich im Kopf des Klienten, der Klientin?

In seinem Aufsatz „Shiatsu und Kopfschmerzen“ beschreibt Rappenecker die Entstehung
von Stagnation und Schmerz:

        „Trennung, Blockade und Schmerz entstehen, wenn das beständige Entstehen,
        Vergehen und Sich-Aufeinander-Beziehen [gemeint sind die Muster von Fülle und
        Leere, von Jitsu und Kyo, die als energetische Pole ständig entstehen und
        vergehen und sich aufeinander beziehen] quasi erstarrt. In der Trennung geht das,
        was vorher eins war, getrennte Wege. Andauernde Kyo- und Jitsu-Muster
        entstehen, weil unterschiedliche Seiten im Menschen, die eigentlich
        zusammengehören, in gewisser Weise nicht mehr miteinander sprechen.“16

Solche festgefahrenen Trennungen in Fülle und Leere bezeichnet Rappenecker als
Synonym für Stagnation.
Somit geht es im Shiatsu beim Behandeln von Kopfschmerzen darum, solche
Blockademuster aufzuspüren und ihnen durch Berührung und Aufmerksamkeit mehr
Raum und Bewegungsfreiheit zu geben, so dass die getrennten Bereiche wieder
miteinander in Kontakt kommen und sich die Blockade auflösen kann.

           4.1.3.3 Die gestörte Verbindung zwischen Kopf und Rumpf
         Wo befinden sich die deutlichsten Unterbrechungsmuster in der Verbindung
         zwischen dem Kopf und dem Rest des Körpers?

Da Kopfschmerzen wie gesagt in aller Regel durch eine Störung im Ki-Fluss zwischen
Kopf und dem Rest des Körpers entstehen, gilt es zu erkennen, wo die „Bruchstelle“ ist.

16
     Rappenecker, Shiatsu bei Kopfschmerzen, S. 5

                                                                                        15
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                        Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

Um diese Stelle zu orten, braucht es einen offenen und weiten Blick; im Shiatsu nennen
wir das Bo Shin. Interessant bei Kopfschmerzen ist der Übergang vom Kopf zum Rumpf,
also der Nacken- und Schulterbereich. So schreibt etwa Peter Itin in seinem Buch
„Shiatsu als Therapie“ im Kapitel zum Thema Kopfschmerz: „Besonders Okziput17, Hals,
Schulter- und Nackengegend sind häufig Zonen, in denen der Energiefluss unterbrochen
ist.“18 Und auch Rappenecker hält fest, dass bei Kopfschmerzen nahezu immer die
Verbindung zwischen Kopf und Rumpf eingeschränkt sei. Rappenecker weiter:
„Energetische Unterbrechungen äußern sich meistens auch körperlich, und die
körperlichen Auffälligkeiten führen mich zu dem darunter liegenden energetischen
Muster.“19
Ist die Stelle der Unterbrechung gefunden, so gilt es mit einer öffnenden Ausrichtung
diese Zonen anzusprechen, um eine Verbindung herzustellen. Dabei selber als Modell zu
wirken, kann sehr hilfreich sein. Itin: „Es ist unterstützend, bei dieser Arbeit Modell zu
sein, das heißt gleichzeitig die entsprechenden Zonen im eigenen Körper zu öffnen und
entspannen.“20

         4.1.3.4 Resonanz in anderen Körperbereichen
       Welche Körperbereiche stehen in deutlicher Resonanz zum Kopfschmerzmuster
       und machen es dadurch erst möglich?

Um die Behandlung über den lokalen Bereich am Kopf auszudehnen, braucht es einen
weiter werdenden Blick über den ganzen Körper hinweg, um Bereiche zu entdecken, die
mit den Zonen am Kopf korrespondieren. Grundsätzlich, so Rappenecker, kann bei
Kopfschmerzen jeder Körperbereich Resonanzraum sein. Allerdings nennt er auch
Bereiche, die sich besonders häufig als Resonanzräume zeigen: „Typische wichtige
Resonanzbereiche sind bei Kopfschmerzen z. B. die Arme, insbesondere Handgelenke
und Hände, die Beine, hier besonders die Fußgelenke und Füße, sowie am Rumpf die
Situation von Brustkorb, Hara und (vor allem der untere) Rücken.“21 Rappenecker nennt
diese Phase der Behandlung „Phase der Integration“. Die Bedeutung dieser Phase

17
   Hinterkopf
18
   Itin, S. 242
19
   Rappenecker, Shiatsu bei Kopfschmerzen, S. 9
20
   Itin, S. 242
21
   Rappenecker, Shiatsu bei Kopfschmerzen, S. 12

                                                                                             16
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                       Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

beschreibt er folgendermaßen: „In der Phase der Integration sollte eine mit Shiatsu
behandelte lokale Region mit entfernten Bereichen verbunden werden, um dem
beginnenden Prozess den benötigten Raum für eine Wirkung auf den ganzen Menschen
anzubieten. Eine Veränderung im ganzen Menschen hat eine weiter reichende Wirkung
als die bloße örtliche Veränderung.“
Letztlich geht es darum, dem Erleben von Enge und Schmerz im Kopf einen anderen,
weiteren und offeneren Schwingungsraum anzubieten, um den Betroffenen zu helfen,
einen Weg aus der Trennung und Erstarrung – also Schmerz – zu finden.

           4.1.3.5 Behandlung von akutem Kopfschmerz
Die Arbeit mit den korrespondierenden Resonanzräumen ist insbesondere bei der
Behandlung von akutem Kopfschmerz eine wertvolle Methode. Denn wie Rappenecker
zum Stichwort akuter Kopfschmerz festhält, kann die Arbeit mit den energetischen
Organen und ihren Meridianen entsprechend der Informationen aus Bo Shin und der
Haradiagnose zwar eine Neigung zu Kopfschmerz verändern, indem sie eine
Veränderung der Lebenssituation von Betroffenen in Gang setzen kann, was sich
wiederum positiv auf den Beschwerdeverlauf auswirken kann. Im Falle von akutem
Schmerz kann diese Herangehensweise jedoch zu unspezifisch sein.

        Im akuten Kopfschmerz wird die eher globale Herangehensweise der
        Meridianbehandlung oft nicht ausreichen, weil sie den eigentlichen Ort der
        Schmerzen und seine schwingende Beziehung zum ganzen Körper nicht direkt
        anspricht. Die unmittelbare Arbeit mit dem lokalen Beschwerdemuster ist meist
        Voraussetzung für die erfolgreiche Behandlung einer akuten Kopfschmerzattacke.
        Ein direktes Shiatsu in diesem Sinne wird möglich mit der Wahrnehmung der
        energetischen Stagnation- und Unterbrechungsmuster im näheren Umfeld der
        Schmerzen und ihrer unmittelbaren Berührung.22

Mit „direktem Shiatsu“ spricht Rappenecker die oben beschriebene energetische
Überbrückung von Unterbrechungen des Ki-Flusses zwischen dem Kopf und dem Rest
des Körpers an. Dieser Behandlungsansatz wird also insbesondere im Falle von akutem
Kopfschmerz bedeutsam. Meiner Erfahrung und Einschätzung nach können gerade bei

22
     Rappenecker, Shiatsu bei Kopfschmerzen, S. 5

                                                                                        17
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                      Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

chronischen Beschwerdebildern Unterbrechungsbereiche symptomatisch werden und
zeigen sich somit auch in schmerzfreien Phasen, was den Ansatz des Verbindens auch
in solchen Situationen sinnvoll und wirkungsvoll macht.

      4.2 Vorgehen – Praktischer Teil
In diesem Teil der Diplomarbeit sollen die im theoretischen Teil erworbenen Erkenntnisse
in die Praxis umgesetzt werden, respektive beschrieben werden, wie die Umsetzung
gelang und welche Wirkungen sie zeigte. Diesen Beobachtungen und Erfahrungen liegen
je fünf Behandlungen zugrunde, welche im Zeitraum zwischen Anfang Februar und Ende
März 2011 – der zeitlichen Rahmenfrist der Diplomarbeit – stattfanden. Klient BM
allerdings habe ich schon vor Beginn dieses Zeitfensters mehrmals behandelt, wobei
auch da schon das Thema Kopfschmerz im Zentrum stand. Auch diese
Behandlungsergebnisse sollen in diese Arbeit einfließen.

    4.2.1 Interview mit der Shiatsu-Therapeutin Barbara Ettler
Barbara Ettler hat 2007 am Tao Chi Ausbildungszentrum für Zen Shiatsu in Zürich ihre
Ausbildung abgeschlossen, seither praktiziert sie Shiatsu in einer Praxisgemeinschaft in
Zürich. Barbara Ettler ist zudem diplomierte Qigong-Lehrerin und Co-Präsidentin der
Shiatsu Gesellschaft Schweiz (SGS) im Ressort Öffentlichkeitsarbeit sowie
Vorstandsmitglied der SGS. Das Interview mit Barbara Ettler fand am 7. März 2011 in
ihrer Praxis in Zürich statt.

Barbara Ettler, in der Theorie liest man, dass Kopfschmerzen in aller Regel mit
gefangenem Ki im Kopf zusammenhängen und dass häufig Spannungen im Nacken- und
Schulterbereich zu beobachten sind. Welches sind Ihre Erfahrungen mit Kopfschmerzen
in der Praxis?
Tatsächlich finden sich oft Spannungen im Nacken- und Schulterbereich und
Füllezustände im Kopf. Dabei zeigt sich oft, dass sich die Energie bereits in den
Fußgelenken staut und von da aus bis ganz nach oben in den Kopf. Mitunter ein Grund,
weshalb ich bei Kopfschmerzbetroffenen meist an den Beinen und Füßen mit der
Behandlung beginne. Es kann aber durchaus auch sein, dass ich, wenn der Kopf sehr
bedürftig und im Kyo ist, am Kopf beginne. Wichtig ist, eine Behandlung als etwas
Ganzes zu betrachten und sich auf die eigene Intuition zu verlassen.

                                                                                       18
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                    Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

Es wird auch beschrieben, dass das Holzelement bei Kopfschmerzen meist involviert ist,
dass insbesondere das Leber-Ki stagniert und im Kopf blockiert.
Auch ich erlebe oft, dass die Holzenergie ein Thema ist. Allerdings zeigen sich auch
Themen der Milz im Sinne von gedanklichen oder geistigen Blockaden im Kopf. Deshalb
ist es nötig das, was man theoretisch über die Bedeutung des Holz-Elementes im
Zusammenhang mit Kopfschmerzen weiß, immer wieder loszulassen. Bleibt man zu sehr
an der Theorie hängen, verbaut man sich den Blick und man erkennt womöglich die
eigentlichen Themen nicht. Themen, die wiederum das Holz zur Stagnation bringen
können. Es geht im Shiatsu immer darum, einen Menschen ganz wahrzunehmen und zu
beobachten, was einem entgegenkommt. Obwohl Theorien wertvoll sein können, sind
starre Konzepte hinderlich.

Wie erleben Sie den Leidensdruck von Kopfschmerzpatientinnen und –patienten und wie
kann Shiatsu dieses Leiden lindern?
Menschen mit regelmäßigen Kopfschmerzen leiden sehr. Sind sie bereit, sich auf einen
Prozess einzulassen, kann Shiatsu ein Auslöser sein, dass Betroffene sich bewusster
Sorge tragen und lernen, mit Belastungen wie etwa Stress anders umzugehen.

Gibt es Ihrer Erfahrung nach typische Lebensumstände, die Kopfschmerzen auslösen
können?
Sicherlich sind gewisse Stressfaktoren wie etwa Überbelastung oder hoher
Leistungsdruck, mangelnder Schlaf oder auch zuwenig Trinken Faktoren, die
Kopfschmerz begünstigen können. Letztlich aber sind die Hintergründe für Kopfschmerz
so verschieden wie die Menschen verschieden sind.

Wie gehen Sie konkret vor, wenn Menschen mit einer Kopfschmerzthematik in Ihre
Praxis kommen?
Als erstes gilt es nachzufragen, ob medizinische Abklärungen gemacht wurden. Es kann
sein, dass Kopfschmerzen mit ernsthaften Erkrankungen wie etwa Tumoren
zusammenhängen. Ansonsten vermeide ich es, mit den Leuten ausführlich über ihre
Schmerzen und ihr Schmerzerleben zu sprechen. Ich möchte die Menschen nicht
pathologisieren, und ich möchte sie auch nicht in eine entsprechende Schwingung

                                                                                       19
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                      Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

bringen oder gar auf einer solchen Ebene mitschwingen. Es ist mir wichtig, auf der
Gesprächsebene ebenso achtsam zu sein, wie in der Behandlung selbst.

Und wie gehen Sie an das Thema Kopfschmerz als solches heran?
Ich glaube es ist wichtig, Schmerzen nicht bekämpfen zu wollen. Schmerzhafte
Körperteile sollten nicht nur negativ gesehen werden. Vielmehr hilft es, sie zu bejahen
und etwa einer schmerzenden Schulter zu sagen: „Das hast du gut gemacht; ich sehe,
dass du viel getragen hast.“ Schmerz oder ein starkes Jitsu kann auch Schutz bedeuten.
Es kann heißen, dass ein Mensch nur mit Hilfe einer Verhärtung in gewissen Bereichen
überhaupt überleben kann. Wenn ich diesen Schmerz oder dieses Jitsu erst einmal
bejahe kann ich ihm anschließend anbieten, etwas Neues auszuprobieren. Im Shiatsu
machen wir das über Berührung, indem wir dem Menschen so neue Schwingungsräume
anbieten und bewusst machen.

Wie sind Ihrer Erfahrung nach die Erfolgsaussichten von Shiatsu bei Kopfschmerzen?
Der Erfolg hängt wie bei anderen Thematiken indirekt davon ab, wo ein Mensch in
seinem Leben steht, was er oder sie im innersten Wesen braucht und wie weit sich
jemand auf einen Prozess einlassen kann.

    4.2.2 Fragestellungen zu Beginn einer Behandlung
Erste Fragen noch vor der Behandlung richten sich jeweils an den Klienten. Es geht
darum zu erfahren, wie der momentane Zustand ist und im Falle von akutem
Kopfschmerz eine kurze Beschreibung davon zu erhalten, wie sich der Schmerz anfühlt
und wo er sein Zentrum hat. Allerdings ist es, wie im obigen Interview thematisiert,
ratsam, den Klienten nicht in eine Schwingung kommen zu lassen, in der er sich mit dem
Schmerz identifiziert. Sinnvoller kann es sein, ihn nach Situationen zu fragen, in denen er
sich schmerzfrei gefühlt hat. Auf diese Weise kann man Hinweise auf die Ressourcen
des Betroffenen bekommen und diese in der darauf folgenden Behandlung zu
unterstützen suchen.
Es ist informativ zu hören, wie es den Betroffenen nach und seit der letzten Behandlung
ergangen ist. Berichte, wie die Wirkung der letzten Behandlung war, können hilfreiche
Anhaltspunkte geben, ob der Behandlungsansatz und/oder einzelne Techniken sich als
wirksam oder nicht erwiesen haben.

                                                                                          20
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                       Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

Weiter kann es interessant sein, zu erfahren, ob es seit der letzten Behandlung
Vorkommnisse gab, die einen Einfluss auf das Kopfschmerzgeschehen haben könnten
oder tatsächlich hatten. All diese Informationen können erste Hinweise auf einen
adäquaten Behandlungsansatz und ein mögliches Behandlungsthema geben.
Gerade das Nachfragen, wie eine Behandlung gewirkt hat, kann sehr aufschlussreich
sein. Konkret habe ich zum Beispiel nach der ersten Behandlung meiner Klientin VK
erfahren, dass sie im Bereich zwischen den Schulterblättern sehr empfindlich ist. Noch
bei der ersten Behandlung hatte ich diese Zone „ganz normal“ – so wie ich dies auch in
vielen anderen Fällen gemacht hatte – berührt und behandelt. Für diese eine Klientin war
diese Form der Berührung allerdings viel zu intensiv und sie reagierte mit Übelkeit und
allgemeinem Unwohlsein. Bei der zweiten Behandlung habe ich diese Zone nur noch
indirekt über nahe liegende Zonen und mit einer mentalen Ausrichtung im Sinne von „der
heiklen Zone Raum geben und das Ki von da abfließen lassen“ behandelt. Die Wirkung
der zweiten Behandlung war denn auch sehr positiv. Die Klientin empfand keine Übelkeit
oder dergleichen mehr. Tatsächlich ging es ihr nach der zweiten Behandlung spontan
besser, die anfänglichen Kopfschmerzen waren weg und im Nacken fühlte sie sich
freier.23
Doch woher kommt diese ausgeprägte, ja außergewöhnliche Empfindlichkeit hinsichtlich
dieser einen Zone? Selber habe ich den Verdacht, dass bei der Klientin diese Zone
durch einen erlittenen Unfall traumatisiert ist – und zwar einen Unfall, den sie in direkten
Zusammenhang mit ihren Kopfschmerzen bringt. Damals fiel ihr ein Blechdach auf den
Kopf, was heftige Beschwerden in Form von Tinitus und Schulter- und Kopfschmerzen
zur Folge hatte24. Auf Grund ihrer Reaktionen und wie sie den Unfall schildert habe ich
den Eindruck, dass sie eine Art negative Fixierung auf diese Zone entwickelt hat, was
bewirkt, dass die Zone in einem gewissen Sinn zu einem Tabu geworden ist. Schon
allein die Vorstellung von Berührung löst Abwehr und Angst vor Schmerz aus. Dies
scheint mir ein hoch interessanter Aspekt zu sein, nicht zuletzt deshalb, weil ich mir
vorstellen kann, dass solche traumatisierten Zonen auch bei anderen Klienten
auftauchen können und möglicherweise zumindest zu Beginn einer Behandlungsserie
generell nur indirekt behandelt werden können.

23
     siehe Protokolle im Anhang, S. 32
24
     siehe Krankengeschichte im Anhang, S.28 f.

                                                                                           21
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                      Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

      4.2.3 Bedeutung von Bo Shin bei Kopfschmerzen
Bo Shin25 hat sich im Laufe der Behandlungen und im Rahmen dieser Arbeit als
wichtiges und hilfreiches Instrument erwiesen. Die in der Theorie beschriebene
Unterbrechung des Ki-Flusses zwischen dem Kopf und dem Rest des Körpers, kann
häufig durch Bo Shin direkt beobachtet werden. In der Praxis zeigte sich wiederholt, dass
die Arme wie losgelöst vom Körper waren. Auch Hände und Füße wirkten in diesem
Sinne oft wie abgetrennt und bedürftig, also Kyo. Ebenfalls konnte ich häufig
beobachten, dass der Nacken im Kyo ist, während die Schultern im Jitsu sind. In einer
Behandlung zeigte sich auch deutlich, dass der Kopf im Jitsu ist.26
Diese durch Bo Shin gewonnenen Erkenntnisse können mir in der Folge helfen, meine
Behandlung auszurichten und den Ki-Fluss zu harmonisieren. Ich kann dem im Kopf
gestauten Ki anbieten, sich in die leeren und bedürftigen Zonen des Körpers zu bewegen
und so den Druck im Kopf lösen und die Verbindung von Kopf und Rest des Körpers
herstellen.
Allerdings habe ich auch erfahren, wie wichtig es im Zusammenhang mit Bo Shin ist, den
Blick offen und absichtslos zu bewahren. Denn auch wenn sich bestimmte Muster
regelmäßig zeigen, darf ich mich nicht dazu verleiten lassen, mit vorgefasster Meinung
und aus bereits gemachten Erfahrungen heraus, Bo Shin zu praktizieren. Sobald ich eine
fixe Vorstellung habe, verstellt sich mir buchstäblich der Blick und ich sehe nur noch, was
ich bereits erwartet habe und nicht das, was tatsächlich ist. Dies ist die Schwierigkeit von
Bo Shin: Die Theorien im Hinterkopf zu behalten und dennoch offen und achtsam zu
bleiben, um dann auf das zu vertrauen, was ich sehe – egal ob es sich mit der Theorie
deckt oder nicht. In diesem Sinne gilt für Bo Shin exakt dasselbe wie für die eigentliche
Behandlung. Je absichtsloser ich bin, umso mehr kann sich mir zeigen, was energetisch
da ist und was die Bedürfnisse meines Klienten sind. Und umso wirkungsvoller wird
meine Behandlung sein.

      4.2.4 Spontane Reaktionen auf eine Behandlung
Gerade bei akutem Kopfschmerz kann Shiatsu spontan eine Linderung der Schmerzen
bewirken. Dies konnte ich im Rahmen dieser Arbeit bei beiden Betroffenen beobachten.
Eindrücklich zeigten sich die Möglichkeiten von Shiatsu bei akutem Kopfschmerz beim

25
     Absichtsloses Schauen als Mittel der Diagnose
26
     siehe Protokolle im Anhang, S.33

                                                                                            22
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                    Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

Klienten BM an einem Tag, an dem er schon morgens mit starkem Kopfschmerz
aufgestanden war. Nach einer Behandlung am Nachmittag waren die Kopfschmerzen
komplett verschwunden, und der Klient gab an, sich schon lange nicht mehr so gut
gefühlt zu haben. Solch spontane positive Wirkungen erkläre ich mir damit, dass Shiatsu
durch seine sanften und behutsamen Techniken dem Empfangenden Raum verschaffen
kann, um zu entspannen und loszulassen. Und was – so jedenfalls meine Wahrnehmung
und Erfahrung – ist Schmerz anderes als Verdichtung, Fixierung und Enge? Mit einer
offenen Ausrichtung kann Shiatsu öffnend wirken, wodurch Schmerz sich zerstreuen und
auflösen kann. Der verdichtete Schmerz findet als Alternative erweiterten Raum im
Schwingungsraum des gesamten Körpers und über ihn hinaus.
Die Erklärung für solch spontane Reaktionen mag allgemein für Schmerzthematiken
gültig sein. Möglicherweise aber hat diese Bewegung in eine Öffnung und in den
Schwingungsraum des gesamten Körpers hinein bei Kopfschmerzpatienten noch eine
weitere Bedeutung. Wenn wir davon ausgehen, dass in unserem Kulturkreis eine
Spaltung zwischen Kopf und Körper weit verbreitet ist, so kann Shiatsu mit seiner
ganzheitlichen Herangehensweise und indem der ganze Körper wahrhaft berührt wird,
zurück zu einer Einheit von Kopf und Körper finden helfen. Mit anderen Worten: Der
Kopf, der vom Kopfschmerzbetroffenen als isoliertes Schmerzzentrum erlebt wird erhält
gewissermaßen den Körper zurück. Die einseitige Fixierung auf das Geschehen im Kopf
kann sich auflösen. Oder nochmals anders gesagt: Der Mensch kann sich wieder als
Ganzes und nicht nur als Kopf wahrnehmen. Dies ist allerdings eine These, der im
Rahmen dieser Arbeit nicht vertieft nachgegangen werden kann, die ich aber als
Überlegung einfließen lassen möchte.

    4.2.5 Allgemeine Tipps zur Verbesserung des Wohlbefindens
Da wie oben beschrieben bei Kopfschmerzen nahezu immer das Holzelement involviert
ist, empfiehlt sich für Kopfschmerzbetroffene alles zu meiden, was das Holzelement aus
dem Gleichgewicht bringt. Alles, was die aufsteigende Yang-Kraft des Holzes zu sehr
erhitzt, treibt das Ki nach oben und kann – kommt es zur Stagnation des Ki –
Kopfschmerzen auslösen. So können etwa starker Ärger, Wut oder Zorn das
Holzelement aus dem Gleichgewicht bringen, ebenso die Unterdrückung eben dieser
Emotionen. Weiter kann auch ein Zuviel des scharfen Geschmacks das Holzelement
schädigen. Dasselbe gilt für Alkohol, Gifte, Drogen und Medikamente.

                                                                                      23
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                       Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

Zudem kann alles, was das Yin der Nieren schwächt, auch das Holz und somit die
Leberfunktionen beeinträchtigen. Denn „das Yin der Nieren kühlt die Leber, deren
häufigstes Problem in unseren Gesellschaften eine Überhitzung ist.“27

        4.3 Ergebnisse

      4.3.1 Erkenntnisse aus der praktischen Arbeit
Aus den praktischen Erfahrungen mit Kopfschmerzklienten habe ich als allererstes
gelernt, dass es keine allgemein gültige Regel gibt. Jede Behandlung ist anders, in jeder
Behandlung sind die Bedürfnisse anders gelagert. Bo Shin, Aufmerksamkeit und das
Bewusstsein über die eigene Ausrichtung sind deshalb unabdingbare Aspekte, wenn es
darum geht, die für Kopfschmerzen relevanten Bereiche mit Unterbrechungsmustern
wahrzunehmen, sie wieder in das energetische Gesamtsystem eines Menschen zu
integrieren und so den Schwingungsraum für das Ki zu erweitern. Ein weiteres
Instrument, das sich wiederholt als sehr wertvoll und wirksam erwiesen hat, ist, selber
„Modell“ zu sein. Es bedeutet, dass ich beispielsweise bei Spannungen im Nacken-
Schulterbereich im meinem eigenen Körper mir diese Bereiche spiegelbildlich weit und
offen vorstelle und sie auch so wahrnehme. Mit dieser Technik kann ich dem Klienten
eine Alternative aufzeigen, wie sich diese Zone anfühlen könnte und ich kann ihm
anbieten, dieses Empfinden zu übernehmen. Dass die Methode wirkt, konnte ich
wiederholt beobachten, im Übrigen eignet sie sich für jede Art von Verspannung und
Blockaden; grundsätzlich immer, wenn es darum geht, den Schwingungsraum
auszuweiten.
Eine weitere Erkenntnis betrifft das Behandeln von akutem Kopfschmerz. Das Berühren
des Kopfes ist im Zustand von akutem Kopfschmerz heikel. Es fordert eine hohe
Achtsamkeit und vor allem auch eine klare eigene Ausrichtung. Fühle ich mich selber
unsicher oder gar ängstlich in der Berührung des Schmerzzentrums, so wird es
unmöglich, dem im Kopf blockierten Ki eine Alternative in Form eines erweiterten
Schwingungsraums anzubieten. Fühle ich mich selber beengt durch Zweifel,
Unsicherheit oder Ängstlichkeit, bin ich selber dicht und verschlossen und kann auch
meinem Klienten keine Weite anbieten. Selbstverständlich sind Ausrichtung und
Achtsamkeit in jeder Shiatsu-Behandlung zentral. Doch ist es wohl bei der Behandlung

27
     Rappenecker, Fünf Element und zwölf Meridiane, S. 39

                                                                                          24
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                    Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

von lokalen Schmerzzentren von besonderer Bedeutung im eigenen Geist offen und weit
zu sein.
Letztlich bleibt zu erwähnen, dass es sich nicht als ratsam erwiesen hat, die Behandlung
am Kopf abzuschließen. Es besteht die Gefahr, dass so die Aufmerksamkeit zum
Schluss noch einmal zu sehr auf den Kopf gelegt wird, mit anderen Worten: die Energie
zum Kopf geführt wird. Oder wie ein altes chinesisches Sprichwort sagt, das wird groß,
was am meisten Aufmerksamkeit erhält. Doch geht es bei Schmerzpatienten eben
gerade darum, den Fokus vom Ort des Schmerzes weg zu führen, den Ort des
Schmerzes also nicht noch größer werden zu lassen. Rappenecker etwa empfiehlt denn
auch, gegen Ende der Behandlung mit peripheren Bereichen zu arbeiten, um die
Verbindung dorthin zu unterstreichen und dem Energiefeld des Kopfes den ganzen
Körper als Schwingungsraum anzubieten.28

      4.3.2 Ausblick auf weiterführende Behandlungen
Beide im Rahmen dieser Arbeit behandelten Personen leiden seit mindestens 30 Jahren
regelmäßig unter teils heftigen Kopfschmerzen. Zwar konnten die Behandlungen ihnen
bisweilen Linderung verschaffen. Um aber bei solch chronischen Beschwerdebildern
nachhaltige Besserung zu erzielen, braucht es einen umfassenderen
Behandlungszeitrahmen, als die Rahmenfrist dieser Arbeit. Da die realisierten
Behandlungen durchaus positive Wirkungen zeigten, darf man zuversichtlich sein, dass
eine länger dauernde Behandlungsphase weitere Besserung zeitigen kann. In diesem
Sinne würde ich beiden Betroffenen empfehlen, die Behandlungen weiter fortzusetzen.

28
     Rappenecker, Shiatsu bei Kopfschmerzen, S. 11

                                                                                         25
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                     Shiatsu und Kopfschmerzen
Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

5 SCHLUSSTEIL

      5.1 Reflexion über die Diplomarbeit
Obwohl der Zeitrahmen für diese Arbeit eng gesteckt war, waren die intensive
Auseinandersetzung mit der Theorie zum Thema Shiatsu und Kopfschmerz sowie die
praktischen Erfahrungen mit dem Thema sehr spannend und lehrreich. Ich werde aus
dieser Arbeit mit Sicherheit viel auf meinen weiteren Weg im Umgang mit dem Thema
mit nehmen. Gleichzeitig bedeutet diese Arbeit auch den Anfang einer vertieften Arbeit
mit Shiatsu. In diesem Sinn bin ich gespannt, was noch kommen mag. Sicher ist, dass
Shiatsu mich fasziniert und dass diese Arbeit meine Faszination weiter verstärkt hat.

     5. 2 Konsequenzen für die Praxis
Nach allem, was ich für diese Arbeit recherchiert habe, erlebe ich als Konsequenz
Folgendes: Es gibt viele Theorien. Theorien sind für die Praxis auch spannend und
wichtig. Zentral für die praktische Arbeit aber ist Achtsamkeit. Ohne Achtsamkeit kann ich
nichts wahrnehmen. Ohne Achtsamkeit bin ich nicht respektvoll. Ohne Achtsamkeit bin
ich nicht absichtslos. Ohne Achtsamkeit gehe ich von Ideen aus und beginne zu
manipulieren, statt dass ich auf mein Gegenüber eingehe. Dies hat sich für mich in der
Arbeit mit Kopfschmerzbetroffenen einmal mehr gezeigt. Für mich ist Achtsamkeit der
Schlüssel zum Shiatsu und diese Haltung ist meine persönliche Konsequenz aus der
Auseinandersetzung mit dem, was Shiatsu ist und was Shiatsu bewirken kann.

                                                                                         26
Cristina Frey :: Diplomarbeit TAO CHI                      Shiatsu und Kopfschmerzen
 Fachrichtung Shiatsu :: Lehrgang 41

 6 LITERATURVERZEICHNIS

       6.1 Literatur
• Beresford-Cooke, Carola (2001). Shiatsu - Grundlagen und Praxis, Münche:
Urban&Fischer Verlag
• Bierbauch, Elvira (2006). Naturheilpraxis heute – Lehrbuch und Atlas (3. Auflage),
München: Urban&Fischer Verlag
• Elias, Jason und Ketcham, Katherine (1998). Traditionelle Chinesische Medizin –
Selbstheilung mit den fünf Elementen, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag
• Greinus, Holger (Hrsg) (2001). Kyo & Jitsu, Aachen: Verlag Edition Vitalis
• Itin, Peter (2007). Shiatsu als Therapie, Norderstedt: Books on Demand GmbH
• Karstädt, Uwe (1998), Ganz in meinem Element – Die Kraft der Persönlichkeit in den fünf
Elementen, Darmstadt: Kösel Verlag
• Rademacher, Walter (2008). Shiatsu in der Praxis, München: Urban&Fischer Verlag
• Rappenecker, Wilfried (2007). Fünf Elemente und zwölf Meridiane – ein Handbuch für
Shiatsu, Akupunktur und Körperarbeit (2. Auflage), Lehrte: Felicitas Hübner Verlag

       6.2 Internetadressen
• www.shiatsuverband.ch – „Shiatsu bei Kopfschmerzen“ von Barbara Ettler
• www.tcm-info.ch – „Kopfschmerzen und Migräne“ von Gabriel Stux, deutscher
Akupunktur-Spezialist und Buchautor
• www.gesundheitsprechstunde.ch/migraene – „Migräne-Lexikon“
• www.kopfschmerzen.de – Portal für Fragen rund um Kopfschmerzen & Migräne
• www.shiatsu-austria.at – „Shiatsu bei Kopfschmerzen“ von Wilfried Rappenecker
• www.shiatsu-salzburg.at – „Shiatsu bei Kopfschmerzen“ von Peter Sandbirchler

                                                                                        27
Sie können auch lesen