Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich

 
WEITER LESEN
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
Infonium
 PH Zug 3/2020
 Doppeltes
 Kompetenzprofil

                   Pädagogische Hochschule Zug
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
Editorial                                                         Inhalt

                                                                  Editorial2
                                                                  Schul- und Berufspraxis erfahren, verstehen, erkennen   3–6
                                                                  Dank gemachter Praxiserfahrungen nun selbstbewusster      7
                                                                  Teilnehmende berichten von ihren Erfahrungen            8–9
                                                                  Den Berufsfeldbezug stärken!
                                                                  Mit der Co-Projektleitung im Gespräch                    10
                                                                  DKP-Projektergebnisse auch nach Abschluss weiter
                                                                  in PH-Landschaft sichtbar                                11
                                                                  «Brennpunktschulen» sind besonders gefordert –
                                                                  gerade in Zeiten von COVID-19                         12–13
Esther Kamm                                                       Soziale Resonanz in der Krise – und auf einmal
                                                                  wird klar, wie wichtig die Lehrperson ist             14–15
                                                                  Philosophieren mit Kindern: ein Beitrag zur
                                                                  Politischen Bildung? Bachelor-Arbeit                  16–17
                                                                  Die Multitaskerin, der Sportjunkie und die Einsame:
                                                                  Studierendenkolumne18
                                                                  Informationen aus den Leistungsbereichen                 19
                                                                  Veranstaltungen20

Wer an der PH Zug Lehrerinnen und Lehrer ausbilden will, hat      gogische Hochschulen der deutschsprachigen Schweiz
idealerweise ein Lehrdiplom als Kindergärtner*in oder Primar­     (S. 3–6).
lehrer*in und mehrere Jahre als Klassenlehrperson unterrichtet.   Am Qualifizierungsangebot «Doppeltes Kompetenzprofil» (DKP)
Zusätzlich wird ein Master in jenem Fach verlangt, das jemand     nahmen mehrere Mitarbeitende der PH Zug teil. Im «Infonium»
an der PH Zug unterrichtet. Wünschenswert sind zudem ein          erzählen sie, weshalb sie beim DKP mitgemacht und wie sie vom
Doktorat und Forschungserfahrung. Ergänzend dazu haben            Angebot profitiert haben (S. 7–9). Die beiden Co-Leiterinnen
Dozierende in der Lehrer*innenbildung eine Weiterbildung in       Simone Heller-Andrist und Christa Scherrer erzählen von ihren
Erwachsenenbildung bzw. Hochschuldidkatik absolviert, um          gewonnenen Erkenntnissen bei der Entwicklung und Durchfüh­
PH-Studierende und Lehrpersonen in Weiterbildungskursen           rung des Studiengangs sowie des Gesamtprojekts (S. 10).
kompetent unterrichten zu können.                                 Ende 2020 wird das DKP-Pilotprojekt beendet. Das Programm
                                                                  wird aber erfreulicherweise in der Förderperiode 2021–2024
Es sind sehr hohe Anforderungen, die an Dozierende von Päda­      von swissuniversities weitergeführt (S. 11). Es freut mich sehr,
gogischen Hochschulen gestellt werden und die von der EDK         dass ich neu als Mitglied der Steuergruppe des Programms P-11
reglementarisch festgehalten sind. Man spricht dabei vom          in den Prozess eingebunden bin. Ein erstes starkes Signal konn­
«Doppelten Kompetenzprofil»: Dozierende müssen neben den          te mit der Lancierung des CAS «Den Berufsfeldbezug stärken!»
akademischen Qualifikationen auch über einen ausgewiesenen        bereits gesetzt werden. In diesem Sinne bin ich überzeugt, dass
Berufsfeldbezug verfügen. Es ist deshalb für alle PHs der         an den Pädagogischen Hochschulen auch in Zukunft qualifizier­
Schweiz anspruchsvoll, Personal mit all diesen Qualifizierungen   te Dozierende Lehre, Forschung und Praxis verknüpfen und
zu rekrutieren. Daher wurde im Rahmen eines Pilotprogramms        unser Bildungssystem weiterentwickeln werden.
eine Weiterqualifikation für PH-Mitarbeitende im Bereich der
Praxisorientierung (Berufsfeldkenntnisse) geschaffen. Im Fokus    Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
stand das wissenschaftliche Personal ohne Lehrdiplom und
Praxiserfahrung oder dessen Praxiserfahrung knapp ist oder        Prof. Dr. Esther Kamm
bereits lange zurückliegt. Am Projekt partizipierten neun Päda­   Rektorin

2
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
Schul- und Berufspraxis erfahren, erkennen, verstehen

Unter welchen Voraussetzungen kann eine Dozen­                Pädagogischen Hochschulen – institutionelle
tin, die ein Fachstudium absolvierte, selbst aber             und individuelle Anforderungen an den Berufs­
nie Lehrerin war, erfolgreich in der Lehre an der             feldbezug» nahelegt, liegt der Schwerpunkt bei
PH tätig sein? Über welches Wissen zum Schul­                 der Gestaltung des Berufsfeldbezugs und den
system muss eine Beratungsperson verfügen, um                 hierfür erforderlichen Voraussetzungen, ohne
erfolgreich beraten zu können? Welche Kenntnis­               dass dafür die Wissenschaftlichkeit aus dem
se des Berufsalltags von Lehrer*innen benötigen               Blick gerät. Das Projekt ist Teil des Programms
Forschende, um mit ihnen zusammen in gemisch­                 P-11 «Pilotprogramm zur Stärkung des doppel­
ten Arbeitsgruppen Entwicklungsprojekte zu reali­             ten Kompetenzprofils beim FH- und PH-Nach­
sieren?                                                       wuchs» von swissuniversities.
                                                              Die breite Abstützung des Projekts in der PH-
Unter dem Begriff «Doppeltes Kompetenzpro­                    Landschaft der Schweiz ist durch die Projekt­
fil» (DKP) (vgl. swissuniversities, 2017) suchen              ziele begründet, die qualitative sowie personel­
die Pädagogischen Hochschulen (PH) Antwor­                    le Fragen der Hochschulen und damit
ten auf solche Fragen. DKP steht für das                      Kernfragen der Hochschulentwicklung betref­
Selbstverständnis der PHs, wonach sie ihre                    fen: Das Projekt leistet einerseits einen Beitrag
Kernaufgaben wissenschaftlich wie für die                     an die Weiterentwicklung des Verständnisses
Schul- und Berufspraxis der Zielstufen bedeut­                des doppelten Kompetenzprofils und trägt da­
sam bearbeiten. Die damit einhergehende                       mit zum Diskurs innerhalb und zwischen den                 Ein Projekt –
                                                                                                                         neun Hochschulen
Selbstverpflichtung ist weitgehend unbestrit­                 PHs sowie in der Scientific Community und
ten, die Art und Weise der Umsetzung des                      dem Berufsfeld bei. Anderseits entwickelt                  Der Beitrag zur Bedeutung des
                                                                                                                         Berufsfeldbezugs für die Lauf­
damit einhergehenden Anspruchs und die er­                    es mit Fokus auf der Berufspraxis und der Pro­             bahn an Pädagogischen Hoch­
forderlichen Voraussetzungen des wissen­                      fession und vor dem Hintergrund des vierfa­                schulen entstand im Kontext des
schaftlichen Personals der PHs1 hierfür werden                chen Leistungsauftrags ein Angebot für wis­                Projektes «Doppeltes Kompetenz­
allerdings kontrovers diskutiert.                             senschaftliches PH-Personal, das seinen                    profil der Pädagogischen Hoch­
                                                                                                                         schulen: Institutionelle und indi­
                                                              aufgabenspezifischen Berufsfeldbezug aufbau­               viduelle Anforderungen an den
Wissenschaftlich und am Schulfeld orientiert                  en, erweitern oder aktualisieren möchte (siehe             Berufsfeldbezug», das von den
Ein Verbund von neun PHs kümmert sich im                      Interviews mit Teilnehmenden auf S. 7–9). Der              Pädagogischen Hochschulen Zug
Zeitraum 2017–2020 in einem vom Bund geför­                                                                              und Zürich als Leading Houses
                                                                                                                         (Co-Projektleitung Simone Hel­
derten Hochschulentwicklungsprojekt um die                    1   Der vorliegende Artikel verwendet die verbreiteten
                                                                                                                         ler-Andrist, Christa Scherrer)
Orientierung der Lehrer*innenbildung sowohl                       Bezeichnungen Dozent*in/Dozierende und wissen­         sowie den Pädagogischen Hoch­
an der Wissenschaft als auch am Berufsfeld.                       schaftliche Mitarbeiter*in und dafür den Oberbegriff   schulen Luzern (Kathrin Kram­
Die PH Zug leitet das Projekt zusammen mit                        wissenschaftliches Personal, ausser an explizit be­    mer, Jürg Arpagaus), Zürich (Eli­
                                                                                                                         sabeth Hardegger) und Zug
der PH Zürich als Co-Leading-House. Wie der                       zeichneten Stellen ohne Anspruch auf Trennschärfe
                                                                                                                         (Clemens Diesbergen) und der
Projekttitel «Doppeltes Kompetenzprofil der                       bzgl. der Funktion.                                    Interkantonalen Hochschule für
                                                                                                                         Heilpädagogik (Susanne Amft) in
                                                                                                                         der Kerngruppe geführt wird. Die
                                                                                                                         PH FHNW (Eliane Künzli), die PH
                                                                                                                         Schwyz (Kathrin Futter), die PH
                                              Disziplinäre                                                               St. Gallen (Katrin Graber), die PH
                                             Kompetenzen                                                                 Thurgau (Christoph Suter) sowie
                                                                                                                         die PH Graubünden (Men Gustin)
                                                                                                                         engagieren sich für das Projekt
                                                                                  Überfachliche Kompetenzen
                                                   Transfer

                                                                                                                         im Rahmen der Begleitgruppe des
                                                                                  – personal
                                                                                                                         Projekts und «last, but not least»
                                                                                  – sozial
                                                                                  – methodisch                           Markus Fischer als wissenschaft­
                                                                                                                         licher Mitarbeiter (siehe www.
                                                                                                                         dkp-ph.ch). Markus Roos (PH
                                               Performanz                                                                Zug) leitet die Begleitevaluation
                                                                                                                         zum Projekt. Der vorliegende
                                                                          Tr
                                   r
                                fe

                                                                                                                         Artikel ist insofern Teil des Pro­
                                                                             a
                              ns

                                                                            ns
                               a

                                                                             fe

                                                                                                                         jektes, als er auf die im Projekt
                            Tr

                                                                                 r

                                                                                                                         verfolgten Arbeiten zur Weiter­
             Institutionelle und                                             Berufsfeldbezogene                          entwicklung des Verständnisses
               organisationale                                                  Kompetenzen
                Kompetenzen                                                                                              des Berufsfeldbezugs Pädagogi­
                                                                                                                         scher Hochschulen, die gemein­
                                                                                                                         samen Entwicklungsarbeiten
                                                                                                                         sowie Evaluationsergebnisse
                                                                                                                         zurückgreift.
Modell «Kompetenzprofil des wissenschaftlichen Personals an PHs» (vgl. Scherrer et al., eingereicht)

                                                                                                                                                          3
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
Berufsfeldbezug zeigt sich dabei wie folgt: Das          Qualifikationen sowie in der Regel über ein
                                       wissenschaftliche Personal der PHs schafft               Lehrdiplom und Unterrichtserfahrung auf der
                                       mit (oder bei) der Bearbeitung seiner Aufgaben           Zielstufe verfügen sollen. Das Modell «Kompe­
                                       für sich oder andere (z. B. Studierende) Zugän­          tenzprofil des wissenschaftlichen Personals an
                                       ge zum Schul-/Berufsfeld und/oder es bear­               PHs» (vgl. Scherrer, Heller-Andrist, Suter &
                                       beitet gemeinsame Projekte mit Personen aus              Fischer, eingereicht) verdeutlicht, dass zur si­
                                       beiden Feldern und es kommuniziert adressa­              tuationsadäquaten Performanz mehrere Kom­
                                       tenorientiert. Zentral für einen aktuellen               petenzbereiche zueinander in Bezug stehen
                                       Schul-/Berufsfeldbezug ist das Verstehen und             müssen (vgl. Abb. 1). Es verdeutlicht, dass die
                                       wissenschaftlich begründete sowie transfor­              berufsfeldbezogenen Kompetenzen mit den
                                       mative Übertragen von kontextualisierbaren               disziplinären Kompetenzen (z. B. Mathematik,
                                       Erkenntnissen zur Berufspraxis in das eigene             Bildungswissenschaft) sowie den institutionell-
                                       Arbeitsfeld und in die Situationen der Hoch­             organisationalen Kompetenzen (z. B. Kenntnis­
                                       schulpraxis.                                             se zur Rollengestaltung als Mentoratsperson)
                                                                                                profilbildend relationiert sind und dass zur Per­
                                       Das Projekt, seine Bedeutung und ausgewählte             formanz die je nach Aufgabe typischen Metho­
                                       Ergebnisse werden nachfolgend anhand ausge­              den (z. B. Forschungsmethoden, hochschuldi­
                                       wählter Themenschwerpunkte beleuchtet.                   daktische Methoden) und personalen und
                                                                                                sozialen Kompetenzen erforderlich sind.
                                       Der Berufsfeldbezug als Teil des Kompetenz-
                                       modells für das wissenschaftliche Personal               Den Berufsfeldbezug von Dozierenden und wis­
                                       Der Topos «Doppeltes Kompetenzprofil» legt               senschaftlichen Mitarbeitenden an PHs zu
                                       auf den ersten Blick nahe, dass sich das pro­            stärken, bedeutet also nicht, ihre Unterrichts­
                                       fessionelle Arbeiten des wissenschaftlichen              kompetenzen für die Kindergarten- oder Pri­
                                       Personals an PHs einzig aus seinen wissen­               marschulpraxis aufzubauen oder zu aktualisie­
                                       schaftlichen und seinen berufsfeldbezogenen              ren. Da die Schulpraxis der Volksschule und
                                       Kompetenzen aus der eigenen Unterrichtstä­               die Hochschulpraxis als zwei unterschiedliche
                                       tigkeit auf der Zielstufe speist und sich formal         Arbeitsbereiche mit unterschiedlichen Zielen
                                       im Hochschulabschluss und dem Zielstufendi­              und Anforderungen betrachtet werden (vgl.
                                       plom zeigt. Bereits für Dozierende mit einem             Leonhard, 2018), geht es vielmehr darum, das
                                       Auftrag in der Lehre ist dies allerdings zu sehr         Wissen und Verständnis des wissenschaftli­
                                       verkürzt. Im Reglement über die Anerkennung              chen Personals für das Schul- und Berufsfeld
                                       von Lehrdiplomen für den Unterricht auf der              so zu stärken, dass sie ihre Arbeit auch in Be­
                                       Primarstufe, der Sekundarstufe I und an Matu­            zug auf das Berufsfeld bedeutsam und im Aus­
                                       ritätsschulen (vgl. EDK, 2019, Art. 20) ist fest­        tausch anschlussfähig gestalten können. Ist
                                       gehalten, dass Dozierende zusätzlich zum                 eine Dozentin beispielsweise mit dem Konzi­
                                       Hochschulabschluss im zu unterrichtenden                 pieren eines Lehrmittels befasst, benötigt sie
                                       Fachgebiet auch über hochschuldidaktische                einen Berufsfeldbezug, um auf Erfahrungen der

Kompetenzen zur berufsfeldbezogenen Aufgabenbearbeitung
Die folgenden Kompetenzen beschreiben die aufgabenspezifische Bezug­          d. verfügen über Zugänge und Methoden, um ausgewählte Aspekte des
nahme des wissenschaftlichen Personals Pädagogischer Hochschulen                 Berufsfelds zu verstehen.
auf das Berufsfeld. Die Kompetenzen sind unter Berücksichtigung der           e. erkennen Zusammenhänge im schweizerischen Bildungssystem und
individuellen Arbeitssituation und hinsichtlich ihrer Bedeutung für die          die daraus resultierende Komplexität und Dynamik im Berufsfeld.
Laufbahngestaltung zu interpretieren und zu konkretisieren.                   f. verstehen die Rolle und Aufgaben von Akteur*innen des Berufsfelds,
                                                                                 die Fähigkeiten, Einstellungen und Werte, die ihre Profession erfor­
Der Reihenfolge der zehn Kompetenzen liegt ein Dreischritt zugrunde,
                                                                                 dert, und ihre Gestaltungsräume und -bedingungen im Berufsfeld.
der den sich wiederholenden Prozess der Bezugnahme zum Berufsfeld
                                                                              g. erfahren und erkennen, wie Akteur*innen des Berufsfelds (Lehrperso­
beschreibt:
                                                                                 nen, Schulische Heilpädagog*innen, Schulleitende,
1. Schritt: Aufgaben und Berufsfelder (a/b/c);                                   Praktikant*innen ...) Schule und Unterricht erleben, beurteilen und
2. Schritt: Erfahrungen und Erkenntnisse (d/e/f/g);                              darin handeln.
3. Schritt: Transfer und Performanz (h/i/j).                                  h. können die Aufgaben- und Fragestellungen sowie die Herausforderun­
                                                                                 gen im Berufsfeld auf den Leistungsauftrag der PH beziehen.
Die Dozierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitenden der PH                  i. erkennen Innovationen und Entwicklungen im Berufsfeld und setzen
a. verorten ihre Tätigkeit sowie ihre berufsbiografische Entwicklung (Lauf­      diese Kenntnisse in Bezug zu ihrem Arbeitsfeld an der PH.
   bahn) im Systemzusammenhang der PH.                                        j. können Erfahrungen und Erkenntnisse aus dem Berufsfeld auf wissen­
b. erkennen in ihren aktuellen oder zukünftigen Aufgaben den Bedarf, die         schaftlicher Basis für ihre Tätigkeit an der PH auf­a rbeiten.
   Möglichkeiten und den Fokus des Berufsfeldbezugs.
c. beziehen ihre berufsbiografischen Ressourcen in die Bedarfsanalyse
   zur Herstellung des Berufsfeldbezugs ein.

4
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
Einen Einblick in die Praxis erhalten.

konkreten Umsetzung der Aufgaben aus dem                   entwicklung erfolgen kann. Die PHs mussten
Lehrmittel in verschiedenen Klassen der Ziel­              also Wege finden, die Kompetenzen beim eige­
stufe und aus Sicht der Lehrpersonen wie der               nen Personal bezüglich dem Praxis- und Pro­
Schüler*innen zugreifen zu können.                         fessionsbezug für die Aufgaben an der PH si­
                                                           cherzustellen und weiterentwickeln zu können.
Laufbahnmöglichkeiten an PHs                               Das Berufsfeld sowie der gesellschaftliche
Zur Professionalisierung von wissenschaftli­               Schulkontext sind einem stetigen Wandel un­
chen Mitarbeitenden und Dozierenden, die im                terworfen, was die Aktualisierung einmal er­
Rahmen des vierfachen Leistungsauftrags an                 worbener Kompetenzen erfordert.
PHs arbeiten, standen bisher primär Qualifizie­
rungsmassnahmen im Bereich der Wissen­                     CAS «Den Berufsfeldbezug stärken!»
schaftsorientierung 2 oder der Methodenkom­                Das vorgängig genannte Projekt machte mög­
petenzen3 zur Verfügung. Derweil bestand im                lich, dem beschriebenen Entwicklungsbedarf
Bereich der Berufsfeldorientierung allerdings              im Umgang mit den vielfältigen Berufsbiografi­
Nachholbedarf. Da beim wissenschaftlichen                  en des wissenschaftlichen Nachwuchses und
Personal in jüngerer Zeit die erforderliche Dop­           der Stärkung ihres Berufsfeldbezugs nachzu­
pelqualifikation (vgl. EDK-Anerkennung für Do­             kommen. Es wurde im Rahmen des Projekts
zierendenprofile) vermehrt nicht mehr nachge­              ein Studienangebot4 entwickelt, durch dessen
wiesen werden konnte, stellte sich zunehmend               Absolvierung das wissenschaftliche Personal
die Frage, wie eine entsprechende Personal­                seinen Berufsfeldbezug aufbauen, erweitern
                                                           oder aktualisieren kann.
2   Zum Beispiel spezifische Masterstudiengänge, Nach­    Wesentlich ist dabei, dass sich die Teilnehmen­
    wuchsförderungsprojekte in den Fachdidaktiken          den zur Ausgestaltung ihres individuellen Be­
    (vgl. PgB-Projekt «Aufbau Wissenschaftlicher Fachdi­   rufsfeldbezugs an ihrer Tätigkeit an der PH ori­
    daktiken»), Promotionsprojekte (vgl. PgB-Projekt 1,    entieren: Davon ausgehend, mit welchen
    TP 2 und 3) oder Habilitationsprogramme.
3   Zum Beispiel CAS «Mentorin und Coaching in der Leh­   4   Der Begriff «Studienangebot» bezeichnet das bereits
    rerinnen- und Lehrerbildung» oder CAS Hochschul­           durchgeführte pilotierte Angebot, während «Studien­
    didaktik.                                                  gang» sich auf den künftigen CAS-Studiengang bezieht.

                                                                                                                       5
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
Aufgaben sie betraut sind oder welche Aufga­       Coach begleitet werden. Es gehört zu den im
                                      ben ihnen künftig übertragen werden, erörtern      Studienangebot angelegten Lernmöglichkei­
                                      sie im Austausch mit ihrer personalverantwort­     ten, dass die Teilnehmenden den Berufsfeld­
                                      lichen Person die Ausrichtung des zu stärken­      bezug auch nach Abschluss der Weiterqualifi­
                                      den Berufsfeldbezugs.                              kation weiter pflegen können.
                                      Die Teilnehmenden besuchen das Berufsfeld,
                                      das auch das erweiterte Schulfeld mitein­          Stärkung der regionalen Zusammenarbeit
                                      schliesst (Volksschule, Sekundarstufe II, Be­      Den PHs wurde an der EDK-Bilanztagung II zur
                                      rufsbildung, Schulbehörden, Schulverwaltung,       Lehrer*innenbildung eine erhöhte Verantwor­
                                      Schulführung, Bildungspolitik, Einrichtungen       tung für die Wahrnehmung und Gestaltung der
                                      zur Unterstützung von Schulen etc.), immersiv      «Professionellen Allianz» zwischen den PHs
                                      und geleitet vom spezifischen Erkenntnisinter­     und dem Schul- und Berufsfeld zugesprochen
                                      esse. Sie erhalten dabei vertiefte Einblicke und   (Ambühl & Stadelmann, 2010). Dabei ist be­
                                      etablieren persönliche Kontakte zu Personen        deutend, dass die Interaktionen über die Sys­
                                      und Institutionen im Umfeld ihrer Tätigkeit an     temgrenzen Pädagogische Hochschule –
                                      der PH. Den Schul- und Berufsalltag erfahren       Volksschule hinweg als substanzielle
                                      sie explorativ und stellen Bezüge her zwischen     Entwicklungsmomente verstanden werden, bei
                                      den gewonnenen Einsichten und Erkenntnissen        denen gemeinsam geteilte professionelle Fra­
Literatur                             und ihren Aufgaben an der PH.                      gen aufgabenbezogen im Fokus stehen und
Ambühl, H. & Stadelmann, W.           Gibt eine Dozentin beispielsweise Vorlesungen      entschieden werden (vgl. Bucher et al., 2011,
(Hrsg.) (2010). Tertiarisierung der   für Bildungssoziologie, können ein Job-Shado­      S. 63).
Lehrerinnen- und Lehrerbildung.
                                      wing und Unterrichtsbeobachtungen auf der          Mit den Projektarbeiten konnten über die Ent­
Bilanztagung I, Studien + Berich-
te | 30A. Bern: Schweizerische        Kindergarten- und Primarstufe zu konkreten         wicklung eines Qualifizierungsangebotes hin­
Konferenz der kantonalen Erzie­       Anschauungsbeispielen aus der Schul- und           aus Strukturen und Arbeiten lanciert und reali­
hungsdirektoren (EDK).                Unterrichtspraxis bzw. dem Berufsalltag für        siert werden, die den Dialog mit der Praxis in
Bucher, B., Leder, C., Bircher, W.,   ausgewählte soziologische Inhalte führen (vgl.     etablierten Rahmen stärken. In die Projektar­
Rohner, R., Rosenberg, S., Salz­      hierzu auch die Kurzporträts der Teilnehmen­       beiten waren, z. B. im ersten Hearing zur Ge­
mann, M. & Schärer, H.-R. (2011).     den der PH Zug auf S. 7–9). Nebst dem mit          staltung der immersiven Arbeiten der PH-Do­
Governance der Lehrerinnen- und
Lehrerbildung in der Schweiz. In
                                      einer Fragestellung gefassten Erkenntnisinter­     zierenden während des Studiengangs,
H. Ambühl & W. Stadelmann             esse braucht es hierzu auch passende Zugän­        Vertretende des LCH, des Verbandes der
(Hrsg.), Wirksame Lehrerinnen-        ge zum Berufsfeld, einschlägiges wissen­           Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz sowie
und Lehrerbildung, gute Schulpra-     schaftliches Wissen zum fokussierten Thema         auch ein Rektor einer gemeindlichen Schule
xis, gute Steuerung. Bilanztagung
II, Studien + Berichte | 33A
                                      wie auch grundlegendes Wissen, bspw. zum           des Kantons Zug und eine Praxislehrperson der
(S. 56–78). Bern: Schweizerische      Unterricht auf der Zielstufe. Im Nachgang der      PH Zug involviert. Der PH Zug ist es ein Anlie­
Konferenz der kantonalen Erzie­       Immersion im Feld ist eine vertiefte Reflexion     gen, dem Dialog mit den Schulen im Dienst der
hungsdirektoren (EDK).                notwendig und es braucht hochschuldidakti­         gegenseitigen Professionalisierung weiterhin
EDK (2019). Reglement über die        sche Kompetenzen, um das Gelernte in der           Aufmerksamkeit zu schenken.
Anerkennung von Lehrdiplomen          Lehre fruchtbar umzusetzen. Die gewonnenen
für den Unterricht auf der Primar-
stufe, der Sekundarstufe I und an
                                      Einsichten sollen das Lernen der Studierenden
Maturitätsschulen. Bern: Schwei­      befördern. Der Prozess der Stärkung der auf­       Dr. Christa Scherrer, Co-Projektleiterin DKP
zerische Konferenz der kantona­       gabenspezifischen Berufsfeldbezüge erfolgt         und Dozentin Bildungs- und Sozialwissen-
len Erziehungsdirektoren (EDK).       also wissenschaftlich fundiert: Im Rahmen          schaften PH Zug
Leonhard, T. (2018). Das Ende         eines Pflicht- und Wahlmodulangebots sowie         Prof. Dr. Clemens Diesbergen, Mitglied
von Theorie und Praxis? Versuch       in individuellen Fachberatungen (Einzel­           Kerngruppe DKP, Prorektor und Leiter Aus-
einer alternativen Rahmung für
                                      coachings) kann nach individuellem Bedarf          bildung PH Zug
die Lehrerinnen- und Lehrerbil­
dung. In C. Fridrich, G. Mayer-       Wissen erworben werden. Die Prozessbeglei­         Dr. Simone Heller-Andrist, Co-Projektleite-
Frühwirth, R. Potzmann, W. Greller    tung der Immersion im Schul- und Berufsfeld        rin DKP, Projektleiterin für Entwicklungs-
& R. Petz (Hrsg.), Forschungsper-     erfolgt in Workshops in Lerngruppen (Peer-         und Weiterbildungsangebote im Hochschul-
spektiven 10 (S. 11–26). Münster:
                                      Group-Workshops), die jeweils von einem            bereich PH Zürich
LIT.

Scherrer, C., Heller-Andrist, S.,
Suter, C. & Fischer, M. (einge­
reicht). Die Bedeutung des Berufs­
feldbezugs für Laufbahnen
an PHs. Beiträge zur Lehrerinnen-
und Lehrerbildung, 38 (3).

swissuniversities (2017). Merk-
male des Hochschultypus Pädago-
gische Hochschulen. Bern: swiss­
universities: Kammer PH.

6
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
Dank gemachter Praxiserfahrungen nun selbstbewusster

Judith Kreuz ist Dozentin am Zentrum Mündlich­
keit und unterrichtet in Ausbildungsmodulen. Wie
konnte sie vom Qualifizierungsangebot «Doppeltes
Kompetenzprofil» (DKP) profitieren?

«Beim DKP habe ich mitgemacht, weil ich einen
Einblick in die Praxis erhalten wollte», erklärt
Judith Kreuz. «Bei meinem Unterricht an der
PH Zug, aber auch bei meinen Forschungspro­
jekten habe ich festgestellt, dass mir die Nähe
zum Schulfeld fehlt.» Die Sprachwissenschaft­
lerin hat deshalb bei einer erfahrenen Lehrerin
der 6. Primarklasse hospitiert und selber Lekti­
onen im Fach Deutsch unterrichtet. Dabei hat
sie bewusst dieselben Lehrmittel und densel­
ben Vorbereitungsraster für ihre Lektionen
eingesetzt wie ihre Studierenden. «Dank mei­
ner eigenen Unterrichtstätigkeit und dem Ein­
blick in eine Primarklasse kann ich mich nun
besser in die Denkweise meiner Studierenden        Judith Kreuz hat sich mit der Praxis vernetzt.
hineinversetzen», ist Judith Kreuz überzeugt.
«Und auch bezogen auf Forschungsprojekte           immer noch viel Verbesserungspotenzial»,
und Weiterbildungskurse hilft es mir einzu­        zeigt sie sich kritisch.
schätzen, an was für neuen Erkenntnissen und
Inhalten Lehrpersonen wirklich interessiert        Praxis mit Theorie verknüpfen
sind.»                                             Einen grossen Unterschied zu ihrem Unterricht
                                                   an der PH hat sie beim Engagement der Ler­
Eigenen Unterricht analysiert                      nenden festgestellt. «Die Studierenden sind
Beeindruckt hat sie, wie gut das Classroom-        eher zurückhaltend. Die Schülerinnen und
Management bei der besuchten Primarklasse          Schüler meldeten sich von alleine, stellten Fra­
funktioniert hat. «Die Schülerinnen und Schü­      gen. Diese aktive Teilnahme war einerseits
ler wussten ohne grosse Anleitung der Leh­         eine sehr schöne Erfahrung. Anderseits war es
rerin, was sie zu tun hatten. Sie haben sehr       so anspruchsvoller, eine Lektion gemäss Pla­
selbständig gearbeitet z. B. in Form von Werk­     nung durchzuführen. Aber ich denke, eine gute
stattunterricht oder Gruppenarbeiten.» Span­       Lehrperson muss die Fähigkeit haben, vom
                                                                                                      Judith Kreuz
nend fand Judith Kreuz auch, einen Eindruck        Schema eines Rasters situativ abzuweichen.»
von der Atmosphäre in einem Primarschulhaus        Judith Kreuz hat sich im Voraus auch mit den       Dr. des. Judith Kreuz arbeitet seit
                                                                                                      2014 am Zentrum Mündlichkeit
zu gewinnen, sich im Lehrerzimmer mit ande­        Professionsstandards für Lehrpersonen be­          der PH Zug. Angestellt wurde sie
ren Lehrpersonen auszutauschen, von den täg­       schäftigt und festgestellt, dass die hohen An­     dazumal, um beim SNF-Projekt
lichen Freuden und Sorgen zu erfahren.             sprüche gar nicht immer erfüllt werden kön­        «Argumentative Gesprächskom­
Judith Kreuz hat ihren eigenen Unterricht, aber    nen. «Dafür ist Schule bzw. der Unterricht zu      petenz in der Schule» mitzuarbei­
                                                                                                      ten. In der Zwischenzeit ist sie
auch jenen der erfahrenen Lehrperson video­        komplex. Die Professionsstandards müssen in        auch in der Lehre tätig und unter­
grafiert und anschliessend analysiert. Ihre Un­    der Praxis heruntergebrochen und den jeweili­      richtet unter anderem in den
terrichtssequenzen hat sie mit ihrem persönli­     gen Situationen angepasst werden.»                 Modulen «Mündliche Kommunika­
chen Coach zusammen ausgewertet. «Es war           Ihre gesammelten Praxiserfahrungen konnte          tion» sowie «Wissenschaftliches
                                                                                                      Arbeiten». Ebenfalls leitet sie die
eine gute Erfahrung, zusammen mit einer er­        Judith Kreuz bereits in ihrem Unterricht ein­      «Sprechberatung» der PH Zug, in
fahrenen Dozentin zu besprechen, weshalb           bauen. «Ich kann nun von meinen eigenen Pra­       der Studierende bezüglich Auf­
was im Unterricht wie geplant funktioniert hat     xiserfahrungen erzählen und diese mit der von      trittskompetenz und Stimmwir­
und in welchen Sequenzen es anders heraus­         mir vermittelten Theorie verknüpfen. Dies          kung beraten und unterstützt
                                                                                                      werden. Die Gesprächsforschung
gekommen ist als vorgesehen», sagt die             kommt bei den Studierenden sehr gut an, weil       ist bis heute ihr Steckenpferd
Sprachwissenschaftlerin. «Wobei anders nicht       ich ähnliche Situationen erlebt habe wie sie in    geblieben. Ihre Dissertation hat
immer schlecht sein muss.» Die Videoanalyse        ihren Praktika.»                                   sie über Ko-Konstruiertes Argu­
hat ergeben, dass ihr Unterricht gar nicht                                                            mentieren in mündlichen Grup­
                                                                                                      pendiskussionen bei Grundschul­
schlecht war, auch wenn sie dies in der Situa­     Luc Ulmer,                                         kindern verfasst.
tion selber so empfunden hatte. «Es gibt aber      Leiter Kommunikation & Marketing
                                                                                                                                        7
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
Teilnehmende berichten von ihren Erfahrungen

                                    Sylvia Nadig, Fachschaftsleiterin                    schule konnte ich durch dieses Programm we­
                                    und Dozentin                                         sentlich intensivieren, auch für die Zukunft. Ich
                                    Sylvia Nadig ist ausgebildete Gymnasiallehrerin      schätzte es, dass wir nicht Zeit investieren
                                    für Englisch und Französisch mit mehrjähriger        mussten, um eine schriftliche Arbeit über un­
                                    Unterrichtserfahrung in beiden Sprachen auf der      sere Feldarbeit zu schreiben, sondern sie
                                    Sekundarstufe II. Zudem war sie als Lehrerin für     mündlich an einer Schlusstagung präsentieren
                                    Englisch für Primarschulkinder in der Sprachschu­    können. Schade fand ich, dass in den Modulen
                                    le «The Language Company – English for Youngs­       kaum Praktiker*innen als Vortragende einbe­
                                    ters» in Zug tätig. Sie ist seit Beginn der PH Zug   zogen wurden.
                                    Fachschaftsleiterin Fremdsprachen und Dozentin
                                    für Fachdidaktik Englisch Primarstufe sowie Aus­     Wie können Sie Ihre neu angeeigneten Kompe­
Sylvia Nadig, Teilnehmerin          tauschverantwortliche des Kantons Zug.               tenzen in Ihr jetziges und zukünftiges Berufs­
                                                                                         leben einbringen?
                                    Weshalb haben Sie beim Projekt Doppeltes Kom­        Beim Thema Native Speakers konnte ich
                                    petenzprofil mitgemacht?                             bereits sehr viel in meine Unterrichtstätigkeit
                                    Als ich von diesem Angebot hörte, war ich so­        an der PH einbringen. So haben die Studieren­
                                    fort begeistert. Obwohl ich in meinen 16 Jahren      den im vergangenen Frühlingssemester
                                    an der PH Zug noch nie von Studierenden dar­         z. B. zu jeder Unit des Lehrmittels Young World
                                    auf angesprochen wurde, ob ich überhaupt             1–4 ein Booklet für englischsprachige Kinder
                                    Primarlehrerin gewesen sei, empfinde ich es          erstellt. Dieses und weiteres Material stellen
                                    selber als einen Makel in meinem Profil. Aber        wir interessierten Lehrpersonen auf
                                    damals, 2004, gab es noch gar keine Primar­          www.fremdsprachen.phzg.ch zur Verfügung.
                                    lehrpersonen mit Stufenerfahrung im Englisch­        Ausserdem hat Marie-Eve Cousin, Dozentin
                                    unterricht, da dieses Fach erst später in die        Bildungs- und Sozialwissenschaften, bereits
                                    Primarschule Einzug hielt.                           in zwei Forschungsmodulen das Thema Native
                                                                                         Speakers mit Studierenden bearbeitet, und
                                    In der DKP-Weiterbildung konnten Sie zum Teil        ihre Resultate und Produkte werden ebenfalls
                                    selber frei wählen, wie Sie Ihre Kompetenzen         auf der Webseite aufgeschaltet. Eine tolle
                                    erweitern wollten. Was haben Sie gemacht?            fächerübergreifende Zusammenarbeit. Auch
                                    Ich habe v. a. Unterrichtsbesuche absolviert         kann ich nun die Studierenden in Coaching-
                                    und mich mit Englischlehrpersonen ausge­             Gesprächen für Praktika bezüglich Native
                                    tauscht. Ich wollte herausfinden, wo im Eng­         Speakers sowie AdL-Klassen noch konkreter
                                    lischunterricht auf der Primarstufe der grösste      beraten.
                                    Handlungsbedarf besteht. Schnell haben sich
                                    zwei Themen herausgeschält: Adäquate Förde­          Alexandra Schiesser, Dozentin und
                                    rung der Native Speakers sowie der Englisch­         Wissenschaftliche Mitarbeiterin
                                    unterricht in Klassen mit Altersdurchmischtem        Alexandra Schiesser ist ausgebildete Gymnasial­
                                    Lernen (AdL). Bei beiden Themen war es span­         lehrerin für Deutsch und Geschichte mit einem
                                    nend zu sehen, wie unterschiedliche Handha­          Doktorat in Linguistik. Sie hat Berufserfahrung in
                                    bungen es innerhalb des Kantons gibt. Sehr           der Kommunikation, als Journalistin und Lehrerin.
                                    wertvoll war für mich auch, dass ich selber Na­      Sie ist als Dozentin im Fachbereich Deutsch der
                                    tive Speakers in einer 3. Klasse im Schulhaus        PH Luzern und als Wissenschaftliche Mitarbeite­
                                    Kirchmatt in Zug unterrichten konnte.                rin am Zentrum Mündlichkeit der PH Zug tätig.

                                    Wovon haben Sie am meisten profitiert?               Weshalb haben Sie beim Projekt Doppeltes Kom­
Alexandra Schiesser, Teilnehmerin
                                    Bei Weitem am meisten gebracht hat mir die           petenzprofil mitgemacht?
                                    Feldarbeit. Dank der sehr offenen Vorgaben           Meine Motivation lag in erster Linie darin,
                                    konnte ich mich genau auf die Punkte konzent­        mehr über das Schulfeld – konkret über die
                                    rieren, bei denen es im Englischunterricht ak­       Praxis an der Primarschule – zu erfahren.
                                    tuell am ehesten «brennt» und wo sich die
                                    Lehrpersonen Unterstützung wünschen. Basie­          In der DKP-Weiterbildung konnten Sie zum Teil
                                    rend auf meinen neuen Erkenntnissen entwi­           selber frei wählen, wie Sie Ihre Kompetenzen
                                    ckeln wir nun gezielte Hilfestellungen für die       erweitern wollen. Was haben Sie gemacht?
                                    Lehrpersonen. Das Geben und Nehmen zwi­              Ich habe z. B. das Modul «Vertiefung aktueller
                                    schen Berufsfeld und Pädagogischer Hoch­             Entwicklungen» gewählt, in dem diskutiert wur­
8
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
de, welche Themen die Schule aktuell beschäf­         fachlichen Kompetenzen ist. Sehr spannend
tigen. Nebst solchen eher theoriebasierten            war auch mein Besuch bei der schulergänzen­
Einblicken habe ich im Rahmen meiner Feldar­          den Betreuung.
beit eine 3. Primarklasse besucht und an deren
Alltag teilgenommen.                                  Weshalb haben Sie sich auch über das ausser­
                                                      schulische Lernen informiert?
Wovon haben Sie am meisten profitiert?                Ich finde, «Bewegung» muss über den eigentli­
Bereichernd war der Austausch mit den übri­           chen Sportunterricht hinaus über die ganze
gen Teilnehmenden – innerhalb der Module,             Schulstruktur gedacht werden. Idealerweise
aber auch über die thematischen Schwerpunk­           gibt es in jeder Schule eine verantwortliche
te der Module hinaus. Ich kam in Kontakt mit          Person für Gesundheitsförderung. Da die Bewe­
Personen, die in unterschiedlichen Funktionen         gung für eine gesunde Entwicklung der Kinder
mit der Schule zu tun haben: mit Forschenden,         so zentral ist, müssen nebst dem Sportunter­
Sozialpädagog*innen, Lehrpersonen. Das war            richt auch vor, während und nach der Schule
interessant und aufschlussreich.                      sinnvolle Bewegungsmöglichkeiten für die Kin­
                                                      der bestehen. «Bewegung und Gesundheit»
Marco Lütolf, Dozent                                  muss im schulischen Alltag integriert sein.
Marco Lütolf hat drei Jahre als Primarlehrer unter­
richtet und besitzt einen Master in Bewegungswis­     Christine Hofer, Coach Peer-Group-Workshop
senschaften und Sport. Er war als Sportlehrer auf     Dr. Christine Hofer ist Leiterin der Beratungsstel­
diversen Stufen tätig und ist heute Dozent für        le für Bildungsfachleute der PH Zug und hat als
Fachdidaktik Bewegung & Sport an der PH Zug.          Coach vier Absolvent*innen des ersten Qualifi­
                                                      zierungsangebotes in ihren Feldstudienprojekten
Weshalb haben Sie beim Projekt Doppeltes Kom­         begleitet.
petenzprofil mitgemacht?
Meine eigene Unterrichtserfahrung auf der             Welche Erfahrungen haben Sie beim DKP
Primarstufe liegt schon über zehn Jahre zu­           gesammelt?
rück. Durch meine Tätigkeit als Mentor mache          Die Heterogenität bei den Qualifikationshinter­       Marco Lütolf, Teilnehmer
ich zwar Unterrichtsbesuche bei den Praktika­         gründen war bei den von mir betreuten Teilneh­
einsätzen unserer Studierenden. Zuschauen ist         menden gross. Zum einen konnte das
jedoch nicht dasselbe, wie selber zu unterrich­       Coaching-Gefäss davon profitieren und die
ten. Ich wollte deshalb den Puls bei den Kin­         grossen Unterschiede z. B. bezüglich wissen­
dern und bei den Lehrpersonen fühlen und mit­         schaftlicher Methodologie etwas ausgleichen.
tels persönlichem Austausch in Erfahrung              Anderseits war es herausfordernd, das Sup­
bringen, wie Lehrpersonen beim Planen und             portniveau für alle Teilnehmenden zufrieden­
Durchführen von Sportunterricht unterstützt           stellend zu gestalten. Dies gilt auch für das
werden können.                                        Herausarbeiten der individuellen Fragestellun­
                                                      gen zum Berufsfeldbezug in Verbindung mit
In der DKP-Weiterbildung konnten Sie zum Teil         dem eigenen Werdegang und Qualifikations­
selber frei wählen, wie Sie Ihre Kompetenzen          rucksack sowie den je spezifischen Herausfor­
erweitern wollen. Was haben Sie gemacht?              derungen. Wenn die Unterschiede zu gross
Ich habe bei einer 4. Primarklasse eine Unter­        sind, nimmt das gegenseitige Interesse ver­
richtseinheit zur Einführung des Volleyball­          ständlicherweise auch etwas ab.
spiels durchgeführt. So konnte ich eins zu eins
ausprobieren, ob unsere Konzepte aus der              In welchen Bereichen konnten die Teilnehmen­
Fachdidaktik in der Praxis auch tatsächlich           den am meisten profitieren?
funktionieren. Die Unterrichtseinheit konnte          Das Anteilnehmen an den Projekten der Peers
ich erfolgreich durchführen. Überraschend war         hat bereichert, der Transfer aufs eigene Pro­
für mich aber, wie viele Konflikte zwischen den       jekt konnte teilweise gelingen, teilweise war
Schülerinnen und Schülern während des Spie­           aber auch hier die Unterschiedlichkeit der Stu­
lens entstanden. Wir vermitteln in unserem            dien zu gross. Zudem konnte das Abgleichen
Fachdidaktikunterricht zwar, dass das Einhal­         der verschiedenen zeitlichen Abläufe und Pla­
ten von Regeln und der Umgang mit Sieg und            nungsschritte eine gewisse Sicherheit vermit­
Niederlage mit den Kindern thematisiert wer­          teln, immer noch auf Kurs zu sein. Anregungen
den soll. Dass dies aber einen so grossen             bezüglich der Schlusspräsentation waren auch
Raum einnehmen kann, war mir nicht mehr               gewinnbringend.                                       Christine Hofer, Coach
bewusst. Es hat mir vor Augen geführt, welche
Emotionalität im Sportunterricht steckt und           Die Fragen stellte Luc Ulmer,
wie wichtig die gezielte Förderung der über­          Leiter Kommunikation & Marketing
                                                                                                                                       9
Infonium PH Zug 3/2020 Doppeltes Kompetenzprofil - PH Zürich
Den Berufsfeldbezug stärken!

                                                                                           einzelnen PHs umzugehen. Es wurde mir be­
                                                                                           wusst, dass wir nur ein kleines Rädchen in der
                                                                                           PH-Maschinerie sind.»
                                                                                           Ein Ziel des DKP-Projektes ist, PH-Mitarbeiten­
                                                                                           de im Bereich der Praxisorientierung weiter zu
                                                                                           bringen. Ein grosser Teil der bisherigen Teil­
                                                                                           nehmenden besass kein Lehrdiplom. Es gab
                                                                                           aber auch PH-Mitarbeitende, bei welchen die
                                                                                           Unterrichtstätigkeit auf der Zielstufe schon
                                                                                           länger zurückliegt oder die ein Lehrdiplom für
                                                                                           eine andere Unterrichtsstufe besitzen. «Das
Die beiden Co-Leiterinnen Simone Heller-Andrist (links) und Christa Scherrer.              Angebot befähigt nicht zum Unterrichten», be­
                                                                                           tont Simone Heller-Andrist. «Es dient dazu,
                                        Die beiden Co-Leiterinnen Simone Heller-Andrist    vertiefte Innensichten bspw. einer spezifischen
                                        und Christa Scherrer erzählen von ihren gewonne­   Zielstufe zu erlangen.» Die Teilnehmenden sol­
                                        nen Erkenntnissen bei der Entwicklung und          len Einblicke in die Praxis und so wichtige Im­
                                        Durchführung des Studiengangs sowie des Ge­        pulse für die eigene Tätigkeit an der PH erhal­
                                        samtprojekts.                                      ten. Als Beispiel nennt sie eine Dozentin, die
                                                                                           Aufgaben ihres Lehrmittels mit verschiedenen
                                        «Das Gesamtprojekt fragt danach, wie an den        Klassen der Zielstufe erprobte, um auf dieser
                                        Pädagogischen Hochschulen auf das Schul-           Basis das Lehrmittel weiterzuentwickeln.
                                        und Berufsfeld Bezug genommen wird», erklärt
                                        Christa Scherrer, die beim Projekt «Doppeltes      43 Teilnehmende
                                        Kompetenzprofil» seit Anfang an dabei ist. «Es     Das berufsbegleitende Qualifizierungsangebot
                                        leistet einen wichtigen Beitrag, damit sich Leh­   «Den Berufsfeldbezug stärken!» wurde von 43
                                        re und Forschung an den Pädagogischen Hoch­        Dozierenden, Forschenden und Leitungsperso­
                                        schulen noch besser mit der Berufspraxis ver­      nen von PHs besucht. Sie konnten aus zwei
                                        zahnen können.»                                    Varianten «Standard» und «Light» auswählen,
                                        Das im Jahr 2017 gestartete und von swissuni­      die sich hinsichtlich der Anzahl Module, des
                                        versities unterstützte Projekt wird von neun       Umfangs des Selbststudiums, der Feldarbeit
                                        Pädagogischen Hochschulen getragen. Die            sowie der dazugehörigen Coachingeinheiten
                                        breite Abstützung habe die Entwicklung dieses      unterschieden. Eine der Stärken des Angebots
 Simone Heller-Andrist
                                        Pilotstudienganges einerseits bereichert, an­      sieht Christa Scherrer darin, dass es gezielt
 Dr. Simone Heller-Andrist ist seit     derseits aber auch herausfordernd gemacht.         auf die individuellen Bedürfnisse der Teilneh­
 März 2019 Co-Leiterin des DKP-
 Projekts und Studiengangleiterin
                                        «Einerseits wurde so der Diskurs für ein ge­       menden ausgerichtet ist. «Im Zentrum stand
 des CAS «Den Berufsfeldbezug           meinsames Verständnis hochschulübergrei­           die Frage: Was braucht es, damit Mitarbeiten­
 stärken!» an der PH Zürich. Sie        fend gefördert und breit abgestützt. Ander­        de, dort wo sie an der PH sind, in ihrer Arbeit
 unterrichtete mehrere Jahre als        seits ging der Prozess aufgrund der zum Teil       förderlich auf das Schul- und Berufsfeld der
 Dozentin in Englischer Literatur
 an der Universität Zürich und war
                                        unterschiedlichen Standpunkte nicht immer so       Zielstufe Bezug nehmen?» Deshalb wurden
 als Beauftragte Mittelschulen des      schnell vorwärts, wie wir uns dies manchmal        auch die Personalverantwortlichen der Teilneh­
 Kantons Zürich tätig.                  wünschten.»                                        menden in den Prozess einbezogen.
                                                                                           Das Qualifizierungsangebot wurde in der Zwi­
                                        Unterschiedliche Kulturen                          schenzeit weiterentwickelt und zum CAS «Den
 Christa Scherrer
                                        Simone Heller-Andrist ist seit März 2019 da­       Berufsfeldbezug stärken!» ausgebaut, das im
 Dr. Christa Scherrer hat mehrere       bei. Auch ihr sind die unterschiedlichen Kultu­    September 2021 startet. «Der Studiengang
 Jahre als Primarlehrerin unter­
 richtet und arbeitet seit 2004 als
                                        ren aufgefallen; nicht nur unter den PHs, son­     ermöglicht den Teilnehmenden weiterhin eine
 Dozentin für Bildungs- und Sozial­     dern auch unter den einzelnen Fachschaften.        individuelle Schwerpunktsetzung», erklärt Si­
 wissenschaften und Mentorin an         Gefreut hat sie, dass es innerhalb der Kern­       mone Heller-Andrist, die den Studiengang lei­
 der PH Zug. Im DKP-Projekt ist         gruppe ein starkes Commitment zum Projekt          tet. «Das CAS ist in drei inhaltliche Teile geglie­
 sie seit Beginn dabei (2017). Ab
 Januar 2018 hat sie die Projekt­
                                        gab. «Der gemeinsame Diskursprozess war            dert: Modulare Elemente zum Wissenserwerb,
 leitung von Bruno Leutwyler            sehr befruchtend und motivierend. Gleichzeitig     Feldarbeit und Transfer sowie Prozessbeglei­
 (ehemaliger Leiter F&E PH Zug)         mussten wir aber auch viel Kraft und Arbeit        tung und Peer-Austausch.»
 übernommen (seit März 2019             investieren, um die Projektziele zu erreichen.
 Co-Leitung mit Simone Heller-
 Andrist).
                                        Und wir mussten lernen, mit den unterschiedli­     Luc Ulmer,
                                        chen Strukturen und Hierarchien innerhalb der      Leiter Kommunikation & Marketing
10
DKP-Projektergebnisse nach Abschluss weiter
in PH-Landschaft sichtbar
Im März 2021 erscheint das Buch «Mittendrin ist      Form überführt und für die zukünftige Weiter­          Christa Scherrer, Simone Heller-Andrist
                                                                                                            Susanne Amft, Jürg Arpagaus (Hrsg.)

vielerorts – 22 Porträts» und im Herbst 2021 star­   entwicklung und Nutzung des Studiengangs               Mittendrin ist vielerorts
                                                                                                            22 Porträts

tet das CAS «Den Berufsfeldbezug stärken!».          aufgestellt. Der Studiengang wird in der institu­      Mit einer literarischen Betrachtung
                                                                                                            von Tabea Steiner

                                                     tionalisierten Version von der PHZH verwaltet.
Die Laufzeit des Projekts «Doppeltes Kompe­
tenzprofil von Pädagogischen Hochschulen:            Fachartikel
Institutionelle und individuelle Anforderungen       Im Themenheft «Doppeltes» Kompetenzprofil
an den Berufsfeldbezug» ist an die Förderperi­       der Fachzeitschrift «Beiträge zur Lehrerinnen-
ode 2017–2020 (Abschluss Mitte 2021) des             und Lehrerbildung» (BzL) werden u. a. zwei Ar­
Programms P-11 «Stärkung des doppelten               tikel mit Beiträgen von Projektmitarbeitenden
Kompetenzprofils beim FH- und PH-Nach­               der PH Zug publiziert (Heft 3/2020, erscheint
wuchs» gebunden (Koordination durch swiss­           Ende 2020). Die Artikel decken dabei ein brei­
universities). Das Programm wird in der an­          tes Themenfeld ab und setzen sich mit der Be­
schliessenden Förderperiode 2021–2024                deutung des Berufsfeldbezugs für Laufbahnen
weitergeführt. Die Hochschulen wurden wie­           an Pädagogischen Hochschulen (Scherrer, Hel­        Ende März 2021 erscheint das Buch
derum aufgefordert, Projektanträge einzurei­         ler-Andrist, Suter, Fischer) sowie mit der Be­      «Mittendrin ist vielerorts».
chen. Zurzeit läuft die Begutachtung der neu         deutung der organisationalen Umgebung für
eingegebenen Projektanträge. Esther Kamm,            die Performanz des Berufsfeldbezugs (Scher­
Rektorin PH Zug, ist neu als Mitglied der Steu­      rer & Thomann) auseinander.
ergruppe des Programms P-11 in den Prozess
eingebunden.                                         Buch: «Mittendrin ist vielerorts –
Das aktuelle Projekt ist eines von zwei aus den      22 Porträts»
insgesamt acht Teilprojekten aus dem Pro­            Ende März 2021 erscheint im hep-Verlag das
gramm P-11 (2017–2020), das von neun Päda­           Buch «Mittendrin ist vielerorts». Mit 22 Port­
gogischen Hochschulen in Kooperation ge­             räts von Mitarbeitenden aller PHs der Deutsch­
führt wird (Co-Leading-Houses: PH Zug und            schweiz gibt das Buch einen umfassenden Ein­
PH Zürich). Das Projekt leistet einen wichtigen      blick in die vielfältigen Aufgabenbereiche an
Diskussionsbeitrag zum Verständnis des Dop­          Pädagogischen Hochschulen und zeigt auf, wie
pelten Kompetenzprofils und fördert den Dia­         sie den Berufsfeldbezug in Abhängigkeit ihrer
log zwischen den Pädagogischen Hochschu­             Aufgabenbereiche gestalten. Berücksichtigt
len. Nachfolgend sind drei aus dem Projekt           sind alle Leistungsbereiche und unterschiedli­
entstandene Produkte und Arbeiten, die zur           chen Funktionen, die an PHs ausgeübt werden.
weiteren Auseinandersetzung mit der Thema­           Von der PH Zug geben Carola Mantel (Leiterin
tik «Doppeltes Kompetenzprofil» einladen, auf­       IZB) sowie Marco Lütolf (Dozent für Fachdidak­
geführt.                                             tik Bewegung & Sport) Einblick in ihre Arbeit.
                                                     Ein 23. Porträt ermöglicht einen Aussenblick
CAS «Den Berufsfeldbezug stärken!»                   auf die Thematik: Die Schriftstellerin Tabea
Im Projekt wurde der CAS-Studiengang «Den            Steiner zeigt in ihrem Selbstporträt des litera­
Berufsfeldbezug stärken!» entwickelt, der ab         rischen Schaffens den Umgang mit Bezügen in
Herbst 2021 zum ersten Mal angeboten wird.           ihrem Tätigkeitsbereich auf. Herausgegeben
Wie die Pilotdurchgänge richtet er sich an wis­      wird das Buch von Christa Scherrer (PH Zug),
senschaftliches Personal von Pädagogischen           Simone Heller-Andrist (PHZH), Susanne Amft
Hochschulen, «die ihren aufgabenspezifischen         (HfH) und Jürg Arpagaus (PHLU). Die Buchver­
Berufsfeldbezug aufbauen, erweitern oder ak­         nissage findet am 25. März 2021 im Tagungs­
tualisieren möchten. Dies auch im Hinblick auf       zentrum Schloss Au ZH statt.
neue Aufgaben oder Funktionen in der Lauf­
bahn» (vgl. Flyer zum Studiengang). Die wäh­                                                              Weiterführende
                                                                                                          Informationen
rend dem Projekt etablierte Kooperation der          Markus Fischer,
neun PHs wird nach Projektende in eine neue          Wissenschaftlicher Mitarbeiter DKP                   – CAS «Den Berufsfeldbezug
                                                                                                            stärken!» (für wissenschaftli­
                                                                                                            ches Personal an PHs):
                                                                                                            phzh.ch/cas-bfb
                                                                                                          – BzL Themenheft «Doppeltes»
                                                                                                            Kompetenzprofil: bzl-online.ch
                                                                                                          – Buch Mittendrin ist vielerorts –
                                                                                                            22 Porträts: hep-verlag.ch

                                                                                                                                                      11
B
IB

 «Brennpunktschulen» sind besonders gefordert –
 gerade in Zeiten von COVID-19
 Mehr Informationen                    Im Rahmen des Schul-Barometers wurden qualita­              ökonomie (IBB) der PH Zug in der Schweiz und
                                       tive Vertiefungsstudien1 durchgeführt, die vor­             in Deutschland aktuell durchgeführten Inter­
 Das IBB hat verschiedene Pro­
 gramme deutscher Bundesländer,        nehmlich sozialräumlich benachteiligte Schulen,             viewstudien zeigen die grossen Herausforde­
 die auf die besonderen Heraus­        sogenannte «Brennpunktschulen», in den Blick                rungen, mit denen diese Schulen in Zeiten von
 forderungen und Bedarfe von           genommen haben. Diese grundsätzlich besonders               COVID-19 besonders konfrontiert sind. Folgen­
 Brennpunktschulen reagieren,
                                       belasteten Schulen stehen durch die Auswirkun­              de Merkmale lassen sich aus Sicht der Befrag­
 wissenschaftlich begleitet. Sie
 alle tragen dazu bei, die individu­   gen und die weiteren Folgen von Corona vor zu­              ten der «Brennpunktschulen» bündeln:
 elle Beschaffenheit von Schulen       sätzlichen grossen Herausforderungen (Huber,                – Die Anzahl «abgehängter» Schüler*innen
 mit besonderen Herausforderun­        Schneider & Pruitt 2020a)2.                                    ist extrem hoch.
 gen zu verstehen und in den je­
                                                                                                   – Der Sprachkompetenzverlust bei
 weiligen Ausprägungen und un­
 terschiedlichen Qualitäten mit        Einige Schulen können aus ganz unterschiedli­                  Schüler*innen ist bedenklich.
 den Veränderungen und Wirkun­         chen Gründen stärker gefordert sein als ande­               – Das schulische Arbeitsverhalten der
 gen durch Interventionsmassnah­       re Schulen. Dazu zählen beispielsweise ein                     Schüler*innen hat sich verschlechtert.
 men in einen Zusammenhang zu
                                       hoher Anteil an sozial benachteiligten                      – Festzustellen ist ein Lernrückschritt bei eini­
 stellen.
                                       Schüler*innen und/oder niedrige Abschluss­                     gen Schüler*innen von einem Jahr.
 Zu nennen sind beispielsweise         quoten oder schlechtere Lernstandsergebnis­                 – Die technische Ausstattung dieser Schulen
 die Programme:
                                       se. Hinzutreten können darüber hinaus in ihrer                 ist oft sehr schlecht.
 – «School Turnaround –                Funktionalität gestörte Organisationsmerkma­                – Schulabstinenz ist verstärkt ein Thema.
   Berliner Schulen starten durch»
                                       le, die gehäuft auftretend u. a. zu einer deutlich          – Die Chancenungerechtigkeit wird nicht an­
   www.Bildungsmanagement.net/
   ST-BE                               niedrigeren Schulqualität und/oder erschwer­                   gemessen kompensiert (durch fehlende zu­
 – «impakt schulleitung»,              ten Schulentwicklungsprozessen führen. Jede                    sätzliche Ressourcenallokation).
   Nordrhein-Westfalen                 dieser Schulen zeigt aufgrund ihrer individuel­             – Die Schulraumplanung und Personalkapazi­
   www.Bildungsmanagement.net/
                                       len Situation eine unterschiedliche Form der                   tät gestalten sich als problematisch.
   impakt
 – «PerspektivSchulen»,                Belastung. Die Belastungsfaktoren beeinträch­               – Eine niedrigere Qualität der Schule führt zu
   Schleswig-Holstein                  tigen deren aktuelle Qualität, aber auch die                   einer geringeren Wahrscheinlichkeit, die be­
   www.Bildungsmanagement.net/         Entwicklung der Qualität.                                      sonderen schulischen Herausforderungen zu
   PeSch
                                       Oft wird für diese Schulen der Begriff                         bewältigen und die Qualität der Bildungsan­
                                       «Brennpunktschule(n)» verwendet. Konkret                       gebote insgesamt zu sichern.
                                       handelt es sich um Schulen, die aufgrund ihrer
                                       Lage in sozial segregierten Stadtteilen mit ei­             «Brennpunktschulen» benötigen passgenaue
                                       ner Häufung von negativen Qualitätsmerkma­                  Unterstützung
                                       len konfrontiert sind. Daher finden sich für die­           Um «Brennpunktschulen» zu unterstützen, gilt
 Zum Weiterlesen:
                                       se Schulen auch Bezeichnungen wie etwa                      es, an ihren spezifischen Herausforderungen
 SchulVerwaltung spezial
 4/2020                                «sozialräumlich benachteiligte Schulen»,                    und Belastungssituationen anzusetzen. Denn
                                       «Schulen in schwieriger Lage» und «Schulen in               wenn man die unterschiedlichen Belastungen
 Wie gelingt es, unterschiedlich
 herausgeforderte, belastete           sozial deprivierter Lage» (Klein 2017). Diese               und Herausforderungen besser versteht, kann
 Schulen zu unterstützen? Welche       Schulen kennzeichnet eine hohe Anzahl von                   diesen mit konkreten Massnahmen gezielter
 Art von Unterstützung, welche         Schüler*innen aus sozial benachteiligten Fami­              begegnet werden, um wirksame (effektive und
 Schulentwicklungsverfahren und
                                       liensituationen.                                            effiziente) Veränderung bzw. Verbesserung zu
 -massnahmen haben sich als
 besonders hilfreich erwiesen?                                                                     erzielen. Die schulische Veränderung soll da­
 Das IBB beschäftigt sich seit gut     Was sind die Herausforderungen                              bei durch umfassende und passgenaue Prozes­
 15 Jahren mit besonders belaste­      von «Brennpunktschulen»?                                    se der Schulentwicklung erreicht werden und
 ten Schulen. Aktuell bietet die
                                       Die im Rahmen des Schul-Barometers vom                      die Handlungsfähigkeit der Schulen stärken.
 jüngst erschienene und von Prof.
 Dr. Stephan Huber (Leiter IBB),       Institut für Bildungsmanagement und Bildungs­               Schulen, die eine Schülerschaft mit einem ho­
 Jane Pruitt und Julia A. Schneider                                                                hen Anteil an familiär Benachteiligten aufwei­
 (Mitarbeitende IBB) herausgege­       1   Es wurden zwei qualitative Vertiefungsstudien durch­   sen, müssen verstärkt erzieherisch arbeiten.
 bene Fachzeitschrift SchulVer­
                                           geführt: Einmal mit rund 50 Schulleitenden in der       Schulen mit niedriger Ausprägung von Schul­
 waltung spezial 4/2020 «Schulen
 mit besonderen Herausforderun­            Schweiz zum Thema aktuelle Herausforderungen an         qualitätsmerkmalen müssen zunächst Struktu­
 gen – besonders belastete Schu­           ihren Schulen (hier waren auch einige Schulleitende     ren der Handlungskoordination aufbauen. Fal­
 len» Anregungen und Impulse, um           an «Brennpunktschulen» vertreten) und eine zweite       len beide Belastungen zusammen, können
 Brennpunktschulen gezielt in
                                           Studie an zehn «Brennpunktschulen» in Deutschland       Schulen durch das Zusammenwirken der ein­
 ihrer Schulentwicklung zu unter­
 stützen.                                  zur aktuellen Schulsituation (dort jeweils mit den      zelnen Faktoren in eine weitere Abwärtsspirale
                                           Schulleitungen, Lehrpersonen, Erziehenden und           gelangen. Qualitätsmerkmale der Schule kön­
 www.Bildungsmanagement.net/
 SVS
                                           Schulsozial­arbeiter*innen, Eltern, Schüler*innen).     nen deutlich abnehmen, was wiederum zu wei­
                                       2   In Auszügen aus Huber, Schneider & Pruitt, 2020b.       teren negativen Veränderungen (Abnahme der
 12
IB
                                                                                                                                          B
Schüler*innenzahlen, des Aussenprestiges,         Digitalisierung. Angeregt wird, diese Situation    Literatur
erhöhte Personalfluktuation etc.) führt.          jetzt für Schulentwicklung zu nutzen und dabei     Holtappels, H. G., Webs, T., Ka­
Faktoren wie beispielsweise der sozioökonomi­     vor allem die Themen Digitalisierung, Koopera­     marianakis, E. & van Ackeren, I.
sche Status der Schülerschaft sind aus Sicht      tion und Individualisierung zu fokussieren.        (2017). Schulen in herausfordern­
der Schule kaum zu verändern (vgl. Kneip &        Auch «Brennpunktschulen» sind gefordert, die­      den Problemlagen – Typologien,
                                                                                                     Forschungsstand und Schulent­
Sommer 2019, S. 18). Dagegen kann die Einzel­     se Themen aufzugreifen und daran zu arbeiten.      wicklungsstrategien. In V. Maniti­
schule durch Verbesserung der innerschuli­        In diese – allerdings gesamtgesellschaftliche –    us & P. Dobbelstein (Hrsg.),
schen Faktoren bedeutende Veränderungen           Aufgabe sollten jedoch neben schulischen           Schulentwicklungsarbeit in her-
herbeiführen: «Oft liegt das Problem des Ver­     auch ausserschulische Akteure, insbesondere        ausfordernden Lagen. Münster:
                                                                                                     Waxmann, S. 17–35.
sagens oder der mangelnden Effektivität der       auch die Politik in der Ressourcenallokation,
Schule nicht allein im Schulkontext, sondern      eingebunden werden. Es gilt, ausreichende          Huber, S. G. (2013). Perspektiven
                                                                                                     für Schulen in kritischer Lage.
auch oder gar allein im Entwicklungsstand der     personelle und sächliche Ressourcen zur Ver­       Expertise zum Projekt «School
Schul- und Unterrichtsqualität» (Holtappels et    fügung zu stellen, vor allem zur Entlastung von    Turnaround: Berliner Schulen
al. 2017, S. 18). Als Defizite im innerschuli­    Schulen oder Lehrpersonen, die besonders           starten durch» der Robert Bosch
schen Bereich von Schulen mit mangelnder          gefordert sind in der Bewältigung ihrer speziel­   Stiftung in Kooperation mit der
                                                                                                     Berliner Senatsverwaltung für
Schulqualität werden u. a. unzureichendes         len Herausforderungen.                             Bildung, Jugend und Wissenschaft.
Führungshandeln (wenig Zusammenarbeit von         Schulträgern oder Gemeinden obliegt es, un­        Literaturüberblick, nationales und
Schulleitung und Kollegium), ineffektive Orga­    bürokratisch Ressourcen für die technische         internationales Projektbenchmar-
nisationsstrukturen und defizitäre Schulent­      Ausstattung der Schüler*innen, die Ausstat­        king und Empfehlungen für Berlin.
                                                                                                     Zug: Institut für Bildungsmanage­
wicklungskompetenz (unzureichender Umgang         tung mit Technologie an den Schulen, für die       ment und Bildungsökonomie,
mit Daten, mangelnde Personalentwicklung,         Umsetzung der Hygienevorschriften und für          Pädagogische Hochschule Zug.
unrealistische Zielsetzung, erfolglose Strate­    weitere Aspekte der Ausstattung der Schulen,
                                                                                                     Huber, S. G. (2017). Besonders
gien) erwähnt (vgl. Huber 2017, S. 39; Huber      Lehrpersonen und Schüler*innen (Wissen,            belastete Schulen: Merkmale,
2013). Daneben rücken heute vermehrt auch         Zeit, Technik) zur Verfügung zu stellen.           Dynamiken und Entwicklungs­
die Haltungen der Lehrpersonen zu ihren           Zentral ist allerdings immer ein professionel­     möglichkeiten. Ein internationaler
                                                                                                     Überblick. In P. Dobbelstein &
Schüler*innen in den Fokus.                       les, profundes und persistentes Handeln der        V. Manitius (Hrsg.), Schulentwick-
                                                  Schulaufsicht und Schule und damit aller an        lungsarbeit in herausfordernden
«Brennpunktschulen»: Programme                    Schule Beteiligten in der Schulentwicklung         Lagen. Beiträge zur Schulentwick-
und Konzepte                                      gemäss der schulspezifischen Schulstrategie.       lung (S. 36–62). Münster:
                                                                                                     Waxmann.
In den qualitativen Daten des Schul-Barome­
ters zeigt sich: Viele schulische Akteure sehen                                                      Huber, S. G., Schneider, J. A. &
                                                                                                     Pruitt, J. (Hrsg.) (2020a). Schulen
in der Krise auch eine grosse Chance, Schule      Stephan Gerhard Huber (Leiter IBB), Julia A.
                                                                                                     mit besonderen Herausforderun-
neu zu denken, insbesondere hinsichtlich der      Schneider & Jane Pruitt (Mitarbeitende IBB)        gen – Besonders belastete Schu-
                                                                                                     len. SchulVerwaltung spezial, 4,
                                                                                                     Köln: Wolters Kluwer Deutschland.

                                                                                                     Huber, S. G., Schneider, J. A. &
                                                                                                     Pruitt, J. (2020b). Schulen mit
                                                                                                     besonderen Herausforderungen –
                                                                                                     Besonders belastete Schulen. In
                                                                                                     S.G. Huber, J.A. Schneider & J.
                                                                                                     Pruitt (Hrsg.), SchulVerwaltung
                                                                                                     spezial. Zeitschrift für Schulgestal-
                                                                                                     tung und Schulentwicklung, 22(4),
                                                                                                     148–152.

                                                                                                     Klein, E. D. (2017). Bedingungen
                                                                                                     und Formen erfolgreicher Schul­
                                                                                                     entwicklung in Schulen in sozial
                                                                                                     deprivierter Lage. Eine Expertise
                                                                                                     im Auftrag der Wübben Stiftung.
                                                                                                     In: DuEPublico: Duisburg-Essen
                                                                                                     Publications Online, University of
                                                                                                     Duisburg-Essen, Germany.

                                                                                                     Kneip, W. & Sommer, U. (2019).
                                                                                                     Chancengerechtigkeit durch
                                                                                                     Schul- und Unterrichtsentwick­
                                                                                                     lung an Grundschulen. In E. Incke­
                                                                                                     mann, M. Micha, R. Sigel & T.
                                                                                                     Trautmann (Hrsg.), Chancenge-
                                                                                                     rechtigkeit durch Schul- und Unter-
                                                                                                     richtsentwicklung an Grundschu-
                                                                                                     len. Konzeptionelles, Konkretes
                                                                                                     und Anschauliches, S. 17–33. Bad
                                                                                                     Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

                                                                                                                                        13
Sie können auch lesen