Ingestionsunfälle des Kindesalters - eine retrospektive Analyse am Universitätsklinikum Ulm von 2005-2017 mit Erfassung von Spätfolgen - OPARU

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Ingestionsunfälle des Kindesalters - eine retrospektive Analyse am Universitätsklinikum Ulm von 2005-2017 mit Erfassung von Spätfolgen - OPARU
Universitätsklinik Ulm
                       Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
                       Prof. Dr. med. Klaus-Michael Debatin

     Ingestionsunfälle des Kindesalters – eine retrospektive

   Analyse am Universitätsklinikum Ulm von 2005-2017 mit

                        Erfassung von Spätfolgen

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät
                               der Universität Ulm
                                  vorgelegt von
                               Arne Jorma Speidel
                                      Ulm

                              Vorlage im Jahr 2020
Ingestionsunfälle des Kindesalters - eine retrospektive Analyse am Universitätsklinikum Ulm von 2005-2017 mit Erfassung von Spätfolgen - OPARU
Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth
1. Berichterstatter: Prof. Dr. Carsten Posovszky
2. Berichterstatter: Prof. Dr. Manfred Weiß
Tag der Promotion:15.07.2021
Ingestionsunfälle des Kindesalters - eine retrospektive Analyse am Universitätsklinikum Ulm von 2005-2017 mit Erfassung von Spätfolgen - OPARU
Ich widme diese Arbeit meinen Großvätern
   Erwin Köberle und Rupert Speidel.
Ingestionsunfälle des Kindesalters - eine retrospektive Analyse am Universitätsklinikum Ulm von 2005-2017 mit Erfassung von Spätfolgen - OPARU
Teile diese Dissertation sind erschienen in 72
Creative Commons Attribution 4.0 International License
     http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.
Ingestionsunfälle des Kindesalters - eine retrospektive Analyse am Universitätsklinikum Ulm von 2005-2017 mit Erfassung von Spätfolgen - OPARU
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis                                                                     III

1 Einleitung                                                                               1
  1.1   Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     1
  1.2   Epidemiologie und Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         2
  1.3   Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        2
  1.4   Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     4
        1.4.1   Anamnese und klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . . . .            4
        1.4.2   Bildgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       6
        1.4.3   Endoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       7
  1.5   Differenzialdiagnosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      8
  1.6   Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    10
  1.7   Komplikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      14
  1.8   Prognose und Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        15
  1.9   Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     16

2 Material und Methoden                                                                   17
  2.1   Studiendesign . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     17
  2.2   Datenerhebung der retrospektiven Analyse . . . . . . . . . . . . . . . .          17
        2.2.1   Beschreibung der Erhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         17
        2.2.2   Zuordnung zu Objektgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .          19
        2.2.3   Einschlusskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     19
  2.3   Erhebung von Spätfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       20
  2.4   Ethikvotum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      21
  2.5   Statistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   21

3 Ergebnisse                                                                              23
  3.1   Ergebnisse der retrospektiven Datenerhebung . . . . . . . . . . . . . .           23
        3.1.1   Patientenkollektiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    23
        3.1.2   Ingestierte Fremdkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       27
        3.1.3   Symptomatik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       29
        3.1.4   Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    41

                                             I
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3.1.5   Endoskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      43
  3.2   Ergebnisse der Outcomebefragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .         43
        3.2.1   Knopfbatterie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     47
        3.2.2   Säure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   48
        3.2.3   Lauge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     48
        3.2.4   Scharfe/Spitze Gegenstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .        48
        3.2.5   Magnete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     48
        3.2.6   Sonstige Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .     49

4 Diskussion                                                                              50
  4.1   Fallzahlen, Objekte, Symptomatik, Komplikationen . . . . . . . . . . .            50
  4.2   Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . .         59
  4.3   Erfassung von Spätfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .      62
  4.4   Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .    64
  4.5   Limitationen der Studie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .       65

5 Zusammenfassung                                                                         67

6 Literaturverzeichnis                                                                    69

Anhang                                                                                    79

Danksagung                                                                                80

Lebenslauf                                                                                81

                                            II
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Abkürzungsverzeichnis
CI           Konfidenzintervall

CT           Computertomographie

df           Freiheitsgrade

EoE          eosinophile Ösophagitis

ESGE         European Society of Gastrointestinal Endoscopy

ESPGHAN European Society for Paediatric Gastroenterology Hepatology and
             Nutrition

GI           Gastrointestinaltrakt

GÖRK         gastroösophageale Refluxkrankheit

ICD-10 GM International classification of diseases-10 (German Modification)

IGU          Ingestionsunfall/Ingestionsunfälle

NEISS        National Electronic Injury Surveillance System

OR           odds ratio

R            Range

R2           Bestimmtheitsmaß

RTX          Röntgenthorax

SD           Standardabweichung

T            T-Wert

USA          United States of America

                                        III
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1     Einleitung
Kleinkinder erkunden ihre Umwelt, indem sie Gegenstände in den Mund nehmen. Dinge,
die in Reichweite sind, werden so untersucht. In Abhängigkeit des Alters des Kindes
werden dementsprechend unterschiedliche Fremdkörper ingestiert (58). Ingestionsunfälle
sind ein häufiges Problem in einer pädiatrischen Notfallambulanz (30, 46, 54, 55,
59). Regelmäßig sind die Kinder asymptomatisch (66) oder stellen sich mit einem
breiten Spektrum von Symptomatik vor (30). Eine direkte Diagnosestellung ist somit
schwierig. Der Ausgang des Ereignisses reicht von harmlos bis hin zu schwerwiegenden
Komplikationen (65, 94). Auf Grund der Möglichkeit des tödlichen Ausgangs (83) ist
eine sichere Diagnosestellung und ein exaktes Vorgehen unerlässlich.

1.1    Definition
Ingestionsunfall

Nach dem Verschlucken eines Fremdkörpers besteht die Gefahr des Steckenbleibens,
sodass ein Ausscheiden auf natürlichem Wege nicht mehr möglich ist. In diesem Fall
spricht man von einem Ingestionsunfall/Ingestionsunfälle (IGU). Ein Fremdkörper kann
akzidentiell oder in suizidaler Absicht verschluckt werden. Die Fremdkörper können
bei einem IGU entweder als Festkörper oder als Flüssigkeit definiert sein. Bei einer
Ingestion von Säuren und Laugen steht nicht die gastrointestinale Passage des Fremd-
körpers, sondern die Reaktion der Flüssigkeit auf die gastrointestinale Schleimhaut
im Vordergrund. Sowohl der IGU durch Festkörper, als auch der IGU durch ätzende
Flüssigkeiten stellt einen möglichen lebensbedrohlichen Zustand dar. Abzugrenzen von
der Situation eines IGU ist ein sogenanntes Aspirationsereignis.

Aspiration

Bei einer Aspiration spricht man von einer unbeabsichtigten Inhalation fester Ge-
genstände in den Tracheobronchialraum. Durch die Aspiration ist eine Verlegung der
Hauptbronchien möglich. Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen lebensbedrohlichen
Zustand. Siehe hierzu auch Abschnitt Differenzialdiagnosen 1.5..

                                          1
1.2    Epidemiologie und Ursachen
IGU stellen sich am häufigsten in der Gruppe der Kinder unter 6 Jahren mit einem
mittleren Alter von ca. 5 Jahren dar (12, 25, 41, 64, 69). Jungen sind hierbei häufiger
betroffen (53).
   Angaben bzgl. der Häufigkeiten der Orte im Gastrointestinaltrakt werden in der
Literatur wie folgt angegeben: 5-10 % Oropharynx, 20 % Ösophagus, 60 % im Magen
und 10 % distal des Magens. Länderspezifische Unterschiede sind möglich (31).
   Der Ösophagus beschreibt in seinem Verlauf mit Beginn im Anschluss an den
Hypopharynx bis zum Übergang in den Magen an der Kardia drei anatomische Engen
(1. Obere Enge = Ösophagusmund, 2. Mittlere Enge = bedingt durch den Aortenbogen,
3. Untere Enge = bedingt durch das Zwerchfell), an denen verschluckte FK stecken
bleiben können. Inadäquates Kauen und nicht ausgereifte Koordination beim Schluckakt
der Kinder sowie die noch relativ hoch stehende Epiglottis werden als Ursache des
Altersgipfels in der Literatur beschrieben (23).
   Die am häufigsten verschluckten Fremdkörper sind Münzen (12, 25, 32, 53, 63).
Eine besondere Patientengruppe bilden die psychiatrischen Patienten die Fremdkörper
wie Rasierklingen aus möglicher suizidaler Absicht verschlucken. Bei älteren Patienten
rücken Fleisch- und andere Nahrungsboli als Risikofremdkörper für einen IGU in den
Vordergrund (23). Jüngere Patienten haben seltener Probleme mit Nahrungsboli, außer
es besteht eine kongenitale Anomalie des Ösophagus oder eine eosinophile Ösophagitis
(33). Patienten mit zu Grunde liegender ösophagealer Erkrankung, vorangegangener
Verletzung im Ösophagus oder mit bereits stattgehabten chirurgischen Eingriff am Öso-
phagus haben ein erhöhtes Risiko eines Ingestionsunfalls. Bei IGU durch Nahrungsboli
liegt in bis zu 95% der Fälle eine ösophageale Pathologie zu Grunde. Beispiele hierfür
sind primäre oder sekundäre Motilitätsstörungen, Achalasie oder Briden (31).

1.3    Symptomatik
Viele Patienten präsentieren sich nach einem IGU asymptomatisch in der pädiatrischen
Notfallambulanz und zeigen einen unauffälligen Untersuchungsbefund (48, 66, 69).
Falls Patienten Symptomatik zeigen, sind dies häufig Übelkeit, Würgen, Erbrechen,
vermehrtes Speicheln, Globusgefühl, Dysphagie oder Schmerzen beim Schlucken. Auch
respiratorische Symptomatik wie Husten oder Stridor sind möglich und stellen den

                                           2
Notdienst in Bezug auf die Differenzialdiagnose der Aspiration vor eine schwierige
Situation (30). Bei schwerwiegenden Fällen reichen die Befunde von Stimmbandparalyse
über Perforation, Fistelbildung und Mediastinitis bis hin zum letalen Ausgang (34, 82,
83). Mögliche Top 3 Symptome nach Häufigkeit sind (69):

  1. Würgen (54%)

  2. Erbrechen (47%)

  3. Dysphagie (42%)

In einigen Studien wird Speicheln als eines der drei häufigsten Symptome bei Fremdkör-
peringestion beschrieben (30). Insgesamt ist die Ausprägung der Symptomatik abhängig
von der Lokalisation und der Art des Fremdkörpers (31).

Lage im Hals

Patienten mit einem Fremdkörper im Oropharynx zeigen in den allermeisten Fällen
eine Symptomatik (31). Bei einer Lage im Hypopharynx stehen cervikale Schmerzen im
Vordergrund (48).

Lage im Ösophagus

Objekte im Ösophagus können zu Atemwegssymptomatik führen (48). Diese kann
entweder durch die direkte Kompression der Trachea durch den Fremdkörper entstehen
oder im Verlauf, sekundär durch die Schwellung des umliegenden Gewebes nach im-
paktieren des Fremdkörpers resultieren. Besonders bei kleinen Kindern und Säuglingen
können aufgrund des kleinen Radius der Trachea, isolierte respiratorische Symptome
auftreten (31). Probleme bei der Nahrungsaufnahme sind möglich. Eine unauffällige
Nahrungsaufnahme schließt einen Ingestionsunfall jedoch nicht aus (89). Eine besondere
Stellung nimmt die Ingestion von ätzenden Flüssigkeiten ein. Sowohl Lauge als auch
Säure können im Ösophagus zu Läsionen führen (27). Verätzungen im Ösophagus
können zu Erbrechen, Speicheln, respiratorischen Symptomatik und Dysphagie bis zur
Hämatemesis führen. Die Anzahl der Symptome gibt hierbei Rückschluss auf die Schwere
der Verätzung (7). Das einheitlichste Symptom einer ösophagealen Grunderkrankung ist
der Brustschmerz, dieser kann auch bei einer Fremdkörperlage im Ösophagus auftreten

                                          3
(20). Auch asymptomatische ösophageale Fremdkörper können Verletzungen verursacht
haben (31).

Lage im Magen

Die Lage eines Fremdkörpers im Magen ist, zusammen mit der im Ösophagus, der häu-
figste Ort für einen impaktierten Fremdkörper (30). Objekte, die den Ösophagus passiert
haben, führen in der Regel nicht zu Symptomen, außer es kommt zu einer Komplikation.
Hier sind dann Symptome wie Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Hämatochezie
oder Meläna möglich (siehe Abschnitt Komplikationen 1.7.) (48). Verätzungen durch
Flüssigkeiten können auch im Magen zu Schäden führen und Symptome wie Dysphagie
hervorrufen. Es konnte gezeigt werden, dass vor allem Säure im Magen zu Läsionen
führt (27). Wenn eine Münze über dem Pylorus zum Liegen kommt, sind Symptome
einer Magenausgangsstenose, wie Erbrechen von unverdauten Nahrungsmitteln direkt
nach dem Essen, möglich. (31).
   Das Vorhandensein von Symptomen spielt in der weiteren Diagnostik und Behand-
lung die wohl bedeutendste Rolle (7, 9, 31, 43, 78, 80).

1.4     Diagnostik
1.4.1   Anamnese und klinische Untersuchung

Bei Verdacht auf einen Ingestionsunfall sind bei der Anamneserhebung auf neu auf-
getretene Probleme bei der Nahrungsaufnahme zu achten. Insbesondere auf Dyspha-
gie, Nahrungsverweigerung, Schluckschmerz und Globusgefühl. Die gastrointestinale
Eigenanamnese kann leer sein. Bei einer Anamnese auf eine gastrointestinale oder respi-
ratorische Problematik des Kindes, die nicht auf eine Standardtherapie angesprochen
hat, (78) muss ebenfalls an einen Ingestionsunfall gedacht werden. Zum Beispiel sollte
eine länger anhaltende Regurgitation oder Dysphagie bezüglich eines chronisch impak-
tierten Fremdkörpers abgeklärt werden. Ein neu diagnostiziertes Asthma bronichale
mit Husten, welches nicht auf eine Salbutamol-Inhalation anspricht, sollte ebenfalls
genaustens evaluiert werden (78). Eine respiratorische Symptomatik kann auf einen
möglichen Ingestionsunfall in der Vergangenheit hindeuten (31).
Für eine schnelle und zielgerichtete Therapie sind genaue Anamneseerhebung und eine

                                           4
genaue klinische Untersuchung unerlässlich. Für das weitere Vorgehen sind folgende
Aspekte entscheidend:

   1. Symptomatik

   2. Fremdkörpergröße

   3. Fremdkörperart

In 98 % der Fälle ist das Verschlucken bei Kindern ein Unfall und passiert nicht bei
der beabsichtigten Nahrungsaufnahme. Kinder verschlucken, was in ihrer Reichweite
liegt (14). Magneten und Knopfbatterien, spitze Gegenstände und potentiell ätzende
Substanzen sind von besonderer Bedeutung wegen der möglichen Komplikationen (17,
19, 48, 66). Dann hat die Lokalisierung des Fremdkörpers für das weitere Vorgehen hohe
Priorität. Hierbei können die genaue klinische Untersuchung sowie die genaue Analyse
der Symptome hilfreich sein. Zum Beispiel der Beginn und Dauer der Symptomatik.
Hat sich die Symptomatik im Verlauf verändert, bestehen Schmerzen und wo sind diese
lokalisiert (48, 66).
   Eine vollständige klinische Untersuchung ist bei jedem notfallmäßig vorgestellten
Kind in der Notfallambulanz erforderlich (9). Besonders in Bezug auf eine vorliegende
Schmerzsymptomatik ist ein behutsames Vorgehen mit dem Kind indiziert. Schmerzen
können schnell zu einem abwehrenden Verhalten des Kindes führen und das weitere
diagnostische und therapeutische Vorgehen erschweren (49). Die körperliche Unter-
suchung kann initial bei IGU auch ohne pathologische Befunde sein (78). Bis zu 76
% der Kinder zeigen eine unauffällige klinische Untersuchung bei der Erstvorstellung
(69). Eine gezielte Inspektion des Mund-Rachenraumes kann direkt in eine digitale
Fremdkörperbergung münden. Spezielle Befunde die sich zeigen können sind:

   1. tumoröse Schwellung des Hales

   2. orale Läsionen (z.B. Verätzungen)

   3. Fremdkörperreste (z.B. Glas, Plastik, Verpackungsmaterial)

   4. Abwehrspannung

   5. inspiratorischer Stridor

                                          5
1.4.2   Bildgebung

Vor Einsatz von Röntgenstrahlung gilt es vor allem in der Pädiatrie den Nutzen gegen-
über der Strahlenbelastung abzuwägen (16). Die meisten verschluckten Fremdkörper
sind röntgenundurchlässig. Trotzdem kann ein normaler Röntgenthorax (RTX) einen
Fremdkörper nicht sicher ausschließen (69). Dies kann an einem falsch gewählten Aufnah-
meabschnitt oder einer Überlagerung des Fremdkörpers durch andere Strukturen liegen
(21). In Rücksprache mit den Radiologen ist die geeignete Bildgebung zu wählen. Eine
radiographische Darstellung zeigt für Aluminium eine gute Sensitivität und Spezifität
von 80-90 %, für Knochen werden in der Literatur Sensitivitäten von 23.5 - 54.4 % für
eine Darstellung mit Röntgenstrahlung angegeben.
   Zu beachten gilt es hierbei, dass ein ggfs. scheibenförmiger Fremdkörper in einer
einzelnen Aufnahme (z.B. RTX) nicht ausreichend gut zur Darstellung kommt (21, 23).
Falls sich ein rundlicher Fremdkörper zeigt, ist es ratsam, den Fremdkörper durch ein
Heranzoomen genauer anzusehen und nach einem “Halo-Zeichen” oder “Doppel-Ring”
zu suchen, welches auf eine Knopfbatterie hindeuten kann (29). Die untere Zahnreihe
muss auf einem Röntgenbild zur Fremdkörpersuche mit dargestellt werden (21, 89).
Holz-, Plastik- oder Glasobjekte oder sogar metallische Objekte kommen zum Teil
bei einer Röntgenaufnahme nicht zur Darstellung (48, 78). In Bezug auf Zahnstocher
werden Sensitivitäten von 9 % für Röntgen, 15 % für Computertomographie (CT) und
29 % für Ultraschall angegeben.
   Die Anwendung eines Kontrastmittels kann die Sensitivität der Bildgebung bei
bestimmten Objekten erhöhen. (23). Aufgrund des Risikos einer Aspiration sowie der
Möglichkeit einer erschwerten Endoskopie und Fremdkörperbergung nach Bariumbrei-
schluck, wird von manchen Expertengruppen die direkte Endoskopie empfohlen, falls
sich eine Röntgendarstellung negativ zeigt (48). Besonders in Bezug auf die vermehrte
Salivation durch einen Fremdkörper im Ösophagus ist unbedingt von einem Barium-
breischluck abzusehen, da hierbei das Risiko einer Aspiration stark erhöht ist (9, 31).
In Bezug auf die Möglichkeit einer Schädigung von angrenzendem Gewebe zeigt die CT
gute Darstellungsergebnisse (9) und sollte bei einer Fischgräteningestion zur Anwendung
kommen (23).
   Eine umschriebene Verdickung von Weichgewebe kann sich bei impaktierten Fremd-
körpern zeigen. Freie Luft deutet hierbei stark auf eine Perforation hin. Metalldetektoren

                                            6
können bei einem Verdacht auf Ingestion eines metallischen Fremdkörpers hilfreich sein
und die Strahlenbelastung reduzieren (48, 79). In der Literatur werden Sensitivitäten
bei Metalldetektoren für das Detektieren von Münzen von 99,4 % und eine Genauigkeit
von 99,8 % für deren Lokalisierung angegeben (36). Adipositas stellt bei Kindern eine
relative Kontraindikation zur Anwendung eines Metalldetektors dar. Da bei einer Mün-
zingestion die Möglichkeit der Verwechslung mit einer Knopfbatterie besteht, wird in
der Literatur eine Röntgenaufnahme auch bei Verdacht auf eine Ingestion einer Münze
empfohlen (14). Es findet sich ebenfalls Literatur, die eine grundsätzliche Anfertigung
einer Röntgendarstellung empfiehlt (31, 80).

1.4.3   Endoskopie

Bei symptomatischen Patienten ohne wegweisende Befunde in der Bildgebung ist eine
Endoskopie zur Diagnosestellung indiziert (78). Sollten sich bei der Inspektion des
Mundraumes orale Läsionen zeigen und der Verdacht auf eine Ingestion einer ätzen-
den Substanz bestehen, muss zur genaueren Evaluation der Verletzungen im oberen
Gastrointestinaltrakt (GI) eine Endoskoie durchgeführt werden. Bei der Endoskopie
können sich Strikturen mit prästenotischem Pouch zeigen (78). Auch in Abwesenheit
von Symptomen wird beim Verdacht der Ingestion einer ätzenden Substanz in der
Literatur eine diagnostische Endoskopie empfohlen (19). Eine höhergradige Verätzung
des Ösophagus ist bei Abwesenheit von Symptomen bzw. Befunden jedoch selten
(odds ratio [OR] 0,13 [95 % CI, 0,02-0,62], P=0,002) (7). Von der European Socie-
ty of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) und der European Society for Paediatric
Gastroenterology Hepatology and Nutrition (ESPGHAN) werden folgende typische
Indikationen zur Durchführung einer diagnostischen Ösophagoduodenoskopie in Bezug
auf eine potentielle Fremdkörperingestion empfohlen. (80):

  1. Dysphagie

  2. Hämatemesis

  3. Hämatochezie

  4. Gewichtsabnahme

  5. abdominelle/thorakale Schmerzen

                                          7
1.5    Differenzialdiagnosen
Aufgrund der unspezifischen Symptomausprägung der Fremdkörperingestion ist von
jedem Arzt eine große Aufmerksamkeit gefordert (43).

Aspiration

Als Fremdkörperaspiration wird jede unbeabsichtigte Inhalation fester Gegenstände in
den Tracheobronchialraum bezeichnet. Häufige Symptome sind plötzlich einsetzender
Husten und Würgen sowie keuchende bzw. pfeifende Atmung. Der häufigste patholo-
gische Befund im Röntgen ist eine Überblähung der betroffenen Seite der Lunge (68).
In den meisten Fällen ist der rechte Hauptbronchus betroffen. Die Fremdkörperaspira-
tion ist potentiell lebensbedrohlich und somit die wichtigste Differenzialdiagnose bei
Vorliegen von respiratorischen Symptomen (10, 92).

Osophagusstenose

Die Ösophagusstenose beschreibt eine Verengung des Ösophagus in seinem Verlauf und
kann als angeborene Ösophagusatresie oder im Rahmen einer Epidemolysis bullosa auf-
treten. Sekundäre Stenosen nach Verätzungen bzw. durch eine mechanische Verlegung
(z.B. Tumor) sind möglich. Häufig findet sich die Stenose im mittleren bzw. distalen
Drittel (62). Nahrungsverweigerung, Bolusereignisse und Erbrechen sowie Entwick-
lungsverzögerung sind mögliche Symptome einer Ösophagusstenose. Ein eingewachsener
Fremdkörper kann diese Symptomatik ebenfalls hervorrufen (90). Zu beachten gilt
es hierbei, dass eine mögliche symptomatische Behandlung mittels Ballondilation bei
Verdacht auf Ösophagusstenose auch bei einem intramuralen Fremdkörper zu einer
zeitweisen Symptomfreiheit führen kann (70).

Eosinophile Ösophagitis

Die eosinophile Ösophagitis (EoE) ist eine klinisch-pathologische Diagnose, die eine
Dysfunktion des Ösophagus mit einer zugrunde liegenden eosinophilen Entzündung der
ösophagealen Mukosa beinhaltet. (60).
   Symptome der ösophagealen Dysfunktion sind Dysphagie, Brustschmerzen, Bauch-
schmerzen und verklemmte Speisereste in der Speiseröhre. Die Verdachtsdiagnose wird

                                          8
dann endoskopisch und histologisch bestätigt. Endoskopisch können sich Ringstrukturen,
sogenannte Trachealisierung, im Ösophagus zeigen (31).
   Die eosinophile Entzündung der Ösophaguswand ist definitionsgemäß durch eine
Mindestanzahl von 15 Eosinophilen pro Hauptgesichtsfeld festgelegt (38). Die EoE
wird mit Protonenpumpeninhibitoren, topischen und systemischen Kortikosteroiden,
Leukotrien Antagonisten und/oder mit einer Eliminationsdiät behandelt. Als Differen-
zialdiagnose zur EoE gilt die gastroösophageale Refluxkrankheit (GÖRK).

Gastroösophageale Reflux Krankheit

Eine intermittierende Relaxation des unteren Ösophagussphinkter ohne peristaltische
Welle des Ösophagus führt zu einem gastroösophagealen Reflux. In der Pädiatrie tritt
eine GÖRK am häufigsten im Alter von ca. 4 Monaten auf. Adipositas gilt als Risi-
kofaktor für das Auftreten einer GÖRK (37). Nach der operativen Versorgung einer
Ösophagusatresie kann ein gastroösophagealer Reflux auftreten (87). Bei einer Hiatus
Hernie ist ebenfalls ein gastroösophagealer Reflux möglich (93). Neben der EoE und
allgemein den Motilitätsstörungen des Ösophagus (Achalasie etc.) sowie einer Fremdkör-
peringestion, führt ein GÖRK ebenfalls zu Schmerzen in der Brust (20, 37). Zusätzlich
zu den Schmerzen können bei der GÖRK z.B. Gedeihstörungen, rezidivierende Aspi-
rationspneumonien und chronische Bronchitiden auftreten (37). Eine 24h-pH-Metrie
oder eine Impedanzmessung kann eine GÖRK quantifizieren und die Diagnose sichern
(71). In den meisten Fällen ist keine Therapie nötig. Die ersten Schritte sind nicht-
pharmakologische Therapien, wie z.B. Ernährungsumstellung bei Adipositas bzw. das
Andicken von Nahrung bei Säuglingen (37). Bei der pharmakologischen Therapie stellen
sich Protonenpumpeninhibitoren gegenüber H2-Antagonisten überlegen dar und sollten
daher als Mittel der Wahl eingesetzt werden (37). Aufgrund einer Reizung der Chemore-
zeptoren des Larynx sind bei einer GÖRK theoretisch Apnoe möglich. Falls dies auftritt
handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand und eine absolute Indikation
zur operativen Intervention (37). Die Methode der Wahl ist hier eine laparoskopische
Fundoplicatio (37, 71).

                                          9
Differenzialdiagnosen des akuten Abdomens

Theroretisch sind als Differenzialdiagnose des IGU alle Differenzialdiagnosen des akuten
Abdomens möglich. Eine Perforation durch einen Fremdkörper kann zu einem akuten
Abdomen führen. Das akute Abdomen beschreibt einen stark schmerzhaften Zustand
des Abdomens. Klinisch präsentieren sich Kinder z.B. mit Loslassschmerz im abdomi-
nellen Bereich und Spasmen der abdominellen Muskulatur. Die Ursachen für ein akutes
Abdomen sind abhängig vom Alter des Kindes. Bei Frühgeborenen die nekrotisierende
Enterokolitis, bei Reifgeborenen kongenitale intestinale Obstruktionen, bei Säuglingen
z.B eine inguinale Hernie oder ein kompliziertes Meckeldivertikel. Im Säuglingsalter
ist die akute Appendizitis noch relativ selten, wird aber ab dem Kleinkindalter zur
häufigsten Ursache des akuten Abdomens. Abhängig von der Schmerzlokalisation (ab-
dominelle Quadranten) müssen noch weitere Differenzialdiagnosen in Betracht gezogen
werden. Hierbei handelt es sich meistens um, die dem Quadranten entsprechende, ana-
tomische Lokalisation der Organe und eine zugrunde liegende Pathologie (oben rechts:
z.B. Gallenblase, links oben Milz etc.) (5).

1.6    Therapie
In der Literatur wird für die allermeisten Fremdkörper ein spontanes Passieren des
Gastrointestinaltraktes ohne weitere Folgen beschrieben, daher kann in den meisten
Fällen abgewartet werden. Eine Untersuchung des Stuhles des Kindes auf Ausscheidung
des Fremdkörpers ist immer durchzuführen. Ca. 80-90 % der IGU, die klinisch relevant
werden, passieren den Gastrointestinaltrakt ohne weitere Folgen. 10-20 % benötigen
endoskopische Bergung und < 1% eine sofortige notfallmäßige Behandlung (52). Behand-
lungspfade sollen ein zielgerichtetes Vorgehen in der Notfallsituation ermöglichen (siehe
hierzu Abb. 1) (48, 66). Eine endoskopische Bergung aus dem oberen GI in Vollnarkose
bietet, bei Anwendung eines endotrachealen Tubus, einen Schutz vor versehentlichem
Aspirieren des Fremdkörpers, wenn er den Oropharynx erreicht hat und vor Aspiration
von Mageninhalt, bei den meist nicht nüchternen Patienten (9, 31).
   In der Literatur werden drei Schlüsselfaktoren beschrieben, die zur Indikationsstel-
lung einer endoskopischen Bergung sowie des Zeitpunktes der Bergung herangezogen
werden sollten (31):

                                           10
1. Objektart

  2. Ort

  3. Symptome

In Abhängigkeit der oben genannten sowie durch die Hinzunahme der individuellen
Anamnese muss für das Kind die geeignete Wahl der Therapie getroffen werden.

Münzen

Eine asymptomatische Münze im Ösophagus, sollte genauso wie ein symptomatischer
Fremdkörper, umgehend entfernt werden. Die ESGE und ESPGHAN empfehlen auch
bei asymptomatischen Patienten eine Entfernung der Münze innerhalb von 24 Stunden.
Falls das Kind Symptome zeigt, sollte eine notfallmäßige Endoskopie innerhalb von
zwei Stunden geplant werden (80). Eine Münze im Ösophagus kann bereits durch die
Lufteingabe bei der Bergung weiter nach distal rutschen, sollte aber trotzdem entfernt
werden, da in der Regel eine Vollnarkose eingesetzt wurde. Falls dies nicht der Fall ist,
wird davon abgeraten, den Fremdkörper in den Magen vorzuschieben, da eine Pathologie
distal des Fremdkörpers nicht beurteilt werden kann und die Möglichkeit der iatrogenen
Perforation besteht (31). Bei asymptomatischen Patienten nach Münzingestion kann
ggfs. bis zur Nüchternheit 12-24 Stunden abgewartet werden (14). Ein asymptomati-
scher Patient, der eine gesicherte Münze verschluckt hat, welche im Magen zum Liegen
gekommen ist, muss zunächst keiner endoskopischen Behandlung unterzogen werden.
Falls der Patient im Verlauf Symptome zeigt, oder die Münze bereits über mehrere
Wochen im Magen liegt, ist die Bergung indiziert (31, 80).

Knopfbatterien

Bereits beim ersten Kontakt der Knopfbatterie mit der Schleimhaut des GI-Traktes ist
eine Schädigung dieser möglich. Der wichtigste Pathomechanismus ist die Bildung von
Hydroxidionen am negativen Pol der Batterie durch den Stromfluss zum angrenzenden
Gewebe. Das Gewebe dient hierbei zum Schluss des Kreises zwischen den zwei Polen der

                                           11
Abbildung 1: Algorithmus Schmid et al. (Schmid M, Posovszky C, Neuwirth F, Galm C
und Keck T. Diagnostisches und therapeutisches Vorgehen bei Fremdkörperingestionen
im Kindesalter. Laryngo- Rhino-Otologie 2010;89:73–6.)( c Georg Thieme Verlag KG)

                                       12
Batterie. Die Akkumulation der Ionen führt dann zu einer Verflüssigung des Gewebes
mit Nekrosenbildung, ähnlich einer Laugenverätzung (29). Bei Batterien im Ösophagus
ist eine Bergung innerhalb von 2 Stunden nach Ingestion anzustreben (9, 16, 31, 80).
Folgende schwerwiegende Komplikationen sind beschrieben (34):

  1. Tod

  2. Fistelbildung (Trachea, Aorta, Ösophagus)

  3. Perforation

  4. Mediastinitis

  5. Stimmbandparalyse

Die hervorgerufenen Risiken übersteigen hierbei die anästhesiologischen Risiken eines
nicht nüchternen Patienten. Batterien im Magen bei asymptomatischem Patienten
können zunächst beobachtet werden. In 5 % der Fälle dauert es bis zu einer Woche bis
die Batterie auf natürlichem Wege ausgeschieden wird (31). Falls der Patient symptoma-
tisch ist, ist eine Bergung der Batterie innerhalb von 2 Stunden indiziert, insbesondere
wenn Patienten bereits gastroenterologische Vorerkrankungen (z.B. Motilitätsstörungen)
in der Anamnese haben. Bei impaktierten Batterien ist eine endoskopische Therapie
unverzüglich durchzuführen. Eine Nüchternheit soll nicht abgewartet werden (21, 80).
Bei einzelnen Zylinderbatterien im Magen kann abgewartet und überwacht werden.

Magnete

Die ESGE und ESPGHAN empfiehlt eine sofortige Bergung aller Magnete, die sich in
endoskopischer Reichweite befinden (16, 80).
   Bei Ingestion mehrerer Magnete können sich diese an unterschiedlichen Orten im
Darm befinden. Durch den Magnetismus kann eine Schleifenbildung resultieren. An der
Anheftungsstelle der Magnete kommt es dann zu Ischämien und Nekrosen, welche zu
Perforationen in beiden Darmanteilen führen können. Häufig treten Symptome dann
erst als Resultat der Komplikationen (z.B. akutes Abdomen bei Perforation) auf (15,

                                          13
35). Falls dies der Fall ist, handelt es sich meist um einen chirurgischen Notfall und
eine endoskopische Bergung ist nicht mehr möglich (31).

Scharfe und spitze Objekte

Scharfe und spitze Objekte sollten in jedem Fall, unabhängig vom Ort und falls möglich,
innerhalb von 2 Stunden entfernt werden. Dies gilt auch bei asymptomatischen Patienten
(9, 31, 80).

Säuren- und Laugenverätzung

Das akzidentielle Verschlucken von ätzenden Substanzen passiert zu 80 % bei Kindern
(1). Eine typische Konstellation, die zu einem Verätzungsereignis führen kann, ist das
Brezelbacken mit Oma. Das Kind verwechselt die klare Flüssigkeit mit Wasser und es
kommt zum IGU. Die Schwierigkeit bei einem Verdacht auf eine Ingestion einer ätzenden
Substanz besteht darin, dass die Anwesenheit oder die Abwesenheit von Symptomen
nicht mit dem Schweregrad der Läsionen korreliert (19). In Abhängigkeit des Grades
der Ösophagitis wird in der Literatur eine intravenöse, hochdosierte Dexamethasongabe
empfohlen. Dies soll die Bildung von Strikturen im Ösophagus verhindern (45, 80).

1.7     Komplikationen
Perforationen mit resultierender Mediastinitis, kardialer Tamponade, paraösophagealer
Abszesse bis zur aortotracheoösophagealen Fistel und Stimmbandparalyse werden be-
schrieben (23, 29). Fremdkörper, die länger als 24 Stunden im Körper bleiben, haben
ein 14,1-fach erhöhtes Risiko, Komplikationen hervorzurufen (70). Hierbei sind die
Objektgröße und die Zeit der Impaktation (30) jeweils unabhängige Risikofaktoren für
die Entwicklung einer Komplikation (23). Wichtig zu beachten ist, dass bei vorliegender
vermehrter Salivation und zurückhaltender Indikationsstellung einer endoskopischen
Bergung das Risiko einer Aspirationspneumonie besteht (31). Bei einer Perforation

                                          14
im Bereich des Ösophagus ist mit Schwellung des Halses, Krepitationen und Pneu-
momediastinum zu rechnen (48). Perforationen sind glücklicherweise selten, bedürfen
aber einer prompten Behandlung (57). Eine Beteiligung von angrenzenden Strukturen
ist möglich (Nieren, Vena cava). Bei einer Erosion der Wand des GI-Traktes kann es
durch Gefäßbeteiligung zu schweren Blutungen kommen. Besonders Batterien können
auch nach erfolgter endoskopischer Bergung noch Schaden verursachen. In der Lite-
ratur werden Fälle beschrieben, die bis zu 18 Tage nach der Bergung Nachblutungen
gezeigt haben. Eine Hämatemesis vor oder nach einer Batteriebergung ist immer ein
Warnhinweis (31). Typische Orte für eine Obstruktion durch einen Fremdkörper sind
der cricopharyngeale Übergang, das mittlere Drittel des Ösophagus, der untere Öso-
phagussphinkter, der Pylorus und die Ileozökalklappe. Insgesamt sind fatale Folgen
nach Fremdkörperingestion selten. In den USA werden ca. 1500 Tote nach Fremdkörpe-
ringestion pro Jahr beschrieben (48). Verschiedene Fremdkörper (häufiger lange und
scharfe, aber auch mehrere Magnete) bergen das Risiko, die Darmwand zu perforieren.
Nach einer Perforation präsentiert sich der Patient mit einem akuten Abdomen. Eine
genaue Anamneseerhebung ist in diesem Fall unerlässlich, um die verschiedenen Dif-
fernetialdiagnosen auszuschließen (siehe auch Abschnitt Differenzialdiagnosen 1.5.)
(51). Bei der klinischen Untersuchung ist ein sorgfältiges und vorsichtiges Vorgehen bei
Kindern indiziert. Das Ziel ist es, Zeichen einer Peritonitis zu erkennen (Loslassschmerz,
Spasmen der abdominellen Muskulatur) und möglichst schmerzarm vorzugehen (49).

1.8    Prognose und Nachsorge
In den allermeisten Fällen passieren die verschluckten Gegenstände den GI ohne weitere
Folgen (82). Auch Batterien passieren den GI in über 80 % der Fälle ohne Folgen,
wenn sie den Magen erreicht haben (31). Fatale Ausgänge bis zum Exitus letalis sind
jedoch möglich (83). In der Literatur zeigt sich eine schwache Datenlage in Bezug auf
Langzeitkomplikationen und Follow-up Untersuchungen. Bekannt ist, dass 13 % der
Patienten, die eine chirurgische Intervention am Ösophagus hatten, im Verlauf einen
IGU erleiden (95).
   Grundsätzlich muss nach erfolgter FK-Bergung in Abhängigkeit der Gesamtsituation
entschieden werden, ob die Verlegung auf eine Normalstation möglich oder Intensivstati-
on nötig ist (16). Nach Ingestion von ätzenden Substanzen ist die Bildung von Strikturen

                                           15
im Gastrointestinaltrakt möglich, die zur Dysphagie, Nahrungsverweigerung oder Bo-
lusereignissen führen können. Deshalb ist eine Verlaufskontrolle notwendig (29, 80).
Nach komplizierten Fällen mit impaktierten FK sind ebenfalls Strikturen mit der
Notwendigkeit von Bougierungen oder Ballondilatationen möglich. Bei frustraner Strik-
turbehandlung kann Mitomycin C zur Anwendung kommen, um eine erneute Striktur
zu verhindern (78). Es kann die Häufigkeit sowie die Frequenz der nötigen Dilationen
des Ösophagus reduzieren (22). Mitomycin C zeigt sich gegenüber intraläsionaler Corti-
costeroidgaben überlegen (45). Nachblutungen nach Batterieingestion sind möglich und
müssen überwacht werden (31). Falls keine Bergung indiziert oder möglich war, muss
das Ausscheiden auf natürlichem Wege abgewartet werden. Hierfür ist die Mitarbeit der
Eltern gefragt und der Stuhl des Kindes muss auf den Fremdkörper untersucht werden.
Alternativ können bei röntgendichten FK auch die Windeln geröntgt werden.

1.9    Fragestellung
Bei Ingestionsunfällen besteht die Möglichkeit von Komplikationen und einem tödlichen
Ausgang (83). Eine sichere Diagnosestellung und ein klares Vorgehen ist zur Vermeidung
von schwerwiegenden Komplikationen unerlässlich. Leider ist die Datenlage hierzu im
Kindesalter unzureichend und das Vorgehen ist regional unterschiedlich (66). Ziel dieser
Studie war es, weitere Daten über einen längeren Zeitraum zu erheben, in dem auch
ein eigener hausinterner Standard implementiert wurde, um akutelle Behandlungspfade
kritisch zu prüfen. Aufgearbeitet wurde wie häufig sich IGU an der Universitätsklinik für
Kinder- und Jugendmedizin Ulm zeigen. Wie stellen sich die Häufigkeiten unterschiedli-
cher Fremdkörperarten dar? Wie stellen sich Symptomhäufigkeiten und Ausprägungen
dar? Gibt es Trends im Verlauf der Jahre? Welche Diagnostik kommt zum Einsatz und
ist diese gerechtfertigt? Gibt es Spätkomplikationen nach IGU?

                                           16
2       Material und Methoden
2.1     Studiendesign
Es handelte sich um eine monozentrisch retrospektive Studie. In der Folge wurden
mittels Fragebogen Spätfolgen selektierter Fälle erfasst. Siehe hierzu auch (Abb. 2).

2.2     Datenerhebung der retrospektiven Analyse
2.2.1    Beschreibung der Erhebung

Aus dem Klinikinformationssystem wurden 2427 Fälle mit den Angaben Fallnummer,
Falldatum, Fallart, fachliche Organisationseinheit, pflegerische Organisationseinheit,
Diagnoseschlüssel und der dazugehörige Diagnosetext erhoben. Die Daten wurden in das
Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft Excel 2016 eingegeben. Es wurden doppelte
Fälle selektiert und ausgeschlossen. Anhand der Fallnummer wurde die digitalisierte
(i.s.h.med Klinisches System) Patientenakte für jeden Fall aufgerufen. Es erfolgte eine
Durchsicht des Falles in Bezug auf das Falldatum. Fälle, die keine Ingestion beschrie-
ben, wurden ausgeschlossen. Fälle, die einen IGU beschrieben, wurden in die Studie
eingeschlossen und folgende Parameter erhoben: Geburtsdatum, Alter bei Falldatum,
Geschlecht, Entlassdatum, stationärer Aufenthalt in Tagen, Objekt, Objektdifferenzie-
rung (Festkörper, Flüssigkeit, Sonstige, Anorganisch, Organisch, Größe, röntgendicht),
Symptome (Husten, Würgen/Erbrechen, Dysphagie, Speicheln, Schmerzen, Sonstige),
diagnostische Endoskopie, Bildgebung (RTX, Röntgenabdomen, Ösophagusbreischluck,
Ultraschall, CT, Magnetresonanztomographie), Therapie (Invasivität, Bergung), Lagean-
gaben (vor oder nach Flexura duodenojejunalis), Dauer bis Vorstellung bzw. Bergung
(weniger oder mehr als 24 Stunden), Ortung, Komplikationen (kleinere Verletzungen,
Nekrosen, Perforationen, Fisteln, Entzündungen (Ösophagitis, Mediastinitis, Gastritis),
Verätzungen, Fieber, Sonstige, Tod), Komorbiditäten (Ösophagusatresie, EoE, geistige
Retardierung, Kinder- und Jugendpysichiatrische Erkrankung, Sonstige (Infekt der
oberen Luftwege, kardiologische Erkrankungen etc.)). Hilfestellung bot hierbei der
bereits bestehende Algorithmus der Kinder- und Jugendmedizin der Universitätsklinik
Ulm für das Management eines akuten IGU (Abb. 1).

                                          17
Abbildung 2: Flowchart (eigene Darstellung)

                    18
2.2.2     Zuordnung zu Objektgruppen

Die dokumentierten Objekte wurden 20 verschiedenen Gruppen zugeordnet (Münze,
metallische Objekte, Reiniger/Tenside, Plastik, Medikament, Glas, keine Angaben zum
Objekt, Knopfbatterie, Nahrungsmittel, Pflanze, Zigarette, Säure, Öl, Stein, Magnet,
Batterie, Holz, Lauge, Papier, Körperteil). Bei der Auswertung der einzelnen Kategorien
wurde die Top 10 isoliert betrachtet und die Objektgruppe bei denen keine Angaben
zum Objekt erhoben werden konnte (n=65) ausgeschlossen. Hieraus resultierten die
Top 9.

  1. Münzen

  2. metallischer Gegenstand (Nadeln, Nägel etc.)

  3. Reiniger/Tenside (Alkohole, Spülmaschinenreinger, Nagellack, Grillanzünder,
        Frostschutzmittel etc.)

  4. Plastik (Lollistiele, Plastikspielzeug)

  5. Medikamente (Tabletten)

  6. Glas

  7. Knopfbatterie

  8. Nahrungsmittel (Wurst, Obst etc.)

  9. Pflanzen (Blätter etc.)

2.2.3     Einschlusskriterien

Von 2427 Fällen wurden 1199 Fälle mit folgenden International classification of diseases-
10 (German Modification) (ICD-10 GM) Diagnosen aus der Datenbank der Kinderklinik
des Universitätsklinikums Ulm im Alter von 0 bis 17 Jahren und im Zeitraum von 2005
bis 2017 in die Auswertung eingeschlossen.

                                           19
K22.1 Ösophagusulkus K22.3 Perforation des Ösophagus

   T18.0 Fremdkörper im Mund T18.1 Fremdkörper im Ösophagus T18.2 Fremdkörper
im Magen T18.3 Fremdkörper im Dünndarm T18.4 Fremdkörper im Dickdarm T18.5
Fremdkörper im Anus/Rectum T18.9 Fremdkörper im Verdauungstrakt, Teil nicht
näher bezeichnet

   T28.6 Verätzung des Ösophagus

   T30.4 Verätzung nicht näher bezeichneten Grades, Körperregion nicht näher be-
zeichnet

   T52.0 Halogenierte aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe

   T55 Toxische Wirkung von Seifen und Detergenzien

   T60.8 Toxische Wirkung von Schädlingsbekämpfungsmitteln [Pestiziden] Sonstige
Schädlingsbekämpfungsmittel

   T62.0 Toxische Wirkung sonstiger schädlicher Substanzen, die mit der Nahrung
aufgenommen wurden, Verzehrte Pilze T62.1 Toxische Wirkung sonstiger schädlicher
Substanzen, die mit der Nahrung aufgenommen wurden, Verzehrte Beeren

   T65.8 Toxische Wirkung sonstiger und nicht näher bezeichneter Substanzen T65.9
Toxische Wirkung einer nicht näher bezeichneten Substanz

2.3    Erhebung von Spätfolgen
Es handelte sich um eine fragenbogenbasierte selektive retrospektive Datenerhebung.
Anhand der erhobenen Daten der retrospektiven Analyse wurden einzelne Fälle für die
Erfassung der Spätfolgen selektiert. Folgende Fälle wurden eingeschlossen: Fälle, die
länger als zwei Tage stationär waren; alle Fälle, bei denen eine Knopfbatterie verschluckt

                                           20
wurde; alle Fälle, bei denen ein spitzer Gegenstand verschluckt wurde; alle Fälle, mit
Lauge- bzw. Säureingestion; alle Fälle mit multiplen Magneten. Insgesamt wurden 255
Fälle für die Erfassung von Spätfolgen selektiert.
Es wurden geeignete Informationsschreiben für Kinder und Eltern erstellt. Ein Fra-
gebogen wurde zur Erfassung der Spätfolgen konzipiert (siehe Anhang Fragebogen-
Ingestion). Alle Informationsschreiben sowie der Fragebogen wurden zusammen mit
einem Einladungsschreiben und einer Einwilligung zur Teilnahme an der Studie an die
selektierten Patienten und deren Familien versandt. Drei Monate waren als Zeitraum für
die Beantwortung der Fragebögen festgelegt worden. Nach Ablauf der Frist erfolgte eine
Auswertung der Fragebögen. Dies geschah vollständig anonymisiert. Jeder Fragebogen
erhielt eine spezifische Verschlüsselungsnummer.

2.4    Ethikvotum
Zu Beginn der Studie lag die positive Bewertung der Ethikkommission der Universität
Ulm durch das Schreiben vom 08.12.2017 (Aktenzeichen: 399/17 - FSt/Sta) vor.

2.5    Statistik
Die Analyse der Daten erfolgte über das Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft Excel
2016 sowie über das Statistikprogramm von IBM, SPSS (Statistical Package for Social
Sciences; Version 26). Zur Beschreibung der Daten des retrospektiven Datensatzes und
des Datensatzes der Fragebögen wurden der Mittelwert, der Median, die Standardab-
weichung, das Maximum, das Minimum, die Spannweite sowie die relativen und die
absoluten Häufigkeiten verwendet. Eine induktive statistische Auswertung der nominalen
Daten erfolgte mittels eines Chi-Quadrat Tests. Hierdurch konnten in geeigneten Fällen
die Odds-Ratio berechnet werden. Zur genaueren Analyse bei mehreren Stichproben
wurde die Effektstärke berechnet. Diese wurde mittels Phi bzw. w sowie Cramer V
berechnet. Die erhaltenen Effektstärken wurden schließlich an den Effektstärkengrenzen
von Cohen (1988) gespiegelt
(w = 0,1-0,3 schwache Effektstärke, w = 0,3-0,5 mittlere Effektstärke, w größer als
0,5 starke Effektstärke). Zur Analyse einer Zunahme der Fälle wurde eine lineare Re-
gressionsanalyse und das Bestimmtheitsmaß eingesetzt. Für parametrische Daten bei

                                          21
zwei unabhängigen Stichproben wurden T-Tests zur Überprüfung der Signifikanzen
durchgeführt. Für eine Auswertung parametrischer Daten mehrerer Stichproben kam
der Kruskal-Wallis-Test zum Einsatz. Eine post-hoc Analyse parametrischer Daten
bei mehreren Stichproben erfolgte über den Vergleich der einzelnen Signifikanzen von
jeweils zwei gegenübergestellten Stichproben. Die Ergebnisse der Auswertungen wur-
den in geeigneter Weise graphisch und tabellarisch dargestellt. Bei der statistischen
Auswertung der Fragebögen wurde zum Teil aufgrund der geringen Fallzahlen auf eine
Bestimmung der relativen Häufigkeiten verzichtet.

                                         22
3       Ergebnisse
3.1     Ergebnisse der retrospektiven Datenerhebung
3.1.1    Patientenkollektiv

Die Ergebnisse der Auswertung stellen sich wie folgt dar: 1199 Kinder und Jugendliche
wurden in die Auswertung einbezogen. 641 (53,5 %) Patienten waren männlich, 558
(46,5 %) waren weiblich. Hieraus ergibt sich ein Verhältnis von männlich zu weiblich von
1,15:1. Die einzelnen Fallzahlen der Jahre 2005-2017 sind in Abb. 3 graphisch dargestellt
(Bestimmtheitsmaß (R2) = 0,79; p = 0,000054). Ca. 92 Fälle pro Jahr (Minimum 41;
Maximum 137; Durchschnitt 92,23 Fälle; Median 92,00; Standardabweichung (SD) 33,36;
Range (R) 96,00).

                                           23
Abbildung 3: Ingestionsunfälle gesamt (schwarze durchgezogene Linie) pro Jahr und lineare Trendlinie
(schwarz gepunktete Linie) sowie stationäre Ingestionsunfälle (graue gestrichelte Linie) pro Jahr an der
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm (2005-2017) (Diese Abbildung
wurde übersetzt und abgeändert aus 72 Creative Commons Attribution 4.0 International License
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)

    Die Kinder waren 7 Tage bis 16 Jahre alt (Durchschnitt 3,3 Jahre; Median 2,23;SD
3,12;R 16,97). (Die hier beschriebenen Daten wurden bereits in 72 veröffentlicht Creative
Commons Attribution 4.0 International License http://creativecommons.org/licenses/
by/4.0). Die Altersdurchschnitte der einzelnen Jahre sind Abb. 4 zu entnehmen.

                                                  24
Abbildung 4: Altersdurchschnitt (schwarze durchgezogene Linie) und lineare Trendlinie (schwarze
gepunktete Linie), Altersminimum (schwarze gestrichelte Linie) und Altersmaximum (graue gestrichelte
Linie) der Patienten mit Fremdkörperingestion an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des
Universitätsklinikums Ulm (2005-2017) (Diese Abbildung wurde übersetzt und abgeändert aus 72
Creative Commons Attribution 4.0 International License http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)

   Eine Bezugnahme auf die Gesamtzahl der ambulanten Vorstellungen der Klinik für
Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm ist Abb. 5 zu entnehmen
(R2 = 0,83 p = 0,001).

                                                25
Abbildung 5: Anteil der Ingestionsunfälle (schwarze durchgezogene Linie) pro Jahr und lineare
Trendlinie (schwarze gepunktete Linie) in Bezug auf die Gesamtzahl der ambulanten Vorstellung an der
Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm (2009-2017) (Diese Abbildung
wurde übersetzt und abgeändert aus 72 Creative Commons Attribution 4.0 International License
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)

    194 (16,2%) der Kinder wurden stationär aufgenommen. Ca. 15 Fällen pro Jahr
(Minimum 7; Maximum 23; Durchschnitt 14,92 Fälle; Median 16,00; SD 5,02; R 16,00)
Die angegebenen Fälle waren inklusive Aufnahmetag ein bis 27 Tage stationär (Durch-
schnitt 2,99 Tage Median 2,00; SD 3,41; R 27). 1102 (91,9 %) der Patienten stellten sich
innerhalb von 24 Stunden nach einem Ereignis bzw. dem Verdacht auf ein Ereignis in der
Klinik vor. Respektive 97 (8,1 %) nach mehr als 24 Stunden. Komorbiditäten bestanden
bei 127 (10,6 %) der Fälle. Davon hatten (Mehrfachnennungen pro waren möglich) 16
(12,6 %) Psychiatrische Erkrankungen, 13 (10,2 %) geistige Retardierungen, 2 Fälle eine
eosinophile Ösophagitis, 7 (5,5 %) Fälle eine Ösophagusatresie und 101 Patienten (79,5
%) sonstige (z.B. kardial, pulmonal o.ä.) Erkrankungen. (Die hier beschriebenen Daten
wurden bereits in 72 veröffentlicht Creative Commons Attribution 4.0 International

                                                26
License http://creativecommons.org/licenses/by/4.0).
Jungen waren null bis 16 Jahre (Durchschnitt 3,17; Median 2,31; SD 2,76; R 16,93) alt,
Mädchen waren null bis 16 Jahre (Durchschnitt 3,45; Median 2,17; SD 3,48; R 16,81) alt.
Zum Vergleich des Alters von Jungen und Mädchen wurde ein T-Test für unabhängigen
Stichproben durchgeführt. Der Unterschied war nicht signifikant (T-Wert (T) 1,517;
Freiheitsgrade (df) 1059,341; p > 0,05). Jungen waren ein bis 27 Tage (Durchschnitt
3,02; Median 2,0; SD 3,56; R 26) stationär, Mädchen ein bis 19 Tage (Durchschnitt
2,96; Median 2,0; SD 3,23; R 18) stationär. Auch hier waren die Unterschiede nicht
signifikant (T 0,109; df 192; p > 0,05).

3.1.2   Ingestierte Fremdkörper

Es wurden 921 (76,8 %) Festkörper und 151 (12,6 %) Flüssigkeiten ingestiert. Bei 67
(5,6 %) der Fälle wurden sonstige Angaben (z.B. Schwämme, Blätter o.ä.) gemacht.
Bei 60 (5 %) konnten keine Angaben in Bezug auf Festkörper/Flüssigkeit/Sonstige
erhoben werden. Anorganische Objekte wurden in 1018 (84,9 %) der Fälle verschluckt,
demgegenüber standen 119 (9,9 %) organisch ingestierte Objekte. Bei 62 (5,2 %) konnten
keine Angaben in Bezug auf anorganisch/organisch erhoben werden. 126 Patienten (10,5
%) verschluckten einen spitzen Gegenstand. 571 (47,6 %) der Patienten verschluckten
einen röntgendichten, 580 (48,4 %) einen nicht röntgendichten Gegenstand. Bei 53
(4,4 %) konnten keine Angaben zur Röntgendichte erhoben werden. Eine gruppierte
Darstellung der ingestierten Objekte findet sich in Tabelle 1 und Tabelle 2 für die
Verteilung der stationären Fälle.

                                           27
Tabelle 1: Verteilung ingestierter Objekte ambulante und stationäre Fälle an der Klinik für Kinder-
und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm (2005-2017) (Diese Tabelle wurde übersetzt und
abgeändert aus 72 Creative Commons Attribution 4.0 International License http://creativecommons.
org/licenses/by/4.0)

                             Objekt          Häufigkeit (n)     Prozent (%)

                             Münze                   226             18,8
                       metallische Objekte           197             16,4
                        Reiniger/Tenside             148             12,3

                             Plastik                 107             8,9
                          Medikament                 99              8,3
                              Glas                   74              6,2
                         keine Angaben                65             5,4
                         Knopfbatterie                63             5,3
                        Nahrungsmittel                57             4,8
                            Pflanze                   33             2,8
                            Zigarette                 25             2,1
                             Säure                   20              1,7
                               Öl                    18              1,5
                              Stein                  16              1,3
                            Magnet                    15             1,3
                            Batterie                 14              1,2
                              Holz                    11             0,9
                             Lauge                    7              0,6
                             Papier                   2              0,2
                           Körperteil                 2              0,2
                            Gesamt                   1199            100

                                                28
Tabelle 2: Verteilung ingestierter Objekte stationäre Fälle an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin
des Universitätsklinikums Ulm (2005-2017) (Diese Tabelle wurde übersetzt und abgeändert aus 72
Creative Commons Attribution 4.0 International License http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)

                            Objekt             Häufigkeit (n)      Prozent (%)

                             Münze                     50               25,8
                     metallische Objekte               30               15,5
                        Knopfbatterie                  24               12,4
                       Nahrungsmittel                  24               12,4

                            Plastik                    21               10,8
                              Glas                     9                4,6
                         Medikament                    7                3,6
                             Lauge                     5                2,6
                               Öl                      5                2,6
                            Magnet                      4               2,1
                            Pflanze                    3                1,5
                           Zigarette                    2               1,0
                              Holz                      1               0,5
                        keine Angaben                  1                0,5
                            Gesamt                     194              100

    Ein signifikanter Unterschied ergab sich bei der Betrachtung der Objektausprägung.
Es zeigt sich, dass Mädchen signifikant häufiger einen röntgendichten Gegenstand
verschlucken, Mädchen n=305, Jungen n=270 (df=1; p=0,000015). Ebenso wird deutlich,
dass Mädchen signifikant häufiger einen spitzen Gegenstand verschlucken, Jungen
n=45, Mädchen n=81 (df=1; p=0,000024). (Die hier beschriebenen Daten wurden
bereits in 72 veröffentlicht Creative Commons Attribution 4.0 International License
http://creativecommons.org/licenses/by/4.0).

3.1.3    Symptomatik

In Bezug auf die symptomatischen Ausprägungen wurden folgende Angaben erhoben:
619 (51,6 %) der Patienten zeigen sich asymptomatisch, 580 (48,4 %) symptomatisch.

                                                  29
Bei 152 (12,7 %) wurde Husten angegeben. Bei 244 (20,4 %) wurde Würgen, Erbrechen,
bei 44 (3,7 %) Speicheln, bei 133 (11,1 %) Schmerzen und bei 225 (18,8 %) der Fälle
wurden sonstige Angaben (z.B. Globusgefühl, Trink-/Essverweigerung) dokumentiert.
Insgesamt zeigt sich eine respiratorische Symptomatik (inkl. Husten) in 193 (33,3 %)
Fällen. Tabelle 3 zeigt die Symptomhäufigkeiten tabellarisch. Mehrfachnennungen von
Symptomen waren pro einzelnem Fall möglich. Für eine genaue Aufschlüsselung der
sonstigen Angaben siehe Tabelle 4. (Die hier beschriebenen Daten wurden bereits
in 72 veröffentlicht Creative Commons Attribution 4.0 International License http:
//creativecommons.org/licenses/by/4.0).

Tabelle 3: Symptomatische Ausprägung bei Ingestionsunfällen an der Klinik für Kinder- und Jugendme-
dizin des Universitätsklinikums Ulm (2005-2017) (Diese Tabelle wurde übersetzt und abgeändert aus 72
Creative Commons Attribution 4.0 International License http://creativecommons.org/licenses/by/4.0)

                          Symptom                    Häufigkeit (n)   Prozent (%)

                           Würgen                         244              29,5
               Sonstige (z.B. Globusgefühl)               225              27,2
                           Husten                         152              18,4
                         Schmerzen                        133              16,1
                          Speicheln                       44               5,3
                         Dysphagie                        30               3,6
                           Gesamt                         828              100

                                                30
Tabelle 4: Verteilung der symptomatische Ausprägung Sonstige bei Ingestionsunfällen an der Klinik
für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Ulm (2005-2017)

                         Symptom                    Häufigkeit (n)    Prozent (%)

            verändertes/auffälliges Verhalten             63               28,0
               Unspezifisch (z.B. Juckreiz)               52               23,1
              respiratorisch (z.B. Dyspnoe)               41               18,2
                 Trink-/Essverweigerung                   20               8,9
                       Globusgefühl                       20               8,9
              gastrointestinal (z.B. Diarrhö)             18               8,0
                         Blutungen                        11               4,9
                          Gesamt                          225              100

   Falls der Fremdkörper nach der Flexura duodenojejunalis zum Liegen kam, zeigte sich
eine Symptomatik seltener als bei einer Lage vor der Flexura duodenojejunalis ([odds
ratio (OR)] 0,44 [95% Konfidenzintervall (CI), 0,29-0,68], p < 0,05). Tabelle 5 zeigt
die Auswertung in Bezug auf die verschiedenen Symptomausprägungen. Hierbei wurden
nur Fälle eingeschlossen, bei denen die Lage sicher zu bestimmen war (n=393). Bei einer
auf den Ösophagus und dessen Codierung bezogene Auswertung (T18.1, K22.1, K22.3,
T28.6) zeigen sich die Patienten in 83,9 % symptomatisch. In der Gruppe der anderen
ICD-10 GM Diagnosen (T18.9 etc. siehe Abschnitt Material und Methoden) zeigen
die Patienten in 44,5 % Symptome, dieser Unterschied war signifikant (p= 4, 2 · 10−16 ).
(Die hier beschriebenen Daten wurden bereits in 72 veröffentlicht Creative Commons
Attribution 4.0 International License http://creativecommons.org/licenses/by/4.0).

                                               31
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