10 Jahre Deutsch O ensive - Deutsch lernen? - Ja, bitte! Jetzt! - ein Projekt des Ausländer- und Integrationsbeirates
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rnen? Deutsch le it t e ! J e t zt! – Ja, b 10 Jahre Deutsch Offensive ein Projekt des Ausländer- und Integrationsbeirates 1
Inhaltsverzeichnis Grußworte Seite 5 Sprache als Schlüssel zur Integration Seite 9 Deutschkenntnisse ERlangen Seite 11 Die Deutsch-Offensive heute Seite 13 Aus dem Kursleben Seite 15 Das Konzept „Mama lernt Deutsch“ Seite 25 Das Schreibprojekt für Frauen Seite 26 Fazit - Ausblick Seite 28 Anhang Seite 30 3
Grußwort Erlangen gilt als eine internationale Stadt. Menschen aus 150 verschiede- nen Ländern leben zeitlich begrenzt oder auf Dauer in unserer Stadt. Diese Vielfalt haben wir als großes Potenzial schätzen gelernt, sie prägt auch das Selbstverständnis unserer Stadt. Daher haben wir früher als andere Kommu- nen die Integration von Migranten zu einem zentralen und ressortübergrei- fenden Bestandteil kommunaler Politik und Verwaltung gemacht. Integration kann aber nur über eine gemeinsame Sprache erfolgen. Die Beherrschung der deutschen Sprache ist der Schlüssel für schulischen und beruflichen Erfolg und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Mit dem Start der Erlanger Deutsch-Offensive vor zehn Jahren hat die Stadt gemein- sam mit dem Ausländer- und Integrationsbeirat eine vielbeachtete Erfolgs- geschichte für mehr Chancengleichheit von Menschen mit ausländischer Herkunft gestartet. Mit großem ehrenamtlichen Engagement ist es gelun- gen, ein breites, flächendeckendes, stadtteilnahes und auf die Bedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen, insbesondere der Klein- und Schulkinder und deren Mütter, ausgerichtetes Angebot an Sprachkursen anzubieten, das sich bis heute großer Akzeptanz erfreut. Großer Dank und Anerkennung gelten allen, die an der Entwicklung und Umsetzung dieses einzigartigen Sprachförderprogramms mitwirken, insbe- sondere den Mitgliedern des Runden Tisches, des Ausländer- und Integra- tionsbeirats sowie den Kursanbietern und -leitern. Die Deutsch-Offensive ist zentraler Bestandteil unserer Integrationsbemühungen und damit Grundla- ge für ein gutes soziales Miteinander in unserer Stadt. Dr. Siegried Balleis Oberbürgermeister 5
Babylonische Sprachverwirrung Einst bestrafte Gott die Verfehlungen des Volkes Babel mit der sprichwört- lich gewordenen Sprachverwirrung. Indem er ihnen ihre gemeinsame Sprache nimmt, nimmt er ihnen zugleich die Grundlage menschlichen Zu- sammenlebens. Der einzige Ausweg für die Bewohner Babels besteht darin, sich in Gruppen mit gleicher Sprache zusammenzuschließen und selbststän- dige Gemeinschaften aufzubauen. In einem Einwanderungsland wie Deutschland ist Mehr- und Vielsprachig- keit, die einst zur Herausforderung für das Volk Babels wurde, alltäglich gelebte Realität. Neben den vielen Muttersprachen und Dialekten, die die Einwanderer mitbringen und an ihre Kinder weitergeben, ist eine gemein- sam gesprochene Sprache nach wie vor die Basis des menschlichen Mitein- anders und der gemeinsamen Kommunikation und damit auch der Integra- tion. In der Sprache gibt es Regewendungen, Begrifflichkeiten und Ausdrücke, die die Kultur und Sichtweise widerspiegeln. Daher ist die deutsche Sprache für alle Migranten, die in Deutschland leben möchten, ein unverzichtbarer Bestandteil. Wir freuen uns daher, dass das Projekt Deutsch-Offensive in diesem Jahr seinen zehnten Geburtstag feiert. Seit 2002 bietet das Projekt verschiedens- ten Zielgruppen die Möglichkeit, ihre Sprachkompetenzen zu verbessern und schließt so Lücken, die beispielsweise durch Integrationskurse oder allein durch Kindergarten und Schule nicht geschlossen werden können. Die Kurse der Deutsch-Offensive sind praxisnah, werden nach Bedarf auch mit Kinderbetreuung und in den verschiedenen Stadtteilen Erlangens an- geboten. Menschen verschiedenster Altersgruppen erlernen so die nötigen Voraussetzungen, um sich aktiv und erfolgreich im gesellschaftlichen, wirt- schaftlichen und beruflichen Leben zu beteiligen. Im Namen des Ausländer- und Integrationsbeirates bedanke ich mich herzlich bei allen Vereinen, Institutionen und ehrenamtlich Tätigen für ihr unermüdliches Engagement, ohne das die Deutsch-Offensive kein so gro- ßer Erfolg geworden wäre. Khalil Bardag Vorsitzender des Ausländer- und Integrationsbeirats 7
Sprache als Schlüssel zur Integration – zur Entstehung der „Deutsch-Offensive Erlangen“ Ende der 90er Jahre wurde das Fehlen von Sprachkursen und damit der Bedarf an Sprachunterricht für verschiede- ne Zielgruppen regelmäßig an die Geschäftsstelle des Ausländerbeirats herangetragen. Staatliche Integrationspolitik war zu diesem Zeitpunkt ein "pragmatisches Improvisieren", wie der erste Süßmuth- Bericht 1998 die Integrationspolitik der 90er Jahre beschrieb. Dies war für uns Anlass als Kommune tätig zu werden und im Jahr 2000 einen Runden Tisch zu initiieren. Eingeladen wurden alle Akteure, die in ihrer täglichen Arbeit mit Sprachförderung befasst oder mit Sprachproble- men konfrontiert waren. Nach einer Analyse der aktuellen Angebote wurde in moderierten Sitzungen den Bedarf ermittelt und geeignete Maßnahmen für vier verschiedene Zielgruppen entwickelt: Kinder von drei bis sechs Jahren, Schüler/innen von sechs bis sechzehn Jahren, Mütter und berufstätige Frauen und Erwachsene, die bislang entweder keine Chance hatten, Deutsch zu lernen oder die ihre Deutschkenntnisse vertiefen wollten. Ziel war von Anfang an, eine stadtteilbezogene und trägerübergreifende Vernetzung aller Anbieter von Sprach- und Integrationskursen zu erreichen. Unter dem Arbeitstitel „Deutsch-Offensive Erlangen“ wurde ein Konzept für ein flächendeckendes Angebot für die verschiedenen Zielgruppen erarbeitet und im Jahr 2001 dem Stadt-rat vorgelegt. „Integration durch Sprache“ wurde von allen Fraktionen als wesentliches kommunales Handlungsfeld anerkannt und zur Realisierung ab 2002 mit jährlich 40.000,- € finanziell abgesichert. Als zentrales Erfolgskriterium der Deutsch-Offensive Erlangen haben sich die Niederschwelligkeit und die Orientie- rung der Angebote an den verschiedenen Bedürfnissen und Lebenslagen der Betroffenen erwiesen: - die Angebote sind stadtteilnah - die Lehrinhalte werden praxisnah vermittelt - Aspekte der Alltagsbewältigung und Alltagserfahrung werden miteinbezogen - Individuelle Bedürfnisse werden berücksichtigt - Kinderbetreuung wird bei Bedarf gewährleistet. Von Anfang an haben wir, lange bevor dies durch staatliche Maßnahmen ergänzt wurde, auf die sprachliche Früh- förderung in Kindertagesstätten gesetzt, um Kindern mit Migrationshintergrund bei der Einschulung wenn schon nicht gleiche, so doch ähnliche Startbedingungen zu ermöglichen und damit zur Chancengerechtigkeit beizutra- gen. Die Zielgruppe der Mütter wurde durch das Angebot „Mama lernt Deutsch“ erreicht, ein Modell das mittlerweile bundesweit Karriere gemacht hat. Eine weitere Besonderheit des Konzeptes bestand (und besteht) darin, dass die Angebote nicht an Aufenthaltssta- tus und Pass gekoppelt waren: auch Flüchtlinge oder Spätaussiedler konnten von den Angeboten profitieren. Nachdem das Konzept auf Nachhaltigkeit angelegt war, wurde auf Qualitätssicherung und Transparenz großen Wert gelegt: der Sprachunterricht erfolgte durch qualifiziertes Fachpersonal, für das in Kooperation mit der vhs regelmäßige Fortbildungsangebote aufgelegt wurde. Darüber hinaus konnte mit Mitteln des Bayerischen Staatsmi- nisteriums für Arbeit und Sozialordnung nach dem ersten Jahr eine Evaluierung durchgeführt werden, der „Runde Tisch“ mit den Trägern tagte zweimal jährlich, um das Fortschreiben sicherzustellen. Seit dem Jahr 2005 wird mit den Integrationskursen (bestehend aus einem Sprach- und einem Orientierungskurs) bundesweit erstmals ein flächendeckendes Angebot für Neuzuwanderer vorgehalten, das von der Bundesregie- rung als wichtigste integrationspolitische Fördermaßnahme bezeichnet wird. Als Kommune waren wir in der Lage, die Ausrichtung der Deutsch-Offensive schnell an die neuen Bedingungen und Erfordernisse anzupassen. So konnte der Schwerpunkt der Angebote ab 2005 ohne Probleme auf den Bereich der Frühförderung verlagert und weiterentwickelt werden. Mit der Deutsch-Offensive Erlangen ist es gelungen, die bestehenden Sprachkursangebote zielgenau zu ergänzen, sie ist ein großer und bunter Stein im Erlanger Mosaik der Sprachförderung und wird auch sicher in den nächsten 10 Jahren einen wichtigen Beitrag zur sprachlichen Integration leisten. Silvia Klein Initiatorin der Deutsch-Offensive Leiterin der Koordinationsstelle Integration 9
Deutschkenntnisse ERlangen – Gemeinsam zum Ziel Die Bedeutung ausreichender Sprachkenntnisse für eine erfolgreiche Integration ist unumstritten. Integration funk- tioniert nur über die Sprache und ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess. Daher wird der Sprache oft bildhaft die Aufgabe eines Schlüssels bzw. einer Brücke zugewiesen. Es gilt folglich, Türen zu öffnen oder Brücken zu bauen, d.h. Hindernisse bzw. Grenzen zu überwinden. Von dem bekannten Philosophen Ludwig Wittgenstein stammt der berühmte Satz „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt“. Demnach bedeutet Spracherwerb auch die Erweiterung der Weltsicht. Diese Schlüsselkompetenz gilt es mit zahlreichen Maßnahmen zu fördern. Hier- bei sind gesellschaftliche Voraussetzungen für ein gutes Miteinander gefragt, das sich vor allem durch Offenheit, Toleranz und gegenseitigen Respekt auszeichnet. Die Landschaft der Deutschkursanbieter in der Stadt Erlangen ist groß und vielfältig. Neben vielen privaten Institutio- nen bietet die städtische Volkshochschule jährlich fast 6000 Stunden Deutschunterricht an und erreicht über 2500 Teilnehmende. Das differenzierte Kursangebot umfasst alle sprachlichen Niveaustufen. Damit gehört sie zu den größten Einrichtungen ihrer Art in Bayern. Trotz dieses scheinbar ausreichenden Angebots an Deutschkursen in der Stadt, gibt es einige Zielgruppen, die nur schwer erreicht werden können. Und genau an diesem Punkt orientiert sich die Zielsetzung der Deutsch-Offensive. Nach der Gründung eines Run- den Tisches im Jahr 2000 wurden zunächst zielgruppenspezifische Arbeitsgruppen ins Leben gerufen. In meiner Funktion als Moderator der Zielgruppe der Erwachsenen befassten wir uns zunächst mit einer umfassenden und kritischen Bestandsaufnahme des bereits in Erlangen existierenden Sprachkursangebots. Demnach sollen die Kurse der Deutsch-Offensive Lücken schließen und vor allem diejenigen erreichen, die aus den unterschiedlichsten Grün- den noch keinen oder wenig Deutschunterricht erhalten haben. Die Lernenden sollen dort „abgeholt“ werden, wo sie sich befinden. Dies kann man auf zweierlei Art und Weise interpretieren. Zunächst sollen es ortsnahe Kurs- angebote sein, z.B. in den einzelnen Stadtteilen. Was das Lernkonzept betrifft, so knüpfen die Kurse der Deutsch- Offensive an die jeweils individuellen Voraussetzungen der Lernenden an. Darüber hinaus gilt es aber auch, die Lernumgebung Stadt in den Unterrichtsprozess miteinzubeziehen. Die Angebote des vhs Club INTERNATIONAL u. a. mit den Unterrichtsmaterialien „Deutsch lernen mit der Geschichte Erlangens“ sind eine ideale Ergänzung und Bereicherung des Unterrichts. Hier besteht bereits eine enge Zusammenarbeit zwischen der Deutsch-Offensive, dem Stadtmuseum und der Volkshochschule. Die Einbeziehung weiterer solcher Lernorte in der Stadt außerhalb des Klassenzimmers sollte ein künftiges Ziel der Sprachkursanbieter in Erlangen sein. Neben der motivationsstei- gernden Wirkung dieser Angebote, tragen solche Maßnahmen auch erheblich neben der sprachlichen auch zur gesellschaftlichen Integration bei. Die Deutsch-Offensive feiert ihren 10.Geburtstag und kann mit Stolz und Zufriedenheit auf eine erfolgreiche Arbeit zurückblicken. Sie ist zu einem wichtigen, unverzichtbaren Baustein in der Erlanger Deutschkurslandschaft gewor- den und wird dies mit ihrem zukunftsfähigen Konzept auch weiterhin bleiben. Dabei kann sie sich der Hilfe und Unterstützung der Volkshochschule Erlangen sicher sein. Reinhard Beer stv. Direktor und Programmbereichsleiter Sprachen der Volkshochschule Erlangen 11
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Die Deutsch-Offensive heute 1. Organisation eines Kurses Durch die bisherige Vernetzung ist die der Deutsch-Offensive teilnimmt. Positiv Persönlicher Kontakt zu den Multipli- Deutsch-Offensive in weiten Teilen der hat sich vernetztes Handeln vor Ort aus- katoren der Migrantenvertretungen „lernenden“ Einrichtungen und in den gewirkt, um Personen, die noch wenig oder der Besuch in den Vereinen er- Migrantenvereinen sowie Bürgertreffs Deutsch sprechen, zu erreichen. Ein Ge- reicht ebenfalls die Zielgruppe, die die bekannt. Sehen Einrichtungen einen spräch von wenigen Minuten, Offenheit Deutsch-Offensive anspricht. Daneben Bedarf in ihrem Bereich, treten sie an und Hilfsbereitschaft, kann die Motivati- wirken traditionelle Vorgehensweisen, den Ausländer- und Integrationsbeirat on oder die Einsicht, Deutsch zu lernen, wie muttersprachliche Flyer, Plakate und heran. erhöhen. Dozenten der Deutsch-Offen- Presse. Sie sollten als Träger eines Kurses folgen- sive haben daher an offiziellen Termi- de Voraussetzungen erfüllen: nen, z.B. der Schulen, mit einem Infotisch über die Möglichkeit, Deutsch zu lernen, • mindestens 10 Kursinteressenten für teilgenommen. Dies waren Schulanmel- Erwachsenenkurse dung, erste Elternabende und auch ge- bzw. für 4 Kinder im Kindergartenbe- meinsame Sitzungen des Elternbeirats reich liegen vor aller Grund- und Hauptschulen. • zeitlicher Umfang ist geklärt und Räume sind vorhanden • die inhaltliche Konzeption liegt vor • eine qualifizierte Kursleitung ist vor- handen • Teilnehmerbeiträge (pro Unterrichts- einheit: 1 € für Erwachsene, 50 Cent für Kinder) • Mögliche Drittmittelförderung ist geklärt Der Träger stellt entsprechend seinen Antrag an die Geschäftsstelle des Aus- länder- und Integrationsbeirates, in dem alle Grunddaten angegeben sind. Auf den Sitzungen des „Runden Tisches“ werden alle Anträge vorgelegt und in der Regel nach folgenden Kriterien ge- nehmigt: • ausgewogene Kursvielfalt in den Stadtteilen • dem Bedarf angemessen • den Zielgruppen entsprechend • der Etat ist ausreichend (bis 2011 standen 40.000,-- € zur Verfügung, für 2012 wurde der Etat um 5.000,-- € erhöht) Bisher musste mehrmals die Anzahl der Kurswochen aus Etatgründen reduziert werden. Das Honorar der Lehrkräfte wurde 2003 auf 20,00 € pro Stunde ge- kürzt und bis heute beibehalten. Nach Bewilligung erhalten die Träger einen schriftlichen Bescheid. Bei Kursende füllt der Träger einen Verwendungsnach- weis mit evaluierenden Fragen aus und erhält daraufhin die bewilligte Summe. 2. Wie werden die Zielgruppen erreicht? In Kindergärten werden die Eltern von den Gruppenleiterinnen über das Ange- bot eines Deutschkurses informiert und Mit diesem Plakat wurde ab 2003 für die Kurse geworben. Wichtig war den Designern, den Impuls zu entscheiden daraufhin, ob ihr Kind an geben anzufangen. 13
3. Der „Runde Tisch“ – ein Instru- ment der Vernetzung Der Runde Tisch ist eine Zusammenar- beit von städtischen Dienststellen (Ju- gend-amt/Abteilung Kindertagesstätten und Abteilung Soziale Gruppenarbeit, Kultur- und Freizeitamt, VHS, Bürgermeis- teramt, Schulamt), Vertreterinnen und Vertretern des Stadtrats, Leiter und Lei- terinnen staatlicher Schulen, kirchlichen Trägern, verschiedenen Vertreterinnen und Vertreter der Migrantenvereine, Ini- tiativen, Dozentinnen und Dozenten der Deutsch-Offensive, Vertretern des Bun- desamtes für Migration und Flüchtlinge, Integrationsbeauftragten der Regierung Mittelfranken, Migrationsberatung und Jugendmigrationsberatung. Viele teil- nehmende Einrichtungen sind gleich- zeitig Träger von Kursen. Alle Einrichtungen und Personen be- fassen sich mit dem Thema Sprachför- derung und Integration in ihrer tägli- chen Arbeit. Der Runde Tisch bietet die Besuch der Bay. Staatsministerin für Arbeit- und Sozialordnung, Familie und Frauen, Christa Stewens Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen, das vorhandene Wissen besser als bisher zu die als Mitglieder des Runden Tisches länder- und Integrationsbeirats, Leh- vernetzen und die dabei entstehenden regelmäßig mit anwesend waren, disku- rerinnen, der Leiterin des Bürgertreffs Synergieeffekte zu nutzen. tiert, anschließend über die Stadträte an Isarstraße und Mitgliedern des Stadtrats Erfahrungen aus dem Kursgeschehen den damaligen Bürgermeister Gerd Loh- kontinuierlich geleistet. Hieraus ist z.B. einzelner Träger werden in den Runden wasser herangetragen, der seinerseits die Umsetzung von Anmeldetagen mit Tisch eingespeist und helfen mit, das alle zur Lösung beitragenden Einrichtun- individueller Beratung der Kursinteres- Projekt nachhaltig auszubauen. Planun- gen und Personen einlud. Mit vereinten senten (wenn möglich in Mutterspra- gen der Kurse werden gemeinsam ab- Kräften konnte nach geraumer Zeit der che) entstanden. gestimmt. Bis 2010 traf sich der Runde erste Jugendintegrationskurs stattfinden. 4. Im Verwendungsnachweis zur Ab- Tisch zweimal im Jahr. Ab 2011 wurde 4. Qualitätssicherung rechnung des Kurses sind evaluierende ein einmaliges Treffen als ausreichend Fragen zur Qualitätssicherung einge- befunden, da das Konzept und Alltags- Die Sicherung der Qualität der Kurse und fügt. fragen keinen großen Raum mehr ein- des gesamten Konzeptes wird mit unter- 5. Die Bezeichnungen des angestrebten nehmen. Stattdessen stehen Themen, schiedlichen Strategien gewährleistet: Sprachniveaus wurden an den Europäi- die von allgemeinem Interesse sind, auf 1. Alle Dozenten geben vor ihrem Ein- schen Referenzrahmen angepasst. der Tagesordnung. Hierzu werden je- satz über ihre Kompetenz und Qualifi- 6. Die Projektsteuerung erfolgt durch die weils Referenten geladen. Eine Auswahl zierung in einem Fragebogen Auskunft, Geschäftsstelle. der Themen in den letzten Jahren: den die Geschäftsführung in der Funkti- on der Projektsteuerung auswertet und 5. Ehrenamtliches Engagement • Deutschförderung im Kindergarten danach den Einsatz genehmigt. Spezi- Sowohl die Träger als auch die Lehr- • Vorstellung der Erlanger Bildungsof- ell für das Kurskonzept im Kindergarten kräfte selbst bringen einen sehr hohen fensive wurden immer wieder Fortbildungen Anteil an zusätzlicher Arbeit und Enga- • Beschulung von jugendlichen Quer- für Dozenten und Kindergartenleiter/ gement ein, der finanziell nicht ausge- einsteigern innen durchgeführt. Der Anteil unserer glichen wird. Hier einige Bereiche des • Erfahrungen einer Schulärztin Dozenten mit eigenem Migrationshin- Engagements: • Vortrag „ Eltern als Ressource“ tergrund ist im Anwachsen. 1. Kursorganisation: 2. Die VHS öffnete ihre Fortbildung für Telefonate, Familienkontakte, Motivation Ein konkretes Beispiel der Vernetzung Dozenten auch für die Lehrkräfte der und Planung von neuen Kursen war das Problem der Beschulung von Deutsch-Offensive. 2. Persönlicher Kontakt: Jugendlichen, die nicht mehr der Schul- pflicht unterstehen. Eingebracht vom 3. Die Bewertung und Fortschreibung Besonders bei Anfängerkursen muss Jugendmigrationsdienst wurde das The- des Konzepts wurde 2004/2005 durch nach dem Unterricht Zeit für Fragen ma gemeinsam mit Stadträten und ei- ein kleines Team, bestehend aus der und Hilfestellung bei allgemeinen Prob- nem Vertreter des staatlichen Schulamts, Geschäftsführerin, Mitgliedern des Aus- lematiken eingerechnet werden. 14
3. Eigene Weiterqualifizierung: den Besuch eines Deutschkurses kön- In schwierigen Fällen, wenn z.B. eine Teilnahme an Fortbildungen im Bereich nen sie jetzt im geschützten Rahmen Familie nur von einem Verdienst leben Deutsch als Fremdsprache bzw. Deutsch und in kleineren Gruppen den ersten muss oder bereits ergänzende Sozialhilfe als Zweitsprache Versuch wagen, die deutsche Sprache beziehungsweise Arbeitslosengeld be- zu erlernen und angstfrei zu sprechen. zieht, bemüht sich der Ausländer- und 4. Bei Interesse der Kursteilnehmer kön- Sie gewinnen wieder Selbstvertrauen, Integrationsbeirat stets um eine Lösung. nen sie Prüfungen bei der VHS ablegen. was notwendig ist, um mit einer neuen Das bedeutet für Lehrkraft: Sprache, die sie noch nicht so gut be- Vorbereitung der Teilnehmer/innen auf herrschen, am gesellschaftlichen Leben Kurse für Kinder im Prüfungskurse: Abfragen der Prüfungs- teilzunehmen. Kindergartenalter anforderungen, Rücksprachen mit der Im Unterschied zu anderen vorhande- Infolge der demographischen Entwick- VHS, Prüfungsvorbereitung der Prüflin- nen Kursangeboten haben die Lehr- lung wächst die Zahl der Kinder und ge (außerhalb der Kurszeiten) kräfte keinen exakt vorgeschriebenen Jugendlichen in Bayern, die einen Zu- 5. Öffentlichkeitsarbeit: Kursinhalt, sondern können stets auf wanderungshintergrund haben. Junge Erstellen von Materialien für die Infota- Themen eingehen, die die Kursteilneh- Menschen mit Migrationshintergrund feln und Infotische, Einsatz mit Auf- und mer bewegen. stehen vor einer zweifachen Herausfor- Abbau an Schulfesten, Stadtteilfesten, In den Kursen lernen sie andere Migran- derung: Sie müssen sich in einer ande- Schuleinschreibungen, Einschulungen; ten mit ähnlichen Problemen kennen ren Kultur als der im Elternhaus vermit- Teilnahme an den ersten Elternabenden und kommen ins Gespräch. Die Not- telten zurechtfinden und gleichzeitig in Schulen und Kindergärten; Unterstüt- wendigkeit, Deutsch zu lernen, wird klar, den schwierigen Prozess des Heran- zung der Geschäftsstelle beim Versand da die Kursteilnehmerinnen und Kursteil- wachsens bewältigen. Ein besonderes von Infomaterial und Plakaten nehmer aus vielen verschiedenen Län- Augenmerk verdient die Sprachentwick- 6. Konzeptarbeit (2004/05): dern kommen und nur Deutsch als Ver- lung. Viele Familien erziehen ihre Kinder Teilnahme am „kleinen Team“ zur Fort- kehrssprache benutzt werden kann. in ihrer Muttersprache oder auch zwei- schreibung des Konzepts; Wenn die Eltern Interesse entwickeln sprachig. Im Kindergarten angekommen vertragliche Abwicklung der Kinderbe- und Spaß daran finden, Deutsch zu ler- nutzen sie nun die Chance, die deutsche treuung nen, sind sie eher bereit, sich auch um Sprache zu lernen. Nach Rücksprache 7. Unterricht für Kontingentflüchtlinge den Sprachunterricht ihrer Kinder zu mit Eltern organisieren die Leiter/innen und Alphabetisierung: kümmern oder ihnen zu Hause Bücher der Kindergärten kleine Gruppen für vorzulesen. Deutschunterricht im Rahmen der „Of- Lehrkräfte unterrichteten bis 2006 eh- Es ist sehr wichtig, dass der Unterricht fensive“. renamtlich und erhielten lediglich die Er- stattung von Fahrt- und Materialkosten. Neugier auf die neue Umgebung weckt Vier bis zehn Kinder lernen die deutsche und in einer lockeren, humorvollen At- Sprache gemeinsam auf sehr spielerische Dieser aufgezählte ehrenamtliche Ein- mosphäre stattfindet, in der viel gelacht Art. In den meisten Fällen kommt eine ex- satz wird bis auf die Punkte 3. und 6. wird – nicht übereinander, aber mitein- terne Lehrkraft in den Kindergarten, die jedes Jahr geleistet. Bei Bezahlung müss- ander. Der geringe Kostenbeitrag für die sich auf die Ebene der kleinen Schüler ten bei einem Stundensatz von 20,-- € Kurse der Deutsch-Offensive Erlangen einlassen kann und zusätzlich Fachkom- zusätzlich bis zu 8.000 € aufgebracht von 1 Euro pro Unterrichtseinheit er- petenz zur Sprachvermittlung mitbringt. werden. leichtert die Entscheidung für eine Teil- Ein Studium des Faches „Deutsch als nahme. Fremdsprache“ reicht hier nicht aus. Aus dem Kursleben Im Folgenden werden einige Erfahrun- gen aus den verschiedenen Bereichen geschildert, die Kinder im Kindergarten- alter, Schüler und Jugendliche sowie Erwachsene betreffen. Als Erstes gibt die nachfolgende Tabelle einen Überblick über die Kurse im Verlauf von 10 Jah- ren. Viele Migranten knüpfen nur langsam soziale Kontakte außerhalb ihrer häusli- chen Umgebung. Sie erhalten in vielen Fällen „erste Hilfe“ durch ihre schon hier lebenden Landsleute und schnappen durch sie, durch Nachbarn oder ihre Kinder, die schneller Deutsch lernen, ein paar Wörter auf. Sehr weit kommen sie damit nicht, was dazu führt, dass sie sich isoliert oder ausgegrenzt fühlen. Durch 15
Sehr gute Erfahrungen haben die Träger mit Erzieherinnen als Lehrkraft gemacht, die Zusatzqualifikationen erworben ha- ben. Aller Anfang ist schwer Gerade zu Beginn im Jahre 2002 war es durchaus schwierig, geeignete Perso- nen für diesen Lehrauftrag zu finden. Zu diesem Zeitpunkt war eine zusätz- liche Qualifizierung sehr wichtig. Der Ausländer- und Integrationsbeirat hat in seiner Rolle als Projektverantwortlicher mehrere Fortbildungen für die Dozen- ten bedarfsgerecht organisiert. Die Kinder kommen mit unterschiedlich guten, teilweise sehr geringen Deutsch- kenntnissen in den Kindergarten. Viele sind hier geboren und aufgewachsen und haben beim Spielen mit Nach- barskindern oder auf dem Spielplatz etwas Deutsch aufgeschnappt. Andere wiederum sind später hierhergezogen und brauchen eine stärkere Förderung: Deutsch-Offensive und Vorkurse. War es vor zehn Jahren nicht unbedingt die Regel, dass Kinder nicht deutscher Herkunft den Kindergarten besuchten, nehmen heute immer mehr Migranten das Angebot an, ja wünschen sich sogar mehr Sprachunterricht im Kindergarten als nur ein- bis zweimal in der Woche. Die Kontinuität der Sprachförderung ist sehr wichtig und manche Kinder nüt- zen das Angebot der Deutsch-Offensive mehrere Jahre. Der Unterricht fängt also ab drei Jahren an. Eine Hand – viele Hände, Kinder im Kindergarten St. Marien Früh geförderte Mehrsprachig- den. Sobald die Kinder besser Deutsch keit ist ein Schatz untereinander reden können, werden Kleine Kinder lernen gern und sind von sie sicherer und haben an allen Aktivi- Natur aus neugierig. Aus Gesprächen täten, die ein Kindergartenalltag bietet, mit Fachkräften und bilingualen Fami- mehr Spaß, was wiederum dazu bei- lien wissen wir, dass Kinder zwei, aber trägt, dass sie ihre Deutschkenntnisse auch mehrere Sprachen lernen und be- verbessern. nützen können. Deshalb müssen sie so Die Dozentin Frau Martina Matiack ist in früh wie nur möglich gefördert werden. einem Brucker Kindergarten tätig: Kinder, die in der Familie mit mehreren „Ich finde die Deutsch-Offensive im Kin- Sprachen aufwachsen, bringen die bes- dergarten so wertvoll, da Kinder sich in ten Voraussetzungen mit, in der Schule dieser Zeit mitten in ihrer Sprachentwick- gut und schnell zu lernen. Die Bedeu- lung (4,5 - 5 Jahre) befinden und spie- tung der Mehrsprachigkeit kann nicht lerisch mit neuen Sprachregeln vertraut hoch genug geschätzt werden. gemacht werden. Die Kinder sind in Im Kindergarten lernen die Kinder in klei- dieser Phase sehr offen für das Erlernen nen Gruppen. Fingerspiele, Rollen- und neuer sprachlicher Regeln und Inhalte. Bewegungsspiele, Lieder singen und Regeln und Strukturen sind noch nicht Malaktionen helfen dabei. Auch Bilder- so gefestigt, wie sie es zu einem späte- Lernen mit Material, das die Kinder kennen bücher können später angeschaut wer- ren Zeitpunkt wären. D.h. Kinder lernen 16
Neues und übertragen diese Struktur des Neuen leicht auf ihr bekanntes Re- gelwerk, in ihren Alltag. Sie probieren, testen, kombinieren mit Freude: ich esse = gegessen -> Perfektbildung = „ge“ Sehr wichtig ist der ständige Austausch • Regeln werden spielerisch gelernt: z.B. ich kaufe ein - eingekauft • Nächste Stufe: ich habe eingekauft • Nächste Stufe: ich habe die Brezel eingekauft zwischen Trägern, Erziehern und Eltern, um die Fortschritte der Kinder zu bespre- chen oder auf besondere Schwächen Der frühere Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière beim Besuch im Erna-Zink-Kindergarten beim Deutsch Offensive Unterricht für Vorschulkinder aufmerksam zu machen. Eltern mit gerin- gen Sprachkenntnissen waren anfangs Altersstruktur Kiga 2010 schwer zu erreichen, aber laut Aussage langjährig tätiger Lehrkräfte verbesserte sich die Situation. 180 157 160 140 120 111 100 80 58 60 40 20 10 0 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre 6 Jahre älter als 6 Jahre Anzahl derKiga Kinder 2002 - 2010 Teilnehmer 400 350 334 336 312 298 300 290 291 292 300 250 Anzahl 200 180 150 92 100 50 32 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Jahr 17
Über die Erfahrungen mit Kursen der Deutsch-Offensive Erlangen Konstantin Imamaliev, Mitglied im Ausländer- und Integrationsbeirat, im Interview mit Abdelrahim Ibrahim, dem Vater eines Kindes aus der Deutsch-Offensive. Wie haben Sie von der Deutsch-Offensive erfahren? Ich habe durch den Erna-Zink-Kindergarten davon erfahren. Zwei meiner Kinder wa- ren schon in diesem Kindergarten. Der Große ist inzwischen in der Schule und einer ist noch im Kindergarten. Er hat auch schon an der Deutsch-Offensive teilgenom- men. War es für Sie selbstverständlich, Ihr Kind anzumelden oder fanden Sie das als eine zusätzliche Belastung für Ihr Kind? Nein, für mich war es selbstverständlich und auch notwendig, dass Kinder mit Migra- tionshintergrund, die mehrsprachig aufwachsen, an der Deutsch-Offensive teilneh- men, um ihre deutsche Sprache zu verbessern, bevor sie in die Schule kommen. Welche Hoffnungen haben Sie mit dem Unterricht verbunden und in welchem Maß wurden sie erfüllt? Meine Hoffnung ist, dass die Kinder die deutsche Sprache richtig beherrschen, be- vor sie in die Schule oder in das Vorschulprogramm kommen. Ich würde sagen, dass diese Hoffnung auch zum größten Teil erfüllt wurde. Es wäre besser, wenn der Unterricht auch noch intensiviert würde. Das heißt, dass die Kinder nicht erst mit 4 Jahren, sondern schon eher, zum Beispiel im Alter von 3 Jahren anfangen sollten, die deutsche Sprache spielerisch zu lernen. Hat Ihr Kind sichtbare Fortschritte in der deutschen Sprache gemacht? Sind Sie über die Entwicklung der deutschen Sprache mit der Lehrerin in Kontakt? Oder mit der Gruppenleiterin? Ja, ich bin mit der Gruppenleiterin in Kontakt und mein Kind hat definitiv Fortschritte gemacht. Die Lehrerin kenne ich auch und habe ab und zu schon mit ihr gespro- chen. Ich finde, sie macht es ganz gut und gibt auch Feedback, was das Kind zum Beispiel gut macht und ob es Fortschritte macht. Sie hat mir auch angeboten, mit den Kindern selbst zu sprechen und zu fragen, wie sie den Unterricht finden. Die Fortschritte in der deutschen Sprache merkt man im Alltag schon. Sind Sie mit der Deutsch-Offensive zufrieden? Generell ja, aber ich würde den Unterricht intensivieren. Ich glaube, einmal in der Woche ist nicht ausreichend. Das könnte man mindestens zwei Mal in der Woche machen. Wie lange ist Ihr Kind bereits in der Deutsch-Offensive - wie lange wollen Sie das Angebot wahrnehmen? Für meinen Sohn ist es jetzt das letzte Jahr im Kindergarten und dann kommt er in die Schule. Er hat von Anfang an an der Deutsch-Offensive teilgenommen und jetzt ist er Vorschulkind. Er besucht jetzt den Vorkurs, der in der Schule stattfindet. Da es sein letztes Jahr ist, wird er demnächst keinen Gebrauch mehr von der Deutsch-Offensive machen. Aber ich fühle mich auch verpflichtet, für andere Migrantenkinder zu spre- chen, die jetzt noch im Kindergarten sind und auch daran teilnehmen. Ich unterhalte mich ab und zu mit den Kindern und merke auch bei ihnen Fortschritte. Welche Sprache sprechen Sie zuhause? Wir sprechen Arabisch und Deutsch zuhause. Unsere Muttersprache ist Arabisch, aber die Kinder reden unter sich Deutsch. Mit dem großen Kind, das schon in der Schule ist, reden wir auch Deutsch, da wir ihm mit den Hausaufgaben helfen. Wir versuchen, dass die Kinder beide Sprachen lernen, also sowohl Arabisch als auch Deutsch und mit beiden Sprachen aufwachsen. Die Kinder lernen die arabische Sprache noch zusätzlich in der Islamischen Gemeinde in Erlangen. Sie haben dort jeden Samstag Unterricht. Wir wollen, dass die Kinder die deutsche Sprache nicht nur von uns lernen, weil wir sie mit Akzent sprechen. Deshalb finde ich die Deutsch- Offensive sehr wichtig. Die Kinder sollen von einem deutschsprachigen Erzieher und Lehrer die richtige Aussprache lernen. 18
Kurse für Schüler und Jugendliche Schulkinder, deren Muttersprache nicht die deutsche Sprache ist, sind oft un- sicher in der Anwendung der Gram- matik und/oder in der Bedeutung von Ursache und Wirkung. Dies führt oft zu Verständnisschwierigkeiten, nicht nur im Deutschunterricht, sondern z.B. auch im Mathematikunterricht. Wie soll eine Textaufgabe gelöst werden, wenn die Fragestellung nicht erkannt wird oder komplexe geometrische Aufgaben ver- standen werden sollen. Nicht nur Kinder, die spät nach Deutsch- land eingereist sind, sondern auch viele in Deutschland geborene Kinder neh- men diese sprachliche Förderung in An- Lernen in der Gruppe in der Islamischen Gemeinde Erlangen spruch. Lehrkraft gestaltet den Unterricht ähn- Hierbei zeigt sich ein Dilemma. Die El- Die Träger melden dem Beirat zurück, lich der Kombiklassen in den Grundschu- tern signalisieren, dass sie nicht wissen, dass der Bedarf an Schülerkursen höher len, d.h. sie teilt den Kurs in Gruppen und an wen sie sich wenden sollen, und ist als momentan durch die bestehen- vergibt verschiedenen Aufgaben und gleichzeitig beklagen sich Leiter/innen den Kurse abgedeckt ist. Bisher konnten nutzt gleichzeitig das Wissen der Kinder, von Kindertagesstätten und Schulen aus Budgetgründen keine zusätzlichen um sich gegenseitig zu unterstützen. Ein über die geringe Resonanz bei Eltern- Kurse finanziert werden. Träger hat den Kurs nicht fortgesetzt und abenden. Die Auswertung zeigte auch, dass die möchte erst mit dem Ausländer- und Eltern von Schülern der 3. und 4. Klas- vorgegebene Gruppengröße von min- Integrationsbeirat und mit geeignetem sen hoffen, dass ihren Kindern durch destens zehn Kindern zu groß ist: “Es sind pädagogischem Personal ein Konzept die Unterstützung der Übertritt auf eine zu viele Kinder aus einem zu großem Al- entwickeln. weiterführende Schule gelingt. Hier hat ters- und Wissensspektrum“ formulierte sich auch das Bewusstsein der Eltern in es eine der Lehrkräfte. Die Schüler stam- Der Kontakt zwischen Schule den letzten Jahren gewandelt. Ihnen ist men aus verschiedenen Klassenstufen und Eltern – kein leichtes Thema es wichtig geworden, dass ihr Kind eine und aus verschiedenen Schultypen und höhere Schule besucht und noch wichti- kommen mit unterschiedlichsten Erwar- Elternkontakte sind sehr wichtig. Wenn ger: es ist ihnen klar geworden, dass dies tungen und Wissensständen in den sich das Vertrauen entwickelt hat, wer- nur Erfolg haben kann, wenn man dafür Kurs. Die Motivation und vor allem die den die Lehrkräfte mit vielen Fragen arbeitet. Die Lehrkräfte haben bemerkt: Konzentrationsfähigkeit der Schüler sind konfrontiert, die nicht alle nur mit dem wenn die Eltern motiviert sind, dann sind ebenfalls nicht einheitlich. „Deutschlernen“ zu tun haben. es die Kinder auch. Das Anforderungsprofil für die Lehrkräf- Anzahl der Schüler nach Aufenthaltsdauer in Deutschland te ist dementsprechend ein Fächer aus Anzahl der Schüler nach Aufenthaltsdauer sozialer Kompetenz, Fachkompetenz, 45 Durchsetzungsvermögen und vertrau- ensbildenden Maßnahmen. 40 35 40 Die Größe der Gruppen ist 30 wichtig für den Erfolg 25 Die Deutsch-Offensive wird zukünftig re- agieren und die Mindestgruppengröße 20 neu festlegen müssen, das heißt, kleine- 15 re und homogenere Gruppen. 17 Bisher haben die Träger und die Lehr- 10 kräfte Möglichkeiten gesucht, um damit 11 10 umzugehen. Ein Träger hat zum Beispiel 5 9 im eigenen Verein eine weitere ehren- 0 amtlich tätige Lehrkraft gefunden, die unter 1 Jahr 1 - 5 Jahre 6 - 10 Jahre 11 - 15 Jahre über 15 Jahre in Deutschland einen Teil der Kinder übernimmt. Eine geb. 19
Die große Hoffnung: der Übertritt Eine Erlanger Schulstudie (Katharina See- Hier ein Zeitungsbericht über die erfolg- Eine Besonderheit bilden die Jugend- baß) aus dem Jahr 2006 belegt, dass die reiche Mitwirkung einer ehemaligen lichen, die sehr spät nach Deutschland Abbruchquote bei Gymnasiasten nach „Deutsch-Offensive-Schülerin“ bei einem kommen. Wenn sie bereits die Schul- der 5. und 6. Klasse bei Migrantenkinder Planspiel zur Existenzgründung. pflicht erfüllt haben, stehen sie vor Pro- besonders hoch ist. Daher ist die Förde- (Erlanger Nachrichten) blemen, die bis heute nicht befriedigend rung der Kinder gerade aus diesem Jahr- gelöst werden konnten. In ihrer bisheri- gangsstufen besonders wichtig. Die Schüler kommenSchulen aus folgenden Schularten 30 24 24 25 19 Anzahl der Schüler 20 17 Anzahl 15 10 5 2 1 0 Grundschule Schulart Gymnasium gen Heimat waren sie oft gute Schüler. Unsere Erfahrungen: Hier in Deutschland fehlen ihnen zu- Die Laufbahnen der Kinder wurden nächst die Sprache und die Orientierung nicht systematisch ausgewertet. Bei man- im Schulsystem. chen Kindern konnte der Bildungsweg Die Übergangsklasse(n) bietet Kindern verfolgt werden. Zwei der älteren Kinder eine gute Orientierungs- und Qualifizie- haben letztes Jahr das Abitur bestanden rungsmöglichkeit, die durch die Deutsch und haben sich für ein Studium bewor- Offensive unterstützt werden kann. ben, wobei für einen der Schüler eine Ein sofortiger Eintritt in weiterführende explizite Empfehlung seitens der Schule Schulen – auch bei guten Schülern und für den Besuch der Hauptschule vorlag. unterstützen-dem Elternhaus - oft zu Dies scheint nach den Erfahrungen aus unüberwindbaren Anforderungen. Für Elterngesprächen seitens der Deutsch- diese Kinder gibt es an den Realschulen Offensive Dozenten kein Einzelfall zu sein Nach Aussagen der Lehrkraft Frau Mu- und Gymnasien zu wenige Fördermög- und die Eltern sehr zu verunsichern. hammad wäre es sicher vermessen, den lichkeiten. Kinder aus einem Elternhaus Erfolg nur der Deutsch-Offensive zu- mit wenig finanziellen Ressourcen ha- zuschreiben. Dennoch muss man den ben kaum eine Chance. Nachhilfe ist Stellenwert hoch ansetzen. Die Kinder nicht finanzierbar. erfahren hier nicht nur „Stoffvermitt- Klassenverteilung der Schüler, die bereits ein Gymnasium lung“. Ihnen wird Mut gemacht und ihr Gymnasiumbesuchen Klassenverteilung Selbstvertrauen gestärkt. Sie sehen, dass 14 andere Kinder ähnliche Probleme ha- ben und finden auch Vorbilder. In den 12 höheren Klassen nutzen sie die Kontakte 10 12 zu „ihrem“ Lehrer der Deutsch-Offensive und melden sich sporadisch bei Schwie- 8 rigkeiten. Das gibt ihnen die Sicherheit, die sie notwendig brauchen. 6 4 6 2 1 0 5. Klasse 6. Klasse 8. Klasse 20
Eine besondere Zielgruppe: Frauen Teilnehm erzahl Jugendliche im ALG-II-Bezug Die Idee einen Deutschkurs für Jugendli- 100 94 che direkt in der GGFA anzubieten geht 90 bis in die Anfänge der Optionskommu- 80 74 73 ne 2005 zurück. Schnell war damals al- 65 70 len Beteiligten klar, dass es Sinn macht, 61 57 60 60 54 54 Qualifizierungsmaßnahmen für Jugend- Anzahl 49 liche eng mit dem Deutschkursange-bot 50 39 der Deutsch-Offensive zu verknüpfen. 40 Es handelt sich um Jugendliche, die zu 30 ALG-II- Empfänger wurden. Sie haben 20 teilweise keinen Schulabschluss, stam- 10 men teilweise aus schwierigen Lebens- situationen. Fast allen gemeinsam ist der 0 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 Wunsch nach einem guten Beruf und Jahr – leider – auch die Erkenntnis, dass sie über unzureichende Deutschkenntnisse verfügen. reichend Deutsch zu sprechen, einige und sind bei der Stange geblieben. Die kommen sogar ganz ohne Deutsch- Kurse finden meistens vormittags statt, Daher bietet die GGFA parallel zu den kenntnisse aus. Als die sogenannten wenn die Kinder in der Schule oder im Qualifizierungskursen die Deutschförde- „Gastarbeiter“ zu uns kamen, waren für Kindergarten sind. Für Mütter mit unter rung im Rahmen der Deutsch-Offensive sie und später für ihre nachkommenden 3jährigen Kindern haben sich Kurse mit an. Familien gar keine Sprachkurse vorgese- Kinderbetreuung sehr bewährt. Diese Der sensible Punkt der Anbindung der hen. Sie würden ja bald in ihre Heimat Möglichkeit gibt ihnen die Chance, einen Jugendlichen an diesen Deutschkurs zurückkehren. Als sich die meisten dann Kurs zu besuchen. In der Auswertung wurde durch die räumliche und perso- doch entschieden zu bleiben, um ihren hat sich bewiesen, dass die Kurskombina- nelle Verzahnung auf elegante Art ge- inzwischen hier geborenen Kindern tion mit Kinderbetreuung durchlaufend löst, da das Kursangebot direkt in den eine bessere Zukunft zu bieten, hatten stattgefunden hat. Berufstätige - Männer Räumen der GGFA stattfindet, in denen sie andere Sorgen oder Aufgaben. Die und Frauen - nehmen lieber an Abend- die Schüler/innen auch sonst „zur Schu- Situation hat sich erst in den letzten Jah- kursen nach der Arbeit teil. Muslimische le gehen“. Bei Bedarf werden die Ju- ren ein wenig verbessert, seit das Wort Frauen wünschen sich oft Frauenkurse gendlichen durch ihre Kursleiter/innen „Integration“ in aller Munde ist, aber für ohne männliche Teilnehmer. Auf alle zum Angebot der Deutsch-Offensive viele jetzt ältere Zuwanderer, vor allem Bedürfnisse und Wünsche versucht die begleitet. Es hilft bei der Überwindung aus der Türkei, Griechenland, Italien oder Deutsch-Offensive einzugehen. von Schwellenängsten und erleichtert dem ehemaligen Jugoslawien, kommen Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Einstieg. die Ange-bote zu spät. Die Deutsch-Of- können nur in ihrer eigene Schrift lesen Da das Sprachniveau der Teilnehmer/in- fensive sieht es als eine Art Bringschuld, weil sie andere Zeichen nutzen und be- nen stark schwankt, ist eine individuelle diese Migranten – vor allem die Frauen - nötigen Alphabetisierungskurse, andere Unterrichtsvorbereitung und Betreuung zu erreichen, auch wenn es nicht immer Migranten, die in ihrer Heimat die Schule durch die Lehrkraft nötig. Der Unterricht ganz leicht ist. nur kurz oder gar nicht besucht haben, ist praxisnah und wird durch Unter- erfordern ein individuelles Lernen: hier Kinderbetreuung erleichtert die richtsgänge, Besuche von Geschäften, gilt es, diese besonders gut zu motivie- Kennenlernen der Stadt und ihrer Se- Teilnahme ren und vor allem ihnen ihre Ängste zu henswürdigkeiten erweitert. Den Erfolg Frauen - und einige Männer - den Weg nehmen. dieses Konzeptes verdanken wir nicht in die angebotenen Kurse gefunden zuletzt dem großen Engagement der Dozentin. Frauen 2010 Berufstätigkeit „Die Jugendlichen wachsen mir sehr 60 ans Herz“, meint Frau Anita Ferner, die den Kurs nun schon seit über acht Jah- 50 53 ren leitet. Dass sich dieses Konzept be- 40 währt hat, dafür sprechen die Zahlen Anzahl und nicht zuletzt die Zufriedenheit der 30 Schüler/innen und der Lehrkraft. 20 Kurse für Erwachsene 10 12 Viele Frauen und Männer mit Migra- 0 tionshintergrund leben schon lange Berufstätig ja Berufstätig nein in Deutschland, ohne gut oder aus- 21
Das Lernen lernen Viele müssen einfach das Lernen neu lernen und entdecken, welche Türen eine neue Sprache doch öffnen kann. Es verlangt Mut, das vertraute Terrain unter Landsleuten zu verlassen und viele erkennen den Sinn eines Deutschkurses nicht, wenn es doch so lange auch ohne gut gegangen ist. Kontakte mit anderen Kursteilnehmern wecken langsam Neugier auf die Spra- che und befreien viele aus ihrer Isolation. Sie entdecken ihren Stadtteil neu und wollen an Angeboten der Bürgertreffs oder des BIG-Projekts teilhaben, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Lehrkräfte, die Deutschkurse für er- wachsene Migranten abhalten, ha- ben meistens das Fach „Deutsch als sich konzentrieren auf… , sich freuen über: die deutsche Sprache erfordert Übung – Fremdsprache“ studiert, was natürlich Frauenkurs im Bürgertreff Isarstraße eine gute Grundlage bietet, aber nicht ausreicht, um erfolgreich zu sein, d.h. die Kurse am Leben zu halten. Weitere Altersstruktur Frauen 2010 Fähigkeiten sind wünschenswert, vor allem Flexibilität, um nicht nur die unter- 25 schiedlichsten Wünsche zu befriedigen, sondern auch auf Stimmungen, Sorgen 20 22 oder Frustrationen einzugehen. Geduld, wenn es nicht weitergeht und Humor, 15 Anzahl um Situationskomik aufzufangen, sind keine schlechten Begleiter, mit anderen 13 10 Worten: interkulturelle Kompetenz, die sich aber erst im Laufe der Zeit einstellt. 8 Die Fettnäpfchen stehen für die Lehrer 5 7 6 noch jahrelang im Raum. Mit Körper- 4 3 sprache und Pantomime gilt es, die ers- 0 1 1 ten Unterrichtswochen zu überbrücken, 20-25 26-30 31-35 36-40 41-45 46-50 51-55 56-60 über 60 wenn wenig Wortschatz vorhanden ist Altersstufen und keine Möglichkeit zu Erklärungen besteht. Aber die Körpersprache ist nicht überall gleich und bietet sehr viel Raum würde das Vorteile bringen. Trotz der unterschiedlichsten Bildungs- für Missverständnisse, mal komisch, mal Die meisten Kursleiter bringen aber auch stufen bleiben viele Frauen, Männer unhöflich bis beleidigend oder unan- eigenes Material mit, z.B. einen Versand- eher nicht, bis zu drei Jahren in einem ständig. Die Lehrkraft muss also im Kurs Katalog (Was kostet das Kleid, die Bluse? Kurs. Einige Kurse haben dann komplett für eine entspannte Atmosphäre sorgen, Das ist aber teuer!!!) Prüfungen an der Volkshochschule ab- die diese Missverständnisse verkraftet. gelegt. Wollten sie anfangs vielleicht nur Beim Essen können alle mitre- Gestik, Bewegung sowie eine gewisse ihren Alltag besser bewältigen lernen, schauspielerische Ader setzen eine allge- den entdecken sie plötzlich die Notwendig- meine gute Kondition und auch Mut zur Beim Thema Kochen oder Lebensmittel keit, auch ihre schriftlichen Sprachfä- Übertreibung voraus. Aber wie erklärt braucht man normalerweise kein zu- higkeiten zu verbessern, um eventuelle man sonst den Unterschied zwischen sätzliches Lehrmaterial, die Freude am Bewerbungen zu schreiben oder ihren Dativ und Akkusativ im Deutschen? Gespräch ist gesichert. Ausgeschnittene Kindern bei den Hausaufgaben zu hel- Man geht in die Schule, aber man lernt Bilder, die beschrieben werden wollen, fen. Die wenigsten äußern jedoch den Deutsch in der Schule. Also man geht können auch hilfreich sein. Wunsch, ein deutsches Buch zu lesen oder man sitzt!!!! Nach einigen Wochen, wenn der Wort- oder mit den Kindern ins Theater zu ge- Als Lehrmaterial wird „Themen neu“ schatz gewachsen ist, ist die Zeit reif für hen. empfohlen, weil das Buch auch in vie- Rollenspiele, die Alltagssituationen wie Eine Teilnehmerin gibt ihre Erfahrung so len anderen Kursen, z. B an der VHS Kaffee trinken oder Telefongespräche wieder: „Ja, ich will ganz klar sagen, ich verwendet wird. Bei einem Kurswechsel führen, betreffen. bin nicht immer dort gewesen. 22
Aber, ich denke, diese Grundregeln, das sie mir gegeben hat, die sind sehr wichtig…. Regeln, die ich nie bekommen habe“ Viele Kursleiterinnen begleiten die Teil- nehmerinnen und Teilnehmer ins Mu- seum oder in die Stadtbücherei, andere organisieren Ausflüge oder Picknicks im Schlossgarten, im Bürgertreff wurde am Ende des Unterrichts gemeinsam Kaffee getrunken. Dazu erzählt eine Lehrkraft folgende Anekdote: In einem Kurs kam die Frage auf: „Was bedeutet denn `Du hast sie nicht alle‘?“ Und die Antwort: „Eigentlich heißt der Ausdruck ‚Du hast nicht alle Tassen im Schrank‘ und das wiederum heißt Du praktischer Deutschkurs: Museumsführung durch Erlangens Geschichte bist wohl verrückt oder Du spinnst!“ nach Deutschland. Viele wirken apa- viel und bedeutet Belastung, wenn nicht Aha!!! thisch und müde und verlassen nicht Überforderung. Das müssen wir hinneh- Als später die Leiterin des Bürgertreffs gern ihre Unterkünfte, so ungemütlich men - es ändert sich mit der Zeit. Ein Be- den Kurs begrüßte und auf den schön sie auch sein mögen. Die Notwendig- such im Rathaus ist mit Angst und Ver- gedeckten Kaffeetisch zeigte, kam die keit, einen Deutschkurs zu besuchen, unsicherung verbunden. Arztbesuche logische Bemerkung: „Sandra hat nicht leuchtet nicht jedem ein. So mussten sie wiederum sind für die Flüchtlinge sehr alle Tassen im Schrank, denn die meisten am Anfang auch aus dem Heim abge- wichtig, fast lebenswichtig. Sie kommen stehen hier auf dem Tisch!!!“ holt und überredet werden. häufig krank bei uns an, da die Gesund- Kurse für Flüchtlinge und Die Situation der Flüchtlinge heitsversorgung in der Heimat nicht Senioren ausreichend war oder wie in Afghanis- Obwohl Kurse für Erwachsene von An- Vor 10 Jahren lebten in Erlangen mehr tan unter der Herrschaft der Taliban für fang an großen Anklang fanden und als 300 Flüchtlinge aus vielen verschie- Frauen gar nicht zugänglich war. Für vor allem unter Frauen auf reges Inter- denen Ländern, aus Afghanistan und ihre häufige Traumatisierung bräuchten esse stießen, war uns im Ausländer- und dem Irak. Heute leben etwa 230 Perso- sie psychologische Hilfe. Integrationsbeirat klar, dass es besser nen in Erlangen. Die Unsicherheit, in der ein Flüchtling wäre, besondere Kurse für Flüchtlinge Der aktuelle Kurs wird von Katrin Klee- hier lebt, ob er anerkannt wird oder und wenn möglich auch für Senioren mann-Mouhejri geleitet, die beruflich nicht, ob ihm eine Duldung erteilt wird einzurichten. gleichzeitig Flüchtlingsbetreuerin ist. In oder nicht und für wie lange, sorgt nicht Ehrenamtliche Flüchtlingshelfer und einem Gespräch hat sie folgendes er- gerade für eine Zukunft mit Perspekti- spätere EFIE-Mitglieder (Ehrenamtliche zählt: ven. Dennoch gilt es, diese Menschen Flüchtlingshilfe in Erlangen) hatten in „In meinem Kurs habe ich 10 Teilnehmer zu motivieren, Deutsch zu lernen und den vorangegangenen, als Erlangen aus Äthiopien, Armenien, Aserbaidschan, Hoffnung zu schöpfen. Viele Flüchtlin- mehr Flüchtlinge als heute be-herberg- und dem Kosovo, aber immer Neue aus ge haben in ihrer Heimat, wo Krieg und te, in einzelnen Fällen in den Gemein- Afghanistan und dem Irak und Iran. Die Hungersnöte, Folter und Verfolgung schaftsunterkünften Deutsch unterrich- meisten haben aus der Beratung über den Alltag bestimmten, kaum Schulen tet, aber Kurse hatten, aus Raummangel, die Deutschkurse gehört und wollen besucht und deshalb nicht Lernen ge- nicht statt gefunden. Es bot sich an, die Sprache lernen. Da sie in Zirndorf oft lernt. Neugier auf das neue Land oder diese Kurse in den Bürgertreff Isarstraße einen Deutschkurs besucht haben, kon- gar die nächste Umgebung entsteht zu verlegen, einen Ort, den die meisten nen sie schon einige Worte lernen. So sehr langsam. Flüchtlinge kannten und der nicht weit muss ich nicht von Null anfangen. Diese Gesamtsituation muss ich in den von den Unterkünften in der Michael- Ja – sie kommen gerne in den Kurs, Kursen berücksichtigen und als Lehrkraft Vogel-Straße entfernt war. Flüchtlinge wenn auch nicht immer regelmäßig. muss ich unbedingt auf Fragen und aus anderen Unterkünften konnten Aber Menschen, die z.B. aus Afrika oder Wünsche eingehen, z.B. Briefe vom Rat- umsonst durch EFIEs Unterstützung mit dem Orient zu uns kommen, haben ein haus übersetzen und erklären und bera- dem Bus kommen. anderes Zeitgefühl oder gehen mit der tend zur Seite stehen. Dennoch hatten Ein besonderer Kurs für Flüchtlinge bot Zeit anders um. Oft schieben sie Termi- viele Flüchtlinge Spaß an den Kursen die Möglichkeit, auf ihre Situationen ne vor, um den Kurs nicht besuchen und sie knüpften neue soziale Kontakte. und Nöte einzugehen. Die meisten von zu können. Und vielleicht haben sie ja Die Kurse bieten ihnen etwas Abwechs- ihnen haben eine dramatische Flucht auch zwei Termine in der Woche, einen lung in ihrer Isolation und sie freuen sich erlebt und große Verluste erlitten und Behördengang im Rathaus oder einen auf ein Wiedersehen mit den anderen kommen oft krank und traumatisiert Arztbesuch. Das ist für die meisten sehr Kursteilnehmern.“ 23
Senioren Kursträger Deutsch-Offensive Erlangen von 2002 - 2012 Ältere Menschen, die zu uns nach Deutschland kommen, haben meist den Städtische Einrichtungen: größten Teil ihres Lebens in ihrer bishe- Jugendamt: rigen Heimat verbracht. Sie sind geprägt - Hort Kindertagesstätte Äußere Brucker Straße von ihrer dortigen Berufstätigkeit, ihrer - Kindergarten Michael-Vogel-Straße Kultur und der Lebensumstände. Dieser - Kindergarten Rasselbande Personenkreis fühlt sich oft im Kreis jün- - Kindergarten Sandbergstraße gerer Kursteilnehmer, oft junge Mütter, - Kindergarten Stadtinsel nicht tatsächlich wohl. Besser ist es, mit - Lernstube Max-Planck-Straße Gleichaltrigen in vertrauter Umgebung - Spielstube Bruck zu lernen. Kultur und Freizeitamt / Bürgertreff Isarstraße Im Deutschkurs in der Jüdischen Kultus- Städtische Tochtergesellschaft: gemeinde lernen ältere Kursteilnehmer GGFA Gemeinnützige Gesellschaft zur Förderung der Arbeit Erlangen gemeinsam. Sie haben in ihrer früheren Heimat hochqualifizierte Berufe ausgeübt Schulen: und waren es gewohnt, anspruchsvolle Grundschule an der Brucker Lache kulturelle Veranstaltungen zu besuchen. Grundschule Büchenbach-Nord (Mönauschule) Aufgrund ihrer Sprachkenntnisse ist dies Grundschule Pestalozzischule in Deutschland viel schwerer möglich. Michael-Poeschke-Schule Die Deutsch-Offensive greift dieses In- Sonderpädagogisches Förderzentrum Teilzentrum II Erlangen teresse auf und bereitet anspruchsvolle Themen in verständlicher Sprache auf. Einrichtungen kirchlicher Träger: Der Unterricht wird zusätzlich begleitet Evangelischer Kindergarten Arche Tennenlohe von Ausflügen, dem Besuch von Kon- Evangelischer Kindergarten St. Matthäus am Röthelheim zerten, von Museen, Ausstellungen etc. Evangelischer Kindergarten St. Matthäus Im Unterricht werden die Teilnehmer Evangelischer Kindergarten Tausendfüßler gezielt darauf vorbereitet. Jugendtreff Beatship / Hl. Kreuz Katholischer Kindergarten Heilig Kreuz Katholischer Kindergarten Heilige Familie Katholischer Kindergarten St. Albertus Magnus Katholischer Kindergarten St. Bonifaz Katholischer Kindergarten St. Marien Katholischer Kindergarten St. Theresia freie Träger: AK Afrika Seniorengruppe in der jüdischen Gemeinde Brücken e. V. Deutsch Brasilianischer Verein für Integration und Kultur Franken Diakonisches-Zentrum Büchenbach Erna-Zink-Kindergarten (AWO) Frauenhaus Frauenzentrum Flüchtlingsunterstützung Erlangen / Flunterl Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit HIPPY Islamische Gemeinde Jüdische Kultusgemeinde Lebenslanges Lernen Stadtteilhaus Treffpunkt Röthelheimpark Türkisch-Islamischer Kulturverein e.V. Türkischer Kulturverein e.V. 24
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