Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen
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Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen Abschlussbericht des Modellvorhabens der Raumordnung (MORO) Nürnberg
Vorwort Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 3
Inhalt 1 Das MORO „Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.1 Von grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen zu metropolitanen Grenzregionen. . . . . . . . . . . 7 1.2 Der „Initiativkreis Metropolitane Grenzregionen“ (IMeG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 2 Metropolitane Grenzregionen in Europa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 2.1 Metropolitane Grenzregionen als neuer Raumtyp . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.2 Bedeutung und Rolle im europäischen Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 3 Neu aufstellen: Metropolitane Governance in Grenzregionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 4 Strategien für starke metropolitane Grenzregionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 5 Mit gutem Beispiel vorangehen – Leitprojekte mit operativer Ausrichtung . . . . . . . . . . . . 44 5.1 Grenzüberschreitende Mobilität fördern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 5.2 Kräfte in Grenzregionen bündeln, Infrastrukturen vernetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 5.3 Umweltschutz und Kulturlandschaft grenzüberschreitend entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 5.4 Metropolitane Grenzregionen als gemeinsame Wirtschafts- und Wissenschaftsräume stärken . . . 53 6 Über nationale Grenzen hinaus schauen – Grenzüberschreitende Raumbeobachtung . 56 7 Kooperation und Konflikte besser managen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 8 Der Schritt auf die europäische Ebene – Europäische Konferenz in Luxemburg . . . . . . . . 72 8.1 Ziele der Konferenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 8.2 Konferenzergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 9 Zukunftsperspektiven des IMeG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Verzeichnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Bildnachweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 5
1. Das MORO „Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen“ Kapitel 1 im Überblick Der Schritt, der mit der Initiierung des Modellvorhabens der Raumordnung zu grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen (MORO güV) und vor allem mit der Etablierung des Initiativkreises Metropolitane Grenzregionen (IMeG) gegangen wurde, war essentiell für die Diskussion um metropolitane Grenzregionen (MGR) in Deutschland. Bereits in der ersten MORO-Phase wurden wichtige Grundlagen für die spätere Arbeit des IMeG gelegt. Sie festigten das Netzwerk, gaben Orientierung für dessen strategische Ausrichtung und dienten sowohl der Positionierung auf na- tionaler als auch auf europäischer Ebene. Der mit den beiden Modellvorhaben ein- geschlagene Weg wird heute – fünf Jahre nach dem Start des MORO güV und zwei Jahre nach der IMeG-Gründung in Berlin – von der Bundesebene als Erfolg gewertet (Erdmenger 2012). Diese Sichtweise wird von den Projektpartnern geteilt, da mit dem Modellvorhaben insgesamt eine gute und systematische Basis gelegt wurde, auf der die metropolitanen Grenzregionen auch in Zukunft weiterhin aufbauen können (Hüser 2012). 6 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
1.1 Von grenzüberschreitenden Einen wichtigen Beitrag leistete das ESPON1-Projekt Metroborder, das sich mit Grenzüberschreitenden Polyzen- Verflechtungsräumen zu met- trischen Metropolregionen (GPMR) und deren Potenzialen ropolitanen Grenzregionen für das Zusammenwachsen der EU beschäftigte (ESPON/ University of Luxembourg 2010). Ansatzpunkt war die Die Diskussion um die raumordnungspolitischen Leitbil- Erkenntnis, dass Grenzregionen zu einem prosperieren- der und Handlungsstrategien des Bundes und der Länder den Europa und zur Umsetzung der EU-Strategie Europa (BBR/BMVBS 2006: 8), die 2006 von der Ministerkonferenz 2020 beitragen können, die nationale Fokussierung dem für Raumordnung (MKRO) beschlossen wurden, gab den allerdings im Weg steht (ESPON/University of Luxembourg entscheidenden Impuls für das Modellvorhaben der Raum- 2010: 5). In zwei Fallstudien, Großregion und Oberrhein, ordnung zu grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen: konnte aufgezeigt werden, dass diese Regionen eine Die wirtschaftlich starken Grenzregionen sahen sich in „wichtige, neu entstehende Erscheinung der europäischen ihrer Rolle für die zukünftige raumstrukturelle Entwick- Raumordnung sind und große Entwicklungspotenziale lung in Deutschland nicht angemessen berücksichtigt. bergen“ (ESPON/University of Luxembourg 2010: 15). Dies galt insbesondere für das Konzept der europäischen Metropolregionen, die in ihrer Motorenfunktion für Diese Initiativen eröffneten die metropolitane Perspek- Wachstum und Innovation wie auch für die sozialen und tive für Grenzregionen und waren damit nicht zuletzt gesellschaftlichen Entwicklungen einen zentralen Baustein Unterstützer für das Modellvorhaben der Raumordnung des Leitbildes „Wachstum und Innovation“ darstellen. Die zu grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen – kurz Notwendigkeit, dieses Konzept auch auf grenzüberschrei- MORO güV2. Das MORO güV wurde durch das Bundesmi- tende Verflechtungsräume wie z.B. die Oberrheinregion nisterium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) oder den deutsch-belgisch-niederländischen Grenzraum und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumfor- auszuweiten, lag somit auf der Hand (BBR/BMVBS 2006: schung (BBSR) in Kooperation mit der Regio Aachen (jetzt 44; vgl. auch Sinz 2007). Zweckverband Region Aachen), den Regionalverbänden Mittlerer Oberrhein, Südlicher Oberrhein, Hochrhein-Bo- Die deutschen Binnenmetropolregionen schlossen sich densee und Bodensee-Oberschwaben sowie dem Saarland 2001 in einem Initiativkreis Europäische Metropolre- als federführendem Partner im Jahr 2008 gestartet. Die gionen in Deutschland (IKM) zusammen. Während in regionalen Partner repräsentieren Institutionen innerhalb Deutschland der IKM die Diskussion um Rolle und Position der Euregio Maas-Rhein, der Großregion3, der Trinationa- der Metropolregionen vorantrieb, befassten sich eini- len Metropolregion Oberrhein und der Bodenseeregion. Im ge Nachbarstaaten schon frühzeitig mit Initiativen, die Februar 2011 legte die MORO-Partnerschaft ihren Ab- über nationalstaatliche Grenzen hinausgingen. So haben schlussbericht für die zweijährige Arbeitsphase vor (BMVBS grenzüberschreitende Verflechtungsräume Eingang in die 2011). Überlegungen zur Neuausrichtung der raumordnungspoli- tischen Systeme in Frankreich und der Schweiz gefunden – 1 ESPON = European Spatial Planning Observation Network allerdings blieben die Ansätze auf den engeren Umgriff der 2 Im Rahmen des MORO „Überregionale Partnerschaften in grenz- grenzüberschreitenden Agglomerationen begrenzt (s. auch überschreitenden Verflechtungsräumen“ (MORO güV) wurde Hartz/Damm/Köhler 2010: 503ff). die IMeG-Partnerschaft zwischen 2008 und 2011 auf den Weg gebracht. Von 2011 bis 2013 wurde die Partnerschaft im Rahmen des MORO „Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschrei- tenden Verflechtungsräumen“ gefördert. 3 Die Abkürzung „Großregion“ meint die Großregion Saarland – Lorraine – Luxemburg – Rheinland-Pfalz – Région Wallonne – Communauté Française de Belgique und Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 7
Abb. 1: Die Metropolregionen in Deutschland und die Regionen des MORO zu grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen (Kartographie: agl auf der Basis von Geodaten des BBSR und Website IKM) Nürnberg 8 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
Das MORO setzte sich zum Ziel, die wirtschaftlich starken Grenzregionen zu festigen, wurde die zweijährige Startphase Grenzregionen in den Fokus der Raumentwicklung in des Netzwerks im Rahmen des MORO „Initiativkreis deut- Deutschland zu rücken. Ein weiteres Anliegen war und ist, scher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräu- auf die spezifischen Rahmenbedingungen der räumlichen men“, kurz MORO IMeG, von Seiten der Bundesraumord- Entwicklung in metropolitanen Grenzregionen auf- nung unterstützt. merksam zu machen. Obwohl die grenzüberschreitenden Kooperationen der MORO-Partner auf eine Jahrzehnte lange Tradition zurückblicken und diese auch an den Mitglieder und Organisationsstruktur Grenzen zum ehemaligen „Ostblock“ seit dem Fall des Eisernen Vorhangs zum Alltagsgeschäft gehören, entfalten Die Projektpartner, die bereits im MORO güV zusammen- nationalstaatliche Grenzen bis heute eine Barrierewirkung. gearbeitet haben, sind zugleich die aktuellen Mitglieder Die Fokussierung auf nationale Politiken, unterschiedli- des IMeG. Mit dem Beitritt der Euregio Maas-Rhein im che Planungs- und Verwaltungskulturen, funktionale und Sommer 2013 ist erstmals eine MGR auch mit ihren Teil- infrastrukturelle Doppelstrukturen, Sprachbarrieren sowie räumen jenseits der deutschen Grenze im IMeG vertreten. nicht zuletzt bis heute wirksame Stereotypen der Wahr- Das Land Rheinland-Pfalz ist als assoziiertes Mitglied der nehmung der Nachbarn erschweren die Zusammenarbeit Partnerschaft beigetreten. Der IMeG ist offen für weitere und eine abgestimmte territoriale Entwicklung in den Mitglieder; dies gilt einerseits für die Teilräume der IMeG- Grenzregionen (BMVBS 2011: 9f). Diese Hemmnisse sind Regionen in den Nachbarländern, aber auch für weitere spezifisch für Grenzregionen und bestärken zugleich die Grenzregionen, sofern deren räumliche und funktionale Notwendigkeit zur grenzüberschreitenden Kooperation. Strukturen dem Selbstverständnis und den Zielen des Die Unterschiede dies- und jenseits der Grenze sind nicht IMeG entsprechen. zuletzt der Auslöser für enge (Pendler)Verflechtungen, eine wachsende grenzüberschreitende Mobilität und intensive wirtschaftliche Beziehungen. Selbstverständnis Der IMeG versteht sich nicht als Konkurrenz zu den etab- 1.2 Der „Initiativkreis lierten Kooperationsstrukturen in Grenzregionen, sondern Metropolitane Grenz- möchte die bestehenden Strukturen unterstützen, um die territoriale Zusammenarbeit und die grenzüberschreitende regionen“ (IMeG) metropolitane Raumentwicklung weiter voranzutreiben. Da es sich bei den Mitgliedern im Kern um für räumliche Die MORO-Partnerschaft verfolgte von Beginn an, sich zu Planung und Entwicklung zuständige Institutionen han- einem Netzwerk zusammenzuschließen, um gemeinsam delt, stehen – vergleichbar dem IKM – der raumordnungs- die Interessen der metropolitanen Grenzregionen besser politische Auftrag und der regionale Entwicklungsansatz vertreten zu können. im Vordergrund der gemeinsamen Arbeit. Die territoriale Perspektive ist damit entscheidend für das Selbstverständ- Die Gründung des IMeG am 17. März 2011 in Berlin ist das nis des Netzwerks. Ergebnis der intensiven zweijährigen Arbeitsphase im Mo- dellvorhaben zu grenzüberschreitenden Verflechtungsräu- men. Um die Arbeit der IMeG-Regionen zu metropolitanen Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 9
Ziele Die Partner engagieren sich für die metropolitanen Grenz- regionen und entwickeln Strategien zur Förderung dieses 1. Die Partnerschaft sieht die Notwendigkeit, eine auf Raumtyps stetig weiter – im Sinne eines lernenden Netz- funktionale Integration und Metropolisierung ausge- werkes. Der IMeG will – aufbauend auf den Ergebnissen des richtete Strategieentwicklung mit konkreten Pro- 2008 begonnenen MORO-Prozesses – das Selbstverständnis jekten zu verbinden – Kooperationsstrukturen und der metropolitanen Grenzregionen vertiefen, diese Räume regionale Governance sollen dazu weiterentwickelt profilieren und gemeinsam Position beziehen. Gerade der werden. letzte Punkt ist eine grundlegende Voraussetzung dafür, im Rahmen der deutschen Raumentwicklungspolitik wie auch Ein Vorteil ist, dass wichtige Phasen des „Region-Building“ in größeren Netzwerken auf europäischer Ebene gemein- in den IMeG-Regionen bereits durchlaufen wurden. Nun sam aktiv zu werden und die Interessen der metropolita- steht die Effektivierung der Regionalisierungsprozesse an; nen Grenzregionen wirksam zu vertreten. dafür müssen bestehende und für Grenzregionen spezi- fische Barrieren aktiv abgebaut und gemeinsame Sicht- 4. Die Partnerschaft setzt sich dafür ein, metropolitane weisen auf die Grenzregionen entwickelt werden. Es geht Grenzregionen als „motorische“ Räume in den Leit- darum, die regionale Governance für eine auf territoriale bildern der Raumentwicklung zu verankern und auf Integration und Metropolisierung ausgerichtete Strategie- dieser Basis eine Politik des Bundes und der Länder entwicklung und Projektarbeit weiterzuentwickeln. für diese Grenzregionen zu entwickeln. Hier lassen sich erste Erfolge verzeichnen: Der IMeG und 2. Die Partnerschaft engagiert sich dafür, europäische seine Mitglieder begleiteten die Debatte um die Fortschrei- und nationale Förderpolitiken besser anzuwenden bung der Leitbilder der Raumentwicklung in Deutschland. und zu synchronisieren. Das bedeutet: mehr Abstim- Die metropolitanen Grenzregionen wurden auf Basis der mung mit den Nachbarstaaten in der grenzüber- Arbeiten des IMeG bereits im neuen Raumordnungsbericht schreitenden Regionalentwicklung! auf Bundesebene berücksichtigt (BBSR 2012). Zudem ist vorgesehen, dass sie erstmalig Eingang in die Leitbild-Karte Das frühere INTERREG- bzw. heutige Mainstream-Pro- finden (s. Abb. 2). gramm Ziel 3 – Europäische Territoriale Zusammenarbeit (ETZ) – hilft dabei, Kooperationen unter schwierigen Rah- menbedingungen zu erproben und auszubauen. Allerdings 5. Die Partnerschaft möchte die metropolitanen Grenz- reicht das zukünftig nicht aus, um verstärkt Impulse in der regionen im europäischen Raumentwicklungsdiskurs Wirtschafts- und Raumordnungspolitik zu setzen, infra- positionieren. strukturelle Herausforderungen in Grenzregionen zu be- wältigen, konfliktreiche Themen anzupacken oder System- Darüber hinaus setzt sich der IMeG für eine engere Ver- differenzen zu überwinden. Der IMeG möchte sich deshalb knüpfung nationaler Leitbilder mit europäischen Ansätzen dafür einsetzen, die Förderansätze auf nationaler Ebene auf zur Strukturentwicklung ein. Hierzu zählen beispielsweise die Grenzregionen auszuweiten, adäquate Förderprogram- die Fortschreibung der Territorialen Agenda der Europäi- me einzustellen und Programme zu synchronisieren. schen Union 2020 (TAEU 2020), die Strukturfondsdebatte 2013+, das ESPON-Programm oder die Strategie Europa 2020. Um die mit der Strategie verbundenen Ziele zu 3. Die Partnerschaft möchte ein lernendes Netzwerk verwirklichen, „benötigen wir integrierte, territorial diffe- etablieren und das Selbstverständnis der metropo- renzierte und institutionell akkordierte Antworten“, auch litanen Grenzregionen als Entwicklungsmotoren über administrative Grenzen hinweg, die innerhalb und ausbauen. zwischen Mitgliedsstaaten existieren (Streitenberger 2012). 10 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
Abb. 2: Die Leitbildkarte aus dem Jahr 2006 (oben; BBSR/BMVBS 2006: 40) und der Entwurf des Leitbilds für die Fortschreibung 2013 (unten; BBSR, Stand 20.08.2013) Leitbild Wachstum und Innovation Metropolräume Kerne der Hauptstadtregion und der bestehenden europäischen Metropolregionen engerer metropolitaner Verflechtungsraum weiterer metropolitaner Verflechtungsraum einschließlich ländlicher Räume Übergangszonen zwischen metropolitanen Verflechtungsräumen Wachstumsräume außerhalb engerer metropolitaner Verflechtungsräume Stabilisierungsräume Raumstruktur hochverdichteter Zentralraum verdichteter Zwischenraum © BBR Bonn 2006 100 km Die Karte veranschaulicht das Leitbild. Die Signaturen stellen jedoch keine planerischen Festlegungen dar. Wettbewerbsfähigkeit stärken Entwurf 20.08.2013 Metropolräume Kerne der Hauptstadtregion und der europäischen Metropolregionen weitere Standorte von Metropolfunktionen engere metropolitane Verflechtungsräume weitere metropolitane Verflechtungsräume einschließlich ländlicher Räume Übergangszonen zwischen metropolitanen Verflechtungsräumen Kerne der metropolitanen Grenzregionen (IMeG) engere metropolitane Verflechtungsräume in metropolitanen Grenzregionen (IMeG) Metropolitane Grenzregionen (IMeG) Ländliche und verstädterte wirtschaftliche Wachstumsräume Räume mit besonderem strukturellem Handlungsbedarf Verkehrsinfrastruktur (Grundlage: Ergebnis des Trilogs vom 29.05.2013) Strasse - Europäisches Kernnetz Schiene - Europäisches Kernnetz Internationaler Flughafen - Europäisches Kernnetz Internationaler Seehafen - Europäisches Kernnetz Nord-Ostsee-Kanal maritimer Planungsraum 100 km Die Karte veranschaulicht das Leitbild. Die Signaturen © BBSR Bonn 2013 stellen jedoch keine planerischen Festlegungen dar. Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 11
6. Die Partnerschaft will den Initiativkreis blierte grenzüberschreitende Institutionen aufweisen, oder in Europa besser vernetzen. Grenzregionen, die erkennbar auf dem Wege dorthin sind. Schnell wurde die Frage aufgeworfen, ob sich auch unter Der IMeG möchte weitere Partner für eine erfolgreiche den Grenzregionen Deutschlands weitere metropolitane Positionierung und Zusammenarbeit der metropolitanen grenzüberschreitende Verflechtungsräume identifizieren Grenzregionen in Europa gewinnen. Gleichzeitig wird ein lassen, deren deutsche Teilräume den Initiativkreis als Part- Erfahrungsaustausch mit europäischen Netzwerken wie ner verstärken könnten. In einem längeren Prozess setzte der Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen sich die Partnerschaft mit dieser Fragestellung auseinander, (AGEG) oder der Mission Opérationelle Transfrontalière suchte den Austausch und führte Gespräche mit Verant- (MOT) sowie anderen metropolitanen Grenzregionen in wortlichen vor Ort, um einen Eindruck der Regionen und Europa angestrebt. ihrer grenzüberschreitenden Strukturen zu erhalten. Darüber hinaus wurde ein intensiverer Austausch mit Aufgaben und Arbeitsprozess bundesweiten bzw. europäischen Netzwerken (IKM, MOT, AGEG) auf den Weg gebracht. Einen Beitrag zur Vernetzung Seit Gründung des IMeG baut die Partnerschaft ihre auf europäischer Ebene hat insbesondere die europäische gemeinsame Arbeit inhaltlich und strategisch aus. Gerade Konferenz „Metropolitane Grenzregionen in Europa“ in der Startphase wurde dabei der Vertiefung des gemeinsa- geleistet, die am 19. und 20. November 2012 in Luxemburg men Selbstverständnisses mit Blick auf die Rolle metropo- stattgefunden hat (s. Kap. 8). litaner Grenzregionen in Europa eine besondere Bedeutung beigemessen (s. Kap. 2). Die bereits im MORO güV identifi- zierten strategischen und operativen Handlungsfelder zur Positionsbestimmungen Förderung der metropolitanen Ausrichtung in Grenzregi- onen (BMVBS 2011: 76) dienten als Arbeitsgrundlage des Um sich mit den Zielen und Anliegen des IMeG an eine IMeG auf der Suche nach regionalen Leitprojekten, die das interessierte (Fach)Öffentlichkeit zu wenden, hat die Part- Konzept der metropolitanen Grenzregionen unterstützen nerschaft im November 2012 eine „Positionsbestimmung“ und veranschaulichen (s. Kap. 4 und 5). Auch die regions- herausgegeben. Wichtige Botschaften sind, dass Grenz- übergreifenden Leitprojekte zu grenzüberschreitenden überschreitende Polyzentrische Metropolregionen (GPMR) Geoinformationssystemen (GIS) und Kooperationspro- vor allem die Ziele der TAEU 2020 unterstützen: Sie leisten zessen leisten hierzu einen entscheidenden Beitrag (s. einen Beitrag zu territorialer Kohäsion und Kooperation in Kap. 6 und 7). Der IMeG ist damit dem Auftrag des Bun- Europa. Als Wachstumsmotoren treiben sie die wirtschaft- des nachgekommen, eigene konzeptionelle Vorarbeiten liche, gesellschaftliche und soziale Entwicklung in den durchzuführen und diese in den raumordnungspolitischen europäischen Grenzregionen voran. Deshalb sind grenz- Diskussionsprozess einzubringen. überschreitende Initiativen für Europa wichtig! Der IMeG bemühte sich frühzeitig darum, mit den na- Mit den im Rahmen der Konferenz präsentierten „Luxem- tionalen Teilräumen der Nachbarländer, aber auch mit burger Thesen“ knüpfte der IMeG an die Straßburger Er- anderen grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen, wie klärung der Ministerkonferenz für Raumordnung (MKRO) der EUREGIO/MONT-Region, der Grenzüberschreitenden vom 23. Februar 2007, an die EU-Strategie Europa 2020 und Metropolregion Stettin und der EuRegio Salzburg – Berch- an die TAEU 2020 an. Die „Luxemburger Thesen“ sollen An- tesgadener Land – Traunstein, über eine mögliche Zusam- stoß geben, die grenzüberschreitende polyzentrische Rau- menarbeit ins Gespräch zu kommen. Potenzielle Partner mentwicklung in der EU und die innovative Vernetzung sind alle Grenzregionen, die intensive grenzüberschreiten- von Stadtregionen und Städten weiter in den Vordergrund de Verflechtungen und metropolitane (Teil)Funktionen in der nationalstaatlichen Raumordnungspolitiken und der einem polyzentrischen Raumgefüge integrieren sowie eta- europäischen Kohäsionspolitik zu stellen (s. Kap. 8). 12 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
Initiativkreis Metropolitane Grenzregionen // Positionsbestimmung 1 Die Positionsbestimmung des IMeG finden Sie in deutsch, englisch und französisch auf www.metropolitane-grenzregionen.eu Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 13
2. Metropolitane Grenzregionen in Europa Kapitel 2 im Überblick Metropolitane Grenzregionen zeichnen sich durch spezifische konstituierende Merkmale aus: 1. intensive grenzüberschreitende funktionale Verflechtungen und Gemeinsamkeiten, 2. tradierte institutionelle Arrangements grenzüberschreitender Zusammenarbeit, 3. Großräumigkeit und polyzentrische Raumstruktur sowie 4. Metropolfunktionen und Potenziale für Wachstum und Innovation. Die IMeG-Regionen sowie weitere europäische MGR wie die Eurométropole Lille-Kortrijk-Tournai oder Grand Genève liegen im europäischen Pentagon – dem wirtschaftsstärksten und bevölkerungsreichs- ten Raum Europas (BBSR 2010: 73f). Aber auch außerhalb des Pentagons gibt es dynamische und starke Grenzregionen: Zu ihnen zählen insbesondere die Öresundregion oder die centrope. Nicht nur für die nationale Raumentwicklung, sondern auch für den europäischen Zusammenhalt spielen MGR eine wichtige Rolle: MGR sind das „Europa im Kleinen“, in dem EU-Gesetze und Richtlini- en ihre direkte Wirkung zeigen, und zugleich „Laboratorien“ der europäischen Integration. Metropoli- tane Grenzregionen leisten einen Beitrag zur Umsetzung der Strategie EU-2020 und kurbeln die globale Wettbewerbsfähigkeit Europas an. In Hinblick auf die europäische Regionalentwicklung fördern sie das territoriale Gleichgewicht und ein polyzentrisches Europa (Mehlbye 2012). Grenzüberschreitende territoriale Kooperation ist ein zentrales Element europäischer Kohäsionspolitik. Es liegt eine Chance darin, Grenzen als Ressource zu betrachten! 14 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
2.1 Metropolitane Grenzregionen 1. Intensive grenzüberschreitende als neuer Raumtyp funktionale Verflechtungen und Gemeinsamkeiten Zu Beginn des MORO zu grenzüberschreitenden Ver- flechtungsräumen ging es darum, eine Annäherung und Ein Blick auf die Karte der IMeG-Regionen zeigt, dass diese schließlich eine belastbare Definition für metropolitane in ihren Kernbereichen grenzüberschreitende Agglomera- Grenzregionen als (neuen) Raumtyp im europäischen Kon- tionen oder Städtenetze mit intensiven funktionalen und text zu finden. Grundlagen lieferten mehrere Workshops räumlichen Verflechtungen umfassen. Die Verflechtungen und Expertisen (TU Dresden 2009/2010a, b) zum Thema spiegeln sich vor allem im Bereich der Wirtschaftscluster, sowie die BBSR-Studie „Metropolräume in Europa“ (BBSR Arbeitsmärkte und Ausbildungsangebote, Dienstleistungen 2010). Im Ergebnis einigten sich die Partner auf konstituie- im Einzelhandel oder Gesundheitswesen, der Verkehrs- rende Merkmale, die die Eigenschaften der metropolitanen netze oder auch der Kultur- und Freizeitangebote wider. Grenzregionen und das Selbstverständnis der Partnerschaft Intensität und Reichweite der grenzüberschreitenden Ver- zusammenfassen (BMVBS 2011: 40ff): flechtungen sind wichtige Indikatoren für die funktionale Integration in den Grenzregionen. Die konkrete Analyse ist 1. Metropolitane Grenzregionen zeichnen sich durch vor dem Hintergrund der schwierigen Datenverfügbarkeit, intensive grenzüberschreitende funktionale Verflech- des hohen Erhebungsaufwands und fehlender Vergleich- tungen und Gemeinsamkeiten aus. barkeit der Datensätze jedoch keine leichte Aufgabe. 2. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit beruht auf Ein Indikator, der die intensiven Beziehungen auf dem tradierten institutionellen Arrangements. Arbeitsmarkt und das enge Kooperationsgeflecht in metro- politanen Grenzregionen gut abbildet, sind die Pendlerver- 3. Großräumigkeit und polyzentrische Raumstruktur flechtungen. Zwar sind insgesamt nur 7% der EU-Bevölke- prägen die Regionalisierung. rung grenzüberschreitend mobil, aber 80% dieser Mobilität findet in Grenzregionen statt (Euro-Institut 2010: 20). So 4. Die metropolitanen Grenzregionen integrieren metro- erreicht die Zahl der interregionalen Grenzpendler in der politane Funktionen und besitzen besondere Potenziale Großregion Spitzenwerte in Europa (ESPON/University of für Wachstum und Innovation. Luxembourg 2010: 47ff). Rund 211.000 Personen pendel- ten hier 2011 zu ihrem Arbeitsplatz, wobei Luxemburg Diese Merkmale kennzeichnen nicht nur die IMeG- mit ca. 155.000 Personen (ca. 3/4 aller Grenzpendler) die Regionen, sondern auch andere MGR in Europa, wie die höchste Einpendlerzahl aufwies (s. Abb. 5). Die Hälfte der in Öresundregion, die Eurométropole Lille-Kortrijk-Tournai, Luxemburg arbeitenden Einpendler hat einen Wohnsitz in Grand Genève oder die centrope. Es handelt sich dabei um Frankreich, je ein Viertel kommt aus Belgien und Deutsch- Grenzregionen mit hohem Potenzial für Wachstum, Inte- land (Interregionale Arbeitsmarktbeobachtungsstelle 2012: gration sowie eine kohärente Raumentwicklung in Europa. 84). Das Phänomen der steigenden Zahl der Grenzpendler in Richtung Luxemburg wird schon seit drei Dekaden be- obachtet (Gerber/Enaux 2012: 6); auch in Zukunft wird die Zahl der Pendler in der Region wohl weiter steigen. Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 15
Grenzgängerströme in der Großregion 2011 Abb. 3: Grenzgängerströme in der Großregion 2011 (Interregionale Arbeitsmarktbeobachtungsstelle 2013; Quellen: IGSS: BA: INAMI; INSEE (Schätzungen)) Hinweis: Die Zahlen der ein- und auspendelnden Grenzgänger in den einzelnen Regionen können nicht gegeneinander aufgerechnet werden, da das Einzugsgebiet des grenzüberschreiten- den Arbeitsmarktes über das Gebiet der Großregion hinausreicht. Daher ist die Zahl der grenzüberschreitenden Einpendler in die Großregion höher als die der aus den Teilgebieten auspendelnden Personen. Zum Abb.30.06.2011 zählte das Saarland 4: Mitgliedshochschulen der insgesamt 24.658Bodensee-Hochschule Internationalen Einpendler aus Rheinland-Pfalz; in Rheinland-Pfalz arbeiteten zum gleichen Zeitpunkt insgesamt 15.137 Einpendler aus dem Saarland (Quelle: BA). (Regionalverband Bodensee-Oberschwaben/Regionalverband Hochrhein-Bodensee: 26) Quellen: IGSS: BA: INAMI; INSEE (Schätzungen) Interregionale Arbeitsmarktbeobachtungsstelle (IBA / OIE) Hinweis: Die Zahlen der ein- und auspendelnden Grenzgänger in den einzelnen Regionen können nicht gegeneinander aufgerechnet werden, da das Einzugsgebiet des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes über das Gebiet der Großregion hinausreicht. Daher ist die Zahl der grenzüberschreitenden Einpendler in die Großregion höher als die der aus den Teilgebieten auspendelnden Personen. Abbildung 11: Mitgliedshochschulen der internationalen Bodenseehochschule (Karte: DACH+; Quelle: Internationale Bodensee-Hochschule) 26 16 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
Auch im wissenschaftlichen Bereich – gerade wenn es um Ende der 1960er bzw. Anfang der 1970er Jahre nutzten die die Zusammenarbeit zwischen Universitäten geht – entste- heutigen IMeG-Regionen die ersten Erfahrungen in der hen immer stärkere Austauschbeziehungen. Die Boden- grenzüberschreitenden Kooperation, um darauf aufbauend seeregion ist mit knapp 30 akademischen Einrichtungen offizielle Regierungskommissionen mit teilräumlichen bei ca. 3,8 Mio. Einwohnern ein grenzüberschreitender Ort Regionalausschüssen bzw. Regionalkommissionen und des „Wissens“. Die Internationale Bodensee-Hochschule entsprechenden thematischen Arbeitsgruppen zu gründen. (IBH) verbindet über 27 Hochschulen in den verschiedenen Gemeinsam wollte man auf diese Weise den Problemen Teilen des grenzüberschreitenden Verflechtungsraums und dies- und jenseits der Grenze besser entgegenwirken. So steht in enger Kooperation mit Unternehmen vor Ort. Es wurden u.a. in der Euregio Maas-Rhein die Stiftung Euregio handelt sich dabei um Verflechtungen, die insbesondere Maas-Rhein (1975), in der Großregion die Deutsch-Fran- das Leitbild „Wachstum und Innovation“ unterstützen (Re- zösisch-Luxemburgische Regierungskommission und die gionalverband Bodensee-Oberschwaben/Regionalverband Regionalkommission Saarland-Lothringen-Luxemburg- Hochrhein-Bodensee 2010: 27). Trier/Westpfalz (1969-1971), am Oberrhein die Deutsch- Französisch-Schweizerische Regierungskommission und Dabei beschränken sich intensive funktionale Verflech- die spätere Oberrheinkonferenz (1975) bzw. die Internati- tungen primär auf den grenznahen Raum und bilden onale Bodenseekonferenz (1972) mit ihrer Konferenz der keineswegs den administrativen Rahmen der grenzüber- Regierungschefs und den thematischen Kommissionen schreitenden Kooperation, beispielsweise der Großregion als administrative grenzüberschreitende Organe ins Leben oder der Trinationalen Metropolregion Oberrhein, ab (TU gerufen. Dresden 2010b: 8). Generell sind größere Regionsabgren- zungen aber wichtig, um eine verstärkte internationale Die späten 1980er und frühen 1990er Jahre standen im Zei- Wahrnehmbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit im Sinne des chen des kontinuierlichen Ausbaus der grenzüberschrei- Metropolenkonzepts erreichen zu können. Es bedarf einer tenden Institutionen: Legislative Organe wie der Interregi- kritischen Masse, um als grenzüberschreitende Region onale Parlamentarierrat (1986) als das legislatives Organ der überhaupt in den Blick genommen zu werden, und eines Großregion, der Bodenseerat (1991) in der Bodenseeregion, großräumigen Zuschnitts, um spezifische Entwicklungs- der Euregiorat (1995) in der Euregio Maas-Rhein oder der potenziale unterschiedlicher Teilräume identifizieren und Oberrheinrat 1997 zwischen dem Elsass, Baden, der Nord- nutzen zu können. westschweiz und der Südpfalz wurden eingerichtet. Mit der in den 1990er Jahren durch die Europäische Kom- mission eingeführten Gemeinschaftsinitiative INTERREG 2. Tradierte institutionelle kam es zu einem Schub in der grenzüberschreitenden Ko- Arrangements grenzüber- operation: Eine Vielzahl von Projekten mit verschiedensten thematischen Schwerpunkten wurde seitdem durchge- schreitender Zusammenarbeit führt. Mittlerweile ist INTERREG als Ziel 3 „Europäische Territoriale Zusammenarbeit“ in die Mainstreamförderung In den IMeG-Regionen konnten sich stabile institutionel- der EU integriert. Die wesentlichen Elemente des För- le Kooperationsstrukturen ausbilden, die in dieser Form derprogramms wie Konsultation, Partnerschaftsprinzip, nur wenige Metropolregionen in Deutschland aufweisen. Kofinanzierungsnotwendigkeit, Programmplanung und Die bestehenden institutionellen Arrangements bieten -begleitung wurden über die Jahre weiterentwickelt (Euro- die Chance, neue Konzepte metropolitaner Governance Institut 2010: 7f). Seit mehr als 20 Jahren stellt die EU den anzudocken. Zugleich bedeutet die Anpassung langjähriger europäischen Regionen Finanzmittel im Rahmen von IN- Routinen und administrativer Handlungsräume der grenz- TERREG bzw. ETZ zur Verfügung – eine Erfolgsgeschichte, überschreitenden Kooperation eine besondere Herausfor- die auch in der fünften Förderperiode fortgesetzt (2014- derung. 2020) werden soll. Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 17
Erst später, ab dem Jahr 2000, setzte eine „ebenenspezifi- für das gemeinsame Ziel der Akteure, die Probleme in den sche Differenzierung“ ein – eine Phase, in der beispiels- Grenzregionen aktiv in Angriff zu nehmen. Die langjähri- weise kommunal getragene Eurodistrikte und Städte- gen Erfahrungen der Akteure und Institutionen bilden eine netze ins Leben gerufen wurden (Euro-Institut 2010). Die Schlüsselkompetenz für den territorialen Zusammenhalt in vorwiegend staatlich dominierten Strukturen wurden Europa. (Euro-Institut 2010) seitdem um netzwerkartige, nicht-institutionelle Formen der grenzüberschreitenden Kooperation mit Akteuren aus In jüngster Zeit lässt sich eine Neuorientierung in der insti- Wirtschaft und Zivilgesellschaft ergänzt (Blatter/Scherer tutionellen Ausrichtung der Grenzregionen beobachten, 2006: 283). die die metropolitanen Funktionen stärker repräsentieren sollen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Weiterentwicklung Da hierarchische Steuerungsoptionen und formale der Oberrheinregion zu einer Trinationalen Metropolregi- Sanktionierungsmöglichkeiten im grenzüberschreitenden on oder die auf den ESPON-Ergebnissen (ESPON/Univer- Kontext weitgehend fehlen, sind die Akteure somit auf ein sity of Luxembourg 2011) gestützten Bemühungen zur Aus- freiwilliges Aushandeln von Interessen und eine konsens- gestaltung einer Grenzüberschreitenden Polyzentrischen orientierte Zusammenarbeit angewiesen. Die entstandenen Metropolregion in der Großregion (s. Kap. 3). Kooperationsstrukturen und Praktiken stehen sinnbildlich Tab. 1: Phasen der Institutionalisierung der grenzüberschreitenden Kooperation in den IMeG-Regionen (nach Euro-Institut 2010, aus: BMVBS 2011: 61; verändert) Phase Zeitraum Merkmal Ausprägung in den MORO-Regionen Administrative späte 1960er Erste administrative Erfahrungen Euregio: Gründung der Stiftung Maas-Rhein 1975 Institutionenbildung bis frühe und der systematische Aufbau Großregion: Gründung der Deutsch-Französisch- 1970er Jahre grenzüberschreitender Beziehungen Luxemburgischen Regierungskommission und der führen zur Gründung offizieller Regionalkommission Saarland-Lothringen-Luxem- Regierungskommissionen mit burg-Trier/Westpfalz 1969-1971 teilräumlichen Regionalausschüs- Oberrhein: Gründung der Deutsch-Französisch- sen bzw. Regionalkommissionen Schweizerischen Regierungskommission und der und entsprechenden thematischen späteren Oberrheinkonferenz 1975 Arbeitsgruppen bzw. zur Gründung von Stiftungen Bodensee: Gründung der Internationalen Boden- seekonferenz 1972 mit ihrer Konferenz der Regie- rungschefs sowie thematischer Kommissionen Gouvernementale späte 1980er Schaffung legislativer Organe Euregio: Euregiorat 1995 Differenzierung bis frühe Großregion: Interregionaler Parlamentarierrat 1986, 1990er Jahre dem ein Interregionaler Wirtschafts- und Sozialaus- schuss folgte Oberrhein: Oberrheinrat 1997 Bodensee: Bodenseerat 1991 Projektorientierte ab Beginn Durchführung grenzüberschreiten- Insbesondere befördert durch die Implementierung Professionalisierung 1990er Jahre der Projekte und erfolgreiche Umsetzung der Gemeinschaftsini- tiative INTERREG in allen vier Grenzregionen Ebenenspezifische ab 2000 Gründung von Eurodistrikten, Euregio: Eurodistrict Aachen-Heerlen (Projekt) Differenzierung Städtenetzen, Durchführung von Großregion: Eurodistrict SaarMoselle, Städtenetz Agenda-Prozessen QuattroPole Oberrhein: 4 Eurodistrikte (REGIO PAMINA, Strasbourg-Ortenau, Freiburg/ Centre et Sud Alsace, Trinationaler Eurodistrict Basel) Bodensee: Bodensee Agenda 21 18 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
3. Großräumigkeit und poly- zentrische Raumstruktur Wallonien Sowohl bei den binnendeutschen Metropolregionen als auch bei den metropolitanen Grenzregionen stehen Rheinland-Pfalz großräumige Regionalisierungsprozesse im Vordergrund, Luxemburg um auf europäischer oder gar globaler Ebene wettbewerbs- Saarland fähige Kooperations- und Handlungsräume etablieren zu können. Mit Beginn erster grenzüberschreitender Koope- Lothringen rationen wurden gleichzeitig die großräumigen Zuschnitte der IMeG-Regionen festgelegt und nach und nach erwei- tert, so in der Euregio Maas-Rhein, der Bodenseeregion und der Großregion (s. Abb. 5). Saarland-Lothringen Luxemburg 0 50 100 Kilometer 150 Die metropolitanen Grenzregionen zeichnen sich durch eine polyzentrische Raumstruktur aus (s. Abb. 6). Neben Agglomerationen und Stadtregionen integrieren sie auch ländlich strukturierte Räume. Die Zusammenarbeit von Städten, deren Umland und ländlichen Teilräumen sowie Wallonien zwischen wachstumsstarken und strukturschwachen Teilräumen führt zu einer Funktions- und Arbeitsteilung, Luxemburg Rheinland-Pfalz die sich zur Stärkung der Gesamtregion offensiv nutzen lässt: „In einem partnerschaftlichen Miteinander dieser Saarland strukturell und ökonomisch unterschiedlichen Regionsty- pen sollen alle Teilräume dazu beitragen, dass insbesondere Lothringen Wachstum und Innovation gestärkt werden“ (BMVBS 2011: 15). Regionalkommission SaarLorLux Trier/Westpfalz 0 50 100 Kilometer 150 Wallonien Rheinland-Pfalz Luxemburg Saarland Lothringen Interregionaler Parlamen- Abb. 5: Großräumige Regionalisierungsprozesse am Beispiel des tarierrat und Programm- SaarLorLux-Raums (Kartographie: agl auf der Basis von Geodaten gebiet INTERREG IV A Kilometer Großregion 0 50 100 150 des BBSR und der Regionen; s. hierzu Schulz 1997) Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 19
Abb. 6: Das polyzentrische städtische System in den vier IMeG-Regionen (Kartographie: agl auf der Basis von Geodaten des BBSR und der Regionen; aus BMVBS 2011: 25, 27, 30, 32) Nationale Hauptstadt Kernstadt / Oberzentrum ! B Quattropole (grenzüberschreitendes Städte- netz von Oberzentren) Mons ! Liege ! Eupen ! ! !! ! ! Verviers z Einwohnerzahlen der Städte Quaregnon !! ! Namur Neuwied ! Charleroi ! ! Koblenz > 200.000 ms > 100.000 Mainz ! ! t/ > 50.000 ! L Arlon ! Luxembourg ! ! Trier Nationale Grenzen ! H Worms ! Ludwigs- Kaisers- lautern !! hafen ! ! ! ! ! Saarbrücken Neustadt/ Weinstr. ! ! Metz Kilometer 0 25 50 100 ! Bar-le-Duc ! ! Nancy ! F ! ! D Epinal Kilometer 0 50 100 Großregion ! Kernstadt, Kernstadt /Karlsruhe Oberzentrum Kernstadt / Oberzentrum H Nationale H ! NL ! Villingen-Schwenningen Einwohnerzahlen der Städte Einwohnerzahlen der Städte D ! Stadt mit Einwoh ! > 200 000 Baden-Baden ! ! > 200.000 ! >200 000 Strasbourg> 100 000 Hasselt Heerlen Esch- ! > 100.000 Konstanz Ravensburg ! >50 000 ! ! ! ! F ! > 50 000 D > 50.000 ! Maastricht ! ! ! weiler ! ! Offenburg ! ! Friedrichshafen ! ! Kempten ! Aachen ! ! Düren ! Stolberg Nationale Grenzen ! Nationale Grenzen Winterthur Nationale G Liege ! ! ! ! Eupen ! Euskirchen Colmar ! ! ! ! Verviers ! Freiburg St. Gallen Zürich Mulhouse H Vaduz ! A ! B Lörrach-Weil Kilometer ! CH Kilometer Kilomete ! D 0 25 50 0 25 50 0 25 50 Basel CH Euregio Maas-Rhein Trinationale Metropolregion Grenzüberschreitender Oberrhein Verflechtungsraum Bodensee 20 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
4. Metropolfunktionen und Potenziale 2010: 73f). Derzeit werden 46% des europäischen Brutto- inlandsproduktes (GDP) im Pentagon erwirtschaftet, das für Wachstum und Innovation nur 14% der Fläche Europas ausmacht und in dem 32% der europäischen Bevölkerung leben. Die IMeG-Regionen Ein wesentliches Merkmal der IMeG-Regionen sind ihre liegen inmitten dieses Raumes und verfügen über metro- metropolitanen Standortfaktoren. Bereits 2005 kam eine politane Teilfunktionen, die z.T. durchaus mit denen der vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR), binnendeutschen Metropolregionen vergleichbar sind der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (BMVBS 2011: 51). Aber auch außerhalb des Pentagons gibt (ARL) und dem Regionalverband Bodensee-Oberschwaben es dynamische und starke Grenzregionen: Zu ihnen zählen durchgeführte Fachveranstaltung zu dem Ergebnis, dass u.a die Öresundregion und die centrope. sich „deutliche Hinweise darauf ergeben, dass gerade bei grenzüberschreitenden Wachstumsräumen, vielleicht aber Das Ergebnis der BBSR-Studie zu Metropolräumen in Eu- nicht nur bei diesen, das Konzept der Metropolregionen ropa wird durch die Analyse des ESPON-Projekts Metro- um andere Wachstumsmotoren zu ergänzen ist“ (Köhler border unterstützt (ESPON/University of Luxembourg 2007: 118). 2010: 15ff). Als Analysebasis diente u.a. die ESPON-Kate- gorie „Functional Urban Areas“ (FUA). Es zeigte sich, dass Untermauert wurde das Ergebnis u.a. durch die BBSR- Grenzüberschreitende Polyzentrische Metropolregionen in Studie zu „Metropolräume in Europa“ (BBSR 2010), die Teilräumen über nicht zu unterschätzende metropolitane auf eine Neubestimmung der Metropolfunktionen, die Qualitäten verfügen. Zudem wird deutlich, dass die Städte Darstellung ihrer räumlichen Verteilung auf europäi- nur im polyzentrischen Gefüge der Grenzregionen einen scher Ebene und eine Abgrenzung und Typisierung von Beitrag zur metropolitanen Dimension der Grenzregion Metropolräumen abzielten. Metropolräume im Sinne der leisten, es sich um komplementäre Elemente eines komple- Studie sind „solche Räume bzw. Orte, in denen sich die xen polyzentrischen Systems handelt. Neben den IMeG- Metropolfunktionen in den Bereichen in hoher Dichte und Regionen entsprechen insbesondere die Öresundregion, die Vielfalt räumlich konzentrieren“ (BBSR 2010: 6). Es konnte Eurométropole Lille-Kortrijk-Tournai, Grand Genève und nachgewiesen werden, dass sich die Metropolfunktionen in die centrope den funktionalen Charakteristika metropoli- erster Linie auf den Kernraum Mitteleuropas, vor allem auf taner Grenzregionen in Europa. das europäische Pentagon mit den Eckpunkten London, Hamburg, München, Mailand und Paris beziehen (BBSR Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 21
Metropolräume in Europa Metropolfunktionen Abb. 7: Räumliche Verteilung derin Metropolräumen Metropolfunktionen in Europa (BBSR 2010: 72) Reykjavik Trondheim Helsinki St.Petersburg Bergen Oslo Stockholm Tallinn Moskva Aberdeen Göteborg Glasgow Edinburgh Riga Belfast Arhus Kobenhavn-Malmö Newcastle Vilnius Dublin Leeds Odense Minsk Cork Manchester-Liverpool Sheffield Hamburg Birmingham Nottingham Groningen Bremen Cambridge Cardiff-Bristol Hannover Warszawa Münster Poznan Oxford Randstad Berlin London Eindhoven Bielefeld Gent Southampton Bruxelles Rhein-Ruhr Dresden Lille Göttingen Wroclaw Maas-Rhein Leipzig Kyiv Hahn Rhein-Main Krakow Luxembourg Würzburg Praha Brno Paris Rhein-Neckar Nürnberg Nancy Stuttgart Nantes Strasbourg Chisinau München Wien-Bratislava Basel Linz Budapest Lausanne Zürich Salzburg Graz Geneve Innsbruck Bern Lyon Verona Ljubljana Bordeaux Milano Bucuresti Grenoble Venezia-Padova Zagreb Torino Parma Montpellier Bologna Sarajevo Beograd Bilbao Genova Porto Toulouse Nice Pisa Marseille-Toulon Firenze Split Madrid Sofija Lisboa Zaragoza Istanbul Barcelona Ankara Roma Skopje Bari Tirana Valencia Palma Napoli Sevilla © BBR Bonn 2010 Athinai Malaga Palermo Nicosia Malta 500 km Indexwert der Metropolräume Bedeutende Metropolräume Datenbasis: Eigene Erhebung des BBSR Geometrische Grundlage: GfK GeoMarketing, (normiert, Maximum = 100) BBSR LAU-2 London 100,0 100 Paris 97,9 50 Randstad 74,5 10 Bruxelles 66,8 Rhein-Ruhr 51,1 Moskva 47,2 Anteile nach Funktionsbereichen Wien-Bratislava 45,1 Kultur Politik Rhein-Main 41,2 Roma 40,8 Berlin 38,7 Verkehr Wirtschaft Wissenschaft 12 BBSR-Berichte KOMPAKT 4 / 2010 22 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
Abb. 8: Die metropolitanen Grenzregionen in Europa (Kartographie: agl auf der Basis von Geodaten des BBSR, ESPON und der Regionen) Euregio Maas-Rhein: Öresundskomiteen: centrope: 44.500 km²; Eurométropole Lille- 3,9 Mio.; 10.800 km²; 21.000 km²; 3,7 Mio. EW; 6,6 Mio. EW; Wien (A), Kortrijk- Tournai: 3.544 Aachen, Düren (D); Liège, Malmö, Helsingborg, Lund Brno (CZ), Győr (HU), km²; 2 Mio. EW; Kortrijk Hasselt (B); Maastricht, (SE); Kopenhagen, Frede- Bratislava (SK) (B), Lille, Tournai (F) Heerlen (NL) riksberg, Roskilde (DK) Öresundskomiteen ! " ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! ! " ! ! " ! ! ! ! ! ! ! ! ! !!!! ! !! ! !!Euregio !! ! !! ! ! " ! ! !!!! ! ! Maas-Rhein ! ! ! !! ! ! !! ! Großregion Euro- métropole !! ! !CENTROPE " Lille-Kortrijk-Tournai ! ! H Trinationale ! !Metropolregion ! ! ! " ! ! Oberrhein ! !! ! ! Grenzüberschreitender ! Verflechtungsraum ! Bodensee ! ! !! " Metropolitane Grenzregionen ! ! (IMeG-Regionen) ! ! ! ! ! ! Weitere metropolitane ! ! H ! Grenzregionen in Europa ! ESPON-Kategorie Grand Genève ! "Functional Urban Area" (FUA) ! ! grenzüberschreitend ! " " ! ! ! ! !! ! Hauptstadt, " ! ! Stadt mit > 200.000 EW ! ! ! ! ! ! ! Großregion: 11,3 Mio. Grenzüberschreitender EW; 65.400 km²; Mainz, Verflechtungsraum Bodensee: Grand Genève: Trinationale Metropolre- Ludwigshafen, Koblenz, 3,6 Mio. EW; 19.850 km²; 2.000 km²; gion Oberrhein: 5,9 Mio.; Trier, Kaiserslautern (D); Friedrichshafen, Konstanz, 915.000 EW; Fläche: 21.500 km²; Saarbrücken (D); Metz, Ravensburg (D); Zürich, St. Genève (CH), Karlsruhe, Freiburg im Nancy (F); Luxemburg- Gallen, Winterthur (CH), Annemasse (F) Breisgau (D); Strasbourg, Stadt (L); Charleroi, Bregenz, Dornbirn, Feldkirch Mulhouse (F); Basel (CH) Lüttich, Namur, Mons (B) (A), Vaduz (FL) Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht 23
2.2 Bedeutung und Rolle im Meilenstein hierzu ist u.a. die Territoriale Agenda der EU 2020, in der die polyzentrische Raumentwicklung und die europäischen Kontext innovative Vernetzung von Stadtregionen und Städten als erste territoriale Priorität in den Vordergrund der europä- „Europa im Kleinen“ ischen Kohäsionspolitik gestellt werden. Eine Forderung der TAEU 2020 ist, dass sich die Entwicklungsstrategien der Auf europäischer Ebene konnten durch das Schengener Städte und Regionen stärker an den Zielen der EU-Strategie Abkommen, die Einheitliche Europäische Akte (EEA), den Europa 2020 – intelligentes, nachhaltiges und integratives Vertrag von Maastricht und die Einführung des Euro im Wachstum – orientieren sollen, um den territorialen Zusam- Rahmen der Währungsreform wichtige Schritte für das menhalt und die Nutzung der territorialen Potenziale zu Zusammenwachsen Europas unternommen werden. Am fördern. Grenzüberschreitende Polyzentrische Metropolre- deutlichsten zeigen sich deren Auswirkungen in den Grenz- gionen können dazu einen besonderen Beitrag leisten, da sie regionen und dem Alltagsleben der Bevölkerung. Grenzre- als Wachstumsmotoren die wirtschaftliche, gesellschaftliche gionen sind Motoren des Integrationsprozesses und Wiege und soziale Entwicklung in Europa entlang der Binnengren- für intensive Verflechtungen über die nationalstaatlichen zen vorantreiben und damit die Wettbewerbsfähigkeit und Grenzen hinweg – das Europa im Kleinen. Für die Bewoh- die nachhaltige Entwicklung Europas im Sinne der territori- ner der Grenzregionen bieten sich viele Möglichkeiten, die alen Kohäsion unterstützen. Und ihre Potenziale sind noch aus der Grenzsituation erwachsen: Das spezifische Angebot längst nicht ausgeschöpft: In Zukunft gilt es, metropolitane an Arbeitsplätzen und Dienstleistungen, Bildungsstätten, Strategien für Grenzregionen zu entwickeln und ihre Ent- kulturellen Aktivitäten und Freizeiteinrichtungen dies- und wicklung dadurch bestmöglich zu fördern. jenseits der Grenze sowie speziell auf Grenzräume ausgelegte Infrastrukturen und Angebote, wie bilinguale Kindergär- Dabei lassen sich Unterschiede in den europäischen MGR ten, Ausbildungsstätten und Studiengänge, werden gerne aufgrund der geschichtlichen Ereignisse nicht von der genutzt. (BMVBS 2011: 9) Hand weisen: „Das, was sich an den Westgrenzen tut, hat eine lange Tradition; an den Ostgrenzen ist dies noch viel Trotz der Erfolge der Europapolitik und den spezifischen neuer und muss erprobt werden. Daher ist es wichtig, sol- Chancen von Grenzregionen zeigen sich hier auch die che Prozesse wie den des IMeG zu begleiten und nachah- Herausforderungen eines Europas der Regionen (vgl. Hrbek/ menswerte Beispiele zu propagieren. An allen nationalen Weyand 1994): Die metropolitanen Grenzregionen liegen aus Grenzen beobachtet man genau das, was hier Vielen im Perspektive der Nationalstaaten in Randlage; dies spiegelt Alltag vertraut ist: Vielfältige soziale und kulturelle Bezie- sich auch in den nationalen Politiken wider. Unterschiedli- hungen, Abhängigkeiten, neue Formen der Arbeitsteilung che administrative Kompetenzen und Zuständigkeiten der zwischen städtischen und ländlichen Regionen, Stadt und jeweiligen Nationalstaaten führen in den Grenzregionen zu Land [...]“ (Erdmenger 2012). komplexen Mehr-Ebenen-Verflechtungen und erfordern eine ständige nationale Rückbindung. Dies erschwert das gemeinsame grenzüberschreitende Handeln und verzögert Nationalstaatliche Grenzen als Ressource Verwaltungsabläufe. (TU Dresden 2010a: 9) „Grenzregionen sind durch ein widersprüchliches Verhält- nis zum Nationalstaat gekennzeichnet, da die besonderen „Laboratorien“ der europäischen Integration Chancen von Grenzregionen zum einen auf der Wirksam- keit und zum anderen auf der praktischen Infragestellung Grenzregionen sind damit nicht nur Sinnbild für Europa, nationalstaatlicher Regelungen beruhen“ (Heidenreich sondern auch „Laboratorien“ der europäischen Integrati- 1999: 6). Aus diesem Spannungsfeld ergibt sich ein Gefälle on. Hier werden die auf europäischer Ebene entwickelten entlang nationalstaatlicher Grenzen, das entscheidende Konzepte wie das der territorialen Kohäsion wirksam. Ein Impulse für die wirtschaftlichen Verflechtungen in den 24 Initiativkreis deutscher Regionen in grenzüberschreitenden Verflechtungsräumen | Abschlussbericht
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