Innovationsförderung und der frühe Kontakt mit digitalen Talenten
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Interview Innovationsförderung und der frühe Kontakt mit digitalen Talenten Ein Gespräch mit Dr. Alexander Schmid-Lossberg zu den Auswirkungen der Digitalisierung auf das Human Resource Management Dr. Alexander Schmid-Lossberg ist Jurist und seit 2008 Leiter Geschäftsfüh- rungsbereich Personal der Axel Springer SE. Quelle: Axel Springer AG, Foto: M. Lengemann Er war bereits von 1989 bis 1995 für die Axel Springer AG tätig, zuletzt als Personalleiter Berlin. Seine beruflichen Stationen führten ihn nach 1995 zunächst als Vorstandssprecher und Arbeitsdirektor zur KBC Manufaktur Koech- lin, Baumgartner & Cie., Lörrach. Danach war er Senior Vice President Human-Ressources beim Telekommunikationsanbieter Global One in Brüssel, ein Gemeinschaftsunternehmen der Deutschen Telekom, France Telecom und der lien der Hoffmann-La Roche AG in Basel, ehe er amerikanischen Sprint Corporation. Von 1999 als Executive Vice President Human Ressour- bis 2006 fungierte er als Leiter Personal und ces und Legal Affairs beim Logistikunterneh- Recht der Division Vitamine- und Feinchemika- men Kuehne & Nagel in der Schweiz tätig war. Schlüsselbegriffe: Human Resource Management | Digitalisierungsstrategie | Unternehmenskultur Strategie und Human Resource Management erfolgreiche Etablierung von unabhängigem Journalismus in (HRM) der digitalen Welt. MedienWirtschaft: „Axel Springer will der führende digita- MedienWirtschaft: Welche Auswirkungen hat die Betonung le Verlag werden“ – so liest man es auf der Website Ihres digitaler Geschäftsfelder auf Ihren Bereich, also für den Be- Hauses. Wie sieht diese strategische Zielvision im Einzelnen reich Personal? Was sind aus Ihrer Sicht die drei größten aus? Herausforderungen für ein HRM, das auf der Höhe der Zeit sein will? Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Wir sind und bleiben ein Haus des Journalismus – wir wollen unsere Leser unabhängig Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Erstens müssen wir im Per- und besser als andere informieren, beraten und unterhalten. sonalbereich technische Zusammenhänge und digitale Ge- Unser Unternehmen gliedert sich daher in drei Segmente, schäftsmodelle gut nachvollziehen können und ein Gespür die in unterschiedlicher Intensität auf Journalismus basieren dafür haben, was in den einzelnen Fachbereichen vor sich oder vom Journalismus profitieren: Bezahlangebote, Vermark- geht. Nur so können wir die zweite große Herausforderung tungsangebote und Rubrikenangebote. Diese Struktur spiegelt meistern und die passenden Mitarbeiter rekrutieren und die traditionellen Erlösfelder eines Verlages wider, so wie eine drittens allen Mitarbeitern Zugang zu den neuen technolo- Zeitung oder Zeitschrift durch zahlende Leser sowie Werbe- gischen Werkzeugen, aber auch zu Qualifizierungen bieten. und Rubrikenanzeigenkunden finanziert wird. Lassen Sie mich ein Beispiel geben: Projektverantwortlich Wir wollen auch weiterhin einer der Innovationsführer in der und gemeinsam mit anderen Fachbereichen führen wir der- Medienbranche sein und gestalten daher den Medienwan- zeit mit „Sharepoint“ ein Enterprise-2.0-Werkzeug im Unter- del aktiv mit. In der nächsten Zeit konzentrieren wir uns unter nehmen ein, durch das wir Informationshierarchien abbauen anderem auf die erfolgreiche Etablierung von Bezahlinhalten und die Zusammenarbeit auf eine neue Stufe heben wollen. für digitale journalistische Angebote – unsere Mission ist die Das ist ein komplexes IT-Projekt, das aber jede Menge Chan- https://doi.org/10.15358/1613-0669-2014-1-8, am 18.11.2021, 21:13:31 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb 8 MedienWirtschaft 1/2014
Interview cen bietet und von den Fachbereichen nachgefragt wird. Wir Netzwerkevents über digitales Mentoring bis hin zu E-Lear- bringen damit den kulturellen Wandel voran. ning und Erklärvideos. MedienWirtschaft: Lassen Sie uns in die einzelnen Tätig- keitsfelder schauen: Was bedeutet die digitale Transformati- on der Arbeitswelt für die Qualifikationen der Journalistinnen Digitalisierung und Unternehmenskultur und Journalisten? Was bedeutet Digitalisierung für die kauf- männischen Tätigkeiten? MedienWirtschaft: Hat sich mit der digitalen Ausrichtung die Unternehmenskultur des Hauses Axel Springer geändert? Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Für Journalisten wird die Und wenn ja, wie sieht der Wandel aus? professionelle crossmediale Aufbereitung einer Geschich- te unverzichtbar. Neben einer guten Schreibe sind daher Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Wir wollen der führende Kenntnisse im Fotografieren und Videodreh wichtig. Auch digitale Verlag werden und arbeiten daher auch an einem das Anteasern der Geschichte über die sozialen Netzwerke Wandel der Unternehmenskultur. Ziel ist es, eine Unterneh- hat enorm an Bedeutung gewonnen. Nicht jeder Journalist menskultur zu etablieren, die muss Experte auf allen Gebieten sein, aber Grundkenntnisse sind erforderlich. s 6ERTRAUEN SCHAFFT UND &ÓHRUNGSENTSCHEIDUNGEN TRANSPA- rent macht, Erst kürzlich haben wir den neuen WELT-Newsroom einge- weiht, durch den die Redaktion räumlich noch enger zusam- s DEM %INZELNEN MEHR !UTONOMIE GIBT UND EINE 0ARTNER- mengewachsen ist: Online, Print, Video, Mobil und soziale schaft auf Augenhöhe anbietet, Medien werden jetzt in unmittelbarer Nähe zueinander be- dient und Arbeitswege so erheblich verkürzt. Gleichzeitig s )NNOVATIONSFREUDE BEREICHSÓBERGREIFENDES !RBEITEN UND verschieben sich aber auch die Nutzungszeiten unserer Le- das Teilen von Wissen unterstützt, ser: Wir beobachten, dass wir bereits früh morgens zahlrei- che Nutzer haben, die im Bett, am Frühstückstisch oder auf s AUS &EHLERN NICHT NUR LERNT SONDERN DIESE AUCH TOLERIERT UND dem Weg zur Arbeit per Smartphone oder Tablet auf unse- re Online-Angebote zugreifen. Um rund um die Uhr aktuelle s AGILE 0ROZESSE UND DEN -UT ZUR 3KIZZE FRDERT Nachrichten bieten zu können, haben wir Büros im Ausland eröffnet – für DIE WELT in Sydney und für BILD in Los An- geles. Unsere Mitarbeiter arbeiten dort am Tag, während es bei uns Nacht ist. So sind unsere Nachrichtenangebote stets Digitalisierung und Recruitment aktuell und die Mitarbeiter trotzdem ausgeschlafen. MedienWirtschaft: Im Sommer letzten Jahres gingen die Auch bei den kaufmännischen Berufen sind verstärkt techni- Führungskräfte des Hauses in die USA, um dort in Palo Alto in sche Fertigkeiten gefragt, denn Technologiekompetenz wird WG-Atmosphäre den Geist der Gründerszene in Silicon Val- in einem digitalen Verlag immer wichtiger und die Themen ley unter die Lupe zu nehmen und kennen zu lernen. War das zunehmend komplexer. Nehmen Sie den Einkauf, der nicht eine einmalige Aktion? Wie ordnet sich diese Maßnahmen nur große Mengen an Papier einkauft, sondern nun auch ein in die gesamte Personalentwicklungsstrategie? Oder war mit Programmierern von Apps oder mit Anbietern von Cloud- es eine marketingwirksame Aktion, die das Haus Springer Lösungen verhandelt. Die Digitalisierung zieht sich durch alle und seine strategischen Überlegungen greifbar und attraktiv Bereiche und alle Mitarbeiter sind beteiligt. machen soll? MedienWirtschaft: Mit welchen Programmen und Angebo- Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Im Silicon Valley herrscht ten reagieren Sie als Personalabteilung auf den veränderten keinesfalls nur eine kuschelige Atmosphäre – es geht um strategischen Kurs? den geschäftlichen Erfolg, den Aufbau von Netzwerken und darum, die besten Ideen herauszufiltern. Wir haben im Sep- Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Wir unterstützen inten- tember 2012 zuerst drei Topführungskräfte von Axel Springer siv: Das Qualifizierungsprogramm haben wir – unabhängig – Kai Diekmann, Peter Würtenberger und Martin Sinner – für von den Formaten wie Workshops, Seminare oder Vorträ- ein digitales Forschungsprojekt nach Palo Alto entsandt. An- ge – erheblich ausgebaut und weiterentwickelt. Es wurden fang 2013 riefen wir dann ein Visiting Fellows Programm ins Aufbaukurse zu den Standardthemen etabliert, zusätzliche Leben, durch das Mitarbeiter in digitalen Schlüsselpositio- IT-Kompetenz in die journalistischen und kaufmännischen nen die Möglichkeit haben, sich für ein paar Monate im Sili- Bereiche getragen, Methodenkompetenz entsprechend der con Valley aufzuhalten und Lösungen für konkrete Fragestel- sich verändernden Kultur vermittelt und Führungskräfte als lungen zu entwickeln. Von einem Druckereileiter bis hin zu Multiplikatoren genutzt. Darüber hinaus haben wir eine Viel- Journalisten waren bereits Mitarbeiter mit den unterschied- zahl von neuen Lern- und Dialogformaten entwickelt: Von lichsten Jobprofilen dort. Darüber hinaus haben wir vor kur- https://doi.org/10.15358/1613-0669-2014-1-8, am 18.11.2021, 21:13:31 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb 1/2014 MedienWirtschaft 9
Interview zem einen Ansprechpartner in das Silicon Valley entsandt, Talenten. Wir vernetzen diese dann mit unseren Mitarbeitern der uns dort ständig vertreten wird. Der direkte Draht ins Si- – hieraus sind in den letzten Monaten viele Kooperationen licon Valley ist bei uns also bereits Realität und hat nichts mit entstanden. So nutzen wir etwa für die Vermarktung einzel- einer Marketingaktion zu tun. ner Webseiten Technologie von einem der Start-ups von Axel Springer Plug and Play. Beide Seiten profitieren also von der MedienWirtschaft: Wie sieht die „Arbeitgebermarke“ des Zusammenarbeit. Hauses Springer aus? Sie haben ja einige durchaus mutige Videos produziert, in denen das Recruitment – sei es von Mit- MedienWirtschaft: Was muss ein Medienhaus heute bieten, arbeiterinnen und Mitarbeitern für Fach- und Führungspositi- um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein? onen, sei es von jungen kreativen Gründerköpfen – amüsant und rasant im Mittelpunkt steht. Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Es braucht eine klare Zu- kunftsvision und Strategie, einen guten Führungsstil mit fla- Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Wir positionieren uns chen Hierarchien und natürlich eine ausgewogene Work Life selbstbewusst und mit einer gesunden Portion Selbstironie. Balance. Unsere Mitarbeiter schätzen gleichzeitig den hohen In unserem journalistischen Haus dreht sich vieles um die Grad an Eigenverantwortung und die spannende Möglich- Sprache, daher überdrehen wir in unseren Imageanzeigen keit, die Zukunft der Medien zu gestalten. Wichtig ist, dass Jobprofile der digitalen Community und übertragen diese auf all die Begriffe mit Leben gefüllt werden und nicht nur pau- die echten Profile unserer Mitarbeiter. Heraus kommt dann schale Aussagen bleiben. Für Eltern bieten wir betriebsnahe etwa ein „Chief Technology Officer mit Say Whaaat?! Capa- Kindertagesstätten in Berlin und Hamburg an, während wir bilities für Cross Channel Hammer Innovations“ – durch den gleichzeitig mobiles Arbeiten fördern. Uns kommt es dabei Wortwitz stechen wir aus der Masse der sonstigen Arbeit- auf die Resultate der Arbeit an – und nicht auf die Anwesen- geber heraus. Ansonsten stellen wir bewusst in den Vorder- heitszeiten im Büro. Wo wir noch etwas mehr tun wollen, ist grund, dass wir ein kreatives, technologiebegeistertes und bei der Ansprache von weiblichen Talenten. Hierzu haben wir dynamisches Unternehmen sind. unter anderem den „Women in Media Award“ ins Leben ge- rufen, durch den wir noch stärker in Kontakt mit visionären MedienWirtschaft: Im Wettbewerb mit welchen Unterneh- Medienmacherinnen kommen wollen. men stehen Sie, wenn es um die besten Köpfe geht? Ein Blick in die Zukunft Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Auch wir spüren den zu- nehmenden „War for talent“ – zum Beispiel im Bereich IT, wo MedienWirtschaft: In einer Schweizer Trendstudie zum Hu- wir mit den großen Internetkonzernen im Wettbewerb ste- man Resource Management in Zeiten der Digitalisierung war hen. Und im verkäuferischen Bereich gilt schon lange: Jeder unlängst zu lesen, dass auf die Personalabteilungen eine gegen jeden – hier kommen unsere Wettbewerber aus den existentielle Entscheidung zukommt: Entweder sie lösen sich unterschiedlichsten Branchen. auf und delegieren ihre Aufgaben an Marketing, Linie und Mitarbeiter, oder aber die Personalabteilung verleibe sich MedienWirtschaft: Ein wichtiges Augenmerk in Ihrem Hause Funktionen aus dem Marketing, der Marktforschung, der Or- liegt auf der kreativen Gründerszene. Was sind Ihre Erfahrun- ganisationsentwicklung und dem Controlling ein und werde gen: Wie bekommt man Innovation schnell und effizient ins zu einer wahren Managerin des Human Capitals. Welchen Unternehmen? Interne Talentschmiede oder externe Suche? Weg sehen Sie für die Zukunft als richtungweisend an? Wie sollten sich Personalabteilungen in Medienhäusern weiter Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Wir tun beides, einen entwickeln? Königsweg gibt es nicht. Start-ups arbeiten meist etwas schneller als dies Mitarbeiter in klassischen Konzernstruk- Dr. Alexander Schmid-Lossberg: Es gibt einen dritten Weg turen können. Außerdem kennen sie keine Heiligtümer, – und der heißt: Mehr Kooperation innerhalb des Unterneh- stellen alles in Frage. Das finden wir gut, betreiben aber mens. Dies müssen aber viele Großkonzerne sicherlich erst gleichzeitig auch im Haus eine verstärkte Innovationsförde- wieder lernen. Bei uns ist zwar eine zunehmende Vermi- rung. Im Bereich der IT-Entwicklung haben wir in den letz- schung der unterschiedlichen Disziplinen erkennbar, gleich- ten Monaten zum Beispiel massiv Personal aufgestockt, so zeitig spielen aber auch alte Bereichs- und Hierarchieschran- können wir Systeme für unsere digitalen Angebote selbst ken keine so große Rolle mehr. In meinem Bereich arbeiten entwickeln und müssen diese nicht mehr an externe Unter- schon längst nicht mehr nur klassische Personaler, sondern nehmen vergeben. unter anderem auch Mitarbeiter, die früher in der Unterneh- menskommunikation oder im IT-Bereich Erfahrungen gesam- Wichtig ist zudem, dass wir nicht nur die beiden Wege be- melt haben. Mir geht es dabei nicht um die Einverleibung von schreiten, sondern auch dafür sorgen, dass sich diese re- Funktionen, sondern um einen Dialog auf Augenhöhe mit an- gelmäßig kreuzen. Durch unsere Initiative „Media Entrepre- deren Abteilungen. neurs“ oder unseren Accelerator „Axel Springer Plug and Play“ kommen wir sehr früh in Kontakt mit externen digitalen Das Interview führte Prof. Dr. Insa Sjurts. https://doi.org/10.15358/1613-0669-2014-1-8, am 18.11.2021, 21:13:31 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb 10 MedienWirtschaft 1/2014
“The Future of Content” 21 January 2014 // Brussels Nadja Hirsch THANK YOU! Member of European Parliament “The Future Media Lab is a great event, I think, and you should really try to take Thank you to all the speakers, panellists, and participants part in the next one. There’s a lot of who attended the 4th Future Media Lab. conference, innovative discussion on issues which “The Future of Content” on 21 January 2014 in Brussels. you have to think about in the next years, so it’s great.” This conference brought together roughly 130 media professionals and politicians. In the coming weeks, the Future Media Lab. will Florian Nehm be releasing a post-conference report, which will Axel Springer summarise the discussions had during the event and “Das Future Media Lab. 2014 highlight the main messages of the day. war wieder ein spannendes Innovations-Brainstorming ‘life’, das Medienexperten und Follow us on Twitter: EU Politiker gleichermassen @FML_EU // #FML_2014 mit einbindet. Alle haben dabei etwas gelernt.” The Future Media Lab. team would also like to thank the conference’s Christian Röpke “Specifically, I took away the fact that I have not enough of an idea about what’s going on in sponsor, Microsoft, for their ZEIT ONLINE Brussels on a regulatory basis. And I realise I support of this Future Media Lab. should find out more about this, as it does have event. an impact on my business.” The Future Media Lab. is hosted by the European Magazine Media Association, EMMA. The German Association of Magazine Publishers, VDZ, is the German member of EMMA. www.futuremedialab.info https://doi.org/10.15358/1613-0669-2014-1-8, am 18.11.2021, 21:13:31 Open Access – - http://www.beck-elibrary.de/agb
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