Wahlprüfsteine des AWO Bundesverbandes zur Europawahl 2014

 
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Wahlprüfsteine des AWO Bundesverbandes
zur Europawahl 2014

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Wahlprüfsteine des AWO Bundesverbandes zur Europawahl

   I.     Vorwort

Am 25. Mai 2014 wählen die Bürgerinnen und Bürger das
Europäische Parlament. Dabei steht das Gesamtprojekt
Europa am Scheideweg. Schon lange hat Europa nicht nur
eine Finanzkrise, sondern auch eine soziale und eine
Legitimationskrise. Diese drei Krisensymptome sind eng
miteinander verbunden. Eine reine Konzentration auf die
Finanzkrise kann Europa nicht retten.

Damit Europa an Akzeptanz und Legitimation gewinnt,
müssen sich alle Initiativen, Gesetzgebungen und Strategien
der EU am Ziel eines sozialen Europas orientieren. Hier
erwarten wir vom Europäischen Parlament mehr Impulse. Es
ist die einzige direkt gewählte Vertretung der
Unionsbürgerinnen und –bürger. Seine Aufgabe ist es, die
aus unserer Sicht technokratische und zu sehr an
Maßstäben der Marktliberalisierung ausgerichtete
Kommission und der daraus mitverantworteten Sparpolitik
sowie die intransparenten Entscheidungsprozesse zwischen
den Mitgliedsländern zu korrigieren. Sie werden dabei
Unterstützung aus der Zivilgesellschaft brauchen; auf uns
können Sie zählen!

Wilhelm Schmidt                       Wolfgang Stadler
Vorsitzender des Präsidiums           Vorsitzender des Vorstandes

                                                                    2
II.      Unsere Fragen an die Kandidatinnen und Kandidaten

   1. Eckpfeiler für ein soziales Europa
Ohne die Gestaltung eines sozialen Europas wird die europäische Idee scheitern.
Es braucht ein soziales Äquivalent zum Binnenmarkt. Unternehmen streichen
immense Gewinne ein, während den Beschäftigten und Benachteiligten eine
sozialpolitische Einbettung des Binnenmarktes nur versprochen wird. Jetzt ist
dieses Versprechen einzulösen.

   a. Umfassende Maßnahmen für ein soziales Europa
Die AWO setzt sich für ein soziales Europa ein, das dem Europäischen
Binnenmarkt als Korrektiv entgegengestellt wird. Für uns haben generell die
sozialen Rechte einen Vorrang vor den Rechten des Binnenmarktes. Damit die
Idee eines geeinten Europas Vertrauen gewinnen kann, müssen die Menschen in
Europa die EU und ihre Institution als Unterstützung erleben.
   •     Sehen Sie eine dringende Notwendigkeit, ein soziales Europa aktiv zu
         gestalten?
   •     Welche Mittel halten Sie für geeignet, um mehr sozialpolitische
         Konvergenz in Europa herzustellen?
   •     Wie stehen Sie zu sozialen Mindeststandards?
   •     Welche Rolle spielt Ihrer Ansicht nach die Strukturförderung bei der
         Gestaltung eines sozialen Europas in der Zukunft?
   •     Wie beurteilen Sie die Offene Methode der Koordinierung als
         sozialpolitisches Instrument der EU?
   •     Stellt das „Europäische Semester“ ein geeignetes Werkzeug dar, um die
         von den Mitgliedstaaten in der Strategie Europa 2020 vereinbarten Ziele
         zu erreichen?
   •     Wie lassen sich unter den Bedingungen des Fiskalpakts die notwendigen
         Investitionen im Bereich der Sozialpolitik tätigen?

   b. Abwärtsspirale im Bereich des Sozialen stoppen
Konvergenz zwischen den Mitgliedsstaaten im sozialen Bereich darf nicht
bedeuten, dass sich die Staaten mit höheren Standards nach unten anpassen.
Das ist jedoch geschehen. EU und Währungsunion haben zum Abbau staatlicher
Umverteilung und zu einer Marktliberalisierung sozialer Sicherungssysteme
geführt, weil hohe Löhne und höhere Steuern in einer gemeinsamen
Wirtschafts- und Währungsunion zu Wettbewerbsnachteilen führen. Aus Sicht
der AWO muss dieser Prozess aufgehalten werden.
   •     Welche Maßnahmen stellen sicher, dass wirtschaftliche Grundfreiheiten
         nicht länger dafür benutzt werden, die sozialen Sicherungssysteme in den
         Einzelstaaten auszuhebeln?

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•   Wie müssen Mindeststandards ausgestaltet sein, damit sie in den Staaten
       mit einem höheren Sicherungsniveau nicht die bestehenden Standards
       verschlechtern?

   c. Die Finanzkrise überwinden
Die bislang ergriffenen Sparmaßnahmen zum Erhalt der Währungsunion haben
bereits zu erheblichen Umverteilungswirkungen zu Lasten schwächerer
Bevölkerungsgruppen geführt. Angesichts der Zunahme von Armut, sozialer
Ausgrenzung und Arbeitslosigkeit ist eine Abkehr von der einseitigen Sparpolitik
hin zu einer Politik der sozialen Investitionen, der Erhöhung der
Arbeitsmarktbeteiligung, der Jugendarbeitslosigkeit sowie der
Armutsbekämpfung in der EU dringend erforderlich.
   •   Wie sehen Sie Ihre Rolle und die des Europäischen Parlaments im Hinblick
       auf eine Korrektur dieser Politik?

   d. Finanztransaktionssteuer endlich einführen
Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer ist nach unserer Ansicht
unverzichtbar. Mit ihr werden weitere Finanzmarktkrisen unwahrscheinlich.
Zudem können die dadurch generierten Mittel zur Bekämpfung von Ungleichheit
und für soziale Investitionen herangezogen werden.
   •   Unterstützen Sie die Umsetzung der bereits geplanten
       Finanztransaktionssteuer?
   •   Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Einnahmen aus der
       Finanztransaktionssteuer für die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit
       und Armut sowie für den Schutz von Klima und Umwelt eingesetzt
       werden?

   2. Mehr echte Subsidiarität
In ihrer Rolle als Selbsthilfeorganisation, Mitgliederverband und soziale
Vertretungsorganisation vertritt die AWO als Wohlfahrtsverband das Gemeinwohl
und bietet gleichzeitig Leistungen für viele Menschen an. Damit die
gemeinnützigen Träger ihrer zivilgesellschaftlichen Rolle einerseits und ihrer
Rolle als qualitativ hochwertiger Dienstleistungserbringer andererseits gerecht
werden können, fordert die AWO – im Sinne des europäischen Gedankens –
Veränderungen in der Zusammenarbeit mit den Kostenträgern.

   a. Intelligentere Vergabepraxis
Die Reform der Richtlinien über öffentliche Auftragsvergabe und
Konzessionsvergabe bleibt dem Grundsatz treu, dass die Ausgestaltung der
Daseinsvorsorge im Allgemeinen wirtschaftlichen Interessen und den darin
abgebildeten Sozialschutzsystemen der Mitgliedsstaaten obliegt. Dadurch bietet
sich die Chance, dass die Mitgliedsstaaten den besonderen Bedingungen im
Bereich sozialer Dienstleistungen Rechnung tragen können. Zudem ist
vorgesehen, dass der Auftraggeber seine Auswahlentscheidung nicht mehr nur
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auf der Grundlage des Preises trifft, sondern auch andere Kriterien heranziehen
kann. Die AWO fordert eine echte Reform, die flexiblere und intelligentere
Lösungen im sozialen Bereich ermöglicht.
   •   Werden Sie sich dafür einsetzen, dass eine ins nationale Recht umgesetzte
       Vergaberichtlinie für soziale Dienstleistungen verbindlich flexiblere
       Vorgehensweisen und andere Kriterien als den Preis vorschreibt (z.B.
       Qualität und Erfahrung des Personals)?
   •   Was werden Sie unternehmen, um die deutsche Vergabepraxis so zu
       gestalten, dass nicht das billigste Angebot den Zuschlag erhält, sondern
       das nachhaltigste und wirtschaftlichste Angebot?

   b. Soziale Innovationen mit Augenmaß
Die EU fördert seit einigen Jahren mit unterschiedlichen Programmen und
Maßnahmen soziale Innovationen. Sie hat dabei einen Weg eingeschlagen, der
insbesondere kleine und mittelständische Lösungen fordert. Das begrüßen wir,
weil die Sozialwirtschaft auf diese Weise mit neuen Ideen angereichert wird. Als
Verband der Freien Wohlfahrtspflege machen wir ein Angebot, das nachhaltig,
flächendeckend ist sowie für gute Arbeit sorgt. Wir stellen ein Regelangebot
sicher, auf das sich sehr viele Menschen verlassen: Pflegebedürftige,
Alleinerziehende, Menschen mit Behinderung, Migrantinnen und Migranten,
Kinder, Jugendliche, etc.
   •   Wie wollen Sie soziale Innovationen in diesem Bereich gezielt fördern,
       dass auch die Menschen profitieren, die auf das Regelangebot der freien
       Träger zurückgreifen?
Soziale Innovationen sind nicht die Antwort auf alle Fragen. Eine allzu rigide
Ausrichtung auf dieses Feld kann dazu führen, dass nur noch kurzfristige
Projekte beantragt werden.
   •   Wie wollen Sie sicherstellen, dass erfolgreiche und besonders
       wirkungsvolle Lösungen langfristig angeboten werden können?

   c. Gute Angebote sichern
Immer wieder setzt die Kommission Impulse, die die nachhaltige und
wirkungsvolle soziale Arbeit in Deutschland gefährden. Manchmal ist dies auch
einer Unkenntnis der Strukturen bei der Erbringung sozialer Dienstleistungen in
Deutschland geschuldet, manchmal auch Ausdruck einer klassischen
Binnenmarktorientierung. Ein Beispiel ist die Debatte um einheitliche
Mehrwertsteuersätze, die viele soziale Angebote in Deutschland gefährden
würde.
   •   Inwieweit werden Sie sich mit uns gegen die von der Kommission
       geforderte Angleichung der Mehrwertsteuersätze einsetzen?

   3. Strukturförderung sinnvoll gestalten
Bei der Verwirklichung der strategischen Ziele der Strategie Europa 2020
übernehmen die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) eine
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wesentliche Rolle. Es geht dabei um eine enge und systematische Verknüpfung
der geplanten Förderungen mit den Prioritäten der Strategie Europa 2020 und
den damit verbundenen Leitinitiativen. Die Förderungen erfolgen durch
gemeinsame thematische Ziele für die ESI-Fonds, die wiederum mit der Strategie
Europa 2020 verbunden sind. Damit sind die europäischen Struktur- und
Investitionspolitiken auf die Ziele der Strategie Europa 2020 ausgerichtet und
diesen verpflichtet.
Die AWO begrüßt die Verzahnung der sozialpolitischen Ziele der Strategie Europa
2020 mit der Kohäsionspolitik und leitet daraus die drei nationalen
Umsetzungsstrategien ab: Konzentration der Mittel, Absprachen der
unterschiedlichen Förderebenen (Bund-Land), um Doppelförderungen zu
vermeiden und eine stärkere Ausrichtung der Ergebnisse und Wirkungen der
einzelnen Programmbausteine an den Zielvorgaben der Strategie Europa 2020.
   •   Wie stellen Sie sicher, dass die Mitgliedsländer mit ihren eingereichten
       Programmen auf die Verzahnung von Strategie Europa 2020 und
       Kohäsionspolitik achten?
   •   Angesichts der zum Teil sehr unterschiedlichen Quoten beim Abrufen von
       Fördermitteln aus den Strukturfonds ist eine Unterstützung in den noch
       nicht so erfahrenen Mitgliedsländern nötig. Ist es für Sie vorstellbar, eine
       entsprechende Initiative aus dem Europäischen Parlament an die
       Kommission und ihre ESF-Verwaltung zu organisieren?

   4. Armut und soziale Spaltung bekämpfen
Die Schere zwischen arm und reich geht nachweislich immer weiter auseinander
– sowohl regional als auch innerhalb von Regionen. Diese Entwicklung wird
auch mit der Europäischen Union in Verbindung gebracht. Europa kann sich eine
weitere Spaltung nicht leisten.
   •   Welche Vorhaben wollen Sie auf den Weg bringen, um den Trend der
       zunehmenden Ungleichheit zu stoppen?
   •   Wollen Sie darauf hinwirken, dass die Mindestsicherungssysteme so
       ausgestaltet werden, dass sie auf individuelle Bedarfe reagieren können
       und so einen Nahrungsmittelhilfsfonds entbehrlich machen?

   5. Anwerbung von Fachkräften in Deutschland
Die Anwerbung von Fachkräften in den sozialen Arbeitsfeldern aus anderen EU-
Staaten und Drittstaaten wird als eine Strategie zur Bewältigung des
Fachkräftemangels in der Politik und in der Öffentlichkeit diskutiert und von
Aktivitäten der Bundesregierung begleitet. Die AWO koppelt eine mögliche
Anwerbung an Forderungen, die sowohl die Situation im Herkunftsland, die
berufliche Identität der angeworbenen Fachkraft, eine umfassende kulturelle
und sprachliche Vorbereitung als auch eine Kultur des Willkommens und der
Integration umfasst.
Der Schwerpunkt zur Bekämpfung des Fachkräftemangels ist in der Verbesserung
der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und in einer Steigerung der
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Attraktivität der Sozialen Berufe zu sehen. Soziale Dienstleistungen sind eine
gesellschaftlich-wertvolle und qualitativ hochwertige Arbeit, die gute
Rahmenbedingungen und eine angemessene Bezahlung erfordert. In einem
sozialen Europa darf diese Forderung sich nicht auf Deutschland beschränken,
sondern sie muss für alle Mitgliedsstaaten gelten. Anwerbung muss immer auch
im Kontext von fehlenden Perspektiven in den Herkunftsstaaten gesehen
werden. Das Austrocknen der Sozialen Dienstleistungen durch die Finanzkrise in
den betroffenen Europäischen Staaten nimmt den Menschen die Perspektiven
vor Ort. Die Stärkung der nationalen Arbeitsmärkte hat für die AWO Priorität vor
der Anwerbung nach Deutschland.
Die Anwerbung von ausländischen Fachkräften stellt somit nur ein kleines
Segment als Strategie gegen den Fachkräftemangel dar; sie darf vor allem nicht
zur Absenkung qualitativer Standards führen und darf ebenso nicht zur
Rechtfertigung eines Lohndumpings herangezogen werden.
   •   Welche Bedeutung hat die Anwerbung von Fachkräften in sozialen Berufen
       für die Entwicklung der Arbeitsfelder aus Sicht ihrer Fraktion? Wie
       bewerten Sie gezielte Strategien zur Anwerbung?
   •   Unter welchen Bedingungen sollte die Anwerbung von Fachkräften aus
       den EU-Mitgliedsstaaten und Drittländern erfolgen? Welche Bedeutung
       messen Sie der Mobilität von Arbeitnehmern in Europa zu? Wie sollten die
       EU und die einzelnen Mitgliedsstaaten auf krisenindizierte
       Mobilitätsbewegungen reagieren?
   •   Wie können generell die Arbeitsfelder der sozialen Dienstleistungen
       europaweit gestärkt werden, so dass die Mobilität von Fachkräften weder
       zu einer Absenkung der Standards in dem Zielland noch zu einem Mangel
       an Fachkräften in dem Herkunftsland führt?

   6. Arbeit und Beschäftigung
   a. Jugendarbeitslosigkeit in Europa
Die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist dringend wirksam zu bekämpfen. Dafür sind
ausreichend Mittel bereitzustellen. Die Menschen, aber auch ganze Regionen,
verlieren sonst dauerhaft den Anschluss. Die AWO fordert ein echtes Programm
mit einer angemessenen finanziellen Ausstattung und die Ausweitung der
Strukturförderung.
   •   Unterstützen Sie die AWO in der Forderung nach einem Programm gegen
       Jugendarbeitslosigkeit, das über ausreichend Mittel – also deutlich über
       den bisher veranschlagten sechs Milliarden Euro – verfügt?

   b. Gute Arbeit
Mit Jugendgarantie und den entsprechenden Programmen alleine werden die
Probleme auf den europäischen Arbeitsmärkten nicht gelöst. Nötig sind
Arbeitsmärkte, die auskömmliche Löhne und Perspektiven bieten sowie gute
Übergangssysteme zwischen Schule und Beruf.
   •   Welche Vorhaben sehen Sie als besonders wichtig an, um europaweit
       Impulse für mehr und bessere Beschäftigung zu setzen?
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c. Europäische Arbeitslosenversicherung
Der Vorschlag, eine europäische Arbeitslosenversicherung für alle Euro-Länder
einzuführen, ist dazu geeignet, soziale Härten abzufedern und
makroökonomisch antizyklisch zu wirken. Der gegenwärtig diskutierte Vorschlag
der Kommission sieht vor, dass Mitgliedsstaaten aus einem gemeinsamen
europäischen Fonds die Hälfte ihrer Sozialleistungen an Arbeitslose ersetzt
bekommen könnten. Die AWO befürwortet eine Weiterentwicklung der
Grundidee, die für europäische Solidarität steht.
   •   Unterstützen Sie die Idee einer europäischen Arbeitslosenversicherung und
       werden Sie sich in Ihrer Abgeordnetentätigkeit für das vorgeschlagene
       Modell einsetzen?

   7. Offene Methode der Koordinierung weiterentwickeln
Die EU hat in vielen Feldern der Sozialpolitik keine direkten
Regulierungskompetenzen. Sie kann jedoch über die Offene Methode der
Koordinierung Reformvorschläge einbringen und länderübergreifende
Lernprozesse initiieren. Wir fordern die EU auf, diese Kompetenzen im Sinne der
Menschen und ihrer Bedürfnisse zur Durchsetzung eines sozialen Europas zu
nutzen.

   a. Alterssicherung
Deutschland hat im europäischen Vergleich mit der gesetzlichen
Rentenversicherung ein vergleichsweise hohes Sicherungsniveau. Dieses gerät
jedoch durch zunehmend brüchige Erwerbsbiografien und politische
Veränderungen immer stärker unter Druck.
   •   Verhindern Sie im Rahmen der Kompetenzen, die die EU durch die Offene
       Methode in diesem genuin nationalen Politikbereich hat, weitere Verluste
       beim Sicherungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung?
Selbstständige sind in Deutschland nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
pflichtversichert und haben daher ein hohes Armutsrisiko im Alter. Zu dieser
Gruppe gehören zunehmend Menschen, die aus anderen EU-Ländern nach
Deutschland gekommen sind.
   •   Werden Sie sich, gemeinsam mit uns, für eine Einbeziehung der
       Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung stark machen?

   b. Pflegepolitik
In Europa gilt es einheitliche Standards für das Berufsbild Altenpflege zu
entwickeln und dieses zu professionalisieren. Zudem sind neue Versorgungs-
und Betreuungsarrangements zu finden und der (Alten-) Pflegeberuf attraktiver
zu machen.
   •   Was ist aus Sicht ihrer Fraktion erforderlich, um die pflegerische
       Versorgung alter Menschen in Europa qualitäts- und zielgruppengerecht

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zu gestalten und welche Rolle spielt dabei für Sie die Existenz und die
       Weiterentwicklung eines eigenständigen Altenpflegeberufs?
   •   Welche Maßnahmen erachten Sie für notwendig, um das Berufs- und
       Arbeitsfeld Altenpflege in Europa für potenzielle Berufsinteressierte und
       bereits im Beruf Tätige attraktiver zu machen?

   c. Gesundheitsreformen
Die EU ist in besonderer Weise aufgefordert sich für eine konsequent präventiv-
und gesundheitsfördernde Politik einzusetzen. Ziel muss es sein, soziale und
damit auch gesundheitliche Ungleichheit zu verringern oder zu beseitigen. Dies
ist nur durch den Einschluss aller relevanten politischen Ressorts möglich.
   •   Was ist aus Sicht Ihrer Fraktion notwendig, um gesundheitliche
       Ungleichheit als Folge sozialer Ungleichheit in Europa zu verringern und
       welche Maßnahmen hält Ihre Fraktion hierbei für geeignet und
       notwendig?
   •   Welche Bedeutung hat dabei für Sie die Partizipation in der
       Gesundheitsförderung und in der Primär (Prävention)?
   •   Welche Impulse wollen Sie auf europäischer Ebene setzen, um
       Primärprävention und Gesundheitsförderung zu einem gemeinsamen
       Paradigma für die europäische Gesundheitspolitik zu machen?

   8. Europäische Migrations- und Flüchtlingspolitik
Die Problemlagen an den Außengrenzen und im Umgang mit Flüchtlingen
erfordern ein solidarisches Handeln innerhalb der EU. Hier fordern wir ein
entschiedenes Vorgehen.

   a. Familiennachzug
Die verschiedenen Regelungen zum Thema Familiennachzug und insbesondere
die Regelungen zum Ehegattennachzug sind in der Praxis nicht befriedigend und
stimmen nicht mit den menschenrechtlichen Vorgaben zum Schutz der Familie
überein.
   •   Wie werden Sie Familienzusammenführungen ermöglichen?
   •   Wie stehen Sie zur Sprachprüfung für Ehegatten, die die
       Familienzusammenführung in einigen europäischen Mitgliedsstaaten
       erschwert?

   b. Flüchtlingspolitik
Millionen Menschen sind seit Jahren auf der Flucht. Sie kommen aus
unterschiedlichen Ländern und sind vor Bürgerkrieg und Verfolgung geflüchtet.
Vielen drohen Armut und Hunger – sie kämpfen ums nackte Überleben. Die
meisten von ihnen bleiben in der Region, aus der sie geflohen sind, und
versuchen ihr Glück in einem Nachbarstaat. Nur ein sehr kleiner Teil von ihnen –
nach Schätzungen des Flüchtlingswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) handelt
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es sich dabei um weniger als 10 Prozent aller weltweit Flüchtenden - bricht nach
Europa auf und nur die wenigsten erreichen auch tatsächlich die Küsten Europas.
Im Jahr 2009 hatte Europa gerade mal 330.000 Asylsuchende, das sind 0,066
Prozent der EU-Gesamtbevölkerung. Allein in dem Flüchtlingslager von Dadaab
in Kenia leben derzeit etwa 400.000 Flüchtlinge.
Die EU ist gefordert, Schutzsuchenden einen effektiven Zugang zu gewähren und
ein solidarisches Asylsystem zu etablieren. Darüber hinaus muss sie den
nordafrikanischen Ländern Entwicklungsperspektiven bieten. Die von der EU-
Kommission ins Auge gefassten erleichterten Handelsbeziehungen,
Visaerleichterungen im Rahmen von Mobilitätspartnerschaften, ein
Studentenaustauschprogramm und geplante Regelungen für legale
Arbeitsmigration weisen in die richtige Richtung. Notwendig aber wäre eine Art
„Marshall-Plan“ für Nordafrika.
   •   Wie wollen Sie sicherstellen, dass das Sterben an den EU Außengrenzen
       beendet wird und alle Schutzsuchenden Zugang zu einem fairen
       Asylverfahren erhalten?
   •   Wie sieht für Sie ein solidarisches Flüchtlingssystem der
       Verantwortungsteilung durch die EU-Mitgliedsländer aus?
   •   Welche alternativen Einwanderungsmöglichkeiten werden Sie vorschlagen
       für Menschen, die individuelle Chancen wahrnehmen möchten?

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Herausgeber
AWO Bundesverband e. V.
Verantwortlich
Wolfgang Stadler, Vorstandsvorsitzender
Redaktion
Dr. Joß Steinke, Andreas Bartels
© AWO Bundesverband (AWO) – Verlag –
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verlag@awo.org
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01/2014
Abdruck, auch in Auszügen, nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages
oder Herausgebers. Alle Rechte vorbehalten.

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