Insektensterben Monitoring- und Handlungsstrategien Christian Wirth - iDiv
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Dresden, 03.02.2018 Sachverständigenanhörung im Sächsischen Landtag Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft Insektensterben Monitoring- und Handlungsstrategien Christian Wirth Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig
Kurzvorstellung iDiv Konsortium 3 Bundesländer, 3 Universitäten 8 Institute (UFZ, 3 x MPG, 4 x Leibniz) Leute Ø 198 Angestellte (41% Int.) Ø 121 Mitglieder Ø 1189 Gäste bislang
Beispiel Forschung in iDiv: Simuliertes Insektensterben Wie reagieren Ökosysteme auf den Verlust von Insekten? Foto: Stefan Bernhardt, iDiv
Zu Beginn • Bericht des Welt-Biodiversitätsrats (IPBES): „Rückgang der Vielfalt und des Vorkommens wildlebende Bestäuber in Nord-West-Europa und Nord-Amerika“. à Insektensterben ist Fakt • Über die Gründe wissen wir eigentlich genug, um vorsorgend handeln zu können • Trotzdem brauchen wir ein Monitoring, das den Erfolg von Maßnahmen sichtbar macht
Drei Ansätze Heute Nationales Monitoring, BfN Beginn Planung Inventur A Ergebnisse Retrospetive Analysen (z. B. sMon) Datensammlung A Ergebnisse Kausalanalyse Plan. A. Ergebnisse 2000 2010 2020 2030
Nationales Monitoring (I) • UMK hat BfN mit der Planung eines Nationalen Insekten-Monitorings beauftragt: - BfN lädt zu Ländergesprächen im April 2018 - Ausschreibung für Konzeption Mitte 2018 - Entscheidung über Entwürfe 2019 - Implementierung (Idealfall) in 2-3 Jahren (2021-22) - Erste verwertbare Trendergebnisse (~2027) - Auswertung und Publikation (~ 2028)
Nationales Monitoring (II) Basis: Ökologische Flächenstichprobe 20 Naturräume • Naturraumgliederung X Landnutzungstypen • ~ 800 Probeflächen UMK: Faktorenbezogenes Monitoring! Insektizide? Herbizide? x 10-100? Stickstoff? Fragmentierung? Klimawandel? Droeschmeister (2001) Bewirtschaftung? Natur und Landschaft
Zusammenfassung Nationales Monitoring +• Trends werden verlässlich und repräsentativ für Deutschland quantifiziert +• Wichtig für die Erfolgskontrolle von Maßnahmen -• Erste verwertbare Ergebnisse wird es wohl frühestens ab 2028 geben -• Ursachenklärung kaum möglich oder sehr aufwendig
Retrospetive Analysen Heute Nationales Monitoring (BfN) Beginn Planung Inventur A Ergebnisse Retrospetive Analysen (z. B. sMon) Datensammlung A Ergebnisse Kausalanalyse Plan. A. Ergebnisse 2000 2010 2020 2030
Es ist nicht so, als wüssten wir nichts… Ökologische Baubegleitung Biosphärenreservate Eingriffs-Erfolgskontrollen Verbreitungsatlanten Zufallsfunde BUND/NABU Kartierungen Apps EhrenamtSammlungen FFH-Kartierungen Gutachten ELER Fachbegleitende Maßnahmen Fachgruppen Graue Literatur Qualifizierungsarbeiten Präsenzmonitoring Amphibienzäune Private Meldungen Diverse aber heterogene Daten
sMon – Arbeitsgruppe mit iDiv Wissenschaftliche Leitung: Aletta Bonn, Florian Jansen, Helge Bruelheide, Marten Winter Koordination: David Eichenberg Auftaktworkshop: November 2017 Erster Folgeworkshop: Januar 2018 39 Teilnehmer 22 Teilnehmer Vertreter von 13 Bundesländern, des BfN Arbeit an konkreten Daten zu Amphibien und sowie der Deutschen Gesellschaft für Libellen sowie zu mehrfach wiederholten Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT), der Biotopkartierungen; Evaluierung der Gesellschaft deutschsprachiger Odonatologen Datenstrukturen und erste Analysen sowie Wissenschaftler diverser Institute Fotos: Stefan Bernhardt, iDiv
Trendanalyse ist möglich Neue statistische Methoden für heterogene Daten Libellenart 1 Diverse Räumliche Umweltdaten Libellenart 2 Super-Computer
Sachsens Heuschreckenarten 19 18 17 6 Eichenberg, Lueg et al. (in Vorb.)
Wiederholungsinventur Auwaldkran Leipzig Fotos: AG Spezielle Botanik, Universität Leipzig
Kreuzfensterfallen http://www.vogelschutz- chur.ch/index.php?rex_resize=600h__wildbiene1.jpg https://cdn1.stuttgarter-nachrichten.de/media.media.5a4f6a3d- 6900-4c41-89ba-e8cf3da3560e.normalized.jpg http://www.oekoleo.de/fileadmin/_processed_/1/5/csm _hummel_nahaufnahme_1d12c14bd8.jpg Sähring F. (2016) Bachelorarbeit Fotos: Detlef Bernhardt – Universität Leipzig
Vergleich: 2002 à 2016 Ø 90 % weniger Individuen von Wildbienenarten1 (294 à 272) Ø 86 % weniger Individuen bei http://www.vogelschutz- Hummeln (267 à 23) chur.ch/index.php?rex_resize=600h__wildbiene1.jpg Ø 58% weniger Hummelarten (12 à 5) https://cdn1.stuttgarter-nachrichten.de/media.media.5a4f6a3d- 6900-4c41-89ba-e8cf3da3560e.normalized.jpg 1 Ohne Hummeln http://www.oekoleo.de/fileadmin/_processed_/1/5/csm _hummel_nahaufnahme_1d12c14bd8.jpg 2 Wildbienen-Individuen pro Baum (Eiche) Sähring F. (2016) Bachelorarbeit – Universität Leipzig
Vorkommen à Abundanz Vorkommen Trend Fundquadranten Wiederholunginventur Abundanzdaten Trend Abundanzen
Zusammenfassung Retrospektive Analyse +• Errechnet Trends aus vorhandenen Informationen +• Quantifiziert Unsicherheiten +• Zusammen mit hochwertigen Wiederholungsinventuren können Abundanz-Trends ermittelt werden -• Nur bedingt geeignet für Ursachenanalyse (ähnlich Krefelder Studie)
Drei Ansätze Heute Nationales Monitoring Beginn Planung Inventur A Retrospetive Analysen (z. B. sMon) Datensammlung A Ergebnisse Kausalanalyse Plan. A. Ergebnisse 2000 2010 2020 2030
Welche Faktoren? • Klimawandel à Detaillierte Studie für Sachsen existiert bereits • Mahdzeitpunkte à Ausreichend bekannt • Fragmentierung à Gut untersucht • Düngung à v.a. im Grünland gut untersucht • Spezifische Maßnahmen (z. B. AUKM) à Forschungsbedarf • Pestizide à Sehr naheliegend, aber Wissenslücken im Detail für die Anwendung
Detektion von Ursachen Hallmann et al. (2017) PLoS ONE Problem: Detektion von Ursachen braucht Gradienten Lösung: „Exploratorien“ à Beobachtungen entlang von Gradienten: bestehende (Flächenauswahl) hergestellte (Experimentelle Manipulation)
Empfehlungen • Nationales Monitoring Ø Kommt sowieso! Sachsen sollte sich aber frühzeitig und aktiv in die Planungen einbringen • Retrospektive Analyse 1. Erstellung einer landesweiten Liste von „high quality sites“ mit vorliegenden Abundanzdaten 2. Finanzierung von Wiederholungsinventuren auf „high quality sites“ und Trendanalyse von Abundanzen 3. Gemeinschaftsprojekt: Landesämter, NABU, EFG, Grundlagenforschung
Empfehlungen • Kausalanalyse Ø Exploratorien zur praxis-orientierten Analyse bestehender Maßnahmen in Sachsen (z. B. AUKM). Ø Spezielle Fokus auf Pestizid-Wirkungen
Gedankenspiel Hallmann et al. (2017) PLoS ONE -75% Die Zeit drängt -60% 2020 2030
iDiv Studie zu GAP Gemeinsame Agrarpolitik = Schlüssel zur Problematik und Lösung Pe‘er et al. (2017) Conservation Letters
Greening: Wie Ökologen es einschätzen Pe‘er et al. (2017) Conservation Letters Blühstreifen n=83 Brache n=82 Landschaftselemente n=87 Leguminosen n=72 Zwischenfrüchte n=72 Agroforestry n=69 Kurzumtriebsplan n=71 Aufforstung n=76 Negative Wirkung 0 Positive Wirkung
Greening: Was Landwirte machen 80% der Greening-Maßnahmen wirkungslos für Biodiversität % Maßnahmenfläche Blühstreifen n=83 1,2 Brache n=82 16,2 Landschaftselemente n=87 2,4 Leguminosen n=72 11,2 Zwischenfrüchte n=72 68,2 Agroforestry n=69 0 Kurzumtriebsplan n=71 0,2 Aufforstung n=76 0,1 Negative Wirkung 0 Positive Wirkung Pe‘er et al. (2017)
Finanzierungslücke bei Natura 2000 schließen • GAP – Säule 1 4,85 Mrd. „Direktzahlungen“ Ø Überwiegend wirkungslos; Umweltleistung werden kaum erbracht Transfer notwendig • GAP – Säule 2 „Ländliche Entwicklung “ 1,35 Mrd. Ø Unterfinanzierung von Natura 2000 allein in Deutschland um 1,1 Mio € Mrd. €
AUKM für Biodiversitätsschutz optimieren Anpassung Mahdregime (Schmetterlingswiesen)
AUKM für Biodiversitätsschutz optimieren Anpassung Mahdregime (Schmetterlingswiesen) Ø Drehschrauben (allg.): Finanzielle Anreize, Mindestflächengrößen, Pflegeregime, Landschaftselemente, Biotopverbund
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