Instrumentenkasten Wohnungsbau Wichtige Handlungsfelder der Wohnungsbaupolitik im Überblick
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Instrumentenkasten Wohnungsbau Wichtige Handlungsfelder der Wohnungsbaupolitik im Überblick Dipl.-Ökonom Michael Neitzel InWIS Forschung & Beratung GmbH InWIS-Studie in Kooperation mit: 8. Fachforum Wohnungsbau zum Wohnungsbau-Tag Instrumente für mehr Wohnungsbau Politik fürs Wohnen – Was jetzt passieren muss Berlin, 9. Juni 2016
Wohnungsbautätigkeit reicht nicht aus Wohnungsbaupolitische Maßnahmen notwendig Genehmigungen 2015 : 1. Quartal 2016: 309.000 WE 84.789 WE (+ 81 % genehmigt gegenüber 2015) Aber: In Ballungskernen* nur + 17%. In Hamburg, Bremen, 2014 : 245.000 WE Rhein-Neckar und errichtet Nürnberg sogar Rückgang (- 9%) Datengrundlage: Statistisches Bundesamt 2014b, KfW Research 2016. Dargestellt sind Wohneinheiten in Wohn- und Nichtwohngebäuden. * Ballungskerne lt. Regionalübersicht des Statistischen Bundesamtes. Dazu zählen Hamburg, Bremen, Hannover, Rhein-Ruhr, Rhein-Main, Rhein-Neckar, Stuttgart, Nürnberg, München. Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 2
Breite Beteiligung aller Investoren erforderlich Bautätigkeit privater Investoren bleibt bisher zurück Baufertigstellungen in Mehrfamilienhäusern nach Bauherren im Vergleich 2014 1994 absolut in v.H. absolut in v.H. Insgesamt 101.021 100,0 284.309 100,0 Öffentliche Bauherren 1.382 1,4 3.264 1,1 Unternehmen 72.587 71,9 176.603 62,1 davon: Wohnungsunternehmen 63.282 62,6 154.471 54,3 Immobilienfonds 995 1,0 7.305 2,6 Sonstige Unternehmen 8.310 8,2 14.827 5,2 Private Haushalte 25.358 25,1 102.254 36,0 Organisationen o. Erwerbszweck 1.694 1,7 2.188 0,8 Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Berechnungen. Dargestellt ist die Zahl der Wohneinheiten in Wohngebäuden. Geschosswohnungsbau Mitte der 1990er Jahre stark von privaten Investoren getragen. Zusätzliche Anreize notwendig, um Bautätigkeit von Wohnungs- unternehmen um rund das 2,5-fache und von privaten Investoren um das 4-fache zu steigern. Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 3
Investoren gewinnen - finanzielle Anreize setzen Effekte steuerlicher Anreizförderung Einschränkung steuerlicher Abschreibungsmöglichkeiten im Zeitablauf: März 1989 – 1995 1996 – 2003 2003 – 2005 Seit 2006 4 Jahre: 7 Prozent 8 Jahre: 5 Prozent 10 Jahre: 4 Prozent 50 Jahre: 2 Prozent 6 Jahre: 5 Prozent 6 Jahre: 2,5 Prozent 8 Jahre: 2,5 Prozent 6 Jahre: 2 Prozent 36 Jahre: 1,25 Prozent 32 Jahre: 1,25 Prozent 24 Jahre: 1,25 Prozent 100 Prozent 100 Prozent 100 Prozent 100 Prozent Rechnerische Nutzungsdauer Nutzungsdauer von Wohngebäuden: - Annahme: 50 Jahre, Grundlage für derzeitige AfA. - Tatsächlich: ca. 36 Jahre aufgrund durchschnittlicher Nutzungsdauer der Bauwerkskomponenten (höherer Werteverzehr aufgrund technischer Ausstattung). Anpassung der Abschreibung auf 3 % p.a. trägt dem tatsächlichen Werteverzehr Rechnung und beseitigt Nachteile des Mietwohnungsbaus. Steuerliche Anreize zum Wohnungsneubau erst darüber hinaus: - „Anreiz-“komponente von + 1 % bei Anpassung der AfA auf 4 %. - Ausgestaltung als degressive AfA mit vergleichbaren Wirkungen. - Zielgenaue Steuerung durch Regionalisierung. - Positiver Einfluss auf die Bautätigkeit, rasch wirksames Instrument. AfA = Absetzung für Abnutzung Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 4
Investoren gewinnen - finanzielle Anreize setzen Steuerliche Anreize effektiver als andere Maßnahmen Einfluss steuerlicher Anreize auf die Höhe der Anfangsmiete: - Es entsteht das Potenzial für eine Verminderung der Anfangsmiete um 25 % bei AfA-Satz von einheitlich 4 % p.a. - Deutliche stärkere Effekte als Senkung des Baulandpreises oder eine Zinsverbilligung. Notwendige Nettokaltmiete beim Neubau des Typengebäudes (in Euro/m² Wfl.) Abschreibungs- Ohne weitere Baulandpreis- Zinsverbilligung Beide regelung Maßnahme senkung Maßnahmen Referenzfall 10,05 9,48 9,07 8,54 AfA 3 % p.a. 8,43 7,86 7,45 6,92 AfA 4 % p.a. 7,42 6,85 6,44 5,91 Eigenkapitalrendite: 4,0 % p.a. AfA degressiv 7,67 7,09 6,68 6,16 Baulandpreis: - 25 % Variante A Zinsverbilligung: 1 %-Punkt p.a. Degressive AfA – Varianten (in % p.a.): AfA degressiv 8,62 8,04 7,64 7,11 Var. A: 5 J. 8 %, 5 J. 4 %, danach 1 % Variante B Var. B: 10 J. 4 %, 8 J. 2,5 %, dann 1,25 % Quelle: Pestel-Institut. Mietwohnungsbau 2.0 – Bezahlbarer Wohnraum durch Neubau. Eine gleichwertig ausgestaltete Investitionszulage schließt auch Investoren mit ein, die keine steuerlichen Verrechnungsmöglichkeiten haben (wie z.B. steuerbefreite Wohnungsgenossenschaften, viele ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen). Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 5
Das untere und mittlere Preissegment stärken Renaissance der sozialen Wohnraumförderung Deutlicher Rückgang des Sozialwohnungsbestandes 2006 - 2014: Im Neubau durchschnittlich jährlich 11.000 Wohnungen öffentlich gefördert Wert für 2013 liegt (noch) nicht vor. Quelle: Angaben der Bundesländer. Pro Jahr fallen 60.000 bis 80.000 Wohneinheiten aus der öffentlichen Bindung heraus. Bei hohem Bedarf – insbesondere in den Ballungsräumen – sind jährlich mindestens 80.000 neue Sozialwohnungen erforderlich, allein um den Bestand konstant zu halten. Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 6
Renaissance der sozialen Wohnraumförderung Gute Bedingungen für sozialen Wohnungsbau schaffen Auszug aus dem Instrumentenkasten: Maßnahmen zur Forcierung des sozialen Wohnungsbaus Handelnder Akteur / Handlungsfeld Maßnahme Regelgeber Höhere Anreize durch Tilgungszuschüsse/-nachlässe Bund/Länder Mehrjährige Förderprogramme auflegen Bund/Länder Förderbedingungen Sonderabschreibung mit Sozialbindung wie bei § 7k EStG Bund/Länder gestalten einführen Mietpreis- und Belegungsbindung: mittelbare Bindung Länder zulassen Vertretbare Standards setzen (Barrierefreiheit, Aufzug, Länder Standards setzen keine Unterkellerung, Stellplatzanforderungen) Dauerhafte Mittelbereitstellung des Bundes und Bund/Länder Der Verantwortung Landesförderung erhöhen, Zweckbindung einführen gerecht werden Dauerhafte Mitverantwortung des Bundes für die soziale Bund/Länder Wohnraumförderung Um jährlich 80.000 neue Sozialwohnungen zu schaffen, ist – bei gleicher Förderintensität – ein Mittelvolumen von jährlich 3 Mrd. Euro erforderlich. Bund und Länder müssen ihrer Verantwortung gemeinsam gerecht werden. Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 7
Zusätzliches und günstiges Bauland bereit stellen Mit Schwerpunkt in den Ballungsräumen Bodenrichtwerte für Wohnbauland (MFH) In den Ballungsräumen wird der Neubau (Euro/m² Grundstücksfläche) (2014) durch das hohe Grundstückspreisniveau gute Lagen in ausgewählten Städten erheblich verteuert. (von/bis bzw. Durchschnittswert) Systematische Entwicklung zusätzlicher Berlin (West) 350 1.500 Wohnbauflächen ist notwendig. Düsseldorf 750 1.100 Das Ziel, den zusätzlichen Flächen- Karlsruhe 290 1.220 bedarf für Siedlungs- und Verkehrsfläche Köln 630 deutschlandweit auf 30 ha/Tag zu München 3.000 begrenzen, für Ballungsräume kritisch Quelle: Geschäftsstellen der Gutachterausschüsse der jeweiligen Städte. hinterfragen. Verfügbare Instrumente konsequent nutzen: - Aktive kommunale Liegenschaftspolitik / kommunales Flächenmanagement - Zügige Grundstücksentwicklung (Beteiligung privater Entwickler/durch Zwischenerwerb) - Konsequente Nutzung von Instrumenten wie städtebaulicher Verträge und städtebauliche Entwicklungsmaßnahme - Vergabe von Bauland nach Konzeptqualität (nicht im Höchstpreisverfahren) - Höhere Baudichten zulassen (BauNVO ändern) - Grunderwerbsteuer reduzieren (für Neubau auf 3,5 Prozent p.a.) Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 8
Aufstocken und Nachverdichten Vorhandene Potenziale im Bestand nutzen - Hohes Potenzial für Aufstockung von bis zu 2 Geschossen vorhanden. - Kein Bauland erforderlich. - Voraussetzung: Lastreserven der obersten Geschossdecke, Tragkonstruktion und Gründung. - 580.000 Gebäude für Aufstockungen grundsätzlich geeignet. - Rund 1,1 bis 1,6 Mio. Wohn- Quelle: TU Darmstadt / Pestel, Wohnraumpotenziale durch Aufstockungen. einheiten realisierbar. - Brandschutztechnische Anforderungen kein maßgebliches Anwendungshemmnis (pragmatische Handhabung erforderlich). - Stellplatzbaupflicht flexibel gestalten (neue Mobilitätskonzepte berücksichtigen.) - Bauplanungsrecht: höhere Baudichten mitunter erforderlich. Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 9
Bezahlbares Wohnen braucht niedrige Baukosten Empfehlungen zur Kostensenkung umsetzen Hohe Baukosten gerade in Metropol- regionen und an den Top-Standorten. Wohnungsoffensive ein wichtiger und richtiger Schritt. Gemeinsam weiter an der Umsetzung der Empfehlungen der Baukosten- senkungskommission arbeiten. Quelle: ARGE Kiel. Wesentliche Maßnahmen: - Gesetzliche Anforderungen an das Bauen regelmäßig überprüfen. - Verbindliche Folgenabschätzung neuer Regelungen auf die Bau- und Wohnkosten anhand transparenter, nachvollziehbarer Methodik. - Rechtsangleichung durch länderübergreifend einheitliche Bauordnung. - Flexibilisierung der Stellplatzsatzungen aufgrund veränderter Mobilitätsbedarfe. - Anforderungen des erhöhten Schallschutzes rechtssicher regeln. - EnEV und EEWärmeG: Orientierung an Endenergie, CO2-Reduktion, Quartier. - Potenziale des seriellen, modularen bzw. elementierten Bauens nutzen. Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 10
Anforderungen besonderer Zielgruppen Im aktuellen Fokus: Studierende und Flüchtlinge Quelle: Statistisches Bundesamt. Quelle: KMK. Ab 2014 Vorausberechnung. Wohnen für Studierende Wohnen für Flüchtlinge - Erheblicher Wohnungsmangel in Hoch- - Hohe Zuwanderung in 2015 (+ 82% bis 10‘15), schulstädten mit steigenden Mieten. 1,1 Mio. registrierte Flüchtlinge. - Studienanfängerzahlen langfristig - Deutliche Beruhigung Anfang 2016 (190 Tsd. auf hohem Niveau. Registrierungen bis April 2016). - Soziale Wohnraumförderung öffnen, geeignete - Erforderlich: flexibler, langfristig nutzbarer, Liegenschaften umnutzen, im Neubau nachhaltiger günstiger Wohnraum. Standards prüfen (z.B. Stellplatz-baupflicht), - Vorrangiges Ziel: Dauerhafte Versorgung und lokale Politik mobilisieren. Integration der anerkannten Flüchtlinge . Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 11
Bestandsersatz als wirtschaftliche Alternative Anforderungen an Energieeffizienz und Barrierearmut - Zwei Drittel des Wohnungs- bestandes vor 1970 errichtet. - Anpassung des Wohnungs- bestandes u.a. aufgrund Klimaschutz und Demografie. - Vollmodernisierung mit heutiger Ausstattung, zeitgemäßen Grundrissen, Barrierefreiheit und hohem Effizienzstandard führt zu sehr hohen Kosten. - Heutige Schallschutzanforde- rungen im Bestand nicht realisierbar. Quelle: ARGE Kiel: Bestandsersatz 2.0 – Potenziale und Chancen - Bestandsersatz bei bis zu 3,5 Mio. Wohneinheiten oft die wirtschaftliche Lösung. - Ersatzmaßnahmen auf leer stehende Gebäude beschränken, sozial verträgliche Lösungen mit Mietern vereinbaren (z.B. integriertes Mietermanagement). - Benachteiligung Bestandsersatz gegenüber Sanierung beseitigen (z.B. Stellplätze, Grenzabstände, Fördermaßnahmen). - Bestandsersatzmaßnahmen in den Bauordnungen definieren. Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 12
Wohnungsbaupolitische Handlungsfelder Unser Fazit: Der Instrumentenkasten ist gut gefüllt Der Instrumentenkasten Wohnungsbau: - Fokussierung auf wichtige wohnungsbau- politische Handlungsfelder und Maßnahmen! - Wer handeln kann: Bund, Länder, Kommunen und weitere Regelgeber! - Wem es nutzt: Adressaten der Maßnahme. - Wie und wie schnell wirkt die Maßnahme. In den Ballungsräumen und Hochschulstädten ist zusätzlicher, bezahlbarer Wohnraum dringend erforderlich. Das derzeitige Neubauvolumen reicht nicht aus, um den Bedarf – insbesondere im unteren und mittleren Preissegment - zu decken. Die Wohnungsbaupolitik verfügt über eine Fülle geeigneter, sehr effektiver und auch rasch wirksamer Instrumente, damit neuer Wohnraum entstehen kann. Wohnungsbaupolitik kann handeln. Sie sollte es jetzt auch konsequent tun. Instrumentenkasten Wohnungsbau | Berlin | 9. Juni 2016 13
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