Die Sparkassenorganisation in Österreich - SPARKASSEN INTERNATIONAL - Deutscher Sparkassen ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
SPARKASSEN INTERNATIONAL 19. Juli 2018 Die Sparkassenorganisation in Österreich Traditionell wird der österreichische Bankensektor gemäß Autor: Rechtsform und (historischer) Kundenausrichtung der jeweiligen Jürgen Arnoldt - DSGV Institute in acht Sektoren unterteilt, wobei die Grenzen zwischen den Sektoren zunehmend verwischen. Unterschieden wird zwischen Aktienbanken, Sparkassen, Bausparkassen, Volksbanken, Landeshypothekenbanken, Raiffeisenbanken, Sonderbanken und Zweigstellen von Kreditinstituten aus EU-Mitgliedstaaten . Die österreichische Sparkassengruppe besteht aus 48 Instituten: 46 Sparkassen in den Bundesländern, sowie der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG (Erste Bank Oesterreich) und der Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse (Zweite Sparkasse). Erste Bank und Sparkassen sind flächendeckend in allen 9 Bundesländern vertreten. Es gilt ein de facto Regionalprinzip, wobei die Marktgebiete der Sparkassen durch den Haftungsverbundvertrag festgelegt werden. Der größte Teil der österreichischen Sparkassen sind Aktiengesellschaften. Anteilseigner sind u.a. Anteilsverwaltungssparkassen (AVS), welche die Erträge aus ihren Sparkassenbeteiligungen für gemeinwohlorientierte Tätigkeiten verwenden. Die übrigen Institute bestehen noch in der traditionellen Form von 3 Gemeinde- und 12 Vereinssparkassen. 1
Der österreichische Bankenmarkt Gesamtwirtschaftlich besitzt der Bankensektor in Österreich eine unterdurchschnittliche Bedeutung im Vergleich zu anderen euro- päischen Ländern. So war die Bilanzsumme aller Banken 2017 in etwa 2,3-mal so groß wie die gesamtwirtschaftliche Leistung des Landes. Im Vergleich dazu betrug der europäische Durchschnitt das 2,9-fache des BIP. Das Bankfilialnetz in Österreich ist mit 2.330 Einwohnern pro Geschäftsstelle stark überdurchschnittlich ausge- baut. Im Vergleich dazu liegt der europäische Durchschnitt bei 4.406 Einwohnern pro Geschäftsstelle (siehe Grafiken 1 und 2). 2017 lag der Bestand an ausfallgefährdeten Krediten bei österrei- chischen Banken mit einem Wert von 3,72% deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 10,1%. Die Cost-Income-Ratio der österreichischen Banken lag 2017 mit 64% leicht über dem Niveau anderer europäischer Länder. Die Rentabilität, gemessen am Re- turn on Equity, lag 2017 mit 9,21% über der von anderen Banken in Europa (siehe Grafiken 3 und 4). Zu Beginn der 1990er Jahre expandierten österreichische Banken in die zentral-, ost- und südosteuropäischen Länder (CESEE- Region). Diese Länder stellen heute ein wesentliches Geschäfts- feld mit hoher Profitabilität aber auch großen Risiken aufgrund geringer Kreditqualitäten dar. Die österreichischen Banken profitierten vom günstigen wirt- schaftlichen Umfeld, das sich in historisch niedrigen Kreditrisiko- vorsorgen und einer höheren Profitabilität niederschlägt. Die An- passungen ihrer Geschäftsmodelle zeigen erste sichtbare Ergeb- nisse. Im Jahr 2017 lag das Periodenergebnis der österreichischen Banken in Höhe von 6,6 Mrd EUR um 1,6 Mrd EUR über dem Vor- jahreswert. Die Kapitalausstattung der österreichischen Banken hat sich seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 deutlich verbessert. Das Kredit- wachstum in Österreich hat im Jahr 2017 an Dynamik gewonnen. Gleichzeitig hat sich die Kreditqualität der österreichischen Ban- ken sowohl im Inland als auch in Zentral- und Osteuropa weiter verbessert. 2
Tabelle 1: Die größten österreichischen Banken/Bankengruppen Gruppe 2017 2016 2015 2014 Erste Group Bank 222 208 200 196 Raiffeisen Bank (RZB Group) 135 135 138 145 UniCredit Bank Austria AG 102 106 194 189 BAWAG Group AG 46 40 36 35 Raiffeisenlandesbank Oberosterreich 40 39 37 39 Quelle: www.relbanks.com, 2018, Bilanzsumme in Mrd. Euro Grafik 1: Bilanzsumme Banken zu BIP (BzBIP), in % 400 300 200 BzBIP Österreich 100 BzBIP Europa Durchschnitt 0 2014 2015 2016 2017 Quelle: Europäische Zentralbank, 2018 Grafik 2: Einwohner pro Geschäftsstelle (EpG) 6.000 4.000 EpG Österreich 2.000 EpG Europa Durchschnitt 0 2014 2015 2016 2017 Quelle: Europäische Zentralbank, 2018 Grafik 3: Cost-Income-Ratio (CIR), in % 80 60 40 CIR Österreich CIR Europa Durchschnitt 20 0 2014 2015 2016 2017 Quelle: Europäische Zentralbank, 2018 Grafik 4: Return on Equity (RoE), in % 10 8 6 RoE Österreich 4 RoE Europa Durchschnitt 2 0 2014 2015 2016 2017 Quelle: Europäische Zentralbank, 2018 3
Die österreichischen Sparkassen Die österreichische Sparkassengruppe besteht aus 48 Instituten: 46 Sparkassen in den Bundesländern, sowie der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG (Erste Bank Oesterreich) und der Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse (Zweite Sparkasse). In manchen Aufstellungen wird auch die Erste Group Bank AG, die als Holdinggesellschaft und Zentralinstitut fungiert, als 49stes Institut hinzugerechnet. Die Erste Bank Oesterreich verantwortet das gesamte Österreich- Geschäft inklusive Haftungsverbund. Die Erste Group Bank AG ist als Holding zuständig für die strategische Ausrichtung ihrer Tochterbanken in Österreich, Tschechien, der Slowakei, Rumänien, Ungarn, Serbien, Kroatien sowie operativ für die Zentralfunktionen Treasury, Large Corporates und internationales Geschäft. Erste Bank und Sparkassen sind flächendeckend in allen 9 Bundesländern vertreten. In 2017 konnten 229.000 Neukunden geworben werden. Die Kredite an Kunden der Sparkassengruppe haben sich von 71 Mrd. auf 73,6 Mrd. Euro erhöht, was einem Plus von 3,7% entspricht. Tabelle 2: Strukturmerkmale der österreichischen Sparkassen Rechtsform Im weiterhin gültigen Sparkassengesetz von 1979 werden die österreichischen Sparkassen in § 1 Absatz 1 als „von Gemeinden oder Sparkassenvereinen gegründete juristische Personen des privaten Rechts“ definiert. Die Gemeindesparkassen sind Einrichtungen, die durch eine oder mehrere Gemeinden getragen werden, wobei die Gemeinden bis Anfang 2003 voll für die Verbindlichkeiten der Sparkasse hafteten. Die Vereinssparkassen entsprechen in ihren Strukturen in etwa den deutschen freien Sparkassen. 4
Seit 1987 haben die österreichischen Sparkassen die Möglichkeit, ihr Bankgeschäft in eine Aktiengesellschaft einzubringen. Die ursprüngliche Sparkasse verbleibt als Anteilsverwaltungssparkasse (AVS), d.h. ihre Funktion umfasst nur noch die Verwaltung der durch sie gehaltenen Aktien an der Sparkassenaktiengesellschaft sowie gemeinwohlorientierte Tätigkeiten. 33 Sparkassen (inkl. Erste Bank Oesterreich) haben ihren Geschäftsbetrieb in eine Aktiengesellschaft ausgelagert. Die übrigen 15 Institute bestehen noch in der traditionellen Form von 3 Gemeinde- und 12 Vereinssparkassen. Eigentümer- Als Aktionäre der insgesamt 33 Sparkassen- struktur Aktiengesellschaften fungieren u. a. 35 Stiftun- gen und 9 Anteilsverwaltungssparkassen. Das bedeutet, dass bei einigen Sparkassen- Aktiengesellschaften die Aktien von mehreren Stiftungen bzw. Anteilsverwaltungssparkassen gehalten werden. Sparkassen- Seit 01.01.1999 können die stiftungen Anteilsverwaltungssparkassen in private Stiftungen umgewandelt werden. Im Falle von Gemeindesparkassen haftet die Gemeinde mit der Umwandlung in die Stiftung nur mehr für die bei Umwandlung bestehenden Verbindlichkeiten, nicht aber für neu eingegangene Verbindlichkeiten, sodass die Haftung sich im Laufe der Zeit gegen Null reduziert und damit der von der EU angenommene Beihilfentatbestand der öffentlichen Hand an Bedeutung verliert. Bisher wurden 34 Anteilsverwaltungsspar- kassen gemäß § 27a Sparkassengesetz in eine Sparkassenstiftung umgewandelt. 5
Geschäfts- Die Sparkassen sind seit 1979 als tätigkeit Universalbanken allen anderen Kreditinstituten gleichgestellt. Der Schwerpunkt liegt traditionell auf Privatkunden, klein- und mittelständischen Unternehmen sowie in der Vermögensverwaltung. Regionalprinzip/ 1979 abgeschafft. De facto ist das Marktstellen- Regionalprinzip wieder eingeführt, da das bereinigung Spitzeninstitut Erste Bank Oesterreich seine Filialen im Rahmen der Marktstellenbereinigung im Austausch gegen Sparkassenbeteiligungen an die Bundesländersparkassen weitgehend übertragen hat. Insgesamt sind seit 1998 etwa 100 Bankstellen der Erste Bank an die Sparkassen übertragen worden. Marktgebiete der Sparkassen werden durch den Haftungsverbundvertrag festgelegt. Im Burgenland ist die Sparkassengruppe durch Filialen der Erste Bank und der Sparkasse Hainburg-Bruck-Neusiedl vertreten, die Mitglied des Landesverbandes der niederösterreichischen Sparkassen ist. Gemeinwohl- Die Sparkassen erfüllen in ihrem orientierung/ Einzugsbereich auch gemeinnützige, Corporate Social insbesondere soziale und kulturelle Aufgaben. Responsibility Das gesellschaftliche und soziale Engagement ist freiwillig. 2016 haben die österreichischen Sparkassen insgesamt 18,8 Mio. EUR in soziale, kommunale und kulturelle Projekte investiert. Der Schwerpunkt lag in den Bereichen Kunst, Kultur, Brauchtum (24,4%), Karitative/Soziale Zwecke (14,3%) und Bildung, Wissenschaft und Forschung (13,8%). Haftungs- Erste Bank und Sparkassen haften seit 2002 verbund im Rahmen von wechselseitigen Haftungsvereinbarungen für die Auszahlung der Kundeneinlagen weit über die gesetzlich gesicherten Beträge hinaus. 6
Der Haftungsverbund wirkt ergänzend zur gesetzlichen Einlagensicherung und Anlegerentschädigung als zusätzliches Sicherheitsnetz. Er ist ein subsidiäres Instrument, das im Absicherungsfall (Eröffnung des Konkurses über ein Mitglied des Haftungsverbunds) nach der gesetzlichen Einlagensicherung in Kraft tritt. Der Haftungsverbund wird durch die Haftungsverbund GmbH getragen, an der die Erste Bank Oesterreich die Mehrheit hält. 2007 wurde er durch einen „wirtschaftlichen Zusammenschluss“ seiner Mitglieder erweitert (gilt seit Januar 2008). Ziele des erweiterten Haftungsverbundes sind die Entwicklung eines effektiven Produktionsverbundes, eine Vereinheitlichung des Marktauftritts und der Werbelinie, eine einheitliche Risikopolitik, ein abgestimmtes Liquiditätsmanagement sowie gemeinsame Standards im Controlling, welche die Marktstellung ausbauen sollen. In der Grundsatzvereinbarung zum Haftungsverbund, dem alle 1 österreichischen Sparkassen angehören, ist zudem ein Früher- kennungssystem verankert, um frühzeitig auf wirtschaftliche Schwierigkeiten einer Spar- kasse reagieren zu können. 2014 trat der Haftungsverbund 3 in Kraft, der eine vertrags- rechtliche Konzernstruktur zum Inhalt hat. Zweite 2006 wurde auf Initiative der Erste Bank- Sparkasse Stiftung die Zweite Wiener Vereins- Sparcasse gegründet. Sie ermöglicht ein Guthabenkonto für Menschen, die keinen Zugang zu Bankdienstleistungen mehr bekommen. Die Zweite Sparkasse, die eng mit Wohlfahrts- verbänden und Schuldnerberatungen zusammenarbeitet, ist inzwischen in ganz Österreich (außer Vorarlberg) tätig. Überwiegend ist die Zweite Sparkasse in den Filialen der lokalen Sparkassen mit vertreten. Eigene Filialen bestehen in Wien, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Linz, Salzburg und Villach. 1 Eine Ausnahme ist die Allgemeine Sparkasse Oberösterreich Bankaktiengesellschaft, die 2009 mit der Erste Group Bank AG und der Erste Bank Oesterreich eine trilaterale Haftungsvereinbarung abgeschlossen hat. 7
Tabelle 3: Wichtige Strukturkennzahlen der österreichischen Sparkassen 2017 2016 Anzahl Institute 48 48 Anzahl Kunden 3,6 Mio. 3,5 Mio. Geschäftsstellen (inkl. OMV) 1.085 1.103 Quelle: Factsheet Erste Bank und Sparkassen Tabelle 4: Wichtige Bilanz- und GuV-Kennzahlen der österrei- chischen Sparkassen 2017 2016 Betriebsergebnis 815,8 814,8 Ergebnis vor Steuern 789,0 655,9 Zinsüberschuss 1.613,2 1.616,3 Provisionsüberschuss 799,9 764,2 Kredite an Kunden 73.607 71.028 Einlagen von Kunden 76.293 71.743 Kredit-/Einlagen-Verhältnis 96,5% 99,0% Neukunden 229.000 235.000 Quelle: Factsheet Erste Bank und Sparkassen 2018, in Mio. Euro 8
Das Zentralinstitut: Erste Group Bank AG (Konzernholding) Gegründet 1819 als die „Erste österreichische Spar-Casse“, ging die Erste Group 1997 mit der Strategie, ihr Retailgeschäft in die Wachstumsmärkte Zentral- und Osteuropas (CEE) auszuweiten, an die Wiener Börse. Durch zahlreiche Übernahmen und organisches Wachstum hat sich die Erste Group, gemessen an der Kundenzahl und der Bilanzsumme, zu einem der größten Finanzdienstleister im östlichen Teil der EU entwickelt. Tabelle 5: Wichtige Kennzahlen der Erste Group Bank AG 2017 2016 Anzahl Kunden 16,1 Mio 15,9 Mio. Anzahl Mitarbeiter 47.702 47.034 Anzahl Geschäftstelle 2.565 2.648 Gewinn nach Steuern 1,32 1,26 Bilanzsumme 221 208 Bilanzielles Eigenkapital 18,3 16,6 Betriebsergebnis 2,51 2,66 Harte Kernkapitalquote 12,9% 12,8% Cost Income Ratio 62,4% 60,2% Cash-Eigenkapitalverzinsung 10,2% 11,4% Quelle: Geschäftsbericht Erste Group 2017 Grafik 5: Übersicht Gruppenstruktur Erste Group Bank AG Quelle: https://www.erstegroup.com/de/ueber-uns, 2018 9
Der Dachverband: Österreichi- scher Sparkassenverband Tabelle 6: Strukturmerkmale des österreichischen Sparkassen- verbandes Mitglieder Die 6 regionalen Landesverbände der österrei- chischen Sparkassen, die 49 österreichischen Sparkassen (inklusive Erste Group Bank), An- teilsverwaltungssparkassen und die 35 Spar- kassenstiftungen sowie Kooperationspartner Rechtsform eingetragener Verein Aufgaben • Interessenvertretung (national und in der EU) • strategische Diskussionsplattform der Spar- kassengruppe • Kollektivvertragsverantwortung • Sparkassenrelevante Beratungs- und Service- leistungen in den Bereichen Recht, Wirt- schaftspolitik, Datenmanagement sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit • Interessenausgleich innerhalb der Sparkas- sengruppe Der Österreichische Sparkassenverband ist Mitglied des Weltinsti- tuts der Sparkassen und der Europäischen Sparkassenvereinigung sowie außerordentliches Mitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes e.V., sowie Mitglied in der Sparkassenstiftung für internationale Kooperation (Bonn). 10
Impressum Herausgeber Verantwortlich Deutscher Sparkassen- und Giroverband Dr. Thomas Keidel – DSGV Abteilung Volkswirtschaft, Finanzmärkte Thomas.Keidel@DSGV.DE und Wirtschaftspolitik Charlottenstraße 47 Autor 10117 Berlin Jürgen Arnoldt Juergen.Arnoldt@DSGV.DE Telefon: 030 20225-5760 DSGV-Volkswirtschaft@DSGV.DE Hinweis www.DSGV.de Alle Publikationen dieser Reihe finden Sie unter http://www.dsgv.de/de/sparkassen-finanzgruppe/ Gestaltung sparkassen-international/index.html Franz Metz, Berlin Bildnachweis Seite 1: Jaksuthep Teekul 11
Sie können auch lesen