Intergeschlechtlichkeit - Selbstbestimmung von Anfang an! Referent*innen: Hebammenkongress

 
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Intergeschlechtlichkeit - Selbstbestimmung von Anfang an! Referent*innen: Hebammenkongress
Intergeschlechtlichkeit
 Selbstbestimmung von Anfang an!

Referent*innen:
Florian Albrecht
Lucie G Veith
Fee-Alin Angetter           28.05.2019
Intergeschlechtlichkeit - Selbstbestimmung von Anfang an! Referent*innen: Hebammenkongress
Hintergrund des Workshops
• Masterstudium Soziale Arbeit im Rahmen von einem Projekt
• Kein medizinisches Fachwissen
• Wunsch, möglichst früh über geschlechtliche Vielfalt aufzuklären

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Intergeschlechtlichkeit - Selbstbestimmung von Anfang an! Referent*innen: Hebammenkongress
Was erhoffen Sie sich von diesem Workshop, welche
            Wünsche/ Erwartungen haben Sie?

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Intergeschlechtlichkeit - Selbstbestimmung von Anfang an! Referent*innen: Hebammenkongress
Ablauf
1.   Einstiegsmethode “Wo stehe ich?“
2.   Input zur heteronormativen Zweigeschlechtlichkeit
3.   Reflexionsübung
4.   Input zu Intergeschlechtlichkeit und geschlechtsverändernden Eingriffen
Pause 10:30-11:00 Uhr
6. Input rechtliche Situation in Deutschland & Handlungsoptionen für Hebammen
7. Diskussionsrunde/ Ihre Praxiserfahrungen
8. Input Beratungsstelle, Peer-to-Peer Ansatz
9. Abschlussrunde

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Einstiegsmethode „Wo stehe ich?“

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Heteronormative
           Zweigeschlechtlichkeit

                   Fee-Alin Angetter

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Biologisches
                             Geschlecht

                               ICH
            Soziales                                  Psychisches
           Geschlecht                                 Geschlecht

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Theorie-Basics
Alltagsannahmen:

• “Das biologische Geschlecht sei an das soziale sowie psychisches Geschlecht gebunden“
• “Es gäbe nur Männer und Frauen“
• “Geschlechtsidentität sei ein Leben lang unveränderbar“

Folgen:
• Unausgesprochene Verpflichtung Frau oder Mann zu sein
• Zuordnung anderer Menschen erfolgt auf Treu und Glauben
• Einordnen der Menschen zu Mann oder Frau passiert fremdbestimmt

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Theorie-Basics
 • Unsere jetzige geschlechtliche Ordnung ist Ergebnis sozialer & historischer
   Herstellungsprozesse
    und wird heteronormative Zweigeschlechtlichkeit genannt
      • Zweigeschlechtlichkeit: „nur zwei Geschlechter, Männer und Frauen“
      • hetero_normativ: der heterosexuellen Norm entsprechend
      • Heteronormativität: alles richtet sich nach Männern und Frauen, die sich klar
        voneinander abgrenzen und sich gegenseitig begehren

  Wichtig, gegen diese Ordnung anzukämpfen

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Heteronormative Zweigeschlechtlichkeit: wie
Geschlechterdifferenz Ausschluss produziert
•   Sprache (Pronomen, Vornamen)
•   Bekleidung (visuelle Dauerpräsenz)
•   Idealbilder von Körper und Attraktivität
•   Benimmregeln (Traditionen)
•   Getrennte Räumlichkeiten (Toiletten etc.)
•   Berufe
•   Farben, Waren (Taschen, Pflegeprodukte, Essen etc.)
•   Bürokratie (Überall Abfrage nach Geschlecht (v.a. Anrede))
•   Gesetze

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Theorie-Basics
• Geschlecht wird in allen Interaktionen immerzu produziert
• Jede Person hat ein Bild davon wie sich Männer und Frauen verhalten

 der starke Fokus auf Geschlecht und die starre Trennung zwischen
  Männern und Frauen erlaubt es uns nicht, dass uns das Geschlecht
  unseres Gegenübers egal ist

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Zweigeschlechtlichkeit aufbrechen
• Wenn wir nur das biologische Geschlecht wissen, können wir die
  Geschlechtsidentität nicht wissen
• Jede Person hat ihre ganz eigene Geschlechtsidentität
• Selbstbestimmung muss das höchste Ziel sein

 Geschlechtsidentität ist nicht begrenzbar, deswegen sprechen wir von
  geschlechtlicher Vielfalt

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Quellen
• BAUER, Gero u.a. (Hg.) (2018): Die Naturalisierung des Geschlechts. Zur Beharrlichkeit der Zweigeschlechtlichkeit.
  Bielefeld: transcript.
• HARTMANN, Jutta u.a. (Hg.) (2007): Heteronormativität. Empirische Studien zu Geschlecht, Sexuallitt und Macht.
  Wiesbaden: VS.
• HIRSCHAUER, Stefan (2013): Die Praxis der Geschlechter(in)differenz und ihre Infrastruktur. In: GRAF, Julia u.a. (Hg.):
  Geschlecht zwischen Struktur und Subjekt: Theorie, Praxis, Perspektiven. Opladen u.a.: Budrich, 153-172.
• SCHEUNEMANN, Kim (2018): Expert_innen des Geschlechts? Zum Wissen über Inter* - und Trans* -Themen, 1. Auflage.
  Bielefeld: transcript.
• VILLA, Paula-Irene (2011): Sexy Bodies. Eine soziologische Reise durch den Geschlechtskörper, 4. Auflage. Wiesbaden:
  VS.

Bildquelle
• https://www.trans-kinder-netz.de/erklaerungshilfe.html.

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Intergeschlechtlichkeit und
           geschlechtsverändernde Eingriffe

                        Florian Albrecht

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Was ist Intergeschlechtlichkeit?

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Was ist Intergeschlechtlichkeit?
• Geschlechtsvariationen, die nicht den Kategorien von „männlich“ oder „weiblich“
  entsprechen

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Was ist Intergeschlechtlichkeit?
• Geschlechtsvariationen

     • In der Anatomie (äußerlich, innerlich)
     • Auf chromosomaler Ebene
     • hormonell

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Häufigkeit
• Konkrete, eindeutige Zahlen gibt es nicht

• 1 – 4 % aller Menschen sind intergeschlechtlich
     • In der Wissenschaft wird oft der Wert von 1,7 % herangezogen

     • 0,02 % aller Neugeborenen

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Intergeschlechtlichkeit als „Notfall“?
• Eltern können Situation oft nicht einschätzen und sind verunsichert

• Eltern werden unzureichend informiert

• Darstellung als „Notfall“ löst Druck auf Eltern aus

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Behandlungsziele
• Das Geschlecht soll so verändert werden, dass es den Idealvorstellungen eines angeblich
  „männlichen“ oder „weiblichen“ Geschlecht entspricht

• Heterosexueller Geschlechtsverkehr soll ermöglicht werden

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Behandlungspraxis
• Verkleinern, vergrößern, kürzen oder entfernen äußerer Genitalien

• Künstliche Bildung äußerer Genitalien

• Entfernung von Gonaden, die nicht in die jeweilige Vorstellung von „weiblich“ oder
  „männlich“ passen

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Weiteres Vorgehen
• Verabreichung von Hormonen
     • Bestimmte geschlechtliche Entwicklungen unterdrücken oder gezielt fördern

• Kindern wird eine Geschlechterrolle (m/w) zugeteilt, nach der sie erzogen werden

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UN-KRK
Artikel 12: Berücksichtigung des Kindeswillens
(1) Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich eine eigene Meinung zu
bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden
Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes
angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife.

Artikel 18: Verantwortung für das Kindeswohl
(1) Die Vertragsstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die Anerkennung des
Grundsatzes sicherzustellen, dass beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung
und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind. Für die Erziehung und Entwicklung
des Kindes sind in erster Linie die Eltern oder gegebenenfalls der Vormund
verantwortlich. Dabei ist das Wohl des Kindes ihr Grundanliegen.

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§1631c BGB
Verbot der Sterilisation
Die Eltern können nicht in eine Sterilisation des Kindes einwilligen.
Auch das Kind selbst kann nicht in die Sterilisation einwilligen. […]

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mögliche Folgen geschlechtsverändernder Operationen an
Kleinkindern

• neurologischen Schäden an empfindsamen Stellen
• Verlust des sexuellen Lustempfindens
• Unfruchtbarkeit
• Schmerzen
• Vernarbungen

     → gewaltvolle und traumatisierende Erfahrung
     → Entfremdung vom eigenen Körper
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Warum sind Genitalien so bedeutend?

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Warum sind Genitalien so bedeutend?
• Ein sehr persönlicher Teil des Körpers
     •   Zentral für die Wahrnehmung des eigenen Körpers
     •   Mit Emotionen verbunden
     •   Privat
     •   Ort sexueller Empfindung

     → verweisen auf sexuelle Selbstbestimmung und körperliche Autonomie

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Internationaler und nationaler Diskurs
• Forderung: Alle Eingriffe und Behandlungen müssen auf volle Information, Beteiligung und
  Zustimmung Intergeschlechtlicher basieren

• Im internationalen Menschenrechtsdiskurs aufgenommen
     • UN Comitee against Torture
     • EU-Grundrechteagentur

• In Deutschland gibt es noch keine Umsetzung

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Quellen
• DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR UROLOGIE (DGU) E.V., DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR KINDERCHIRURGIE (DGKCH) E.V., & DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR
  KINDERENDOKRINOLOGIE UND – DIABETOLOGIE (DGKED) E.V. (Hrsg.). (2016). AWMF S2k-Leitlinie 174/001. Varianten der
  Geschlechtsentwicklung. Abgerufen von https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/174-001l_S2k_Geschlechtsentwicklung-
  Varianten_2016-08_01.pdf.
• EARP, Brian D., & STEINFELD, Rebecca. (2018). Genital Autonomy and Sexual Well-being. Current Sexual Health Reports, 10(1), 7–17.
  https://doi.org/10.1007/s11930-018-0141-x.
• GRUBER, Andrea. (2018). Intergeschlechtlichkeit und Gewalt. In Silvia ARZT, Cornelia BRUNNAUER, & Bianca SCHARTNER (Hrsg.),
  Sexualität, Macht und Gewalt : Anstöße für die sexualpädagogische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen (S. 131–152). Wiesbaden:
  Springer Fachmedien Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19602-8_8.
• INTERSEXUELLE MENSCHEN E.V., & HUMBOLDT LAW CLINIC: GRUND- UND MENSCHENRECHTE (Hrsg.). (2011). Parallelbericht zum 5.
  Staatenbericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder
  erniedrigende Behandlung oder Strafe (CAT). Abgerufen von http://www.im-ev.de/pdf/CAT_ParallelReport_Intersex_2011_DE.pdf.
• KLÖPPEL, Ulrike. (2016). Zur Aktualität kosmetischer Operationen „uneindeutiger“ Genitalien im Kindesalter. Bulletin-Texte /
  Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien / Humboldt-Universität zu Berlin, 42. Abgerufen von https://www.gender.hu-
  berlin.de/de/publikationen/gender-bulletins/bulletin-texte/texte-42/kloeppel-2016_zur-aktualitaet-kosmetischer-
  genitaloperationen.
• VEITH, Lucie. (2018). Von der Schönheit des Geschlechts und anderen unbekannten Größen. Wenn intergeschlechtliche Realität auf
  heteronormative Gesellschaft trifft. In Die Schönheiten des Geschlechts: Intersex im Dialog (S. 39–45). Frankfurt: Campus Verlag.
• VOß, Heinz-Jürgen. (2015). Making Sex Revisited: Dekonstruktion des Geschlechts aus biologisch-medizinischer Perspektive..
  Bielefeld: Transcript Verlag. Abgerufen von http://www.oapen.org/download?type=document&docid=640457.
• VOß, Heinz-Jürgen. (2016). Geschlechtliche Zuweisung und Vereindeutigung bei intergeschlechtlichen Kindern als Gewalt. Zugänge
  zur Thematik und Anregungen für die Soziale Arbeit. In Alexander NASS & Ulrich KLOCKE (Hrsg.), Geschlechtliche Vielfalt (er)leben:
  Trans*- und Intergeschlechtlichkeit in Kindheit, Adoleszenz und jungem Erwachsenenalter (Originalausgabe). Giessen: Psychosozial-
  Verlag.

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Intergeschlechtliche Kinder unter dem besonderen Schutz der Hebamme

         28.05.2019
         Hebammen in Bremen

         Lucie Veith
Perspektive des Vortrages
 Das Kindeswohl zu schützen und Familien zu entlasten
 Internormative Sicht – die Sicht aus intergeschlechtlicher Perspektive
 Mit dem Blick auf die ganze Schöpfung
 Auf der Basis der Grund - und Menschenrechte
 Mit der Absicht eine gleiche Teilhabe am Leben zu ermöglichen.
 Wagen wir den Blick mit wertschätzende Haltung und dem Wissen,
  dass ein Tropfen Liebe oft mehr ist als ein Meer von Verstand.
 Gerechtigkeit und sozialer Frieden ein Mehrwert darstellt für alle
  Menschen
Über welche Ebene von Geschlecht
        sprechen wir hier ?
1. Das äußere anatomische Geschlecht
2. Das innere anatomische Geschlecht
3. Das chromosomale Geschlecht
4. Das hormonelle Geschlecht
5. Das gonadale Geschlecht
6. Das psychische Geschlecht (eng. gender identity)
7. Das soziale Geschlecht (eng. gender role)
8. Das Hebammengeschlecht
9. Zuweisungsgeschlecht
10. Erziehungsgeschlecht
11. Das Personenstandsgeschlecht
Von welchem Modell der Geschlechterordnung gehen wir in
unserem Denken aus? Was ist hier „Norm“ und „normal“,
was „anders“?
 Binär = dichotom = männliche + weibliche
  Menschen
 Non_ oder a-binär = Mensch ohne beschriebene
  Geschlechtskategorie
 Geschlecht als Kontinuum = zwischen 2 Polen
 Geschlecht als Kontinuum unter der
  geschlechtlichen Differenzierung im Lebensverlauf
Wie entwickelt sich Geschlechtlichkeit
     Zeugenden                                                Gebärenden
     Menschen                                                  Menschen

            X oder Y                                 Immer X
                                                         Diese Prozesse
                                                         unterliegen
                                  Befruchtete            verschiedenen
                                    Eizelle              Einflüssen
                                                         - innere Ursachen
                                                         - äußere Ursachen
                                                         diese führen u.A.auch
                                                         zur
                                                         Intergeschlechtlichkeit

   Bei guten Bedingungen kommt es zu einer Geburt, bei dem ein Menschen mit
               individueller Entwicklung, einzigartigem Potenzial und
                       eigenem Geschlecht zur Welt kommt .
               Unzählige Varianten der Entwicklungsmöglichkeit des
          körperlichen Geschlechts/ der geschlechtlichen Differenzierung
        sind wissenschaftlich nachgewiesen. Viele Geschlechter - ein Recht!
Ungleich ist die Norm
      Jeder Mensch ist „anders als die anderen“.
      Jeder Mensch wird einem Geschlecht geboren: seinem
         eigenen.
        Jeder Mensch entwickelt sich im Lebensverlauf weiter –
         körperlich und in der Selbstwahrnehmung
        Niemand darf diskriminiert werden wegen seines
         Geschlechts.
        Das Verbot der Diskriminierung und die
         Menschenrechte gelten für alle Menschen auf allen
         Ebenen.
        Der Blick auf Teile der Schöpfung ist verstellt. Warum
         beginnen wir nicht heute anders darüber zu sprechen?
Medizin und Gesellschaft lassen zu, dass Menschen wegen ihrer
geschlechtlichen Potenziale als „anders“ wahrgenommen werden

Wie viele intergeschlechtliche Menschen leben in Deutschland ?

• Zahlen ohne ein Mindestmaß an statistischer Sicherheit :
• Schätzungsweise 120.000 – 180.000 intersexuelle Menschen – KIKO 1,7%
• Davon sind ca. 5.000 - 8.000 Menschen bei Geburt mit einem auffälligen äußeren
  Genitale geboren.
• Die Mehrheit wird im Laufe des Lebens als „intersexuell entdeckt“.
• Ca.95 % der Menschen, die an Studien teilgenommen haben wurden /werden
  „behandelt und normalisiert“
• Ca. 84 % dieser Menschen findet sich im weiblichen Personenstand wieder,
  ungeachtet des persönlichen Erlebens.
• Die med. Eingriffe sind zu einen extrem hohen Prozentsatz
  a. nicht med. notwendig + b. erfolgen sie ohne ausreichende Evidenz
• Der Grad der Unzufriedenheit bei den Menschen, die so etwas erlebt haben , ist
  extrem hoch.
Häufige Folgen der “Pathologisierung und
    Behandlung intergeschlechtlicher Körper“
 Lebenslang wirkende irreversible Schäden
 Verlust des Lebensrechts durch Spätabtreibungen
 Verlust der Autonomie
 Abhängig von Hormonen, die die es kein Langzeitstudien gibt.
 Verlust der Sensitivität im Genitalbereich
 Verlust des eigenen Potentials
 Durch die Behandlung wird eine messbare Schädigung im Sinne des SGB
    IX erreicht… Schwerbehindert!
   Schwere Traumatisierungen
   Verlust von „Urvertrauen“, „Bindungsfähigkeit“
   Verlust der eigenen Sexualität und Verlust des Begehrens, Verlust der
    Libido
   Das Verunmöglichen der Teilhabe am Leben
   Durch das Fehlen des Anerkenntnisses der diversen Körper wird ein
    Exklusion befördert.
Wie sieht es heute aus?
Ist der Wandel vollzogen?

     Quelle : Studie U. Köppel 2016
Was kann eine Hebamme tun?
 Seien Sie nicht erschrocken, sondern gratulieren Sie der Mutter/den Eltern zur Geburt ihres
  Kindes
 Denken Sie immer daran: Intergeschlechtlichkeit ist kein Drama, keine Krankheit und auch
  Sie haben Zeit…
 Wenn Sie die Geburtsvorbereitung leiten, denken Sie bitte daran: Auch
  Intergeschlechtlichkeit ist eine Variante menschlichen Lebens
 Auf die Frage „Was ist es denn?“ möchte keine Mutter eine schlechte Nachricht.
 Wenn Sie es nicht genau wissen, dann könnten Sie antworten: Ihr Kind! Sehen Sie selbst!
  Es ist ein besonders Kind! Herzlichen Glückwunsch.
 Sorgen Sie für Ruhe und verschaffen Sie den Eltern Zeit sich kennen zu lernen.
 Wenn Sie unsicher sind, holen Sie sich Hilfe.
 Achten sie darauf, dass keine Krisenstimmung sich breit macht.
 Bieten Sie der Gebärenden Hilfe an.
 Füllen Sie die Geburtsbescheinigung mit den Eltern aus.
 Bieten Sie eine kostenlose „Qualifizierte Peer-to-Peer“ an.
§ 22 PStG – Fehlende Angaben (gültig seit dem 1.1.2019)
(1) 1Kann der Anzeigende die Vornamen des Kindes nicht angeben, so
müssen sie binnen eines Monats mündlich oder schriftlich angezeigt werden.
2Sie werden alsdann bei dem Geburtseintrag beurkundet.

(2) Die Vornamen des Kindes können nachträglich auch bei einem anderen
Standesamt als dem, das die Geburt des Kindes beurkundet hat, angezeigt
werden.
(3) Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht
zugeordnet werden, so kann der Personenstandsfall auch ohne eine solche
Angabe oder mit der Angabe "divers" in das Geburtenregister eingetragen
werden. (1)
Personenstand
   § 45b PStG – Erklärung zur Geschlechtsangabe und Vornamensführung bei Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung
   (1) 1Personen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung können gegenüber dem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem
    Geschlecht in einem deutschen Personenstandseintrag durch eine andere in § 22 Absatz 3 vorgesehene Bezeichnung ersetzt oder
    gestrichen werden soll. 2Liegt kein deutscher Personenstandseintrag vor, können sie gegenüber dem Standesamt erklären, welche
    der in § 22 Absatz 3 vorgesehenen Bezeichnungen für sie maßgeblich ist, oder auf die Angabe einer Geschlechtsbezeichnung
    verzichten, wenn sie
   1.Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind,
   2.als Staatenlose oder heimatlose Ausländer ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben,
   3.als Asylberechtigte oder ausländische Flüchtlinge ihren Wohnsitz im Inland haben oder
   4.als Ausländer, deren Heimatrecht keine vergleichbare Regelung kennt,
   a)ein unbefristetes Aufenthaltsrecht besitzen,
   b)eine verlängerbare Aufenthaltserlaubnis besitzen und sich dauerhaft rechtmäßig im Inland aufhalten oder
   c)eine Blaue Karte EU besitzen.
   3Mit der Erklärung können auch neue Vornamen bestimmt werden. 4Die Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden; sie
    können auch von den Standesbeamten beglaubigt oder beurkundet werden.
   (2) 1Für ein Kind, das geschäftsunfähig oder noch nicht 14 Jahre alt ist, kann nur sein gesetzlicher Vertreter die Erklärung abgeben.
    2Im Übrigen kann ein Kind die Erklärung nur selbst abgeben; es bedarf hierzu der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
    3Stimmt der gesetzliche Vertreter nicht zu, so ersetzt das Familiengericht die Zustimmung, wenn die Änderung der Angabe zum
    Geschlecht oder der Vornamen dem Kindeswohl nicht widerspricht; das Verfahren vor dem Familiengericht ist eine
    Kindschaftssache nach Buch 2 Abschnitt 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der
    freiwilligen Gerichtsbarkeit.
PERSONENSTAND
 (3) Durch Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung ist nachzuweisen, dass eine
  Variante der Geschlechtsentwicklung vorliegt. Dies gilt nicht für Personen, die über
  keine ärztliche Bescheinigung einer erfolgten medizinischen Behandlung verfügen
  und bei denen das Vorliegen der Variante der Geschlechtsentwicklung wegen der
  Behandlung nicht mehr oder nur durch eine unzumutbare Untersuchung
  nachgewiesen werden kann, sofern sie dies an Eides statt versichern.
 (4) Für die Entgegennahme der Erklärung ist das Standesamt zuständig, das das
  Geburtenregister für die betroffene Person führt. Ist die Geburt nicht in einem
  deutschen Geburtenregister beurkundet, so ist das Standesamt zuständig, das das
  Eheregister oder Lebenspartnerschaftsregister der Person führt. Ergibt sich danach
  keine Zuständigkeit, so ist das Standesamt zuständig, in dessen
  Zuständigkeitsbereich die Person ihren Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder ihren
  gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ergibt sich auch danach keine Zuständigkeit, so ist
  das Standesamt I in Berlin zuständig. Das Standesamt I in Berlin führt ein
  Verzeichnis der nach den Sätzen 3 und 4 entgegengenommenen Erklärungen.
Diskussionsrunde/ Ihre Praxiserfahrungen

1. Hat Ihnen etwas gefehlt?

2. Können/ wollen Sie von eigenen Fällen berichten?

3. Möchten Sie ein Thema ansprechen/ darüber diskutieren, was
   eventuell zum Themenbereich Intergeschlechtlichkeit gehört?

28.05.19                      Workshop Intergeschlechtlichkeit   48
Die Inter*-Peer – to – Peer – Beratung berät :
 auf hohem Niveau
 Ergebnisoffen, gem. der AMWF - Behandlungsleitlinie
 Wohnortnah
 In aufsuchender Weise
 Ist für die Ratsuchenden immer kostenlos
 Unabhängig
 Immer mit dem Blick, die Grund- und Menschenrechte zu wahren.
 Die Inter*-Peer-to-Peer-Beratung ist keine medizinische Beratung und
  ersetzt nicht die Aufklärung und Beratung durch die Ärtz_innen, sondern
  unterstützt diese.
 Mehr : www.im-ev.de
 Anfragen per Email an peerberatung@im-ev.de
Unterschied zwischen Selbsthilfeberatung und Qualifizierte
Inter*Peer-to-Peer- Beratung von IMeV
                                                        Qualifizierte Inter* Peer-to-Peer-
Selbsthilfeberatung / Peerberatung                      Beratung von IMeV
   Erfahrungsexperte
                                                      Ehrenamtlichen Erfahrungsexperten
   Erfahrung in der Selbsthilfegruppe
                                                      Erfahrung in der Selbsthilfegruppe
   Beratung erfolgt über einen unbestimmten
                                                      Wissenstransfer an einem Tag
    Zeitraum ( mehrere Termine), häufig in Form
    einer psychosozialen Begleitung                   Beratung an einem „ Wunschort“
   Ehrenamtliche Beratung im Selbsthilfekontext      Berater hat erfolgreich an drei Modulen (
                                                       jeweils 3 Tage ) teilgenommen
                                                      Die Beratung unterliegt festen Regeln
                                                      Berater erhält Nachgespräch
                                                       (Supervision)
                                                      Regelmäßige Fortbildung
                                                      Evaluation
                                                      Gefördert durch das BMFSJ/Projekt
                                                       Demokratie Leben bis 2/2020
Was beinhaltet die Qualifikation
                                    Besonderheit :

                                    Tandemberatung
    Selbstreflektion
    Beratungs-und Fragetechniken
    Biologie                       Jeweils 1 qualifiziertes Elternteil und eine
    Endokrinologie
                                    qualifizierte erwachsene Inter*berater_in beraten
                                    gemeinsam Eltern.
    Chirurgie
                                    Deshalb erfolgt die Qualifikation gemeinsam.
    Geschlechtsstereotype
    Therapieformen / Psychologie
    Leitlinien
    Was Eltern brauchen
    Grund- u. Menschenrechte
    Sozialrecht
    Kenntnisse des
     Regelberatungsstrukturen
    Patientenrecht
    Regeln der Peerberatung
Literaturempfehlungen
   Ulla Fröhlich. Leben zwischen den Geschlechtern – Intersexualität: Erfahrungen in einem Tabu-Bereich. Ch. Links Verlag
    2003
   Claudia Lang. Intersexualität – Menschen zwischen den Geschlechtern. Campus Verlag 2006
   Gerda Schmidtchen/Ivonne Krawinkel.LILA-oder was ist Intersexualität?-Das erste Inter*kinderbuch. IMEV (HG) 2009
   Ursula Rosen. Jill ist anders. Salmo Verlag Lingen. 2015
   Christiane Völling . Ich war Mann und Frau- Mein Leben als Intersexuelle. Fackelträger Verlag 2010
   Clara Morgen. Mein intersexuelles Kind - Bericht einer Mutter – Transitverlag 2013
   Heinz-Jürgen Voß. Geschlecht – wider die Natürlichkeit. Schmetterling-Verlag 2011
   Kathrin Zehnder. Zwitter beim Namen nennen. Transcript – Verlag 2010
   Schneider/Baltes(Hg) – Löhr. Normierte Kinder. Transcript – Verlag 2014
   Ulrike Klöppel.XXOXY ungelöst- Eine historische Studie. Transcript – Verlag 2010
   Conrad Krannich, Geschlecht als Gabe und Aufgabe, Inter*aus theologischer Perspektive, Psychosozial-Verlag 2016
   Suskas Lötzerich. Hexenblut- ein Leben im Comic . Luftschacht Verlag 2014
   Manuela Tillmanns. Intergeschlechtlichkeit-Impulse für die Beratung Psychosozialverlag 2015
   Erika Nussberger, Zwischen Tabu und Skandal. Hermaphroditen von der Antike bis heute. Bröhlau Verlag 2014
   Schweizer/Richter-Appelt(Hg).Intersexualität kontrovers-Grundlagen, Erfahrungen, Positionen. Psychosozialverlag 2012
   Katinka Schweizer/Fabian Vogler (HG) Die Schönheiten des Geschlechts – Intersex im Dialog Campus 2018
   Luzie Loda: Es gibt Lieblingseis – Marta-press 2019
Wichtige Links :
www.im-ev.de
 http://nds.im-v.de/beratung/
 peerberatung@im-ev.de

Wo bekommen Sie Auskunft zum Thema Inter*?
beratung@nds.im-ev.de
gs@nds.im-ev.de
vorstand@im-ev.de
Abschlussrunde
• Wie hat sich meine Sichtweise auf Intergeschlechtlichkeit verändert?
• Was hat mich überrascht? Was hat mich nachdenklich gemacht?
• Was nehme ich von der Veranstaltung mit?
• Welche nächsten Schritte ergeben sich für mich nach dem Workshop?

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Links zum Thema Intergeschlechtlichkeit
Leitlinien AWMF 174
https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/174-001l_S2k_Geschlechtsentwicklung-
Varianten_2016-08_01.pdf
Studien zu OPs
https://www.gender.hu-berlin.de/de/publikationen/gender-bulletins/bulletin-texte/texte-
42/kloeppel-2016_zur-aktualitaet-kosmetischer-genitaloperationen
https://omp.ub.rub.de/index.php/RUB/catalog/download/113/99/604-3?inline=1
Internetseiten
http://www.im-ev.de/
https://oiigermany.org/
https://www.regenbogenportal.de/
https://genderdings.de/koerper/intergeschlechtlichkeit/
https://intersex-kontrovers.blogs.uni-hamburg.de/
http://zwischengeschlecht.org/

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Weiterführende Literatur
• DGU, DGKCH & DGKED (Hrsg.). (2016). AWMF S2k-Leitlinie 174/001. Varianten der Geschlechtsentwicklung.
  Abgerufen von https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/174-001l_S2k_Geschlechtsentwicklung-Varianten_2016-
  08_01.pdf.
• HIRSCHAUER, Stefan (2013): Die Praxis der Geschlechter(in)differenz und ihre Infrastruktur. In: GRAF, Julia u.a. (Hg.):
  Geschlecht zwischen Struktur und Subjekt: Theorie, Praxis, Perspektiven. Opladen u.a.: Budrich, 153-172.
• SCHEUNEMANN, Kim (2018): Expert_innen des Geschlechts? Zum Wissen über Inter* - und Trans* -Themen, 1. Auflage.
  Bielefeld: transcript.
• SCHWEIZER, Katinka, & VOGLER, Fabian (Hrsg.). (2018). Die Schönheiten des Geschlechts: Intersex im Dialog. Frankfurt:
  Campus Verlag.
• TREIBEL, Annette (2006): Geschlecht als soziale Konstruktion. In: TREIBEL, Annette: Einführung in die sozialogischen
  Theorien der Gegenwart, (7. aktualisierte Auflage). Wiesbaden: VS.
• VOß, Heinz-Jürgen. (2015). Making Sex Revisited: Dekonstruktion des Geschlechts aus biologisch-medizinischer
  Perspektive.. Bielefeld: Transcript Verlag. Abgerufen von
  http://www.oapen.org/download?type=document&docid=640457.

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