Internationales Erbrecht Italien

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Internationales Erbrecht Italien
                       Deutsch-italienische Erbfälle

                                    von
                              Dr. Jürgen Reiß

                                  3. Auflage

                  Internationales Erbrecht Italien – Reiß
schnell und portofrei erhältlich bei beck-shop.de DIE FACHBUCHHANDLUNG

                         Thematische Gliederung:
                        Internationales Privatrecht

                     Verlag C.H. Beck München 2014

                         Verlag C.H. Beck im Internet:
                               www.beck.de
                           ISBN 978 3 406 65078 9

        Inhaltsverzeichnis: Internationales Erbrecht Italien – Reiß
beck-shop.de         III. Erbscheinverfahren

 wenn das italienische Erbrecht einen Erbschein nicht kennt und dieser
 auch gemäß Art. 66 IPRG nicht anerkennungsfähig ist da er lediglich
 eine materiell–rechtliche Wirkung hat, so ist der deutsche Erbschein
 dennoch als faktischer Beweis der Erbenstellung in Italien hilfreich.
    Erfolgt die Einreichung der Erbschaftsmeldung (dichiarazione di
 successione) nicht innerhalb von 12 Monaten nach dem Versterben des
 Erblassers A, können der Alleinerbin B Strafgebühren drohen.
    Binnen 30 Tagen nachdem die dichiarazione von der der zuständi-
 gen Steuerbehörde in Rom (Agenzia delle Entrate) genehmigt wurde
 (Rückgang einer Ausfertigung mit entsprechenden Stempeln der
 Agenzia delle Entrate) ist der Antrag auf Eigentumsumschreibung
 (voltura) bei der zuständigen Agenzia del territorio einzureichen, um
 so die Eigentumsumschreibung (voltura) von A nach B zu erlangen.

                       III. Erbscheinverfahren

1. Erbschein
Bei dem Erbschein nach deutschem Recht (§§ 2353ff. BGB) handelt es sich       479
um ein vom Nachlassgericht erteiltes Zeugnis über das Erbrecht und –
wenn der Erbe nur zu einem Teil der Erbschaft berufen ist – über die
Größe seines Erbteils (§ 2353 BGB). Er vermittelt die Erbenstellung nicht
konstitutiv, begründet also keine materielle Rechtskraft. Die materielle
Rechtslage wird von seiner Unrichtigkeit nicht berührt.
   Als öffentliche Urkunde begründet der Erbschein lediglich eine Rechts-     480
vermutung für das Erbrecht und die Höhe des Erbteils.
   Während das deutsche Recht verschiedene Arten von Erbscheinen (z. B.       481
Teilerbschein, Fremdrechtserbschein) kennt, gibt es im italienischen Erb-
recht keinen Erbschein. Die Erbeneigenschaft wird, soweit es sich um Ver-
mögensgegenstände handelt, die der Umschreibung bzw. Eintragung be-
dürfen, nach Maßgabe der Art. 2648, 2660–2662 erbracht. In allen
anderen Fällen durch Vorlage der in öffentlicher oder privater, öffentlich
beglaubigter Urkunde enthaltenen Annahmeerklärung.
   Lediglich in den ehemals österreichischen Gebieten (vor allem Südtirol     482
und Venetien), in denen durch Königliches Dekret vom 4.11.1928 das ehe-
mals österreichische Erbscheinsverfahren aufrechterhalten wurde, wird
auch heute noch das „Erbzertifikat“ („certificato ereditario“), eine dem
deutschen Erbschein ähnliche Urkunde, ausgestellt (Art. 13ff. des Kgl.
Dekrets vom 28.3.1929, siehe hierzu ausführlich unter 3).
   Mit Inkrafttreten der EU-ErbVO ab dem 17.8.2015 wird die das ein-          483
heitliche Europäische Nachlasszeugnis gemäß Artt. 62ff. EU-ErbVO ein-
geführt. Gemäß Art. 63 Abs. 2 lit. a, kann die Rechtsstellung als Erbe oder
                                                                       139
beck-shop.de                B. Besonderer Teil

     Vermächtnisnehmer hierdurch nachgewiesen werden, ohne dass es hierzu
     einer besonderen Anerkennung in einem anderen Mitgliedsstaat bedürfte
     (Art. 69 Abs. 1 EU-ErbVO). Zudem ist das Europäische Nachlasszeugnis
     hinsichtlich seiner Wirkung nicht auf das Gebiet eines Mitgliedsstaates be-
     schränkt, wie dies beim deutschen Erbschein der Fall ist.

484 a) Zuständiges Gericht. International zuständig ist in Fällen mit Aus-
    landsberührung gemäß § 105 FamFG das örtlich zuständige Nachlassge-
    richt, sofern keine vorrangige staatsvertragliche Regelung besteht (siehe
    ab dem 17.8.2015 Artt. 62, 64 EU-ErbVO). Mit dieser gesetzlichen Rege-
    lung im Sinne einer Doppelfunktionalität wurde dem bisherigen unge-
    schriebenen Grundsatz des Gleichlaufs eine Absage erteilt (Palandt-Weid-
    lich § 2353 Rn. 10). Befinden sich Nachlassgegenstände in Deutschland,
    sind die deutschen Nachlassgerichte in Ausnahme zu diesem Grundsatz
    für die Erteilung eines Erbscheins nach § 2369 BGB international zustän-
    dig (sog. gegenständlich beschränkter Erbschein), soweit ein solcher bean-
    tragt wird.
485    Hat beispielsweise ein italienischer Staatsangehöriger zum Zeitpunkt
    seines Todes weder Wohnsitz noch Aufenthalt in Deutschland, sind aber
    im Inland belegene Vermögensgegenstände Teil der Erbschaft, kann für
    diese bei einem deutschen Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheines
    beantragt werden. Unerheblich ist, dass das italienische Recht keinen Erb-
    schein kennt, da der Erbschein dem inländischen Rechtsverkehr dient. Es
    kommt auch nicht darauf an, ob das fremde Erbstatut den deutschen Erb-
    schein anerkennt (Kropholler, Jan, Internationales Privatrecht, 5. Auflage,
    2004, § 51 IV 3b).
486    Bei der internationalen Zuständigkeit ist es unerheblich, ob der Erblas-
    ser zur Zeit des Todes den Wohnsitz oder Aufenthalt im In- oder Ausland
    hatte, solange sich zur Zeit des Verlangens des Erbscheins Nachlassgegen-
    stände im Inland befinden (BGB-RGRK/Kregel, Das Bürgerliche Gesetz-
    buch – Kommentar, Band V, 2. Teil, 1975, § 2369 Rn. 1). Auch ist ohne Be-
    lang, welcher Art die Gegenstände sind. Für Gegenstände, bei denen es
    zweifelhaft sein könnte, ob sie als im Inland befindlich zu erachten sind,
    trifft § 2369 Abs. 2 BGB eine zwingende Regelung. Demnach gilt ein Ge-
    genstand dann als im Inland befindlich, wenn für ihn von einer deutschen
    Behörde ein zur Eintragung des Berechtigten bestimmtes Buch oder Re-
    gister geführt wird. Ein Anspruch gilt als im Inland befindlich, wenn ein
    deutsches Gericht für die Klage zuständig ist.
487    Die sich aus § 2369 BGB ergebende internationale Zuständigkeit der
    Nachlassgerichte erstreckt sich auf alle Maßnahmen, die mit der Erteilung
    des beantragten Erbscheins in engem Zusammenhang stehen, wie Eröff-
    nung einer Verfügung von Todes wegen, Entgegennahme einer Annahme-
    oder Ausschlagungserklärung oder die Entziehung des Erbscheins (Kro-
    pholler, § 51 IV 3b). Deutsche Nachlassgerichte sind international zustän-
     140
beck-shop.de         III. Erbscheinverfahren

dig für die Entgegennahme von Erbausschlagungen nach italienischem
Recht, wenn der Erblasser seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik hatte,
und eine Verneinung der internationalen Zuständigkeit des deutschen
Nachlassgerichtes mangels der Zuständigkeit italienischer Gerichte zu
einer Verweigerung des Rechtsschutzes führen würde (LG Hagen FamRZ
1997, 645; so auch BayObLGZ 65, 425). Der Erklärung der Erbausschla-
gung vor einem deutschen Gericht steht auch nicht entgegen, dass diese
nach italienischem Recht in ein dem deutschen Recht unbekanntes Nach-
lassregister einzutragen ist. Diese Eintragung hat keinen konstitutiven
Charakter, so dass die Entgegennahme einer derartigen Erklärung durch
ein deutsches Nachlassgericht für dieses keine wesensfremde Tätigkeit
darstellt.

 Beispiel: Ein italienischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Köln
 stirbt dort. Erbstatut ist italienisches Recht. Die Ehefrau und die Toch-
 ter erklären vor einem deutschen Notar in Köln die Ausschlagung der
 Erbschaft.
    Gem. Art. 519 muss die Ausschlagung gegenüber einem Notar oder
 Urkundsbeamten am Amtsgericht des Bezirks, in dem die Erbfolge er-
 öffnet wurde, erklärt werden und in das Nachlassregister eingetragen
 werden. Eröffnet wird die Erbfolge im Zeitpunkt des Todes des Erb-
 lassers an dessen letzten Wohnsitz. Da dieser seinen Wohnsitz in Köln
 hatte und hier auch gestorben ist, musste die Ausschlagungserklärung
 vor einem Notar in Köln erfolgen. Die italienischen Stellen sind hier
 nicht zuständig.
    Das deutsche Amtsgericht ist somit hier als Nachlassgericht interna-
 tional für die Annahme der Erbausschlagungserklärung zuständig.

Sachlich zuständig für die Durchführung des Nachlassverfahrens und da- 488
mit für die Erteilung des Erbscheins für den in Deutschland befindlichen
Nachlass sind die Amtsgerichte, da das Erbscheinsverfahren als Nachlass-
sache in dessen sachliche Zuständigkeit fällt (§ 23 Abs. 2 Nr. 2 GVG, Pa-
landt-Weidlich, § 2353 Rn. 8). Den Erbschein erteilt bei gesetzlicher Erb-
folge der Rechtspfleger, bei testamentarischer Erbfolge der Richter.
Letzterer ist ausschließlich zuständig, wenn es sich um die Erteilung eines
gegenständlich beschränkten Erbscheins nach § 2369 BGB handelt (§ 16
Abs. 1 Nr. 6 RPflG). Erteilt der nach § 16 RPflG nicht zuständige Rechts-
pfleger einen Erbschein, ist dieser zwar als wirksam anzusehen, wegen
Verstoßes gegen die gesetzliche Verteilung der Rechtspflegerfunktionen
jedoch einzuziehen (Firsching/Graf, Nachlassrecht, 8. Auflage 2000,
Rn. 4 150)
   Eine Besonderheit hinsichtlich der sachlichen Zuständigkeit gilt in Ba- 489
den-Württemberg. Hier erfüllen die Notariate gem. Art. 147 EGBGB in
                                                                        141
beck-shop.de                B. Besonderer Teil

    Verbindung mit §§ 1, 38 LFGG die Aufgaben der Nachlassgerichte, selbst
    wenn der Erbfolge eine durch den amtierenden Notar beurkundete Verfü-
    gung von Todes wegen zugrunde liegt. Er gilt in diesem Fall nicht als be-
    fangen im Sinne des § 5 Abs. 1 LFGG, 42 ZPO (Münchner Kommentar
    zum BGB, Band 9, Erbrecht, 5. Auflage 2010, J. Mayer, § 2353 Rn. 46).
490    Örtlich zuständig für die Erteilung eines Erbscheins ist das Nachlassge-
    richt am letzten Wohnsitz (§§ 7ff. BGB), hilfsweise am letzten Aufent-
    haltsort (nicht erforderlich ist ein gewöhnlicher Aufenthalt, ein nur vorü-
    bergehender Aufenthalt genügt) des Erblassers, § 343 Abs. 1 FamFG. Ist
    der Erblasser Deutscher und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inland weder
    Wohnsitz noch Aufenthalt ist das Amtsgericht Berlin–Schöneberg zustän-
    dig, das die Sache aus wichtigen Gründen bindend an ein anderes Gericht
    abgeben kann. Ist der Erblasser Ausländer und hatte er zur Zeit des
    Erbfalls im Inland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist jedes Gericht,
    in dessen Bezirk sich Nachlassgegenstände befinden, in Ansehung aller
    im Inland befindlichen Nachlassgegenstände zuständig (§ 343 Abs. 3
    FamFG). Besondere örtliche Zuständigkeiten, etwa bei öffentlichen Testa-
    menten in amtlicher Verwahrung, ergeben sich aus § 344 FamFG.
491    Sind Nachlassgegenstände im Bezirk mehrerer Amtsgerichte vorhan-
    den, ist das Amtsgericht örtlich zuständig, das zuerst in dieser Sache tätig
    geworden ist (§ 2 FamFG).

492 b) Antrag. Bei der Durchführung des Nachlass- und Erbscheinverfahrens
    hinsichtlich des inländischen Nachlasses eines italienischen (oder anderen
    ausländischen) Staatsangehörigen wendet das Nachlassgericht deutsches
    Verfahrensrecht an, selbst wenn italienisches (oder anderes fremdes) materi-
    elles Recht Erbstatut ist. Der Erbschein ist nur zu erteilen, wenn das Nach-
    lassgericht die zur Begründung des Antrags erforderlichen Tatsachen für
    festgestellt erachtet (§ 2359 BGB). Dabei hat das Nachlassgericht gem.
    § 2358 BGB und § 26 FamFG von Amts wegen die erforderlichen Ermitt-
    lungen zu betreiben. Es hat unter anderem letztwillige Verfügungen, die Be-
    stimmungen über die inländische Vermögensmasse enthalten, und die nach
    § 2259 BGB bei dem Nachlassgericht abzuliefern sind, zu eröffnen (§§ 348ff
    FamFG). Grundsätzlich ist das Originaltestament zu eröffnen; kann dieses
    nicht vorgelegt werden, genügt die Eröffnung einer beglaubigten Abschrift.
493    Wurde das Testament bereits durch die zuständige Behörde in Italien er-
    öffnet, kann von einer erneuten Eröffnung durch das Nachlassgericht ab-
    gesehen werden (Staudinger/Herzog, J. von Staudingers Kommentar zum
    Bürgerlichen Gesetzbuch, 5. Buch Erbrecht 2010, § 2369 Rn. 54). Nach
    italienischem Recht müssen privatschriftliche Testamente bei einem Notar
    abgeliefert werden und sind von diesem zu eröffnen (Art. 620, 621 CC);
    die Nichtablieferung ist unter Strafe gestellt (Art. 490, 491 Codice Penale).
494    Ein Erbschein als Zeugnis über das Erbrecht wird nach § 2353 BGB nur
    auf Antrag erteilt.
     142
beck-shop.de        III. Erbscheinverfahren

   Antragsberechtigt sind neben dem Erben (nach Anfall der Erbschaft), 495
der Rechtsnachfolger des Erben (Erbeserbe), der Testamentsvollstrecker
und der Nachlaßverwalter, sowie Nachlass- und Erbengläubiger unter
Vorlage eines Titels (§§ 896, 792 ZPO). Bei Einsetzung eines Nacherben
ist dieser hierzu nur nach dem Eintritt des Nacherbfalles antragsberech-
tigt, davor ist dies nur der Vorerbe. Sind mehrere Erben vorhanden, kann
der Antrag von jedem der Erben gestellt werden (§ 2357 Abs. 1 BGB). Die
Antragsberechtigung des Erben folgt aus der schlüssigen Behauptung sei-
ner Rechtsstellung, während bei den übrigen Antragsberechtigten die Zu-
lässigkeit des Antrages vom wirklichen Bestehen ihrer Rechtstellung ab-
hängt (MüKo/J. Mayer § 2353 Rn. 76).
   Gestellt werden kann der Antrag auch von dem gesetzlichen Vertreter 496
der Antragsberechtigten. Eine persönliche Antragstellung ist nicht Vor-
aussetzung, sie kann auch durch einen Bevollmächtigten erfolgen. Die
Vollmacht hierzu bedarf keiner Form. Der Antrag muss folgendes enthal-
ten (§§ 2354, 2355, 2357 BGB):
– vollständige Angaben zur Person des Erblassers (einschließlich Staats-
   angehörigkeit und letzten Wohnsitz oder Aufenthalt),
– die Zeit des Todes des Erblassers,
– das Verhältnis, auf dem das Erbrecht des Antragstellers beruht,
– bei gewillkürter Erbfolge die Verfügung, auf der sein Erbrecht beruht,
– ob und welche sonstigen Verfügungen des Erblassers von Todes wegen
   vorhanden sind,
– ob und welche Personen vorhanden sind oder vorhanden waren, durch
   die der Antragsteller von der Erbfolge ausgeschlossen oder sein Erbteil
   gemindert werden würde,
– ob ein Rechtsstreit über sein Erbrecht anhängig ist,
– wenn eine Person weggefallen ist, durch die der Antragsteller von der
   Erbfolge ausgeschlossen oder sein Erbteil gemindert werden würde,
   Angaben darüber, in welcher Weise die Person weggefallen ist.

Die Erfüllung dieser Pflichten des Antragstellers ist lediglich Vorausset- 497
zung für die Erteilung des Erbscheins, sie berühren dessen Bestand nicht.
   Das Nachlassgericht ist an den Antrag gebunden. Es darf in seiner Ent- 498
scheidung hiervon inhaltlich nicht abweichen und darf dem Antrag auch
nicht nur teilweise stattgeben. Im Antrag ist daher konkret anzugeben, ob
ein Teilerbschein oder ein gemeinschaftlicher Erbschein erteilt werden soll,
ob die übrigen Miterben die Erbschaft angenommen haben (§ 2357 Abs. 3
BGB), ob der Erbanfall auf Grund Gesetzes oder letztwilliger Verfügung
erfolgte (Berufungsgrund), sowie die Erbquoten und die Erben, ein-
schließlich ihrer Verfügungsbeschränkungen durch Anordnung von
Nacherbfolge (auch der Ersatznacherbfolge) oder Testamentsvollstre-
ckung, nicht aber die das Erbrecht als solches nicht berührenden Beschwe-
rungen wie Vermächtnisse, Erbersatzansprüche, Pflichtteilsansprüche
                                                                     143
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    nach deutschem Recht, Auflagen. Für die Verfügungsbeschränkungen
    kommt es nicht auf die Rechtslage beim Erbfall, sondern auf diejenigen im
    Zeitpunkt der Erbscheinserteilung an (MüKo/J. Mayer § 2353 Rn. 39,
    § 2363 Rn. 19ff; BayObLG Rechtspfleger 1974, 354).
499    War der Erblasser verwitwet, sind auch Name, Sterbedatum und letzter
    Wohnsitz des (oder gegebenenfalls der) Ehegatten mit anzugeben, um dem
    Nachlassgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob nach dem Tode eines vor-
    verstorbenen Ehegatten ein Nachlassverfahren bei einem deutschen Nach-
    lassgericht durchgeführt worden ist und ein gemeinschaftliches Testament
    oder Erbvertrag vorliegt, in dem Verfügungen auch für den zweiten Sterbe-
    fall getroffen worden sind. Zwar erlaubt das italienische Erbrecht derartige
    gemeinschaftliche Verfügungen nicht, die Eheleute könnten aber darin eine
    wirksame Rechtswahl nach Art. 25 Abs. 2 EGBGB oder Art. 46 Abs. 2
    IPRG getroffen haben, die für die Entscheidung relevant sein könnte.
    Grundsätzlich sind die Verwandtschaftsverhältnisse des Erblassers inso-
    weit anzugeben, als dies zur Ermittlung der gesetzlichen Erbfolge erforder-
    lich ist. Die Angabe hat auch bei testamentarischer Erbfolge zu erfolgen, da
    die von der Erbfolge ausgeschlossenen gesetzlichen Erben vor der Erb-
    scheinserteilung gem. § 2360 BGB, Art. 103 GG anzuhören sind. Bei ge-
    setzlicher Erbfolge ist der Güterstand (gesetzlicher oder vertraglicher)
    auch anzugeben, soweit der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes verheiratet
    gewesen ist. Das Güterrechtsstatut hat das Nachlassgericht von Amts
    wegen zu ermitteln. Eine bestimmte Form für den Antrag auf Erteilung
    eines Erbscheins ist nicht vorgeschrieben. Um die Richtigkeit seiner Anga-
    ben zu belegen, hat der Antragsteller dem Antrag öffentliche Urkunden
    beizufügen (§ 2356 Abs. 1 S. 1 BGB), die Angaben enthalten müssen über:
    – über die Zeit des Todes des Erblassers,
    – über das Verhältnis, auf dem das Erbrecht des Antragstellers beruht,
    – über den Wegfall einer Person, durch die der Antragsteller von der Erb-
       folge ausgeschlossen oder sein Erbteil gemindert worden wäre.

500 Sind die Urkunden nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkei-
    ten zu beschaffen, so genügt die Angabe anderer Beweismittel (§ 2356
    Abs. 1 S. 2 BGB). Ausländische öffentliche Urkunden stehen inländischen
    öffentlichen Urkunden gleich, wenn sie die Begriffsmerkmale des § 415
    ZPO erfüllen. Welche Behörden öffentlich sind und wer zu den Urkunds-
    personen gehört, entscheidet das Recht des Staates, dessen Behörde oder
    Urkundsperson die Urkunde aufgenommen hat. Italienische Urkunden
    bedürfen für den Nachweis ihrer Echtheit vor deutschen öffentlichen Stel-
    len weder der Legalisation, noch müssen sie mit einer Apostille versehen
    werden. Es gilt vielmehr die Echtheitsvermutung des § 437 ZPO.
501    In Ansehung aller übrigen nach § 2354 und 2355 BGB erforderlichen
    Angaben und für den Nachweis, dass der Erblasser zur Zeit seines Todes
    im Güterstand der Zugewinngemeinschaft (nach deutschem oder italieni-
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beck-shop.de         III. Erbscheinverfahren

schem Recht) gelebt hat, hat der Antragsteller eine eidesstattliche Versiche-
rung zu erbringen, wonach ihm nichts bekannt sei, was der Richtigkeit sei-
ner Angaben entgegensteht. Erachtet das Nachlassgericht eine solche nicht
für erforderlich, kann es sie erlassen (§ 2356 Abs. 2 BGB).
  Bei gesetzlicher Erbfolge ist an Eides statt zu versichern, dass            502
– der Erblasser, sofern er im Zeitpunkt seines Todes verheiratet war, im
  gesetzlichen Güterstand (nach deutschem oder ausländischem Recht)
  lebte,
– keine Personen, außer den erwähnten, vorhanden sind oder waren,
  durch die das Erbrecht ausgeschlossen oder gemindert werden würde,
– keine (oder gegebenenfalls keine weiteren als die angegebenen) letztwil-
  ligen Verfügungen vorhanden sind sowie
– kein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist.

Bei testamentarischer Erbfolge ist dagegen nur eidesstattlich zu versichern, 503
dass
– keine weiteren letztwilligen Verfügungen als die angegebenen vorhan-
  den sind und
– kein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist.

Die eidesstattliche Versicherung muss grundsätzlich von allen Erben per- 504
sönlich oder von deren gesetzlichen Vertretern, nicht jedoch einem gewill-
kürten Vertreter abgegeben werden, sofern nicht das Nachlassgericht die
Versicherung eines oder einiger von ihnen für ausreichend erachtet
(§ 2357 Abs. 4 BGB). Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung kann
vor jedem Amtsgericht, jedem deutschen Notar oder bei einer deutschen
diplomatischen Auslandsvertretung vor einer dazu gem. §§ 19, 12 Nr. 2
Konsulargesetz ermächtigten Person erfolgen.

c) Inhalt des Erbscheins. Ein Erbschein wird vom Nachlassgericht nur 505
erlassen, wenn er statthaft, zulässig und begründet ist. Die Entscheidung
des Gerichts ergeht in einem Beschluss, in dem die Erteilung des Erb-
scheins angeordnet bzw. der Erbschein bewilligt wird. Der Erbschein
selbst enthält in der Regel keine Begründung. Die ablehnende Entschei-
dung ist aber stets zu begründen. Erteilt ist der Erbschein erst durch Aus-
händigung einer Urschrift oder Ausfertigung an den oder die Antragsteller
oder einen von ihm bzw. ihnen bestimmten Dritten.
   Der Inhalt des Fremdrechtserbscheines entspricht dem des normalen 506
Erbscheins, da er diesem bis auf seinen beschränkten Wirkungsbereich
entspricht und die diesbezüglichen Schutzwirkungen auslöst. Er hat zu
enthalten:
– die Bezeichnung des Erblassers,
– die Angabe seiner Todeszeit,
                                                                        145
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     – die Bezeichnung des Erben oder beim gemeinschaftlichen Erbschein die
       Bezeichnung der Erben,
     – beim Teilerbschein die Angabe des Erbteils, beim gemeinschaftlichen
       Erbschein die Angabe der Erbteile,
     – das Bestehen oder Nichtbestehen einer Beschränkung des Erben durch
       die Anordnung einer Testamentsvollstreckung oder Nacherbschaft,
       auch die nach ausländischem (hier italienischem) Erbstatut (§§ 2363,
       2364 BGB). Voraussetzung ist, dass es sich um eine Testamentsvollstre-
       ckung handelt, die in vergleichbarer Weise auch in einen Eigenrecht-
       serbschein aufzunehmen wäre (MüKo/J. Mayer § 2353 Rn. 35, 2369
       Rn. 42ff.) und dass sich die Befugnisse des Testamentsvollstreckers auf
       den im Inland belegenen Nachlass erstrecken (BayObLG IPRax 1982,
       111; a. A. Firsching/Graf Rn. 2 122). Zu vermerken ist nur die Tatsache
       der Anordnung einer Testamentsvollstreckung, nicht jedoch die Person
       des Testamentsvollstreckers und seine Befugnisse; diese ergeben sich aus
       dem Testamentsvollstreckerzeugnis.
     – die Beschränkung auf die im Inland befindlichen Nachlassgegenstände
       (territoriale Beschränkung),
     – ein Vermerk über das angewendete ausländische Recht, damit aus ihm
       nicht auf eine dem deutschen Recht entsprechende Verfügungsmacht
       des Erben geschlossen wird. Ein derartiger Vermerk ist auch dann im
       Erbschein mit aufzunehmen, wenn eine Angabe über das anzuwen-
       dende ausländische Recht im Erbscheinsantrag fehlt. Das Nachlassge-
       richt hat das anzuwendende Recht von Amts wegen zu ermitteln (u. a.
       BayObLGZ 61, 4, 21ff.).

507 Fehlen diese Angaben, ist der Erbschein unrichtig und muss nach § 2361
    Abs. 1 S. 1 BGB eingezogen werden. Angaben, die nicht zum gesetzlichen
    Inhalt eines Erbscheins gehören, sind in den Erbschein nicht aufzunehmen.
508    Der Berufungsgrund und bei gesetzlicher Erbfolge das Verwandt-
    schaftsverhältnis sind beim Fremdrechtserbschein mit aufzunehmen (Fir-
    sching/Graf Rn. 2 100;; a. A. MüKo/J. Mayer, § 2369 Rn. 25, der eine An-
    gabe nicht für zwingend erforderlich hält). Eine Ausnahme macht
    Firsching/Graf, Rn. 4 274 beim Eigenrechtserbschein für den Fall, dass ein
    Erbe aus verschiedenen Gründen berufen ist (§§ 1951, 2088 BGB). Danach
    sind diese Gründe und die unterschiedlichen Erbteile anzuführen.
509    In einem Erbschein nicht aufzuführen sind insbesondere Vermächt-
    nisse, da es sich hierbei lediglich um schuldrechtliche Ansprüche der Ver-
    mächtnisnehmer gegenüber den Erben handelt (Damnationslegat). Die
    Vermächtnisse nach italienischem Recht haben im Gegensatz zu den Ver-
    mächtnissen nach deutschem Recht eine dingliche Wirkung (Vindikations-
    legat). Der Vermächtnisnehmer erlangt nach italienischem Erbstatut
    unmittelbar Eigentum an dem vermachten Gegenstand. Ein solches Vindi-
    kationslegat an einem in Deutschland befindlichen Gegenstand ist durch
     146
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