IST DIE DUALE AUSBILDUNG NACH DER "CORONA-KRISE" - Regionalverband Ruhr

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IST DIE DUALE AUSBILDUNG
     NACH DER „CORONA-KRISE“
     		      NOCH ZUKUNFTSFÄHIG?

ZOOM-KONFERENZ
22. JUNI 2021, 14 – 16 UHR
INHALT – PROGRAMMPUNKTE

                            Eröffnung		                                                                                  3

                            	Dr. Frank Dudda, Vorsitzender der Verbandsversammlung des
                               Regionalverbands Ruhr und Oberbürgermeister der Stadt Herne

                            Impuls: Betriebliche Ausbildung in Zeiten von Corona                                         5

                            	
                             Prof. Bernd Fitzenberger, PhD, Direktor des IAB, Institut für Arbeitsmarkt-
                             und Berufsforschung

                             rfahrungen und Perspektiven:
                            E
                            Was braucht es für eine zukunftsfähige duale Ausbildung?                                     9

                            	
                             Dr. Ulrich Irle, Geschäftsführung HUEHOCO GROUP Holding GmbH & Co. KG
                             und Vorstandsmitglied des Kompetenznetzwerks für Oberflächentechnik e. V.,
                             Hattingen
                                           Dr. Stefan Sandbrink, Geschäftsführung ASB NRW e.V. und Vorstandsmitglied
                                           des Paritätischen NRW
                                           Olesja Mouelhi-Ort, Geschäftsführung Handwerkskammer Dortmund
                                           Barbara Molitor, MAGS, Gruppe II A Berufliche Bildung, Fachkräftesicherung,
                                           Digitalisierung der Arbeitswelt
                                           Alessandro Fenu, Industriekaufmann in Ausbildung, thyssenkrupp Dortmund
                            	Carsten Taudt, Fachbereichsleiter Bildung und Fachkräftesicherung, IHK Nord
                              Westfalen
                                           Mark Rosendahl, Geschäftsführer des DGB in der Emscher-Lippe-Region

                            Ausblick		                                                                                   16
                                     Karola Geiß-Netthöfel, Regionaldirektorin des Regionalverbands Ruhr

                            Moderation
                                           Jeanette Kuhn

SOZIALKONFERENZ RUHR Ist die duale Ausbildung nach der „Corona-Krise“ noch zukunftsfähig?                                2
ERÖFFNUNG

                            Dr. Frank Dudda, Vorsitzender der Verbandsversammlung des Regionalverbands Ruhr
                            und Oberbürgermeister der Stadt Herne

                            Welche Veränderungen hat die duale Ausbil-              könnten wir tatsächlich einen unserer wich-
                            dung durch die Corona-Pandemie erfahren?                tigsten Vorteile, mit denen wir im interkom-
                            Wie war es im vergangenen Jahr, wie wird es             munalen und interregionalen Vergleich
                            im anstehenden Ausbildungsjahr sein? Und                punkten, verloren geben“. Die Sicherung von
                            wie kommen Bewerber*innen mit den Unter-                Fachkräften sei „einer der großen Pluspunkte“
                            nehmen zusammen? Fragen wie diese stan-                 der Metropole Ruhr, um einerseits den Ausbil-
                            den im Zentrum der dritten Sozialkonferenz              dungspakt, andererseits aber auch den „Auf-
                            Ruhr, die – in digitaler Version – unmittelbar          holprozess Ruhr“ erfolgreich zu gestalten.
                            an zwei bundesweite Aktionen zum Thema                  „Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass die
                            Ausbildung anknüpfte: an die Aktionswoche               duale Ausbildung auch in diesem Jahr noch
                            „Ausbildung jetzt!” und den „Sommer der                 funktioniert.“
                            Berufsausbildung“. Ein deutlicher Hinweis auf

Dr. Frank Dudda 				     APPELL AN ALLE AKTEUR*INNEN:
		 DIE „KRÄFTE ZU BÜNDELN, ALLES DAS, WAS WIR
                IN DEN AUSBILDUNGSPAKTEN VOR ORT HABEN,
			                  NOCH EINMAL IN DIE WAAGSCHALE ZU WERFEN,
				                     UND NICHT NACHZULASSEN.“

                            die Signifikanz des Themas. Eines „Existenz-            Dieser Sommer sei eine „Bewährungsprobe“,
                            themas“, wie Dr. Frank Dudda, Vorsitzender              sei entscheidend, wenn man den „Export-
                            der Verbandsversammlung des Regionalver-                schlager“ duale Ausbildung nicht verspielen
                            bands Ruhr und Oberbürgermeister der Stadt              wolle. Denn die Lage sei „äußerst kritisch“;
                            Herne, in seiner Begrüßung betonte. Diese war           angesichts sinkender Ausbildungsplatzan-
                            insgesamt vor allem ein eindringlicher Appell           gebote und Problemen im Matching sei Fle-
                            an alle Akteur*innen, die „Kräfte zu bündeln,           xibilität gefragt. „Wir werden wahrscheinlich
                            alles das, was wir in den Ausbildungspakten             diesmal mit einem normalen Ausbildungsjahr
                            vor Ort haben, noch einmal in die Waagschale            nicht über die Runden kommen.“ Schon jetzt
                            zu werfen, und nicht nachzulassen“. Denn:               müsse man sich fragen, „wie weit wir eigent-
                            „Ich glaube, nach der Pandemie werden wir               lich das Ausbildungsjahr ins Jahr hineinziehen
                            soziale Brüche sehen, wie wir sie noch nicht            müssen, um wirklich möglichst vielen jungen
                            erlebt haben.“                                          Auszubildenden noch Chancen zu geben und
                                                                                    möglichst vielen Betrieben noch die Sorge zu
                            Er sei sehr froh über die diesjährige Themen-           nehmen, sie schafften das wegen der Pande-
                            wahl der Sozialkonferenz Ruhr. Froh, „dass wir          mie nicht. Wir müssen das schaffen, ansonsten
                            gleich den Finger in die Wunde gelegt haben,            haben wir alle noch ein viel größeres Problem.
                            indem wir fragen, ob die duale Berufsausbil-            Und deshalb ist das Winken mit Ausbildungs-
                            dung nach der Corona-Krise noch zukunfts-               prämien richtig. Aber vor allem müssen wir
                            fähig ist. Denn das muss sie sein, ansonsten            Hilfestellungen geben“.

SOZIALKONFERENZ RUHR Ist die duale Ausbildung nach der „Corona-Krise“ noch zukunftsfähig?                                       3
Dr. Frank Dudda 			 „WIR MÜSSEN ALLES DAFÜR TUN,
				                     DASS DIE DUALE AUSBILDUNG AUCH
			                 IN DIESEM JAHR NOCH FUNKTIONIERT.“

                            Es gelte, das Problem sehr ernst zu nehmen,
                            auch wenn es derzeit kein „Medienhype-
                                                                                      AKTIONSWOCHE
                            Thema“ sei: „Hier geht es um Themen, die
                                                                                      „AUSBILDUNG JETZT!”
                            die Menschen angehen – die Eltern, die Sor-               Unter dem Motto „Ausbildung jetzt!” hat der
                            gen haben, dass ihre Kinder überhaupt einen               Ausbildungskonsens NRW vom 21. bis 25. Juni
                            Einstieg finden; die Jugendlichen, die Sorgen             2021 eine Aktionswoche ausgerufen. Deren Ziel:
                            haben vor der Zukunft in einem Ausmaß, in                 auf die vielfältigen Möglichkeiten der Berufs-
                                                                                      ausbildung und deren Chancen aufmerksam zu
                            dem sie es bisher nicht gekannt haben. Und
                                                                                      machen.
                            von daher müssen wir 40.000 Menschen in
                                                                                      www.mags.nrw/ausbildungjetzt
                            der Metropole Ruhr diese Chance jedes Jahr
                            geben.“ Gefragt seien mehr Ausbildungs-                   „SOMMER DER BERUFSAUSBILDUNG“
                            plätze, eine niederschwellige Vermittlung und             Im „Sommer der Berufsausbildung“ wirbt die
                            eine einheitliche Beratung, „ein Coaching für             Allianz für Aus- und Weiterbildung von Juni bis
                                                                                      Oktober 2021 bei jungen Menschen und Betrieben
                            Jugendliche und nicht ein Programmdschun-
                                                                                      für die duale Ausbildung – und das auf Bundes-,
                            gel“. Dies sei mit Blick auf die Zukunft der
                                                                                      Landes- und regionaler Ebene. Auf diese Weise
                            Region und auch die Ziele der Verbandsver-                sollen möglichst viele Jugendliche 2021 eine
                            sammlung für die Metropole Ruhr – „grünste                betriebliche Berufsausbildung antreten können.
                            Industrieregion der Welt, Hotspot der Kreati-             www.aus-und-weiterbildungsallianz.de
                            ven, Innovationsschmiede Ruhr‘“ – unerläss-
                            lich. „Dazu brauchen wir die jungen Leute,
                            und dafür gibt es viele spannende berufliche
                            Ausbildungen.“

                            Anders gesagt: „Wir haben hier ein wichtiges
                            Thema aufgemacht, bei dem wir aus meiner
                            Sicht pandemisch ziemlich beeinträchtigt
                            sind und vielleicht sogar ein bisschen mit dem
                            Rücken an der Wand stehen. Aber das soll uns
                            nicht aufhalten. Wir wollen ja gerade zeigen,
                            dass wir wieder da sind, und dass wir Wege
                            finden, auch aus dieser Lage das Beste zu
                            machen.“

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IMPULS:
             BETRIEBLICHE AUSBILDUNG
             IN ZEITEN VON CORONA

                                             Prof. Bernd Fitzenberger, Direktor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

                                             Immer weniger junge Menschen bewerben                                    Die Problemlage ist alles andere als eindimen-
                                             sich um einen Ausbildungsplatz. Gleich-                                  sional. Zwar hat die Corona-Pandemie einen
                                             zeitig scheuen viele Unternehmen vor dem                                 durchaus positiven Trend auf dem deutschen
                                             Hintergrund der Corona-Krise die Bereit-                                 Ausbildungsmarkt ausgebremst. Dieser hatte
                                             stellung von Ausbildungsplätzen, aber auch                               sich in den vergangenen Jahren jedoch ohne-
                                             die Übernahme von Nachwuchskräften. In                                   hin zu einem „Bewerbermarkt“ entwickelt,
                                             seinem Impuls-Vortrag forderte Prof. Bernd                               auf dem das Ausbildungsplatzangebot deut-
                                             Fitzenberger dringend innovative Berufs-                                 lich das Interesse der Jugendlichen an dualer
                                             orientierungsangebote, mehr Flexibilität bei                             Ausbildung übersteigt.
                                             der Vermittlung sowie Veränderungen in
                                             den bestehenden Angebotsstrukturen, um                Fitzenberger: „Deutschlandweit hatten wir
                                             gezielt den regionalen Mismatch anzugehen.            uns bei den gemeldeten Berufsausbildungs-
                                             Dem bundesweiten Förderprogramm „Aus-                 stellen tatsächlich eingependelt; von 2016
                                             bildungsplätze sichern“ und der damit ver-            bis 2019 gab es sogar eine durchaus erfreu-
                                             bundenen Ausbildungsprämie bescheinigte               liche Entwicklung: Betriebe wollten wieder
                                             der Experte indes bislang kaum Lenkungs-              etwas stärker als zu Beginn der 2010er-Jahre
                                             wirkung.                                              ausbilden.“ Die Gründe: eine gute Konjunk-
                                                                                                   tur und der drohende Fachkräfte-Engpass.
                                                                                                   „Der begrenzende Faktor im Ausbildungs-
             CORONA LÄSST STELLEN-                                                                 markt war in dieser Zeit die Ausbildungs-
RONA LÄSST STELLEN- UND VOR ALLEM
             UND VOR ALLEM BEWERBER­                                                               neigung bzw. die Ausbildungswilligkeit der
WERBERMELDUNGEN WEITER DEUTLICH ZURÜCKGEHENJugendlichen, so dass es zwischen 2016 und
             MELDUNGEN WEITER DEUTLICH                                                             2019 dann keinen Aufwuchs bei den abge-
             ZURÜCKGEHEN
 ldete Bewerber(-innen) und gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen, Jeweils
                                                                                                   schlossenen Ausbildungsverträgen gab.“
                                                                                                   Mehr Angebot also als Nachfrage. Für 2020
ber bis Mai und Vorjahresvergleich, Deutschland
                                                                                                   registrierte das IAB dann bundesweit einen
                                                               508.900                             „starken Einbruch“ mit einem „Rückgang des
                                                                             462.600
              438.900                                                                      447.900 Ausbildungsplatzangebotes in einer Größen-
                           400.000
                                       366.700                                                     ordnung von acht Prozent“ am Jahresende.
                                                                                                   „Das überraschende Ergebnis war allerdings,
                                                                                                   dass sogar die Zahl der unbesetzten Aus-
                           -8,9%       -8,3%                                  -9,1%        -3,2%
                                                                                                   bildungsplatzstellen anstieg, obwohl das
                                                                                                   Angebot zurückgegangen ist, was darauf
                                                                                                   hindeutet, dass in der Covid-19-Krise die Aus-
                                                                                                   bildungsneigung der Jugendlichen noch stär-
                 Bewerberinnen und Bewerber                      betriebliche Ausbildungsstellen   ker eingebrochen ist.“ Kurz gesagt: Weniger
                                         2018/2019 2019/2020 2020/2021                             Angebot - aber noch weniger Nachfrage.
                                                                                           Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit
             Gemeldete Bewerber(-innen) und gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen,
             jeweils Oktober bis Mai und Vorjahresvergleich, Deutschland Der Ausbildungsmarkt während der Corona-Krise          // Seite 5

                                                              Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit

             SOZIALKONFERENZ RUHR Ist die duale Ausbildung nach der „Corona-Krise“ noch zukunftsfähig?                                                            5
Ein deutschlandweiter Trend, der sich letzt-                                                    Arbeit 8,9 Prozent weniger Bewerber*innen
                                       lich auch in NRW findet: Zwar lässt sich hier                                                   gemeldet und im Mai 2021 noch einmal 8,3
                                       2016 noch nicht von einem „Bewerbermarkt“                                                       Prozent weniger als im Vorjahr.“ In NRW sank
                                       sprechen – damals suchten hier deutlich                                                         die Zahl der Interessent*innen von Oktober
                                       mehr junge Menschen einen Ausbildungs-                                                          2020 bis Mai 2021 um 6,4 Prozent auf insge-
                                       platz als im Landesvergleich – „doch 2019                                                       samt 91.149.

                                                                                                                                       „Hinter diesen Rückgängen versteckt sich
DRAMATISCHE VERSCHIEBUNG IN                                                                                                            eine dramatische Verschiebung in der Struk-
DER STRUKTUR DER GEMELDETEN                                                                                                            tur der gemeldeten Ausbildungsstellen; auch
                                                                                                                                       hier hinterlässt die Krise ihre Spuren.“ Wegge-
AUSBILDUNGSSTELLEN                                                                                                                     brochen sind bundesweit Ausbildungsplätze
                                                                                                                                       auf dem Feld der körpernahen Dienstleistun-
                                  Insgesamt                                               -3,0
 Nichtmed. Gesundheitsberufe, Körperpflege     -22,5
                                                                                                                                       gen (-26,4%), aber auch im Bereich Touris-
   Tourismus-, Hotel- und Gaststättenberufe                  -15,4                                                                     mus, Hotel und Gastronomie (-17,7%). „Auf
    Lebensmittelherstellung u. -verarbeitung                                   -8,6
     Finanzdienstleistungen, Steuerberatung                                    -8,3
                                                                                                                                       der anderen Seite gibt es Zuwächse bei medi-
   Technische Entwicklung und Konstruktion                                     -8,2                                                    zinischen Gesundheitsberufen, Verkehr und
     Maschinen- und Fahrzeugtechnikberufe                                      -8,0
                                                                                                                                       Logistik.“ Branchen also, die weniger unter
                                                                                                                                       der Krise leiden bzw. sogar davon profitieren,
Gebäude- und Versorgungstechnische Berufe                                                                   +1,1
                   Hoch- und Tiefbauberufe                                                                    +2,3                     wie etwa der Online-Handel. Laut einer Befra-
                      (Innen-)Ausbauberufe                                                                      +2,8
                                                                                                                                       gung des IAB vom Dezember 2020 planten
                             Verkaufsberufe                                                                     +2,9
     Verkehr, Logistik (außer Fahrzeugführ.)                                                                            +6,6           bundesweit rund zehn Prozent der Betriebe
           Medizinische Gesundheitsberufe                                                                                   +8,8
                                                                                                                                       für 2021 weniger Ausbildungsplätze ein oder
                                                 *) B erufshauptgruppen mit mind. 5.000 gemeldeten betrieblichen A usbildungsstellen
                                                                                                                                       wollen gar nicht mehr ausbilden. „Zugleich
                                                                                                                                       sehen wir in der historischen Entwicklung
Gemeldete betriebliche Ausbildungsstellen nach Berufshauptgruppen, größte
                                                                                                                                       einen deutlichen Rückgang der Übernahme-
Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr in Prozent (Berufe mit mind. 5.000 Stellen),
Oktober bis Mai 2021, Deutschland                                                                                                      quote. Sie ist 2020 bundesweit um etwa fünf
                                                                                                                                       Prozentpunkte von 77 auf 72 Prozent gesun-
                                               Datenquelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit                                     ken.“ In NRW fällt die Übernahme leicht höher
                                                                                                                                       aus, geht aber auch hier zurück. Neben unsi-
                                       hatte sich das auch in NRW umgedreht, und                                                       cheren Geschäftserwartungen und finanziel-
                                       2020 sehen wir auch hier einen starken Ein-                                                     len Sorgen begründet knapp ein Drittel der
                                       bruch beim Ausbildungsplatzangebot um                                                           befragten Unternehmen die Einschränkung
                                       gut 10.000 Stellen und einen noch stärkeren                                                     der Ausbildungsmöglichkeiten auch mit Rek-
                                       Rückgang der besetzten Ausbildungsplätze                                                        rutierungsproblemen: Die Betriebe können
                                       um deutlich mehr als 10.000 Stellen“. Die                                                       keine geeigneten Bewerber*innen finden.
                                       Situation im Ruhrgebiet präsentierte sich
                                       2020 mit knapp 26.800 Ausbildungsverträ-
                                       gen und damit einem Rückgang um 10,8 Pro-
                                       zent „etwas schwächer als der Trend in NRW
                                       und etwas stärker als bundesweit“. Dennoch:
                                       Eine ernste Entwicklung, die der IAB-Direk-
                                       tor mit zusätzlichen Daten untermauerte. „Im
                                       Mai 2020 waren bei der Bundesagentur für

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„Die Jugendlichen sind ganz klar bisher nicht           Und auch wenn es mit dem Ausbildungsplatz
                            aktiviert worden, das betrifft vor allen Dingen         geklappt hat, zeigt die Corona-Krise Aus-
                            die Neubewerber*innen aus den Abgangs-                  wirkungen: „In der Debatte wird manchmal
                            klassen der Sekundarschulen“, resümierte Fit-           vergessen, dass die Ausbildung jetzt natür-
                            zenberger. Zugleich seien die „dramatischen             lich unter deutlich erschwerten Bedingungen

                           				MÖGLICHKEITEN DER
                           		BERUFSORIENTIERUNG UND -BERATUNG
                           					SIND DEUTLICH EINGESCHRÄNKT

                            Verschiebungen im Ausbildungsplatzange-                 stattfindet.“ Wer im März 2020 im ersten
                            bot“ eine zusätzliche Herausforderung für die           Lehrjahr war, habe jetzt „mehr als die Hälfte“
                            Berufsorientierung, „weil die Jugendlichen              seiner Ausbildungszeit unter „Pandemie-
                            überzeugt werden müssen, dass die Berufe,               Bedingungen“ absolviert, in Betrieben, in
                            die jetzt stärker angeboten werden, auch                denen Kurzarbeit und Schließungen die Regel
                            angetreten werden“. Vor diesem Hintergrund              waren. „Das hat natürlich Auswirkungen auf
                            sei es keine Überraschung, dass im vergange-            den Prüfungsbetrieb. Meiner Meinung nach
                            nen Jahr sogar mehr Stellen unbesetzt geblie-           hat man das im letzten Jahr sehr gut gelöst,
                            ben sind als 2019. Die Corona-Pandemie habe             aber der Prozess des Sammelns von Berufs-
                            die Möglichkeiten der Berufsorientierung                erfahrung, der Betreuung in der Ausbildung
                            und -beratung deutlich eingeschränkt, auch              hat deutlich gelitten. In einem Drittel der
                            seien Praktikumsmöglichkeiten weggefallen.              befragten Betriebe lief die Ausbildung nicht
                            Zudem habe die duale Ausbildung je nach                 wie geplant, konnten Inhalte nicht wie vor-
                            Schulform grundsätzlich einen mehr oder                 gesehen vermittelt werden. Das ist ein Effekt
                            weniger guten Stand: Während an Haupt-                  der Krise, der ähnlich wie in der schulischen
                            schulen das Interesse an einer Berufsausbil-            Ausbildung noch länger nachwirken kann.“
                            dung bis zur Abschlussklasse weitgehend auf
                            gleich hohem Niveau bleibt, orientieren sich
                            Realschüler*innen zwischen der achten und
                            zehnten Klasse deutlich häufiger um – und
                            entscheiden sich vielfach für einen höheren
                            Schulabschluss. Bei Abiturient*innen domi-
                            niert „wie nicht anders zu erwarten“ das
                            Hochschulstudium mit 61 Prozent, während
                            duales Studium und Ausbildung mit neun
                            bzw. 16 Prozent weiterhin eine untergeord-
                            nete Rolle spielen. Die Schulschließungen
                            der vergangenen Monate hätten jedoch das
                            Interesse an der Berufsausbildung sowohl an
                            Haupt- als auch an Realschulen „zusätzlich
                            leicht negativ beeinflusst“.

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Prof. Bernd Fitzenberger  „AUSBILDUNGSBEREITSCHAFT DER
                  WIRTSCHAFTLICH PROSPERIERENDEN BETRIEBE
                  MUSS GESTÄRKT WERDEN, UM ALTBEWERBER*INNEN
				                      NICHT GÄNZLICH ZU VERLIEREN.“

                            Welche Lösungen kann es geben? Welche                   Ausbildungsberufen im betrieblichen Umfeld
                            Herausforderungen stehen an? Vor allem,                 zu ermöglichen. „Zielmarke kann eindeutig
                            so Fitzenberger, sei die „Ausbildungsbereit-            nicht der 1. September 2021 sein. Wir müs-
                            schaft der derzeit wirtschaftlich prosperie-            sen dahin kommen, dass wir Vermittlungen
                            renden Betriebe zu stärken“, um letztlich               bis zum Jahresende bzw. bis ins neue Jahr in
                            auch Altbewerber*innen nicht gänzlich zu                nennenswertem Umfang hinbekommen, und
                            verlieren. Hier setzt unter anderem das bun-            das in größerem Umfang, als das im letzten
                            desweite Förderprogramm „Ausbildungs-                   Jahr passiert ist.“
                            plätze sichern“ an, das im Spätsommer 2020
                            auf den Weg gebracht wurde – „relativ spät              Im Gespräch mit Moderatorin Jeanette Kuhn
                            für das Ausbildungsjahr 2020, weil da viele             nahm Fitzenberger abschließend den so
                            Entscheidungen bereits gefallen waren“. Und             genannten regionalen Mismatch noch einmal
                            auch aktuell greife das Programm noch nicht:            genauer unter die Lupe, der deutliche regio-
                            Trotz steigender Bekanntheit in den Betrieben           nale Unterschiede in den Daten beschreibt.
                            „können wir keinen Zuwachs bei der Bean-                „Hier fallen zum Beispiel einige Arbeitsagen-
                            tragung von Fördermitteln und damit auch                turbezirke im Ruhrgebiet auf. Im April 20/21
                            keine Steigerung des Ausbildungsplatzange-              gab es etwa in Gelsenkirchen und Reckling-
                            botes erkennen“. Tatsächlich hatte im März              hausen ein Bewerber-Angebots-Verhältnis
                            2021 lediglich ein Viertel der Unternehmen              von jeweils über 130 Bewerber*innen auf 100
                            eine entsprechende Förderung beantragt.                 Ausbildungsstellen; ganz anders als etwa in
                            „Meine Einschätzung ist, dass das Programm              Rostock oder Konstanz, wo auf 100 Stellen
                            für 2020 keine Lenkungswirkung ausgeübt                 23 bzw. 41 Bewerber*innen kommen.“ Ein in
                            hat. Und ich befürchte, es wird auch in diesem          NRW und insbesondere in der Metropole Ruhr
                            Jahr nicht in dem Umfang genutzt werden,                bereits „längerfristig“ existierendes Phäno-
                            weil schlicht und ergreifend die Ausbildungs-           men, das sich, so Fitzenberger, allerdings
                            plätze zumindest bis September nicht in dem             auch erfreulich lesen lasse: „Der positive Teil
                            Umfang besetzt werden können, wie sich die              ist, dass es im Ruhrgebiet offensichtlich eine
                                                                                    sehr hohe Zahl von Jugendlichen gibt, die
  FÖRDERPROGRAMM „AUSBILDUNGSPLÄTZE SICHERN“”                                       sich für einen Ausbildungsplatz interessieren.
  Mit dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ unterstützt das                Stellen Sie das doch den Zahlen für Rostock
  Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit August 2020 gezielt       gegenüber. Die meisten Betriebe dort wer-
  ausbildende Betriebe etwa über eine Ausbildungsprämie.                            den, wenn sich das nicht dieses Jahr drastisch
  www.bmbf.de/de/das-sollten-kmu-jetzt-wissen-11839.html
                                                                                    ändert, leer ausgehen und ihre Ausbildungs-
  www.bmbf.de/de/bundesprogramm-ausbildungsplaetze-sichern-13371.html
                                                                                    plätze nicht besetzen können. 130 ist sicher-
                                                                                    lich eine Relation, die für die Bewerber*innen
                            Bundesregierung das vorstellt.“ Eine „Flexi-            nicht super angenehm ist, eine Relation 80 zu
                            bilisierung des Einstiegs“ sei unumgänglich,            90 wäre da ganz toll. Für die Wirtschaft im
                            ebenso wie eine „Ausweitung der Einstiegs-              Ruhrgebiet ist das aber eigentlich eine gute
                            qualifizierung“, etwa um Jugendlichen ein               Nachricht.“
                            sozialversicherungspflichtiges Praktikum in

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ERFAHRUNGEN UND PERSPEKTIVEN:
WAS BRAUCHT ES FÜR EINE
ZUKUNFTSFÄHIGE DUALE AUSBILDUNG?
                            Dr. Ulrich Irle, Geschäftsführung HUEHOCO GROUP Holding GmbH & Co. KG
                            und Vorstandsmitglied des Kompetenznetzwerks für Oberflächentechnik e. V., Hattingen
                            Dr. Stefan Sandbrink, Geschäftsführung ASB NRW e.V. und Vorstandsmitglied
                            des Paritätischen NRW
                            Olesja Mouelhi-Ort, Geschäftsführung Handwerkskammer Dortmund
                            Barbara Molitor, MAGS, Gruppe II A Berufliche Bildung, Fachkräftesicherung, Digitalisierung
                            der Arbeitswelt,
                            Alessandro Fenu, Industriekaufmann in Ausbildung, thyssenkrupp Dortmund
                            Carsten Taudt, Fachbereichsleiter Bildung und Fachkräftesicherung, IHK Nord Westfalen
                             Mark Rosendahl, Geschäftsführer des DGB in der Emscher-Lippe-Region

                            Die zentrale Warnung der Podiumsrunde                   in die Ausbildung gestartet seien. „Ich selbst
                            war unüberhörbar: Bleibt alles wie es ist und           war bereits im dritten Ausbildungsjahr und
                            werden die Anstrengungen aller Akteur*in-               konnte das Unternehmen daher schon ken-
                            nen nicht noch einmal gezielt hochgefahren              nenlernen. Doch prinzipiell war die Situation
                            und gebündelt, steuern wir unweigerlich auf             für die Auszubildenden – wie für alle anderen
                            eine Fachkräftekrise zu. Innovative Ansätze in          auch – eine große Umstellung.“ Gegen rund
                            der Berufsorientierung und in der Ansprache             350 weitere Bewerber*innen hatte sich Fenu
                            auch von Jugendlichen seien derzeit notwen-             behaupten können und einen von zwei Aus-
                            diger denn je, um den Mismatch auf dem Aus-             bildungsplätzen bei thyssenkrupp ergattert.
                            bildungsmarkt aktiv anzugehen. Aber was                 „Ich denke, ich bin im Assessment Center bzw.
                            bringen Prämien oder eine Aktionswoche tat-             beim Bewerbungsgespräch damals gut ange-
                            sächlich? Welche Aufgabe kommt den Schu-                kommen.“ Stichwort Matching: Es hat einfach
                            len zu? Was müssen Betriebe leisten? Und                gut gepasst. Eine Situation, die auf dem Aus-
                            was wird von den Auszubildenden erwartet?               bildungsmarkt mittlerweile alles andere als
                            Es gelte, so das einhellige Fazit der Runde,            selbstverständlich ist. Anders gesagt: Die
                            festgefahrene Strukturen aufzubrechen –                 Regel ist mittlerweile der Mismatch.

Alessandro Fenu			                      „AUSBILDUNGSJAHR 2020 WAR
		                                 ALLES ANDERE ALS EIN „NORMALES“ JAHR.“

                            aber auch am Image der dualen Ausbildung                Mit seinem Appell, junge Menschen bereits
                            zu arbeiten, mit Vorurteilen aufzuräumen und            frühzeitig, vor allem aber auch regelmä-
                            vor allem: Jugendliche zu motivieren und sie            ßig in der Schule mit dem Thema berufliche
                            dort abzuholen, wo sie stehen.                          Zukunft zu konfrontieren, rannte der frisch
                                                                                    gebackene Industriekaufmann bei den ande-
                            Homeoffice, weniger unmittelbare Betreu-                ren Podiumsteilnehmer*innen daher offene
                            ung, Klausuren im Homeschooling: Das                    Türen ein. Sein Fazit: „Es macht wenig Sinn,
                            Ausbildungsjahr 2020 war, berichtete Ales-              die Schüler*innen erst in ihrem letzten Jahr
                            sandro Fenu, alles andere als ein „normales“            darauf anzusprechen.“ Statt einer „Moment-
                            Jahr, insbesondere für jene, die gerade erst            aufnahme“ sei eine wiederkehrende Auf-

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nahme des Themas sehr viel effizienter. Es              sei es ein Spaziergang mit Bewerber*innen
                            gelte, das Eigeninteresse der Jugendlichen              im Wald, den Dr. Ulrich Irle, Geschäftsführung
                            zu wecken. Dass dabei auch deutlich mehr                HUEHOCO GROUP, anregte.
                            „Berufsorientierungselemente“ im Schullall-
                            tag, mehr Praxisbezug im Unterricht auch
                            in Richtung technische Kompetenzen hel-
                                                                                                                 CHAT
                            fen könnten, wie Olesja Mouelhi-Ort von der               Wie werden die Studien- und Berufs-
                            Geschäftsführung der Handwerkskammer                      orientierungslehrer der Schulen über
                            Dortmund vorschlug, sah Fenu ähnlich. „Ich                die sich veränderten Berufsbilder
                            bereue nicht, dass ich damals meine Ausbil-               informiert?
                            dung angefangen habe, weil es wirklich ein
                            super Start ins Berufsleben ist und gegebe-
                            nenfalls auch als Grundlage für ein Studium
                            dienen kann. Ich bin zufrieden damit, wel-
                            chen Weg ich eingeschlagen habe.“                       Eine maßgebliche Rolle in der Berufsorien-
                                                                                    tierung kommt den Schulen zu – und „KAoA
      CHAT                                      Frühzeitige Orientie-               funktioniert“, wie Carsten Taudt, Fachbe-
                                                rungshilfen in Sachen               reichsleiter Bildung und Fachkräftesiche-
  Schüler*innen und Lehrer*innen müs-           Ausbildung, „Berufe                 rung bei der IHK Nord Westfalen versicherte:
  sen Berufe erfahren. Und das nicht            erfahren“, wie es im                „Das sieht man gerade jetzt, wo es durch die
  nur zum Ende der Schullaufbahn. Und           Chat hieß, „und das                 Pandemie weggefallen ist“. Aufgabe eines
  Eltern mitnehmen dabei.                       nicht nur zum Ende                  Studien- und Berufswahlkoordinators sei es
                                                der Schullaufbahn“:                 dabei nicht, griff Taudt eine Nachfrage aus
                                                Die Weichen dafür,                  dem Chat auf, Berufsbilder ganz genau zu
                                                versicherte Barbara                 kennen, „das ist völlig unmöglich, aber auch
                        Molitor vom NRW-Arbeitsministerium, habe                    gar nicht notwendig“. Vielmehr gehe es
                        das Land in den vergangenen Jahren bereits                  darum, „eine Vorstellung davon zu haben“,
                        gestellt. Etwa mit dem System KAoA und –                    wie Schüler*innen angeleitet werden können.
                        vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie                     „Und aus unserer Erfahrung muss ich sagen,
                        – der verstärkten Transferierung von Bera-                  die Lehrer sind sehr gewillt, mit uns zusam-
                        tungsangeboten ins Internet. „Ich glaube,                   menzuarbeiten.“ Nachdrücklich warb Taudt
                        da ist auf allen Ebenen, lokal, regional, aber              zudem etwa für „Ausbildungsbotschafter“
                        auch auf Landesebene, viel erfolgt, um trotz                in den Schulen – also Jugendliche, „die auf
                        der schwierigen Rahmenbedingungen in der                    Augenhöhe von ihrer eigenen Ausbildung
                        Pandemie junge Menschen und ihre Eltern bei                 berichten und so die Schüler*innen anregen,
                        der Berufsorientierung zu unterstützen und                  selbst nachzudenken und den richtigen Weg
                        gleichzeitig Unternehmen den Rahmen und                     für sich zu suchen“.
                        die Möglichkeit zu geben, ihre Ausbildungs-
                        plätze anzubieten. Das Matching ist aber
                        natürlich online sehr schwierig.“ Was, darü-
                        ber war sich die Runde einig, mehr innova-
                        tive Ansätze in der Vermittlung und Beratung
                        notwendig macht, sei es eine Ausbildungs-
                        messe der Handwerkskammer auf einem
                        Parkdeck, die Molitor ins Gespräch brachte,

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Barbara Molitor 		 		   „WIR MÜSSEN JUNGE MENSCHEN
			                  DORT ABHOLEN, WO SIE TATSÄCHLICH STEHEN
					                       UND DAS NICHT NUR FRÜHZEITIG,
				                    SONDERN AUCH INDIVIDUELL.“

                            Grundsätzlich sei es essenziell, junge Men-             sung hinzubekommen“. Hier gelte es, genau
                            schen dort abzuholen, wo sie tatsächlich                hinzuschauen, denn auch im Ruhrgebiet sei
                            stehen und das nicht nur frühzeitig, sondern            nicht in jedem Agenturbezirk die Situation
                            auch individuell - Stichwort Ausbildungs-               gleich. Die im Impulsvortrag genannten Zah-
                            reife. Molitor: „Es gibt auch Jugendliche, bei          len für Gelsenkirchen und Recklinghausen
                            denen eine Einstiegsqualifizierung (EQJ)                beispielsweise seien laut Rosendahl deswe-
                            ein guter Anknüpfungspunkt ist.“ Mark                   gen „so schlecht“, weil dort der Strukturwan-
                            Rosendahl, Geschäftsführer des DGB in der               del längst noch nicht abgeschlossen sei – „wir
                            Emscher-Lippe-Region, warb gerade in                    haben hier zehntausende Arbeitsplätze noch
                            puncto Eignung für mehr Offenheit: „Klagen              in den letzten Jahren verloren“. Das Hand-
                            der Unternehmen über Auszubildende gibt                 werk in der Region sei historisch bedingt
                            es oft; die Frage ist, wie wir damit umgehen.“          „völlig unterrepräsentiert“, was sich jetzt mit
                            Er appelliert: „Wir können jetzt nicht warten,          Blick auf die Zukunftstechnologien räche.
                            dass vielleicht doch irgendwann die Super-
                            cracks kommen. Das ist keine Perspektive                Tatsächlich, bestätigt Olesja Mouelhi-Ort,
                            für die Wirtschaft. Man muss mit den Leuten             habe das Handwerk bereits sehr lange mit

Mark Rosendahl 			 „WIR HABEN EIN POTENZIAL VON
				                    TAUSENDEN JUNGER MENSCHEN, DIE
			                JE LÄNGER SIE ARBEITSLOS SIND,
				                    SICH AUCH WEITER DEQUALIFIZIEREN.“

                            arbeiten, die da sind.“ Deshalb seien aus-              sinkenden Ausbildungszahlen zu kämpfen.
                            bildungsberatende Hilfen, das Berufsquali-              Seit 2016 sei es auch aufgrund einer „sehr
                            fizierungsjahr, aber auch außerbetriebliche             guten konjunkturellen Lage“ jedoch gelun-
                            Ausbildungsplätze stärker zu nutzen als bis-            gen, die Ausbildungszahlen zu stabilisieren.
                            lang. „Wir haben ein Potenzial von tausenden            „Und dann kam Corona und hat uns leider
                            junger Menschen, die, je länger sie arbeitslos          einen sehr großen Dämpfer verpasst.“ Die
                            sind, auch weiter dequalifizieren. Auch zum             Auswirkungen seien je nach Branche unter-
                            Vorteil der jungen Menschen kann man dieses             schiedlich hart ausgefallen. „Bundesweit
                            Potenzial nur nutzen, wenn die Jugendlichen             hatten wir Einbußen in Höhe von etwa elf
                            in eine Beschäftigung kommen, damit sie ihr             Prozent bei den Eintragungszahlen; in NRW
                            eigenes Leben in den Griff bekommen. Das                und in der Handwerkregion Ruhr waren es
                            machen wir, glaube ich, noch zu wenig.“ In der          minus acht Prozent. Das hört sich relativ
                            Praxis kämen, so Molitor, deshalb zusätzliche           moderat an, aber der Bedarf an Fachkräften
                            Matching-Berater gerade in jenen Regionen               im Handwerk ist natürlich bei weitem nicht
                            zum Einsatz; „wo es schwierig ist, eine Pas-            gedeckt, und wir steuern auf eine Fachkräf-

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Olesja Mouelhi-Ort „DER BEDARF AN FACHKRÄFTEN IM HANDWERK
				                     IST BEI WEITEM NICHT GEDECKT, UND WIR
			                  STEUERN AUF EINE FACHKRÄFTEKRISE ZU.“

                            tekrise zu.“ Angesichts dieser Perspektive sei          schulausbildung tendiert. Das heißt, viele
                            die Ausbildungsbereitschaft der Handwerks-              Interessent*innen werden sich schwertun,
                            betriebe prinzipiell „ungebrochen“. Zwei                diese Ausbildung erfolgreich abzuschließen.“
                            Monate vor Ausbildungsstart habe man aktu-              Eine fatale Situation, gerade jetzt: „Wir gehen
                            ell allerdings „noch unheimlich viele unbe-             davon aus, dass ungefähr zehntausend Pfle-
                            setzte Lehrstellen“. Die Gründe? Vor allem              gende während der Pandemie ihren Job auf-
                            der fehlende unmittelbare Kontakt zu den                gegeben haben, wegen Überlastung, weil sie
                            Jugendlichen – „Messen, Jobbörsen, jegliche             der Situation nicht mehr gewachsen waren,
                            Präsentationsmöglichkeiten der Betriebe                 weil sie einfach raus wollten aus dem System.
                            sind weggefallen“.                                      Wir brauchen also dringend Pflegekräfte.“

                            Eine weitere Herausforderung: Schulformen               Sind manche Hürden also zu hoch? Und
                            verschwinden, aus denen das Handwerk bis-               haben vor diesem Hintergrund Schulnoten
                            lang beständig Nachwuchs akquiriert hat.                als charakteristisches, oft alleiniges Ent-
                            Zugleich würden moderne Handwerksbe-                    scheidungskriterium für einen Ausbildungs-
                            rufe immer komplexer und digitaler, immer               platz nicht längst ausgedient? Für Dr. Ulrich
                            anspruchsvoller, „daher muss es zukünftig               Irle ist genau das der Fall: „Ich glaube, dass
                            unser Schwerpunkt sein, verstärkt auch an               man sich viel mehr darauf konzentrieren
                            Gymnasien fürs Handwerk zu werben“ – jener              sollte, welche Potenziale in diesen jungen
                            Schulform also, der bereits der Impulsvortrag           Menschen stecken, die sich bei einem bewer-
                            ein grundsätzlich eher geringes Interesse               ben.“ Auch die von Irle unterstützte Initiative

Dr. Stefan Sandbrink „WIR HABEN IN DER PFLEGE EIN NEUES,
			                    GENERALISTISCHES AUSBILDUNGSSYSTEM [...].
		 VIELE INTERESSENT*INNEN WERDEN SICH
		                   SCHWERTUN, DIESE AUSBILDUNG ERFOLGREICH
					                          ABZUSCHLIESSEN.“

                            an einer dualen Berufsausbildung beschei-               GLW in Velbert ziele genau darauf ab: „Wir
                            nigt hatte. Dr. Stefan Sandbrink, Geschäfts-            sehen dort Ausbildung nicht nur als die Ver-
                            führung ASB NRW, ergänzte die Diskussion                mittlung von Fachwissen. Es geht uns auch
                            für den Pflegebereich um einen ähnlichen                um Sozialkompetenz und generell um das
                            Aspekt: „Wir haben in der Pflege ein neues,             Thema Kompetenzen, und das ist mir in der
                            generalistisches Ausbildungssystem, das                 bisherigen Diskussion auch noch deutlich zu
                            maximal herausfordernd ist – eine dreijährige           kurz gekommen. Ich glaube, dass die jungen
                            Ausbildung, die von den Anforderungen, von              Leute heute an Schulen nicht mehr erfahren,
                            der Qualität her eher in Richtung Fachhoch-             was eigentlich ihre Stärken sind. Und wenn

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Dr. Ulrich Irle „AUSBILDUNG NICHT NUR ALS DIE VERMITTLUNG
			                   VON FACHWISSEN SEHEN. ES GEHT UNS AUCH
					                       UM SOZIALKOMPETENZ.“

                            wir das nicht schaffen, dann werden wir ewig            falls nicht stehen bleiben.“ Was, wie Carsten
                            hinter diesen jungen Menschen herrennen                 Taudt versicherte, tatsächlich fatal wäre: „Wir
                            und nicht verstehen, warum wir sie nicht in             erleben immer noch Betriebe, die lieber auf
                            eine Ausbildung kriegen.“ Es sei unumgäng-              Schulnoten gehen und lieber den perfekten
                            lich, Jugendliche als „selbstständige und               Bewerber haben. Die müssen sich umstellen,
                            nicht fremdbestimmte Menschen“ zu begrei-               die haben sonst gar keine Chance mehr.“ Die
                            fen, sie wertzuschätzen und sie zu begeistern           Situation, dass Abiturient*innen tatsächlich
                            „für die Dinge, die wir tun“.                           Realschüler*innen bei der Vergabe vorgezo-
                                                                                    gen würden, wie kritisch im Chat angemerkt
                         Eine Forderung, für die Irle auch im Chat                  wurde, stelle sich laut Irle dabei vielfach
                         Bestätigung erhielt. Sein dringender Appell:
                         „Wir müssen schauen, wie wir das ‚gematcht‘
                         kriegen. Wir werden in unseren gewohnten
                                                                                                                 CHAT
                         Denkstrukturen die Lösungen nicht finden.                    Sollten wir nicht kritisch auf die
                         Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass                 Kriterien der Vergabe von Ausbildung
                         eine Reihe von Unternehmen sagen, für das                    schauen? Wählt die Firma nicht lieber
                         nächste Jahr bieten wir Praktika an. Und dann                den Abiturienten als den Realschüler?
                         können sich Schüler*innen zwei Monate lang
                         wechselnd von Firma zu Firma am besten in
                         ganz unterschiedlichen Berufen einfach mal
                         ausprobieren.“ Weitere Ideen ergänzte er

     CHAT                                        im Anschluss an die
                                                 eigentliche Diskus-
                                                                                    schon gar nicht mehr, „weil es mittlerweile
                                                                                    händeringend darum geht, überhaupt einen
  Wichtiger Punkt: schulische Ausbildung         sion: „Anstatt Mitar-              Azubi zu bekommen“.
  sollte darauf ausgerichtet sein, auf           beiter*innen vorzeitig
  Kompetenzen und Stärken der Schü-              in die Rente zu ent-               Mehr Engagement auf Seiten der Betriebe ist
  ler*innen zu entdecken und zu                  lassen, ist es doch                also gefordert, nicht zuletzt auch: mehr inno-
  entwickeln.                                    sinnvoll, das Wissen               vatives Denken – und das in jeder Hinsicht.
                                                 länger zu nutzen, viel-            Taudt: „Ganz wichtig ist, dass viele Betriebe
                                                 leicht mit neuer Qua-              sich fragen, wie mache ich eigentlich auf
                                                 lifikation, die schwere            meine Ausbildung aufmerksam? Manche
                                                 Arbeit leichter macht.             Stellenanzeigen sind noch aus dem letzten
                         Der Weg zur Digitalisierung in der Industrie,              Jahrhundert und erreichen nicht die Ziel-
                         im Handwerk wird dazu führen, dass wir mehr                gruppe.“ Wer zukunftsfähig sein wolle, müsse
                         qualifizierte Menschen in den Firmen benö-                 Bewerber*innen als „Kundengruppe“ begrei-
                         tigen. Hier wären wahrscheinlich kürzere                   fen, „mit der man eine langfristige lukrative
                         Lerneinheiten von zwei bis drei Wochen gut                 Verbindung eingehen möchte“.
                         denkbar. So könnte man auch Mitarbeiter*in-
                         nen, die keinen Ausbildungsnachweis haben,                 Und welchen Nutzen haben in diesem
                         mit auf das Niveau heben. Wir dürfen jeden-                Zusammenhang Projekte wie die Aktions-

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„WER ZUKUNFTSFÄHIG SEIN WILL, MÜSSE
Carsten Taudt
    BEWERBER*INNEN ALS „KUNDENGRUPPE“
			     BEGREIFEN, MIT DER MAN EINE LANGFRISTIGE
		    LUKRATIVE VERBINDUNG EINGEHEN MÖCHTE.“

                            woche oder auch der „Sommer der Ausbil-                 ten. Mark Rosendahl: „Wir müssen die Ausbil-
                            dung“? Beides, so Barbara Molitor, solle noch           dung grundsätzlich attraktiver machen.“ Bei
                            einmal alle Kräfte bündeln und den Jugend-              der Berufswahl gehe es heute neben der per-
                            lichen klar machen: „Kümmert euch jetzt! Alle           sönlichen Neigung auch um Themen wie die
                            Unterstützungsangebote sind da! Die Som-                Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Freizeit
                            merferien sind für den Bereich der berufli-             und nicht zuletzt um eine faire Bezahlung.
                            chen Ausbildung keine Ferien!“ Carsten Taudt            Ein Punkt, der im Chat vielfach zur Sprache
                            ergänzt, dass die Initiativen – „und wir fan-           kam: angefangen bei deutlichen Unterschie-
                            gen ja nicht erst jetzt an“ – durchaus ersten           den in den Branchen bis hin zur Lohnan-
                            Erfolg zeigen: „Im nördlichen Ruhrgebiet sind           gleichung zwischen Nicht-Akademiker*
                            wir mit einem kräftigen Minus bei den dies-
                            jährigen Verträgen gestartet, was mich echt
                            erschreckt hat. Das hat sich inzwischen in ein
                                                                                            CHAT
                            kräftiges Plus von sechs Prozent gegenüber                Wie schätzt die Runde die Situation
                            dem Vorjahr gewandelt. Das deutet darauf                  zur Lohnangleichung zwischen Nicht-
                            hin, dass es uns gelingt, die jungen Leute tat-           Akademikern und Akademiker*innen
                            sächlich zu erreichen. Jetzt müssen wir wei-              ein? Um langfristige Berufe attraktiv zu
                            termachen!“ Und Taudt stimmte mit Molitor                 machen?
                            überein: Terminvorgaben für den Beginn der                …
                            Ausbildung seien das falsche Signal. „Es muss             Bezahlung im Handwerk nicht attraktiv
                            klar werden, dass auch nach dem 1. Septem-                genug
                            ber noch etwas geht, aber trotzdem nichts                 …
                            auf die lange Bank geschoben werden sollte.“              Facharbeitereinkommen im Hand-
                            Deutlich kritischer sah der IHK-Experte hin-              werk deutlich niedriger als im Metall.
                            gegen die Ausbildungsprämie: „Junge Leute,                Wir sollten nicht die Friseur*innen und
                            aber auch deren Eltern sind verunsichert                  Verkäufer*innen im Einzelhandel ver-
                            worden, weil damit gesagt wurde: Der Aus-                 gessen.
                            bildungsmarkt liegt darnieder, wir müssen
                            ihn retten.“ Oder wie Ulrich Irle erklärte:
                            „Prämien lobe ich immer dann aus, wenn
                            ich ansonsten ziemlich hilflos bin.“ Diese
                            Botschaft, so Taudt, „ist in den Köpfen der             innen und Akademiker*innen. Hier stellte
                            Leute hängengeblieben“. Dieses Bild jetzt               Olesja Mouelhi-Ort jedoch klar: „Es gibt mitt-
                            zu korrigieren, sei das, „was wir derzeit alle          lerweile ja einen bunten Strauß an neuen
                            mit großer Anstrengung machen und was wir               Studiengängen. Ob man aber als Akademi-
                            unbedingt weiterführen müssen, mit so viel              ker mit einem Bachelor-Abschluss in sozialer
                            persönlichem Kontakt wie irgend möglich“.               Arbeit oder Eventmanagement wirklich mehr
                            Darüber hinaus gelte es, gezielt am Image               Geld verdient als mit einer guten Ausbildung
                            und der Reputation der Ausbildung zu arbei-             im Handwerk - mit der Weiterbildungsoption,

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die man hat mit dem Meistertitel hat - stelle ich
                              arg in Frage.“ Und was wird von den Jugend-
                                                                                           AUSBILDUNGSKONSENS NRW
                              lichen selbst erwartet? Initiative, Interesse und            1996 haben sich die Landesregierung, Wirtschaft,
                              vor allem: Motivation. Carsten Taudt: Wenn ein               Gewerkschaften, Arbeitsverwaltung und Kommu-
                              Betrieb das Gefühl hat, der will eigentlich gar              nen zum Ausbildungskonsens NRW zusammen-
                              nicht, das ist echt schwierig; das ist eine Art              geschlossen. Dessen Ziel: „Jeder junge Mensch
                              der Sozialisierung, an der wir noch arbeiten                 in Nordrhein-Westfalen, der ausgebildet werden
                                                                                           will, wird ausgebildet.“
                              müssen. Da hilft nicht erst die Berufsorientie-
                                                                                           www.mags.nrw/ausbildungskonsens
                              rung, sondern da müssen wir wirklich sehen,
                              wie wir Strukturen schaffen, um diese jungen                 „KEIN ABSCHLUSS OHNE ANSCHLUSS“ (KAOA)
                              Menschen in eine andere Motivationslage zu                   Mit dem landesweiten Übergangssystem KAoA
                              versetzen.“ Auch hier könne das Handwerk                     regelt NRW den Übergang von der Schule in
                              punkten, schloss Mouelhi-Ort als Reaktion                    Ausbildung bzw. Studium und fördert gezielt die
                                                                                           frühzeitige berufliche Orientierung von Schü-
                              auf einen Chat-Beitrag, der nach der Zukunft
                                                                                           ler*innen und deren Eltern.
                              von Jugendlichen ohne Abschluss oder von                     www.mags.nrw/uebergang-schule-beruf-startseite
                              Geflüchteten fragte. Das Handwerk habe in
                              der Vergangenheit hinreichend bewiesen, wel-                 GEMEINSCHAFTSLEHRWERKSTATT DER
                              che integrative Fähigkeit es besitze: „Die Wirt-             INDUSTRIE VON VELBERT UND UMGEBUNG
                              schaft hat sehr deutlich gezeigt, dass es nicht              (GLW)
                                                                                           1937 gegründet bietet die GLW heute in Koope-
                              darauf ankommt, wo man herkommt und was
                                                                                           ration mit der „heimischen Metall- und Elektro-
                              man an Kompetenzen mitbringt. Denn das                       industrie“ 240 Plätze für Auszubildende und
                              kann man alles lernen. Sofern man denn will.“                Umschüler*innen.
                                                                                           www.glw-velbert.de/

    CHAT
  ƒ Wir müssen auch über die Fähigkeit von Ausbildungsbetrieben          ƒ Bezahlung im Handwerk nicht attraktiv genug
    reden … auszubilden!                                                 ƒ Was geschieht mit den Schülern, die keinen Abschluss haben, die
  ƒ Wie werden die Studien- und Berufsorientierungslehrer der Schu-        richtig alphabetisiert werden müssen. Wie soll man diese weiter
    len über die sich verändernden Berufsbilder informiert?                qualifizieren? (Stichwort: Zuwanderung aus Südosteuropa)
  ƒ Sollten wir nicht kritisch auf die Kriterien der Vergabe von Aus-    ƒ Schüler*innen und Lehrer*innen müssen Berufe erfahren. Und das
    bildung schauen? Wählt die Firma nicht lieber den Abiturienten als     nicht nur zum Ende der Schullaufbahn. Und Eltern mitnehmen
    den Realschüler?                                                       dabei.
  ƒ Wie schätzt die Runde die Situation zur Lohnangleichung zwischen     ƒ Facharbeitereinkommen im Handwerk deutlich niedriger als im
    Nicht-Akademikern und Akademiker*innen ein? Um langfristige            Metall. Wir sollten nicht die Friseur*innen und Verkäufer*innen im
    Berufe attraktiv zu machen?                                            Einzelhandel vergessen
  ƒ Wichtiger Punkt: schulische Ausbildung sollte darauf ausgerichtet
    sein, auf Kompetenzen und Stärken der Schüler*innen zu entde-
    cken und zu entwickeln

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AUSBLICK

                            Karola Geiß-Netthöfel, Regionaldirektorin des Regionalverbands Ruhr

                            Für die „Innovationsschmiede Ruhr“, für die             Doch auch der Regionalverband Ruhr stehe
                            Ansiedlung moderner Zukunftstechnologien                in der Pflicht und verstehe sich in diesem
                            im Ruhrgebiet, resümierte Karola Geiß-Nett-             Prozess als Moderator und Netzwerker: „Wir
                            höfel in ihrem Ausblick, „brauchen wir nicht            haben Kontakte zu den Industrie- und Han-
                            nur Akademiker*innen, sondern wir brauchen              delskammern, zu den Handwerkskammern,
                            auch ganz dringend die gut ausgebildeten                zu Unternehmer*innen, und wir versuchen,
                            Fachkräfte, die die duale Berufsausbildung              da auch etwas aufzunehmen und zusammen-
                            durchlaufen“. Gerade vor dem Hintergrund                zubringen, um weiterzukommen im Ruhrge-
                            der Corona-Pandemie sei Ausbildung ein                  biet.“ Dabei sei es unverzichtbar, regionale
                            „ganz wichtiges Thema“, dem sich der RVR                Unterschiede in der Metropole Ruhr genauer
                            zukünftig – gemeinsam mit den beteilig-                 in den Blick zu nehmen und entsprechend
                            ten Akteur*innen – noch deutlicher widmen               zu agieren: „Wenn ich das Kernruhrgebiet
                            werde.                                                  betrachte, in der Hellwegzone, dann boomt es

Karola Geiß-Netthöfel
				                     „WIR BRAUCHEN NICHT NUR
			                   AKADEMIKER*INNEN, SONDERN AUCH
					GUT AUSGEBILDETE FACHKRÄFTE.“

                            Vor allem sei es wesentlich, schloss Geiß-               da schon wieder. Im nördlichen Ruhrgebiet ist
                            Netthöfel an die Podiumsdiskussion und die              noch Luft nach oben, da muss man noch sehr
                            Begrüßung durch Dr. Frank Dudda an, Wege                viel tun.“ Ursächlich verantwortlich für das
                            und Möglichkeiten zu finden, junge Menschen             regionale Ungleichgewicht: der noch relativ
                            in Sachen Berufsausbildung zu motivieren.               junge Strukturwandel in der Emscher-Lippe-
                            „Die Jugendlichen, das stelle ich auch fest,            Region, auf den zuvor auch Mark Rosendahl
                            sind durch die Corona-Zeit desorientiert.               hingewiesen hatte. „Wir müssen sehen, dass
                            Und das wäre vielleicht eine Frage gewesen,             wir dort neue Arbeitsplätze bekommen.“
                            die wir hier noch etwas deutlicher hätten               Grundsätzlich zeigte sich die RVR-Regio-
                            beleuchten müssen.“ Frühzeitig zu infor-                naldirektorin dabei durchaus optimistisch:
                            mieren und Orientierungshilfe zu leisten, sei           „Ich stelle fest, dass es da gerade ganz viele
                            dabei auch Aufgabe der Schulen: „Ich glaube,            Bemühungen gibt, und ich glaube auch, dass
                            die Gymnasien bereiten nach wie vor sehr                es da vorangeht.“
                            stark auf das Studium vor. Sie haben nicht
                            im Blick, dass man nicht unbedingt studieren
                            muss, sondern auch im Rahmen einer Ausbil-
                            dung weiterkommt.“

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Noch während der laufenden Sozialkonferenz              Ihr persönliches Fazit in Sachen Sozialkonfe-
                            habe man sich per Mail verständigt, die The-            renz 2021: „Ich darf meinem Team und den
                            men Ausbildung und Berufsausbildung künf-               Sozialbeigeordneten an dieser Stelle ein gro-
                            tig stärker in den Fokus nehmen zu wollen.              ßes Lob aussprechen: Sie finden immer The-

Karola Geiß-Netthöfel
      „ZUKÜNFTIG WOLLEN WIR ÜBERLEGEN,
				      WIE WIR UNS DEM THEMA AUSBILDUNG,
		ABER AUCH DER WEITERBILDUNG UND FORTBILDUNG
				      NOCH STÄRKER WIDMEN KÖNNEN.“

                            „Und das auch in unseren Bildungskonferen-              men, die absolut aktuell sind. Und für eine
                            zen“. Geiß-Netthöfel verwies zudem auf den              digitale Konferenz habe ich gerade die Podi-
                            „Bildungsbericht Ruhr 2020“ und erklärte:               umsdiskussion als sehr lebhaft wahrgenom-
                            „Bislang hat unser Schwerpunkt sehr auf den             men. Ich freue mich auf weitere Konferenzen
                            Bereichen Schulausbildung und frühkindliche             und hoffe, dass wir damit die Situation für
                            Bildung gelegen. Zukünftig wollen wir über-             viele Menschen weiter verbessern können.“
                            legen, wie wir uns dem Thema Ausbildung,
                            aber auch der Weiterbildung und Fortbil-
                            dung noch einmal stärker widmen können.
                            Dies machen wir nicht allein; wir machen das
                            mit unseren Sozialbeigeordneten, die die
                            Situation vor Ort in unseren Kommunen sehr
                            gut kennen, und die auch diese Konferenzen
                            immer mit vorbereiten.“

                                                                                      BILDUNGSBERICHT RUHR
                                                                                      Im Dezember 2020 erschien der zweite „Bildungs-
                                                                                      bericht Ruhr“ als Ergebnis der Zusammenarbeit
                                                                                      des Regionalverbands Ruhr mit RuhrFutur und Bil-
                                                                                      dungsakteur*innen aus Kommunen, Hochschulen
                                                                                      und weiteren Einrichtungen. Der Bericht arbeitet
                                                                                      die Entwicklungen im Bildungssystem bis 2019
                                                                                      auf, bezieht die Corona-Krise jedoch noch nicht
                                                                                      mit ein.
                                                                                      https://bildungsbericht.ruhr

SOZIALKONFERENZ RUHR Ist die duale Ausbildung nach der „Corona-Krise“ noch zukunftsfähig?                                                17
Herausgegeber:
Regionalverband Ruhr
Die Regionaldirektorin
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Redaktion:
Referat Bildung und Soziales, RVR
Regina Schenberg

Gestaltung:
Team Kommunikationsdesign, RVR

Text:
Tanja Weimer,
Schacht 11

Essen, Juli 2021
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