IT-GESTÜTZT E WHITE-SPOT-ANALYSE - IAO Wiki
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
F R A U N H O F E R - I N S T I T U T F Ü R A R B E I T S W I R T S C H A F T U N D O R G A N I S AT I O N I A O D I E T E R S PAT H ( H R S G . ) , Y V O N N E S I W C Z Y K IT-GESTÜTZTE WHITE-SPOT-ANALYSE Potenziale von Patentinformationen am Beispiel Elektromobilität erkennen FRAUNHOFER VERLAG
Dieter Spath (Hrsg.) Yvonne Siwczyk IT-gestützte White-Spot-Analyse Potenziale von Patentinformationen am Beispiel Elektromobilität erkennen
Kontaktadresse: Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation Nobelstraße 12, 70569 Stuttgart Telefon: 0711 970-2124, Fax: -2099 E-Mail: presse@iao.fraunhofer.de URL: www.iao.fraunhofer.de Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN: 978-3-8396-0091-7 Produktion, Umschlaggestaltung: Christine Bärthel, Anette Grimmel Druck und Weiterverarbeitung: IRB Mediendienstleistungen Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB, Stuttgart Für den Druck des Buches wurde chlor- und säurefreies Papier verwendet. © by FRAUNHOFER VERLAG, 2010 Fraunhofer-Informationszentrum Raum und Bau IRB Postfach 800469, 70504 Stuttgart Nobelstraße 12, 70569 Stuttgart Telefon: 0711 970-2500, Fax: -2508 E-Mail: verlag@fraunhofer.de http://verlag.fraunhofer.de Alle Rechte vorbehalten Dieses Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die über die engen Grenzen des Urheber- rechtsgesetzes hinausgeht, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfäl- tigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen sowie die Speicherung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Warenbezeich- nungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Bezeichnungen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und deshalb von jedermann benutzt werden dürften. Soweit in diesem Werk direkt oder indirekt auf Gesetze, Vorschriften oder Richtlinien (z.B. DIN, VDI) Bezug genommen oder aus ihnen zitiert worden ist, kann der Verlag keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität übernehmen.
Inhalt Inhalt 1 Einführung 5 2 Patentdatenanalyse – Stand der Technik 7 2.1 Formen von Patentdatenanalysen 7 2.2 Tools zur IT-gestützten Patentdatenanalyse 12 2.2.1 Überblick 12 2.2.2 Patentdatenanalyse-Software im Detail 15 2.3 Umfrageergebnisse – Feedback aus der Wirtschaft 18 3 White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO 22 4 Praxisbeispiel Elektromobilität 26 4.1 Hintergrund 26 4.2 Analysierte Patentdaten - Batteriemanagementsysteme 28 4.3 Extraktion der Probleme und Lösungen 34 4.3.1 Manuell erstellte White-Spot-Matrix 34 4.3.2 IT-gestützte White-Spot-Matrix 37 4.4 Wirtschaftliche Potenziale der White Spots 46 4.4.1 Allgemeine Betrachtung 46 4.4.2 Mögliche unternehmensindividuelle Betrachtung 49 5 Zusammenfassung 52 6 Anhang 53 6.1 Literaturverzeichnis 53 6.2 URLs zur Patentdatenanalysesoftware 57 6.3 Bilder Problem-Lösungs-Matrix 58 6.4 Patentdokumente 62 6.5 Fragebogen zur Umfrage 2009 63 Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse -2-
Abbildungsverzeichnis Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Bild 1: Beispiel für eine Patentstatistik 8 Bild 2: Branchenverteilung 18 Bild 3: Patentdaten im Entwicklungsprozess 19 Bild 4: Methodeneinsatz im Patentmanagement 20 Bild 5: Der White-Spot-Analyse-Prozess des Fraunhofer IAO 23 Bild 6: Hauptthemen im Datensatz 29 Bild 7: IPC-Klassen, speziell BMS 30 Bild 8: Die Top-15 der Patentanmelder im Bereich BMS 31 Bild 9: Früheste Priorität von 1993-2009 im Bereich BMS 32 Bild 10: Länderverteilung im Bereich BMS 32 Bild 11: Häufigste Schlüsselwörter 33 Bild 12: Manuell erstellte Problem-Lösungs-Matrix 35 Bild 13: Patentverteilung nach Fahrzeugtypen 36 Bild 14: Beispiel für eine Patentdokumentenansicht in Luxid® 38 Bild 15: Landkarte: welches Mittel hat welchen Zweck 39 Bild 16: Mit Hilfe von Luxid® erstellte Problem-Lösungs-Matrix 40 Bild 17: Auszug aus über Luxid® erstellten Problem-Lösungs-Matrix 41 Bild 18: Falsche White Spots 44 Bild 19: Mögliche White Spots 45 Bild 20: Allgemeine Markt-Bewertungsparameter 46 Bild 21: Unternehmensbezogene Bewertungsparameter 50 Bild 22: White-Spot-Potenziale im Vergleich 51 Tabelle 1: Gängige Patentdatenanalysen und was sie leisten 10 Tabelle 2: Anbieter von Softwarelösungen 13 Tabelle 3: Probleme und Lösungen, manuell 34 Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse -3-
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis BMS Batteriemanagementsystem DL Dienstleister DPMA Deutsches Patent- und Markenamt EPO European Patent Office EV(s) Electric Vehicle(s) F&E Forschung und Entwicklung FfE Forschungsstelle für Energiewirtschaft HEV(s) Hybrid Electric Vehicle(s) IAO Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IP Intellectual Property IPC International Patent Classification JPO Japan Patent Office KMU Kleine und mittlere Unternehmen NLP Natural Language Processing OEM Original Equipment Manufacturer PA Patentdatenanalyse PHEV(s) Plug-in Hybrid Vehicle(s) SAO Subject-Action-Object SOC State of Charge SPO Subjekt-Prädikat-Objekt WIPO World Intellectual Property Organization WS White Spot XLS Microsoft Excel XML Extensible Markup Language Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse -4-
Einführung 1 Einführung Unerforschte Flecken auf einer geografischen Landkarte weckten schon vor Jahrhunderten Anreize für die Entwicklung neuer Technologien: zur Erfor- schung der Meere und Kontinente unserer Erde wurden beispielsweise leis- tungsfähige Schiffe und Automobile sowie Navigationstechniken erfunden und stetig weiterentwickelt. Heutzutage sind zwar die weißen, unerforschten Fle- cken auf dem Globus weitestgehend verschwunden, aber in speziellen Techno- logie- und Patentlandkarten werden sie auch heute noch entdeckt und für die Entwicklung innovativer Produkte genutzt. Solche Landkarten visualisieren zweidimensional die Beziehungen zwischen Analyseparametern. Verschiedenste Parameter lassen sich sinnvoll in Beziehungen setzen und grafisch darstellen. So kann eine Landkarte beispielsweise eine einfache Matrix sein, welche Firmen- namen und Technologien gegenüberstellt. Oder die Landkarte zeigt die Häufig- keit bestimmter Schlüsselwörter innerhalb eines Technologiebereiches in Form von angedeuteten Tälern und Bergen, welche die Häufigkeit der Wörter in den Patenten symbolisieren. Patente bieten sich für die Erstellung solcher Landkar- ten besonders an, da ein Großteil der weltweit angewendeten Technologien über Patentschriften verfügbar ist, die jedem Interessierten kostenlos zur Verfü- gung stehen. Die vorliegende Studie fokussiert sich daher auf die Nutzung von Patentdaten zur Analyse einer Technologie. Sie zeigt im ersten Hauptteil auf, wie und mit welchen Werkzeugen man Patente analysieren kann und welche Schlussfolge- rungen sich aus den gewonnenen Daten ergeben. Abgerundet wird der einfüh- rende Abschnitt mit den Ergebnissen einer Umfrage, welche den Nutzungsgrad von Patentdatenanalysen und -werkzeugen in Unternehmen mit Sitz in Deutschland aufzeigen. Im zweiten Hauptteil der Studie wird eine spezielle Pa- tentdatenanalyse, die IT-gestützte White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO, de- tailliert vorgestellt. Diese White-Spot-Analyse wird in zwei Schritten durchge- führt: im ersten Schritt erfolgt die Erstellung der Problem-Lösungs-Landkarte in Form einer Matrix und im zweiten Schritt die Bewertung der gefundenen freien Flächen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Der erste Schritt der White-Spot-Analyse basiert ausschließlich auf Patentdaten, da Patente sowohl technische Lösungen als auch die zugehörigen Probleme beinhalten und sich damit besonders eignen, um wertvolle Informationen für die lösungs- sowie problemorientierte Ideengenerierung zu liefern. Um jedoch aus einer Vielzahl von Patenten möglichst effizient die jeweiligen Probleme und Lösungen zu erfassen, sind IT-gestützte Verfahren und damit spezielle Text- Mining-Werkzeuge nötig. Es hat sich jedoch gezeigt, dass auf dem Markt bis- lang kein Werkzeug zur Verfügung steht, das über Schlüsselwörter oder Phra- sen hinaus detailliert Probleme und Lösungen in einem Technologiefeld zur Ver- Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse -5-
Einführung fügung stellt. So wurde vom Fraunhofer IAO in Kooperation mit der TEMIS Deutschland GmbH eine sogenannte Skill CartridgeTM für Patente entwickelt, womit gezielt die Probleme und Lösungen herausgesucht und für weitere Ana- lysen zur Verfügung gestellt werden können. Für den zweiten Analyse-Schritt, der Bewertung der wirtschaftlichen Attraktivi- tät eines freien Technologiefeldes, werden zum Einen verschiedenste Marktda- ten benötigt. Diese können zusätzlich zu gängigen Datenerhebungsmethoden ebenfalls mit Hilfe von Text-Mining-Werkzeugen recherchiert werden. Zum An- deren erfolgt die wirtschaftliche Bewertung zusätzlich unter Einbindung unter- nehmensspezifischer Parameter, um den Unternehmen möglichst individuell nutzbare Ergebnisse liefern zu können. Beispielsweise lassen positive Markt- wachstumszahlen ein freies Technologiefeld in der Patentlandkarte vielleicht als eine erfolgversprechende Entwicklungslücke erscheinen. Wenn ein Unterneh- men über die Maße hinaus, beispielsweise für die Entwicklungsinfrastruktur oder das personelle Know How investieren müsste, wäre eine Investition in die- ses Feld eventuell weniger erfolgversprechend. Um die Leistungen der White-Spot-Analyse in der Praxis aufzuzeigen, wurde im dritten Hauptabschnitt der Studie eine Analyse am Beispiel Elektromobilität skizziert. Im Rahmen der Analyse wurden die Probleme und Lösungen im Be- reich Batteriemanagementsysteme IT-gestützt extrahiert und Möglichkeiten der wirtschaftlichen Analyse aufgezeigt. Den Abschluss der Studie bildet ein Ausblick auf geplante Weiterentwicklungen der IT-gestützten White-Spot-Analyse. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse -6-
Patentdatenanalyse – Stand der Technik 2 Patentdatenanalyse – Stand der Technik Die Zahl der Patentanmeldung nimmt weltweit stetig zu: so wurden allein beim Deutschen Patent- und Markenamt DPMA im Jahr 2008 über 62.000 Patent- anmeldungen eingereicht1, im Jahr 2007 waren es weltweit über 1,8 Mio. Pa- tentanmeldungen, Tendenz steigend.2 Umso mehr die Zahl der Patente zu- nimmt, umso schwerer wird es, den Überblick in einem Technologiefeld zu be- halten und Patentdaten gezielt im F&E-Prozess und für strategische Unterneh- mensentscheidungen zu nutzen. Welche Informationen lassen sich aus Patentschriften extrahieren? 3 Patente lie- fern zum Einen neben einer Problembeschreibung die jeweilige technische Lö- sung und dienen somit als Informationsquelle. Somit lässt sich beispielsweise das Risiko von Fehl- und Doppelentwicklungen minimieren. Zum Anderen lie- fern sie Auskünfte beispielsweise über den technologischen Stand der Wettbe- werber und lassen Markttrends erkennen. Um allerdings diese Informationen aus den Patenten extrahieren zu können, müssen in der Regel in einem Techno- logiefeld hunderte oder gar tausende Patente gelesen und analysiert werden, ein aufwendiger Prozess. Abhilfe schaffen hier IT-gestützte Analysemethoden, wie sie in der Praxis immer öfter eingesetzt werden. Die folgenden Kapitel ge- ben einen Einblick in die Patentdatenanalyse sowie den ermittelten Stand der Technik im Bereich der Analysesoftware. 2.1 Formen von Patentdatenanalysen Für eine Patentdatenanalyse gibt es die verschiedensten Anlässe, daher können sich die Analysen im Ergebnis deutlich unterscheiden. Patente werden bei- spielsweise analysiert, um über die eigenen Entwicklungsmöglichkeiten oder den Wettbewerb in einem Technologiefeld informiert zu sein (strategische Wettbewerbsanalyse). 4 Eng damit verbunden ist die Verwendung der Patentin- formationen zur technologischen Früherkennung (Trendanalysen). Da Patente eine nahezu unerschöpfliche Informationsquelle darstellen, lassen sie sich auch aktiv in den frühen Phasen der Produktentwicklung nutzen, zum Einen in der Ideenfindung oder zum Anderen um bereits in der Ideenphase den Rechtsstand 1 Vgl. DPMA (2009) 2 Vgl. WIPO (2009) 3 Vgl. Mittelstädt (2009), S. 67 f. 4 Vertiefende Informationen zu Analyseanlässe in Schmoch, Grupp (1990), S. 161 ff. oder Wurzer (2003), S. 61 ff. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse -7-
Patentdatenanalyse – Stand der Technik zu prüfen und „verletzungsfrei“ Produkte zu entwickeln (über sogenannte Freedom-To-Operate-Analysen). Mit einer Patentdatenanalyse wird in der Regel die quantitative Analyse von Patenten in Verbindung gebracht.5 Für solche Analysen werden zumeist biblio- grafische Patentdaten wie Abstract/Titel, Anmelder, Erfinder, Anmeldedatum usw. der Patente genutzt.6 Folgendes Bild 1 zeigt als Beispiel eine Statistik über die Patentanmelder in einem Patentdatensatz. Neben solch einfachen Auswer- tungen lassen sich mehrere Parameter miteinander verknüpfen, um versteckte Zusammenhänge zu erkennen. Beispielsweise könnten die Anmelderzahlen noch mit Informationen über zugehörige Länder oder Jahreszahlen verknüpft werden. Solche Zusammenhänge werden zum Teil über komplexe (Qualitäts-) Kennzahlen errechnet, anhand derer sich letztendlich Patente untereinander vergleichen und messen lassen.7 Bild 1: Beispiel für eine Patentstatistik Neben quantitativen Analysen lassen sich Patente zusätzlich qualitativ untersu- chen.8 Mittels einer qualitativen Analyse können über die bibliografischen Da- ten hinaus in erster Linie technische Inhalte erfasst und Zusammenhänge her- gestellt werden. 5 Vgl. Schramm, Bartkowski (2008) S. 4 6 Vgl. Fendt (1990), findet Anwendung in den gängigen Patentmanagement-Softwarelösungen, siehe Kapitel 2.2 7 Vgl. Burr et al. (2007), S. 158 ff. 8 Vgl. Trautwein (2006 ), S. 172 oder Kohn (2009) Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse -8-
Patentdatenanalyse – Stand der Technik Die gängigsten Patentdatenanalyse-Methoden, welche bereits IT-gestützt durchgeführt werden, sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Analysemethoden sind nach Komplexität aufgeführt, beginnend mit einfachen statistischen Analysen bis hin zu komplexen Analysen, wie beispielsweise die White-Spot-Analyse. Zu den einfachen Analysen lassen sich alle Verfahren zählen, bei denen aus den Patentinformationen einzelne Parameter extrahiert werden und diese auf Häu- figkeiten untersucht werden. Beispielsweise welcher Patentanmelder in einem bestimmten Zeitraum die meisten Patente angemeldet hat, welche IPC-Klassen in einem betrachteten Patentfeld am häufigsten aufgeführt werden oder wie oft ein Patent in anderen zitiert wird. Letztere sogenannte Zitationsanalysen können zusätzlich sehr aufwendig gestaltet werden, wenn man beispielsweise verstärkt den Inhalt der Patente betrachtet oder darüber hinaus sonstige Quel- len hinzuzieht. Sobald man erste inhaltliche Analysen vornimmt, und sei es nur um die häufigs- ten, zusammenhängenden Schlüsselwörter (Keywords) aus einem Patenttext zu extrahieren, benötigt man erste Text-Mining-Methoden.9 Für Freedom-To- Operate-Analysen, wie Analysen zur Ermittlung des frei nutzbaren Standes der Technik genannt werden, werden neben technischen Detaildaten zusätzlich rechtliche Daten über den Stand des Patentes benötigt.10 Nur die Kombination dieser Daten lässt verlässliche Aussagen über den Stand der Technik und damit mögliche Entwicklungsfelder für neue Produkte treffen, die nicht den Schutz- raum bestehender Patente verletzen.11 Patentlandkarten visualisieren relevante Patentinformationen auf einen Blick, wobei in der Regel zwei oder mehr Parameter miteinander in Beziehung ge- bracht und dargestellt werden können. Die Visualisierung erfolgt unterschied- lich: Landkarten mit einfachen Matrix-Darstellungen über Netz- und Bezie- hungskarten bis hin zu aufwendigen 3-D-Darstellungen konnten in der Literatur gefunden werden. Damit eignen sich die Landkarten für verschiedenste Analy- seziele, wie auch die Software-Anwendungen zeigen (vgl. Kapitel 2.2). So wer- den beispielsweise für ein technologieorientiertes Roadmapping bis zu vier Pa- tentlandkarten genutzt:12 eine Landkarte, um Beziehungen zwischen Hauptak- teuren in einem Technologiefeld an Hand von Schlüsselwörtern aufzuzeigen oder um den technologischen Know-How-Fluss zwischen den Hauptakteuren darzustellen. 9 Zu Text Mining vgl. Kapitel 2.2 und 3 10 Zum rechtlichen Stand eines Patentes: ob es angemeldet, offengelegt, erteilt, aufrechterhalten oder aufgegeben wurde, wer der aktuelle Patentinhaber ist usw. 11 Beispiel für Biotechnologie Walter (2008), S. 2 ff. 12 Vgl. Lee et al. (2009), S. 773 ff. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse -9-
Patentdatenanalyse – Stand der Technik Tabelle 1: Analysemethode Beispiel Bemerkung Gängige Patentda- tenanalysen und was wer ist Technologieführer sie leisten Analyse der Anmelder (meisten Patente)? i.d.R. einfache statistische Methoden allg. wer Patentanmelder? in welchen Ländern werden Länderanalyse wieviele Patente angemeldet ja nach Analyseziel Bildung von Kennzahlen durch die Klassenanalyse IPC-Übersichten Kombination mehrerer Parameter => Ansätze für in welchen Jahren wurden qualitative Bewertung der wieviele Patente angemeldet? Patentsituation Trendanalyse In welchen Jahren wurden in welchen Ländern wieviele Patente angemeldet? Wie oft wird ein Patent in Zitationsanalyse anderen zitiert? Text Mining hauptsächlich Welches sind die Top-25 Keyword-Analyse auf Basis statistischer Keywords? Verfahren … … … Text- und Data-Mining-Methoden Nutzung des insbesondere zur Freedom-To-Operate- Patentrechtsstandes: welche Vermeidung von Analyse Patente sind Stand der Technik Patentverletzungen bereits in und welche aktiv? der frühen Phase Zusammenhänge erkennen: Text Mining-Verfahren z.B. welcher Wettbewerber hat Patentlandkarte kombiniert mit statistischen welche Patente im Keyword- Analysen; Visualisierung Cluster Zusammenhänge über Text Mining-Verfahren Patentdaten hinaus erkennen: kombiniert mit statistischen White-Spot-Analyse (FhG welche wirtschaftlich Analysen auf Basis von IAO) attraktiven, ungelösten Patent- und Marktdaten; Probleme gibt es in einem Visualisierung Technologiefeld Die White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO basiert ebenfalls auf einer Landkar- te: in der ersten Analysephase werden den beschriebenen Problemen die ent- sprechenden Lösungen gegenübergestellt und über eine Matrix visualisiert. Die erste Phase der White-Spot-Analyse, die Gegenüberstellung von Parame- tern und deren anschließende Analyse (z.B. Problem-Lösungs-Matrix oder An- wendung-Funktions-Matrix), ist keine grundsätzlich neue Methode. Hauptsäch- lich manuell durchgeführt wurde sie beispielsweise bereits in Japan, wofür ein Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 10 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik Leitfaden vom japanischen Patentamt erstellt wurde.13 Aber auch in Deutsch- land wird das Prinzip angewendet, wie ein Technologiebericht zur Nanotechno- logie des VDI zeigt.14 Bei den recherchierten White-Spot-Analysen beschränkt man sich in der Regel jedoch an Hand von einzelnen Wörtern oder Phrasen auf eine relativ grobe Betrachtungsebene. Solche beschreibenden Wörter oder Phrasen können beispielsweise „Auswurfvorrichtung“ oder „gummiartige Oberfläche“ sein, welche häufig in Patenten genannt und daher in der Analyse als umschreibende Begriffe aufgeführt werden. Will man eine Technologie je- doch detailliert betrachten, d.h. wissen wofür eine „Auswurfvorrichtung“ bei- spielsweise gut sein soll, müssten deutlich mehr Informationen zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich werden bei bisherigen qualitativen Patentanalysen selten Marktin- formationen hinzugezogen, um neben technologischen auch wirtschaftliche Aspekte in die Analyse mit einzubeziehen. Diesen Schritt geht man bei der Whi- te-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO: die generierte Landkarte wird im nächsten Schritt auf freie Flächen, d.h. Felder ohne patentierte Problem-Lösungs- Kombinationen in Bezug auf das wirtschaftliche Potenzial untersucht. Damit geht die White-Spot-Analyse über die ausschließliche Analyse von Patentdaten hinaus. In Tabelle 1 wird die White-Spot-Analyse daher als eigenständige Ana- lysemethode aufgeführt, um insbesondere den Aspekt der Einbindung von nicht patentbezogenen, wirtschaftlichen Daten sowie den stärkeren Fokus auf technische Details hervorzuheben. Die Kombination von Patent- und Marktdaten ist ebenfalls nicht grundsätzlich unbekannt, sondern wird im IP-Management allgemein eingesetzt. Beispiels- weise werden Patent- und Marktdaten im Rahmen von Patentportfolio- Analysen oder in Patentbewertungsprozessen kombiniert.15 Insbesondere der Fokus auf Patentbewertungsprozesse nimmt an Bedeutung zu. Da Patentbe- wertungsfragen jedoch ein eigenständiges, komplexes Thema sind und den Rahmen der Arbeit sprengen würden, soll an dieser Stelle nicht weiter darauf eingegangen werden. 13 Vgl. JPO (2000), S. 24 ff. 14 Vgl. Luther et al. (2004), S. 208 ff. 15 Vgl. Fabry et al. (2006), S. 217 und Ensthaler, Strübbe (2006), S. 3 Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 11 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik 2.2 Tools zur IT-gestützten Patentdatenanalyse 2.2.1 Überblick In den letzten Jahren wurden zunehmend spezielle Patentdatenanalyse- Werkzeuge entwickelt, die neben statistischen Häufigkeitsanalysen unter Nut- zung bibliografischer Patentdaten ebenfalls inhaltliche Analysemöglichkeiten bieten. So verfügt bereits fast jedes lizenzpflichtige Patentrecherche-Tool für einfache Häufigkeitsanalysen über eine Auswahl an Patentanalysewerkzeugen. Für komplexere Analysen, insbesondere wenn es um die Analyse des Inhaltes von Patentdokumenten und möglichen Zusammenhängen geht, werden insbe- sondere Text- und Data-Mining-Methoden genutzt.16 Mittels Text- und Data-Mining-Algorithmen lassen sich aus Patenten beispiels- weise relevante Schlüsselwörter (Keywords) oder -phrasen extrahieren, welche eine Technologie grob beschreiben. Diese Algorithmen basieren dabei auf Me- thoden der Linguistik, speziell der Computerlinguistik sowie dem sogenannten Natural Language Processing (NLP), um den Inhalt der Dokumente sinnvoll er- fassen zu können.17 Man spricht hierbei auch von einer semantischen Patent- analyse. Zur sinnvollen Inhaltserfassung ist neben der Auswertung einzelner Wörter das Erkennen von Ähnlichkeiten und Zusammenhänge von Textpassa- gen erforderlich. Dabei sollen ähnliche Inhalte nicht nur innerhalb eines Doku- mentes, sondern auch darüber hinaus in weiteren Dokumenten erfasst und er- kannt werden. Für diese Inhaltesextraktion werden spezielle Algorithmen ge- nutzt, welche die Dokumente „verstehen“ und sinnvoll einander zuordnen, d.h. klassifizieren oder clustern („automatisch klassifizieren“)18. Die Algorith- men werden je nach Eignung und gewünschter Ergebnisgenauigkeit eingesetzt, wobei insbesondere vektorbasierte Methoden angewendet werden (sog. Sup- port Vector Machines).19 Die Ergebnisse der Text-Mining-Analysen werden in der Regel zur besseren Übersicht über Landkarten grafisch visualisiert (sog. „Mapping“), um wichtige Details auf den ersten Blick sichtbar zu machen.20 Verschiedene Software-Lösungen für die Verarbeitung von Patentdaten werden derzeit angeboten, wobei man grob zwischen Recherche-, Analyse- sowie all- 16 Patendaten liegen in der Regel gut strukturiert vor, sobald jedoch neben Patentdatenbanken weitere Informationsquellen genutzt werden (WWW, Veröffentlichungen, …) und unstrukturierte Daten vorliegen wird Text Mining statt Data Mining verwendet, vgl. Zeller (2003), S. 124 17 Vgl. Chen, Roco (2009), S. 28 f. oder Kao, Poteet (2007), S. 1 ff. oder Möhrle et al. (2003), S. 239 18 Beim Klassifizieren werden die Dokumente den bereits vordefinierten Kategorien zugeordnet; beim Clustern werden die Kategorien jedoch auf Basis des Text-Inhaltes selbst erstellt. Vgl. Fall, Benzineb (2002), S. 9 ff. 19 Vgl. Joachims (1998) 20 Vgl. Bettray (2008), S. 5 f. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 12 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik gemein Management-Tools unterscheiden kann.21 Die folgende Tabelle 2 listet Software-Lösungen auf, die entsprechend der Fokussierung auf Patentdaten- analysen für Recherchen und einfache Analysen sowie komplexere, größtenteils semantikbasierte Analysen geeignet sind. Zusätzlich gibt die Tabelle Aufschluss, welche Tools kostenlos zu nutzen sind und für welche Lizenzgebühren anfallen. So sind insbesondere Recherche- und Cluster-Tools kostenfrei verfügbar, für Analysetools lassen sich zum Teil kostenfreie Testzugänge nutzen (je nach An- bieter unterschiedlich). Recherche/ kosten- Produktname Anbieter Maps stat. Analysen pflichtig DELPHION Thomson Reuters X X Innography IP Strategy Innography X X X Invention Navigator SIP GmbH X tlw. X IPInquest IP Century AG X X X KMX Patent Analytics Suite Treparel Information Solutions B.V. X X X Matheo Analyzer Matheo-Software X X X M-CAM Doors M-CAM, Inc. x X Setrue Patent Search (beta) Transformer Software Ltd. X ThemeScape (ehemals Aureka!) Thomson Reuters X X PATENTATLAS IPB Corporation X tlw. X PatentCluster PatentCluster.com X Patentexplorer, Patentstrategist InTraCoM GmbH X X X PatentLabII (in Kombination mit DELPHION) Wisdomain, Inc. X X Patent Matrix®, Spore®-Search Neopatents X X X Portfolio DSS Enterprise solution PatentCafe X X X VantagePoint Search Technology, Inc. X X X Sonstige Anbieter (ohne Patentmanagement-Hintergrund) ConWeaver ConWeaver GmbH X X X Knowledgist/Goldfire InventionMachine X X LexiQuest Mine/ PASW Text Analytics SPSS X X X Luxid® TEMIS Group X X X SWAPit DocM INER Fraunhofer FIT X X X Tabelle 2: Anbieter von Softwarelösungen zur Patentdatenanalyse und was sie leisten Die in Tabelle 2 aufgeführten Software-Lösungen werden größtenteils von Be- ratungsunternehmen, welche Patentdatenanalysen für Unternehmen anbieten, genutzt und teilweise extra für diese Zwecke programmiert.22 Viele der Soft- warelösungen sind zudem über ein US-Patent geschützt. Aber auch allgemein zu den Analysemethoden lassen sich Patente finden: beispielsweise hat im Jahr 21 Vgl. Dou et al. (2005), S. 210 ff. oder Fall, Benzineb (2002), S. 33 ff. 22 Vgl. auch Kapitel 2.3 Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 13 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik 2008 die Firma IBM ein Verfahren zur Identifizierung von freien Flächen (White Spaces) aus Patentdokumenten beim US-Patentamt angemeldet, das sich noch in der Prüfungsphase befindet.23 Das Verfahren von IBM basiert dabei auf der Extraktion und Analyse häufig auftauchender Begriffe und Phrasen in den Pa- tentdokumenten sowie dem Aufbau einer Taxonomie. Damit unterscheidet sich das Verfahren im Basisansatz von der White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO, wie Kapitel 3 zeigen wird. Des Weiteren sind mehrere Patente speziell zu Text- Mining-Verfahren zu finden, welche wiederum Einsatz in den entsprechenden Software-Anwendungen finden. 23 US 2008/0195568 A1 Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 14 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik 2.2.2 Patentdatenanalyse-Software im Detail Delphion: PatentLabII in Kombination mit Delphion ist ein Recherche- und Analysetool, welches primär statistische Analysen auf Basis bibliografischer Daten zur Verfügung stellt. Innography IP Strategy: Recherche-, Analyse- und Management-Tool, das über eine Vielzahl an Analyse- und Visualisierungsoptionen verfügt. Beispielsweise können Technologietrends, Markt- oder Wettbewerberlandkarten können dargestellt werden. Invention Navigator: Recherche- und Analysetool mit eigener Datenbank, wobei insbesondere statistische Analysen möglich sind. IPInquest: semantikbasiertes Recherchetool, welches nicht nur Patentin- formationen sondern weitere, vom Nutzer zur Verfügung gestellte Quellen nutzt. Unternehmen können so ihr internes Fachwissen ebenfalls in den Rechercheprozess einbinden. KMX Patent Analytics Suite: semantikbasiertes Recherche- und Patentanalysetool, das über eine Vielzahl an Analyse- und Visualisierungsoptionen verfügt. Das Tool lässt sich über Patentdaten hinaus ebenfalls für die Verarbeitung unstrukturierter Texte nutzen. Matheo Analyzer: Patentanalysetool, das einfache statistische Analysen sowie Cluster- und Mapping-Funktionen bietet. Wobei die Land- karten nicht wie z.B. ThemeScape Keyword-Beziehungen vi- sualisieren, sondern nach IPC-Klassen oder Patentanmeldern Beziehungen darstellen. M-Cam Doors: Patentanalyse- und Risikomanagementool, das insbesondere Freedom-To-Operate-Aspekte in der Analyse berücksichtigt. Setrue Patent Search: ist ein natürlich sprachliches Online-Recherchetool, das wie PatentCluster ebenfalls über eine Clusterfunktion verfügt. Zusätzlich lassen sich mit Hilfe verschiedener Filter die Paten- te nach Patentanmelder oder Anmeldejahr anzeigen. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 15 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik ThemeScape: semantikbasiertes Recherche- und Analysetool, mit welchem sich Ergebnisse in plastischen Patentlandkarten darstellen las- sen. Die Patentlandkarten nehmen dabei insbesondere Bezug auf extrahierte Schlüsselwörter und lassen unterschiedliche Analyseebenen zu (Grob-/Feinanalyse). Patentatlas: Semantikbasiertes Online-Analysesystem, das einen schnellen Überblick über ein Technologiefeld verschafft. Dazu werden Keywords extrahiert und ihre Ähnlichkeit zu einer Ver- gleichsgruppe in einem sog. Keyword Prevalence Chart dar- gestellt. Zusätzlich lassen sich dem Tool die Top- Patentanmelder und ihre Technologien, Zusammenfassun- gen der Patente sowie hierarchische Strukturen zwischen den Patenten entnehmen. PatentCluster: ist ein Online-Recherchetool, welches die Ergebnisse von Suchanfragen inhaltlich automatisch klassifiziert. So lassen sich auf den ersten Blick die Hauptthemenbereiche in einem Technologiefeld erkennen. Patentexplorer: Recherche- und Analysetool, das eine Vielzahl an insbeson- dere statistischen Analyse- und Visualisierungsoptionen zur Verfügung stellt. Patent Matrix: Patentanalysetool, das speziell Landkarten von Patentansprü- chen erstellt. Portfolio DSS: Patentmanagementsoftware mit Analysefunktion (Portfolio- analyse) für strategische Geschäftsentscheidungen; liefert beispielsweise eine Kunden-Produkt-Landkarte. VantagePoint: semantikbasiertes Recherche- und Analysetool, das nicht nur Patentdaten sondern auch unstrukturierte Daten verarbeiten kann. Verfügt über eine Vielzahl an Visualisierungsoptionen (statistische Analysen, Landkarten). Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 16 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik In der Regel nutzen die aufgeführten Software-Lösungen die Extraktion der häufigsten, einfach zusammenhängenden Schlüsselwörter (Keywords, Keyphra- sen). Technische Details lassen sich jedoch nur inhaltlich begrenzt darstellen. Des Weiteren müssen die häufigsten Schlüsselwörter oder -phrasen im Doku- ment nicht unbedingt die relevantesten sein, spiegeln also mitnichten den In- halt des Patentes wider.24 Daher vereinfachen Keyword-Analysen nur bedingt die Einbindung von Patentinformationen in den Produktentwicklungsprozess, da der genaue Patentinhalt weiterhin schon zu Beginn der Analyse manuell er- fasst werden muss. Die IT-gestützte White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO hat daher zum Ziel, qualitativ hochwertige Informationen über den technischen Inhalt der Patente zur Verfügung zu stellen, sowie diese mit weiteren, nicht patentbezogenen In- formationen zu verknüpfen. In Tabelle 2 sind noch weitere Software-Lösungen aufgeführt, die jedoch kei- nen speziellen Patentmanagement-Bezug haben. Dabei handelt es sich um se- mantikbasierte Werkzeuge für die Suche in Texten und Datenbanken insbeson- dere in Bezug auf Wissensmanagementanwendungen, wie z.B. ConWeaver, LexiQuest Mine oder SWAPit DocMINER. Zusätzlich bieten einige Tools die Möglichkeit zur inhaltlichen Analyse der recherchierten Informationen, wie z.B. Luxid®. Auf die Möglichkeiten von Luxid® wird in Kapitel 3 und 4 detailliert eingegangen, da Luxid® den Rahmen für die entwickelte Patent Skill Cartrid- ge™ liefert. Mit Hilfe von Knowledgist lassen sich speziell technische Informa- tionen aus Texten extrahieren, wobei ebenfalls speziell nach Problem-Lösungs- Kombinationen in den Texten gesucht wird (über SAO-Strukturen, vgl. Kapi- tel 3). 24 Vgl. Li et al. (2009) S. 5200-5204 Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 17 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik 2.3 Umfrageergebnisse – Feedback aus der Wirtschaft Das Fraunhofer IAO führte im Frühjahr 2009 eine Umfrage zur Patentdatenana- lyse durch, um den Bedarf von Unternehmen an Patentanalysen und Werkzeu- gen hierfür sowie den aktuellen Nutzungsgrad verschiedener Methoden zu er- mitteln. Der Schwerpunkt wurde insbesondere auf die Anwendung von Patent- informationen im frühen F&E-Prozess gelegt. Die Umfrage wurde über einen schriftlichen Fragebogen an über 200 Unternehmen durchgeführt und anony- misiert ausgewertet. Hauptsächlich beteiligten sich Unternehmen aus den in Bild 2 aufgeführten Branchen an der Beantwortung der Fragen. Bild 2: Branchenverteilung Teilnehmende Unternehmen, Branchen 14% Automotive Maschinen- 14% 43% /Anlagenbau Zulieferer (ohne Automotive) Sonstige 29% Im ersten Abschnitt des Fragebogens wurde ermittelt, ob und in welchen Pha- sen des F&E-Prozesses Unternehmen Patentdaten für ihre Produktentwicklung nutzen. Die Umfrage ergab, dass die meisten Unternehmen Patente bereits in- tensiv zur Ideenfindung, zum Produktkonzeptentwurf sowie für Wettbewerber- analysen nutzen (vgl. Bild 3). Zielmarktanalysen werden von den befragten Un- ternehmen bislang nicht mit Patentinformationen selbst erstellt, aber sie sollen zukünftig verstärkt in die Analyse einbezogen werden. Für Prognosen, wie sich Technologiefelder in den nächsten Jahren entwickeln werden, nutzen Unter- nehmen kaum Patente und planen dies auch in Zukunft nicht verstärkt zu tun. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 18 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik Bild 3: Patentdaten im In welchen Abschnitten des Entwicklungsprozesses werden Entwicklungsprozess Patentdaten genutzt % 100 bereits 80 genutzt 60 geplant zu 40 nutzen 20 nie genutzt 0 A B C D E Wettbewerberanalysen Technologieprognosen Zielmarktanalysen Produktkonzeptentwurf strategische Ideenfindung Zusammengefasst lässt sich also sagen, dass Patentinformationen im F&E- Prozess bereits rege genutzt werden, aber insbesondere der Bereich Technolo- gieprognosen ausgebaut werden kann. Grundsätzlich werden Patentdaten so- mit als wichtige, unerlässliche Informationsquelle gesehen. Der zweite Kernbereich des Fragebogens sollte ermitteln, welche Methoden der Patentanalyse Unternehmen nutzen und ob für diese Methoden bereits eine spezielle Software bekannt ist sowie zum Einsatz kommt. Die Ergebnisse der Methoden-Abfrage sind in Bild 4 aufgeführt. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 19 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik Bild 4: Methodeneinsatz im Methodeneinsatz im Patentmanagement Patentmanagement % 100 80 60 s elbs t durchgeführt 40 über DL 20 nicht einges etzt nicht bekannt 0 A B C D E F Datenbankrecherchen Analysen Einfache statistische Patentlandkarten - Technologieanalysen Zitationsanalysen Freedom-To-Operate- Analysen Patentlandkarten - Wettbewerberanalysen Die meisten Unternehmen führen neben Recherchen und einfachen statisti- schen Analysen insbesondere Freedom-To-Operate-Analysen selbst durch und verfügen damit über die entsprechende Methodenkompetenz. An Dienstleister (DL) werden insbesondere komplexere Analysen beispielsweise mit rechtlichem Bezug wie Freedom-To-Operate-Analysen vergeben. Zitationsanalysen und Analysen über Patentlandkarten oder White-Spot-Analysen, sei es um einen Überblick über Wettbewerber oder Technologien zu erhalten, werden hingegen nicht eingesetzt. Zum Teil sind Patentlandkarten sogar überhaupt nicht be- kannt. Dies ließe sich damit begründen, dass die Erstellung von Patentlandkar- ten oder Zitationsanalysen komplex und zeitintensiv ist sowie entsprechendes Fachwissen erfordert, worüber insbesondere KMU in der Regel nur begrenzt verfügen. Besonders positiv hingegen ist die breite Anwendung klassischer Analysemethoden, insbesondere auch die spezielle Berücksichtigung von Ver- letzungsfragen bereits in den frühen Innovationsphasen. Zur Umsetzung der Analysen wird von den Unternehmen auf verschiedene spe- zielle Werkzeuge zurück gegriffen: Recherchen und einfache statistische Analy- sen sowie Freedom-To-Operate-Analysen basieren beispielsweise auf der Nut- zung von DEPATISNET, EPOLINE, IP4me (AZ Software), STN International sowie allgemeinen Internetrecherchen. Spezielle Patentanalyse-Werkzeuge sind den Unternehmen kaum bekannt und können daher auch nicht genutzt werden. Zum Vergleich: Kontakte mit verschiedenen Anbietern von Patentdatenanalysen ergaben hingegen, dass neben einfachen Recherchetools zusätzliche Software- Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 20 -
Patentdatenanalyse – Stand der Technik Lösungen wie ThemeScape oder Vantage Point verwendet werden, zum Teil sogar eigene Software-Entwicklungen zum Einsatz kommen. Somit herrscht bei den Unternehmen in Bezug auf Software-Lösungen und ihre Potenziale ein starkes Informationsdefizit im Vergleich zu den Anbietern von Patentdatenana- lysen. Das Interesse der Unternehmen, mehr Informationen über komplexe Patenda- tenanalysen, insbesondere White-Spot-Analysen, zu erhalten, ist enorm: aus- nahmslos alle Befragten wünschten sich tiefer gehende Informationen. Dieses Bedürfnis haben auch Anbieter von Weiterbildungsprogrammen im Patentma- nagement erkannt, wie Seminarausschreibungen speziell zum Thema Patent- landkarten zeigen.25 25 Beispielsweise „Patent Mapping & Landscaping – erweiterte Möglichkeiten der Recherche und grafischen Darstellung“, Veranstal- tung von premevent, Referenten von Wurzer & Kollegen GmbH, Termine 07.10.2009 oder 04.11.2009 Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 21 -
White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO 3 White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO Die White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO erfolgt in zwei Schritten: im ersten Schritt erfolgt die IT-gestützte Extraktion von Problem-Lösungs- Zusammenhängen aus Patenttexten, welche in einer Matrix gegenüber gestellt werden. Anschließend erfolgt im zweiten Schritt die Bewertung der freien Flä- chen in der Matrix (White Spots) unter technischen und wirtschaftlichen Ge- sichtspunkten. Diese Analyse ermöglicht eine Aussage darüber, ob und welche freie Flächen in der Matrix ein gewisses Entwicklungspotenzial für ein Unter- nehmen aufweisen. Alle Schritte im Rahmen der White-Spot-Analyse werden im folgenden Bild 5 dargestellt. Zu Beginn der White-Spot-Analyse erfolgt eine Patentrecherche, welche den Datensatz für die eigentliche Analyse zur Verfügung stellt (Datenübertragung über XML-Format). Auf den ersten Patentrechercheprozess soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, sondern der Analyseprozess an sich in den Mittelpunkt der Betrachtung gerückt werden. Die Analyse erfolgt iterativ, d.h. einige Teilprozesse werden mehrmals durchlaufen, um die Qualität der Ergeb- nisse zu erhöhen. Ein Kernproblem ist jedoch unter anderem die Verlässlichkeit der Rechercheergebnisse. Bei ersten einfachen Suchanfragen erhält man nur einen Bruchteil der relevanten Schutzrechte und somit keine verlässliche Aussa- ge über den relevanten Stand der Technik. Des Weiteren muss sich ein Recher- cheur im relevanten Themenfeld erst entsprechende Suchbegriffe und logische Kombinationen erarbeiten, falls diese nicht schon vorliegen. Zur automatisierten Inhaltsextraktion im Rahmen der White-Spot-Analyse wird auf Luxid® zurück gegriffen, ein spezielles Text-Mining-Tool, welches sich nicht nur für die Analyse strukturierter Patentdaten sondern auch zur Analyse un- strukturierter Daten eignet. Damit lässt sich Luxid® nicht nur für die Patentda- tenanalyse, sondern auch zur Bearbeitung, insbesondere Recherche marktbe- zogener Daten nutzen. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 22 -
White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO Bild 5: Der White-Spot-Analyse-Prozess des Fraunhofer IAO im Detail Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 23 -
White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO Die automatisierte Extraktion der Probleme und Lösungen erfolgt dabei im Ana- lyseprozess nicht über einzelne SAO-Strukturen (Subjekt-Aktion-Objekt, z.B. „Vorrichtung öffnet Verschluss“).26 Stattdessen wurde von TEMIS Deutschland AG in Kooperation mit dem Fraunhofer IAO eine spezielle Patent Skill Cartrid- ge™ für Luxid® entwickelt, deren Hauptaufgabe es ist, mittels definierter Vor- gaben Probleme und Lösungen aus den Patenttexten separat zu extrahieren. Zum Beispiel erkennt Luxid®, dass nach der Phrase „In order to prevent…“ ei- ne Problembeschreibung kommen könnte, oder nach „…comprising…“ die Er- findung, also die Lösung, beschrieben sein könnte. Damit werden pro Patent mehrere Phrasen extrahiert, welche Problem- und Lösungsaspekte beschreiben. Teilweise werden auch Probleme und Lösungen extrahiert, welche den Stand der Technik beschreiben und aussortiert werden müssen. Der Nutzer kann das Extraktionsergebnis entsprechend entweder akzeptieren oder ändern, falls das extrahierte Problem oder die Lösung nicht relevant sein sollte. Neben den Problemen und Lösungen können für weitere Analysen wichtige bibliografische Daten wie Patentanmelder, Anmeldedatum usw. extrahiert wer- den. Das Besondere an der Patent Skill Cartridge™ ist, dass sie unabhängig vom zu analysierenden Thema ist und daher weitestgehend ohne eine themen- spezifische Sammlung von Konzepten und Zusammenhängen (sog. Ontologie) auskommt.27 Des Weiteren lässt sie sich kontinuierlich erweitern und sich somit das Analyseergebnis iterativ verbessern. Die Gegenüberstellung der extrahierten Probleme und Lösungen erfolgt über eine von Luxid® erstellte Problem-Lösungs-Matrix, welche zu jedem Problem eine Lösung und die Anzahl der Patentdokumente in diesem Feld aufzeigt. Pa- rallel zur Problem-Lösungs-Matrix lassen sich klassische statistische Analysen durchführen, beispielsweise welche Unternehmen die meisten Patente ange- meldet haben. Ebenso lassen sich einfache Entwicklungstrends an Hand der Anmeldedaten ermitteln. Die erfassten statistischen Daten gehen in die ab- schließende Bewertung der freien Flächen ein. Die Problem-Lösungs-Matrix wird im nächsten Schritt auf freie Flächen unter- sucht, insbesondere das wirtschaftliche Potenzial der freien Flächen. Zur Bewer- tung des wirtschaftlichen Potenzials werden definierte Bewertungskriterien ge- nutzt, welche je nach Relevanz unterschiedlich gewichtet werden können. Die Bewertungsparameter werden dabei grob in marktbezogene und unterneh- mensspezifische Kriterien aufgeteilt und können je nach gewünschter Analyse- tiefe und -schwerpunkte auch um weitere Kriterien ergänzt werden. Als markt- bezogene Bewertungskriterien werden beispielsweise die Marktqualität und 26 Wie beispielsweise beschrieben in Dreßler (2006), S.148 ff. ; SAO auch bekannt als SPO (Subjekt-Prädikat-Objekt) 27 Vertiefende Informationen zu Ontologien vgl. Chokri (2006), S. 39 Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 24 -
White-Spot-Analyse des Fraunhofer IAO -entwicklung oder das mögliche Absatzpotenzial eingesetzt. Die wirtschaftliche Bewertung wird ergänzt um unternehmensspezifische Bewertungsparameter, wie beispielsweise die Amortisationszeit oder der geschätzte Investitionsbedarf eines Unternehmens. Auch die Berücksichtigung von wissenschaftlichen Er- kenntnissen mit Relevanz für die Entwicklung von Zukunftsszenarien könnte einbezogen werden. Ein zusätzlicher Bewertungsparameter könnte beispiels- weise die Relevanz des Themas in wissenschaftlichen Arbeiten sein. Die Extraktion und Analyse wirtschaftlicher Daten erfolgt in der Regel parallel zum Patentanalyseprozess. Nach der ersten Durchsicht der Patentdaten erhält man einen groben Einblick über einen Technologiebereich und es lassen sich erste Rahmenparameter für die Recherche nach Marktdaten festlegen. Die endgültigen Parameter werden durch das Ergebnis der Problem-Lösungs-Matrix definiert, welche technologisch interessante Themen erkennen lässt. Hierbei ist zu beachten, dass nicht jedes freie Feld in der Problem-Lösungs-Matrix automa- tisch ein technologisch interessantes Feld ist, sondern unlogische Problem- Lösungs-Kombinationen beinhalten kann. Die Bewertung der freien Flächen erfolgt abschließend auf Basis der ermittelten Marktdaten sowie der statistischen Analysen. Die Ergebnisse der Analyse wer- den in einem Bericht zusammengefasst und können nun als Basis für weitere Entscheidungen im F&E-Prozess dienen. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 25 -
Praxisbeispiel Elektromobilität 4 Praxisbeispiel Elektromobilität 4.1 Hintergrund Das Thema Elektromobilität ist derzeit nicht nur in den Medien verstärkt prä- sent, auch die technologischen Entwicklungen gemessen an den Patentanmel- dezahlen entwickeln sich rasant. Im Fokus der Forschungs- und Entwicklungs- aktivitäten liegen insbesondere die Antriebstechnologien und damit die Ent- wicklung von herkömmlichen Fahrzeugen, über Hybridfahrzeuge bis hin zu rei- nen Elektrofahrzeugen.28 Der zunehmende Einsatz von Elektro- statt Verbren- nungsmotoren verändert die kompletten Antriebsstrangstrukturen in herkömm- lichen Fahrzeugen: neben dem Verbrennungsmotor an sich werden Kompo- nenten wie Getriebe, Auspuffanlage, Tank oder Lichtmaschine größtenteils überflüssig. Elektro- und Hybridfahrzeuge erfordern hingegen neue Komponen- ten wie Elektromotoren, Energiespeicher (Batterien, Brennstoffzellen), Wandler, Veränderungen in der Leistungselektronik und stellen neue Anforderungen an den Leichtbau. Hersteller herkömmlicher Antriebsstrangbauteile müssen sich daher auf den Wandel einstellen und die Chancen wie Risiken durch den Trend Elektromobilität erkennen, um sich auch in Zukunft am Markt erfolgreich be- haupten zu können. Verschärfte umweltpolitische und gesetzliche Rahmenbedingungen zur Förde- rung von mehr Nachhaltigkeit im Automobilsektor bereiten dafür neben stei- gendem Wettbewerbsdruck den Boden für neue Technologien, wie nicht zu- letzt der Entwicklungsplan Elektromobilität der Bundesregierung vom August 2009 zeigt.29 Der Entwicklungsplan hat zum Ziel, die Forschung, Entwicklung und Markteinführung im Sektor Elektrofahrzeuge in Deutschland zu unterstüt- zen und voranzutreiben. Um den Herausforderungen des historischen Wandels in der Automobilindustrie zu begegnen, liegt der Fokus der geplanten For- schungs- und Entwicklungstätigkeiten auf den Bereichen Energiespeicher, Fahr- zeugtechnik sowie Netzintegration. Das folgende Beispiel einer White-Spot-Analyse nach der Methode des Fraun- hofer IAO beschäftigt sich im Themenbereich Energiespeicher speziell mit Batte- riemanagementsystemen. Batteriemanagementsysteme haben in der Regel die Aufgabe, den Betrieb und die Sicherheit von Batteriesystemen zu kontrollie- 28 Vgl. Klink et al. (2009) 29 Vgl. Die Bundesregierung (2009), S. 9 ff. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 26 -
Praxisbeispiel Elektromobilität ren.30 Wobei im Betrieb beispielsweise Parameter wie Temperatur oder Ladezu- stand der Batterien, der Ladungsausgleich zwischen den Batterien sowie Ener- giereserven zur Prognose von Laufzeiten von Interesse sind. Für die Vorstellung der White-Spot-Analyse wurde ein Testdatensatz aus den Patentdatenbanken extrahiert, der für dieses Beispiel keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Alle folgenden Aussagen und Interpretationen werden auf Basis der nur be- grenzt vorliegenden Daten getroffen. 30 Vgl. Wallentowitz, Reif (2006), S. 280 Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 27 -
Praxisbeispiel Elektromobilität 4.2 Analysierte Patentdaten - Batteriemanagementsysteme Zur Analyse des weiten Feldes Elektromobilität wurden im ersten Schritt über 5.000 Patente allgemein zum Thema Elektrofahrzeuge mit Hilfe einfacher Such- anfragen extrahiert. Zur Erweiterung des Suchraumes ließ sich neben dem Re- cherchetool ebenfalls das im letzten Kapitel vorgestellte Luxid® nutzen, das über die Extraktion häufiger Begriffe aus den Patenttexten Hinweise für weitere Suchbegriffe lieferte. Im Rahmen der Betrachtung grundsätzlich ausgeschlossen wurden Schienen- fahrzeuge sowie Kleinfahrzeuge wie Zweiräder oder Golfwägen. Um einen Überblick über den Bereich Elektromobilität zu erhalten, wurden zunächst all- gemein Begriffe zum Antriebsstrang eingegeben, die Ergebnisse sind in Bild 6 dargestellt. Aus diesem Bild ist ersichtlich, dass besonders viele Patente zu den Themen Bat- terien/Brennstoffzellen und deren Ladung, Elektromotoren sowie der Regelung und Steuerung von Elektromobilen gefunden werden konnten. Weniger Paten- te fanden sich hingegen zu den Themen Fahrzeugsicherheit, Start-Stopp- Funktion (speziell Hybridfahrzeuge) oder Verfahren zur Energierückgewinnung (Rekuperation). Das Thema Batterie- oder Energiemanagement ist ebenfalls ein weniger stark patentiertes Feld, und wurde unter anderem aus diesem Grund als Beispiel für die White-Spot-Analyse ausgewählt. Denn in einem wenig pa- tentierten Feld lassen sich grundsätzlich mehr Entwicklungspotenziale für Un- ternehmen vermuten als in stark frequentierten Feldern. Im Vergleich zu den übrigen Themen konnten dem Feld Batteriemanagement nur knapp 200 Patente zugeordnet werden. Dieser Datensatz wurde für die folgende Analyse um thematisch unpassende Patente sowie die Familienmit- glieder größtenteils bereinigt. Unpassende Patente sind beispielsweise diejeni- gen, welche sich mit Problemen konventioneller, ausschließlich über Verbren- nungsmotoren betriebener Fahrzeuge beschäftigen. Insgesamt wurden für die folgende Analyse dreißig Patente ausgewählt, welche sich fast ausschließlich mit Batteriemanagementsystemen im engeren Sinne befassen. Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 28 -
Praxisbeispiel Elektromobilität steering system electric car safety electric car control dc converter connection system recuperation brake generator motor tandem motor synchron motor wheel hub motor Suchbegriffe electric motor start-stopp power electronics hybrid current (filling) station charging (device) energy management battery management solar lithium battery fuel cell battery 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Anzahl Patente Bild 6: Hauptthemen im Datensatz (Anzahl der Patente, tlw. familienbedingte Doppelnennungen) Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 29 -
Praxisbeispiel Elektromobilität Statistisch analysiert wurden die Batteriemanagementsystem (BMS)-Patentdaten in Bezug auf - die IPC-Klassen (Bild 7), - die Patentanmelder (Bild 8), - die Anmeldungen pro Jahr (Bild 9) und - die angemeldeten Länder (Bild 10) sowie - die häufigsten Schlüsselwörter (Bild 11). Patente für den Bereich Elektromobilität, im Speziellen elektrische Fahrzeuge al- ler Art, lassen sich in der IPC-Klasse B60L31 finden. Diverse Unterklassen fassen beispielsweise Patente um den elektrischen Antrieb, elektrodynamische Brems- systeme oder Sicherheitsvorrichtungen zusammen (B60L 1/00-15/00). Zusätzlich werden Elektrofahrzeug-Patente klassischen Patentklassen mit Automobil- Bezug zugeordnet (z.B. F02B, G01D, H02G/J/N/P, …), abhängig vom Themen- bereich. Eine Auswahl möglicher IPC-Klassen zum Thema Batteriemanagement- systeme zeigt folgendes Bild 7. Bild 7: IPC-Klassen, speziell 10 häufigsten IPC-Klassen BMS B60K1 B60W20 B60L11 B60L3 B60L15 G01R31 B60W10 H02J7 H01M10 B60K6 Nicht nur in Bezug auf die IPC-Klassen, auch in Bezug auf die Patentanmelder stellt sich der Datensatz heterogen dar: maximal drei Patente wurden einem Pa- tentanmelder, in diesem Fall Hyundai, zugeordnet (vgl. Bild 8). An zweiter Stelle folgte Toyota und dann ausschließlich Anmelder mit nur einer Patentanmel- dung. Weitere OEMs wie Daimler Chrysler oder Nissan befanden sich ebenfalls 31 Vgl. beispielsweise IPC-Klassen-Übersicht vom DPMA Fraunhofer IAO IT-gestützte White-Spot-Analyse - 30 -
Sie können auch lesen