JAHRBUCH 2021 | 2022 MIT SACHVERSTÄNDIGENVERZEICHNIS - Klimagerechtes Planen & Bauen - Bund Deutscher Baumeister
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Klimagerechtes Planen & Bauen JAHRBUCH 2021 | 2022 Bund Deutscher Baumeister Architekten und Ingenieure MIT SACHVERSTÄNDIGENVERZEICHNIS
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Vorwort Deckensegel Vorwort des BDB-Präsidenten Plafotherm® DS 320 Dipl.-Ing. Christoph Schild Cradle to Cradle® Silber Zertifizierung Foto: AK Niedersachsen Sehr geehrte BDB-Mitglieder, sehr geehrte LeserInnen, das vorliegende BDB-Jahrbuch 2021/22 „Klimagerechtes Pla- nen und Bauen“ widmet sich dem Titel nach voll und ganz ei- nem der wichtigsten Themenbereiche, die heute und in den kommenden Jahren den öffentlichen Diskurs und auch Ihre Arbeit als ArchitektInnen und IngenieurInnen bestimmen werden. Der gesamten Baubranche kommt beim Kampf ge- gen den Klimawandel und den dafür mitverantwortlichen Treibhausgasemissionen eine bedeutende Rolle zu. Mehr noch, klimagerechtes Planen und Bauen kann einer der ent- scheidenden Hebel dafür sein, auch nachkommenden Generationen ein gutes und ge- sundes Leben zu ermöglichen. Es begründet sich aus unserer Verantwortung, ist eine Chance und gleichzeitig Motor für wertvolle Innovationen. Diesem Leitgedanken folgt die- ses Buch ebenso wie das Jahresleitthema unseres Verbandes: „Baumeister 4.0 – Für das Klima, gemeinsam + innovativ.“ Die im Buch gesammelten Beiträge sollen Ihnen nicht nur einen Überblick über die ver- schiedenen Stimmen und Positionen in der Diskussion um das nachhaltige Planen und Bauen verschaffen. Es geht auch um Antworten auf drängende Fragen, wie der Verein- barkeit von sozialem und nachhaltigem Wohnungsbau, der Nutzung nachwachsender Baustoffe oder der klimagerechten Gestaltung unserer Städte. Anhand ausgewählter Beispiele wird gezeigt, wie schon heute nachhaltiges Bauen möglich ist, sei es in Fran- ken, Norwegen oder dem afrikanischen Kontinent. Es soll verdeutlicht werden, was sich ändern muss. Schlussendlich möchte das Jahrbuch aber vor allem eins: Sie dazu ermu- tigen, Ihren Teil beizutragen, um das Planen und Bauen klimagerecht und zukunftsfähig zu gestalten. Glastrennwand Im Namen des BDB und der Bundesgeschäftsstelle danke ich den AutorInnen herzlich für Doppelboden NORTEC Lindner Life ihre vielfältigen Beiträge und dem Bauverlag für die Umsetzung dieses Jahrbuchs. Cradle to Cradle® Cradle to Cradle® Silber Zertifizierung Silber Zertifizierung Nun wünsche ich Ihnen aber viel Freude bei der Lektüre! Ihr Christoph Schild BDB-Präsident Hier steckt ganz viel Lindner drin Lindner ist Ihr starker Partner, wenn es um umfassende Lösungen, Produkte und Leistungen für den Innenaus- bau geht. Und das in allen Phasen Ihres Projekts: von der ersten Idee und Planung über Fertigung und Montage bis zu Umbau und Sanierung. Dabei setzen wir höchste Maß- stäbe an Nachhaltigkeit, Funktion und flexible Gestaltung. Wir nennen es den Lindner Mehr.Wert: 2 Mehr.Ideen. Mehr.Sicherheit. Mehr.Wirkung www.Lindner-Group.com
INHALTSVERZEICHNIS Klimagerechtes Planen und Bauen Anschriftenverzeichnis.......................................................................................................................91 Vorwort Christoph Schild, BDB-Präsident........................................................................................2 Präsidium und Bundesgeschäftsstelle...........................................................................................92 Bundesvorstand...................................................................................................................................93 Klimafreundliches Planen und Bauen Beratende..............................................................................................................................................96 Anne Katrin Bohle, Staatssekretärin im Bundesministerium des Innern, für Bau und Bezirksgruppen der Landesverbände............................................................................................97 Heimat......................................................................................................................................................6 Sachverständigenverzeichnis............................................................................................................117 Die Ökologisierung des Bauens und der Stadtplanung steht an Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker................................................................................................10 Ein Europa für die nächsten Generationen Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission........................................20 Soziale und ökologische Nachhaltigkeit Kevin Kühnert, stellvertretender SPD-Vorsitzender und Verantwortlicher des SPD-Vorstands für den Bereich Immobilien, Bauen und Wohnen.........................................26 IMPRESSUM Eine positive Zukunft bauen Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Herausgeber Druck Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V.....................................................................................................34 Bund Deutscher Baumeister Bösmann Medien und Druck Architekten und Ingenieure GmbH & Co.KG Gemeinsam für nachhaltigen Wandel Willdenowstraße 6 Ohmstraße7 12203 Berlin 32758 Detmold Architects for Future, Nadine Schimmelpfennig, Kathrin Theilig, Luisa Ropelato................40 www.baumeister-online.de www.boesmann.de Snøhetta – Die Zukunft bauen Redaktion Copyright Kjetil Trædal Thorsen, Snøhetta.......................................................................................................46 Thomas Bussemer, BDB Bund Deutscher Baumeister Katja Reich, DBZ, Bauverlag Architekten und Ingenieure Bezahlbaren Wohnraum nachhaltig schaffen Beate Bellmann, DBZ, Bauverlag Printed in Germany 2021 www.DBZ.de Alle Rechte vorbehalten Dipl.-Ing. Andreas Rietz, Leiter des Referats Nachhaltiges Bauen im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung....................................................................................................58 Verlag ISBN 978-3-00-068419-7 Bauverlag BV GmbH Viel Bewegung im BDB – Die AG „Klima/Nachhaltigkeit Postfach 120 Titelbild Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure ......................................................66 33311 Gütersloh Grafik BDB auf Basis von: www.bauverlag.de SNØHETTA Powerhouse Brattørkaia von Form follows Energy – Das Hofer Sonnenhaus Ivar Kvaal Anzeigenverwaltung Uwe Fickenscher..................................................................................................................................70 Andreas Kirchgessner Papier Telefon: +49 5241 802322 FSC zertifziert Der Solar Decathlon AFRIKA 2019 andreas.kirchgessner@bauverlag.de Prof. Heiner Lippe, Prodekan an der TH Lübeck, Fachbereich Architektur.........................78 Layout Anna Voß | BDB Jutta Parnitzke | DBZ | Bauverlag 4 BDB-Jahrbuch 2021 | 2022
KLIMAFREUNDLICHES PLANEN UND BAUEN Deutschland will bis 2050 klimaneutral Wichtige Impulse für den Klimaschutz sein. Für den Gebäudebereich bedeu- im Bau- und Städtebauwesen wer- ten das, innerhalb der nächsten zehn den von den vielfältigen Maßnah- Jahre die Treibhausgasemissionen im men der Förderlandschaft erwartet. Vergleich zu 1990 um zwei Drittel zu Insbesondere die steuerliche Förderung senken. Mit einem Mix aus verstärkter der energetischen Gebäudesanierung, Förderung und CO2-Bepreisung sol- die Bundesförderung für effiziente Ge- len die Investitionen in Effizienz und bäude (BEG), die Förderung der seriellen erneuerbare Energien dabei angekur- Sanierung, die Modellvorhaben für ex- belt werden, um Bauen und Wohnen perimentelles Bauen, die energetische in Deutschland klimafreundlicher zu Stadtsanierung und die Städtebauför- machen. Die Herausforderung dabei derung stellen wichtige Förderbaustei- bleibt: Wohnen muss bezahlbar bleiben. ne für eine lebenswerte und klimage- rechte Umwelt dar. Dabei bieten sie Das Klimaschutzprogramm 2030 gibt ein hohes Maß an Gestaltungsfreiheit. dabei auch einen Handlungsrahmen vor, der für das Planen und Bauen Leit- Notwendige Innovationen für den planken setzt: Hierin wird klimafreund- klimafreundlichen Wandel im Bau- liches Planen und Bauen besonders wesen und in der Architektur wer- Foto: BMI vorbildlich in folgenden Förder-, und den in der Bauforschung gesehen. Informationsmaßnahmen adressiert: Mit dem Innovationsprogramm Zukunft Bau setzt das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat wichtige Impulse für Bauwesen und Architektur Anne Katrin Bohle ist Staatssekretärin u.a. im Hinblick auf den Klimaschutz, im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat und ist die Energie- und Ressourceneffizi- dort für Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung zuständig. enz und das bezahlbare Bauen. Das Von 2010 bis 2019 war sie Vorsitzende des Ausschusses für Bauen, Stadtentwicklung und Wohnen der Bauministerkonferenz. 6 Klimafreundliches Planen und Bauen
Anne Katrin Bohle Ziel der drei Programmteile Ressort- bei den Klimaschutzmaßnahmen för- Allein dieser Ausschnitt aus dem Klima- Nur gemeinsam im gegenseitigen forschung, Forschungsförderung und dern sowie als Innovationstreiber für schutzprogramms 2030 bietet Plane- offenen Austausch können Interes- Modellvorhaben ist es, den Gebäude- klimaschonende Technologien dienen. rinnen und Planern verlässliche, attrak- sen und Trends „made in Germany“ sektor nachhaltig weiterzuentwickeln tive Unterstützungsmaßnahmen beim zur Erreichung der Klimaziele führen. sowie nachhaltige Bauweisen und zu- Mit dem am 1. November 2020 in Kraft klimafreundlichen, bezahlbaren Planen kunftsgerechte Gebäudestandards in getretenen Gebäudeenergiegesetz und Bauen. Es wäre schön, wenn diese Vom sehr erfolgreichen Zusammenarbei- der Praxis zu etablieren. Auch mit der hat das Bundesministerium des In- Angebote als Chance aufgegriffen und ten zeugen die vielen, zukunftsweisenden Initiative Effizienzhaus Plus werden nern, für Bau und Heimat gemeinsam damit ihre jeweiligen Klimaschutzwir- Impulse aus „50 Jahren Städtebauför- Antworten für das Bauen von Morgen mit dem Bundesministerium für Wirt- kungen entfaltet werden könnten. derung“ und „10 Jahren Initiative Effizi- gesucht. Geboten werden Lösungsan- schaft und Energie ein einheitliches, enzhaus Plus“. Bundesweit bestätigen sätze und Plattformen für Trends zur aufein-ander abgestimmtes Regelwerk Steigende Klimaschutzanforderungen diese Initiativen ein hohes Entwicklungs- Markteinführung und damit zum Wan- für die energetischen Anforderungen mit steigenden interdisziplinären Pla- potential im Bauwesen. Planerinnen und del des Planungs- und Baugewerbes. an Neubauten, an Bestandgebäude nungs-und Bauprozessen erfordern die Planer sind daran maßgeblich beteiligt und an den Einsatz erneuerbarer Ener- kontinuierliche Weiterentwicklung und und gestalten verantwortungsbewusst Starke Anreize für eine faire Lasten- gien zur Wärme- und Kälteversorgung den kontinuierlichen Wissenstransfer. unsere gemeinsame Umwelt mit, damit teilung durch finanzielle Beiträge von Gebäuden auf den Weg gebracht. Der Bund bietet in seinem „Informations- sie lebenswert und klimagerecht bleibt. zur Finanzierung der Energiewen- und Kompetenzzentrum für zukunftsge- de werden in den Maßnahmen der Starke Motivationen für die Ertüch- rechtes Bauen (IKzB)“ analoge und digita- Die Leuchttürme dieser Initiativen laden Bepreisung von CO2 in den Sekto- tigung des energetischen Gebäu- le Beratung sowie Informationen (www. zum Nachahmen ein. ren Wärme und Verkehr erwartet. destandards werden von den breit bauen-der-zukunft.de). Es wäre begrü- Die Einnahmen sollen vorrangig als gefächerten Maßnahmen der Ener- ßenswert, wenn diese Angebote auch in Impulsgeber für neue Trends beim kli- gieberatung und Öffentlichkeitsarbeit 2021 rege angenommen und damit die mafreundlichen Wandel im Gebäude- erhofft. Gezielt sollen in Planungs- und Maßnahmen zum Klimawandel im Ge- bereich eingesetzt werden. Gleichzeitig Entscheidungsprozessen Effizienzpo- bäudebereich gezielt flankiert würden. sollen sie die Entlastung der Bürger tentiale erschlossen und gesamtge- sellschaftlich über den Mehrwert von energetischen Modernisierungsmaß- nahmen informiert werden. Die Auf- klärung über und Werbung für dieses Thema soll gesamtgesellschaftlich das Verständnis für klimafreundliches Handeln fördern, die Verhaltenswei- sen verändern und zum Mitwirken an der Dekarbonisierung anregen. 8 Klimafreundliches Planen und Bauen
DIE ÖKOLOGISIERUNG DES BAUENS UND DER STADTPLANUNG STEHT AN Kommissionspräsidentin Dr. Ursula von betrifft so viele Lebensbereiche und der Leyen setzte erstmalig in der Ge- ist mit anderen Wirtschaftszweigen so schichte der Europäischen Union den stark vernetzt wie die Baubranche. Die „Gebäudebereich“ prominent auf die Immobilienwirtschaft hat im Jahr 2019 Green Deal-Agenda. Zur gleichen Zeit mehr als 600 Mrd. Euro an Bruttowert- und während die Leipzig-Charta 2.0 ent- schöpfung erwirtschaftet3. Und schließ- wickelt wurde, führte ich Diskussionen lich müssen Nachhaltigkeitsziele mit der in einem bundespolitischen Beratungs- Lebensrealität der Menschen vor Ort gremium darüber, warum Bauen und zusammengebracht werden, um den Stadtentwicklung, inklusive Quartiers- Wandel sozial-ökologisch zu gestalten. betrachtungen doch gerade aus euro- Die Ökologisierung der gebauten Um- päischer Perspektive der Umwelt- und welt steht auf allen Ebenen an: Baustoffe, Klimaschutzpolitik wichtig sind. Weni- Gebäude, Außenraum und Städte. Dabei ger als ein Jahr später bringt die EU das muss es darum gehen, ressourcen- und Foto: Thomas Müller, IBA Thüringen neue Europäische Bauhaus auf den Weg! CO2-intensive Baustoffe klimafreundlicher Bauen und Stadtentwicklung rücken zu produzieren, Planen und Bauen mit damit in den Fokus der Klimaschutzde- Blick auf den gesamten Lebenszyklus und batte – und das ist gut so. Denn ca. ein alle Aufwände ökologisch zu optimieren, Drittel der CO2-Emissionen1 und 35 Pro- Bauen kreislauffähig, Gebäude und Struk- zent des Endenergieverbrauchs2, mehr turen nutzungsflexibel und krisenfester als 50 Prozent des Abfallaufkommens, gegen Klimawandelfolgen zu gestalten. Die Bauingenieurin Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker 90 Prozent der inländischen Entnahme Gleichzeitig hat die Corona-Pandemie setzt sich seit vielen Jahren für eine stärkere Einbindung der mineralischer Rohstoffe und 70 Pro- Verschiebungen verursacht: Der Ein- Stadt- und Bauplanung in die Klimapolitik ein. Sie ist Professorin zent des Flächenverbrauchs gehen auf zelhandel in den Innenstädten stirbt, für Gebäudetechnologie und Bauphysik an der Universität Siegen, das Bauen zurück. Zudem konzentriert der Online-Handel boomt; Büros saß bis 2020 im Sachverständigenrat der Bundesregierung für sich fast 75 Prozent des Ressourcenver- stehen leer, Home-Office bestimmt brauchs in Städten. Kaum eine Branche das Arbeitsleben. Überhaupt ha- Umweltfragen und ist seit 2017 Mitglied im Expertenkreis Zukunft Bau des Bundesbauministeriums. 2020 wurde sie in den Club of Rome International berufen und ist zudem Mitglied im Konvent 1 BMUB, KfW, BBSR: Energetische Stadtsanierung in der Praxis I. Grundlagen zum KfWProgramm 432. Berlin, 2017. der Bundesstiftung Baukultur. In ihrem Leitaufsatz beschreibt sie 2 https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/themen/bauen/energetischestadtsanierung1.html, Abgerufen am 28.01.2021 BMWi: Die Energie der Zukunft. Zweiter Fortschrittsbericht zur Energiewende. Berichtsjahr 2017. Berlin. u. a. die Ebenen, auf denen das Planen und Bauen im Sinne der 3 https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Energie/zweiterfortschrittsberichtzurenergiewende.pdf, Abgerufen am 28.01.2021 ZIA [Hrsg.] (2019) Immobilienwirtschaft 2019. Zentraler Immobilien Ausschuss e.V., Berlin. Klimapolitik große Veränderungen erfahren wird. https://www. ziadeutschland.de/fileadmin/Redaktion/Meta_Service/PDF/ZIAGB2019web.pdf 10 Die Ökologisierung des Bauens
Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker überall nach Wohlstand. Die Aufgabe und effizient einzusetzen, sondern auch lautet daher, einerseits Ressourceneffi- im Kreislauf zu halten. Bauen muss in zienz und andererseits, Wachstum und eine Kreislaufwirtschaft überführt wer- Konsum von negativen Umwelteffekten den, nach dem Motto „Weniger ist mehr“ abzukoppeln. Dazu brauchen wir keine und „immer wieder“. Dazu gehören Life Verbote und keinen Verzicht, sondern In- Cycle Engineering, recyclingfähige Ma- novation, Forschergeist, Kooperation und terialien, modulares wie klima- und res- baukulturell ansprechende Lösungen. sourcenneutrales Bauen, Vermeidung Gebäude und Infra- irreversibler Verbindungen usw. Das ist strukturen als Material- lager. Lebenszyklus im Blick – kein Spaziergang, aber es kann gelingen. Quelle: Bundesstiftung Baukultur, Design: Erfurth Kluger Infografik GbR für eine konsequente ben Innenstädte schwer zu kämpfen. „Lebe von den Erträgen, nicht Kreislauf(bau)wirtschaft Vom Energie- zum Ressourcen- Die Corona-Pandemie offenbart auch vor der Substanz“ – Ressourcen- ausweis: Klima- und Ressourcen- Defizite, wie das Krisen nun mal tun, knappheit als Innovationstreiber Dass im Gebäudesektor zwischen 1990 schutz zusammendenken Stichwort systemrelevante Industri- und 2014 rund 40 Prozent CO2-Min- en in der Globalisierung, Digitalisie- Vor fast 50 Jahren stellte der Club of Rome derung erzielt wurde, sagt noch nichts Betrachten wir nur die Energieeffizienz rung in Schulen und Verwaltungen, mit dem Buch „Die Grenzen des Wachs- über den Ressourcenverbrauch aus. im Betrieb, ist oft Übertechnisierung die Bürokratie, fehlende Rückzugsräume tums“ die Ressourcenfrage ins Zentrum Denn nach wie vor steht der Bausektor Folge, also mehr Material und Technik im sozialen Bereich und vieles mehr. der öffentlichen Aufmerksamkeit. Ernst- für ca. 50 Prozent des Ressourcenver- und somit mehr graue Energie und CO2- So viel steht fest: Veränderungen stehen Ulrich von Weizsäcker, ehemaliger Ko- brauchs. Ziel einer Ressourcenstrategie Emissionen. Damit Ressourcenverbrauch an und der Baubereich ist dabei zentral. Präsident mahnt auch heute, dass wir der Bundesregierung sollte sein, Bau- und Umwelteffekte nicht nur verschoben, Ein Neustart kann mit einer ökologischen vor allem ein Ressourcenproblem haben. ressourcen nicht nur maximal sparsam sondern insgesamt reduziert werden, ist Neuausrichtung klug verbunden werden. Jeder Bundesbürger „trägt“ rund 360 Dazu gehören eine ressourcenbewusste Tonnen Materialien aus „seinen“ An- Kreislaufwirtschaft, Anreize für Moderni- teilen an Infrastrukturen, an priva- sierungen des Gebäudebestands, mehr ten und öffentlichen Räumen stam- Urbanität und Vitalität in den Innen- mend. Die Weltbevölkerung wächst städten, mehr Qualität im Außenraum, jede Sekunde um 2,6 Menschen. Quartiersansätze, Nutzungsmischun- Allein China hat zwischen 2011 und 2013 Quelle: Bundesstiftung Baukultur, Design: Heimann + Schwantes gen, klimafreundliche Mobilität, Refor- mehr Beton verbraucht, als die USA im men im Baurecht und der Verwaltung. gesamten 20. Jahrhundert. Wenn wir Wir können den Wandel hin zu mehr langfristig alle ähnliche Ressourcen- Nachhaltigkeit, auch im Bauwesen und mengen verbrauchen, müsste man fast in der Stadtentwicklung hinbekommen. 1 000 Tonnen Materialien pro Sekunde Die Instrumente, die unsere parlamen- verbrauchen. Die Folge wären Schäden tarische Demokratie bereithält, reichen für die Umwelt und damit für unsere aus, um für die Herausforderungen natürlichen Lebensgrundlagen. Wer der Zukunft Lösungen zu finden und aber Wachstum und Konsum pauschal gemeinsam Fortschritt zu entwickeln. verurteilt, ignoriert Länder, die wachsen Kreislaufwirtschaft wollen und müssen. Menschen streben Bauen. 12 Die Ökologisierung des Bauens
Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker Quelle: Wohnen und Bauen in Zahlen; eigene Darstellung über Modernisierungsmaßnahmen, wie es FFF verlangt, muss genauer betrachtet Sanierungen und Umstieg auf erneu- werden. Der Wohnungsbestand wird zu erbare Energien. Zu den Hemmnissen 75 Prozent immer noch mit Öl und Gas be- zählen etwa demographische und finan- heizt. Für eine CO2-Neutralität bis 2035 for- zielle Aspekte, lange Erneuerungszyklen, dern Fridays for Future einen Umstieg auf Eigentümer/Nutzer-Dilemma, technische Wärmepumpen von heute 2,4 Prozent auf Unwägbarkeiten usw. – all das bremst mindestens 60 Prozent. Das ist aus vielen den notwendigen Modernisierungspro- Gründen nicht realistisch. Erstens zieht die zess. Ein klimaneutraler Gebäudebe- Studie für das Szenario „CO2-Neutralität in Verteilung des Wohngebäudebestands auf Baualtaltersklassen, aus „ Sanierungsbedarf stand bis 2050 lässt sich jedenfalls mit 2035“ Ausbauziele erneuerbarer Energi- im Gebäudebestand, BMWi 2014“ Hinweis: Bis 2018 kamen ca. 1 Million Wohngebäude dazu. Die Zahlen im obigen Diagramm verschieben sich geringfügig. Der Anteil der vor bisherigen Maßnahmen nicht erreichen. en heran, die andere Studien für das Jahr 1979 gebauten Gebäude beträgt dann 62 Prozent (statt 64 Prozent). 2050 formulierten. Für ein immerhin um Grenzen der Machbarkeit 15 Jahre vorgezogenes Ziel sollten deshalb die Betrachtung des Lebenszyklus erfor- Cradle-to-Cradle, Hersteller, die ihre Pro- beachten und neue Wege gehen technische und wirtschaftliche Machbar- derlich. Ein Ressourcenausweis5,6 ist da- dukte nach Nutzung dem Kreislauf zufü- keitsgrenzen Eingang finden. Zweitens her überfällig, um alle Ressourcenaufwän- gen etc. Es entstehen neue Geschäfts- Die Sanierungsrate stagniert derzeit bei lässt sich ein derart schneller Umstieg de im Gebäudelebenszyklus zu erfassen. modelle. Davon brauchen wir mehr. 1 Prozent. Vom Wuppertal Institut8 für nicht realisieren. Konkret: Selbst bei 8 Pro- Immerhin wurde die Überprüfung ganz- Fridays for Future (FFF) Ende 2019 wurde zent Umstiegsrate pro Jahr würden nur heitlicher Gebäudebewertung ins Gebäu- Die Herausforderungen liegen 4 Prozent als notwendig berechnet, um knapp 30 der insgesamt 42 Millionen Woh- deenergiegesetz (GEG) aufgenommen. im Bestand – immer noch CO2-Neutralität bis 2035 zu erreichen. nungen bis 2035 auf Wärmepumpen um- Vieles kann dazu beitragen, Ressourcen Es ist das Doppelte der anvisierten EU- steigen. Außerdem hat der Umstieg von einzusparen und die Planungen zu opti- Die CO2-Emissionen von Gebäuden fin- Marke der Renovierungswelle und das konventioneller Heizung (mit Heizkörpern) mieren, ohne Materialien gegeneinander den überwiegend im Gebäudebestand Vierfache des Regelfalls. Das bedeutet auf Wärmepumpe oft Rohbaumaßnah- auszuspielen, etwa Öko-Bilanzen, modu- statt. Um die gesteckten Klimaschutzziele konkret: In 15 Jahren wäre knapp die men (beispielsweise Fußbodenheizung lares Bauen, Life Cycle Engineering, mehr im Gebäudesektor zu erreichen, kommt Hälfte der 42 Millionen Wohnungen für niedrige Vorlauftemperaturen) zur Recycling und Einsatz von Koppelpro- es daher insbesondere auf den Bestand saniert. Das ist so nicht zu leisten und Folge, also höhere Kosten als bei einem dukten, rückbaufähige Konstruktionen. an. Mehr als 60 Prozent des Wohnge- scheitert allein an fehlenden Planungs- reinen Austausch der Heizungsanlage. Die Herstellung CO2-intensiver Baustoffe bäudebestands ist vor 1979 und damit und Baukapazitäten. Helfen würde eine wie Zement und Stahl muss erneuerbar vor der ersten Wärmeschutzverordnung zielgenaue Priorisierung, welche Gebäu- Den Blick erweitern: erfolgen. Die Kreislauffähigkeit von Bau- errichtet7. Zu dieser Zeit gab es weder detypen und Altersklassen wie umfas- Von Einzelgebäudebetrachtungen stoffen sollte bewertet werden. Dabei Anforderungen an den Wärmeschutz, send zu sanieren sind. Wie oben erwähnt zu Quartiersansätzen gehört zweifelsohne auch die Produktver- der die bauphysikalische Schadensfrei- sind Wohngebäude, die vor 1979 erbaut antwortung der Hersteller dazu. Um die heit der Bauteile im Blick hatte, noch sind, besonders sanierungsbedürftig. Um Klimaschutzziele im Bausektor zu er- Wertschöpfungskraft des Bausektors Anforderungen an die Energieeffizienz Der Umstieg auf erneuerbare Energien bei reichen und die Potentiale im Gebäude- für den Kima- und Ressourcenschutz zu der Gebäude, die die Begrenzung des der Heizung innerhalb kürzester Zeit, wie bestand zu erschließen sind methodisch nutzen, braucht es Innovation, Baufor- Energiebedarfs adressierte. Entspre- schung und Dialoge, die alle mitnehmen. chend sind die Potentiale für Klimaschutz 5 6 Messari-Becker, L. (2020) Warum wir endlich einen Ressourcenausweis für Gebäude brauchen [online]. Tagespiegel Background, 11. Mai 2020. Messari-Becker, L., Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung „Zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude, Es gibt gute Beispiele: Nachhaltigkeits- insbesondere im Bestand vorhanden. Drucksache des Bundestages 19/16716, 19/17037“ Gebäudeenergiegesetz GEG: zertifizierungen, recyclingfähige Dämm- Gleichzeitig bestehen im Gebäudebe- 7 https://www.bundestag.de/resource/blob/684910/a5dd4ea2eb12cf94cfa9e0607d3f966c/stgn_messari-becker-data.pdf BMWi 2014, Sanierungsbedarf im Gebäudebestand. Ein Beitrag zur Energieeffizienzstrategie Gebäude, Berlin stoffe, Startups für selektiven Rückbau, stand zahlreiche Hemmnisse gegen- 8 Wuppertaler Institut: CO2-neutral bis 2035: Eckpunkte eines deutschen Beitrags zur Einhaltung der 1,5-°C-Grenze, Bericht, Oktober 2020 14 Die Ökologisierung des Bauens
Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker neue Wege gefragt. Wir werden uns von und Fähigkeiten, erneuerbare Energien Maßnahmen ausschließlich am Einzel- zu gewinnen und verfügen über Fläche. gebäude lösen müssen. So sind Maß- Gelingt es, den Energiebedarf zu reduzie- nahmen auf der Quartierseben solchen ren und diesen mit der Gewinnung und auf der Ebene von Einzelgebäuden weit Nutzung erneuerbarer Energien (EE) lokal überlegen. Erweitern wir den Blick auf das zu vernetzen, lassen sich verschiedene Quartier, als Bindeglied zwischen einer- Szenarien für Effizienzmaßnahmen und seits dem Einzelgebäude und anderer- für die Gewinnung erneuerbarer Energien seits der Stadt, erschließen wir ein größe- im urbanen Raum verfolgen. Das wäre Szenarien der EE-Wärmeversorgung lassen sich mit Effizienzmaßnahmen kombinieren10 (links: Business-as-usual-Szenario, rechts: ambitioniertes Szenario). res Handlungsfeld, in dem Maßnahmen ein Gewinn für den urbanen Klimaschutz. und Projekte gemeinsam und in Serie Die nachfolgenden Diagramme stellen durchgeführt werden. Diese Maßnahmen exemplarisch mögliche Szenarien, ge- im Verbund ermöglichen Skaleneffekte trennt nach Strom und Wärme, dar. Die mit ökologischen und ökonomischen Szenarien unterscheiden sich jeweils in Vorteilen. Serielle Sanierung erhöht die Sanierungsraten oder Ausbaugrad erneu- Sanierungsrate und spart Kosten, da erbarer Energien, hier als „business-as- nicht jedes Gebäude einzeln geplant wer- usual“sowieambitionierterPfaddargestellt. den muss. Die soziale Identifikation mit dem eigenen Quartier aktiviert Mitmach- Quartiersansatz etablieren: effekte. Dann wird auch eine Renovie- Förderpolitisch, rechtlich und Szenarien der EE-Stromversorgung auf Quartiersebene, gleiche Quelle wie oben rungswelle der EU leichter realisierbar. organisatorisch (links: Business-as-usual-Szenario, rechts: ambitioniertes Szenario). Stadtraumtypen und Quartiere haben oft ähnliche Gebäudetypen und Baualtersklas- Um diese Potentiale zu heben, gibt es satz muss förderpolitisch, rechtlich und Dazu zählen einige mögliche Ins- sen – und damit ähnliche Einsparpotentiale allerdings viel zu tun. Der Quartiersan- organisatorisch etabliert werden. Pra- trumente: Förderoffensive für Quar- xisprojekte belegen längst den Mehrwert tiersmaßnahmen, Etablierung in Ge- von Quartierslösungen. Auch der Sach- setzen und Fördersystemen (GEG, Stadtraumtypen mit verständigenrat der Bundesregierung EU-EE-Richtlinie, Städtebauförderung, ähnlichen Gebäudetypo- logien und Fähigkeiten für Umweltfragen formulierte dazu im KfW), serielle Sanierungen, Sanierungs- erneuerbare Energien zu Umweltgutachten 202011 umfassende pfade, lokale Vernetzung von Energie- gewinnen, Messari-Becker 20139, Klimaschutzkonzept Empfehlungen. Kernbotschaft ist, Quar- bedarf und -gewinnung, Förderung von für Riedstadt. tiere als strategische Handlungs- und Mieterstrom, digital-gestützte Energie- Umsetzungsebene für mehr Umwelt- vernetzung, kommunale Wärmenetze, und Klimaschutz förderpolitisch, recht- warmmietenneutrale sozialverträgliche lich und organisatorisch zu etablieren. Quartierssanierungen bis hin zur Ent- 9 Messari-Becker 2013: Klimaschutzkonzept Riedstadt, Abschlussbericht, Bollinger + Grohmann Ingenieure. https://www.riedstadt.de/lebeninriedstadt/ abfallenergieumweltnatur/energieundklima.html (28.02.2021), Darstellung angepasst. 10 Messari-Becker, L. 2014: Energetische Quartier- und Stadtsanierung am Beispiel der Stadt Riedstadt – Ein Forschungsbericht. Bauphysik und Messari-Becker, L. (2014): Gebäude – Gebäudecluster – Stadträume, Elemente eines Klimaschutzkonzeptes am Beispiel der Stadt Riedstadt, Bauingenieur sowie Klimaschutzkonzept Riedstadt. Abschlussbericht. 11 Umweltgutachten 2020, SRU: Für eine entschlossene Umweltpolitik in Deutschland und Europa: Das Quartier: Raum für mehr Umwelt- und Klimaschutz https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/01_Umweltgutachten/2016_2020/2020_Umweltgutachten_Kap_07_Quartier. pdf?__blob=publicationFile&v=6 Autorin (Mitglied im SRU von 2016 bis 20) verantwortete und leitete das Kapitel. 16 Die Ökologisierung des Bauens
Prof. Dr.-Ing. Lamia Messari-Becker wicklung von umwelt- und klimaschutz- schäden, Luftverschmutzung, Konkur- in der Stadt und auf dem Land möglich. bezogenen Zielmarken für Quartiere im renz um Außenraum usw. sind die Folgen. Und jedes Mal wird es darum gehen, Rahmen einer Bund-Länder-Initiative. Die Reduktion des unnötigen Individual- unterschiedliche Bedürfnisse und teil- Jedes Quartier ist einzigartig und damit PKW-Verkehrs muss daher Ziel einer in- weise auch konkurrierende Interessen, komplex. Hier agieren Akteure mit völ- tegrierten Verkehrsplanung sein. Es muss in eine intergierende Raum- und Stadt- lig unterschiedlichen Interessen und um intelligente Verlagerung gehen, und entwicklung möglichst zusammenzu- Quelle: SRU Vorrausetzungen, von Mieter bis zum nicht nur um Ersatz. Denn, mit E-Mobilität bringen. Es geht um Beteiligung, Abwä- Investor. Gemeinsames Handeln muss und autonomem Fahren bekommen wir gungsprozesse und Ausgleich. Die in daher organisiert werden. Eine Quartier- nicht weniger sondern viel mehr Ver- der Verfassung verankerte kommunale Governance und Kooperationsplattfor- kehrsaufkommen in den Innenstädten. Selbstverwaltung ermöglicht nationale men können Akteure zusammenbringen, Moderne und zukunftsfähige Mobilität Ziele unter Berücksichtigung der Situa- um gemeinsame Ziele zu entwickeln. Quartiersdimensionen, Umweltgutachten 2020, bedeutet von A nach B, schnell, ökolo- tion vor Ort zu erreichen und dabei die Kapitel „Das Quartier: Raum für mehr Umwelt- und Klimaschutz“. gisch und bezahlbar zu kommen. Dazu Menschen mitzunehmen. Das ist Kern Die Klimaanpassung gehören ein attraktiver, sicherer und unserer Demokratie – und das ist gut so. muss zur nationalen Aufgabe es zwar genug, aber auch Flächenkon- zuverlässiger ÖPNV, nutzungsgemischte erhoben werden kurrenzen und andere Umweltprobleme. kompakte und kleinteilige Stadtstruk- Das vorliegende Jahrbuch des BDB be- Klimagerechtes Bauen kommt sehr lan- turen, die die „Stadt der kurzen Wege“ sticht durch Beiträge aus Forschung, Eh- Neben allen Bemühungen um Klima- ge ohne Übertechnisierung aus, siehe ermöglichen, Car-Sharing, sichere Wege renamt, Praxis, Politik und Verwaltung. Das schutz muss auch die Klimaanpassung südländliche und maurische Architektur. für Fußgänger und Radfahrer, die ih- Buch spannt in einer besonderen Zeit mit von Gebäuden und Städten zur natio- Wir kümmern uns auch heute um jedes ren Namen verdienen und vieles mehr. besonderen Aufgaben einen großen Bo- nalen Aufgabe erhoben werden. Es er- Detail bei der Gebäudeplanung, etwa um Das sind Korrekturaufgaben, die Jahr- gen über wichtige Fragen und Handlungs- fordert Korrekturen im Hoch- und Städ- Grundrisse, Energieeffizienz, Barrierefrei- zehnte dauern können. Eine tragfähige möglichkeiten rund um eine zukunfts- tebau: Entsiegelung, mehr Grün, mehr heit, Schallschutz, aber haben dann kein Verkehrspolitik stellt die Menschen in fähige Baukultur und Stadtentwicklung. Wasser im Außenraum, Freilegen von Problem damit, im Außenraum kaum den Mittelpunkt ohne zu polarisieren, Lüftungs- und Kühlschneisen, mehr Ver- Grün oder Wasser vorzusehen. Man ohne andere Interessen aufs Spiel zu Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen! schattung im Außenraum, speicherfähige kann in einigen Stadtmitten lange spa- setzen. Sie macht attraktivere Angebote Lamia Messari-Becker Materialien, sickerfähige Bodenbeläge im zieren gehen, ohne auch nur einen ein- Außenraum und vieles mehr. Will man zigen Baum zu sehen. Kurz gesagt: zu viel Quelle: SRU zukünftig die extreme Hitze an Sommer- Versiegelung, auch für die „autogerechte“ tagen mildern und dabei nicht nur auf Stadt, zu wenig Grün und zu wenig Einbin- Kühlung der Gebäude setzen, bedarf es dung des Stadtklimas. Wir müssen dem flächendeckende Klimaanpassungsstra- Außenraum und dem Stadtklima eine tegien. Ein Beispiel: Klimaanlagen und höhere Bedeutung als bisher beimessen. Ventilatoren machen schon heute fast 10 Prozent des internationalen Strom- Eine tragfähige Verkehrswende verbrauchs aus. Wenn es so weitergeht braucht eine Stadt der kurzen wie bisher, geht es 2050 um das Drei- und sicheren Wege Überblick über die Empfehlungen im fache, mehr als alle Kraftwerke der EU Umweltgutachten 2020, Kapitel „Das Quartier: und der Vereinigten Staaten zusammen Das überhöhte Verkehrsaufkommen in Raum für mehr Umwelt- produzieren. PV-Strom im Sommer gäbe Großstädten ist unbestritten. Umwelt- und Klimaschutz“. 18 Die Ökologisierung des Bauens
EIN EUROPA FÜR DIE NÄCHSTEN GENERATIONEN Einer der Gründungsväter unserer Eu- Büro oder beides? Wie wichtig sind mir ropäischen Union schrieb 1954: „Eu- Balkon und Garten oder die Möglichkeit ropa. Sicher, es ist essentiell am wirt- mit dem Rad zur Arbeit zu fahren, statt schaftlichen Wiederaufbau zu arbeiten, mich in eine S-Bahn zu klemmen? Was militärische Sicherheit zu garantieren brauche ich zum guten Leben und wen und es politisch zu organisieren, damit möchte ich wirklich um mich haben? Die- wir erneute blutige Konflikte verhindern. se Pandemie ist auch eine Chance, um- Aber was würden all unsere Anstren- zudenken, wie wir künftig zusammenle- gungen wert sein, wenn wir nicht gleich- ben und mit der Natur umgehen wollen. zeitig in der Lage sind, eine solide und tiefe Basis in den kulturellen Beziehun- Die Pandemie & ihr Folgen gen zwischen den europäischen Län- dern zu schaffen? Hier formt sich der Schon vor der Pandemie trieb die Sorge europäische Geist und der Geist wird um unsere Umwelt und den Klimawan- alles andere formen.“ Schöner kann ich del viele Menschen um. Den meisten es nicht sagen. Diese Worte stammen ist klar, dass wir die Grenzen unseres Foto: Claudio Centonze von Robert Schuman. Diesem Visionär Planeten besser respektieren müssen. unseres heutigen Europas war es wich- Und dass auch wir unsere persönliche tig, kurz nach der Gründung der Kohle- Lebensweise überdenken müssen. Aus und Stahlunion auch die Europäische diesem Grund hat die Europäische Kulturstiftung auf den Weg zu bringen. Union dem Europäischen Green Deal Er wusste, wie wichtig es ist, Wachs- Priorität eingeräumt. Europa soll bis Ursula von der Leyen ist seit dem 1. Dezember 2019 tum und harte Wirtschaftsfaktoren 2050 der erste klimaneutrale Kontinent Präsidentin der Europäischen Kommission. mit Kultur und Emotion zu verbinden. werden. Um das zu erreichen, müssen Die ehemalige Bundesministerin setzt sich in ihrer aktuellen wir schon jetzt ehrgeiziger werden. Funktion auch für den Kampf gegen den Klimawandel ein. Die wirtschaftlichen und gesellschaft- Deshalb haben wir vorgeschlagen, die Mit der Initiative für ein Neues Europäisches Bauhaus nimmt die lichen Folgen der Corona-Pandemie Klimaziele schon für 2030 erheblich EU auch BauplanerInnen in die Verantwortung für ein sind heute kaum abzuschätzen. Unsere zu verschärfen – von 40 auf 55 Pro- Perspektive auf Europa, unser Dorf, un- zent. Und 2021 legen wir eine ganze klimaneutrales Europa bis zum Jahr 2050. In ihrem Beitrag sere Stadt und viele alltägliche Gewohn- Reihe an Gesetzesvorschlägen auf den beschreibt die Kommissionspräsidentin, welche Rolle heiten und Dinge ist bereits eine ganz Tisch, um die Versprechen einzuhalten. dem Neuen Europäischen Bauhaus dabei zukommen kann. andere als noch vor einem Jahr. Wollen wir zuhause arbeiten oder in einem 20 Ein Europa für die nächsten Generationen
Ursula von der Leyen Der Handlungsdruck durch den Klima- eine Brücke sein. Eine Brücke zwischen Herstellung immens viel Energie ver- Europäisches Bauhaus wandel und den erwarteten Anstieg der der Welt der Wissenschaft und Techno- braucht und direkt CO2 freisetzt. Das his- Erdbevölkerung auf bis zu zehn Milli- logie und der Welt der Kunst und Kultur. torische Bauhaus hat auf diese Materia- So können wir die Wettbewerbsfähig- arden Menschen bis 2050 ist enorm. lien gesetzt, um den Herausforderungen keit unserer europäischen Unterneh- Die gute Nachricht ist, dass auch die Wir alle wissen, dass gutes Design Leben der Industrialisierung gerecht zu werden men stärken. Und das ist nötig. Denn Chancen, die darin für Europa liegen verbessern kann. Die historische Bau- und Wohnen bezahlbar zu machen. Die wir sehen, wie in allen Teilen der Welt enorm sind. Dieser Kurs wird nahezu haus-Bewegung hat es vorgemacht. Ihre Form folgte Funktionalität. Heute müs- das Verständnis wächst, dass wir mehr alle Bereiche unserer Wirtschaft wei- Spuren ziehen sich bis heute durch die sen wir einen Schritt weitergehen. Die gegen den Klimawandel tun müssen. terentwickeln – von der Automobil-In- ganze Welt. Sei es im Stadtzentrum von Form des Neuen Europäischen Bau- Bis Ende 2020 sind China, Südafrika, Ja- dustrie bis zur Energie-Wirtschaft; von Tel Aviv, wo sich in manchen Straßen ein hauses folgt Funktionalität und der Ge- pan, Südkorea und Kolumbien dem eu- der Mobilität bis zur Landwirtschaft. Wir im Bauhausstil entworfenes Gebäude sundheit unseres Planeten. Wir wollen ropäischen Beispiel gefolgt und haben müssen konsequent auf eine Kreislauf- ans nächste reiht; sei es in Stoffen und lebenswerten Wohnraum schaffen für angekündigt, dass sie klima- oder zu- wirtschaft setzen. Die Herausforderun- Textilien, die nach Bauhaus-Mustern die wachsende Zahl an Menschen und mindest CO2-neutral werden wollen bis gen sind groß, aber mindestens ebenso gewebt sind, oder eben in zahlreichen gleichzeitig Klima und Umwelt schützen. 2050/2060. Kürzlich hat eine Allianz gro- groß sind die Möglichkeiten. In vielen Kunstwerken und Gemälden, die unse- ßer US-amerikanischer Industrieunter- Sektoren grüner Technologien ist Eu- re Museen schmücken. Die historische Wir müssen umdenken und vor allem nehmen, darunter Autokonzerne und ropa bereits heute sehr gut aufgestellt. Bauhaus-Bewegung hat nachhaltig vor umplanen. Unsere Wirtschaft muss Dienstleister, die zusammen mehr als Europa hat die Wissenschaftslandschaft, allem Architektur und Kunst, aber letzt- schon am Reißbrett in Ressourcen fünf Millionen Arbeitnehmer beschäf- die innovativen Industrien und die krea- endlich die gesamte Gesellschaft beein- schonenden Kreisläufen denken. Sie tigen, den gewählten Präsidenten Joe tiven Köpfe, um solch einen grundlegen- flusst. Das ist bis heute sichtbar – von muss sich so organisieren, dass wir Biden aufgefordert, wieder dem Pariser den Wandel zu bewältigen. Der Green Chicago bis Dessau. Von Ascona bis Ka- der Natur das zurückgeben, das wir Klimaabkommen beizutreten. Diese Un- Deal birgt die Chance, unsere europä- liningrad. Das Bauhaus, das seine Wur- ihr entnehmen. Europa kann und soll ternehmen haben erkannt, dass sie sich, ische Wirtschaft zum Weltmarktführer zeln in Weimar und Dessau hat, hat den dabei eine führende Rolle spielen. Der wenn sie jetzt umsteuern und in Nach- für nachhaltige Produkte zu machen. sozialen und wirtschaftlichen Übergang Europäische Green Deal öffnet einen haltigkeit investieren, mittel- und lang- zur Industriegesellschaft und ins 20.Jahr- breiten Fächer an Möglichkeiten. Er fristig enorme Vorteile auf dem Welt- European Green Deal hundert geprägt. Hundert Jahre später ist unsere neue Wachstumsstrategie. markt verschaffen. Europa muss sich erfordert der Europäische Green Deal anstrengen, wenn es vorne bleiben will. Corona könnte diesen Prozess noch be- ein ähnlich umfassendes Umdenken. Das Neue Europäische Bauhaus kann schleunigen. Für den Wiederaufbau wer- einen entscheidenden Beitrag leisten, Digitalisierung den gewaltige Investitionen mobilisiert. Umwelt & Klimawandel Märkte zu entwickeln und Innovationen Ein großer Anteil davon ist für nachhaltige zu fördern – als Schauraum und Be- Neben der Nachhaltigkeit, soll sich das Investitionen vorgesehen und für einen Gebäude und Infrastrukturen sind ein schleuniger. Etwa als Bauwirtschaft im Neue Europäische Bauhaus auch den an- Digitalisierungsschub, der auch umwelt- entscheidender Faktor im Kampf gegen Einklang mit der Natur, die auf natürliche deren Megatrend unseres Jahrhunderts freundlicheres Reisen, Wohnen und Ar- den Klimawandel und für eine nachhalti- Materialien wie Holz oder Bambus setzt. zunutze machen: Die Digitalisierung ver- beiten fördern kann. Deshalb ist gerade ge Wirtschaft. Sie sind für mindestens 40 Als Architektur, die sich naturnahe For- ändert zunehmend unser Denken und jetzt die richtige Zeit für eine neue europä- Prozent aller Treibhausgasemissionen in men und Konstruktionsprinzipien zu ei- Handeln. Häuser, Siedlungen und Städte ische Bauhaus-Bewegung, die sich diesen der Europäische Union verantwortlich. gen macht, die von Anfang an auf Wech- arbeiten und funktionieren künftig mit ih- Herausforderungen stellt und hilft, kluge Dazu kommt, dass moderne Konstrukti- selwirkungen in Ökosystemen Rücksicht rem „digitalen Zwilling“. So können schon und attraktive Antworten zu entwickeln. onen meist vor allem Zement und Stahl nimmt und die Nachhaltigkeit und Wie- mittels Computersimulation bessere Das Neue Europäische Bauhaus soll nutzen. Das sind zwei Materialien, deren derverwendbarkeit konsequent einplant. Konstruktionsentscheidungen in Bezug 22 Ein Europa für die nächsten Generationen
Ursula von der Leyen auf Ressourceneffizienz, Wiederver- Der richtige Zeitpunkt ausformuliert. Wir schaffen einen Rah- lich Interessantes in Deutschland und wendbarkeit oder Auswirkungen auf das men für die Ideen und Kreativität der Europa wie anderen Kontinenten. Es Umgebungsklima getroffen werden – Ich bin überzeugt, dass der Zeitpunkt da- Europäerinnen und Europäer. Wir möch- wird entscheidend sein, dass wir auch noch bevor der Bau überhaupt beginnt. für richtig ist. Die von der Corona-Krise ten gemeinsam mit vielen Interessierten dafür unsere Augen öffnen. Denn Kli- Fehlentscheidung können so minimiert durchgerüttelten Menschen in Europa das Konzept des Neuen Europäischen ma- und Umweltschutz ist eine globale werden. Es ist faszinierend, wie viel dank und anderswo sehnen sich nach einer Bauhauses entwickeln und schärfen. Aufgabe; keine, die wir auf Europa be- künstlicher Intelligenz heute schon mög- positiven Zukunftsperspektive. Sie wis- schränken sollten. Bauen kann dabei lich ist. Wir wollen den digitalen und den sen, dass unser Zusammenleben nach Plattform & Netzwerke eine entscheidende Rolle spielen. In grünen Wandel miteinander verbinden. der Pandemie nicht mehr so sein wird Städten genauso wie auf dem Land. Wenn wir es richtig machen, können sie wie zuvor. Aber das Neue, die Zukunft ist Dafür planen wir verschiedene Platt- sich gegenseitig unterstützen und ver- auch noch nicht da. Das Neue Europäi- formen und Netzwerke. Wir wollen Vielfalt der Ideen bessern. Auch dazu kann das Neue Eu- sche Bauhaus kann den Raum schaffen, zusammenarbeiten mit Partnerorgani- ropäische Bauhaus einen Beitrag leisten. gemeinsam darüber nachzudenken, wie sationen überall in der Europäischen Schon jetzt ist das Interesse und die ein neues Lebensgefühl in einem ge- Union. Sie werden Workshops, Brain- Vielfalt der Ideen enorm, die mich täg- Wenn der Green Deal ein Erfolg werden sünderen, digitaleren, nachhaltigeren storming-Sessions oder Konferenzen lich erreichen. Die Bandbreite reicht von soll, brauchen wir mehr als innovative Europa gestalterisch umgesetzt kann. zum Thema organisieren. Wir wollen Vorschlägen, wie man Bahnhöfe oder Technik und naturbasierte Baumateria- mit dem Neuen Europäischen Bauhaus Opernhäuser nachhaltiger gestalten lien. Wir brauchen mehr als nur das Zu- Sozial & Gleichberechtigt aus dem gewohnten Raster heraus. Wir oder auch renovieren könnte über Ide- rückfahren von Emissionen. Der Europä- wollen auf die Straßen der Städte und enwettbewerbe für zirkuläres Design bis ische Green Deal muss auch ein neues Dabei wird auch die soziale Komponen- Regionen zwischen Vilnius und Sevilla, zu praktischen Produkten wie Solarzie- kulturelles Projekt für Europa sein. Das te eine entscheidende Rolle spielen: zwischen Dublin und Sofia. Hin zu den gel. Wir spüren, dass das Projekt sehr vie- Neue Europäische Bauhaus kann den Wie garantieren wir mehr Gleichberech- Menschen. In ihre Lebenswelten. Die- le Menschen, die schon seit Jahren oder grünen Wandel erfahrbar und begreif- tigung und Inklusion? Wie machen wir ses Abenteuer starten wir gemeinsam Jahrzehnten in diesen Bereichen mit bar machen. Jede Bewegung hat ihr gutes Wohnen bezahlbar? Welche Vor- mit KünstlerInnen, DesignerInnen, Un- großem Enthusiasmus und Sachkunde eigenes Design und ihre eigene Ästhe- aussetzungen müssen geschaffen wer- ternehmerInnen und ArchitektInnen. arbeiten, neu motiviert. Für sie sind diese tik. Wir wollen Schönheit und Nachhal- den, dass Menschen aus unterschied- Dinge nicht neu, aber sie bekommen mit tigkeit miteinander in Einklang bringen. lichen Generationen gemeinsam gut Pilotprojekte dem Neuen Europäischen Bauhaus eine Mit der neuen Bauhaus-Bewegung wol- leben können? Und was bedeutet das neue öffentliche Bühne. Es ist eine neue len wir einen Raum des gemeinsamen für Architektur und Design? Auch diesen Unser Ziel ist es, diese erste Designpha- Chance, dass sich Gleichgesinnte in Euro- Gestaltens und der Kreativität schaffen, Fragen wird sich die Neue Europäische se bis zum Sommer 2021 abzuschließen pa vernetzen. So könnte das Neue Euro- in dem ArchitektInnen, KünstlerInnen, Bauhaus-Bewegung stellen müssen. und dann konkrete Ausschreibungen päische Bauhaus zu einer kraftvollen Be- Studierende, System- und Klimawis- für erste Pilotprojekte zu starten. Wir wegung wachsen, die zum Gestalter und senschaftlerInnen, IngenieurInnen und Wie genau die neuen europäischen Bau- stellen uns vor, dass schon im kom- Treiber werden kann für den Europäi- DesignerInnen zusammenarbeiten, häuser aussehen werden, wird sich erst menden Jahr mindestens fünf konkre- schen Green Deal. Gemeinsam können um diese große Vision zu verwirkli- in der Designphase des Projekts zeigen. te Bauhaus-Projekte in verschiedenen wir ein besseres Europa bauen, ein Eu- chen. Das Neue Europäische Bauhaus Denn eines ist uns sehr wichtig: Für die- Mitgliedsstaaten starten können. Wir ropa für die nächsten Generationen. Ich wird eine treibende Kraft sein, um sich ses Projekt ist keine Richtlinie aus Brüssel hoffen auch von Ihrer Seite auf reges lade Sie herzlich ein, es mitzugestalten. auf innovative bürgernahe Weise mit vorgesehen. Es wird nicht an den Schreib- Interesse und tätige Begleitung. Gerade dem Green Deal auseinanderzusetzen. tischen der Europäischen Kommission in der Architektur passiert viel unglaub- 24 Ein Europa für die nächsten Generationen
SOZIALE UND ÖKOLOGISCHE NACHHALTIGKEIT Die Wohnungspolitik steht auch in die- betrachten. Klimaschutz und Sozialver- sem Jahrzehnt vor großen Herausforde- träglichkeit sind zwei Seiten ein und der- rungen. Wohnen ist vielerorts ein knap- selben Medaille, denn ohne die Akzep- pes Gut geworden. Die Schaffung von tanz der Bevölkerung für entsprechende bezahlbarem Wohnraum ist eine der Maßnahmen – nicht nur, aber vor allem zentralen sozialen Fragen unserer Zeit. mit Blick auf die Frage der Finanzierung Die zweite Frage – und in ihrem Kern ist – wird die Energiewende im Gebäude- auch sie eine zutiefst soziale – betrifft bereich nicht gelingen. Diese Erkenntnis die Bekämpfung des Klimawandels und gilt ausnahmslos für alle klimarelevanten die Bewältigung seiner bisherigen Fol- Politikfelder: Die Klimaziele sind nur so- gen. Es steht außer Frage, dass die Zeit zialverträglich zu erreichen oder sie sind drängt. Handeln wir nicht oder nicht faktisch nicht zu erreichen. Es ist die Auf- ausreichend, trifft es uns alle. Am här- gabe der Politik und aller weiteren Betei- testen wird es jene treffen, die wenig ligten, bestehende Ziel- und Interessens- eigene Ressourcen zur Anpassung ha- konflikte zu entschärfen und bestmöglich Foto: © Nadine Stegemann ben – im globalen Maßstab ebenso, wie in Einklang zu bringen. Nur so ersparen bei uns vor Ort. Nicht ohne Grund hat wir uns berechtigte Vorwürfe nachfol- der EU-Gipfel in Brüssel daher kurz vor gender Generationen, im Wissen um den dem Jahreswechsel die europäischen Ernst der Lage nicht nachdrücklich zur Klimaziele deutlich verschärft. Der Aus- Problemlösung beigetragen zu haben. stoß von Treibhausgasen soll bis 2030 um mindestens 55 Prozent statt 40 Pro- Wir brauchen eine Kevin Kühnert ist stellvertretender SPD-Parteivorsitzender zent unter den Wert von 1990 sinken. Sanierungsoffensive und seit Anfang 2020 Verantwortlicher des SPD-Vorstands Es ist unbestritten, dass der Gebäudebe- reich einen signifikanten Beitrag auf dem Nehmen wir wissenschaftliche Erkennt- für den Bereich Immobilien, Bauen und Wohnen. Weg zur CO2-Klimaneutralität leisten nisse ernst und führen uns die besten Der ehemalige Juso-Vorsitzende erläutert im Beitrag seine kann und muss, denn die zu hebenden verfügbaren Klimamodelle vor Augen, Sicht darauf, wie eine Vereinbarkeit von sozialem und gleichzeitig Einspar- und Effizienzpotentiale in unse- dann führt kein Weg daran vorbei, dass nachhaltigem Wohnungsbau möglich werden kann. rem Gebäudebestand sind nach wie vor wir bis zur Mitte des Jahrhunderts un- Die Kompetenzen und Ideen von BauplanerInnen wird es groß. Nicht nur angesichts des Zeitdrucks sere Treibhausgasemissionen auf nahe dafür genauso brauchen, wie sozialpolitische Werkzeuge. verbietet es sich, klimaschonendes, ener- Null senken müssen. Dazu gehört, bis giesparendes Bauen und bezahlbares 2050 einen nahezu klimaneutralen Ge- Wohnen weiterhin als Gegensätze zu bäudebestand zu erreichen. Dies wird 26 Soziale und ökologische Nachhaltigkeit
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