Jahres- 2020 bericht - IN VIA

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Jahres- 2020 bericht - IN VIA
Jahres-
                                                                     bericht
                                                                   2020

IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit Diözese Rottenburg-Stuttgart e. V.
Jahres- 2020 bericht - IN VIA
Inhalt

    Familien stärken
     KiFaZ Wilde Hilde                            4

    Jungen Frauen Raum geben
     Hildegardisheim                              6
     ZIMA – Zentrum für interkulturelle
     Mädchen- und Frauenarbeit                    7

    Perspektiven entwickeln
     Jugendmigrationsdienste                     8
     Bildungsberatung Hochschule                 11
     Kompetenzzentrum Berufsqualifikationen      12
     Jugendsozialarbeit an beruflichen Schulen   14

    Reisende unterstützen
     Bahnhofsmission                             16

    Verband
     Geistliche Begleitung                       19
     Unternehmensprofil                          20
     Organigramm                                 21
     Finanzen                                    22

    Helfen Sie mit!                              23
     Impressum                                   24

                                                      Fensterausstellung des Jugendmigrationsdienstes Ulm:
                                                                      „Kunst trotz(t) Corona"

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Jahres- 2020 bericht - IN VIA
Vorwort

LiebeLeserin,lieberLeser,liebeLeser*innen1,
wir sind in den letzten anderthalb Jahren viele kreative Wege gegangen und haben
einiges getan, was wir uns (noch) nicht zugetraut hätten.
„Wir“ – das sind in erster Linie die Mitarbeitenden, die in den unterschiedlichen
Bereichen schnell gute Ideen entwickelt und Lösungen erarbeitet haben, um Kontakt
zu halten zu den Klient*innen und Hilfesuchenden mit klassischen, aber auch vielen
neuen Methoden.
Hier sind „wir“ (der Vorstand) sehr beeindruckt und freuen uns über die nach wie vor
vorhandene Lust am Tun und Entdecken. Herzlichen Dank an alle Hauptberuflichen
und ehrenamtlich Tätigen, die mit großem Einsatz und Engagement trotz aller
Widrigkeiten die Menschen, die uns anvertraut sind, begleitet und unterstützt haben!
Dadurch konnten auch die meisten Zuschüsse erhalten bleiben, wofür wir (alle)
natürlich besonders dankbar sind.
Dass es auch Schattenseiten gibt, soll nicht verschwiegen werden. Ängste in den
eigenen Reihen, Kinder und Jugendliche, die abgehängt und nur schwer zu erreichen
sind, Eltern, die im Lockdown dringend auf die Notbetreuung ihrer Kinder angewiesen
sind. Da unsere Klientel insbesondere die weniger begüterten Jugendlichen sind,
wurde ganz offensichtlich, dass die digitale Beschulung eine schwer zu erfüllende
Zumutung ist, die von unserer Seite Unterstützung erforderte – von der Vereinsamung
und den psychischen Auswirkungen der Kontaktbeschränkungen ganz zu schweigen.
So ist es folgerichtig, dass auch die Jugendsozialarbeit als systemrelevant zu
betrachten ist.
Wie F. D. Roosevelt sagte: „Glück liegt in der Freude des Erreichten und im Erlebnis
der kreativen Bemühungen.“
Wir laden Sie ein, dieses Glück mit uns zu teilen und uns auf den kreativen Wegen
zu folgen.

Herzlichst

Ilona Rauschopf                        Oliver Haag                    Anne Käpplinger
Vorstandsvorsitzende                   Finanzvorstand                 Vorstand

1
    Wir leben in einer bunten und vielfältigen Gesellschaft. Diese Vielfalt möchten wir sprachlich durch den
    Genderstern* sichtbar machen, wenn keine geschlechtsneutrale Bezeichnung möglich ist.

                                                                                                               3
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Familien stärken
                                     KiFaZ Wilde Hilde

       Unsere Einrichtung            DieWildeHildeinwildenZeitenunterPandemiebedingungen
                                     In diesem Jahr konnte das Kinder- und Familienzentrum (KiFaZ) viele neue und
    In unserer Kindertagesstätte
                                     kreative Wege gehen. „In Zeiten wie diesen…“, als wir die KiTa leider kurzfristig
 Wilde Hilde betreuen wir insge-
 samt 145 Kinder. Im Zusammen-       schließen mussten. Wir durften nur Notbetreuung anbieten. Nach einiger Zeit hieß
      spiel mit den Vorgaben des     es für uns wieder Regelbetrieb, aber „unter Pandemiebedingungen“, zu organisieren.
  Orientierungsplans des Landes
                                     Während der Schließzeit und Notbetreuung war es uns besonders wichtig, den Kon-
 Baden-Württemberg orientieren
wir uns in der täglichen Arbeit an
                                     takt zu den Familien und Kindern zu halten. In Kontakt waren wir auf verschiedenen
 dem EEC-Ansatz (Early Excellent     Ebenen und auf unterschiedlichen Wegen. Die Fachkräfte der einzelnen Gruppen
  Centers), bei Kindern unter drei   hielten telefonisch Kontakt zu den Kindern und Familien, um für die Kinder da zu
     Jahren mit der Schwerpunkt-     sein. Von verschiedenen Mitarbeitenden und Teams wurden kreative Videos gedreht
       setzung nach dem Konzept      und lustige Bilderserien erstellt: Sie lesen spannende Bilderbücher vor. Sie leiten
                     Emmi Piklers.
                                     zum gemeinsamen Kochen und Backen an. Es gibt Bewegungsangebote für drinnen
Drei Grundannahmen des
                                     und auf dem Balkon zum Mitmachen. Dies alles als Angebot für die Familien und
EEC-Konzepts leiten uns dabei:       Kinder in der Zeit, in der sie nicht zu uns kommen konnten. Wir schickten die
1. Jedes Kind ist exzellent          Angebote per E-Mail an die Elternbeiräte und diese wurden an die Familien weiter-
   (einmalig).                       geleitet. Über diesen Weg hielten wir auch die Familien zum aktuellen Geschehen
2. Die Eltern/Familie des Kindes     im KiFaZ auf dem Laufenden, auch wenn dies bei der Fülle der Informationen und
   sind die Expert*innen ihres       vielen kurzfristigen Änderungen herausfordernd war.
   Kindes.
3. Die Kindertagesstätte wird        An St. Martin gab es in diesem Jahr leider keinen gemeinsamen Laternenlauf, dafür
   zum Familienzentrum und öff-      studierte eine Gruppe ein tolles Martinsspiel ein. Die Aufführung fand an der frischen
   net sich zum lokalen Umfeld.      Luft im Innenhof statt. Die anderen Gruppen konnten aus den Fenstern oder mit aus-
                                     reichend Abstand die Geschichte des Heiligen Martin anschauen. Zu Weihnachten
       Wir arbeiten im Bereich der
                                     bekamen die Familien bunte Weihnachtslichter mit unseren Weihnachtsgrüßen an
    unter dreijährigen Kinder nach
  den Prinzipien von Emmi Pikler.    ihre Haustüre gebracht. Es gab dabei freudige und dankbare Rückmeldungen von
  Die ungarische Kinderärztin hat    den Familien. Aus der Spende eines obdachlosen Herrn aus Stuttgart konnten wir
   auf eindrucksvolle Weise nach-    für alle Kinder zu den Weihnachtslichtern leckere Orangen verschenken. Er wollte
     gewiesen, dass die natürliche   den Kindern in Pandemiezeiten etwas Gesundes zukommen lassen. Was für eine
Bewegungsentwicklung der Kinder      tolle Idee und großzügige Spende, wir sind beeindruckt und dankbar!
und ihre Freude am selbständigen
      Spiel am besten unterstützt
werden, wenn es in einer sorgsam
    vorbereiteten Umgebung aktiv
  sein kann, ohne angeleitet oder
               gedrängt zu werden.

Mit dem Familienzentrum bieten
   wir unseren Familien Angebote
      rund um den Themenbereich
    junge Familie. Gemeinsam mit
den Familien entwickeln wir neue
 Ideen, stärken Verbindungen und
  knüpfen Netzwerke in der Stadt.

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Familien stärken
                                                KiFaZ Wilde Hilde

SchließzeitoderWassichhintergeschlossenenTürengetanhat…                         Eltern-Spendenaktion
Einige Mitarbeitende häkelten engagiert Bauernhoftiere, Greiflinge, Mützen, Loops
                                                                                       In einer Elternaktion wurden in
und Schneckenbänder, andere bastelten bunte Sternenlichterketten für den Verkauf
                                                                                       der Schließzeit Osternester an die
beim alljährlichen Adventszauber im Stadtteil. Dieser fand leider pandemiebedingt      drei Flüchtlingsunterkünfte, mit
nicht statt, aber dafür konnten die Basteleien beim „Adventszauber Spezial“ direkt     denen wir im Stadtteil kooperieren,
im Familienzentrum erworben werden. Der Garten im Hof neben dem Sandspiel-             gespendet. Ein herzliches Danke-
bereich wurde mit vielen schönen Blumen und Pflanzen wundervoll bepflanzt. Für         schön dafür an die Initiator*innen!
das Qualitätshandbuch wurden mit der geballten Fachkompetenz der Teams
Standards überarbeitet, neu geschrieben und auch neue Standards erarbeitet.
                                                                                        Inklusionsförderung

                                                                                       Die Stadt Stuttgart hat die Wilde
                                                                                       Hilde in das Programm „KiTa für
                                                                                       alle in Stuttgart“ als eine struktu-
                                                                                       rell geförderte Kindertageseinrich-
                                                                                       tung (KiTa S-Plus) aufgenommen.
                                                                                       Wir sind eine von insgesamt sechs
                                                                                       Einrichtungen in der Stadt, die
                                                                                       diese inklusiven Plätze anbieten
                                                                                       kann. In der Großen Hilde und
                                                                                       Kleinen Hilla sind dies zusammen
                                                                                       drei Plätze zur Inklusion, die künf-
                                                                                       tig strukturell gefördert werden.
DigitaleWegegehen                                                                    Das Konzept schließt an unser
                                                                                       bereits bestehendes Konzept zur
Damit die Kommunikation im Team und die Arbeit mit den Familien unter den              inklusiven Arbeit an. Es kann in-
gültigen Kontaktbeschränkungen professionell stattfinden konnte, arbeiteten wir        klusive Plätze mit Einzelförderung
uns in die digitalen Möglichkeiten ein. Über die Plattform Zoom konnten im Verlauf     und KiTa S-Plus-Plätze bei uns im
des Jahres Elterngespräche, Neuaufnahmen, Bewerbungsgespräche, wöchentliche            KiFaZ geben. In unserem multipro-
Hausteams der kompletten Wilde Hilde, Teamsitzungen, Arbeitsgruppen sowie              fessionellen Team sind Kinder mit
                                                                                       Förderbedarf also weiterhin gut
Elternbeirat stattfinden.
                                                                                       aufgehoben. Zusätzlich können wir
                                                                                       mit der neu eingerichteten Zentra-
Familienzentrum– neueKoordinatorinaufneuenWegen                                   len Informations- und Beratungs-
                                                                                       stelle (ZIB) beim Gesundheitsamt
Seit dem 20. Januar 2020 ist die neue Koordinatorin im Familienzentrum mit 70 %
                                                                                       zusammenarbeiten und fachliche
Beschäftigungsumfang im Einsatz. Renate Beigert, Diplom-Sozialpädagogin (BA), ist
                                                                                       Beratung für die Familien der
Ansprechpartnerin für die Familien, die Fachkräfte im Haus und die Kooperations-       Kinder mit Förderbedarf und Teil-
partner*innen im Stadtteil. Bald nach ihrem Start mussten die Angebote der Situation   habebeeinträchtigung einholen.
angepasst werden. Es gab sogenannte Kontakt.Punkte des Familienzentrums am
roten Tor der Olgastraße 62 und im Hof der Olgastraße 120a. Viele Eltern nahmen die
Möglichkeit wahr, um die neue Mitarbeiterin mit Abstand zumindest kurz kennenzu-
lernen. Beim Erntedankfeuer im Hof mit den Kindern der Großen Hilde (Fotos linke
Seite) wurden leckere Bratäpfel gegrillt. Zum Weltkindertag gab es eine Box mit
vielfältigen Anregungen zum Thema Kinderrechte der verschiedenen Kooperations-
partner*innen aus dem Stadtteil und aus dem Familienzentrum. Der „Adventszauber
Spezial“ wurde mit außergewöhnlichen Postkarten beworben.

                                                                                                                      5
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Jungen Frauen
                                         Raum geben
                                         Hildegardisheim

                        Über uns         KreativeWegederPädagogikimHildegardisheim
                                         Der ganz normale Alltag im Hildegardisheim, geprägt von Vielfalt, ständigem Trubel,
          Das Hildegardisheim liegt
                                         von Kommen und Gehen war im Jahr 2020 eine Seltenheit. Zu normalen Zeiten finden
      zentral in Stuttgart und bietet
          107 Plätze in 61 Einzel- und   persönliche (Krisen-)Gespräche üblicherweise in den späten Abendstunden statt,
        23 Doppelzimmern. Hier sind      wenn das Haus langsam schlafen geht, oder werden auf den nächsten Tag ver-
    Mädchen und junge Frauen aus         schoben. Die Situation im Jahr 2020 ermöglichte den Bewohnerinnen, sich uns
  ganz Deutschland, aber auch aus        gegenüber in relativer Ruhe und mit Zeit zu öffnen. In diesem neuen Setting traten
anderen Ländern und Kontinenten          psychische Belastungen hervor sowie schlimme Erlebnisse, die es zu besprechen
untergebracht. Die Bewohnerinnen
                                         und zu verarbeiten galt.
sind zwischen 16 und 27 Jahren alt.
   Viele von ihnen befinden sich in      Um Freude und Spaß trotzdem nicht zu kurz kommen zu lassen, haben wir unter
einer schulischen oder beruflichen       Wahrung der Abstandsregeln ein kreatives Programm angeboten.
       Ausbildung und sind während
     vorgegebenen Blockwochen in
  Stuttgart. Die am häufigsten ver-
   tretenen Länder neben Deutsch-
     land waren 2020 Griechenland,
     Spanien, China und Österreich.

     Nur sechs Prozent der Bewoh-
nerinnen kamen 2020 aus anderen
      Ländern, dies ist ein knappes
Drittel im Vergleich zum Jahr 2019.
         Zwischen Reisewarnungen,        BowlingbeiSchwarzlicht:     EinGeistvordemSpeise-   Baumrinden wurden
       Kontaktbeschränkungen und         Golfbälle suchten im          saal: HALLOWEEN! Kleine     mittels Heißklebepistole
 Abstandsgeboten waren auch bei          Schwarzlicht ihr Ziel, die    Süßigkeiten wurden zu       mit Moosen, Beeren,
  uns kreative Ideen nötig, um mit       Zähne blitzten in derselben   Halloween in bemalte        Eicheln und anderen Fund-
 unseren Bewohnerinnen in einem                                                                    stücken zu kunstvollen
                                         Farbe bei jedem Treffer.      Servietten verpackt und
     gesunden Kontakt zu bleiben.
                                         Die Musik vermittelte eine    im ganzen Haus versteckt.   Adventsgestecken und
Besonders junge Menschen leiden
unter der Kontaktarmut. Sie haben        kleine Dosis Partyfeeling                                 ließen vorweihnachtliche
     Sorgen und Ängste, reagieren        und beim anschließenden                                   Stimmung aufkommen.
  mit psychischen Auffälligkeiten,       Eis gab es dann nur
      depressiven Symptomen und          Gewinnerinnen.
psychosomatischen Beschwerden.                                                                   Ein von den jungen Frauen
                                                                                                 geschmückter Weihnachts-
 Herkunft der Bewohnerinnen              Toleranz und Corona: keine                              baum durfte auch in die-
                                         einfache Kombination. Eine                              sem Jahr nicht fehlen. Und
                                         Plakataktion hat alle ein-                              alle, die Weihnachten nicht
                                         geladen, ihre Gedanken,    Aus vielen leeren Toiletten- zu Hause verbringen konn-
                                         Sorgen, Ängste und ihre    papierrollen entstand ein    ten, haben sich gegenseitig
                                         Genervtheit zu Papier zu   Adventsschneemann-           mit Kleinigkeiten, die er-
                                         bringen. Frust und Lust    Kalender, unser Quoten-      würfelt wurden, beschenkt.
                                         stehen so nah beieinander. mann in der Vorweih-
                                                                    nachtszeit. Von der Dusch-
               Baden-Württemberg
               Stuttgart
                                                                    haube bis zum Kaugummi
               übriges Deutschland                                  gab er täglich neue Über-
               Europa
               andere Kontinente                                    raschungen preis.

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Jahres- 2020 bericht - IN VIA
Jungen Frauen
                                   Raum geben
                    Zentrum für Interkulturelle
              Mädchen- und Frauenarbeit (ZIMA)

Unser Angebot umfasst einen Offenen Treff, der einen Ort zur eigenen Freizeit-             Über uns
gestaltung bietet. Hier können die Mädchen und jungen Frauen Hausaufgaben
machen, sich ausruhen, Musik hören, Spiele spielen, basteln oder malen oder einfach       Das Zentrum für Interkulturelle
nur quatschen. Hier werden auch freizeitpädagogische Gruppenangebote, wie „Keep           Mädchen- und Frauenarbeit (ZIMA)
your Balance“ und das Kulturcafé von den Fachkräften durchgeführt. Im Rahmen              bietet Mädchen und jungen Frauen
dieser Angebote werden die Besucherinnen an verschiedene Themen und Techniken             geschlechtersensible Räume und
                                                                                          Lernfelder basierend auf Partei-
zu Selbstfürsorge, an Bewegung, Kunst, Kultur und politischer Bildung herangeführt.
                                                                                          lichkeit, Empowerment und Parti-
Die Lernbegleitung ergänzt das bestehende Programm durch aktive Unterstützung             zipation. Die Lebenswelten der
bei Hausaufgaben oder Unterrichtsvorbereitung. Ein weiteres ZIMA-Angebot ist die          Mädchen und jungen Frauen ste-
präventive Bildungsarbeit, die zu unterschiedlichen Themen, wie z. B. Sexuelle Bildung,   hen im Mittelpunkt der täglichen
mit verschiedenen Mädchen- und Frauengruppen und an Schulen durchgeführt wird.            Arbeit, um diese umfassend und
Ergänzt wird das Angebot durch Beratung, Begleitung und Information durch die             ganzheitlich zu begleiten. Die
                                                                                          Arbeit im ZIMA basiert auf trans-
ZIMA-Mitarbeiterinnen.
                                                                                          kulturellen, antidiskriminierenden
                                                                                          und intersektionalen Ansätzen
UnddannkamCorona…                                                                      der Sozialen Arbeit.
Auch das ZIMA musste ab März schließen und wir überlegten uns neue Formate,
um den Kontakt zur Zielgruppe nicht zu verlieren. So entstanden unter anderem der                 „Erstens will ich mich
wöchentliche Rundruf, der ZIMA-Newsletter und eine kleine Briefaktion.                        bei Euch für alles bedanken,
                                                                                             obwohl wir uns nicht sehen, ihr
Den Newsletter nutzten wir, um unsere Angebote zu den jungen Menschen nach                  seid trotzdem für uns da, deswe-
Hause zu bringen. „Keep your Balance“ und das Kulturcafé wurden digital. Zudem                gen sind wir Euch dankbar.“
sammelten wir immer die aktuellsten Informationen zu Corona und den Auswirkungen                    E-Mail von Maya,
                                                                                                         18 Jahre
auf das Leben in Stuttgart. Wir formulierten die Informationen in leichter Sprache,
damit sie von allen Mädchen und jungen Frauen verstanden wurden. Außerdem                 Im Rahmen der Projektförderungen
veröffentlichten wir Rezepte zum Kochen oder Backen, Witze und Sportübungen.              zur „Unterstützung von Frauen
                                                                                          mit Fluchterfahrung und anderer
Einige Ideen hierzu kamen von den ZIMA-Besucherinnen selbst.
                                                                                          besonderer schutzbedürftiger
                                                                                          Flüchtlinge“ der Beauftragten der
UmzugnachRaitelsberg                                                                    Bundesregierung für Migration,
Im Oktober ist das ZIMA an einen neuen Standort gezogen. Vom Stöckach ging es             Flüchtlinge und Integration und
                                                                                          „PjuMa – Perspektiven für geflüch-
mitten in den Stadtteil Raitelsberg im Stuttgarter Osten. Die Besucherinnen waren –
                                                                                          tete Mädchen und junge Frauen“
den Hygienekonzepten entsprechend – tatkräftig dabei, sich das neue ZIMA so               des Zweckerfüllungsfonds Flücht-
einzurichten, dass sie sich dort wohl fühlen. Im kommenden Jahr liegt der Fokus           lingshilfen der Diözese Rotten-
vor allem auf dem Ankommen im neuen Stadtteil.                                            burg-Stuttgart initiieren wir
                                                                                          bedarfsgerechte Angebote für
                                                                                          geflüchtete Mädchen und junge
                                                                                          Frauen und binden diese in
                                                                                          unsere pädagogische Arbeit ein.

                                                                                                   „Wichtig für uns ist,
                                                                                               dass in den Entscheidungen
                                                                                            der Politik die Vielfalt der unter-
                                                                                             schiedlichen Lebenswelten von
                                                                                                Kindern und Jugendlichen
                                                                                                    mitbedacht wird.“
                                                                                                     Sozialarbeiterin
                                                                                                         des ZIMA

                                                                                                                             7
Jahres- 2020 bericht - IN VIA
Perspektiven entwickeln
                                      Jugendmigrationsdienste

        Integration als Ziel          CoronaundDigitalisierung:JMD-Arbeiteinmalanders!
                                      Um auch während des pandemiebedingten
                                      Lockdowns für die Jugendlichen erreichbar
                                      zu sein, war Kreativität gefragt. IN VIA
                                      ermöglichte schnell das mobile Arbeiten
                                      mit Laptops, Hygienekonzepte wurden
     Die Jugendmigrationsdienste
    begleiten junge Menschen mit      entwickelt. Beratungen fanden telefonisch,
    Migrationshintergrund im Alter    digital oder bei Notfällen in Präsenz unter
    von 12 bis 27 Jahren beim Inte-   Hygienemaßnahmen statt, z. B. für behördliche Schriftwechsel zur Existenzsicherung
   grationsprozess in Deutschland.    oder Antragsstellung für PCs von Schüler*innen. Unterstützung beim Lernen für
 IN VIA ist Träger von fünf Jugend-   Homeschooling war dringend notwendig. So wurde in Schwäbisch Gmünd im Garten
 migrationsdiensten in Böblingen,
                                      des Stadtteilzentrums gelernt. In Ulm wurde der offene Lerntreff zum virtuellen
Heilbronn, Ostalbkreis mit Respekt
Coaches, Stuttgart und Ulm sowie      Raum, kreative Ferienangebote wirkten gegen die Vereinsamung. In Heilbronn wurde
   der Bildungsberatung Garantie-     der abgesagte Besuch des Berufsinformationszentrums kurzerhand in den PC-Raum
    fonds Hochschule in Stuttgart.    verlegt, mithilfe der Webseite „Planet-Beruf“ erläuterten die JMD-Beraterinnen
                                      Möglichkeiten der Berufsorientierung. Desinfektionsmittel, medizinische Masken
 Angebote der                         und Plexiglasscheiben gehören inzwischen zum Beratungsalltag.
 Jugendmigrationsdienste
 • Individuelle Integrations-
   förderung mit Förderplan           JMDStuttgart:KunstverbindetGenerationen– auchzuCorona
   nach Case-Management
                                                                         Das generationsübergreifende Projekt „Kunst als
 • Migrationsspezifische
   Beratung zu Spracherwerb                                              Brücke zueinander“1, eine Kooperation zwischen
   und Aufenthalt                                                        dem IN VIA Jugendmigrationsdienst Stuttgart und
 • Professionelle Beratung                                               dem Bischof-Moser-Haus, konnte auch 2020 unter
   zu Bildungswegen und                                                  Corona-Bedingungen stattfinden. So gab es im
   persönlichen Fragen                                                   Sommer einen mehrtägigen Kunstkurs im Innen-
 • Sozialpädagogische
                                                                         hof des Bischof-Moser-Hauses mit anschließen-
   Integrationskursbegleitung
 • Außerschulische Sprach-                                               der Vernissage im Freien. Wie „wichtig und
   förderung, Bildungs- und                                              erfolgreich die Zusammenarbeit der Teilnehme-
   Gruppenangebote                                                       rinnen unterschiedlicher Altersgruppen mit unter-
 • Elternberatung                                                        schiedlichem Hintergrund in Verbindung mit der
                                                                         Kunst ist“, schilderte uns eine Teilnehmerin. Im
   Die Entwicklung guter Lebens-
                                                                         Vordergrund stehen nicht mehr die Unterschiede,
perspektiven der Jugendlichen ist
das zentrale Anliegen der Jugend-                                        sondern die Gemeinsamkeiten. Mit Erfolg lässt
   migrationsdienste. Mit aktiver                                        sich abschließend sagen, dass das Projekt nicht
   Netzwerkarbeit im Sozialraum,                                         nur Zuspruch bei den Teilnehmerinnen, sondern
 besonders mit Akteur*innen aus                                          auch großen Anklang für die konzeptionelle
     Schule und Beruf, fördern die                                       Weiterentwicklung des Bischof-Moser-Hauses
        Jugendmigrationsdienste
                                                                         fand. Aus den positiven Erfahrungen des Kunst-
    Chancengerechtigkeit und die
  Partizipation junger Menschen.                                         projektes heraus entwickelt sich dieses nun zu
                                                                         einer intergenerativen Begegnungsstätte weiter.

                                                                         1
                                                                             Finanziert durch den Projektmittelfonds „Zukunft der
                                                                             Jugend“ der Stadt Stuttgart und den Zweckerfüllungsfonds
                                                                             Flüchtlingshilfen der Diözese Rottenburg-Stuttgart

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Jahres- 2020 bericht - IN VIA
Perspektiven entwickeln
                                 Jugendmigrationsdienste

JMDOstalbkreis:Wanderausstellung„Was’losDeutschland?“                                  Reden bringt Respekt
In Kooperation mit der „Partnerschaft für Demokratie Ostalbkreis“ konnte der JMD
Ostalbkreis die Wanderausstellung für Aalen gewinnen. Die bundesweite Ausstellung
ist wissenschaftlich fundiert, präventiv, jugendgerecht und gemeinsam mit jungen
Muslim*innen entwickelt worden. Sie greift die Themen Islamfeindlichkeit, Islamis-
mus sowie Alltägliches aus dem Leben junger Menschen auf. Die Besucher*innen
bewegen sich durch eine multimediale Szenerie von 30 lebensgroßen Figuren in elf
Szenen. Über Lautsprecher kommunizieren die Figuren miteinander, über Kopfhörer
sind ihre Gedanken zu hören. Für drei Wochen verwandelte sich der Eingangsbereich
des Aalener Rathauses in eine völlig neue Szenerie. Schon bei der Eröffnung gab es     Respekt Coaches/
viele positive Kommentare über die außergewöhnliche Darstellungsweise. „Hier in        Anti-Mobbing-Profis in Aalen
Aalen leben über 120 Nationen zusammen. Das gehört zu Deutschland und Gott sei         Ein Präventionsprogramm des
Dank zu Aalen“, sagte Aalens Erster Bürgermeister, als er die Ausstellung eröffnete.   Bundesministeriums für Familie,
                                                                                       Senioren, Frauen und Jugend
                                                                                       zur Stärkung des Demokratie-
                                                                                       verständnisses junger Menschen
                                                                                       und Vorbeugung vor religiös
                                                                                       begründetem Extremismus und
                                                                                       menschenfeindlichen Ideologien.

                                                                                           Die zentralen Anliegen der
                                                                                           Respekt Coaches sind:
                                                                                           • Jugendlichen eine Stimme
                                                                                             geben
                                                                                           • Toleranzförderung
                                                                                           • Abbau von Vorurteilen
                                                                                           • Wertevermittlung in einer
                                                                                             demokratischen Gesellschaft

Projekte„OhneSprachegehtgarnichts”und„PjuMa“amZiel                            In Kooperation mit dem Beruf-
                                                                                       lichen Schulzentrum Aalen sind
Um die Lebenssituation geflüchteter Mädchen und Frauen zu verbessern sowie             zwei Respekt Coaches, angegliedert
gesellschaftliche Teilhabe zu fördern, hat IN VIA zusätzlich zum Sprachprojekt „Ohne   an den Jugendmigrationsdienst
Sprache geht gar nichts”, ein partizipatives Projekt „Perspektiven für geflüchtete     Ostalbkreis, tätig. Das präventive
Mädchen und junge Frauen (PjuMA)” konzipiert mit Angeboten zur Stärkung des            Gruppenangebot richtet sich
                                                                                       an alle Schüler*innen von der
Selbstwerts und Förderung von Teilhabe. Nach drei Jahren nun konnten die beiden
                                                                                       VABO-Klasse 1 bis zum Gymnasium.
Projekte erfolgreich abgeschlossen werden. An allen fünf Standorten waren die
                                                                                       Bei der Umsetzung und Ideen-
Jugendmigrationsdienste im Rahmen dieser Projekte für die Zielgruppe tätig.            entwicklung von Workshops,
Insgesamt haben am Mädchen- und Frauenprojekt 386 Mädchen und junge Frauen             Planspielen und Veranstaltungen
teilgenommen, am Sprachprojekt waren es 679 Teilnehmende. Projektziele wie             arbeiten die Respekt Coaches mit
Schulabschlüsse, Sprachzertifikate und Ausbildungsplätze wurden erreicht, mit          Trägern von politischer Bildung
                                                                                       und Radikalisierungsprävention
partizipativem Ansatz wurden die Mädchen und jungen Frauen in ihren Ressourcen
                                                                                       zusammen.
und ihrer Selbstwirksamkeit gestärkt. Die jungen Menschen haben durch die Projekt-
maßnahmen ihre Ausgangslage erheblich verbessert. Finanziert wurde dies über den
                                                                                       1
Zweckerfüllungsfonds Flüchtlingshilfen der Diözese Rottenburg-Stuttgart, kirchliche        VABO: Vorqualifizierungsjahr Arbeit
                                                                                           und Beruf in beruflichen Schulen
Eigenmittel, kommunale Mittel der Städte Stuttgart und Ulm, Beurer Stiftung Ulm,           mit dem Schwerpunkt Erwerb
Spenden der SWSG sowie durch private Spenden. Ganz herzlichen Dank dafür!                  von Deutschkenntnissen

                                                                                                                           9
Jahres- 2020 bericht - IN VIA
Perspektiven entwickeln
                                       Jugendmigrationsdienste

      Empowerment für ...              JMDUlm:Kunsttrotz(t)Corona
                                       Trotz Lockdown waren die Jugendlichen kreativ
... geflüchtete Jugendliche
                                       mittels zugeschickter Malutensilien sowie einer
       „In welcher Welt wollen wir
                                       selbstgedrehten Videoanleitung zum Zeichnen
leben?“ – ein neues, partizipatives
  Projekt mit Förderung durch den
                                       eines menschlichen Gesichts. Daraus folgte
Zweckerfüllungsfonds Flüchtlings-      eine Fensterausstellung mit Kunstwerken im
     hilfen der Diözese Rottenburg-    beliebten Fischerviertel von Ulm. Über einen
 Stuttgart. Die Empowerment- und       QR-Code konnte online für das Siegerbild
   Bildungsangebote der erfolgrei-     abgestimmt werden.
    chen Projekte „Perspektiven für
   junge geflüchtete Mädchen und       Gut angenommen von Passant*innen und
  Frauen“ und „Ohne Sprache geht       Jugendlichen wurde die Aktion, muttersprach-
        gar nichts“ wurden sehr gut    liche Komplimente/gute Wünsche zum
 angenommen. Diese Erfahrungen
                                       Mitnehmen an die Fenster des Lerntreffs zu
     nachhaltig weiterzuentwickeln
                                       kleben. Die aufmunternden Grüße an die Mit-
    und Synergieeffekte zu nutzen,
          waren Impulsgeber für das    bürger*innen in diesen schwierigen Zeiten
         neue Vorhaben, denn junge     wurden gerne mitgenommen.
       Menschen und insbesondere
                                       Noch kurz vor dem Lockdown konnte mit
      auch Mädchen und Frauen im
 Selbstbildungsprozess zu stärken,     Schüler*innen einer VABO-Klasse das Plakat-
      ist ein erklärtes Verbandsziel   projekt „Wir holen uns selbst die Sterne vom
  von IN VIA. Beteiligung wird hier    Himmel“ durchgeführt werden. Anlässlich des
         nicht nur großgeschrieben,    Weltfrauentags setzten sich die Schüler*innen
           sondern auch umgesetzt.     zusammen mit Medienpädagog*innen kreativ
Bildungsangebote                       mit dem Thema Rollenbilder auseinander.
• Erwerb und Verbesserung der          Am 8. März 2020 konnten sie ihre Werke im
  deutschen Sprachkenntnisse
                                       Rahmen einer Veranstaltung zum Weltfrauen-
• Festigung von Sprach- und
  Lernkompetenzen                      tag noch stolz der Öffentlichkeit präsentieren.
• Verbesserung von schulischen         Die Aktion wurde durch den Zweckerfüllungs-
  Leistungen                           fonds Flüchtlingshilfen finanziert.
Thematische Workshopangebote
• Stärkung der Selbstwirksamkeit
• Digitale Kompetenzen
                                        BegleitetePersonen                                                                              Ehrenamtlicheund
                                                                                                          h
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                                                                                                      nlic

• Berufliche Orientierung
                                                                                                                       mt

                                        2020                                                                                              Honorarkräfte
                                                                                       bl

                                                                                                                    a
                                                                                                   män

• Demokratiebildung
                                                                                                                                     P*

                                                                                                                                                                           iche
                                                                                   wei

                                                                                                                 ges

                                                                                                                                                                            fte
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                                                                                                                                                                        rkrä

• Rollenbilder und Gesellschaft
                                                                                                                                                                    mtl
                                                                                 e te

                                                                                                              e te
                                                                                                e te

                                        * IFP = Integrationsförderplan,
                                                                                                                            on m

                                                                                                                                                                     ora

• Klimaschutz und Umwelt                   bedeutet intensive Einzelfall-
                                                                                l ei t

                                                                                                              l ei t
                                                                                                l ei t

                                                                                                                                                                en a

                                           betreuung nach Casemanagement
                                                                                                                                                                       Hon
                                                                            Be g

                                                                                                          Be g
                                                                                            Be g

                                                                                                                        dav

                                                                                                                                                                Ehr

                                          2
                                        * ist hier nicht vorgesehen
        Bildung und Empowerment
                                        JMD Böblingen                       113             52           165                97            JMD Böblingen         0         4
       ermöglichen Menschen, ein
       selbstbestimmtes Leben zu        JMD Heilbronn                       53              102          155                95            JMD Heilbronn         0         5
      führen und gesellschaftliche      JMD Ostalbkreis                     49              80           129                75            JMD Ostalbkreis       1         3
          Prozesse mitzugestalten.      JMD Stuttgart                       87              96           183            120               mit Respekt Coaches
                                        JMD Ulm                             160             171          331            144               JMD Stuttgart         1         15
                                        Respekt Coaches                     45              55           100             *²               JMD Ulm               22        16
                                                                            507            556           1063           531                                     24        43

 10
Perspektiven entwickeln
                       Bildungsberatung Hochschule

Im Jahr 2020 wurden vom Team der Bildungsberatung wieder zahlreiche zugewanderte          Über uns
Menschen beraten. Die Beratungen fanden zu Beginn des Jahres in gewohnter Art und
Weise statt – sowohl in den Büros der Bildungsberaterinnen in Stuttgart, also auch
im Rahmen der mobilen Beratung in Heilbronn, Tübingen und Neu-Ulm. Ende Februar
verabschiedete sich die langjährige Kollegin Irene Schaefer-Vischer in den Ruhestand.
Zur Feier im Hildegardisheim waren zahlreiche Kolleg*innen und Kooperations-
partner*innen eingeladen.                                                               Die Bildungsberatung Garantie-
                                                                                        fonds Hochschule ist ein aus
Schon wenige Tage später zeichnete sich ab, dass                                        Mitteln des Bundesministeriums
die Arbeit des Teams der Bildungsberatung erst                                          für Familie, Senioren, Frauen und
einmal nicht mehr wie gewohnt erfolgen konnte.                                          Jugend gefördertes Programm mit
Coronabedingt mussten in kürzester Zeit kreative                                        bundesweit 22 Beratungsstellen.
                                                                                        Die Bildungsberater*innen beraten
Wege gefunden werden, den Kontakt zu den Rat-
                                                                                        und begleiten junge Zugewanderte,
suchenden aufrecht zu erhalten. Zunächst fanden                                         die in Deutschland eine akademi-
Beratungen weitestgehend per E-Mail und Telefon                                         sche Laufbahn beginnen oder fort-
statt. Mit den steigenden Temperaturen im                                               setzen möchten. Gemeinsam mit
Sommer konnten – unter Einhaltung der                                                   den Ratsuchenden entwickelt die
Hygienevorschriften – auch wieder                                                       Bildungsberatung Hochschule
                                                                                        einen individuellen Bildungsplan.
Personen eingeladen werden.
                                                                                        Sie prüft auch die Voraussetzungen
Auf die besondere Beratungs-                                                            für eine Förderung nach den
situation reagierte die                                                                 Richtlinien des Garantiefonds
Koordinierungsstelle der                                                                Hochschule und entscheidet, ob
Bildungsberatung sogar mit                                                              Bewerber*innen für eine Förderung
einem neuen Give-Away: eine                                                             zugelassen werden können.
Mund-Nasen-Maske im Design der Bildungsberatung.

ModerneKommunikationswegeaufdemVormarsch
Im Laufe des Jahres konnten Beratungen auch per Videokonferenz durchgeführt
werden. Entsprechend verringerte sich im Jahr 2020 zwar die Zahl der persönlichen
Beratungen mit 151 Terminen im Vergleich zum Vorjahr (653). Ergänzt wurden diese
jedoch durch 397 Beratungen per Videokonferenz, E-Mail oder Telefon.

ErfolgreicheZulassungsquote
Trotz der besonderen Umstände wurden im Jahr 2020 vierunddreißig Personen in die
Förderung nach den Richtlinien des Garantiefonds Hochschule aufgenommen. Die
Förderung beinhaltet alle Maßnahmen wie Deutschintensivsprachkurse mit Ziel C1,
Englischintensivsprachkurse mit Ziel B1 oder B2, Vorbereitungskurse zum Fachstudium,
Studienkollegs und Vorbereitungskurse zum Studienkolleg sowie den Sonderlehrgang
zum Erwerb der Hochschulreife. Mithilfe kreativer Wege konnte die Bildungsberatung
wie in den Vorjahren mit großer Effizienz dazu beitragen, zugewanderten Menschen
Perspektiven zu öffnen. Dies zeigt auch der Blick auf die Studienaufnahmen:
30 Personen, die von der Bildungsberatung beraten wurden, erhielten eine Zulassung
fürs Studium.

                                                                                                                     11
Perspektiven entwickeln
                                     Kompetenzzentrum Berufsqualifikationen

                    Über uns

     Das Beratungszentrum zur
   Anerkennung ausländischer
   Berufsqualifikationen unter-
    stützt Zugewanderte bei der
 Anerkennung ihrer Abschlüsse.
  Ziel ist es, dass alle Migrant*-
        innen ihre Potenziale im
      Erwerbsleben bestmöglich
      nutzen. Beratungsmöglich-
   keiten gibt es in Ulm und an
      21 weiteren Standorten im
     Regierungsbezirk Tübingen.
  Die weiterführende Qualifizie-
   rungsberatung hilft Personen,
 die nach einem Anerkennungs-
verfahren noch Beratungsbedarf
haben, zum Beispiel Ratsuchen-
de, die keine volle Anerkennung      AllesingewohntenBahnen…bisCoronaunsherausforderte
   erhalten haben und eine Aus-
  gleichsmaßnahme absolvieren        Und jetzt? Wie kommen die Ratsuchenden zu uns? Werden sie überhaupt weiter
     müssen. Die Beraterin sucht     Kontakt zu uns aufnehmen? Wie können wir beraten? Verstehen die Klient*innen
passende Angebote, klärt Finan-      alles? Schaffen sie es, wichtige Dokumente zu besorgen? Der Beginn war holprig,
 zierungsfragen und unterstützt
                                     digitales Beraten ungewohnt. Genau wie wir kreative Wege finden mussten,
    auch dann mit Rat, wenn die
                                     mussten es Zugewanderte aber eigentlich schon immer – auch ohne Virus.
     Anerkennung grundsätzlich
               abgelehnt wurde.      Zum Beispiel Frau N. aus Kamerun: Die ausgebildete Krankenpflegerin kam für ein
                                     FSJ nach Deutschland. Das Verfahren zur beruflichen Anerkennung verzögerte sich:
 Beratungszahlen und -orte           fehlende Dokumente aus dem Heimatland, lange Bearbeitungszeiten in Deutschland.
                                     Das Visum zum Aufenthalt lief ab, ein Verfahrensende nicht in Sicht. Frau N. schlug
                                     zunächst den Weg einer verkürzten Ausbildung zur Pflegefachkraft ein, bis mit Hilfe
                                     des Beratungszentrums doch noch die ersehnte Antwort kam: Teile ihrer Ausbildung
                                     wurden anerkannt. Jetzt absolviert Frau N. einen Lehrgang in einem Krankenhaus und
                                     wird in Kürze die volle Anerkennung als Gesundheits- und Krankenpflegerin erhalten.
                                     Flexibilität hat auch Frau K., studierte Grundschullehrerin aus dem Kosovo bewiesen.
                                     Da die Lehreranerkennung zu hohe Anforderungen stellte, hatte sie die Anerkennung
      Ulm                38%
      Tübingen           16%         als Kindheitspädagogin beantragt. Ihr Studium wurde daraufhin aber nur teilweise
      Reutlingen          4%         anerkannt. Zusammen mit der Qualifizierungsberaterin suchte sie Alternativen und
      Ravensburg          6%
                                     Möglichkeiten zur Nachqualifizierung: Lehramtsstudium an einer Pädagogischen
      Aulendorf           1%
      Leutkirch           1%         Hochschule? Schulfremdenprüfung als Erzieherin? Oder doch Nachqualifizierung als
      Friedrichshafen    13%         Kindheitspädagogin? Bei der Suche nach dem besten Weg sind immer auch ein
      Ehingen             4%
      Langenau            1%
                                     Quäntchen Kreativität und Einfallsreichtum gefragt. Mit Hilfe unserer Beratung hat
      Biberach            5%         Frau K. schließlich die Zusage für einen Platz im Kindergarten für die Praxisphase des
      Sigmaringen         5%         Anerkennungsverfahrens erhalten. Im Anschluss wird sie an der Evangelischen Hoch-
      Balingen            2%
      Albstadt-Ebingen    2%
                                     schule Ludwigsburg Module des Studiengangs Kindheitspädagogik nachstudieren,
      Hechingen           2%         um künftig als vollanerkannte Fachkraft im Erziehungswesen arbeiten zu können.

12
Perspektiven entwickeln
Kompetenzzentrum Berufsqualifikationen

NeueWegeinderBrückenmaßnahme                                                          Brückenmaßnahme
Als Psychologin managte Frau N. in Moskau Projekte zur Bildung und psychosozialen
                                                                                          Die 9-monatige Brückenmaß-
Begleitung von Waisenkindern. Mit der Teilnahme an der Brückenmaßnahme stellte
                                                                                          nahme für Akademiker*innen
sie sich den Herausforderungen in Deutschland. Auf eigenen Wunsch hin unterstützte        mit ausländischen Abschlüssen
sie die Maßnahme und übernahm bald Unterrichtssequenzen zu Kommunikation                  wurde von IN VIA entwickelt und
und Konfliktmanagement. Eine Erfahrung, die für sie der Wendepunkt gewesen sei.           wird im Rahmen einer Bildungs-
Mittlerweile ist Frau N. als psychologische Beraterin und Dozentin selbstständig.         kooperation mit der Hochschule
Sie bietet Workshops und Coachings zu Selbst-/Stressmanagement, Motivation und            Neu-Ulm durchgeführt. Die Teil-
                                                                                          nehmer*innen werden schwer-
Integration an. Für die Brückenmaßnahme ist Frau N. weiterhin als Dozentin tätig.
                                                                                          punktmäßig in betriebswirtschaft-
Sie motiviert nun selbst Teilnehmer*innen und hilft ihnen dabei, eigene Ressourcen        lichen Grundlagen und Projekt-
und Kompetenzen aktiv zu nutzen.                                                          management, interkultureller
                                                                                          Kommunikation, Bewerbungs-
                                                                                          management und weiteren
StarkimBeruf–FrauenPower
                                                                                          arbeitsmarktrelevanten Themen
18 Mütter mit Migrationsbiographie wurden im offenen Angebot bei der Berufsweg-           qualifiziert und anschließend
planung begleitet. Aufgrund der Pandemie mussten die Pläne und Vorhaben der               gecoacht. Das Programm wird
                                                                                          gefördert aus Mitteln des Euro-
Mütter jedoch oftmals zurückgestellt werden. Die Begleitung der Kinder im Home-
                                                                                          päischen Sozialfonds und des
schooling, schlechte digitale Ausstattung, Sprachbarrieren und finanzielle Engpässe       Bundesministeriums für Arbeit
führten zu Überforderung; Zukunftsängste und Stress überlagerten den Alltag.              und Soziales.
Erschwerend hinzu kam die schlechter werdende Arbeitsmarktlage: Vermittlung in
Praktika oder Arbeit waren kaum möglich. Eine Vermittlung in Sprachkurse war
ebenso oft aussichtslos, da das Angebot pandemiebedingt stark eingeschränkt
wurde. Trotz der schwierigen Bedingungen suchten die Teilnehmer*innen motiviert
nach Lösungsansätzen.

                                    ABjetzt!
 Ich fühlte mich von Anfang
                                    17 Frauen und ein Mann wurden auf ihrem Weg
 an sehr gut aufgehoben und
                                    in eine Teilzeit-Ausbildung begleitet. Pandemie-
  professionell beraten. Das
                                    bedingt wurden die Inhalte des Projektes, welches
  gemeinsame Erstellen von
                                    sich an alleinerziehende und pflegende Angehörige
  Bewerbungsunterlagen hat
                                     richtet, angepasst. So wurde der persönliche Kon-
sehr viel Spaß gemacht und ich
                                     takt nicht nur durch Telefon- und Videoberatung
  habe viel dazulernen können.
                                     aufrechterhalten, sondern auch bei gemeinsamen
 Es war erfrischend, immer über
                                     Spaziergängen (Walk & Talk) und Gesprächen am
   alles reden zu können, was
                                      Spielplatzrand. Zudem wurden den Teilnehmer*-
  gerade so los war. Auch wäh-
                                      innen Unterlagen mit Bastelideen, Spielen und
 rend Corona blieb der Kontakt
                                      Entspannungsübungen geschickt. Auf diese
  per Videotelefonie bestehen,
                                      Weise konnten viele im Projekt gehalten und
  worüber ich sehr dankbar bin.
                                       motiviert werden, ihr Ausbildungsziel nicht aus
 Ich kann das Projekt nur jedem
                                       dem Blick zu verlieren. Mit Erfolg: Tatsächlich
  wärmstens weiterempfehlen.
                                       begannen trotz wirtschaftlicher und persönlicher
    (Brief einer Teilnehmerin aus      Einschränkungen zwei Frauen ihre Ausbildung
        dem Projekt AB jetzt!)
                                       im pflegerischen Bereich.

                                                                                                                       13
Perspektiven entwickeln
                                           Jugendsozialarbeit an beruflichen Schulen

             An einem Strang               KreativeWege:DigitaleWorkshops
                                           Der Schulalltag unserer Schüler*innen hat sich massiv verändert: Unterricht findet nun
     Im Mittelpunkt der Arbeit der
                                           für viele Jugendliche zeitweise oder vollständig digital statt. Dies stellt alle Beteiligten
     Jugendsozialarbeit an beruf-
        lichen Schulen stehen die          vor große Herausforderungen: die Versorgung mit digitalen Endgeräten und einem
       Wünsche und Anliegen der            stabilen Internetzugang waren 2020 die erste Hürde. Aber auch das Lernen von zu-
  Schüler*innen, ihrer Erziehungs-         hause, zum Teil in beengten Wohnverhältnissen, Selbstorganisation und -motivation,
  berechtigten und der Lehrkräfte.         das Fehlen direkter Ansprechpartner*innen und der Peergroup waren und sind für
     Gemeinsam werden Wege ge-             viele Jugendliche belastend. Hinzu kommen Sorgen um die Zukunft: privat, schulisch
  sucht, wie die Schüler*innen den         und beruflich. Bei all diesen Themen ist die Jugendsozialarbeit Ansprechpartnerin –
    nächsten Schritt in die Selbst-        aber auch wir waren herausgefordert, neue Arbeitsformen zu entwickeln und kreative
    ständigkeit gehen, einen mög-          Wege zu gehen. Viele unserer Angebote finden nun auch digital statt. Wir haben
      lichst großen Bildungserfolg
                                           beispielsweise neue Formate für Online-Workshops entwickelt. So können wir trotz-
   erzielen und eine passende An-
schlussperspektive finden können.          dem Angebote für Klassen oder Gruppen anbieten, und den Schüler*innen einen
                                           Austausch ermöglichen. Hierfür nutzen wir die bestehenden Plattformen der Schulen,
  Die Sozialpädagoginnen haben
                                           um den Schüler*innen einen niederschwelligen Zugang zu ermöglichen.
   Zeit für persönliche Gespräche
 und arbeiten mit den Klassen im
       Übergang Schule – Beruf in          EinneuesArbeitsfeld:SchulbezogeneJugendsozialarbeit
    themenbezogenen Projekten.
                                           anderAlexander-Fleming-Schule
                                           Bisher wurde Jugendsozialarbeit an beruf-
               Gesamtanzahl der            lichen Schulen klassenbezogen umgesetzt,
               Schüler*innen: 288
                                           d. h. nur bestimmte Klassen konnten die-
                                           ses Angebot in Anspruch nehmen. In den
                                           letzten Jahren wurde jedoch ein erhöhter
                         111 männlich
      177 weiblich           (39 %)        Bedarf von Schüler*innen festgestellt, die
          (61 %)
                                           im klassenbezogenen Ansatz keine Berück-
                                           sichtigung gefunden haben. Vor diesem
                                           Hintergrund wurde ein Modellprojekt
                                           etabliert, das allen Schüler*innen einer Schule, unabhängig von ihrem Bildungsgang,
                                           Zugang zur Jugendsozialarbeit ermöglichen soll. An der Alexander-Fleming-Schule
     Anteil der Schüler*innen
                                           wurde dafür eine neue Vollzeitstelle geschaffen, die seit Dezember 2020 besetzt ist.
   mit Migrationshintergrund
                                           In den ersten Wochen ging es zunächst darum, den Schüler*innen und Lehrkräften die
          87 (30 %)
                                           Jugendsozialarbeit und deren Angebote bekannt zu machen. Nach und nach nahmen
      ohne Migrations-                     die Schüler*innen das Beratungsangebot in Anspruch. Die Themen beinhalten vor
        hintergrund         199 (70%)
                         mit Migrations-   allem Informationen und Unterstützung in Bezug auf Schwierigkeiten im Ausbildungs-
                          hintergrund      betrieb, Betriebswechsel, Ausbildungsabbruch, Zukunftsperspektiven sowie psychische
                                           Belastungen. Neben der Einzelfallarbeit und Gruppenangeboten wird gemeinsam mit
                                           weiteren Modellstandorten ein pädagogisches Konzept des schulbezogenen Modells
                                           entwickelt.

 14
Perspektiven entwickeln
Jugendsozialarbeit an beruflichen Schulen

                                                                                    Zielgruppen der
                                                                                    schulbezogenen
                                                                                    Jugendsozialarbeit

                                                                                     Berufsschule     1.568 Schüler*innen
                                                                                     Meisterschule       21 Schüler*innen
                                                                                     Berufskolleg       125 Schüler*innen
                                                                                     Berufl. Gymnasium 151 Schüler*innen
                                                                                              gesamt 1.865 Schüler*innen

                                                                                    Themen der
                                                                                    Online-Workshops
                                                                                      Berufsorientierung:
                                                                                      Was sind meine Stärken?
                                                                                      Berufswahlfahrplan
                                                                                      Ausbildungsbotschafter*innen
                                                                                      Lernorganisation im Fernunterricht
                                                                                      Wie kann ich während des „Home-
                        Die mit dem Lockdown einhergehenden Schulschließun-           schoolings“ gut für mich sorgen?

                        gen haben uns im letzten Jahr vor neue Herausforde-
                        rungen gestellt. Da unsere Arbeit vom Kontakt mit den       Was hilft mir
                        Schüler*innen in der Schule geprägt ist, mussten wir neue   beim Konzentrieren?
                        kreative Wege gehen, um die Schüler*innen zu erreichen,
                        den Kontakt zu ihnen halten und weiterhin für sie da sein                          To-Do-Liste
                        zu können. So haben wir uns in den letzten Monaten in         Aufgeräumter
Neben Instagram         die Social-Media-Welt begeben. Mittlerweile gehören            Arbeitsplatz
hat sich auch
                        WhatsApp und Instagram zu unserem Arbeitsalltag. Unser
WhatsApp in unse-                                                                            Handy in anderen
                        Instagram-Account stellt für uns eine gute Plattform dar,
rer Arbeit etabliert.                                                                     Raum legen, WA-Gruppen
                        um den Schüler*innen verschiedene Informationen wei-             stumm schalten, bei Social-
Schnell wurde deut-
                        terzugeben, auf bevorstehende Termine und Deadlines                 Media-Apps abmelden
lich, dass der Weg
                        hinzuweisen sowie uns und unsere Angebote vorzustellen.
über WhatsApp für
                        So schaffen wir es, trotz Lockdown für die Schüler*innen
viele Schüler*innen
                        da zu sein sowie Präsenz und Nähe auszustrahlen. Bei-                      Regelmäßige Pausen
der einfachere und                                                                                   und frische Luft
schnellere ist, um      spiele für Themen, die wir bisher aufgriffen haben, sind:
mit uns in Kontakt      Tipps für‘s Homeschooling, Informationen zur Berufs- und
zu treten und Ter-      Studienorientierung, Hilfenummern und einiges mehr.
                                                                                        Genug zu trinken
mine zu vereinbaren.                                                                   und gesunde Snacks

                                                                                                                         15
Reisende unterstützen
                                      Bahnhofsmission

         Erste Anlaufstelle           Wennnichtwirhelfen,werdann?
                                      Einfach da. Selten zuvor hat sich dieser Leitspruch der Bahnhofsmissionen wohl
       Bahnhofsmissionen leisten
                                      so bewahrheitet wie im Jahr 2020. Gerade während des ersten pandemiebedingten
   Reise- und Mobilitätshilfen und
       sind erste Anlaufstellen am    Lockdowns im März waren die Bahnhofsmissionen oft die einzige Einrichtung, die
   Bahnhof. Sie unterstützen Men-     am Bahnhof besetzt blieb. Zwar sahen sich auch die Bahnhofsmissionen gezwungen,
   schen auf Reisen und in akuten     personelle Präsenz sowie Begleitangebote, Reisehilfen und Aufenthaltsmöglichkeiten
   Notlagen in einem Mix aus auf-     in den Gasträumen auf ein Minimum zu reduzieren oder teilweise vorübergehend
 suchender Arbeit und stationärer     einzustellen. Trotz der Beschränkungen des öffentlichen Lebens blieben sie jedoch
       Hilfe. Sie bieten Schutz und
                                      durchgängig Anlaufstelle für die Menschen: auf dem Bahnhofsgelände, direkt am
      Aufenthalt, Information und
  praktische Hilfe, Gesprächs- und    Gleis oder über geöffnete Fenster, durch die Kaffee und Tee gereicht wurden. Und
  Vermittlungsangebote. Dafür ar-     nicht nur vor Ort, auch am Telefon oder per E-Mail waren die Mitarbeiter*innen für
 beiten sie mit den Einrichtungen     die Anliegen der Hilfesuchenden ansprechbar.
der Deutschen Bahn und anderen
mobilen, sozialen und kirchlichen
                                      Anlass für Gespräche gab es wahrlich genug: Ratlosigkeit, aber auch Aggression und
  Diensten vor Ort zusammen. Die      Unverständnis wegen der Einschränkungen. Andere belastete die Angst, den Arbeits-
  haupt- und ehrenamtlichen Mit-      platz zu verlieren, selbst ernsthaft krank zu werden oder jemanden anzustecken, der
arbeitenden sind verlässliche An-     fehlende soziale Kontakt und die Perspektivlosigkeit ob der ungewissen Lage.
sprechpartner*innen für alle Nöte
 und Fragen. Sie unterstützen alle    Wie schon in der Vergangenheit erwiesen sich die Bahnhofsmissionen abermals als
Menschen schnell, niedrigschwel-      Seismografen der Gesellschaft. Die durch die Corona-Pandemie aufreißenden sozialen
lig, vertraulich und unentgeltlich.   Unterschiede ließen vermehrt Menschen mit finanziellen sowie sozialen Sorgen,
                                      aber auch mit psychischen und Abhängigkeitsauffälligkeiten Zuspruch in den
                                      Bahnhofsmissionen suchen. So wandten sich in den größeren Städten zunehmend
        Biberach renoviert            Personen aus dem Niedriglohnsektor, die ihre Arbeit aufgrund der stagnierenden
                                      Wirtschaft verloren hatten, und Rentner*innen, denen in der Pandemie der Minijob
                                      weggebrochen war und die nun mit ihrer knappen Rente haushalten mussten, an
                                      die Bahnhofsmissionen.
                                      Die statistisch höheren Beratungs- und Interventionsraten deuten darauf hin, dass
                                      die Mitarbeitenden mehr Zeit für diese Klient*innen hatten, wohingegen sich die
                                      geringe Zahl an Reisenden auch in weniger Gepäckhilfen niederschlugen.

     Auch gute Neuigkeiten hielt
    das Jahr bereit. So wurde die
   zweimonatige Schließung der
 Bahnhofsmission Biberach dazu
genutzt, den seit längerem reno-
  vierungsbedürftigen Gastraum
     frisch zu streichen und eine
         neue Küche einzubauen.

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Reisende unterstützen
                                                Bahnhofsmission

                                                                                      Gabenzaun in Stuttgart

                                                                                    Da die Tafelläden und viele der
                                                                                    Anlaufstellen für Bedürftige
                                                                                    während des ersten Lockdowns
                                                                                    geschlossen blieben, ging die
                                                                                    Bahnhofsmission Stuttgart neue
                                                                                    Wege. Über die „Aktion Mensch“
                                                                                    warb sie Gelder für die Ausgabe
                                                                                    von Vespertüten ein, in denen
                                                                                    sich außer belegten Broten, Obst
                                                                                    und Mineralwasser auch Hygiene-
                                                                                    artikel befanden. Die Resonanz
                                                                                    auf diese kostenlosen Tüten war
                                                                                    derart groß, dass am Ende bis zu
                                                                                    120 Stück pro Tag ausgegeben
Um den Kontakt zu den Ehrenamtlichen aufrecht zu hal-                               wurden. Parallel dazu richtete die
ten, von denen viele die Befreiung vom Dienst zu ihrem                              Bahnhofsmission einen „Gaben-
                                                                                    zaun“ ein. Kontaktlos konnten hier
eigenen Schutz sehr bedauerten, wurde regelmäßig tele-
                                                                                    gespendete haltbare Lebensmittel,
foniert und per E-Mail und in Form von Corona-News-                                 Hygieneartikel und gut erhaltene
lettern abwechslungsreich und informativ über die Lage                              Kleidung aufgehängt werden.
am Bahnhof und in den Bahnhofsmissionen informiert.                                 Wer helfen möchte, kann das
                                                                                    bis heute tun. Gut erhaltene,
Mit großer Erleichterung wurden die Lockerungen im                                  saubere Kleidung und haltbare
Sommer aufgenommen, in deren Folge auch die Gast-                                   Lebensmittel sind auch weiterhin
räume wieder öffnen konnten. Um den Ehrenamtlichen,                                 immer willkommen.
die überwiegend zu den Corona-Risikogruppen zählen,
den Wiedereinstieg in den Dienst zu ermöglichen und
den Gastraum für den Publikumsverkehr freizugeben,
wurden umfangreiche Hygienekonzepte erarbeitet:
Plexiglasabtrennscheiben angebracht, Hinweisschilder aufgehängt, teilweise Boden-
leitlinien aufgeklebt sowie die Ein- und Auslasszeiten in die Gasträume getaktet.
Im Sommer wurde dann auch das Publikum wieder diverser: Während zuvor die
Beschränkungen des öffentlichen Lebens sowie die Schließung von Schulen und
Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen zu einem massiven Rückgang der Reisezahlen
sowie der Reisebegleitungen geführt hatten, nahm der Bedarf im Bereich Reise-
hilfen und Information über die Sommermonate wieder an Fahrt auf. So führten
beispielsweise am Knotenbahnhof Aulendorf die aufgrund der Pandemie veränderten
Urlaubsaktivitäten (Wandern und Radfahren im Inland) ebenso wie die Bauarbeiten
zur Elektrifizierung der Südbahn und damit verbundene Änderungen im Betriebs-
ablauf zu einem erhöhten Hilfebedarf.
Mit den erlassenen Einschränkungen im Winter verlor das Leben wieder an Fahrt
und die Bahnhofsmissionen kehrten zu den Routinen des ersten Lockdowns zurück.

                                                                                                                 17
Reisende unterstützen
                                       Bahnhofsmission

Bescherung am Bahnhof                  BahnhofsmissionMobil/KidsonTour
                                       Auch die Programme zur Reisebegleitung standen ganz im Zeichen
   An zahlreichen Standorten über-
                                       der Pandemie. Kids on Tour ist ein Angebot zur Begleitung allein
 reichten Ehrenamtliche der Bahn-
   hofmissionen in der Adventszeit     reisender Kinder im Alter von sechs bis einschließlich 14 Jahren,
    kleine Geschenke mit dem Ziel,     welches die Bahnhofsmissionen in Zusammenarbeit mit der Deut-
die Weihnachtszeit für die Bedürf-     schen Bahn AG anbieten. Konnte das Jahr noch mit einer bundes-
  tigen trotz aller Beschränkungen     weiten Auslastung der Plätze von über 100 % im Vergleich zum
zu etwas Schönem zu machen und         Vorjahr starten, entschied sich die Bundesgeschäftsstelle der
ein Zeichen der Menschlichkeit zu
                                       Bahnhofsmission Deutschland e.V. die Reisebegleitung für Kinder pandemiebedingt
     setzen. So erhielten beispiels-
  weise Reisende in Biberach Päck-     im April einzustellen. Von August bis Oktober wurden wieder Begleitungen angeboten,
 chen zur Aufmunterung in diesem       die Auslastung lag jedoch nurmehr bei 30 bis 50 % des Vorjahres. Ab November
     schwierigen Pandemiejahr. Ein     musste das Programm erneut eingestellt werden und konnte wegen steigender
  Weihnachtsessen to go gab es in      Inzidenzzahlen bis zum Jahresende nicht wieder aufgenommen werden.
   Ulm, wo die Bahnhofmission zu-
  sammen mit verschiedenen Filia-      Mit Bahnhofsmission Mobil bieten die württembergischen Bahnhofsmissionen
 len der Kaufland-Supermarktkette      einen individuellen Begleitservice im Regionalverkehr in Baden-Württemberg an.
sowie privaten Spender*innen aus       Er wird vor allem von Kindern, aber auch von Erwachsenen mit Assistenzbedarf in
   dem Umland ein leckeres Weih-       Anspruch genommen. Neben Betroffenen und Angehörigen können sich Behinderten-,
      nachtsmahl zusammenstellte.
                                       Reha- und Jugendhilfe-Einrichtungen an die Bahnhofsmissionen wenden. Auch
                                       dieses Angebot musste im März eingestellt werden. Eine Wiederaufnahme der
                                       Reisebegleitung wurde über das Jahr hinweg immer wieder neu bewertet, doch ohne
                                       Impfschutz für die Reisebegleiter*innen, ohne die Möglichkeit der Platzreservierung
                                       im Regionalverkehr sowie die herrschenden Reisebeschränkungen blieb das Angebot
                                       das Jahr über ausgesetzt. Sobald eine Wiederaufnahme möglich ist, plant die Bahn-
                                       hofsmission Biberach das bisherige Angebot Bahnhofsmission Mobil um einen wei-
                                       teren Aspekt gesellschaftlicher Teilhabe in Form eines lokalen Reisebegleitservice zu
                                       erweitern. Hierbei sollen mobilitätseingeschränkte Menschen durch ehrenamtliche
                                       Mitarbeiter*innen zuhause abgeholt und anschließend bei Praxisbesuchen oder
 In Stuttgart wurden auf Initiative
                                       Behördengängen, aber auch beim Einkaufsbummel in Ulm oder einem Tagesausflug
  von Gudrun Nopper, Ehefrau des
  neu gewählten Stuttgarter Ober-
                                       an den Bodensee begleitet werden.
bürgermeisters, gleich derart viele
 Spenden generiert, dass nicht nur     75JahreBahnhofsmissionAulendorf
  zu Heiligabend 100 Festessen an
   Bedürftige ausgegeben werden        Die Bahnhofsmission Aulendorf wurde in der Not der Nachkriegszeit im Jahr 1945
      konnten, sondern ein großer      ins Leben gerufen. So sollte 2020 das 75-jährige Jubiläum mit zwei Veranstaltungen
   Betrag ins Jahr 2021 übertragen     und verstärkter Öffentlichkeitsarbeit begangen werden. Die Corona-Pandemie jedoch
   werden konnte. Somit sind wei-
                                       durchkreuzte diese Pläne. Wer sich trotzdem über die Geschichte der Bahnhofs-
   tere Essensausgaben gesichert.
                                       mission Aulendorf informieren möchte, der kann dies in einer Chronik tun, die über
                                       die Leitung vor Ort erhältlich ist.

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Verband
                                          Geistliche Begleitung

DasJahr2020ausderSichtderGeistlichenBegleitung

Aufde ne rste nBl ic k könnte der Jahresbericht 2020 gefüllt sein mit Problemen,
Hindernissen, Fehlanzeigen.
Aufde nzwe iten Bl ick entdecke ich noch eine andere Seite dieses Jahres:
Wir sind unfreiwillig neue Wege gegangen. Ich würde sagen: Sie waren ein wenig
„Kleiner. Feiner. St iller – und K re ativer“.

 Klei ner:     Unter der Überschrift „Vitamin C“ konnten Impulse nur noch
               per E-Mail oder per Zoom versandt werden. Vitamin C brauchen
               wir zur Abwehr von Krankheiten. Genauso brauchen wir Nähe
               und Begleitung, gerade jetzt. Dabei kann das „C“ auch für
               „christlich“ oder „creative“ oder „cool bleiben“ stehen.
 Feiner:       Es gab keine Großveranstaltungen, dafür aber mehr Zeit für ein-
               zelne Mitarbeitende, für Online-Fortbildungen, Zeit zum Zuhören.
 S til ler:    Ein neues Angebot entstand: die „Stille Woche/Stillen Tage“.
               Mitarbeitende planen mit mir gemeinsam: Wie kann eine auf
               meine Person zugeschnittene Auszeit aussehen?
 K reat iv er: „Kreativ“ – sind das nicht die Leute, die gerne basteln?
               Ja, auch dafür war Zeit!
               „Kreativ“ – sind das nicht die Leute, die für jedes Problem eine
               Lösung finden? Ich bin gespannt, wie wir langfristig mit den
               Vor- und Nachteilen des Homeoffice umgehen werden!
               „Kreativ“ – ist „creation“ nicht das englische Wort für „Schöpfung“?
               Auch Gott ist kreativ – als Schöpfer der Welt kann er ein Lied davon
               singen. Und siehe: Wir sind ein Teil davon – Teil des Problems und
               gleichzeitig Teil der Lösung! Wir sind Geschöpfe, die krank werden
               können und Mitschöpfer*innen, die heilen können. Wir wollen, dass
               nicht nur „das Starke“ überlebt. Wir kämpfen für die Idee, dass sich
               auch das „Schwache“ durchsetzen kann und darf. Dafür nehmen wir
               auch Schwierigkeiten in Kauf und suchen kreative Wege.

Aufde nd ritte n B lic k muss ich zugeben: Das letzte Jahr war eine große Heraus-
forderung. Einige wurden über die zumutbare Grenze hinaus gefordert. Viele haben
große Solidarität gezeigt. Wir haben diese Herausforderung gemeinsam angenommen
und stellen fest: Auf diese Weise gehen wir nicht unter. Wir finden auch für große
Probleme eine Lösung. Wir sind kreativer als gedacht. Deshalb blicke ich zuversicht-
lich auf das Jahr 2021.

Gabriele Gostner-Priebe

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