Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ

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Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
Jugendkriminalität
gestern, heute, morgen?
 Vortrag auf dem Fachtag der Bundesarbeitsgemeinschaft Polizei in
               der DVJJ in Dortmund am 14.04.2016
                      Dipl.-Soz. Anabel Taefi
                  Deutsche Hochschule der Polizei (Münster)
        Fachgebiet Kriminologie und interdisziplinäre Kriminalprävention
Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
Jugendkriminalität und Jugendgewalt:
                             Das Bild, das uns vermittelt wird

Bilder, die besorgen…
Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
Jugendkriminalität und Jugendgewalt:
                                Was wir lesen und was wir befürchten

Noch zu Beginn der 2010er-Jahre:
Die Geduld mit den kleinen Monstern ist am Ende
und Neuköllner Verhältnisse lauern überall….

…aber – nicht vergessen – Deutschland schafft sich ja sowieso ab
und ist von Sinnen. Oder gibt es einen das-wird-man-ja-wohl-noch-
sagen-dürfen Trend auf dem Buchmarkt?
Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
Experten: Praxis vs. Wissenschaft

 Der Berliner Jugendrichter Stephan    In der Wissenschaft gibt es bisher
  Kuperion im Interview mit „heute“,     dafür (bisher?) keinerlei Belege.
  am 24.03.2014:                        Ist es doch der von Psychologen
                                         gefundene Aspekt der „rosigen
                                         Erinnerung“, der verzerrte und
                                         verklärende Blick auf die
                                         Vergangenheit, an die wir uns
                                         erinnern?

                                       (*„rosy retrospect“: Mitchell, T., Thompson, L.
                                       (1994). A theory of temporal adjustments of the
                                       evaluation of events: Rosy Prospection & Rosy
                                       Retrospection. In Stubbart, C.; Porac, J.; Meindl, J.
                                       Advances in managerial cognition and
                                       organizational information-processing. Greenwich,
                                       CT: JAI press. pp. 85–114.)
Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
Jugendkriminalität und Jugendgewalt:
                                            Und die Sitten verrohen seit mind. 3000 Jahren

 Der Kommunikationswissenschaftler Prof. Paul Watzlawick zitiert in einem Vortrag im Jahr 1987 die
   Aufschrift auf einer mindestens 3.000 Jahre alten babylonischen Tontafel:
Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben. Sie ist böse, gottlos und faul. Sie wird niemals so sein wie die
Jugend vorher, und es wird ihr niemals gelingen, unsere Werte zu erhalten.
( Paul Watzlawick: Wenn die Lösung das Problem ist (YouTube))
 Sokrates (ca. 469 v. Chr – 399 v. Chr):
Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen
Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf,
wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft,
verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.
 Aristoteles (384-322 v. Chr) wird zitiert:
Ich habe überhaupt keine Hoffnung mehr in die Zukunft unseres Landes, wenn einmal unsere heutige Jugend
die Männer von morgen stellt. Unsere Jugend ist unerträglich, unverantwortlich und entsetzlich anzusehen.
 William Shakespeare: Ein Wintermärchen, 3. Akt 2. Szene / Ein Hirte:
 Ich wollte, es gäbe gar kein Alter zwischen 10 und 23, oder die jungen Leute verschliefen die ganze Zeit denn
dazwischen ist nichts, als den Dirnen Kinder schaffen, die Alten ärgern, stehlen und balgen.
Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
Jugendkriminalität und Jugendgewalt:
                                                                                                      Die Rolle der Medien?

     In einem RTL-Bericht zu Jugendgewalt im Jahr 2009:
                                                                                      Prof. Christian Pfeiffer in einem Interview mit der
                                                                                        Süddeutschen Zeitung (23.05.2011)
                                                                                     Die emotionale Wucht der Fernsehbilder von brutalen
                                                                                     Gewalttaten junger Menschen beeinflusset die
                                                                                     Einschätzung der Zuschauer stark. Dank der U-Bahn
                                                                                     Überwachungskameras sind die Gewaltexzesse sichtbar
                                                                                     wie nie zuvor.
                                                                                      Prof. Sebastian Scheerer beschreibt 1978 (!) den
                                                                                        politisch-publizistischen Verstärkerkreislauf:
                                                                                     Vereinheitlichung der öffentlichen Meinung (Konsonanz
                                                                                     der Medieninhalte)
                                                                                      Intensität und Dauer der massenmedialen
                                                                                        Beschäftigung (Kumulation)
                                                                                      Veränderung der öffentlichen Meinung
                                                                                     (Meinungsklima)
*Scheerer, S. (1978). Der politisch-publizistische Verstärkerkreislauf. Zur Beeinflussung der Massenmedien im Prozeß strafrechtlicher Sozialkontrolle. KrimJ, 223-227.
Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
(Mind.) zwei Seiten der Medaille:
                                                                     Die Perspektive der Erforschung krimineller Karrieren

 Trotzdem der „Normalität“ ist das
  Phänomen nicht zu verharmlosen:
 Jugendkriminalität gehört als Facette
  devianten Verhaltens zum Reifeprozess
  junger Menschen zur Entwicklung dazu.
 Sie bleibt in der großen Mehrheit der
  Fälle episodenhaft und von geringer
  Schwere geprägt.
 Aber: Es gibt auch Verläufe, in denen sich
  eine kriminelle Karriere verstätigt oder
  Fälle in denen gravierende Taten
  vorliegen – hier ist adäquates
  Einschreiten erforderlich – dazu später
  mehr…
     *Moffitt, T. E. (1993). Adolescence-limited and life-course-persistent antisocial behavior: a developmental taxonomy. Psychological review, 100(4), 674-701.
Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
Studie JuKrim2020 (und YouPrev):
                                                Zu erwartende Veränderung der Jugendkriminalität?

 Auftrag der IMK an die Deutsche Hochschule der Polizei 2009
 Gegenstand: Mögliche Entwicklungen im Bereich der Jugendkriminalität, insbes. Jugendgewalt, bis 2020;
  Implikationen für Prävention/Intervention
 Ausgangspunkt: demographischer Wandel (Rückgang der Zahl der Jugendlichen von 3,33 Millionen 2009 auf
  2,81 Millionen 2020)
 Multimethodaler/multiperspektivischer Ansatz:
 qualitativ-heuristische Methoden (Delphi-Befragung, Szenario-Methode, qualitative Interviews) und
  quantitative Extrapolationen
 Einbeziehung der Perspektiven von Wissenschaftlern und von Praktikern unterschiedlicher Arbeitsbereiche
  (Polizei, Justiz, Sozialarbeit, Kriminalprävention)
 Stichprobengrößen: 124 (Runde 1), 97 (R. 2 ), 94 (R. 3)
Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
Studie JuKrim2020 (und YouPrev):
                                      Zu erwartende Veränderung der Jugendkriminalität?

Entwicklungen der Jugendkriminalität bis 2020/2025 aus Expertensicht geprägt durch
     demografischen Wandel
     technologische und
     soziale Entwicklungen
Jugendkriminalität gestern, heute, morgen? - DVJJ
Delphi, 2. Runde: Expertensichtweisen zu
                                                      kriminalitätsrelevanten Merkmalen

Steigernde Einflüsse auf Gewaltkriminalität Jugendlicher im Zeitraum bis 2020
 wachsende soziale Ungleichheit; Verfestigung von „Armutsmilieus“; Exklusion;
  mangelnde Bildungsperspektiven
 wachsende Anomie: sinkende Wertebindung; Schwächung familiärer Bindungen
 Zunahme von psychischen Störungen, sozialen Defiziten, Mediennutzung,
  Alkoholmissbrauch
 Finanzlage öffentlicher Haushalte: sinkende Ressourcen der Kommunen;
  sinkende Sozialleistungsquote
 wachsende Zahl von Jugendlichen mit Migrationshintergrund
 gesteigerte Anzeigebereitschaft ( Anstieg registrierter Kriminalität)
Delphi, 2. Runde: Expertensichtweisen zu
                                                 kriminalitätsrelevanten Merkmalen (2)

Dämpfende Einflüsse auf Gewaltkriminalität Jugendlicher im Zeitraum bis 2020
 zurückgehende Kohortenstärke
 Qualität von und Aufwand für Präventionsmaßnahmen
 Verstärkung privater Sicherheitsvorkehrungen
 Rückgang gewalttätiger Erziehung
 wachsende gesellschaftliche Ächtung von Gewalt, höhere Sensibilität der
  Bevölkerung für Gewalt ( zugleich: stärkere Aufhellung des Dunkelfeldes)
 verbesserte Bildungschancen
 erfolgreichere Integration von Migranten
PKS-Trendextrapolation:
                                                                                                      Jugendkriminalität Hellfeld gesamt

* Görgen, T., van den Brink, H., Taefi, A. & Kraus, B.(2011). Jugendkriminalität im Wandel? Perspektiven zur Entwicklung bis 2020. Verlag f. Polizeiwissenschaft.
PKS-Trendextrapolation:
                                                                                                      Jugendkriminalität Hellfeld gesamt

                                                                                                                                    = 190.352 TV
                                                                                                                                    14-17J. Im Jahr 2014
                                                                                                                                    (*PKS Zeitreihen 2014)

* Görgen, T., van den Brink, H., Taefi, A. & Kraus, B.(2011). Jugendkriminalität im Wandel? Perspektiven zur Entwicklung bis 2020. Verlag f. Polizeiwissenschaft.
Delphi, 1.+2. Runde: Schätzungen zur Entwicklung
                                                                                       der TVBZ jugendlicher Tatverdächtiger bis 2020
                                                                                                                    (Bezugsjahr: 2008)

*Görgen, T., van den Brink, H., Taefi, a. & Kraus, B.(2010). JuKrim2020: Mögliche Entwicklungen der Jugend(gewalt)kriminalität in Deutschland, Bericht für IMK / AK II
Delphi, 1.+2. Runde: Schätzungen zur Entwicklung
                                                                                        der TVBZ jugendlicher Tatverdächtiger bis 2020
                                                                                                                    (Bezugsjahr: 2008)

                                                                                                                                                   TVBZ 2014= 5010
                                                                                                                                                   (*PKS Jahrbuch 2014)

*Görgen, T., van den Brink, H., Taefi, a. & Kraus, B.(2010). JuKrim2020: Mögliche Entwicklungen der Jugend(gewalt)kriminalität in Deutschland, Bericht für IMK / AK II
Lokale Befragungen in Deutschland:
                                                                                   Projekt YouPrev

 Schülerbefragungen in einer städtischen und einer ländlichen Region
      anonyme schriftliche Befragung in 8.–10. Klassen von Gymnasien, Realschulen, Hauptschulen;
         Befragungsdurchführung 12/2011–03/2012
      Fragebogen: Fragen des ISRD-3 (International Self-Reported Delinquency Study) + Erfahrungen
         Jugendlicher mit / Wahrnehmung von Präventionsmaßnahmen
YouPrev-Schülerbefragungen:
                                                                 Charakteristika der Stichprobe

                Merkmal      Gesamt % (N)                              Merkmal      Gesamt %
   Geschlecht: weiblich      47.5 (1.037)                                              (N)

Durchschnittsalter (in J.)      14.77                               Klassenstufe
                                                                              8te   34.2 (747)
   Wohnort der Schüler
                                                                              9te   35.9 (785)
               Großstadt      33.5 (716)
                                                                             10te   29.9 (654)
               Kleinstadt     37.6 (804)
                                                         Migrationshintergrund
              Land/ Dorf      28.9 (618)
                                            Migrationshintergrund. 1te & 2te Gen.   25.4 (543)
                Schultyp
             Gymnasium        37.0 (808)    Darunter: die zu Hause gesprochene      31.5 (162)
              Realschule      38.7 (846)                      Sprache ≠ Deutsch
            Hauptschule       24.3 (532)
YouPrev-Schülerinnen-/Schülerbefragungen in Deutschland
12-Monats-Prävalenz abweichenden Verhaltens nach Geschlecht (in %)

                                               *Görgen, T., Taefi, A.,
                                               Kraus, B. & Wagner, D.
                                               (Hrsg.) (2013).
                                               Jugendkriminalität und
                                               Jugendgewalt: empirische
                                               Befunde und Perspektiven
                                               für die Prävention.
                                               Frankfurt/M: Verlag für
                                               Polizeiwissenschaft.
YouPrev-Schülerbefragung: Verbreitung von
                                                            Jugenddelinquenz

Schülerinnen-/Schülerbefragungen:
12-Monats-Prävalenz von Delinquenz nach Geschlecht (in %)
Jahresprävalenz                    Jungen        Mädchen     Gesamt
mind. ein Delikt:                  67.9 %        49.4 %      59.1 %
mind. 1 Delikt ohne ill. DL        38.6 %        22.4 %      30.7 %
mind. 1 Gewalt-oder Eigentumsdelikt:27.3 %       17.4 %      22.5 %
Polizeikontakte
19.6 %, darunter 81.8 % (auch) im vergangenen Jahr
Vergleich CRIMOC (2000-2002) – YouPrev (2012):
                         Verbreitung von Jugenddelinquenz

       Ergebnisse sehr gut vergleichbar mit anderen Schülerbefragungen (KFN-
          Schülerbefragung und CRIMOC-Studie)!
       Sehr grob überschlagen:
             Einbruch 3 vs 2 %
             Diebstahl von/aus einem Auto: 1.8 vs 1.6 %
             Ladendiebstahl 19 vs 10 % !
             Raub 3 vs 1.5 % !
             Handel mit BtmG 3.5 vs 4.5 %
             Sprühen von Grafitti 10 vs 5 %!
             Illegale Downloads 22 vs 40%!

*Boers, K. & Reineke, J. (2002). Informationen zur 3. Schülerbefragung in Münster 2002. URL:
www.uni-bielefeld.de/soz/krimstadt/pdf/Ergebnisse_Muenster_2002.pdf.
Jugenddelinquenz und
                                                moderne Kommunikationstechnologien

 Veränderungen der Lebenswelt durch moderne Technologien schlagen sich
  auch in Erscheinungsformen von Delinquenz nieder (Bspw. In den 90ern
  „Abziehen“ von Jacken, heute von Handys)
 Urheberrechtsverletzungen: weit verbreitete Delikte mit hoher sozialer
  Akzeptanz / geringem Unrechtsbewusstsein

 meist keine Indikatorwirkung für besondere „Delinquenzneigung“

 Cyberbullying: Wird schnell sichtbar und gut dokumentiert

 Schülerinnen-/Schülerbefragungen:
 12-Monats-Prävalenz von Delinquenz nach Geschlecht (in %)
 Jahresprävalenz              Jungen   Mädchen            Gesamt
 illeg. Downloads             47.3 %   33.2 %             40.5 %
 ausschließlich ill.DL        22.3 %   21.5 %             21.9 %
 Opfer von Cyberbullying      8.3 %    15.4 %             11.7%
Synthese von Expertensichtweisen & Ergebnissen der
                                    Dunkelfeldforschung zur Entwicklung der Jugendkriminalität

Ein Fazit mit Augenzwinkern:
Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist.
Jugendkriminalität ist auch im kommenden Jahrzehnt
 vor allem weit verbreitete Delinquenz
 mit meist geringer Schwere
 und überwiegend episodischem Charakter.
Zugleich: spezifische Probleme in
 marginalisierten Milieus
 insbesondere in großstädtischen Ballungsräumen
 dort hohe Kriminalitätsbelastung und hoher Anteil von Mehrfach-/ Intensivtätern
Synthese von Expertensichtweisen & Ergebnissen der
                      Dunkelfeldforschung zur Entwicklung der Jugendkriminalität

 steigende Tatverdächtigenzahlen bei Mädchen
 Zunahme psychischer Aggressionsdelikte
 Jugendgewalt zunehmend als Gruppenphänomen; dabei Tendenz zu
  spontanen, kurzfristigen Gruppenbildungen
 technologische Entwicklung verändert Tatgelegenheitsstrukturen und
  Erscheinungsbild von Jugendkriminalität
 Mehrfach- und Intensivtäter
    vor allem aus marginalisierten Milieus; vor allem in Großstädten
     und Ballungsräumen
    vermehrt Tatbegehung in Gruppen
Im Großen und Ganzen kein Grund zur Sorge – aber was
                                                                                      ist mit dem „harten Kern“?

Moffitt, T. E. (1993). Adolescence-limited and life-course-persistent antisocial behavior: a developmental taxonomy. Psychological review, 100(4), 674-701.
YouPrev-Schülerbefragung: Mehrfachgewalttäterschaft

 Kleine Gruppe von Jugendlichen zeigt wiederholt auftretendes gewalttätiges Verhalten
 Hoch belastete Gruppe im Hinblick auf Risikofaktoren
               Schülerinnen-/Schülerbefragungen:
               Kriterium: mind. 5 selbstberichtete Gewaltdelikte in den letzten 12 Monaten

               Anteile Mehrfachgewalttäter:
                    Gesamt:                         2.8 %
                    Männliche Jugendliche:          4.0 %
                    Weibliche Jugendliche:          1.5 %

               Auf Mehrfachgewalttäter entfallender Anteil
                    an allen berichteten Delikten (Gewalt-, Eigentumsdelikte,
                   Sachbeschädigungen, Handel mit Btm):                 69.0 %
                    an allen berichteten Gewaltdelikten:                95.0 %
Schülerbefragungen:
                                                          Mehrfachgewalttäter im Vergleich

  Mehrfachtäter Gewaltdelikte: mind. 5 Gewaltdelikte im letzten Jahr
                                             5 und mehr      alle Täter
                                                                           ohne Delikt
                                            Gewaltdelikte (12 Mon., ohne
                                                                         letzte 12 Mon.
                                                (MTG)          MTG)
                                                                              (1561)
                                Merkmal          (59)          (566)
                                männlich        74.6 %        63.4 %         47.7 %
                                    Alter       15.2 J.        14.9 J.        14.7 J.
                      Hauptschulbesuch          57.6 %        29.9 %         21.1 %
               Mutter nicht im Haushalt         23.2 %        10.0 %           9.3 %
                 Vater nicht im Haushalt        28.6 %        23.7 %         19.0 %
Vater mit Festanstellung o. selbstständig        80 %         91.7 %         93.4 %
                  Migrationshintergrund         44.6 %        31.2 %         22.6 %
      Muttersprache andere als Deutsch          22.4 %         9.4 %           6.7 %
         > 2x volltrunken, letzte 30 Tage       62.5 %        21.4 %           4.9 %
         Cannabiskonsum letzte 30 Tage          40.8 %        15.6 %           2.3 %
Drogenerfahrung (Lebenszeit, ohne THC)          61.9 %        35.1 %           8.8 %
                          deviante Peers        91.5 %        86.6 %         47.8 %
                      gewalttätige Peers        74.9 %        35.0 %           9.6 %
Schülerbefragungen:
                                          Multivariate Analyse zu jugendlicher Gewaltdelinquenz

    Binär-Logistische Regression: 12-Monats-Prävalenz von Gewaltdelinquenz,
                              R² (Nagelkerke) = 41.9 %

Prädiktor                                                  Sig.        Exp(B)
Region                                                        .904             .975
Geschlecht (Ref. = männlich)                                   ***             .404
Alter                                                         .846             .981
gewaltlegitimierende Männlichkeitsnormen                        **            1.707
Moral / Normakzeptanz                                           **             .458
schwache Selbstkontrolle                                         *            1.474
soziale Desorganisation im Wohngebiet                         .361            1.261
geringe elterliche Supervision                                .561            1.103
Volltrunkenheit (letzter Monat)                                ***            1.512
Cannabiskonsum (letzter Monat)                                  **            1.390
deviante Peers (Drogen / Eigentumsdelikte)                       *            2.092
gewalttätige Peers                                             ***            5.220
Konstante                                                     .058             .026
Fazit

 Jugendkriminalität verändert sich in den Erscheinungsformen
  eher geringfügig.
 Veränderungen treten vor allem durch technologischen und
  sozialen Wandel ein, die auf Phänomen und Modi Operandi
  wirken.
 Gravierende Kriminalitätsverläufe zeigen sich vor allem in den
  hochproblematischen sozialen Milieus.
 Dort ist ein frühes, kooperatives und vor allem
  zielgruppenspezifisches Eingreifen notwendig.
 Es zeigt sich früher, heute und sicher auch morgen: Eine gute
  Sozialpolitik ist die beste Kriminalpolitik!
Anabel Taefi
                                                                    FG 13 / DHPol, Zum Roten Berge 18-24, 48165 Münster
                                                                                  anabel.taefi@dhpol.de, 02501 – 806 257

                      Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
                                 Es ist alterstypisch, dass pro Jahr von den jungen Menschen
        mehr als TV polizeilich registriert als in den älteren Jahrgängen. Seinen Grund hat das offensichtlich
                  nicht nur in der delinquenten Aktivität der jungen Altersgruppen, sondern v.a. in der
           besonderen Art der Delikte, mit denen junge im Gegensatz zu älteren Menschen typischerweise
                                                                 auffallen.
                      Aus kriminologischer Sicht ist es nicht eine besondere kriminelle Energie oder
       Professionalität, die für die überproportional häufige Registrierung junger Menschen ursächlich sind,
        sondern gerade das Fehlen dieser Merkmale - kriminelle Energie und Professionalität. Denn es sind
        überproportional Bagatelldelikte; es sind Delikte, die typischerweise leicht aufzuklären sind, weil sie
         von unprofessionellen Tätern dilettantisch begangen werden; und es sind Delikte, auf die sich u.a.
                        aus diesem Grund private und polizeiliche Kontrollintensität konzentrieren.

*Spieß, G. Jugendkriminalität in Deutschland. Zwischen Fakten und Dramatisierung. Url: www.uni-Konstanz.de/rtf/gs/G.Spiess-Jugendkriminalitat-2012.pdf
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