Jugendschutzbericht 2015 - für den Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) - Bayerische Landeszentrale für ...

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Jugendschutzbericht
2015
für den Medienrat der Bayerischen
Landeszentrale für neue Medien (BLM)
Jugendschutzbericht 2015 für den Medienrat
der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien
BLM/Bereich Medienkompetenz und Jugendschutz
München, 18. Februar 2016
Inhaltsverzeichnis

Vorwort                                                            04

1.        Medienkompetenz-Ausschuss                                05

2.        Bundesweite Jugendschutz-Fragen                          08

2.1. 	Themenverantwortung der BLM: Selbstkontrolleinrichtungen,
          Onlinespiele, Europa/Internationales, Telemedien         08

2.2.      Thematische Einzelfragen                                 13

2.3.      Sitzungsleitung von Prüfgruppen der KJM                  17

2.4.      Indizierungen                                            19

3.        Prävention und Beratung                                  21

3.1.      Veranstaltungen und Gespräche                            21

3.2.      Einzelfälle                                              24

4.        Kontrolle und Maßnahmen                                  26

4.1.      Rundfunk                                                 26

4.2.      Telemedien                                               31

5.        Gesellschaftspolitische Tätigkeiten
          und weitere Aktivitäten                                  34

Impressum                                                          37
Gemäß dem Medienratsbeschluss vom 11.11.1993 zur Ein-
     dämmung der Gewalt im Fernsehen berichtet die Geschäftsführung
     hiermit zum 41. Mal über die Kontrolle von Angeboten im Rund-
     funk und in Telemedien sowie über Maßnahmen im Hinblick auf die
     Bestimmungen des Jugendschutzes. Dies umfasst einen Zeitraum
     von einem Jahr, von Januar bis einschließlich Dezember 2015.

     Der Jugendmedienschutz ist eine der Kernaufgaben der Bayerischen
     Landeszentrale für neue Medien (BLM). Seine herausragende gesell-
     schaftspolitische Bedeutung leitet sich daraus ab, dass er ein Rechts-
     gut mit Verfassungsrang (Art. 5 Abs. 2 Grundgesetz (GG)) ist und
     in der Bayerischen Verfassung als staatliche Aufgabe definiert ist.

     In der BLM wurde dem in den vergangenen Jahren organisatorisch
     Rechnung getragen: 2013 wurde ein eigener Bereich Medienkom-
     petenz und Jugendschutz eingerichtet. 2014 wurde ein neuer
     Ausschuss des Medienrats „für Fragen der Medienkompetenz und
     des Jugendschutzes (Medienkompetenz-Ausschuss)“ gebildet.
     Das Jahr 2015 stand ganz im Zeichen der inhaltlichen Ausgestaltung
     dieser zentralen gesellschaftspolitischen Aufgabe. Veranstaltungen,
     Gespräche und Austausch mit verschiedensten Akteuren in den
     elektronischen Medien, aber auch das Tagesgeschäft der Aufsicht
     prägten die Jugendschutzagenda der BLM.

04
1.        Medienkompetenz-Ausschuss
     Der Ausschuss „für Fragen der Medienkompetenz      und Grossisten eBooks künftig mit Blick auf den
     und des Jugendschutzes (Medienkompetenz-           Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV)
     Ausschuss)“ hat im zweiten Jahr seines Beste-      inhaltlich klassifizieren und gleichzeitig auf
     hens zahlreiche Fragen behandelt und dabei         den Online-Angeboten der Buchhändler dazu
     erneut wichtige fachliche Impulse auf dem Gebiet   entsprechende Jugendschutzmaßnahmen
     des Jugendschutzes und der Medienkompetenz         umgesetzt werden können. In der Praxis geht
     gesetzt.                                           es insbesondere um eBooks zu den Themen
                                                        Erotik und Sexualität, bei denen eine entwick-
      DIE AUFGABEN DES AUSSCHUSSES „FÜR                 lungsbeeinträchtigende Wirkung auf Kinder
      FRAGEN DER MEDIENKOMPETENZ UND DES                und Jugendliche anzunehmen ist, sowie um
      JUGENDSCHUTZES (MEDIENKOMPETENZ-                  pornografische Angebote. Auch indizierte
      AUSSCHUSS)“:                                      Werke wurden festgestellt.

      •   die Beratung von Fragen der Vermitt-          Online-Spiele gehören seit mehreren Jahren
          lung von Medienkompetenz und zur              zum Aufgabenbereich der BLM im Jugend-
          Förderung von Medienkompetenz-                schutz. Der Ausschuss befasste sich mit den
          projekten                                     Beurteilungskriterien zu Online-Spielen an-
      •   die Begleitung medienpädagogischer            hand von praktischen Beispielen. Er vertritt die
          Veranstaltungen                               Auffassung, dass Online-Spiele nach wie vor ein
      •   die Beratung der übereinstimmenden            wichtiges Thema im Jugendmedienschutz sind
          Satzungen und Gemeinsamen Richtlinien         und die Medienaufsicht vor neue Herausfor-
          nach dem Jugendmedienschutz-Staats-           derungen in der Beurteilungspraxis stellen. Den
          vertrag                                       Selbstkontrolleinrichtungen wird ebenfalls eine
      •   die Beratung über Jugendschutzfragen          hohe Bedeutung beigemessen, um den Jugend-
          im Hörfunk und im Fernsehen sowie in          schutz in diesem Bereich zu gewährleisten.
          den Telemedien
                                                        Angesichts der Tatsache, dass das globale Netz
                                                        und die veränderten Nutzungsgewohnheiten
                                                        Jugendlicher internationale Lösungen erfor-
     Telemedien: eBooks,                                dern, befassten sich die Ausschuss-Mitglieder
     Online-Spiele, IARC                                mit der Initiative „International Age Rating
                                                        Coalition“ (IARC). Positiv hervorgehoben wurde,
     Ein Schwerpunkt im Berichtszeitraum war das        dass dadurch eine Vielzahl an Inhalten im Netz
     Thema Jugendschutz bei eBooks. Bei eBooks          schnell mit einem Altershinweis versehen
     handelt es sich um elektronische Bücher in         werden kann und regionale Unterschiede
     digitaler Form, die auf speziellen Lesegeräten     berücksichtigt werden können. Problematisiert
     („Reader“) oder mit spezieller Software auf        wurde dagegen die Verlagerung der Verant-
     Computern, Tablets oder Smartphones gelesen        wortung des Jugendschutzes auf die Entwickler
     werden können.                                     im Rahmen des Klassifizierungsverfahrens
     eBooks sind Telemedien, da der digitalisierte      und eine mögliche Verwechslungsgefahr der
     elektronische Inhalt des Trägermediums über        Hinweiszeichen. Der Ausschuss würdigte das
     elektronische Informations- und Kommunika-         System aber auch als große Chance, zahlreiche
     tionsdienste online übermittelt und zugänglich     ausländische Angebote mit einem Altershin-
     gemacht wird.                                      weis zu versehen und betonte den wichtigen
     In einigen dieser Angebote aus dem Zuständig-      Stellenwert der Unterhaltungssoftware Selbst-
     keitsbereich der BLM gab es im Jahr 2015           kontrolle (USK) im Hinblick auf die Qualitäts-
     Jugendschutzprobleme (► 3.1., 3.2.). Der Aus-      sicherung.
     schuss begrüßte den Ansatz des Börsenvereins
     des Deutschen Buchhandels, eine übergreifende      Der Ausschuss führte eine kritische Diskussion
     Lösung zu erarbeiten, nach der bereits Verlage     zu aktuellen Telemedien-Aufsichtsfällen (► 4.2.)

                                                                                                     05
und begrüßte die zügige Durchführung der           Themenschwerpunkte für die Fachtagungen
     medienrechtlichen Aufsichtsverfahren.              2015 und 2016 festgelegt: die Fachtagung im
                                                        Jahr 2015 stand unter dem Motto „Lasst Euch
                                                        nicht verAPPeln! Kosten, Daten, Inhalte: worauf
     Fernsehen: Programm-                               (junge) Nutzer achten sollten“ (► 5.). Die
     ankündigungen, Forschung                           Fachtagung 2016 wird das Thema „Selbstdar-
                                                        stellung im Netz“ behandeln.
     Der Ausschuss befasste sich mit Programm-
     ankündigungen im Fernsehen, die regelmäßig
     Bestandteil von Prüfverfahren der Landes-          Ultimate Fighting: Resolution
     medienanstalten sind. Die hohe Anzahl an           des Medienrats
     Zuschauerbeschwerden von Eltern und Er-
     ziehenden unterstreicht die hohe Jugend-           Mixed Martial Arts bzw. Ultimate Fighting
     schutzrelevanz des Themas. Der Ausschuss           (► 4.2.) war – wie bereits in den vergangenen
     problematisierte die geplante Änderung im          Jahren – auch im Jahr 2015 ein intensiv
     JMStV, nach der es künftig zulässig ist, mit „ab   diskutiertes Thema im Medienrat der BLM. Der
     18“ gekennzeichnete Bewegtbild-Inhalte im          Medienkompetenzausschuss hat sich einstim-
     Tagesprogramm zu bewerben. Hier bestehe die        mig dafür ausgesprochen, dem Medienrat den
     Gefahr, dass Kinder und Jugendliche vermehrt       Beschluss einer Resolution zu empfehlen.
     auf entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte          Anlass hierzu war ein Urteil des Verwaltungs-
     hingewiesen werden und eine entsprechende          gerichts München, das das von der BLM
     Anreizwirkung erhöht wird.                         erlassene Ausstrahlungsverbot von drei Ulti-
                                                        mate Fighting-Formaten im DSF (heute:
     Im Bereich Fernsehen nahm der Ausschuss            Sport1) aufgehoben hatte. Der Ausschuss war
     die Forschungsergebnisse des Internationalen       der Auffassung, dass sich bei der inhaltlichen
     Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungs-     Bewertung keine Aspekte ergeben hätten, die
     fernsehen (IZI) zum Thema „Die dunkle Seite        für ein geringeres gesellschaftliches Problem-
     des Fernsehens“ mit Interesse zur Kenntnis.        potential sprächen. Ultimate Fighting-Formate
     Diese wurden im Rahmen einer Fachveranstal-        konterkarierten den Anspruch auf gewaltfreie
     tung vorgestellt und in der Zeitschrift „Televi-   Konfliktlösungen unter dem Deckmantel eines
     zion“ veröffentlicht. Der Ausschuss würdigte       sportlich ausgetragenen Wettbewerbs, führten
     im Zusammenhang mit der Aufbereitung des           hochaggressive Verhaltensmuster als erfolgs-
     Themas Angst aus pädagogischer Sicht die           versprechende Strategie vor und könnten
     Initiative „FLIMMO“ des Vereins „Programm-         verrohende und gewaltfördernde Haltungen
     beratung für Eltern e.V.“, eines Programmrat-      und Einstellungen verstärken. Die dargestellten
     gebers, der Eltern und Erziehenden konkrete        Gewalthandlungen stellten zentrale gesell-
     Orientierungshilfe bei der Fernseherziehung        schaftliche Werte und Einstellungen wie
     ihrer Kinder bietet.                               Rücksichtnahme und Empathie grundsätzlich
                                                        in Frage. Der Medienrat hat die Resolution in
                                                        seiner Sitzung am 12.02.2015 einstimmig
     Themen für Fachtagungen zu                         beschlossen und anschließend in den aktuellen
     Jugendschutz und Nutzer-                           politischen Diskussionsprozess eingespeist.
     kompetenz
     Seit dem Jahr 2015 veranstaltet die BLM eine
     jährliche Fachtagung zu einem übergreifenden
     Thema aus dem Gebiet Jugendschutz und
     Nutzerkompetenz, mit der eine breite Öffent-
     lichkeit erreicht werden soll. Der Ausschuss
     hat im Berichtszeitraum die inhaltlichen

06
Resolution des Medienrats der
 BLM vom 12. Februar 2015:
 1. Der Medienrat repräsentiert die bayerische    lungen stellen zentrale gesellschaftliche Wer-
 Gesellschaft und hat die gesetzliche Aufgabe,    te und Einstellungen wie Rücksichtnahme und
 die Interessen der Allgemeinheit in den          Empathie grundsätzlich in Frage. Dies ist
 Rundfunkangeboten nach dem Bayerischen           besonders kritisch zu werten, da Empathie
 Mediengesetz zu wahren, für Ausgewogen-          letztlich die entscheidende Hemmschwelle bei
 heit und Meinungsvielfalt zu sorgen und die      der Ausübung von Gewalt ist.
 Einhaltung der Programmgrundsätze zu
 überwachen. Er nimmt dabei öffentliche           4. Der Medienrat hat mit Genugtuung zur
 Verantwortung im Sinn der Bayerischen            Kenntnis genommen, dass der Anbieter
 Verfassung wahr. Das gilt auch für Entschei-     Sport1 dem Verlangen der Landeszentrale,
 dungen, die der Medienrat gemäß Art. 12          die problematischen Programminhalte durch
 Abs. 3 Satz 1 BayMG auf den Hörfunk- oder        genehmigungsfähige Inhalte zu ersetzen,
 Fernsehausschuss delegiert hat.                  Folge geleistet hat. Umso irritierender ist es,
                                                  dass ein außerhalb des rundfunkrechtlichen
 2. Art. 111a BV gewährleistet die Rund-          Verantwortungszusammenhangs agierendes
 funkfreiheit und prägt ein deutliches Bild,      externes Unternehmen seine Interessen ge-
 das durch den öffentlich-rechtlichen Träger-     gen die Ausübung der Rundfunkfreiheit durch
 schaftsvorbehalt gesichert und verwirklicht      die Landeszentrale und den zugelassenen
 werden soll. Dazu gehört der Ausschluss von      Fernsehanbieter gerichtlich durchsetzen kann.
 Gewaltverherrlichung und von Darbietungen,
 die das allgemeine Sittlichkeitsgefühl grob      5. Mit Unverständnis nimmt der Medienrat
 verletzen, sowie der Auftrag, Meinungsfrei-      zur Kenntnis, dass das Verwaltungsgericht
 heit, Sachlichkeit, gegenseitige Achtung und     München die sachkundigen Darlegungen im
 den Schutz vor Verunglimpfung zu gewähr-         Bescheid der Landeszentrale zwar als plau-
 leisten.                                         sibel bezeichnet, aber mit der Begründung
                                                  verwirft, sie ließen sich aus Sicht des Gerichts
 3. Der Medienrat bekräftigt seine Auffassung,    nicht erhärten. Dieser Ansatz verkennt die
 dass Ultimate Fighting-Formate – gerade          allgemein anerkannten Grundsätze des
 auch mit Blick auf Gewaltkriminalität bei        Schutzes vor gefährdungsgeeigneten oder
 Jugendlichen und jungen Erwachsenen in           entwicklungsbeeinträchtigenden Medienin-
 Deutschland – ein erhebliches gesellschaft-      halten sowie die eingeschränkte richterliche
 liches Problempotential bergen. Ultimate         Kontrolldichte bei der durch die Verfassung
 Fighting-Formate konterkarieren den Anspruch     geschützten staatsfernen Rundfunkaufsicht.
 auf gewaltfreie Konfliktlösungen unter dem
 Deckmantel eines sportlich ausgetragenen         6. Der Medienrat bittet den Präsidenten, alle
 Wettbewerbs, führen hochaggressive Ver-          rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um
 haltensmuster als erfolgsversprechende           eine Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen
 Strategie vor und können verrohende und          Urteils zu erreichen.
 gewaltfördernde Haltungen und Einstellungen
 verstärken. Die dargestellten Gewalthand-

Die skizzierten Themen unterstreichen die         und ethische Erkenntnisse und Bewertungen
grundsätzliche Bedeutung, die der Ausschuss       in die Fachdiskussionen einspeist, bereichert er
als Teil eines pluralen Gremiums wie dem          die Entscheidungs- und Spruchpraxis der BLM
Medienrat hat: indem er gesellschaftspolitische   in Jugendschutzfragen.

                                                                                                     07
Bundesweite
     2.           Jugendschutz-Fragen
             BLM-Präsident Siegfried                            „Selbstkontrolleinrichtungen“, „Telemedien“,
             Schneider wird DLM-Vorsitzender                    und „Onlinepiele“. Im Jahr 2015 wurden zwei
                                                                Newsletter „Telemedien“, zwei Newsletter
             Einen Wechsel gab es zum Jahresende 2015 an        „Selbstkontrolleinrichtungen“ und zwei
             der Spitze der Kommission für Jugendmedien-        Newsletter „Onlinespiele“ versandt.
             schutz (KJM): Siegfried Schneider, Präsident der
             BLM, wird zum Januar 2016 neuer Vorsitzender
             der Direktorenkonferenz der Landesmedien-          Themenverantwortung
             anstalten (DLM). Die Gesamtkonferenz der           Selbstkontrolleinrichtungen
             Medienanstalten wählte ihn im November
             2015 zum Nachfolger von Dr. Jürgen Braut-          Der Bereich Medienkompetenz und Jugend-
             meier. Er legt damit den Vorsitz der KJM nieder,   schutz stand mit den von der KJM anerkannten
             wo er künftig als stellvertretendes Mitglied       Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle
             für Thomas Langheinrich (Landesanstalt für         bezüglich verschiedener Fragestellungen in
             Kommunikation Baden-Württemberg, LFK)              engem Austausch. Seit ihrem Bestehen hat die
             fungiert. Zu seinem Nachfolger an der Spitze der   KJM die Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen
             KJM wurde am 16.12.2015 Andreas Fischer, der       e.V. (FSF), die Freiwillige Selbstkontrolle
             Direktor der Niedersächsischen Landesmedien-       Multimedia-Diensteanbieter e.V. (FSM), die
             anstalt (NLM) und bisheriger erster stellvertre-   Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft
             tender Vorsitzender, gewählt.                      für den Onlinebereich (FSK.online) und die
                                                                Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle für den
                                                                Onlinebereich (USK.online) anerkannt.
     2.1.   Themenverantwortung                                 HINTERGRUND: Gemäß dem Prinzip der
             der BLM: Selbstkontroll-                            „regulierten Selbstregulierung“ erkennt die
             einrichtungen, Onlinespiele,                        KJM Einrichtungen der Freiwilligen Selbst-
             Europa/Internationales,                             kontrolle im Sinne des § 19 JMStV an und
             Telemedien                                          überprüft, ob sich deren Entscheidungen für
                                                                 Rundfunk und Telemedien im Rahmen des
                                                                 ihnen eingeräumten Beurteilungsspielraums
             In der BLM wurden im Jahr 2015 zahlreiche           halten. Überschreitet eine Selbstkontrollein-
             Einzelthemen behandelt, die für den bundes-         richtung ihren rechtlichen Beurteilungsspiel-
             weiten Jugendmedienschutz relevant sind. Hier       raum, kann die KJM aufsichtsrechtliche
             handelt es sich sowohl um Grundsatzfragen,          Maßnahmen ergreifen.
             als auch um inhaltliche Fragen, die die BLM
             innerhalb der KJM thematisch verantwortet.

             Die BLM ist nach der Strukturreform der            Die Anerkennungen der FSF, der USK.online und
             Zuarbeit für die KJM seit 01.09.2013 für die       der FSK.online als Einrichtungen der Freiwilligen
             Themenkomplexe Selbstkontrolleinrichtungen,        Selbstkontrolle nach § 19 Abs. 4 JMStV waren
             Onlinespiele, Europa/Internationales und           bis August bzw. Oktober 2015 befristet. Die AG
             Telemedien zuständig.                              „Selbstkontrolleinrichtungen“ der KJM wurde
                                                                mit den Verlängerungen der Anerkennung der
             Mit einem „one-sheet-paper“ informiert der         einzelnen Selbstkontrolleinrichtungen im
             Bereich Medienkompetenz und Jugendschutz           schriftlichen Verfahren befasst. In ihrer Sitzung
             seit 2015 den Medienkompetenz-Ausschuss,           am 15.07.2015 in München beschloss die KJM,
             die KJM, die Landesmedienanstalten, jugend-        die Anerkennung der FSF antragsgemäß um
             schutz.net und die Gemeinsame Geschäftsstelle      weitere vier Jahre bis 01.08.2019 zu verlän-
             der Medienanstalten (GGS) über aktuelle            gern. In ihrer Sitzung am 16.09.2015 ver-
             Themen zu den Themenverantwortungen                längerte die KJM die Anerkennungen der

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FSK.online und der USK.online antragsgemäß        Um den wachsenden Anforderungen im Bereich
um weitere vier Jahre bis 01.10.2019.             der Onlinespiele gerecht zu werden, hat die KJM
                                                  2006 die Arbeitsgruppe „Spiele“ eingerichtet.
Im März 2015 gab die USK bekannt, dass sie als    In regelmäßig stattfindenden Arbeitstreffen
Mitgründerin der Initiative IARC gemeinsam        setzen sich deren Mitglieder seither mit
mit anderen offiziellen Institutionen zukünftig   relevanten und aktuellen Problemlagen
auch Alterskennzeichen für Online-Spiele und      auseinander.
Apps über ein internationales System vergibt.
IARC ist eine internationale Kooperation, die     Am 16.07.2015 fand das zweite Treffen der AG
erstmals regional eigenständige Jugendschutz-     „Spiele“ unter Federführung der BLM statt, um
bewertungen innerhalb eines einheitlichen glo-    aktuelle Fragestellungen aus dem Bereich der
balen Systems für Millionen von Apps ermög-       Onlinespiele zu behandeln und über künftige
licht. Als erste Plattformen haben sich Google    Aufgaben zu beraten.
Play Store und Firefox Marketplace dem System     Die Mitglieder der Arbeitsgruppe befassten sich
angeschlossen. Im Rahmen der Vorbereitung         mit dem Deutschen Computerspielpreis (DCP),
für die Verlängerung der Anerkennung der USK.     dessen Verleihung am 21.04.2015 in Berlin
online als Einrichtung der Freiwilligen Selbst-   stattgefunden hatte, sichteten das mit dem
kontrolle gemäß § 19 Abs. 4 JMStV überprüfte      DCP ausgezeichnete Anti-Kriegsspiel „This war
die BLM dieses Verfahren im Zusammenhang          of mine“ und führten eine inhaltliche Diskussi-
mit dem JMStV. Hierbei wurde festgestellt,        on zum Thema Krieg in Computerspielen. Sie
dass das neue IARC-Verfahren außerhalb der        erörterten die Prüfstatistik der USK sowie eine
Verfahren im Rahmen der Anerkennung nach          Untersuchung des Bundesverbandes Interakti-
§ 19 JMStV zu sehen ist. Durch die Altersein-     ve Unterhaltungssoftware (BIU) zum wachsen-
stufungen wird keine Privilegierung nach § 20     den Markt für Spiele-Apps. Weitere Themen
JMStV erlangt, da die Einstufung lediglich eine   waren ein Urteil des LG Berlin zu Gamekeys
Selbstbewertung des Anbieters darstellt.          sowie neue Entwicklungen beim Phänomen
                                                  Cloudgaming.
                                                  Prof. Dr. Manuela Pietraß, Professorin für
Themenverantwortung                               Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt
Onlinespiele                                      Medienbildung an der Universität der Bundes-
                                                  wehr München, stellte im Rahmen der AG-Sit-
                                                  zung die Vorstudie zum Thema „Moralisches
                                                  Urteilen bei gewalthaltigen Computerspielen
                                                  und sein Zusammenhang mit der Spielstruktur
 HINTERGRUND: ZUSTÄNDIGKEIT BEI
                                                  und dem Alter der Nutzer“ vor. Gamer vor
 DIGITALEN SPIELEN
                                                  moralische Entscheidungssituationen hinsicht-
 Das deutsche System der Medienaufsicht
                                                  lich der Ausübung von Gewalt zu stellen, ist ein
 unterscheidet zwischen digitalen Spielen,
                                                  relativ neuer Trend in Computerspielen, vor
 die als Trägermedium offline vertrieben
                                                  allem in Erwachsenenspielen aus den Genres
 werden (zuständig sind hier nach dem
                                                  Shooter und Actiongames. Prof. Pietraß stellte
 Jugendschutzgesetz (JuSchG) die Obersten
                                                  dar, wie Spielerkommentare aus Let´s Play-
 Landesjugendbehörden), und Spielen, die
                                                  Videos zu moralischen Konfliktsituationen
 online zugänglich sind. Laut JMStV ist die
                                                  ausgewertet und den von Kohlberg definierten
 KJM für digitale Spiele zuständig, wenn die
                                                  Stufen der moralischen Urteilskraft zugeordnet
 Inhalte online über das Internet angeboten
                                                  wurden. In diesem Rahmen wurden somit auch
 werden und der Anbieter in Deutschland
                                                  die Bedeutung und Wirkung moralischer
 sitzt. Download-Möglichkeiten regelt der
                                                  Entscheidungen in Computerspielen für den
 JMStV ebenfalls.
                                                  Jugendmedienschutz und die Medienpädagogik
                                                  diskutiert. Für die jugendschutzrechtliche
                                                  Bewertung von Spielen war insbesondere die

                                                                                               09
Aussage relevant, dass ein Zusammenhang             linie und die Kabel- und Satelliten-Richtlinie zu
     zwischen moralischem Urteil und dem Alter des       überarbeiten. Bis 30.09.2015 lief dazu eine öf-
     Spielers bestehe und somit eine frühe Alters-       fentliche Konsultation der EU-Kommission. Die
     freigabe von Spielen problematisch erscheine,       Europäische Kommission wollte damit untersu-
     die moralisch angreifbare Entscheidungen            chen, welche Teile der Richtlinie zweck-
     belohnen.                                           dienlich im Sinne des REFIT-Programms sind,
     Die Arbeitsgruppe kam in der anschließenden         und Fakten und Meinungen zur künftigen
     Diskussion über die Vorstudie dahingehend           Politik auf dem Gebiet der Mediendienste
     überein, dass die vorgelegten Ergebnisse die        sammeln. Vor allem an der Anhörung zum The-
     Spruchpraxis im Jugendschutz bei der Bewer-         menbereich „Schutz der Nutzer und Verbot von
     tung von Online-Spielen tangieren. Sie befür-       Hassparolen und Diskriminierung“ war
     wortete den Vorschlag der BLM, die Thematik         die BLM beteiligt. Ein Schwerpunkt war die
     von moralischen Entscheidungsprozessen in die       Vorstellung des deutschen Systems der regu-
     Kriterien der Landesmedienanstalten für die         lierten Selbstregulierung.
     Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien          Die Ergebnisse der Anhörung sollen für den
     mit aufzunehmen. Die BLM erstellte hierzu           Vorschlag der Kommission zur Änderung der
     einen Formulierungsvorschlag und übermittelte       AVMD-RL, der bis Juli 2016 vorliegen soll,
     diesen der NLM, die die Federführung bei der        berücksichtigt werden.
     AG „Kriterien“ innehat.

     Die Arbeitsgruppe befasste sich mit einigen          HINTERGRUND: AUDIOVISUELLE MEDIEN-
     praktischen Fragen hinsichtlich aktueller            DIENSTE-RICHTLINIE (AVMD-RL)
     Altersempfehlungen von IARC und diskutierte          Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen
     einige inhaltliche Einzelfragen zu Online-Spielen    Parlaments und des Rates vom 10. März
     aus der aktuellen Aufsichtspraxis.                   2010 zur Koordinierung bestimmter
                                                          Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
     Die Entwicklungen im Bereich der Online-Spiele,      Mitgliedstaaten über die Bereitstellung
     insbesondere der stark wachsende Markt und           audiovisueller Mediendienste (Richtlinie
     die steigenden Nutzungszahlen von Kindern            über audiovisuelle Mediendienste –
     und Jugendlichen, zeigen auf, dass Onlinespiele      kodifizierte Fassung):
     ein immer wichtigeres Thema im Jugendme-             Die Richtlinie über audiovisuelle Medien-
     dienschutz darstellen und die Medienaufsicht         dienste soll die bisherige EU-Fernsehricht-
     vor neue Herausforderungen in der Beurtei-           linie und den Bereich des Fernsehens und
     lungspraxis stellen. Neben präventiven Maß-          vergleichbarer Angebote modernisieren.
     nahmen der BLM für Telemedienanbieter und            Die Richtlinie über audiovisuelle Medien-
     der Durchführung von Aufsichtsverfahren sind         dienste soll der Weiterentwicklung der
     die Selbstkontrolleinrichtungen als wichtige         Medien hinsichtlich ihrer Digitalisierung und
     Säule zu nennen, um den Jugendschutz in              Konvergenz gerecht werden, insbesondere
     diesem Bereich zu gewährleisten.                     sollen Wettbewerbsverzerrungen zwischen
                                                          klassischen Fernsehdiensten und sonstigen
                                                          Mediendiensten vermieden werden. Ihre
     Themenverantwortung                                  Ziele sind die Erhaltung der kulturellen
     Europa/Internationales                               Vielfalt, der Schutz von Kindern und Ver-
                                                          brauchern, die Bewahrung des Medien-
     Die BLM hat sich im Jahr 2015 an den öffentli-       pluralismus und die Bekämpfung von
     chen Anhörungen zur Revision der Audiovisuel-        Rassismus und religiösem Fanatismus.
     le Mediendienste-Richtlinie (AVMD-RL) betei-         Ferner soll sie die Unabhängigkeit der
     ligt. Die EU-Kommission hatte mit der Strategie      einzelstaatlichen Medienregulatoren
     zur Schaffung eines digitalen Binnenmarktes          gewährleisten.
     angekündigt, ab Anfang 2016 die AVMD-Richt-

10
Bei der Novellierung der AVMD-Richtlinie geht     In verschiedenen Veranstaltungen wurde
es vor allem darum, der Weiterentwicklung der     diskutiert, wie ein nachhaltiges, die Vielfalt
Medien hinsichtlich ihrer Digitalisierung und     sicherndes und den aufsichtsrechtlichen
Konvergenz gerecht zu werden. Für den             Vorgaben genügendes Mediensystem in Europa
Jugendschutz ist der europäische und inter-       geschaffen werden kann. Der Schutz der
nationale Austausch von entscheidender            Jugend bei audiovisuellen Mediendiensten ist
Bedeutung, da der Medienkonsum heute nicht        neben der Gewährung einer möglichst freien
mehr an Ländergrenzen endet, sondern inter-       Medienordnung ein wichtiges Ziel der euro-
national angelegt ist. Um dieser Entwicklung      päischen Medienpolitik.
Rechnung zu tragen und einen der Entwicklung
angepassten, zukunftsfähigen und effektiven       Mit der Einführung eines Europatages am
Jugendmedienschutz gewährleisten zu können,       23.10.2015 auf den Medientagen München,
ist der Austausch mit Institutionen und Regu-     gemeinsam durchgeführt von der BLM und dem
lierungsbehörden auf internationaler Ebene        Institut für Europäisches Medienrecht (EMR),
unabdingbar.                                      wurde eine Veranstaltungsreihe geschaffen, die
Vom 28. bis 30.10.2015 fand das 42. Treffen       über wesentliche Entwicklungen des digitalen
der European Platform of Regulatory Authorities   Wandels und die damit verbundenen medien-
(EPRA) in Nürnberg statt. Etwa 150 Delegierte     rechtlichen und medienpolitischen Fragen auf
von europäischen Regulierungsbehörden,            europäischer Ebene informiert und diskutiert.
darunter eine Mitarbeiterin des Bereichs          Eine zentrale Frage des Europatages war, ob –
Medienkompetenz und Jugendschutz, trafen          und wenn ja, wo – eine Trennlinie zwischen
sich, um die Zukunft des digitalen Mediensys-     nationaler Gesetzgebung und Europäisierung
tems zu diskutieren. Zudem nahmen Beobach-        bzw. Internationalisierung im Bereich der
terorganisationen (Europarat, Europäische         Medienregulierung gezogen werden kann, da
Audiovisuelle Informationsstelle, Europäische     eine europäische Basisregulierung, die für alle
Kommission, Büro des OSZE-Beauftragten für        Mitgliedstaaten gelten muss, fehlt. Den
Medienfreiheit) sowie Gastreferenten aus          Ländern soll es dabei unbenommen bleiben,
Industrie und Wissenschaft an dem Treffen teil.   darüber hinausgehende strengere Vorschriften
                                                  zu verabschieden. Entscheidend ist, dass durch
 HINTERGRUND: EPRA                                die Regelungen gleiche und faire Rechte für alle
 Die European Platform of Regulatory              gelten und die Grundprinzipien hinsichtlich
 Authorities (EPRA) ist ein Zusammenschluss       Jugendmedienschutz, Menschenwürde und
 der europäischen Regulierungsbehörden.           Vielfalt der Angebote gewährleistet sind.
 Als Reaktion auf die Notwendigkeit einer
 verstärkten Zusammenarbeit zwischen den          Der Austausch mit internationalen Akteuren
 europäischen Regulierungsbehörden wurde          wurde weiter ausgebaut. Am 26.02.2015
 die EPRA 1995 gegründet und dient dem            besuchte eine Delegation des Medienrats der
 Austausch von Informationen, Fällen und          thailändischen Medienbehörde (National Broad-
 bewährten Praktiken zwischen Rundfunk-           casting and Telecommunications Commission)
 regulierungsbehörden in Europa.                  die BLM. Schwerpunkt des Meinungsaustausches
 52 Regulierungsbehörden aus 46 Ländern           waren inhaltliche und rechtliche Rahmenbe-
 sind Mitglied der EPRA. Die Europäische          dingungen des privaten Rundfunks in Deutsch-
 Kommission, der Europarat, die Europäische       land. Besonderes Interesse fand dabei der
 Audiovisuelle Informationsstelle und das         Themenkomplex Jugendmedienschutz.
 Büro des OSZE-Beauftragten für Medien-
 freiheit sind Beobachter.

                                                                                               11
Themenverantwortung                                Die Anerkennung ist zunächst auf zwei Jahre
     Telemedien                                         befristet und erfolgt unter der Auflage, dass
                                                        beide Programme regelmäßig von der Cybits
     Der Bereich Medienkompetenz und Jugend-            AG überprüft und weiterentwickelt werden.
     schutz befasste sich intensiv mit dem tech-        Der Anbieter muss die KJM mindestens einmal
     nischen Jugendmedienschutz, der auch inter-        jährlich über den Stand der Weiterentwicklung
     national eine immer größere Rolle spielt. Die      der Programme informieren.
     Frage nach praxisorientierten und global
     akzeptierten Lösungen steht dabei mehr und         Die AG bereitete für die KJM Anträge auf
     mehr im Fokus, da es für Eltern und Erziehende     Positivbewertung von Altersverifikationssyste-
     in Zeiten der weltweiten Vernetzung und Globali-   men vor. Dabei handelte es sich um Module für
     sierung immer schwieriger wird, sich mit den       geschlossene Benutzergruppen in Telemedien,
     Inhalten auseinanderzusetzen, die Kinder im        bei denen die Identifizierung per Webcam
     Internet sehen können.                             erfolgen soll: „[verify-U] face-to-face“ der
     Die von der KJM anerkannten Jugendschutz-          Cybits AG, „idvos Verfahren zur Altersverifizie-
     programme greifen selbst bei ausländischen         rung“ der idvos GmbH, „WebID-Verfahren“ der
     Angeboten und entfalten vor allem für jüngere      WebID Solutions GmbH, „insic AVS InJuVers“ der
     Kinder eine große Schutzwirkung. Hier gibt es      Insic GmbH, „Online Ausweischeck“ der Edentix
     jedoch in den Punkten „Benutzerfreundlich-         GmbH, „Video-Ident“ von IDnow, „POSTIDENT
     keit“, „Filterwirkung“ und „Verbreitung“ noch      durch Videochat“ der Deutschen Post AG, sowie
     erhebliches Optimierungspotential.                 „Arvato VideoIdent“ von Arvato.
     Die von der KJM eingerichtete AG Telemedien        Die große Resonanz bei interessierten Unter-
     begleitete im Jahr 2015 diesen Prozess gestal-     nehmen beweist, dass das angebotene Verfah-
     tend und moderierend. Im Berichtszeitraum          ren der Positivbewertung nach wie vor als
     fanden insgesamt drei Arbeitssitzungen statt.      Erfolg bei der gesetzeskonformen Aus- und
     Im Zentrum stand die Anerkennung von zwei          Mitgestaltung des technischen Jugendmedien-
     Jugendschutzprogrammen der Cybits AG durch         schutzes anzusehen ist.
     die KJM:
     „SURF SITTER Plug & Play“ ist als Gesamtlösung
     zum Schutz einer Familie oder einer Gruppe von
     Benutzern (z. B. in Kindergärten, Schulen und
     Jugendeinrichtungen) konzipiert, da es sich um
     ein Programm handelt, das in einen Router
     integriert ist. Alle Benutzer, deren internet-
     fähige Geräte über diesen Router ins Internet
     gelangen, können geschützt werden. Damit
     entfällt die gerätespezifische Konfiguration
     von PC, Notebooks, Spielekonsolen, Internet-
     Fernsehen und Tablet-PC. „SURF SITTER PC“ ist
     (ähnlich dem bereits anerkannten Jugendschutz-
     programm von JusProg) eine Filterlösung für den
     Schutz von Kindern und Jugendlichen bei der
     Nutzung des Internets mit einem Windows-PC.

12
2.2.   Thematische Einzelfragen                             Werbespot für den Online-Spirituosen-Versand-
                                                             handel „Flaviar“, um eine Folge des Reality-
                                                             Formats „Auf Streife Spezial – Episode 1:
        DLM-Programmuntersuchung                             Zivilcourage mit Koma bezahlt“ und um eine
        Die DLM hat im Umlaufverfahren eine koordi-          Programmankündigung mit Bewegtbildern für
        nierte Programmuntersuchung im „Bereich              die Ausstrahlung einer Episode der Crime-Serie
        KJM“ beschlossen, die nicht an die örtliche          „Stalker“ – allesamt ausgestrahlt im Tagespro-
        Zuständigkeit der jeweiligen Landesmedien-           gramm von Sat.1.
        anstalten gebunden war. Gegenstand der
        Untersuchung waren die bundesweiten                  Die von der BLM zugelassenen Sender Tele 5
        Vollprogramme mit der größten Reichweite,            und Kabel 1 waren ebenfalls Gegenstand der
        sowie ausgesuchte Unterhaltungssender, die           Programmuntersuchung. Die Analyse des
        eine Großzahl jugendmedienschutzrelevanter           Programms von Tele 5 übernahm die Medien-
        Formate in ihrem Programm aufweisen.                 anstalt Hamburg Schleswig-Holstein (MA HSH).
        Bei der Einteilung der TV-Programme auf die          Das Programm von Kabel 1 sichtete die
        untersuchenden Anstalten wurde berücksich-           Bremische Landesmedienanstalt (brema). Die
        tigt, dass weder die jeweiligen Sender noch          brema teilte der BLM im Ergebnis mit, dass bei
        etwaige „Schwesterprogramme“ im Zuständig-           Kabel 1 eine Episode der Sendereihe „Achtung
        keitsbereich der entsprechenden Landesmedien-        Kontrolle – Einsatz für die Ordnungshüter“ im
        anstalten liegen.                                    Nachmittagsprogramm ausgestrahlt wurde, die
        Als Untersuchungszeitraum wurden zwei                möglicherweise entwicklungsbeeinträchtigend
        Werktage und ein Wochenendtag in der 23.             für Zuschauer unter 12 Jahren ist.
        oder 24. Kalenderwoche für die Ausstrahlungs-        Die MA HSH teilte der BLM mit, dass bei zwei
        zeit von 06:00 Uhr bis 23:00 Uhr festgelegt.         Sendungen im Tagesprogramm von Tele 5
        Auf Anregung des KJM-Vorsitzenden wurde auf          Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen § 5
        ein Schwerpunktthema verzichtet. Vielmehr            JMStV (Entwicklungsbeeinträchtigung)
        sollte die Untersuchung das gesamte Pro-             vorliegen würden. Dabei handelte es sich
        gramm der jeweiligen Sender umfassen. Somit          jeweils um eine Episode der Sci-Fi-Serie „Star
        sollten entsprechende Ergebnisse in der              Trek: Deep Space Nine“, betitelt „Das Schiff“, und
        Bewertung potentiell jugendschutzrechtlicher         die Episode „Gefangen in der Festung“ der Serie
        Inhalte im Gesamtprogramm der Sender gewähr-          „Sliders – das Tor in eine fremde Dimension“.
        leistet bzw. ermöglicht werden. Die Auswertung       Die BLM hat die von der brema und der MA HSH
        der Daten übernahm die Gemeinsame Geschäfts-         problematisierten Sendungen nach jugend-
        stelle der Medienanstalten.                          schutzrechtlichen Kriterien geprüft und in das
                                                             Prüfverfahren der KJM eingebracht (► 4.1.).
        Die BLM wurde im Rahmen der Programmun-
        tersuchung mit der Programm-Analyse des im
        Zuständigkeitsbereich der Landeszentrale für         Novelle Jugendmedien-
        Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz             schutz-Staatsvertrag (JMStV)
        (LMK) liegenden Senders Sat.1 beauftragt.
        Die BLM untersuchte das Sat.1-Programm am            Im Jahr 2003 trat der JMStV in der noch heute
        Mittwoch, den 10.06.2015, am Donnerstag,             geltenden Fassung in Kraft. Die ersten Bemü-
        den 11.06.2015, und am Samstag, den                  hungen einer Neugestaltung des JMStV
        13.06.2015. Das Programm wurde jeweils von           scheiterten 2010. Erst im Jahr 2015 starteten
        06:00 Uhr bis 23:00 Uhr gesichtet und auf die Ein-   die Länder mit einem erneuten Novellierungs-
        haltung der Bestimmungen des JMStV bewertet.         versuch. Nach drei Online-Konsultationsrunden,
        Es fielen drei Sendungen bzw. Sendeelemente          in denen umfangreiche Änderungen am ur-
        auf, in denen ein Anfangsverdacht auf einen          sprünglichen Entwurf vorgenommen wurden,
        Verstoß gegen die Bestimmungen des JMStV             hat die Ministerpräsidentenkonferenz am
        gegeben war: Dabei handelte es sich um einen         09.10.2015 den 19. Rundfunkänderungs-

                                                                                                            13
staatsvertrag (RÄStV) beschlossen. Zentraler      Die hohe Anzahl an Beschwerden von Eltern
     Bestandteil ist die Überarbeitung des JMStV.      und Erziehenden zu Trailern unterstreicht
     Diese Fassung des JMStV wurde im Dezember         einmal mehr die hohe Jugendschutzrelevanz
     2015 in den Landtagen diskutiert und am           des Themas. Im aktuellen Entwurf fehlt –
     03.12.2015 von den Regierungschefs der            anders als noch im vorhergehenden Entwurf –
     Länder unterzeichnet. Am 01.10.2016 sollen        eine klarstellende Regelung zu Werbung für
     die neuen Regelungen des JMStV in Kraft           Pornografie und offensichtlich schwere
     treten.                                           Jugendgefährdung. Die Anforderungen an
                                                       Jugendschutzprogramme wurden gesenkt.
     Die BLM hat sich als Vorsitzanstalt der KJM       Um ein effektives Schutzniveau zu gewähr-
     und aufgrund ihrer umfangreichen Erfahrungen      leisten und damit die Verbreitung von ent-
     und Erkenntnisse aus der Praxis wiederholt in     wicklungsbeeinträchtigenden Angeboten
     den Novellierungsprozess eingebracht und die      unter Schutzwirkung des JMStV verhindern zu
     Länder in ihren Bestrebungen, den JMStV zu        können, sind deshalb festgelegte Anforderungen
     novellieren, unterstützt. Die Gremien der         an Jugendschutzprogramme unverzichtbar.
     BLM wurden laufend über den Fortgang des          In Anbetracht der rasanten Entwicklungen
     Novellierungsprozesses unterrichtet. Eine         im Bereich des Internets ist eine kurze Über-
     Mitarbeiterin der BLM hat sich darüber hinaus     prüfungsfrist der jeweiligen Jugendschutz-
     in der AG „Politische Jugendschutzentwick-        programme empfehlenswert. Es besteht bei
     lungen“ der KJM in die Diskussion um die          einer zu langen Frist die Gefahr, dass Kinder
     Entwicklungen des JMStV eingebracht.              und Jugendliche auch bei aktiviertem Jugend-
                                                       schutzprogramm verstärkt mit problemati-
     Insgesamt ist es als Fortschritt zu betrachten,   schen Inhalten konfrontiert werden. Eltern
     dass der derzeit vorliegende Entwurf von den      können sich dann auf Jugendschutzprogramme
     Ministerpräsidenten beschlossen wurde, da der     nicht verlassen. Plattformbetreiber sollen
     aktuell geltende Staatsvertragstext noch aus      dazu angehalten werden, Meldesysteme
     einer Zeit stammt, in der soziale Netzwerke wie   bereitzustellen, die eine angemessene Reaktion
     Twitter, Facebook und YouTube – zumindest in      auf Beschwerden ermöglichen sowie die Mög-
     ihrer heutigen Bedeutung – noch nicht vorhan-     lichkeit zur Alterskennzeichnung beinhalten.
     den waren.                                        Eine Stärkung der Selbstkontrollen darf nicht
                                                       unter gleichzeitiger Schwächung der Aufsicht,
     Im Nachgang zur letzten Konsultation sind         etwa der Gremien, erfolgen.
     überraschend einige Regelungen aufgeweicht
     worden. Es ist zu befürchten, dass an einigen     Auch der Bund hat inzwischen ein Diskussions-
     Stellen das Schutzniveau verringert werden        papier (Stand: 30.09.2015) für „kohärente
     könnte. Zukünftigen Handlungsbedarf sieht         Regelungen im Kinder- und Jugendmedien-
     die BLM deshalb darin, zu verhindern, dass        schutz“ vorgelegt. Die lediglich fragmentarische
     das Schutzniveau für Kinder und Jugendliche       Gestaltung des Papiers macht eine fundierte
     abgesenkt wird, sowie dafür zu sorgen,            abschließende Beurteilung der Vorschläge des
     dass das Gleichgewicht zwischen einer             Bundes in Bezug auf eine Umsetzung in der
     starken Aufsicht und der regulierten Selbst-      Praxis unmöglich. Selbst wenn das Papier
     regulierung weiter gehalten werden kann.          möglicherweise das Problem der Durchwirkung
     Nach der im Entwurf vorgesehenen Änderung         löst, enthält es keine weiteren Lösungsvor-
     wäre es zulässig, mit „18“ gekennzeichnete        schläge, die für einen zukunftsfähigen und
     Trailer im Tagesprogramm auszustrahlen.           modernen Jugendmedienschutz benötigt
     Dadurch besteht die Gefahr, dass Kinder und       werden. Beim technischen Jugendmedienschutz
     Jugendliche vermehrt auf entwicklungsbeein-       fehlt sowohl die Forderung nach international
     trächtigende Inhalte hingewiesen werden           anschlussfähigen Regeln als auch die Pflicht zur
     und eine entsprechende Anreizwirkung              Vorinstallation von Jugendschutzprogrammen.
     erhöht wird.                                      Lösungen zu aktuellen Problemen, wie der

14
Umgang mit Web 2.0-Inhalten, werden                  Beteiligung an Arbeitsgruppen
beispielsweise völlig außer Acht gelassen.           der KJM
Vielmehr scheint die Zielsetzung des Papiers
vorrangig in der Verschiebung von Kompeten-          Um den vielfältigen Anforderungen und Auf-
zen zu bestehen. Die KJM wird in dem Dis-            gaben des JMStV gerecht zu werden, wurde
kussionspapier nicht erwähnt. Stattdessen ist        in der KJM die Struktur der Themenverant-
in mehreren Paragraphen (u. a. § 11) die Rede        wortung etabliert und dabei die Anzahl der
von den laut „Landesrecht zuständigen                unterstützend tätigen Arbeitsgruppen erhöht.
Medienaufsichtsstellen“. Es stellt sich die Frage,   Mitarbeiter des Bereichs Medienkompetenz
ob statt eines etablierten Bund-Länder-Gremi-        und Jugendschutz der BLM sind in nahezu allen
ums die einzelnen Landesmedienanstalten              Arbeitsgruppen der KJM vertreten. Sie bringen
tätig werden und sich beispielsweise über            dort aufgrund ihrer besonderen Jugendschutz-
Eignungsvoraussetzungen für Jugendschutz-            expertise – erworben durch den jahrelangen
programme einvernehmlich verständigen                KJM-Vorsitz und die Arbeit der KJM-Stabsstelle
sollen. Da das Papier bezüglich der Aus-             bei der BLM – wertvollen Input ein. Im Jahr
führungskompetenz – bewusst – neutral                2015 ist vor allem die Arbeit der folgenden
formuliert ist, könnten theoretisch auch die         KJM-Arbeitsgruppen unter Federführung bzw.
Obersten Landesjugendbehörden als Aufsichts-         Beteiligung der BLM hervorzuheben: AG
instanz angesehen werden. Dies würde für             „Spiele“ (Federführung: BLM), AG „Selbst-
den Rundfunk- und Telemedienbereich eine             kontrolleinrichtungen“ (Federführung: BLM),
Verlagerung der Aufsicht weg von einer               AG „Telemedien“, AG „Verfahren“, AG „Politische
staatsfernen hin zu einer staatlichen bedeuten.      Jugendschutzentwicklungen“, AG „Zusammen-
Die Finanzierung aus Rundfunkmitteln wäre            arbeit KJM / BPjM“, AG „neue Formate Fern-
damit nicht mehr möglich. Der erhebliche             sehen“, AG „Kriterien“, AG „Werbung gem. § 6
bürokratische Aufwand, der mit dem Erlass von        JMStV“ und AG „GVO-KJM“.
Verwaltungsakten verbunden ist, würde der
dringenden Notwendigkeit eines zeitgemäßen,
praktikablen Jugendmedienschutzes zuwider
laufen. Der Bund beabsichtigt mit seinem
Diskussionspapier „kohärente Regelungen im
Kinder- und Jugendmedienschutz“ zu schaffen.
Die Grundidee ist ein Schritt in die richtige
Richtung, die formale Umsetzung bedeutet
aber gegenüber dem Ist-Zustand eher zwei
Schritte zurück.

                                                                                                 15
KJM-AG „Spiele“ (Federführung: BLM)               Bearbeitung von Fragen rund um den Jugendschutz
                                                        in Online-Spielen

      KJM-AG „Selbstkontrolleinrichtungen“              Dialog mit den anerkannten Selbstkontrolleinrichtungen,
      (Federführung: BLM)                               Prüfung und Aufbereitung von Anträgen auf Anerkennung
                                                        bzw. Verlängerung der Anerkennung von Selbstkontrollein-
                                                        richtungen

      KJM-AG „Telemedien“                               Bearbeitung von Fragen des technischen Jugendmedien-
                                                        schutzes, u. a. Bewertung von Konzepten zu geschlossenen
                                                        Benutzergruppen und technischen Mitteln sowie Prüfung von
                                                        Anträgen auf Anerkennung von Jugendschutzprogrammen

      KJM-AG „Verfahren“                                Bearbeitung und Klärung von Verfahrensfragen im Zusammen-
                                                        hang mit Prüf- und Aufsichtsverfahren, unter Berücksichtigung
                                                        von aktuellen Gerichtsurteilen, Überarbeitung einer Handrei-
                                                        chung zu Verfahrensfragen als Orientierungshilfe

      KJM-AG „Politische                                Aufbereitung von Fragen rund um die Novellierung des JMStV
      Jugendschutzentwicklungen“                        und JuSchG, Begleitung und Weiterentwicklung der politischen
                                                        Kommunikation der KJM, Konzeption der Veranstaltungsreihe
                                                        „KJM im Dialog“

      KJM-AG „Zusammenarbeit KJM/BPjM“                  Austausch über Verfahrensfragen und inhaltliche Einzelfälle bei
                                                        Indizierungsverfahren zur Gewährleistung einer gemeinsamen
                                                        Spruchpraxis von KJM und BPjM

      KJM-AG „Neue Formate Fernsehen“                   Beobachtung der Entwicklungen und Tendenzen im Bereich der
                                                        Fernsehinhalte, Erstellen von Analysen und Einschätzungen
                                                        neuer TV-Formate

      KJM-AG „Kriterien“                                Kontinuierliche Überprüfung und Weiterentwicklung der
                                                        „Kriterien für die Aufsicht in Rundfunk und in den Telemedien“
                                                        der KJM und der Landesmedienanstalten

      KJM-AG „Werbung gem. § 6 JMStV“                   Bearbeitung von Fragen rund um das Thema
                                                        „Jugendschutz in der Werbung“

      KJM-AG „GVO-KJM“                                  Bearbeitung von Fragen rund um die Geschäfts- und Verfahrens-
                                                        ordnung der KJM unter Berücksichtigung von aktuellen
                                                        Gerichtsurteilen

      KJM-AG „Berichtswesen“ /                          Bearbeitung von Fragen rund um die Öffentlichkeitsarbeit der
      KJM-AG „Öffentlichkeitsarbeit“                    KJM sowie den Tätigkeitsbericht

      KJM-AG „Bußgeldverfahren“                         Erstellung eines Entwurfs einer Handreichung zum Thema
                                                        Bußgeld als Orientierungshilfe für die Prüf- und Aufsichtspraxis
                                                        von KJM und Landesmedienanstalten

      KJM-AG „Vorlagefähigkeit“                         Bearbeitung von Fragen rund um die Vorlagefähigkeit von
                                                        Fernsehsendungen vor Ausstrahlung bei der FSF, Unterstüt-
                                                        zung bei aktuellen Gerichtsverfahren zu dem Themenfeld
     Übersicht über die Arbeitsgruppen der KJM, an denen die BLM beteiligt ist

16
2.3.   Sitzungsleitung von                                 in seiner Präsenzprüfung behandelten Fälle
        Prüfgruppen der KJM                                 für die KJM hinsichtlich Vollständigkeit und
                                                            Plausibilität.

        Seit Etablierung der Prüfgruppen der KJM
        werden in der BLM, als einer von insgesamt
        vier Landesmedienanstalten, Präsenz-               Prüferworkshop
        prüfungen durchgeführt. Dort sichten und
        diskutieren fünf Prüfer unter Federführung         Zur Weiterentwicklung und Beförderung der
        des Sitzungsleiters die zu behandelnden Fälle      gemeinsamen Spruchpraxis führen die Sit-
        und geben Entscheidungsempfehlungen für            zungsleiter der KJM regelmäßige Prüferwork-
        die KJM ab.                                        shops durch. Hier diskutieren die KJM-Prüfer
                                                           zum einen aktuelle Prüffälle anhand der
        Die Form der Präsenzprüfungen wurde dabei          Bewertungskriterien und unter Berücksichtigung
        bewusst gewählt und hat sich bewährt. Nur          des gesellschaftlichen Wertediskurses, zum
        wenn sich die Prüfer persönlich gegenüber          anderen stellen Experten aus Wissenschaft,
        sitzen und gemeinsam den Prüfgegenstand            Forschung oder anderen Institutionen ausge-
        sichten und bewerten, ist eine fachlich fundier-   wählte Themen aus dem Gebiet des Jugend-
        te Diskussion mit gegenseitiger Bezugnahme         medienschutzes vor.
        und Berücksichtigung der relevanten Argu-          Der KJM-Prüferworkshop 2015 fand am
        mente und Gegenargumente möglich.                  30.09.2015 in Hannover statt. Das Thema
                                                           lautete: „Extremistische Angebote im Internet –
        Die Präsenzprüfungen finden dezentral statt        Bestandsaufnahme – Entwicklungen – Jugend-
        und werden abwechselnd in Hannover (NLM),          schutzbewertungen“. Konzipiert wurde er von
        Ludwigshafen (LMK), Norderstedt (MA HSH)           den Sitzungsleitern. Die Federführung lag dieses
        und München (BLM) durchgeführt. Die                Mal bei der NLM. Anhand von mehreren Kurz-
        Sitzungsleiter sind untereinander vernetzt         vorträgen von Seiten der Polizei, des Deutschen
        und pflegen mit der KJM einen regelmäßigen         Jugendinstituts und von jugendschutz.net
        Erfahrungsaustausch über aktuelle inhaltliche      beleuchteten die KJM-Prüfer verschiedene
        Fragestellungen. Die Sprecherfunktion unter        Aspekte zu extremistischen Angeboten und
        den Sitzungsleitern hat derzeit die BLM inne.      ihren Gefährdungspotentialen. Es wurden
                                                           aktuelle Aufsichtsfälle aus diesem Bereich im
         HINTERGRUND: AUFGABEN DES                         Hinblick auf die Spruchpraxis diskutiert.
         SITZUNGSLEITERS BEI PRÄSENZPRÜFUNGEN
         Zu den Aufgaben der Sitzungsleitung
         gehören die inhaltliche, technische und           Treffen der Jugendschutz-
         organisatorische Vor- und Nachbereitung           referenten
         der Präsenzprüfung, die Leitung der
         Sitzung sowie das Erstellen eines Ergebnis-       Im Anschluss an den Prüferworkshop fand am
         protokolls, das der Gemeinsamen Geschäfts-        01.10.2015 auf Anregung der KJM-Sitzungs-
         stelle übermittelt wird. Es sollen keine Fälle    leiter ein Treffen der Jugendschutzreferenten
         der Landesmedienanstalt des jeweiligen            in Hannover statt, das von den Prüfgruppen-
         Sitzungsleiters behandelt werden. Er selbst       sitzungsleitern und der GGS organisiert wurde.
         hat keine Stimme in der Sitzung. Der              Behandelte Themen waren die JMStV-Novelle
         Sitzungsleiter korrigiert und unterschreibt       sowie inhaltliche und formale Aspekte aus der
         die Prüfbegründungen zu den Fällen, die           aktuellen Prüfpraxis. Die GGS stellte den
         von der jeweils zuständigen Landesmedien-         SharePoint-Videoserver der KJM vor. Die
         anstalt verfasst werden. Zudem sichtet            Teilnehmer tauschten sich zudem über die
         und überprüft er die Beschlussvorlagen der        Arbeit aus den verschiedenen Arbeitsgruppen
                                                           der KJM aus.

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Gespräch mit der KJM                               Inhalte enthielten, die frei zugänglich abrufbar
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     Am 28.10.2015 fand zwischen den KJM-Mit-           senen Benutzergruppe hätten zugänglich
     gliedern und den Prüfgruppensitzungsleitern        gemacht werden dürfen. Vier Angebote waren
     ein Gespräch statt. Themen waren dabei die         absolut unzulässig und sogar strafrechtlich
     praktischen Erfahrungen aus der Arbeit in den      relevant: hier lagen Inhalte mit Kennzeichen
     Präsenzprüfungen, inhaltliche, technische und      verfassungswidriger Organisationen, Auf-
     organisatorische Aspekte zu aktuellen Prüfver-     stachelung zum Hass, Volksverhetzung und
     fahren sowie der Prüferworkshop. Die Sitzungs-     Leugnung des Holocaust vor. Bei allen Angeboten
     leiter sprachen das Thema Supervision an.          wurde die Abgabe an die Staatsanwaltschaft
     Diese wird seit dem Jahr 2007 für Mitarbeite-      sowie die Einleitung von Beanstandungs- und
     rinnen und Mitarbeiter der BLM angeboten, die      Ordnungswidrigkeiten-Verfahren empfohlen.
     regelmäßig jugendschutzrelevante Angebote          Vier Angebote verlinkten auf indizierte Inter-
     im Rundfunk und in den Telemedien sichten          netseiten bzw. Foren. Bei weiteren vier Ange-
     und bewerten. Ziel der Supervision ist es dabei,   boten handelte es sich um Verstöße aufgrund
     der hohen Belastung entgegenzuwirken und           von entwicklungsbeeinträchtigenden Inhalten.
     präventiv Unterstützung zu leisten. Auf            Hier ging es um problematische Darstellungen
     Vorschlag der Sitzungsleiter wurde das Thema       von Sexualität unterhalb der Grenze zur
     Welfare/Supervision innerhalb der Gemeinschaft     Pornografie.
     der Landesmedienanstalten thematisiert, um
     mögliche Maßnahmen für Mitarbeiter zu              Bei der Telemedien-Prüfung zeichnete sich
     erwägen, die in den Landesmedienanstalten          zunehmend ab, dass Anbieter von proble-
     entsprechende Jugendschutzprüfungen                matischen Inhalten verstärkt in Social Media-
     durchführen.                                       Angebote ausweichen bzw. diese als zusätz-
                                                        liche Verbreitungskanäle nutzen. So bewarben
                                                        Prostituierte und Pornodarstellerinnen ihre
     Bearbeitete Fälle aus Rundfunk                     Dienstleistungen mittels Bild- und Textmaterial
     und Telemedien                                     über teils mehrere Facebookprofile oder
                                                        Twitteraccounts.
     Im Jahr 2015 fanden vier Präsenzprüfungen
     unter der Sitzungsleitung der BLM statt, in        Zudem fanden sich vermehrt Profile von ver-
     denen insgesamt 43 Fälle bearbeitet wurden.        fassungsfeindlich eingestellten Personen, die
                                                        entsprechendes Bild- und Videomaterial poste-
     Im Rundfunk wurden sechs Angebote gesichtet.       ten oder kommentierte Links zu (indizierten)
     Dabei handelte es sich um vier Unterhaltungs-      Seiten einstellten, auf denen der Holocaust
     shows, eine Programmankündigung sowie eine         geleugnet oder zu Hass gegen bestimmte
     Erotik-Talkshow. Die Prüfer bewerteten zwei        Personengruppen aufgestachelt wird. Somit
     Fälle – die Programmankündigung aufgrund           wurden bei der Prüfung auch in diesem Jahr
     einer entwicklungsbeeinträchtigenden Wir-          vermehrt Twitter- und Facebook-Accounts in
     kung, die Erotik-Talkshow aufgrund von             den Blick genommen, die das Prüfvolumen
     Pornografie – als Jugendschutz-Verstöße und        erhöhten.
     empfahlen die Einleitung rechtsaufsichtlicher
     Maßnahmen.

     In den Telemedien-Präsenzprüfungen unter der
     Leitung der BLM wurden 37 Fälle inhaltlich
     bewertet. Bei allen lag ein Verstoß vor – meist
     gegen mehrere Bestimmungen des JMStV. 25
     Angebote wurden als Verstoß bewertet, weil sie
     pornografische bzw. andere jugendgefährdende

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2.4.   Indizierungen                                  zu Indizierungsanträgen. Beim Großteil der
                                                       Anträge stellte der Vorsitzende der KJM eine
         HINTERGRUND: Die KJM ist in das Indi-         Jugendgefährdung fest und befürwortete eine
         zierungsverfahren der Bundesprüfstelle        Aufnahme in die Liste für jugendgefährdende
         für jugendgefährdende Medien (BPjM)           Medien durch die BPjM. Bei 15 Angeboten lehnte
         eingebunden. Zum einen ist die KJM für die    die KJM eine Indizierung durch die BPjM ab.
         Abgabe von Stellungnahmen bei Indizie-
         rungsanträgen zu Telemedien, die bei der      Im Gegensatz zu den vergangenen Jahren
         BPjM eingehen, zuständig (§ 16 S. 2 Nr. 7     bezog sich 2015 der überwiegende Teil der
         JMStV, 21 Abs. 6 S. 1 JuSchG). Zum anderen    befürwortenden Stellungnahmen auf Angebote
         hat die KJM gemäß § 16 S. 2 Nr. 7 JMStV, 21   mit harter Pornografie (Tierpornografie und
         Abs. 2 JuSchG die Aufgabe, eigene Anträge     Kinderpornografie) (insgesamt 136 Angebote).
         auf Aufnahme in die Liste jugendgefähr-       Zahlreiche Fälle erfüllten nach Einschätzung des
         dender Medien bei der BPjM zu stellen.        Bundeskriminalamtes (BKA) und der BPjM den
         Stellungnahmen zu Indizierungen und           Tatbestand der Kinderpornografie nach § 184b
         eigene Indizierungsanträge der KJM erfol-     StGB. Bei diesen Angeboten befürwortete der
         gen durch den KJM-Vorsitzenden (§ 7 Abs.      Vorsitzende gemäß dem Beschluss der KJM vom
         4 S. 1 und § 7 Abs. 4 S. 3 der GVO-KJM).      15.05.2013 eine Indizierung gem. § 18 Abs. 1
         Verneint der Vorsitzende im Rahmen einer      JuSchG.
         Stellungnahme die Voraussetzungen für         Den zweiten Themenschwerpunkt bildeten
         eine Aufnahme in die Liste jugendgefähr-      Angebote mit Darstellungen von Kindern und
         dender Medien, wird die BPjM informiert       Jugendlichen in unnatürlich geschlechtsbetonter
         und der Fall gemäß § 7 Abs. 4 S. 2 GVO-KJM    Körperhaltung („Posenfälle“). Diese Angebote
         dem zuständigen Prüfausschuss der KJM         zeigen Kinder oder Jugendliche in erotischen
         zur Beschlussfassung vorgelegt. Die BPjM      Posen, meist leicht bekleidet, etwa mit String-
         hat die Stellungnahmen der KJM bei ihrer      tanga, Bikini oder Unterwäsche. An der knap-
         Entscheidung gemäß § 21 Abs. 6 JuSchG         pen und zum Teil erotischen Bekleidung sowie
         maßgeblich zu berücksichtigen.                den eingenommenen Posen der abgebildeten
                                                       Heranwachsenden wird deutlich, dass es sich
         STATISTIK: Im Jahr 2015 war die KJM ins-      hierbei um keine spontan entstandenen Kinder-
         gesamt mit rund 530 Stellungnahmen            fotografien handelt. Der Kamerafokus liegt
         bzw. Indizierungsanträgen befasst.            aufgrund der Posen und der Kameraperspektive
         Insbesondere seit Ende 2014 war beim          meist auf dem nur leicht bedeckten Intimbereich
         KJM-Vorsitzenden ein starker Anstieg der      oder dem entblößten Gesäß der Mädchen, wo-
         von der BPjM weitergeleiteten Indizie-        durch die Bilder auf eine sexuelle Stimulation
         rungsanträge mit Bitte um Stellungnahme       des Betrachters abzielen. Gerade bei diesen
         zu verzeichnen.                               Angeboten war die Sichtung und Bewertung
                                                       der Inhalte hinsichtlich des 49. Strafrechtsände-
         Seit ihrer Konstituierung im April 2003       rungsgesetzes zur Reform des Sexualstraf-
         bearbeitete die KJM insgesamt rund 4500       rechts sehr komplex, da eine Abwägung
         Stellungnahmen und Indizierungsanträge.       zwischen Kinderpornografie und Posendarstel-
                                                       lungen vorgenommen werden musste.
        Stellungnahmen zu Indizierungs-                Den dritten thematischen Schwerpunkt bildeten
                                                       Angebote mit einfacher Pornografie. Diese wur-
        anträgen: harte Pornografie und
                                                       den aufgrund der Eindeutigkeit der Jugendge-
        „Posenfälle“ als Schwerpunkte                  fährdung ab März 2015 in einem vereinfachten
                                                       Verfahren an die BPjM übermittelt.
        Von Anfang Januar bis Ende Dezember 2015       Ein weiterer Themenschwerpunkt waren Ange-
        übermittelte der KJM-Vorsitzende der BPjM      bote mit rechtsextremistischen, insbesondere
        rund 350 befürwortende Stellungnahmen          ausländerfeindlichen (Feindlichkeit gegenüber

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