KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS

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KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
KÄTHE
SCHÖNLE
NEW WORK /
EXHIBITION VIEWS
KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
Studio View, Vienna,
                          2020

                     Dede, 2020
oil, acrylic, charcoal on canvas,
                       70 x 50cm
KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
Copper, 2019
        oil, acrylic,
charcoal on canvas,
      200 x 150cm
KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
Studio View, Vienna,
               2020
KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
MOM, 2020
        oil, acrylic,
charcoal on canvas,
         50 x 40cm
KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
We are not gonna take it, 2020
oil, acrylic, charcoal on canvas,
                       50 x 40cm

  I like to see you Series, 2020
        pencil, collage on paper,
                      40 x 30 cm
KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
Grand Turn, 2019
        oil, acrylic,
charcoal on canvas,
      200 x 150cm
KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
Nothing Less!
Austrian Culture Forum London, 2019

Käthe Schönle’s drawings show elegantly
outlined or brutally transformed figures, which
testify to humor and sarcasm as well
as to melancholy and powerlessness through
their gestures and attached comments. The
works reflect Schönles observation of the
fragile human existence, in particular the
current situation of women and points out
the mental abyss into which one may slip. Her
protagonists are exposed to ambivalent situ-
ations, which have to be decoded and judged
individually.
In “Grand Turn” we see a figure bent back-
wards, crouched, its expression seemingly in
agony. It can be read as a female figure
excruciatingly trying to reach the ceiling.
Women have been challenged to break the
metaphorical glass ceiling in order to
compete with men in the workplace and
achieve equality.
Respectively, Schönle’s painting is a poignant
comment on this contemporary challenge.
Schönle’s use of irony questions the clichées
of womanhood, gender, and the art world as
well as the powers that constitute them.

Julia Hartmann

Artists _ Bernadette ANZENGRUBER (AT);
Renate BERTLMANN (AT); VALIE EXPORT (AT);
Caren GARFEN (UK); Johnny GOLDING (US/UK);
Noemi LAKMAIER (AT/UK); Monica ROSS (UK);
Fiona RUKSCHCIO (AT); Käthe SCHÖNLE (DE/
AT); Stefanie SEIBOLD (DE/AT); Jo SPENCE (UK);
Suzanne TREISTER (UK); YE Hui (CN/AT)
KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
I like to see you Series, 2020
        pencil, collage on paper,
                      40 x 30 cm

                  she / her, 2020
oil, acrylic, charcoal on canvas,
                       50 x 40cm
KÄTHE SCHÖNLE NEW WORK / EXHIBITION VIEWS
I like to see you Series, 2020
      pencil, collage on paper,
                    40 x 30 cm
just the bang
and the clatter, 2019
          oil, acrylic,
  collage on canvas,
        160 x 140cm
#MAX Vienna
Mural (21,5 x 13m)
MAX BROWN Hotel 7th District, Vienna

Käthe Schönle / Sebastian Schager

Das großformatige Mural (21,5m x 13m)
wurde 2019 für das Hotel MAX BROWN Wien
entworfen und ist als permanentes Wand-
bild im öffentlich zugänglichen Aussenbereich
zu sehen.
Ausgangspunkt für das Wandmotiv sind
Collagen von Käthe Schönle, die bekannte
und weniger bekannte Ausschnitte aus
dem Wiener Stadtbild und Leben zeigen.
In Zusammenarbeit mit Sebastian Schager
wurde die Geamtkomposition entwickelt
und das Mural in Handarbeit realisiert.

///

The large format mural (21.5 mx 13 m)
was created in 2019 for MAX BROWN Hotel
7th District and is a permanent wall
painting in the publicly accessible outdoor
area.
The work is based on a collage series by
Käthe Schönle, showing well and less
well-known places of Vienna‘s cityscape and
fragments of the City life. The overall
composition was developed in collaboration
with Sebastian Schager, the mural was
painted by hand.
Studio View _ silence, 2019
 oil, acrylic, charcoal on canvas,
                      130 x 120cm

                        Tired Mary
acrylic, pencil, oilpastel on plate
                         30 x 21cm
Begegnungen / encounter
Summer Exhibition Sammlung URBAN,
                 Lower Austria 2019
Sicht - und Denkweise
   Galerie Gans, Vienna 2018/19

                DUO Exhibition
Käthe Schönle / Christoph Rode
Group Show
15 Jahre Dr. Wolfgang-Zippel-Stiftung
Fridericianum,
Kunstverein Kassel, Germany
Splendid Formations
Städtische Galerie Weingarten, 2016

Vernissagerede von Kuratorin Kirsten Helfrich

Seit über zehn Jahren verfolge ich das künst-     Gedanken eingebrannt und führten zu einer         Bewusstsein, werden die Kulturen der Welt                   der 50er bis 70er Jahre, verbinden sich zu ei-
lerische Werk von Käthe Schönle, das mich         Auseinandersetzung mit Fragen nach verschie-      miteinander in Kontakt gebracht, verändern                  ner abstrakten Komposition und verraten nur
besonders fasziniert durch die kontinuierli-      denen Kulturen, Identitäten und der Verände-      sich in ihrem Austausch, was häufig zu ab-                  beim genauen Hinsehen ihre Ursprünge.
che, sich formal und inhaltlich treu bleibende    rung dieser Zusammenhänge in vergangenen          wendbaren Zusammenstößen, erbarmungslo-
Arbeitsweise, die gleichsam in Ihrer Entwick-     Zeiten, aber auch ganz aktuell. Über diese        sen Kriegen führt […]                                       In Weingarten zeigt Käthe Schönle zum ersten
lung nie stagniert. Es entstehen immer neue       Fragen und das Bild der „Insel“ und des „Ar-      Kreolisierung bedeutet, daß die in Kontakt                  Mal auch Collagen in dreidimensionaler Form.
Gedanken und Formen die sich in den Medien        chipels“ stieß Käthe Schönle auf den französi-    gebrachten kulturellen Elemente unbedingt als               In den Holzkästen verbinden sich die Schich-
Zeichnung und Malerei, sowie in Objekten          schen Schriftsteller, Dichter und Philosophen     ›gleichrangig‹ gelten müssen, sonst kann die                tungen der farbigen Formen mit dem einfal-
manifestieren.                                    Edouard Glissant.                                 Kreolisierung nicht wirklich stattfinden […]                lenden Tageslicht zu einem geheimnisvollen
Ursprünglich aus der Figuration kommend, löst                                                       Die Kreolisierung verlangt die wechselseitige               Neuen. Ausgangspunkt für diese Farben und
die Künstlerin diese seit einigen Jahren immer    Glissant, der von der Insel Martinique stamm-     Wertschätzung der heterogenen Elemente,                     Muster sind gefunden Bilder aus geologischen
mehr zu Gunsten der Abstraktion auf.              te, prägte in seinen Schriften die These der      die zueinander in Beziehung gesetzt werden,                 Sachbüchern.
Die Werke werden formal so reduziert, dass        ‚Kreolisierung der Welt‘.                         das heißt, dass in Austausch und Mischung das
nur ihr Inhalt maximal zu spüren ist und          Der Großteil der Bevölkerung der dicht be-        Sein weder von innen noch von außen herab-                  Die großformatigen Malereien Schönles tragen
gleichzeitig interessante Kompositionen ent-      siedelten Karibik besteht aus Nachfahren von      gesetzt oder missachtet wird. Warum spreche                 abstrakte Titel und zeigen auch formal keine
stehen.                                           Sklaven aus Afrika. Glissant forschte nach den    ich von Kreolisierung und nicht von Vermi-                  Figuration. Aber sie tragen die Spuren von
Die gestisch expressive Malerei wird immer        Wurzeln und Spuren dieser Sklaven, belebte        schung? Weil die Kreolisierung unvorhersehbar               geballter Energie und zusammenprallenden
wieder durchbrochen von ruhigen Farbflä-          alte Mythen und Sagen neu. Daraus resultierte     ist, während man das Ergebnis einer Mischung                Farbformen. Fast wie Farbexplosionen kämp-
chen. Die parallel dazu entstehenden Papier-      die Erkenntnis, dass die Identität der Mittel-    absehen könnte.“                                            fen die Elemente um ihren Platz auf der Lein-
arbeiten und Collagen werden ebenfalls zu-        europäer aus einer Wurzel entspringt, die der     (Éduard Glissant „Kultur und Identität“, Wunderhorn 2005)   wand. Aus diesem scheinbaren Chaos formt
nehmend flächiger und abstrakter. Bei genau-      Karibikbewohner jedoch aus einem ganzen                                                                       die Künstlerin harmonische Kompositionen.
em Hinsehen tauchen darin aber auch immer         Wurzelgeflecht, einem Rhizom. Er verwendet        In den Arbeiten, die in der Ausstellung „Splen-
wieder menschlichen Silhouetten auf.              das Bild einer Landschaft – die des karibischen   did Formations“ in der Kornhausgalerie Wein-                Ein Werk fällt, auch durch seine Größe und
                                                  Archipel – bestehend aus verschiedenen            garten gezeigt werden, geht es Käthe Schönle                exponierte Platzierung, heraus. Es trägt den
Inhaltlich beschäftigt sich Käthe Schönle,        Inselgruppen, die jede für sich eine eigene       ebenfalls um Vermischung und Zusammenfüh-                   Titel Untitled (Grand White Formation) und
auch in ihren früheren figurativen Werken und     Identität besitzt, jedoch zusammen etwas voll-    rung zur Schaffung von Neuem.                               zeigt zarte, fast verschwindende Farbspuren
Illustrationen, mit existenziellen Fragen der     kommen Neues entstehen lässt.                                                                                 auf einer weißen Leinwand. Beim genauen
Menschheit und des Menschseins.                   Glissants Theorie besagt, dass es in der Natur    In ihren neuen Collagen wird diese Vermi-                   Betrachten erkennt man, das die Basis dieses
                                                  der Dinge liegt, das Vermischungen gesche-        schung wörtlich genommen. Hier begeg-                       Werkes eine andere war. Käthe Schönle hat die
Durch die Abstraktion taucht nun plötzlich        hen, sei es in der Evolution oder der Kultur.     nen sich zum Beispiel der Erzengel Gabriel                  Leinwand immer und immer wieder übermalt,
das Motiv der ‚Insel’ in den Malereien auf. Ein   Daraus entsteht oft zuerst ein unüberblick-       dargestellt in einer Verkündigungsszene mit                 und dann die Schichten mit verschiedenen
symbolträchtiges Bild – das aktuell stark in      bares Chaos, welches Angst macht. Aber aus        Teilnehmern einer japanischen Teezeremonie                  chemischen Mitteln teilweise wieder abge-
Verbindung mit Fluchtgeschichten assoziiert       diesem schmerzhaften Prozess wird am Ende         oder ein europäischer Tänzer erhält einen                   löst. Sie hat sich auf diesen Prozess bewusst
wird. Die Künstlerin arbeitet in Wien in einem    etwas Positives entspringen.                      afrikanischen Kopf und wird Teil eines traditio-            eingelassen – ein nicht steuern können der
Atelier in direkter Nähe zum Westbahnhof und                                                        nellen griechischen Volksfestes.                            Ergebnisse. Durch die vielen Schichten ist das
beim täglichen Weg in den Arbeitsraum,            Dazu folgendes Zitat von Glissant:                Die Bestandteile der verschiedenen Kulturen,                Gemälde physisch schwer, wirkt aber durch
besonders im Herbst 2015, haben sich die          „Ich behaupte also, dass die Welt sich            ausgewählt und sorgfältig ausgeschnitten aus                die helle Farbe leicht und schwebend.
Bilder der geflüchteten Menschen in ihre          kreolisiert. Schlagartig und dabei in vollem      anthropologischen Büchern und Chroniken
Und auch der ‚Kampf‘ der Farben – wie auf
den anderen Malereien – scheint sich in eine
ruhige und positive Komposition aufgelöst zu
haben. Ganz wie nach der Theorie von Glis-
sant: nach der Vermischung, dem Chaos und
dem Kampf entsteht etwas Neues, Harmoni-
sches.

Der Titel der Ausstellung ‚Splendid Formations‘
spielt auf die ständige Neuanordnung der
Dinge – die Formation – an. Dies stellt ein
immer wiederkehrendes Thema in der Kunst
dar, aber auch in unserer Gesellschaft kommt
es immer wieder zur Vermischung und Neuge-
staltung. Wichtig ist die Angst davor zu über-
winden und offen zu sein um dadurch etwas
Positives entstehen zu lassen.

Nur dadurch kann sich eine Gesellschaft
weiterentwickeln und verharrt nicht in Stag-
nation. Diese Entwicklung kann durchaus mit
‚splendid‘ - übersetzt als ‚großartig‘ oder auch
‚wunderbar‘ beschrieben werden.

Kirsten Helfrich M.A.
Kuratorin, Leitung Kunstvermittlung Kunsthaus Bregenz
Stella Polaris
Installation aus beduckten Acrylglasplatten / Installation with printed acrylic glass
Kunstkasten Winterthur, CH, 2016

Käthe Schönle / Olga Titus

Mit der Ausstellung „Stella Polaris“ im           unterbewusstem Bildspeicher und medialer           dealing with sociocultural contexts, as well as
Kunstkasten Winterthur realisieren die Künst-     Reizüberflutung oszilliert. Die real in den Raum   reflecting on artwork as such. Furthermore,
lerinnen Olga Titus und Käthe Schönle ihre        geschichtete Collage nimmt Bezug auf               they raise questions about the artist’s identity
                                                                                                     and about gender, and their relevance and
vierte Kollaboration, eine mehrdimensionale       Prozesse der Persönlichkeitsbildung und die
                                                                                                     representation in the artistic context.
Multimedia-Installation.                          Entstehung von Identitäten, die letztendlich
                                                  auch eine Art Schichtung von Erlebnissen           Among other things, it is the collage tech-
Die Schweizer Künstlerin Olga Titus               darstellt.                                         nique that can be regarded as a technically
beschäftigt sich in ihren Videoarbeiten und       Gleichzeitig kann die vermeintliche Seelen-        formal intersection, which both Titus and
Installationen als kulturelle Grenzgängerin       landschaft auch als äussere Landschaft             Schönle partly use analogously, partly digitally.
mit Fragen nach Identität, Kulturentwicklung      betrachtet werden. „Stella Polaris“, auch          For the Kunstkasten, the two reach deep into
                                                                                                     their respective visual art treasure to create
und visueller Sozialisation.                      Polar- und Nordstern genannt, galt
                                                                                                     a collage of multidimensional, multilayered
Die aus Deutschland stammende, in Wien            vielen Kulturen als fixer Orientierungspunkt       tableau consisting of shapes, colors, figures,
lebende Künstlerin Käthe Schönle setzt sich       bei Reisen. Diese Aufgabe übernehmen               and of abstraction.
in Zeichnungen, Collagen, Malerei und             heute hochpräzise technische Instrumente,          The artists thus build a kind of dreamlike
installativen Arbeiten mit existentiellen         gleichwohl ist die schiere Notwendigkeit           landscape that oscillates between
menschlichen Fragen und den Möglichkeiten         sich auf archaische Weise auf den Weg              subconscious memory and medial over-
einer künstlerischen Abbildung auseinander.       in bessere Welten zu machen für Millionen          stimulation. This collage, which is layered in
                                                                                                     space, refers to processes of personality
Von besonderem Interesse sind für beide           Menschen eine unausweichliche Realität.
                                                                                                     formation and the emergence of identities,
die Auseinandersetzung mit soziokulturellen                                                          which in the end also represents a kind of
Zusammenhängen, ebenso auch kunst-                                                                   stratification of experiences.
reflexive Themen, Fragen nach künstlerischer      /// The exhibition „Stella Polaris“ is a mutli-    And yet, this supposed landscape of modern
                                                  dimensional multimedia-installation and the        man’s soul can, at the same time, be looked
Identität, Gender und deren Relevanz und
                                                  fourth collaboration of artists Olga Titus         on as an external landscape, too.
Darstellbarkeit im künstlerischen Kontext.        and Käthe Schönle.                                 „Stella Polaris“, also referred to as Pole or
                                                                                                     North Star, served many cultures as point of
Als technisch formale Schnittmenge kann           The Winterthur artist Olga Titus is a cultural     orientation when traveling. Today high-
bei den KünstlerInnen unter anderem die           border-crosser who deals with questions            precision tools handle this task; and still, for
Collagetechnik gesehen werden, die beide          of identity, cultural development and visual       millions of people, it is a sheer necessity
teils analog, teils digital anwenden.             socialization in her video works and art           and inevitable reality to find ways to get to
                                                  installations. The artist Käthe Schönle, born      better worlds in an archaic way.
Für den Kunstkasten greifen Schönle und
                                                  in Germany and now living in Vienna,
Titus tief in ihren jeweiligen visuellen Fundus   explores existential human issues and the
und collagieren ein mehrdimensionales,            different possibilities of representing
vielschichtiges Tableau aus Form, Farbe, Figur    them in an artistic context. For her work,
und Abstraktion.                                  Schönle uses the media of drawing, collage,
Die Künstlerinnen erschaffen so eine Art          painting and installation.
traumhafte Landschaft die zwischen                The two artists share a particular interest in
Archipelago
Hollerei Galerie Vienna, 2016

„Ich behaupte also, dass die Welt sich
kreolisiert. Schlagartig und dabei in
vollem Bewusstsein werden die Kulturen
der Welt miteinander in Kontakt gebracht,
verändern sich in ihrem Austausch,
was häufig zu unabwendbaren Zusammen-
stößen, erbarmungslosen Kriegen führt,
aber es sind auch Vorposten des Bewusst-
seins und der Hoffnung erkennbar.“

„Es scheint mir, als könnte nur eine Poetik
der Beziehung, also etwas in der Vorstellung,
im Imaginären Befindliches, diese Phasen
und Verwicklungen verstehen helfen,
in denen sich die Völker in der heutigen Welt
befinden.“

„Im gegenwärtigen Szenario der Welt
stellt sich folgende Frage: Wie kann ich
selber sein, ohne mich für den Anderen zu
verschließen, und wie kann ich mich für
den Anderen öffnen, ohne mich selbst zu
verlieren?“

(Éduard Glissant
„Kultur und Identität“, Wunderhorn 2005)
PLASTICITY - Die Stadt als Plastik
FLUC, Vienna, 2015

PLASTICITY versammelt KünstlerInnen,
die öffentlichen Raum als modellierbaren,
plastischen Ort begreifen. Urbaner Raum
wird von ihnen, meist ungefragt, durch oft
einfache gestalterische Mittel verändert.

Charakteristisch ist der spielerische,
jedoch nicht unkritische Umgang mit stä-
dtischen Elementen und Strukturen.
Ihre Eingriffe bilden fantastische Welten,
kleine Erzählungen mit oft klugen Pointen,
entführen mal sanft und charmant,
mal gewaltig und radikal aus dem Alltag.

Aufmerksamen BewohnerInnen der urbanen
Landschaft geben die Interventionen Anstoß,
einen alternativen Blick auf die Stadt als
architektonisches aber auch gesellschaftliches
Gefüge zu gewinnen. So tritt die plastische
Arbeit sowohl als Artefakt als auch soziale
Plastik hervor.

group show _ Paul Busk / Deep Inc. /
Marlene Hausegger / Markus Oberndorfer /
Käthe Schönle

kuratiert von Liddy Scheffknecht
Beyond Mimesis _ Käthe Schönle Solo
mo.ë Vienna, 2015

About Käthe Schönle‘s work
(Christian Bazant-Hegemark)

Extending the Gestural                             It might be because of her emotional yet           aspect: it seems to have significance about        ly creates: visually, as well as semantically.
Käthe Schönle is an artist balancing the various   smart approach towards these formal pola-          her will towards the artistic process. Balancing   Highlighting things by not showing them, by
medial challenges and possibilities of painting    rities that Schönle’s work manages to find a       a life between a variety of economic realities,    leaving them out of focus, even out of the
and drawing. With both of these offering           balance between what could end up feeling          she doesn’t accept production breaks, instead      actual physical canvas space - in a strategy
different complexities and dynamics, her work      straight-forward illustrative. For some reason,    switching process and format, in a welcoming       that doesn‘t feel like denial, but more like a
includes the clear-cut, precise identities of      her work doesn’t at all; rather, it convincingly   attitude of proactivity. The will to reflect, to   strategy of conscious decoupling of visualities.
focused lines, as well as featuring the more       manages manifesting a tightrope walk along an      express, to manifest - art and its production      Which ultimately leads to each form, each vi-
open, at times poetic renderings of ambiguous      existential, yet playful approach to life.         as space for thought and individuality beyond      suality having the potential for its own rhythm,
gradients and surface areas.                                                                          circumstance.                                      cosmos and gravity - without the need to
    Visually, Schönle’s work is recurringly        It’s this kind of natural blending of purported                                                       compete with neighboring ciphers.
defined by two predominant arenas: the             opposites that might be remembered as our          Through all of this, Schönle’s work puts its           There’s self-confidence in this, the kind
gestural, as well as her intimate trademark use    times’ specialities: the inclusive extension of    weight on spacing and composition, creating        that emerges out of intimacy and openness -
of figuration which, because of their gestural     formalistic means.                                 a kind of collage arena for both figurative        and what more could we look for.
ciphers, could be understood to reference                                                             scribbles and painted surfaces - [nbsp]without
Abstract Expressionism or contemporary Flip        Intimacy and Openness                              getting into the vicinity of the overly predefi-
Art dynamics. Ultimately though, Schönle’s         In conversation, Schönle mentions an atmos-        ned or symbolic. It’s figuration that an alter-
work seems to be about individual matters,         phere of sentimentality back when still a child:   nate Schiele might have looked for, with its
rather than feeling like the reprocessing of art   about the constant, progressing loss of time.      potential for a certain contemporary fragility
historic references.                               Schönle’s work might best be understood by         mixed with sensitive safety.
                                                   considering its roots not in the extensive range
When confronted with Schönle’s work from           of sketch books kept in her studio (which are      The poles of abstraction, figuration, spacing,
the last decade, one can understand a strong       insanely beautiful, perfect objects of desire      flatness, colors and lines are inflated in a way
figurative oscillation - one that doesn’t ever     - but which Schönle doesn’t exhibit, and are       that apparently diminish them entirely, beco-
focus or implement the truly mimetic, but          rarely shown to visitors), but in the even less    ming smooth gradients of one and the same
rather swings between erratic, open outlines,      public, and probably long gone diaries of          thing - manifestations of the same idea, the
and the lose uncontours of surfaces without        her teen days: not because of some alleged         same vocabulary. It‘s an oeuvre that lets isms
semantics other than their most obvious cha-       potential, latent nostalgia in her current work,   feel outdated, wandering freely between what
racteristic: color. Through this, she reaches an   but rather because of a volatile, saturating       could and can be done, between what is and
unexpected and welcoming proximity between         intimacy that feels to flow through her current    might be; creating its own rhythm in a non-
content and form, which in the strongest pie-      work - whether it’s a small drawing or a pain-     chalant way that feels attractive because it
ces feel to complement each other - a figure’s     ting twice one’s size.                             is free but committed. Schönle could well be
line becoming their story, mood or attitude; a                                                        described as an artist whose inherent attitude
latent narrative phrase feeling it’s way into a    It feels shallow to mention an artist’s ability    is the one of appropriation.
splash of color.                                   to work in extremely differing formats, but        Narratively, this goes together nicely with the
                                                   in Schönle’s case it could be an important         kind of negative spaces Schönle continuous-
A Kaleidoscope of Systems
Kunstverein Celle, 2013

Zweifelnde Körper durch sprechende Gesten
(Auszüge aus einem Text von Ursula Maria Probst)

Momente einer durch eine Existenz am Limit         In ihrer aktuellen Malerei und in ihren Zeich-    Existenz. Ihre Malerei beruht auf einer exzel-     und dekonstruktivistisch sein kann. In ihrer
zunehmenden medialen, mentalen, psychi-            nungen begibt sich Käthe Schönle auf ein          lenten Technik dafür, wie sie Farben, Farb-        skeptischen Auseinandersetzung mit Systemen
schen und körperlichen Gewalt bilden den           Themenfeld, das die Gegensätze und den            schichten, das Transluzide, die Verfremdung,       verschreibt sich Käthe Schönle nicht der An-
Inhalt von Käthe Schönles Bildern. In ihren        permanenten gegenwärtigen Wandel von sozi-        die Fragmentierung, die gerade-noch-nicht-         eignung von Medienbildern, sondern wendet
Zeichnungen und in ihrer Malerei thematisiert      alen Beziehungen und Beziehungsnetzwerken         Auflösung von Wiedererkennbarkeit einsetzt.        sich den ureigentlichsten Mitteln der Malerei
sie, wie sich unsere Beziehungen zum anderen       aufgreift. In ihren Bildern setzt Käthe Schönle   Sie verwendet Acryl- und Ölfarben, trägt sie       und Zeichnung zu.
und zur Umwelt gestalten. In seiner “Actor         die Gefahren der Jetztzeit, deren innere          in figuralen und geometrischen Formen, Farb-
Network Theory” (1996) geht der französische       Konflikte und Ängste in Beziehung zu einer        flächen, Flecken, Schlieren, Tropfspuren und
Soziologe Bruno Latour davon aus, dass die         figuralen, expressiven Darstellung von Szenen,    kräftigen Pinselstrichen auf.
Technik und die Natur sowie das Soziale sich in    deren ProtagonistInnen als Stellvertreter für     Im Kontrast zur Sattheit des Schwarz, das
einem Netzwerk wechselseitiger Eigenschaften       symptomatische Phänomene existentieller           das Bild an markanten Stellen durchtränkt,
und Handlungspotentiale befinden. Bruno La-        Ausnahmezustände fungieren.                       finden sich schrille, leuchtende Farben mit
tour setzt sich dabei mit den Folgen von Wis-                                                        verschiedenen medialen oder popkulturellen
senschaft und Technologien für die mensch-         Die Sujets der Bilder und deren an die            Konnotationen. Manche Farben verweisen auf
liche Gesellschaft unter einem soziologischen      BetrachterInnen appellierende, geradezu at-       Gebrauchsbilder, ebenso wie das Einbeziehen
Aspekt auseinander. Das Soziale wird dabei         tackierende Wirkung sind von einem figuralen      von collageartigen Fragmenten von Repro-
nicht bloß als reine Interaktionen zwischen        Neo-Expressionismus geprägt und inspiriert        duktionsverfahren. Damit thematisiert Käthe
Menschen verstanden. Die darauf einwirkenden       von der exzentrischen Sprache des Graffitis       Schönle wie sich unser visuelles Gedächtnis
Systeme und Netzwerkbildungen werden eben-         und der Street Art. Mit dem Unterschied, dass     heute aus vielfältigen Bilderfahrungen speist.
so berücksichtigt, wie das Verhältnis zwischen     sich mit dem Subtilerwerden des zeichneri-
Gesellschaft und Natur, um deren soziopoli-        schen Striches und des Farbauftrages eine         Abstrakte, expressive Malerei trifft hier auf
tisch nach wie vor ins Spiel gebrachte Dualis-     zunehmende Körperlichkeit abzeichnet.             eine Neubewertung figuraler Malerei und
men aufzubrechen. Angesichts der unaufhalt-                                                          konstruktivistischer Elemente durch das
samen Steigerung dessen, was der italienische      Dem Entzug von Leben durch maskenhafte            Einbeziehen geometrischer Formen wie des
Philosoph Giorgio Agamben 2004 als “welt-          fratzenartige Grimassen ein Gesicht gebend,       Dreiecks oder räumlicher Strukturierungen
weiten Bürgerkrieg” bezeichnete, droht der         zielt Käthe Schönle auf existentielle Momente     im Bild durch ein Zueinander-in-Beziehung-
Ausnahmezustand zur Regel zu werden, drohen        der Erfahrung ab, die innere Konflikte, die       Setzen von Geraden, die in einzelnen Sujets
die Grenzen zwischen Demokratie und Diktatur       Fragmentierung unseres Seins und dessen Wi-       durch ihr Aufeinandertreffen die affekthafte
zu verschwimmen. Die Aufrechterhaltung von         dersprüche an die Oberfläche sickern lassen       Besetzung einzelner Bildterritorien markie-
Ordnung und “Normalzustand” befinden sich in       und so geschlossene Formen figuraler Körper-      ren. Der Ursprung des Wortes “markieren”
einer prekären Schieflage. Gegenüber diesem        lichkeiten zersetzen. Käthe Schönle hat eine      ist der Abdruck, den der Fuß auf dem Boden
potentiell jederzeit eintretenden Einbruch         Malerei der Abgründe entwickelt. Den Anlass       hinterlässt. Malereihistorisch betrachtet stellt
des Realen gewinnt die Sorge um das Leben in       dafür bilden allerdings nicht eigene trau-        Käthe Schönle in ihren Bildern gleichzeitig
einer Zeit der Ausweitung der Kampfzone neue       matische Erfahrungen, sondern ein innerer         das Potential des expressiven Ausdrucks zur
Dimensionen.                                       Sensor für grundlegende Bedingungen unserer       Diskussion und zeigt, dass Malerei kritisch
HUMAN DIRECTIONS
Kubus Loisium, Langenlois, 2012
LIMELIGHT
flat1, Vienna 2011

Was bestimmt den Menschen und seine Bezieh-
ungen zueinander? Prähistorische Gene, Erziehung,
Umwelt? Das sind die zentralen Fragen, die der
Kunst-Offspace flat1 in seinem Jahresprogramm
2011 sich und seinen BesucherInnen stellt.

Bei der Austellung „Limelight“ geht es um den
theatralischen Begriff „production“, im Sinne von
„sich produzieren - sich inszenieren“.
Bei dem gegenwärtigen Trend zur Selbstinszenier-
ung, scheitert die Ableitung des modernen
Menschen aus seinen prähistorischen Wurzeln.
Der Mechanismus, sich selbst als einen Erfüller
einer beliebigen gesellschaftlichen Rolle dar
zustellen, ist erst durch den Wandel der Gesell-
schaft von einer reinen Überlebensgemeinschaft
zu einer Lebensgemeinschaft erklärbar.
Früher war der Mensch eins mit seiner definierten
Stammesfunktion. Erst die moderne Gesellschaft
bietet Raum und Gelegenheit für viele Rollen-
modelle, die sich dem Sinn und Erfüllung suchen-
den Menschen im Wettbewerb untereinander
aufdrängen. Damit einhergehend ist auch eine
zunehmen Entfremdung der Menschen von sich
selbst zu orten.
Stimmt das gewählte oder aufgedrängte Rollen-
muster mit den natürlichen Veranlagungen nicht
überein, wird diese Inszenierung zum Kraftakt,
zur Selbstvergewaltigung. Künstler lieben das Spiel
mit der Inszenierung und der Entfremdung, mit
dem Selbst- und Fremdbild.
Sie demaskieren mit ihren Darstellungen und dem
Brechen gesellschaftlicher Rollenerwartungen die
Kluft zwischen dem, wie sich der Mensch produ-
ziert und dem, was er in seinem innersten Wesen
wirklich ist.

group show _ Lena Braun, / Daniela Löbbert /
Käthe Schönle / Herbert Christian Stöger /
Sula Zimmerberger / Dominik Zippe / Magda-
lena Zyszkowska
a thin red line
Städtischen Galerie Tettnang, 2012

Angenommen, das Leben wäre eine Komödie,
träfe Hugo von Hofmannsthal ins Schwarze
der Kunst von Käthe Schönle. Der schrieb vor
genau 100 Jahren zu seinem Libretto für den
»Rosenkavalier«: »Fäden laufen hin und wie-
der, verwandte Elemente eilen zusammen.« So
schuf er anhand seiner weitgehend namenlo-
sen Figuren »eine kleine Welt lebender Gestal-
ten«. Im kunterbunten Durcheinander kreuzen
Liebe und Leiden, Macht und Ohnmacht,
Verlust und Zugewinn.

Durch die Ausstellung in der städtischen Gale-
rie Tettnang, die Zeichnung, Plastik und Instal-
lation umfasst, zieht Käthe Schönle einen roten
Faden, der mal verbindend und vernetzend,
mal intrigierend und verstrickend ein teils
komisches, teils tragisches Kaleidoskop des
Lebens wirkt: zu Liebe und Leid gesellt sich
Hass und Neid, zu Verlust und Gewinn kommt
der Kampf ums (Über-)Leben. Ein Spiel allemal,
nur auf der Besetzungsliste stehen wir selbst.

Dr. Günter Baumann
ad fontes
Temporäre Installation in der
Barockbibliothek Schloß Salem, 2010

Temporary Installation at the
Baroque Libary of Salem Castle,
Germany, 2010

Käthe Schönle & Olga Titus

Die Schloßbibliothek Salem beherbergt
tausende Bücher aus vielen Jahrhunderten;
eine große Sammlung an Wissen, Ideen,
Geschichten und historischen Dokumenten
lagert zwischen Buchdeckeln in den
hohen Regalen und Vitrinen. Betritt man
den Raum, ist man von einer noblen Ruhe
umgeben und blickt beeindruckt über
farbige Buchrücken, die sich schweigend
aneinanderreihen.

Mit der Installation „ad fontes“ der
Künstlerinnen Olga Titus und Käthe Schönle
wird die Sprengkraft des Buches,
die Macht des Wortes, die Schönheit der
Poesie und die Unvergesslichkeit einer
guten Geschichte thematisiert. Die visuell
überraschende, raumfüllende Installation
ermöglicht den BetrachterInnen einen neuen
Blick auf die Schloßbibliothek und läßt
nachdenken darüber, was zwischen zwei
Buchdeckeln und durch die Lektüre von
Büchern alles passieren kann.

Die Arbeit wurde realisiert während des
Internationalen Arbeitsstipendiums
SALEM2SALEM, zu dem rund 30 europäische
und US-amerikanische KünstlerInnen
eingeladen waren.
„Leben, Lieben, Leiden –
Frauenbilder junger Künstlerinnen“
Kunstverein Celle /
Bomann Museum Celle, 2010

Das Drama einer jeden persönlichen Existenz
handelt von jenen Begegnungen und Gesprächen,
die die ungewisse Figur des Selbst überprüfen
und verändern. Das Vokabular menschlichen Mit-
einanders in „Momenten gefrorener Dauer“
(A. R. Penck) gestisch umzusetzen bestimmt
die Bilder und Zeichnungen von Käthe Schönle.

Käthe Schönle beleuchtet in ihren Arbeiten mit
unprätentiös, aber effizient inszenierten Kom-
positionen die unerschöpfliche Betrachtbarkeit
des Menschlichen, des Umgangs mit dem Selbst
wie auch eines Miteinanders in verschiedensten
und doch je für sich unmittelbar zugänglichen
Situationen.
Jede Zeichnung vermittelt mit spontanem und
kraftvollem Gestus ein Hinsehen, das emotional
beteiligt, ohne einen normativen Anspruch
darauf zu erheben, wie die Szenerie letztendlich
zu bewerten ist. Dem notizenhaften, spiel-
erisch-beiläufigen Charakter entspricht der
Eindruck, daß diese Form der zeichenhaften Ver-
gegenwärtigung von Begegnungen und
Beobachtungen eine Art fortlaufendes Protokoll
jenes Prozesses ist, den man oberhalb der
persönlichen Geschichte als Existenz
bezeichnet – die Auseinandersetzung mit dem,
was Menschen untereinander als Möglichkeiten
von sich selbst und von- und füreinander
wahrnehmen.

(Ausschnitt aus einem Text von
Gesche Heumann)

group show _ Ackermann / Christensen
Doepfner / Döscher / Eisfeld / Förster / Hantschel
Leischker / Neuhäuser / Otto / Ornowski & Voecks
Bianca Patricia / Rafalski / Raupach / Reimann
Ruhfus / Rux / Schickedanz / Schönle / Sichling
Stephan / Straube / Streng / Tietze / Wiedenhöft
Winkler
Ein sehr kalter Winter ist,
wenn ein Wolf den andern frisst
Kunstraum Winterthur, 2009

Ein Lied vom hungrigen Wolf
Text von Christina Peege

«Ein sehr harter Winter ist, wenn ein Wolf den       Gefühl, eine Beklemmung, die man sich nur           Wellness einlullt. Schönles Kunst dagegen
andern frisst». Unter dem Titel eines Kinder-        schwer erklären kann. Vielleicht sind es die        bringt den Betrachter zeitweilig aus dem Lot
liedes stellt die Wahlösterreicherin und Artist      fast gewalttätig gestisch gesetzten Striche, die    und setzt ihn in Bewegung. Immer auch einge-
in Residence der Villa Sträuli, Käthe Schönle,       rohen Formen ganz ohne Beschönigung. Viel-          denk der Tatsache, dass erst der Betrachter
neue Werke im Kunstraum Winterthur aus.              leicht ist es auch die überall auftauchende rote    mit seiner psychischen und intellektuellen
                                                     Farbe, die als mehr oder minder feine Linie in      Reaktion einem Bild Aktualität, Sinn und damit
Komponisten von Kinderliedern wie das von            den Bildern zu erkennen ist. Nackte verdrehte       Vielschichtigkeit verleiht.
besagtem kannibalischen Wolf haben es ja             Leiber, aufgerissene Münder, rinnende rote
faustdick hinter den Ohren, wenn man be-             Farbe: Nicht nur Angst, auch Verletzlichkeit ist    Sinn sucht der Betrachter übrigens oft auch
denkt, was für ein Lebensgefühl mit diesem           ein Thema oder auch die Angst davor. Doch           unwillkürlich in den Buchstabenkombinationen.
vermeintlich so einfach klingenden, vierstimmi-      die rote Linie kann auch als «thin red line»,       Meist sind es kurze in Englisch gehaltene Sätze,
gen Kanon vermittelt wird. Karl Gottlieb Hering      als Gratwanderung interpretiert werden. Denn        aber spiegelverkehrt geschrieben. Die wie
(1766–1853) wusste die Angst heraufzube-             auch das interessiert die Künstlerin: die dünne     absichtslos hingepinselten Buchstaben rufen
schwören, so hat er auch den Kanon                   Linie, die zwischen Gut und Böse verläuft, zwi-     die Vorstellung einer verkehrten Welt hervor,
«C-a-f-f-e-e» komponiert, dem Türkentrank,           schen dem Menschen als mehr oder weniger            in der nichts mehr gilt, was einmal wahr und
der blass, krank und süchtig macht.                  harmlosem Herdentier und dem Moment, in             richtig war. Auch hier beschwört die Künst-
Wie der Komponist, so greift auch die gebür-         dem er zum Wolf mutiert und sich gegen seine        lerin ein Gefühl der Bedrohung herauf, denn
tige Deutsche und Wahlösterreicherin Käthe           Artgenossen stellt. Und die Linie ist eigentlich    es ist so einfach wie die Überschreitung der
Schönle (*1976) in ihren Malereien und Zeich-        immer sehr dünn, rasch überschritten.               roten Linie, einen Buchstaben wie einen Spiess
nungen aktuelle Ängste auf. Wenn ein Wolf                                                                umzukehren und ihn gegen den Betrachter
den andern frisst – getreu dem Ausstellungs-         Fokus auf das Hässliche                             zu wenden. Doch erinnern die Buchstaben in
titel steht ein ausgestopfter Wolf in der Mitte      Doch während viele Künstler die Aktualität          ihrer krakeligen und verkehrten Art – zuweilen
des Kunstraums. Wenn ein Wolf den anderen            aufgreifen und sie in irgendeiner Hinsicht          begegnen dem Betrachter auch in der Lese-
frisst – das löst Angst aus, reine Angst vor einer   bewerten, Opfer beklagen, Protagonisten             richtung geschriebene Sätze – an Versuche von
vollends korrumpierten Moral, einer Gesell-          kritisieren, kippt Schönle nie in eine moralisie-   Kindern, das gerade erst erlernte Alphabet auf
schaft in Auflösung, vor der Tatsache, dass der      rende Haltung. Sie will mit ihrer Kunst nichts      die Reihe zu kriegen. Unwillkürlich kippen die
Mensch nicht davor zurückschreckt, zum Wolf          irgendwie Schönes sichtbar machen, son-             Bilder damit auch ins Verspielte. Wie lässt doch
seiner Artgenossen zu werden.                        dern lediglich den Blick auf das Hässliche, die     der eingangs erwähnte Komponist Karl Gottlieb
                                                     Abgründe des Menschen lenken, oft in dunkeln        Hering sein Wolfslied enden? Genau: Auf ihr
Der Wolf als Sinnbild                                Farben und heftig gemalten Pinselstrichen           Kinder, auf und singt, dass das Liedlein hell und
Rund um den Wolf gruppieren sich die teils           auf den Bildern präsent. Schönle reagiert mit       froh zum Himmel dringt!
grossformatigen Malereien und Zeichnungen            ihren Bildern auch auf die Bilderflut in den
der Künstlerin. Noch bevor man einzelne The-         Medien, vor allem auf die Werbebilderflut, die
men der figürlich arbeitenden Schönle auf den        lediglich mit oberflächlichen Reizen operiert
Bildern erkennt, beschleicht einen ein ungutes       und den Konsumenten in optische und mentale
ERSTE HIEBE
Galerie Vujasin Vienna, 2009
Human Behavior
Organ Haus Art Space, Chongqing, 2009

Prologue
Ni Kun - Curator of Organ Haus Art Space,
Chongqing

When Käthe came to Chongqing with a curious         composition of the image. The characters            认知上,她试图通过图像的叙述及构成图像之语
discoverer’s view, she was facing a totally         she creates first of all have an independant        言的表述,以表现性的视觉语言来展开其对于‘
unfamiliar environment, different from her          attitude, and then lead us to think about the       人’的境遇及精神世界的讨论。也因此,其笔下
                                                                                                        的人物首先是以独立的‘人’的姿态存在的,其
motherland. The strangeness and difference          related social context. Such a specific viewing
                                                                                                        次才可能出现相关的社会性语境。这种具体的观
brought her two specfic experiences:                under the watchful eye of cultural differen-        看在文化差异的注视下,将变得丰富而生动:对
                                                    ces will become rich and vivid. For Käthe, the      于Käthe而言,中国经验将是丰富其对于人类行
1. being forced to concentrate on the basic         experience in China is one approach to enrich       为之形态的体悟途径之一;而对于我们这些生活
needs of life;                                      her feeling and understanding of the pattern of     在中国的观看者说来,能够以独立人的视角来对
2. in terms of art, a stonger focus on creation     human behavior; for us as the viewers living in     人的行为进行重新审视,是值得我们直面和反思
                                                                                                        的。
and thinking itself caused by an unfamiliar en-     China, it is worth facing and reflecting the work
vironment. This situation and experience exists     to re-examine human behaviour with the angle        2009年11月4日于黄桷坪
in every person living in foreign countries: dis-   of an independent persons view.
tance creates strangeness; strangeness makes
people focus more on details and differences.       4th, Nov. 2009 in Huangjueping
For Käthe who tries to represent and capture
human emotions through her drawings and
paintings, this experience is not some kind of
                                                    写在开始之前
life obstacle, but an exploring journey full of
                                                    倪昆
unexpected adventures.
                                                    当Käthe带着发现者的目光来到重庆时,她所面对
For me it is no doubt a risk to talk about the      的是一个完全有异于其母体背景的陌生环境,这
emotion and behaviour of an individual in           种陌生感和差异性为她提供了两种具体的体验,
China, where the basic unit of society is the       一,将生活还原到最基本的衣食住行;二,陌生
                                                    的环境将在事实上让其更加专注于创作及思考本
family. In China the mainstay is family people,     身。这种境遇及体验存在于每一位身处异域的
and there is a precisely lack of the „individual    人:因为距离,所有陌生;因为陌生,反而更加
person“ with an independant will. This is also      关注细节及差异。这对于力图通过绘画来表现及
the reason why we, faced by the same prob-          扑捉人类情感的Käthe说来,这种现实与其说是一
lems in everyday life, will behave and perform      种生活阻碍,毋宁说是一次充满了意外的发现之
                                                    旅。
quite different than the westerners who admit
                                                    在中国这个以“家庭”为社会基本单位的环境里
Christian ethics as their value system. Käthes      讨论“个体人”的情感和行为,在我看来无疑是
creation is based on such perceptions. She          冒险的。因为在中国,其主体存在的是“家庭
tries to discuss about the situation and mental     人”,缺少的恰恰是具有独立意志的“个体人”
condition of the human world with an expressi-      ,这也让我们在面临相同的一些现实问题时,我
ve visual language through the narrative and        们的行为及表现将迥异于以基督教伦理作为价值
                                                    体系的西方人。 Käthe 的创作就是建立在这样的
All Artworks
© Käthe Schönle / Bildrecht

Studio Views 2020
Sandra Kosel / www.sandrakosel.com

Exhibition Photos, Repros
Claudia Larcher, Käthe Schönle
ACF London: Saloon Wien
KV Celle: Simon Schwinge

KÄTHE SCHÖNLE                        KÄTHE SCHÖNLE
Studio                               studierte an der Kunsthochschule Kassel mit Abschlüssen in Malerei und Illustration.
Pelzgasse 20, 1150 Wien, Austria     Ihre Arbeiten wurden seither in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen national
                                     und international gezeigt und sind in privaten und institutionellen Sammlungen ver-
0043 650 300 60 26                   treten. Schönle erhielt mehrere Stipendien und Förderungen, darunter den Kunstpreis
kaethe@schoenle.org                  der Stadt Kassel. Sie lebt und arbeitet in Wien.
  k.schoenle
                                     Käthe Schönle graduated with honours from the Kunsthochschule Kassel, Germany,
                                     where she studied Art (Painting) and Visual Communication (Illustration). Her work has
                                     been shown in numerous solo and group exhibitions nationally and internationally
                                     and can be found in private and institutional art collections. Schönle received several
                                     grants and residiences, among the Art Prize of the City of Kassel. She lives and works
www.schoenle.org                     in Vienna, Austria.
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