Coronavirus Leitfaden für Deutschland - Stand: 20. März 2020
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Inhaltsverzeichnis Arbeit der staatlichen Gerichte und Handelsbeschränkungen Schiedsgerichte Arbeitsrecht Handelsverträge: Höhere Gewalt Ausgangsbeschränkungen Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften Datenschutz Investitionsschutz Entschädigungsansprüche Kreditvereinbarungen EU-Beihilfenrechtlicher Rahmen Öffentliche Aufträge Finanzielle Unterstützungsmaßnahmen Steuererleichterungen Gewerblicher Rechtsschutz Industriefokus: Pharma & Medizinprodukte Baker McKenzie | 2
Arbeit der staatlichen Gerichte und Schiedsgerichte (Stand: 20.03.2020) In welchem Umfang ist die Es gibt aktuell noch keine bundesweit einheitliche Regelung zur Arbeitsweise der deutsche Gerichtsbarkeit von deutschen Gerichte während der COVID-19 Pandemie. Das Bundesministerium der Justiz der COVID-19 Pandemie und für Verbraucherschutz hat jedoch angekündigt, derzeit verschiedene gesetzliche betroffen? Regelungen vorzubereiten (Stand: 19. März 2020). Ihr Ansprechpartner In vielen Bundesländern arbeiten die Gerichte bereits jetzt nur im Notbetrieb: mündliche Verhandlungen finden nur in dringenden Fällen und nur mit verringertem Publikum statt, Gesuche auf Akteneinsicht werden per Post erfüllt, von persönlichen Vorsprachen soll abgesehen werden. Auch hier fehlen jedoch einheitliche Leitlinien über die Frage der Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit. Aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit entscheiden Richter eigenständig über die Terminierung ihrer Verfahren. Es wird daher vorerst bei Entscheidungen im Einzelfall bleiben. In welchem Umfang sind Die Schiedsgerichtsbarkeit ist von der COVID-19 Pandemie ebenfalls betroffen. Viele DR. LISA B. REISER Schiedsgerichte von der Schiedsinstitutionen haben jedoch signalisiert, ihre Arbeit möglichst fortzusetzen: Senior Associate COVID-19 Pandemie betroffen? Die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) hat auf Telearbeit umgestellt T +49 69 299 08 366 und mögliche Verzögerungen in der Bearbeitung der laufenden Verfahren angekündigt. Neue lisa.reiser@bakermckenzie.com Schiedsklagen können jedoch nach wie vor fristwahrend per E-Mail oder Telefax eingereicht werden. Der Schiedsgerichtshof der International Chamber of Commerce (ICC) teilt mit, das alle Büros des Sekretariats und des ADR-Zentrums einsatzfähig sind. Die ICC empfiehlt jedoch dringend, sämtliche Kommunikation per E-Mail abzuwickeln. Sämtliche Verhandlungen und Termine, die bis zum 13. April 2020 in den Räumen der ICC stattfinden sollten, wurden verschoben oder abgesagt. Andere Schiedsinstitutionen wie der London Court of International Arbitration (LCIA) und der Hong Kong International Arbitration Centre (HKIAC) haben ähnliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Es ist damit zu rechnen, dass mündliche Verhandlungen mit Sitz in Deutschland bis auf weiteres vertagt werden. Dies gilt mindestens dort, wo Verordnungen oder Allgemeinverfügungen auf Landesebene öffentliche und nichtöffentliche Veranstaltungen unabhängig von der Zahl der Teilnehmenden untersagen. Im Übrigen entscheiden die Schiedsgerichte im Rahmen ihrer Ermessenskompetenz über den Fortgang des jeweiligen Verfahrens. Im Einzelfall kann es in Betracht kommen, mündliche Verhandlungen per Videokonferenz durchzuführen. Baker McKenzie | 3
Arbeitsrecht (Stand 19.03.2020) Sind Arbeitnehmer dazu Mitarbeiter mit einer bestätigten Infektion müssen diese ihrem Vertragsarbeitgeber verpflichtet, sich gegenüber offenlegen. dem Arbeitgeber als Angestellte mit grippeähnlichen Symptomen, “Risikofaktor” anzuzeigen? i. die sich innerhalb der letzten drei Wochen in einem Gebiet aufgehalten haben, in Ihre Ansprechpartner welchem die Übertragung von COVID-19 vermutet wird (zum Beispiel China, Italien, Nord- und Südkorea, Japan, Singapur, Hong Kong und Iran) oder ii. Kontakt zu einer Person aus solch einem Gebiet gehabt haben, müssen diesen Umstand mitteilen. Auch ohne grippeähnliche Symptome (wie Fieber, Husten, Atembeschwerden, Gelenkschmerzen, Müdigkeit) haben Mitarbeiter, welche i. mit einer bestätigten infizierten Person in einem Haushalt zusammenleben oder ii. eine Veranstaltung besucht haben, welche später als Ursprungsort der Verbreitung bekannt wurde, diesen Umstand ihrem Arbeitgeber mitzuteilen. DR. STEFFEN SCHEUER Kann der Arbeitgeber Das Recht des Arbeitgebers, bestimmte Fragen zu stellen, findet seine Entsprechung in Partner verlangen, dass Arbeitnehmer der Verpflichtung der Arbeitnehmer, diese entsprechenden Informationen offenzulegen T +49 89 552 38 241 sich selbst als “Risikofaktor” (d.h. der Arbeitgeber hat nach Frage 1 das Recht, nach den in Frage 1 genannten melden? Umständen zu fragen und der Arbeitnehmer muss die entsprechende und steffen.scheuer@bakermckenzie.com wahrheitsgemäße Antwort geben). Kann der Arbeitgeber eine Ja, aber dies stellt einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre dar. Aus Gründen der Anweisung erteilen (oder eine Verhältnismäßigkeit sollten zumindest die folgenden Vorkehrungen getroffen werden: Policy), welche bestimmt, dass i. Beschränkung des räumlichen Anwendungsbereichs: Die Möglichkeit der Arbeitnehmer Kollegen mit Berichterstattung sollte nur den Arbeitnehmern angeboten werden, grippeähnlichen Symptomen a. deren Standort sich in einem Gebiet befindet, in welchem die Übertragung des (z.B. Fieber, Husten, COVID-19 wahrscheinlich ist oder Atembeschwerden, Gelenkschmerzen, Müdigkeit) b. in deren Standort ein Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet wurde oder dem Arbeitgeber melden c. in deren Standort einer der Mitarbeiter vermutlich mit einer bestätigt infizierten müssen? Person in Kontakt gekommen ist. CHRISTIAN KOOPS ii. Angebot, keine Verpflichtung zur Meldung: Die Möglichkeit der Meldung sollte eher wie Senior Associate eine Einladung zur Meldung formuliert sein und nicht wie eine Verpflichtung (unter dem T +49 89 552 38 147 deutschen Recht ist es sehr fraglich, ob eine Meldepflicht einseitig durch eine Anweisung begründet werden kann). christian.koops@bakermckenzie.com iii. Verbleiben der Meldungen beim Arbeitgeber: Der Meldeweg sollte auf den Arbeitgeber begrenzt werden (d.h. nur der Vertragsarbeitgeber und nicht auch andere Personen der Unternehmensgruppe oder dritte Personen) und innerhalb dieses Arbeitgebers auf einen eng definierten Empfängerkreis (z.B. das Coronavirus-Krisenteam) Baker McKenzie | 4
Arbeitsrecht (Stand 19.03.2020) Kann der Arbeitgeber eine iv. Beschränkung der meldepflichtigen Inhalte: Es sollte klargestellt werden, dass Anweisung erteilen (oder eine a. der Meldeweg nur im Hinblick auf die Tatsache, dass Symptome vorhanden sind, Policy), die Mitarbeiter und nicht zur Meldung der spezifischen Symptome einer Person verwendet verpflichtet, Kollegen mit werden darf und Ihre Ansprechpartner grippeähnlichen Symptomen b. die meldepflichtigen Symptome sich auf die öffentlich bekannte und anerkannte (z.B. Fieber, Husten, Liste von Symptomen (d.h. Fieber, Husten, Atembeschwerden, Atembeschwerden, Gliederschmerzen, Müdigkeit) beschränken; Gelenkschmerzen, Müdigkeit) v. Trennen Sie die Berichte von anderen Mitarbeiterdaten: Die über den Meldeweg dem Arbeitgeber zu melden? bekannt gewordenen Informationen sollten getrennt aufgezeichnet, nicht in die Personalakte des Mitarbeiters aufgenommen und 6 Wochen nach der Aufzeichnung gelöscht werden; vi. Transparenz schaffen: Ein klarer (Art. 13 GDPR) Hinweis, der Informationen gemäß Art. 14 GDPR enthält, muss vor Eröffnung der Berichtslinie an alle Arbeitnehmer (einschließlich der Arbeitnehmer in Notfällen) ausgegeben werden, insbesondere in Bezug auf die hier genannten Punkte, aber auch in Bezug auf die Schritte, die der DR. STEFFEN SCHEUER Arbeitgeber nach Erhalt der Meldung plant); Partner vii. Information des Betroffenen: Der von einer Meldung betroffene Arbeitnehmer muss T +49 89 552 38 241 so schnell wie möglich informiert werden; viii. Entscheidung, wie die Meldenden zu behandeln sind: In Deutschland wird derzeit steffen.scheuer@bakermckenzie.com diskutiert, ob die betroffene Person (d.h. die gemeldete Person) das Recht hat, zu erfahren, wer sie gemeldet hat - wir halten es für möglich (wenn auch nicht ganz risikofrei), den Meldenden zu versichern, ihre Meldungen vertraulich zu behandeln, wenn diese Meldungen in gutem Glauben gemacht wurden. Auch wenn es sich nicht um eine Frage der Einhaltung der Datenschutzbestimmungen handelt, beachten Sie bitte, dass der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht hinsichtlich des technischen Systems zur Umsetzung der Berichtslinie und der Berichtsanforderungen hat. Können sich Arbeitnehmer Mitarbeiter können sich nur weigern, zur Arbeit zu kommen, wenn weigern, zur Arbeit zu i. es am Arbeitsplatz eine bestätigte Coronavirus-Infektion gibt und kommen? ii. der Arbeitsplatz des Mitarbeiters sich in der unmittelbaren Nähe zum Arbeitsplatz CHRISTIAN KOOPS der infizierten Person befindet (z.B. dasselbe Großraumbüro) und Senior Associate iii. der Arbeitgeber dem Mitarbeiter keinen risikofreien Arbeitsplatz zuweisen kann. T +49 89 552 38 147 christian.koops@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 5
Arbeitsrecht (Stand 19.03.2020) Können Arbeitnehmer sich Nur wenn das Meeting in einer Region stattfindet, die von den Behörden offiziell als weigern, an Meetings Krisenregion anerkannt ist, oder wenn Teilnehmer, die aus Krisenregionen kommen, teilzunehmen oder zu reisen? teilnehmen würden (für weitere Informationen siehe https://www.auswaertiges-amt.de) Dasselbe gilt für Geschäftsreisen. Ihre Ansprechpartner Kann der Arbeitgeber Wenn ein Arbeitnehmer aufgrund der in der Antwort auf Frage Nr. 1 genannten Mitarbeiter freistellen? Kriterien als "Risikofaktor" eingestuft wird, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Arbeitnehmer von der Arbeit auszuschließen. Der Mitarbeiter müsste nach Möglichkeit weiterarbeiten (z.B. vom Home Office aus), sofern er nicht krank ist. Wann ist der Arbeitgeber dazu Nur, wenn es Beweise dafür gibt, dass der Arbeitsplatz ein “aus der Kontrolle gezwungen, seinen Betrieb zu geratender Krisenort” ist. schließen? Diese Entscheidung sollte nur in Absprache mit den lokalen Gesundheitsbehörden DR. STEFFEN SCHEUER (Gesundheitsamt) getroffen werden. Partner T +49 89 552 38 241 Hat der Arbeitgeber die Pflicht, Nein, nur medizinisches Personal und Ärzte, die auf eine Infektion aufmerksam werden, im Betrieb auftretende müssen diese den Gesundheitsbehörden melden (https://www.gesetze-im- steffen.scheuer@bakermckenzie.com Infektionen an die internet.de/coronavmeldev/). Gesundheitsbehörden zu melden? Kann der Arbeitgeber vom Nein, der Arbeitgeber kann den Mitarbeitern nur empfehlen, einen Arzt aufzusuchen. Wenn Arbeitnehmer verlangen, einen der Arbeitnehmer sich weigert, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unter den unten Arzt aufzusuchen? aufgeführten Voraussetzungen von der Arbeit freistellen. Wenn Arbeitnehmer Im Falle einer rechtmäßigen Weigerung, Freistellung von der Arbeit oder freigestellt werden, sich Betriebsschließung (auf der Grundlage der in diesen FAQ festgelegten Anforderungen) weigern, zur Arbeit zu kommen müsste der Arbeitnehmer weiterhin bezahlt werden. CHRISTIAN KOOPS oder der Betrieb geschlossen Der Arbeitnehmer müsste aber auch alle zumutbaren Schritte unternehmen, um von zu wird, müssen die Senior Associate Hause aus zu arbeiten. Ferner müsste der Arbeitnehmer akzeptieren, dass er Arbeitnehmer dennoch vorübergehend räumlich am Arbeitsort in eine risikofreie Umgebung (d.h. in ein anderes T +49 89 552 38 147 weiterhin bezahlt werden? Büro) versetzt wird oder dass ihm andere Aufgaben zugewiesen werden, auch wenn christian.koops@bakermckenzie.com diese unter den gewöhnlichen Aufgaben liegen (es sei denn, dies ist völlig inakzeptabel). Baker McKenzie | 6
Arbeitsrecht (Stand 19.03.2020) Wenn Kindergärten und Wenn Kindergärten und Schulen geschlossen werden und keine alternativen Schulen geschlossen werden Betreuungsmöglichkeiten (wie Großeltern oder andere Einrichtungen) bestehen, kann der und die Arbeitnehmer zu Arbeitnehmer die Arbeit für diese Zeit verweigern. Sofern im Arbeitsvertrag nicht anders Hause bleiben müssen und festgelegt, müsste der Arbeitgeber den Arbeitnehmer für die Dauer einer Ihre Ansprechpartner nicht arbeiten können, muss "vorübergehenden Verhinderung" weiterbezahlen. Die Rechtsprechung legt zwar die der Arbeitgeber sie bezahlen Besonderheiten des Falles fest, doch darf eine vorübergehende Verhinderung bei und - wenn ja - für wie lange? dringendem Kinderbetreuungsbedarf nicht länger als 5 Arbeitstage dauern. DR. STEFFEN SCHEUER Partner T +49 89 552 38 241 steffen.scheuer@bakermckenzie.com CHRISTIAN KOOPS Senior Associate T +49 89 552 38 147 christian.koops@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 7
Ausgangsbeschränkungen (Stand 19.03.2020) Wer ist betroffen? Aktuell kann eine Ausgangsbeschränkung primär gegen Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Infizierte ohne Symptome verfügt werden (§§ 28 Abs. 1, 30 Infektionsschutzgesetz („IfSG“)). Bei einer großen Anzahl bestätigter Corona-Infektionen innerhalb einer Stadt gehen aber zumindest die bayrischen und baden-württembergischen Ihr Ansprechpartner Behörden aktuell davon aus, dass eine Ausgangsbeschränkung letztlich als Schutzmaßnahme gegenüber allen Einwohnern der betroffenen Stadt angeordnet werden kann. Was ist verboten? (Beispiel Das Verlassen der häuslichen Unterkunft ohne triftigen Grund. Damit ist es generell Bayern) verboten, den öffentlichen Raum zu betreten (Ausnahmen siehe sogleich). Das gilt für Straßen, Wege, Plätze, öffentliche Verkehrsmittel ebenso wie für Kundenbereiche von Geschäftslokalen und Dienstleistungsunternehmen. Was ist erlaubt? (Beispiel Erlaubt bleiben insbesondere der Lieferverkehr, der Hin- und Rückweg zur Arbeitsstätte mit Bayern) Bescheinigung des Arbeitgebers, Einkäufe, Arzt- und Apothekenbesuche, Tanken und DR. ANIKA SCHÜRMANN, LL.M. Bargeldabheben. Counsel / Fachanwältin für Strafrecht T +49 211 311 16 128 anika.schuermann@bakermckenzie.com Was droht bei Verstößen? Unseres Erachtens ist bereits zweifelhaft, ob mit § 28 IfSG eine hinreichende gesetzliche Grundlage für längerfristige Ausgangsbeschränkungen existiert, so dass bei Verstößen die Verhängung von Strafen oder Bußgeldern in Betracht kommt. Aktuell gehen aber zumindest die bayrischen Behörden davon aus, dass im Falle eines Verstoßes gegen Ausgangsbeschränkungen die Verhängung von Bußgeldern von bis zu 25.000 Euro möglich ist (§ 73 Abs. 1a Nr. 6, Abs. 2 IfSG). Im Falle eines erstmaligen Verstoßes dürfte das zu erwartende Bußgeld aber eher niedrig ausfallen. Theoretisch wäre bei einem vorsätzlichen Verstoß, der zu einer Verbreitung des Virus führt, zudem eine Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren denkbar ( § 74 IfSG). Baker McKenzie | 8
Datenschutz (Stand 19.03.2020) Darf ein Verantwortlicher Ja, Verantwortliche dürfen personenbezogene Daten zum Zwecke der Eindämmung der personenbezogene Daten im Pandemie oder, um ihre Mitarbeiter zu schützen, verarbeiten. Die Rechtsgrundlagen für Zusammenhang mit der solche Maßnahmen variieren, aber die folgenden Rechtsgrundlagen können für COVID-19-Pandemie Verantwortliche in Betracht kommen: Ihre Ansprechpartner verarbeiten (z.B. indem er von Mitarbeiterdaten: § 26 (1) BDSG bzw. Art. 6 (1) f) DSGVO und – soweit besondere Mitarbeitern/Besuchern Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet werden – § 26 (3) BDSG, § 22 (1) Nr. verlangt, einen Fragebogen 1 (b) BDSG und Art. 9 (2) (b) DSGVO auszufüllen, einschließlich Daten Dritter: Art. 6 (1) f) DSGVO und – soweit besondere Kategorien Fragen zu Reisen in personenbezogener Daten verarbeitet werden – Art. 9 (2) (i) DSGVO in Verbindung mit Risikogebiete und, ob er mit § 22 (1) Nr. 1 (c) BDSG. einer Person, die positiv auf In jedem Fall muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachtet werden. COVID-19 getestet wurde, Personenbezogene Daten müssen vertraulich behandelt werden und dürfen nur für den direkten Kontakt hatte, oder, bestimmten Zweck verwendet werden. indem er in seinen Geschäftsräumen von DR. HOLGER LUTZ, LL.M. Mitarbeitern und Besuchern Partner die Temperatur überprüft)? T +49 69 299 08 508 Müssen die betroffenen Ja, betroffene Personen müssen über die Verarbeitungsaktivitäten gemäß Art. 13 DSGVO holger.lutz@bakermckenzie.com Personen über die jeweilige informiert werden (z.B. über eine Datenschutzerklärung). Hat der Verantwortliche den Datenverarbeitung informiert betroffenen Personen bereits bestimmte Informationen zur Verfügung gestellt (z.B. über werden? seine allgemeine Datenschutzerklärung), müssen nur begrenzt zusätzliche Informationen zur Verfügung gestellt werden (z.B. die zusätzlichen Datenkategorien und Verarbeitungszwecke). Wie lange dürfen die Die entsprechenden personenbezogenen Daten müssen gelöscht werden, sobald sie für entsprechenden den jeweiligen Zweck nicht mehr notwendig sind. Dies muss einzelfallabhängig beurteilt personenbezogenen Daten werden. Jedenfalls am Ende der Pandemie sind sie zu löschen. Allerdings sollten gespeichert werden? personenbezogene Daten wie z.B. Besucherlisten früher gelöscht werden (grundsätzlich nach 4-6 Wochen). Gibt es Stellungnahmen der Ja. Der Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Baden- DR. MICHAELA NEBEL Datenschutzbehörden, welche Württemberg hat folgende Stellungnahme veröffentlicht: Partner die Erhebung Pressemitteilung personenbezogener Daten T +49 69 299 08 368 Häufig gestellte Fragen („FAQs“) zum Zwecke der michaela.nebel@bakermckenzie.com Identifizierung von COVID-19- Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hat die folgende Fällen erlaubt oder Stellungnahme veröffentlicht. beschränkt? Baker McKenzie | 9
Entschädigungsansprüche (Stand 19.03.2020) Mögliche Für Unternehmen, die unmittelbar von den derzeit staatlich angeordneten Maßnahmen Entschädigungsansprüche im betroffen sind, kommen in erster Linie Ansprüche auf Entschädigung auf Grundlage von Überblick Spezialgesetzen (insbesondere Infektionsschutzgesetz) in Betracht. Allerdings erfassen diese Entschädigungsregelungen die derzeit ergriffenen Maßnahmen voraussichtlich Ihre Ansprechpartner nicht bzw. nur ausnahmsweise. Ergänzende Ansprüche auf Entschädigung nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen sind unwahrscheinlich. Nur mittelbar betroffene Unternehmen haben keinen Anspruch auf Entschädigung. Diese sind daher auf die geplanten allgemeinen finanziellen Unterstützungsmaßnahmen angewiesen. Reichweite der Das Infektionsschutzgesetz sieht Entschädigungsansprüche vorrangig bei Maßnahmen Entschädigungsansprüche gegenüber Einzelpersonen vor. So erhalten Personen, die (i) zB als nach Infektionsschutzgesetz Ansteckungsverdächtige oder Krankheitsverdächtige einem Verbot in der Ausübung der Erwerbstätigkeit unterliegen oder (ii) als Ansteckungsverdächtige abgesondert werden DR. MARC GABRIEL, LL.M. und dadurch einen Verdienstausfall erleiden, eine Entschädigung (§ 56 Abs. 1 IFSG). Partner Ein Entschädigungsanspruch des Betriebsinhabers bei angeordneten generellen Betriebsschließungen lässt sich nach dieser Vorschrift allerdings voraussichtlich nicht T +49 30 220 02 81 720 begründen. marc.gabriel@bakermckenzie.com Ein Anspruch auf Entschädigung besteht auch, soweit auf Grund behördlicher Maßnahmen zur Verhütung von übertragbaren Krankheiten Gegenstände vernichtet oder beschädigt werden oder ein anderer “nicht nur unwesentlicher Vermögensnachteil” verursacht wird (§ 65 Abs. 1 IFSG). Da die aktuellen Maßnahmen jedoch auf Rechtsgrundlagen zur Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten beruhen und zudem in der Regel in Form allgemeiner Rechtsverordnungen erfolgen, ist die Regelung nicht unmittelbar anwendbar. Es bleibt abzuwarten, inwieweit angesichts der gesetzlichen Regelungslücke eine entsprechende Anwendung auf die aktuellen Maßnahmen anerkannt wird. Voraussichtlich keine Entschädigungsregelungen finden sich auch in anderen Spezialgesetzen, wie zB den Entschädigungsansprüche Katastrophenschutzgesetzen der einzelnen Bundesländer. Die Ansprüche bestehen DR. JANET BUTLER nach anderen Spezialgesetzen allerdings nur, soweit Maßnahmen auf Grundlage dieser Gesetze ergriffen werden. Das Counsel und -verordnungen ist bislang nicht der Fall. T +49 30 220 02 81 726 Die bisher erlassenen Verordnungen auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes enthalten ebenfalls soweit ersichtlich keine Entschädigungsregelungen. janet.butler@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 10
Entschädigungsansprüche (Stand 19.03.2020) Entschädigungsansprüche Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen sind Entschädigungsansprüche insbesondere in nach allgemeinen Form des Anspruchs aus enteignendem Eingriff (bei Eingriffen in Eigentumspositionen) Rechtsgrundsätzen bzw. des Aufopferungsanspruchs (bei Eingriffen in sonstige geschützte Rechtspositionen) denkbar. Ihre Ansprechpartner Beide Rechtsinstitute dienen dem Ausgleich unzumutbarer, atypischer und unvorhergesehener Nebenfolgen von an sich rechtmäßigen Eingriffen in das Eigentum bzw. sonstige geschützte Rechtspositionen. Die derzeit vorgesehenen staatlichen Anordnungen wie zB Betriebsschließungen können einen Eingriff in das Eigentum beinhalten. Allerdings sind die hierdurch entstehenden finanziellen Folgen für betroffene Unternehmen zwar schwerwiegend bis hin zu existenzbedrohend, aber weder atypische noch unvorhergesehene Folgen der Anordnungen. Die negativen Auswirkungen wurden vielmehr angesichts der von einer weiteren Verbreitung des Corona-Virus ausgehenden Gefahren für die Gesundheit der Gesamtbevölkerung in Kauf genommen. Negative Auswirkungen rechtmäßiger Maßnahmen und Regelungen müssen DR. MARC GABRIEL, LL.M. Betroffene im Übrigen grundsätzlich entschädigungslos hinnehmen. Daher können Partner betroffene Unternehmen voraussichtlich keine Entschädigungsansprüche nach T +49 30 220 02 81 720 allgemeinen Rechtsgrundsätzen geltend machen. marc.gabriel@bakermckenzie.com Ausblick Es bleibt abzuwarten, ob die Gesetzgeber auf Bundes- oder Landesebene angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen der derzeitigen gesetzlichen Anordnungen auf betroffene Betriebe ergänzende Entschädigungsregelungen beschließen oder die bestehenden Entschädigungsregelungen nach Infektionsschutzgesetz ausweiten. Auch solche ergänzenden Regelungen würden allerdings grundsätzlich nur die unmittelbar von staatlichen Anordnungen betroffenen Unternehmen erfassen. Unternehmen, die durch die allgemeinen Auswirkungen der Corona-Krise ähnlich schwer betroffen sind, bleiben daher auf die vorgesehenen finanziellen Unterstützungsprogramme auf Bundes- und Landesebene angewiesen. DR. JANET BUTLER Counsel T +49 30 220 02 81 726 janet.butler@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 11
EU-Beihilfenrechtlicher Rahmen (Stand 20.03.2020) Staatliche Soweit Unternehmen Zahlungen oder andere Vorteile wie z.B. Steuervergünstigungen, Unterstützungsmaßnahmen als Kredite und staatliche Garantien zu vergünstigten Konditionen zur Abfederung der Beihilfe Auswirkungen des Corona-Virus erhalten, können diese Maßnahmen eine Beihilfe iSd Art 107 AEUV darstellen. Ihre Ansprechpartner Die Europäische Kommission hat in ihrer Mitteilung zur aktuellen Corona-Krise vom 13. März 2020 bereits klargestellt, dass Maßnahmen, die allen Unternehmen gleichermaßen gewährt werden (z.B. Aussetzung der Fälligkeit von Steuerzahlungen) keine Beihilfen darstellen und daher sofort von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden dürfen. EU-Beihilfenrechtliche Staatliche Beihilfen sind u.a. dann mit dem Binnenmarkt vereinbar und damit Rechtfertigung der geplanten gerechtfertigt, wenn sie der Beseitigung von Schäden dienen, die durch Maßnahmen Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind (Art. 107 Abs. 2 b) AEUV). Darüber hinaus können staatliche Beihilfen von der Kommission für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt werden, wenn sie der Behebung einer DR. MARC GABRIEL, LL.M. beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats dienen (Art. 107 Abs. 3 Partner b) AEUV). In beiden Fällen müssen neue Beihilfemaßnahmen zunächst bei der Europäischen T +49 30 220 02 81 720 Kommission angemeldet und von dieser genehmigt werden. Ausnahmen von der marc.gabriel@bakermckenzie.com Genehmigungspflicht gelten nur für Maßnahmen auf Grundlage bestehender, genehmigter Förderregelungen sowie Maßnahmen, die unter die Allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung für Beihilfen oder die sog. De-Minimis-Verordnung fallen. Vorübergehender Rahmen für Die Europäische Kommission hat am 19. März 2020 einen vorübergehenden Rahmen staatliche Beihilfen vor dem für staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Wirtschaft vor dem Hintergrund des Hintergrund des COVID-19- COVID-19-Ausbruchs erlassen, gestützt auf Artikel 107 Abs. 3 b) AEUV. Ausbruchs Die Kommission hat ergänzend angekündigt, den erforderlichen Genehmigungsprozess zu beschleunigen, um eine schnelle Umsetzung der mitgliedstaatlichen Unterstützungsmaßnahmen zu ermöglichen. Beihilfen auch für Unternehmen in Schwierigkeiten dürfen in der Regel staatliche Beihilfen nur einmalig DR. JANET BUTLER Unternehmen in innerhalb von 10 Jahren nach Maßgabe der EU-Rettungs- und Counsel Schwierigkeiten Umstrukturierungsleitlinien erhalten und sind von allgemeinen Förderprogrammen T +49 30 220 02 81 726 ausgeschlossen. Die Europäische Kommission hat allerdings angekündigt, dass sie bereit ist, angesichts janet.butler@bakermckenzie.com der aktuellen Krise Ausnahmen von diesem Grundsatz zuzulassen. Es ist daher zu erwarten, dass auch die geplanten Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen in Schwierigkeiten zügig genehmigt werden. Baker McKenzie | 12
Finanzielle Unterstützungsmaßnahmen (Stand 19.03.2020) Geplante Die Bundesregierung plant als Teil des Maßnahmenpakets zur Abfederung der Unterstützungsmaßnahmen im Auswirkungen des Corona-Virus ein “Milliarden-Schutzschild” für betroffene Überblick Unternehmen. Diese sollen erleichterten Zugang zu staatlichen Liquiditätshilfen in Form von Darlehen und Bürgschaften erhalten. Ihre Ansprechpartner Dazu werden die bestehenden Programme für Liquiditätshilfen ausgeweitet und für mehr Unternehmen verfügbar gemacht. Darüber hinaus sind Sonderprogramme für Unternehmen geplant, die infolge der Krise in ernsthafte Schwierigkeiten geraten sind und daher keinen Zugang zu bestehenden Förderprogrammen haben. Diese Sonderprogramme stehen unter Vorbehalt der beihilfenrechtlichen Genehmigung der EU-Kommission. Die Bundesländer planen vergleichbare Liquiditätshilfen in Form von Überbrückungskrediten und Bürgschaften, teils aber auch Fördermaßnahmen in Form von Zuschüssen (z.B. Soforthilfeprogramm Bayern). Laut Pressemeldungen plant auch die Bundesregierung die Bereitstellung von bis zu EUR 10 Milliarden direkte Zuschüsse, allerdings beschränkt auf Solo-Selbstständige DR. MARC GABRIEL, LL.M. und Kleinstunternehmer bis zehn Beschäftigte. Partner Ausweitung der KfW-Kredit- Die Bedingungen der KfW-Programme “Unternehmenskredit” (für T +49 30 220 02 81 720 Programme Bestandsunternehmen) und “Gründerkredit” (für Unternehmen unter 5 Jahren) werden marc.gabriel@bakermckenzie.com gelockert, indem Risikoübernahmen für Betriebsmittelkredite erhöht werden (bis zu 80% bei Betriebsmittelkrediten bis EUR 200 Mio.). Zudem werden die Programme für Großunternehmen mit einem Umsatz von bis zu EUR 2 Milliarden geöffnet. Das bisher auf Investitionen in Innovation und Digitalisierung beschränkte Programm “KfW-Kredit für Wachstum” wird erweitert auf eine allgemeine Unternehmensfinanzierung inkl. Betriebsmittel im Wege der Konsortialfinanzierung. Das Programm wird zudem geöffnet für alle Unternehmen mit einem Umsatz von bis zu EUR 5 Milliarden, die anteilige Risikoübernahme wird auf bis zu 70% erhöht. Bürgschaftsprogramme Bei den Bürgschaftsbanken wird der Bürgschaftshöchstbetrag auf EUR 2,5 Millionen erhöht. Bürgschaftsbanken dürfen Entscheidungen über die Vergabe von Bürgschaften bis zu einem Betrag von EUR 250.000 eigenständig innerhalb von drei Tagen treffen. DR. JANET BUTLER Das bisher auf strukturschwache Regionen beschränkte Großbürgschafts-programm wird auf alle Regionen ausgeweitet. Dieses Programm ermöglicht die Absicherung von Counsel Betriebsmittelfinanzierungen und Investitionen ab einem Betrag von EUR 50 Mio. mit T +49 30 220 02 81 726 einer Bürgschaftsquote bis zu 80%. janet.butler@bakermckenzie.com Antragstellung Die Kontaktaufnahme zur KfW erfolgt über die Hausbank. Wer keine Hausbank hat, kann sich an die Finanzierungspartner der KfW wenden (z.B. Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken sowie Geschäftsbanken). Anträge an die Bürgschaftsbanken können direkt online gestellt werden. Baker McKenzie | 13
Gewerblicher Rechtsschutz (Stand 19.03.2020) Gibt es Auswirkungen auf Ja. Sämtliche laufenden Fristen werden von Amts wegen verlängert. laufende Patent-, Marken- und Design-Registerverfahren vor Das EPO hat am 15. März 2020 verkündet, dass sämtliche Verfahrensfristen betreffend dem Europäischen Patentamt EP- und PCT-Patentanmeldungen um einen Monat, nämlich bis zum 16. April 2020 Ihre Ansprechpartner (EPO) oder dem Amt der verlängert werden. Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO)? Das EUIPO hat am 16. März 2020 einen Beschluss erlassen, wonach alle derzeit laufenden Fristen in sämtlichen Registerverfahren betreffend Anmeldungen und Eintragungen von Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmustern (Designs) von Amts wegen automatisch bis zum 1. Mai 2020 verlängert werden. Hintergrund ist, dass auf Grund der COVID-19-Pandemie die Kommunikation zwischen den weltweit ansässigen Rechteinhabern und dem EUIPO beeinträchtigt sind. Gibt es besondere Einige Unternehmen aus der Gesundheitsbranche stellen als Folge der COVID-19 Auswirkungen auf den Bereich Pandemie eine Zunahme von Produktfälschungen und betrügerischer Aktivitäten fest. ANDREAS JAUCH, LL.M. der Produktpiraterie? Aufgrund des derzeit herrschenden Mangels an dringend notwendigen Produkten wie Senior Associate Atemschutzmasken oder Desinfektionsmitteln besteht eine zunehmende Gefahr, dass Betrüger und Markenfälscher Marken renommierter Hersteller solcher Produkte dazu T +49 69 299 08 663 missbrauchen, entsprechende Produkte in betrügerischer Absicht anzubieten. Auch in der andreas.jauch@bakermckenzie.com Presse finden sich bereits erste Berichte über Beschlagnahmen gefälschter COVID-19 Test Kits (siehe folgender Artikel). Markeninhaber aus möglicherweise betroffenen Branchen sollten daher derzeit verstärkt den Markt überwachen und beispielsweise eine Domainüberwachung einrichten, da Betrüger häufig Domains unter Verwendung der Marken oder Unternehmenskennzeichen der Originalhersteller registrieren, um ihr Angebot legitim erscheinen zu lassen. DR. MARKUS HECHT Senior Associate T +49 69 299 08 164 markus.hecht@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 14
Handelsbeschränkungen (Stand 20.03.2020) Hat die EU infolge der COVID- Ja, die EU hat umfassende Handelsbeschränkungen für medizinische Schutzausrüstung 19 Krise irgendwelche durch Erlass der Durchführungsverordnung (EU) 2020/402 vorgenommen: handelsbeschränkenden Maßnahmen ergriffen? Die Durchführungsverordnung beschränkt die Ausfuhr von der in ihrer Anlage 1 näher Ihre Ansprechpartner bezeichneten medizinischen Schutzausrüstung zu Zielen außerhalb der EU. Eine Ausfuhr erfordert in diesen Fällen eine Genehmigung. Anlage 1 der Durchführungsverordnung umfasst eine Reihe von Gütern (einschließlich Mund- und Nasenschutz, Gesichtsschildern, Schutzbrillen und -visiere, Handschuhe sowie weitere Schutzkleidung), welche dem Schutz des Trägers vor potentiell infektiösem Material sowie dem Schutz der Umwelt vor potentiell infektiösen Material des Trägers schützen. Die Durchführungsverordnung ist am 15. März 2020 für eine Dauer von sechs Wochen in Kraft getreten. Die EU Kommission muss sich innerhalb von 12 Arbeitstagen seit Inkrafttreten entscheiden, ob sie weitergehende Einschränkungen erlassen möchte. ANAHITA THOMS, LL.M. Gibt es darüber hinaus auch Ja, auch einige Staaten haben handelsbeschränkende Maßnahmen ergriffen, einige sogar Partner staatlicherseits verhängte bereits vor dem Erlass der Durchführungsverordnung durch die EU Kommission: T +49 211 311 16 121 Beschränkungen für den internationalen Handel? Deutschland hatte per Anordnung vom 4. März 2020 (geändert am 12. März 2020) anahita.thoms@bakermckenzie.com Einschränkungen für die Ausfuhr und Verbringung medizinischer Schutzausüstung erwirkt, um einen hinreichenden Bestand in Deutschland zu sichern. Die Anordnung wurde am 19. März 2020 aufgehoben, könnte aber nach Auskunft der Bundesregierung jederzeit wieder erlassen werden. Andere Mitgliedstaaten wie Tschechien, Frankreich und Polen haben ebenfalls Handelsbeschränkungen erlassen. Finden die übrigen Ja, die übrigen exportkontrollrechtlichen Regularien gelten weiterhin: exportkontrollrechtlichen Bestimmungen weiterhin Die EU Dual Use Verordnung (Regulation (EU) 428/2009) gilt weiterhin. Sie schränkt Anwendung? ALEXANDER EHRLE, LL.M. (NYU) den Handel mit Gütern ein, die sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke verwendet werden können. Associate Beispielsweise umfasst Klassifizierungsnummer 1A004 unter anderem T +49 30 220 02 81 626 Gesichtsmasken, Filter und Schutzkleidung gegen die Abwehr biologischer Agenzien. alexander.ehrle@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 15
Handelsverträge: Höhere Gewalt (Stand 19.03.2020) Allgemeines Um die möglichen Auswirkungen von COVID-19 auf vertragliche Pflichten zu beurteilen, müssen die Parteien zunächst ihre spezifischen Handelsverträge und die Rechtsordnungen, denen diese unterliegen, analysieren. Handelsverträge beinhalten oft eine Rechtswahlklausel. Die folgende Analyse fokussiert sich auf Verträge, die dem Ihr Ansprechpartner deutschem Recht unterliegen. Nach deutschem Recht sind die Parteien in Abwesenheit zwingender Rechtsvorschriften in der Bestimmung ihrer vertraglichen Rechte und Pflichten frei. Somit können Handelsverträge spezifische Klauseln in Bezug auf die Nicht- bzw. verspätete Erfüllung wegen Ereignissen wie der aktuellen Ausbreitung von COVID-19 beinhalten (etwa „höherer Gewalt“-Klauseln). Was ist „höhere Gewalt“ Der Terminus „höhere Gewalt“ ist im deutschen Recht nicht fest definiert. Allerdings ist er als solches in der Rechtslehre und Rechtsprechung anerkannt und wird oft in internationalen Handelsverträgen verwendet. Was höhere Gewalt im Einzelfall ist hängt JOACHIM FRÖHLICH, LL.M. vom Wortlaut der entsprechenden Klausel, die zwischen den Parteien vereinbart wurde, Counsel ab, sofern eine solche Klausel existiert. In Fällen, in denen dazu keine Details vereinbart wurden, gilt als höhere Gewalt ein von außen kommendes, keinen betrieblichen T +49 89 552 38 229 Zusammenhang aufweisendes, auch durch äußerste vernünftigerweise zu erwartende joachim.froehlich@bakermckenzie.com Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis. Verträge mit „höherer Gewalt“- Eine „höhere Gewalt“-Klausel definiert typischerweise, (i) welche Ereignisse im Klausel betreffenden Fall als höhere Gewalt gelten und (ii) die Rechtsfolgen, die sich im Falle des Eintreffens eines solchen Ereignisses ergeben sollen. Um festzustellen, ob ein bestimmtes Ereignis als höhere Gewalt unter der betreffenden Klausel einzustufen ist, ist der Wortlaut der Klausel sowie der hypothetische Wille der Parteien heranzuziehen. Typischerweise sind „höhere Gewalt“-Klauseln „offen“ bzw. nicht abschließend dahingehend, dass das spezifische Ereignis nicht notwendigerweise aufgeführt werden muss. „Höhere Gewalt“-Klauseln beinhalten oft eine Definition, welche Ereignisse als höhere Gewalt einzustufen sein sollen, zusammen mit einer Liste von relevanten Beispielen. Was die Rechtsfolgen eines als höhere Gewalt eingestuften Ereignisses betrifft, vereinbaren die Parteien in der entsprechenden Klausel typischerweise, dass (i) die Partei, die von dem Ereignis betroffen ist, von Ihrer Leistungspflicht für die Dauer des Ereignisses befreit wird und (ii) jede Partei von dem Vertrag zurücktreten bzw. diesen kündigen kann, wenn das Ereignis für eine bestimmte Zeit andauert. Baker McKenzie | 16
Handelsverträge: Höhere Gewalt (Stand 19.03.2020) Verträge ohne „höherer In Ermangelung einer Klausel zu höherer Gewalt müssen die Auswirkungen der Gewalt“-Klausel Hindernisse durch COVID-19 auf die vertraglichen Rechte und Pflichten der Parteien von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der Vertragsbestimmungen und der Rechtsordnung, der der Vertrag unterliegt, bewertet werden. Im Allgemeinen werden jedoch die folgenden Ihr Ansprechpartner Rechtskonzepte relevant sein: (i) Dauernde/vorübergehende Unmöglichkeit Die Frage, ob die Leistungserbringung unter einem Vertrag dauernd oder vorübergehend unmöglich ist, muss auf Einzelfallbasis analysiert werden. In den meisten Fällen wird die Leistungserbringung aufgrund COVID-19 nur vorübergehend unmöglich sein. Die Ausbreitung von COVID-19, insb. in Lieferverträgen, wird im Regelfall nur eine Verzögerung der Leistung nach sich ziehen. Sollten sich die Parteien allerdings auf einen festen Termin zur Leistungserbringung geeinigt haben, existiert die Möglichkeit der dauernden Unmöglichkeit der Vertragserfüllung. In diesem Zusammenhang soll darauf JOACHIM FRÖHLICH, LL.M. hingewiesen werden, dass die Erfüllung von Geldschulden nach deutschem Recht niemals Counsel „unmöglich“ ist. T +49 89 552 38 229 Falls die Leistungserbringung (z.B. die Lieferung von Gütern oder Leistungen) dauerhaft joachim.froehlich@bakermckenzie.com unmöglich ist, ist der Schuldner von der Erbringung seiner Leistung befreit. Im Gegenzug ist die andere Partei ebenfalls von der Erbringung ihrer Leistung, die sie bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Vertrages durch den Schuldner diesem geschuldet hätte (z.B. die Zahlung des vereinbarten Preises für die Gütern oder Leistungen), befreit. Falls die Leistungserbringung vorübergehend unmöglich ist, ist der Schuldner von der Erbringung seiner Leistung so lange befreit, wie diese unmöglich ist. Für denselben Zeitraum ist die andere Partei von der Verpflichtung befreit, der vorübergehend an der Leistungserbringung gehinderten Partei die vereinbarte Gegenleistung zu erbringen. Nur wenn die Partei, der es unmöglich ist, (vorübergehend) ihre Leistung zu erbringen, diese Nichtleistung zu vertreten hat (im Falle von durch COVID-19 bedingter Unmöglichkeit unwahrscheinlich), schuldet sie der anderen Partei Ersatz der Schäden, die diese wegen der nicht bzw. nicht rechtzeitig erbrachten Leistung erleidet. Zusätzlich ist die andere Partei berechtigt, nach den gesetzlichen Bestimmungen von dem Vertrag zurückzutreten bzw. diesen zu kündigen. Baker McKenzie | 17
Handelsverträge: Höhere Gewalt (Stand 19.03.2020) Verträge ohne „höherer (ii) Störung der Geschäftsgrundlage Gewalt“-Klausel Obschon im Einzelfall zu prüfen, sind die Chancen einer Partei, die aufgrund von COVID- 19 ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen kann, sich auf Störung der Ihr Ansprechpartner Geschäftsgrundlage zu berufen, eher gering. Dazu müsste das störende Ereignis (hier: die Hindernisse, die durch COVID-19 entstehen) nicht in den Risikobereich einer der Parteien fallen. Im Allgemeinen trägt jedoch die Partei, die die Lieferung von Gütern bzw. die Erbringung von Leistungen schuldet, das Risiko von Leistungserschwerungen. Erschweren die COVID-19 Auswirkungen somit die Lieferung von Gütern bzw. die Erbringung von Leistungen, wird sich die hiervon betroffene Partei eher nicht auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen können. Sollte dies im Einzelfall doch möglich sein, können die Parteien die Anpassung des Vertrages verlangen oder, falls dies nicht möglich oder unzumutbar ist, von dem Vertrag zurücktreten bzw. diesen kündigen. Abschluss neuer Verträge Beim Abschluss von neuen Verträgen sollten (i) klare und umfassende JOACHIM FRÖHLICH, LL.M. Vertragsbestimmungen zur Abdeckung von Ereignissen wie dem aktuellen COVID-19- Counsel Ausbruch, der in diesem Zusammenhang bereits getroffenen Maßnahmen sowie der T +49 89 552 38 229 aktuell vorhersehbaren/nicht vorhersehbaren Maßnahmen vorgesehen werden und (ii) die Auswirkungen des auf den Vertrag geltenden Rechts verstanden werden. joachim.froehlich@bakermckenzie.com Insbesondere sei darauf hingewiesen, dass eine durch zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bereits getroffene bzw. vorhersehbare Maßnahmen betroffene Partei sich im Hinblick auf diese Maßnahmen eher nicht auf eine Standardklausel zur höheren Gewalt berufen kann. Diesbezüglich sollte unter Berücksichtigung des anwendbaren Rechts geprüft werden, ob besondere Klauseln in den Vertrag aufgenommen werden müssen. Baker McKenzie | 18
Handelsverträge: Höhere Gewalt (Stand 19.03.2020) Handlungsempfehlungen Ungeachtet der Tatsache, dass stets die weitere Entwicklung beobachtet werden muss, empfehlen wir zu diesem Zeitpunkt folgende Schritte: Durchsicht Ihrer Verträge im Hinblick auf die Möglichkeit der Berufung auf eine „höhere Ihr Ansprechpartner Gewalt“-Klausel bzw. andere Klauseln. Prüfung, welche Form und Frist die „höhere Gewalt“-Klausel für die Anzeige eines entsprechenden Ereignisses nach dessen Eintreffen vorschreibt und Sicherstellung, dass im entsprechenden Fall diese Bestimmungen beachtet werden. Im Falle der Nichterfüllung eines Vertrages, detaillierte Erfassung des Ereignisses einschließlich Zeitpunkt, Gründe der Nichterfüllung, involvierte Parteien sowie ggf. betroffene Einrichtungen. Erwägung alternativer Wege der Vertragserfüllung (z.B. Beschaffung über Dritte). Überlegung, welche Wege zur Abschwächung der Auswirkungen existieren. Prüfung des möglichen Versicherungsschutzes und Durchsicht Ihrer Policen im JOACHIM FRÖHLICH, LL.M. Hinblick darauf, ob die abgedeckten Risiken und Deckungssummen in Krisenzeiten Counsel ausreichend und im Falle von Geschäftsveränderungen flexibel genug sind. T +49 89 552 38 229 Überwachung der Bekanntgaben von neuen Regierungs- bzw. regulatorischen Maßnahmen als Reaktion auf den Ausbruch von COVID-19, die Ihre joachim.froehlich@bakermckenzie.com Entlastungsmöglichkeiten bzw. Entschädigungsansprüche verändern könnten. Besondere Vorsicht sollte beim Abschluss neuer Verträge geboten sein (s. vorherige Zeile). Baker McKenzie | 19
Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften (Stand 20.03.2020) Können Hauptversammlungen Aufgrund der jüngsten Entwicklungen, die auch ein Verbot öffentlicher Versammlungen elektronisch abgehalten beinhalten, ist die Abhaltung von Hauptversammlungen (HVs) deutscher werden? Aktiengesellschaften derzeit praktisch und rechtlich unmöglich (und wohl auch nicht ratsam). Andererseits sind rein elektronisch abgehaltene HVs nach dem deutschen Ihre Ansprechpartner Aktiengesetz (AktG) nicht möglich. Die physische Teilnahme muss Aktionären ermöglicht werden. Daneben gibt es die Möglichkeit für die Gesellschaft, Aktionären eine elektronische Teilnahme zu ermöglichen und einzelne oder alle Aktionärsrechte elektronisch ausüben zu lassen. Denkbar ist auch, dass die Verantwortlichen der Gesellschaft sich an einem Ort treffen und alle Aktionäre lediglich elektronisch teilnehmen, allerdings auf rein freiwilliger Basis, was leider für Publikumsgesellschaften unrealistisch ist. Selbst dies erfordert aber entsprechende Regelungen in der Satzung, die oft nicht vorhanden sind. Dabei muss grundsätzlich die Gesellschaft die nötige Technologie haben, um Aktionären die elektronische Ausübung ihrer Rechte zu ermöglichen, wobei Gesellschaften allerdings erheblichen Spielraum in der Auswahl der Technologie und der Sicherheitsstandards haben. Zudem muss dabei auch nicht die Ausübung aller DR. CHRISTOPH WOLF, LL.M. Aktionärsrechte elektronisch ermöglicht werden, da Aktionäre ja das Recht haben, an der Partner HV physisch teilzunehmen. Sollte das AktG künftig vollständig virtuelle HVs erlauben, T +49 69 299 08 245 müsste sich das ändern und Gesellschaften müssten zwingend Technologie verwenden, welche die Ausübung aller Aktionärsrechte ermöglicht, einschließlich des Rederechts, des christoph.wolf@bakermckenzie.com Fragerechts und der Teilnahme an den Abstimmungen. Interessanterweise schränkt das AktG die Möglichkeit der Aktionäre ein, HV-Beschlüsse vor Gericht aufgrund technischer Störungen anzufechten, sofern nicht die Störung durch grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz der Gesellschaft verursacht wurde. Schließlich ist auch die derzeit gesetzlich vorgesehene, zwingende notarielle Protokollierung der HV schwer mit einer virtuellen HV zu vereinbaren. Vor diesem Hintergrund hat sich eine Arbeitsgruppe um das Deutsche Aktieninstitut einschließlich zahlreicher deutscher Gesellschaften konstituiert, die ein Papier für die Bundesregierung erarbeitet hat, welches die nötigen Änderungen des AktG zur Ermöglichung rein virtueller HVs vorsieht und zudem vorschlägt, dass Dividenden (dazu unten) auf der Grundlage lediglich eines Beschlusses von Vorstand und Aufsichtsrat gezahlt werden können. Details finden Sie hier: Positionspapier sowie die Pressemitteilung. Allerdings ist unklar, ob und wie schnell solche Änderungen durch die verantwortlichen DR. MANUEL LORENZ, LL.M. deutschen Organe beschlossen würden und ob das rechtzeitig für die anstehende HV- Partner Saison wäre. T +49 69 299 08 506 manuel.lorenz@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 20
Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften (Stand 20.03.2020) Wie lange kann man eine Auch wenn momentan nicht absehbar ist, wie lange die derzeitige Situation andauert, muss Hauptversammlung davon ausgegangen werden, dass zahlreiche Aktiengesellschaften ihre verschieben? Hauptversammlungen verschieben müssen oder dies zumindest überlegen. Die gesetzliche Ihre Ansprechpartner Frist für die Abhaltung der ordentlichen Hauptversammlung beträgt acht Monate ab dem Ende des Geschäftsjahres für Aktiengesellschaften, sechs Monate für Societates Europeae (SE), sodass insofern für viele Gesellschaften noch etwas Spielraum besteht. Welche Konsequenzen treten Die fehlende rechtzeitige Einberufung einer HV hat nach deutschem Gesellschaftsrecht nur ein, wenn die vorgegebene beschränkte Folgen. Das zuständige Gericht kann gegenüber der Gesellschaft ein Frist überschritten wird? Zwangsgeld anordnen, um die Gesellschaft zur Anberaumung der HV zu veranlassen. Wir würden allerdings erwarten, dass Gerichte solche Zwangsmaßnahmen eher nicht anordnen werden, sofern die jeweilige Gesellschaft dartun kann, dass Versammlungen aufgrund behördlicher Anordnung zur Vermeidung der Verbreitung von Corona verboten sind. Dabei wäre allerdings zu prüfen, welche Orte für eine HV nach der Satzung der jeweiligen DR. CHRISTOPH WOLF, LL.M. Gesellschaft in Betracht kommen, und die Gesellschaft wäre darlegungspflichtig, dass alle Partner möglichen Orte zur Abhaltung der HV betroffen sind. Minderheitsaktionäre, die zumindest 5% am Grundkapital der Gesellschaft halten, können T +49 69 299 08 245 ein Verlangen an die Gesellschaft stellen, eine HV mit einer Tagesordnung ihrer Wahl christoph.wolf@bakermckenzie.com abzuhalten. Wenn der Vorstand daraufhin die HV nicht einberuft, können solche Aktionäre das zuständige Gericht bitten, sie selbst zur Einberufung der HV zu ermächtigen. Dabei mögen Gerichte dem Argument zuneigen, dass eine solche Anordnung nicht ergehen sollte, solange staatliche Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung von Corona an allen möglichen Orten die Abhaltung der HV verhindern. Welche Veröffentlichungen Da die Entwicklungen zwar allgemein öffentlich bekannt sind, sich die genauen von insofern relevanten Auswirkungen auf einzelne Unternehmen aber doch signifikant unterscheiden, sollten Insiderinformationen sollte börsennotierte Gesellschaften jedenfalls ihre diesbezüglichen Pläne sowie allgemein die man jetzt vornehmen? bereits absehbaren, aber nicht öffentlich bekannten Auswirkungen auf ihre Unternehmen im Wege der Veröffentlichung von Insiderinformation bekanntgeben. Das betrifft insbesondere auch die mit einer wahrscheinlichen Absage oder Verschiebung der ordentlichen Hauptversammlung einhergehende Verzögerung vom Markt erwarteter DR. MANUEL LORENZ, LL.M. Dividendenzahlungen. Partner T +49 69 299 08 506 manuel.lorenz@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 21
Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften (Stand 20.03.2020) Welche Maßnahmen brauchen Zu beachten ist, dass viele - auch dringend erforderliche - gesellschaftsrechtliche zwingend eine HV? Maßnahmen zwingend von der HV zu beschließen sind. Dies gilt insbesondere für im derzeitigen Umfeld möglicherweise sehr bedeutsame Kapitalerhöhungen, soweit Ihre Ansprechpartner Genehmigungen nicht bereits vorab erteilt wurden (genehmigtes Kapital). Bei Verschiebung der HV können auch reguläre Dividendenzahlungen bis auf weiteres nicht erfolgen, da sie eines Hauptversammlungsbeschlusses bedürfen. Die Satzung der Gesellschaft kann die Auszahlung einer Vorabausschüttung auf zukünftige Dividenden auf der Grundlage vorläufiger Finanzzahlen (oder der endgültigen, durch den Aufsichtsrat genehmigten Finanzzahlen) vorsehen, soweit diese Finanzzahlen einen Jahresgewinn zeigen. Allerdings darf die Vorabdividende weder die Hälfte des nach Vornahme der zwingenden Einstellung von Beträgen in die Gewinnrücklage übrigbleibenden Betrages noch die Hälfte des Bilanzgewinns des vorangehenden Finanzjahres übersteigen. Zudem ist es nicht möglich, auf vorgetragene Gewinne aus vergangenen Finanzjahren zuzugreifen oder die Vorabdividende durch Kapital- oder Gewinnrücklagen zu finanzieren. Schließlich DR. CHRISTOPH WOLF, LL.M. muss der Aufsichtsrat der Ausschüttung einer Vorabdividende zustimmen. Partner In der Praxis haben aber viele deutsche Gesellschaften die für die Ausschüttung einer T +49 69 299 08 245 Vorabdividende erforderlichen Bestimmungen nicht in ihren Satzungen. Selbst wenn aber christoph.wolf@bakermckenzie.com solche Satzungsbestimmungen bestehen, führen die genannten Beschränkungen dazu, dass eine etwaige Vorabdividende erheblich unter der ansonsten erwarteten ordentlichen Dividende liegen dürfte. DR. MANUEL LORENZ, LL.M. Partner T +49 69 299 08 506 manuel.lorenz@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 22
Investitionsschutz (Stand 20.03.2020) Was bedeutet das Regime der Die sektorübergreifende Prüfung nach § 55 AWV ermöglicht es, Anordnungen zu erlassen sektorübergreifenden oder den Kauf eines deutschen Unternehmens im Extremfall zu verbieten, um die Investitionsprüfung gemäß § öffentliche Ordnung oder Sicherheit Deutschlands zu gewährleisten. Die 55 AWV? sektorübergreifende Prüfung findet auf alle Unternehmenskäufe durch Investoren mit Sitz Ihre Ansprechpartner außerhalb der EU und des EFTA-Raums bei einem Kauf von mindestens 25% der Stimmrechte an einem in Deutschland ansässigen Unternehmen Anwendung. Die Grenze liegt bei nur 10%, wenn die Zielgesellschaft kritische Infrastruktur betreibt oder in anderen wesentlichen Sektoren von besonderer Sensibilität tätig ist. Der Erwerb durch Investoren aus der EU oder dem EFTA-Raum ist im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung nur im Ausnahmefall möglich, nämlich bei Anhaltspunkten für eine missbräuchliche Gestaltung oder ein Umgehungsgeschäft. Was bedeutet das Regime der Die sektorspezifische Prüfung nach §§ 60-62 AWV findet Anwendung auf den Erwerb von sektorspezifischen Unternehmen im Rüstungs- und IT-Sicherheitsbereich durch ausländische Investoren, Investitionsprüfung gemäß §§ einschließlich solcher aus der EU und dem EFTA-Raum. Erfasst ist der Erwerb von ANAHITA THOMS, LL.M. 60-62 AWV? mindestens 10% der Stimmrechte im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung. Die Partner sektorspezifische Prüfung ermöglicht es, Anordnungen zu erlassen oder den Kauf im Extremfall zu verbieten, um wesentliche Sicherheitsinteressen Deutschlands zu T +49 211 311 16 121 gewährleisten. anahita.thoms@bakermckenzie.com Was sind die Auswirkungen Angesichts der COVID-19 Krise ist es denkbar, dass die Bundesregierung den Kauf der COVID-19 Krise auf das relevanter Firmen im medizinischen Sektor durch nicht-EU oder EFTA Ausländer deutsche zumindest prüfen und gegebenenfalls auch verbieten würde. Ein solcher Kauf könnte sich Investitionsprüfungsrecht? als Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen. Anders als in anderen EU-Mitgliedstaaten bestehen gegenwärtig grundsätzlich aber keine Möglichkeit, einen Kauf durch Investoren aus Mitgliedstaaten von EU oder EFTA zu untersagen. Spezifische Gesetzesänderungen, die den Anwendungsbereich auf angeschlagene deutsche Unternehmen ausweiten würden, gibt es bislang nicht. ALEXANDER EHRLE, LL.M. (NYU) Associate T +49 30 220 02 81 626 alexander.ehrle@bakermckenzie.com Baker McKenzie | 23
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