Kannste das mal deepln? - WIENERS+WIENERS

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Kannste das mal deepln? - WIENERS+WIENERS
Wirtschaft

             Kannste das mal deepln?
 Start-ups Künstliche Intelligenz revolutioniert die Sprachübersetzung. Die Kölner Firma DeepL
  kann das besser als GoogleTranslate. Und doch hat Übersetzer Andrew Wakeman keine Angst.

A
          ndrew Wakeman sieht nicht aus
          wie eine Maschine. Der gebürtige
          Amerikaner, 32, der als Überset-
          zer in Deutschland lebt, trägt
Bart, Ohrringe und diverse Tattoos: zwei
Blumen, die für seine beiden Töchter ste-
hen, und einen Schriftzug, der an seinen
verstorbenen Bruder erinnert; Zeichen der
Liebe und der Trauer, alles entschieden
menschlich. Guter Typ, dieser Wakeman.
Den Spitznamen »Die Maschine« hat er
von Kollegen erhalten, weil er bei der Ar-
beit äußerst systematisch vorgeht, für alles
To-do-Listen-anfertigt, weil er seine Ar-
beitstage mithilfe eines Onlinekalenders
in Halbstundeneinheiten lückenlos durch-
plant. »Das hilft mir, effizient zu sein«,
sagt er. Sein Deutsch, an der Uni in India-
napolis erlernt und mit seiner deutschen
Frau verfeinert, ist akzent- und makellos.
   Aber »Die Maschine« wird vielleicht
bald von einer Maschine ersetzt. Oder
auch nicht. Man weiß es nicht.
But »The Machine« may soon be replaced
by a machine. Or not. You don’t know.
   So hat das die künstlich intelligente Ma-
schine DeepL übersetzt.
   Andrew Wakeman arbeitet für die Ah-
rensburger Firma Wieners+Wieners, den
Branchenführer im deutschen Sprachraum.
Er übersetzt vom Deutschen ins Englische,
und zwar alles, was Kunden eben wollen:
Gebrauchsanleitungen, Geschäftsberichte,
Scheidungsurkunden, Modekataloge, Wer-
besprüche. Wieners+Wieners hat 90 An-
gestellte, arbeitet mit 1500 freien Überset-
zern, die über 70 Fremdsprachen beherr-
schen, erledigt 40 000 Projekte im Jahr
und macht dabei 20 Millionen Euro
Umsatz in einem Markt, der global auf
43 Milliarden Dollar geschätzt wird – da-
bei aber so gut wie unsichtbar bleibt.
   Denn Sprache ist kein Produkt, aber
ohne Sprache ist jedes Produkt nichts. Al-
les, womit gehandelt, worüber verhandelt
wird, braucht Sprache, braucht Beschrei-
bung, und weil die Welt zusammenwächst,
weil immer mehr Menschen miteinander
kommunizieren wollen, werden Sprachen
                                                                                                      PATRICK RUNTE / DER SPIEGEL

immer wichtiger. »Die Grenzen meiner
Sprache bedeuten die Grenzen meiner
Welt«, hat Ludwig Wittgenstein gesagt, und
diese Grenzen werden weiter. Übersetzte
Sprache ist die Grundlage, ist das Medium
der Globalisierung und des Internets –
eigentlich eine gute Nachricht für Men-
schen wie Andrew Wakeman, oder nicht?              Sprachdienstleister Wakeman: 8000 Wörter pro Tag

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La langue traduite est la base, le médium        sche Zumutung des vielsprachigen Nicht-          Besonders gut waren die Resultate trotz-
de la mondialisation et de l’Internet – en       verstehens auf der Welt gehörig zu lindern.   dem noch nicht. Linguee arbeitete damals,
fait, c’est une bonne nouvelle pour des gens     Experten schätzen, dass ein wichtiger Wen-    wie alle anderen auch, mit der sogenann-
comme Andrew Wakeman, ou non?                    depunkt bereits überschritten ist: Schon      ten statistischen Methode. Dabei zerhackt
   Auch das hat DeepL übersetzt, in einem        heute werden global mehr Sprachen ma-         die Software die Sätze in ihre Bestandteile,
Sekundenbruchteil. DeepL, was für »Deep          schinell übersetzt als von Menschen.          ordnet den bilingualen Bruchstücken Paa-
Learning« steht, tiefes oder neuronales             Es ist kein undenkbarer Schritt mehr       rungswahrscheinlichkeiten zu und setzt
Lernen, ist eine im Netz frei verfügbare         vom Onlineübersetzer zum Implantat im         die Informationen in der Zielsprache neu
Übersetzungsmaschine und der Name                Ohr, das alle Sprachen versteht und in        zusammen. Dass dabei viel Unsinn raus-
einer kleinen, deutschen Firma mit Sitz in       Echtzeit übersetzt, so wie der berühmte       kommt, liegt auf der Hand. Das war die
Köln, die das Ding programmiert hat.             Babelfisch aus Douglas Adams’ Science-        Zeit, noch nicht lange her, als die Suche
Wenn man ein Stück Text in DeepL ein-            Fiction-Roman »Per Anhalter durch die         nach lustigen »Google Translate Fails«, ge-
tippt, gehen diese Daten erst mal nach Is-       Galaxis«. Es gibt bereits die Google Pixel    scheiterten Google-Übersetzungen, ein be-
land, wo das Rechenzentrum der Firma             Buds, kabellose Ohrhörer, die genau das       liebter Spaß war im Netz. Man fand sie
steht, das pro Sekunde fünf Billiarden Re-       versuchen, es gibt einen seltsamen Sprach-    auf ausländischen Menükarten (»Ein Ge-
chenoperationen ausführen kann. Eine Bil-        stick namens »ili«, mit dem man in Japan      müsehuhn bereitete sich in wok mit einer
liarde ist eine 1 mit 15 Nullen. Dann            ein Bier bestellen kann, es gibt eine Live-   Haselnuss vor«) oder auf Hinweisschildern
kommt der Satz in der gewünschten Spra-          Dolmetscherfunktion für Skype-Konferen-       bei Sehenswürdigkeiten (»Burgbesichti-
che zurück auf den Bildschirm.                   zen zwischen Teilnehmern, die verschie-       gung nur mit Führer – Entrance only with
   DeepL macht damit das Gleiche, was            dene Sprachen sprechen. Funktionieren         Herr Hitler«). Dann aber, vor etwa drei
GoogleTranslate oder Microsofts Bing-            diese Dinge bereits perfekt? Überhaupt        Jahren, kam die neuronale Übersetzung
Übersetzer schon lange machen – nur              nicht. Aber sie lernen dazu.                  ins Spiel. Kutylowski: »Wir haben schnell
eben viel besser. Als DeepL im vorigen              Die Macher der Übersetzungssoftware        gesehen, dass das sehr gut funktioniert.
Jahr live geschaltet wurde, staunten Fach-       DeepL sitzen nicht im Silicon Valley, son-    Und dass wir die Qualität der etablierten
welt und Presse. »Kleines Start-up schlägt       dern im 5. Stock eines Businessparks in       Konkurrenten übertreffen können.«
Google«, »DeepL macht menschlichen               Köln. Jaroslaw Kutylowski, Technischer           Aber warum? Das scheint niemand
Übersetzern Konkurrenz«, so lauteten die         Direktor, führt durch die Räume, es gibt      wirklich erklären zu können. Die Leute
Schlagzeilen. In einem Blindtest bewerte-                                                      von DeepL selbst, die es vielleicht könn-
ten professionelle Übersetzer 100 Sätze,                                                       ten, schweigen. »Die sind ziemlich zuge-
die von DeepL und den Maschinen von                »Googeln« steht ja schon                    knöpft«, sagt Josef van Genabith vom Ins-
Google, Microsoft und Facebook übersetzt           als Verb im Duden.                          titut für Translationsorientierte Sprach-
worden waren. Die Sätze von DeepL, sagt                                                        technologie der Universität Saarbrücken.
die Firma, wurden dreimal so häufig am             Mal sehen, ob »deepln«                      DeepL sei in der eng vernetzten akademi-
besten bewertet wie die der anderen.               es auch schafft.                            schen Forschergilde der Computerlinguis-
Sprachroboter gelten seit langer Zeit als                                                      ten »bis vor Kurzem kaum bekannt gewe-
Vorhut der KI-Revolution. Jetzt sind sie da.                                                   sen«. Umso größer war in der Szene das
   Die Ängste vor der Automatisierung,           eine Lounge, die mit bunten Sitzsäcken        Erstaunen über die Fähigkeiten des Pro-
vor der Macht der Algorithmen nehmen             ein bisschen auf Google macht, es gibt        gramms. Kutylowski, der den Vorwurf der
zu. Man kann das daran erkennen, dass            einen Tischtennisplatte, in den Büros hän-    Geheimniskrämerei öfter hört und den An-
Google, wenn man die Worte »Werden Ro-           gen Whiteboard-Schreibtafeln, vollgekrit-     fragen aus aller Welt erreichen, man möge
boter …« in die Suchleiste eintippt, sofort      zelt mit rätselhaften Formeln. Nur 22 An-     doch bitte die eigenen Erkenntnisse als Pa-
folgende Fortsetzungen vorschlägt: »… die        gestellte hat DeepL, davon 10 Program-        per publizieren, bittet um Verständnis:
Menschen ersetzen«, »… die Welt er-              mierer. Dr. Kutylowski, 35, ein nachlässig    »Zum einen ist dieses Wissen unser Markt-
obern«, »… mehr und mehr das Leben und           rasierter promovierter Informatiker polni-    vorsprung«, sagt er. »Zum anderen kön-
Arbeiten prägen«. Bange Fragen. Aber die-        scher Herkunft, erklärt zu Kaffee und Kek-    nen wir es selbst nicht restlos erklären.«
se Angst weiß noch nicht, wovor sie sich         sen die Geschichte der Firma, die auch die       Was er weiß, ist, dass es bereits Anwen-
ängstigt. Künstliche Intelligenz bleibt          Geschichte der Maschinenübersetzung ist.      der gibt, die aus DeepL ein Verb machen,
schwer fassbar, und dort, wo sie schon an-          »Wir begannen vor etwa zehn Jahren.        »ich hab das kurz gedeeplt«, »kannste den
zutreffen ist, etwa in Gestalt von Siri, nervt   Damals gab es für Übersetzungen nur           Satz mal deepln?«. »Googeln« steht ja
sie oft durch Inkompetenz. Doch wer sie          Wörterbücher. Aber im Netz waren viele        schon im Duden, mal sehen, ob »deepln«
kennen lernen will, diese neuen Mitbewoh-        zweisprachige Texte zu finden, Überset-       es auch schafft.
ner auf Erden, die neuen Mitarbeiter im          zungen irgendwelcher Sätze und Begriffe,         Wenn KI-Fachleute von ihren Codes
Büro, wer erahnen möchte, wozu sie fähig         Millionen davon. Der Grundgedanke war:        sprechen, reden sie oft wie von rätselhaf-
– und nützlich – sind, der sollte mal kurz       Wenn man etwas übersetzen will, hat es        ten Lebewesen, als hätten sie eine neue
DeepL ausprobieren.                              wahrscheinlich irgendjemand schon mal         Spezies entdeckt, deren Verhalten sie im-
Pero quien quiera conocerlos, estos nuevos       gemacht. Man muss es nur finden.«             mer wieder erstaunt. So wurde die Szene
compañeros de piso en la tierra, los nuevos         Die Firma DeepL, die bis vergangenes       offenbar vor einiger Zeit davon überrascht,
empleados en la oficina, quien quiera adi-       Jahr noch Linguee hieß, hat also sogenann-    dass die neuronale Übersetzung auf
vinar lo que son capaces – y útiles – debería    te Crawler gebaut, Programme, die das         einmal sehr gute Ergebnisse für das Sprach-
probar DeepL por un momento.                     Internet nach übersetzten Wort- oder Satz-    paar Chinesisch-Spanisch lieferte. Wie das
   Der Turmbau zu Babel blieb bekannt-           paaren durchkämmen. »Aber 98 Prozent          Programm die Fortschritte erzielt hatte,
lich unvollendet, weil Gott schlechte Laune      dieser Übersetzungen sind Mist«, sagt Ku-     blieb ein Rätsel. Es kann ein wenig nervös
bekam und eine große Sprachverwirrung            tylowski. Damit nur die brauchbaren übrig     machen, dass eine Technologie mit so
über das Menschengeschlecht brachte, mit         blieben, habe man jeweils ein paar Tau-       weitreichendem Potenzial in den Händen
der wir uns bis heute herumschlagen.             send Satzpaare professionellen mensch-        von ein paar Mathematikern liegt, ob in
Künstliche Intelligenz, so viel darf man sa-     lichen Übersetzern vorgelegt, die die Qua-    Köln oder Kalifornien, die selbst nicht
gen, hat das Potenzial, die alttestamentari-     lität bewerteten, die Daten korrigierten.     genau wissen, was ihre Geschöpfe so trei-

DER SPIEGEL Nr. 19 / 5. 5. 2018                                                                                                        69
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ben. Im Fall von DeepL ist der Schlüssel        ten in seiner Branche, verwendet Wake-             Künstlich intelligente Werkzeuge ver-
zum Erfolg offenbar dieser: »Die haben          man schon seit Jahren computergestützte         halten sich damit ähnlich wie übermoti-
schöne, kuratierte Daten.« Josef van Ge-        Übersetzungstools im Alltag. Dabei über-        vierte junge Kollegen im Büro, sie liefern
nabith, der das nicht ohne Neid sagt, klingt    setzt er am Bildschirm »manuell« Satz für       viel und sind wahnsinnig schnell, aber sie
dabei, als würde er über einen Kaffeeher-       Satz in einem Computerprogramm, das             brauchen die Unterstützung von erfahre-
steller reden, der Zugang zu besonders ed-      gelegentlich Vorschläge für eine Phrase         nen Mitarbeitern, um das Projekt am Ende
len Bohnen hat. Aber was macht das Pro-         macht oder etwas erkennt, das Wakeman           in die richtige Form zu bringen. So ähnlich
gramm damit? Van Genabith spricht jetzt         früher schon übersetzt hat, um es in Er-        klingen derzeit viele Erfahrungsberichte
von Dingen wie »Matrix-Multiplikation«,         innerung zu rufen. Diese Methode nennt          aus datenintensiven Branchen, wo KI-
von »viel-linearer Algebra« und darüber,        man »Machine-Assisted Human Transla-            Assistenten schon zum Einsatz kommen,
dass »Worte in hoch dimensionale Vektor-        tion«, maschinell unterstützte menschliche      etwa bei Finanzdienstleistern, in der Juris-
räume hineingemappt werden«. Okay!              Übersetzung, oder MAHT.                         terei, in der Medizin. Es wäre nicht
   Man kommt da nur mit Metaphern wei-             Der Evolutionsschritt, in dem Wakeman        die schlechteste Arbeitsteilung zwischen
ter. »Daten sind das Öl der künstlich intel-    sich als Arbeitskraft und vielleicht auch       Mensch und Maschine.
ligenten Maschinen«, sagt van Genabith.         als Mensch gerade befindet, ist der von            Allerdings müssen Lektoren mehr lie-
Bei einem Vortrag hat er das neuronale          MAHT zu MTPE. Letzteres steht für »Ma-          fern als Übersetzer, ihr Zeilenpreis ist
maschinelle Lernen mit Prozessen im             chine Translation Post-Editing«: Nachre-        schlechter. Ein Übersetzer bei Wieners+
menschlichen Gehirn verglichen, »wenn           digieren von maschinell übersetzten Tex-        Wieners schafft etwa 2000 Wörter pro Tag,
die Muskeln im Körper angesteuert                                                                     ein Post-Editor muss 6000 bis 8000
werden. Ein Kind muss beim Wald-                                                                      schaffen. Es gibt zwei Theorien
spaziergang erst lernen, dass es seine                                                                zur Zukunft der Übersetzerbranche,
Füße heben muss, um nicht zu stol-                                                                    eine missmutige und eine zuversicht-
pern. Bei Erwachsenen läuft diese                                                                     liche, und sie gelten wohl für alle
Denkleistung im Hintergrund auto-                                                                     Dienstleistungszweige, in welchen
matisch ab, da das Gehirn gelernt hat,                                                                künstliche Intelligenzen sich mit ins
wie es die Füße zu setzen hat«. Auf                                                                   Büro setzen:
ähnliche Weise könnten auch neuro-                                                                       1. Die Maschine kann immer
nale Computerprogramme laufend                                                                        mehr Aufgaben allein bewältigen, sie
dazulernen, auf erlernten Regeln auf-                                                                 macht die Preise kaputt und drängt
bauen, ihr Wissen mehren.                                                                             viele Menschen aus dem Markt.
   Und DeepL kann seine Algorith-                                                                        2. Die Maschine macht den Men-
men, also sein Kind, mit besonders                                                                    schen produktiver, weshalb sich
guten Daten trainieren bei diesem                                                                     mehr Kunden Übersetzungen leisten
Waldspaziergang durch die Sprachen                                                                    können, die Nachfrage steigt.
der Welt. Es kriegt ganze Sätze vor-                                                                     Jaroslaw Kutylowski glaubt natür-
gesetzt statt einzelner Begriffe. Es                                                                  lich an die zweite These, Andrew
kriegt korrekte Sätze statt unsortier-                                                                Wakeman auch. Eine zentrale Be-
tem Internetmüll. DeepL, als Kind                                                                     fürchtung der Automatisierungs-
verstanden, hat schlicht die besseren                                                                 debatte aber bleibt: dass die Maschi-
Lehrer als Google und die anderen.                                                                    nen zwar womöglich keine Jobs zer-
   Wobei auch Google und Microsoft                                                                    stören – eher im Gegenteil –, dass
Fortschritte machen, und selbst Ama-                                                                  sie aber auf die Gehälter drücken.
                                                                                                   DAVID KLAMMER / DER SPIEGEL

zon bietet jetzt innerhalb seines                                                                     Übersetzer werden besser bezahlt als
Cloud-Computing-Dienstes Amazon                                                                       Lektoren, Ingenieure besser als Kon-
Web Services einen neuronalen                                                                         trolleure, Journalisten besser als Fak-
Übersetzer an. Der Vorsprung von                                                                      tenprüfer. Taxifahrer mussten mal
DeepL muss nicht lange halten. Oder                                                                   ganze Stadtpläne auswendig kennen,
die Kölner werden samt ihrem Know-                                                                    heute müssen sie nur noch Gas und
how einfach aufgekauft. Gibt es                                                                       Bremse finden, und bald sitzen sie
schon ein Angebot von Google, Herr           DeepL-Informatiker Kutylowski: Ziemlich zugeknöpft       vielleicht bloß noch als Überwacher
Kutylowski? Dazu sagt der Mann,                                                                       im selbstfahrenden Auto oder gleich
dass er dazu nichts sagt. Geld verdie-                                                                in der Zentrale am Monitor. Die
nen will die Firma vorerst mit der im März      ten. Das Programm übersetzt zunächst al-        Aufgaben werden einfacher, die Anforde-
vorgestellten kostenpflichtigen Premium-        les in ein paar Sekunden, erst danach           rungen an die Menschen geringer, der
version DeepL Pro, die sich Kunden auf          kommt der Mensch ins Spiel, korrigiert          Wert ihrer Arbeit: auch.
ihre Bedürfnisse zurechtprogrammieren           Fehler, prüft den Ton, findet kulturelle        The tasks become simpler, the demands
lassen können. Man habe zahlreiche An-          Missverständnisse. Aus Übersetzern wer-         on people lower, the value of their work:
fragen von großen Unternehmen vorlie-           den Lektoren. Man könnte auch sagen:            too.
gen, sagt Kutylowski.                           Bisher war der Computer Wakemans As-               Andrew Wakeman denkt manchmal
   Was bedeutet das nun für Andrew              sistent, jetzt wird er zum Assistenten des      darüber nach, ob er sich an literarischen
Wakeman? »Ich habe keine Angst um mei-          Computers. Oder besser: zu dessen Super-        Übersetzungen versuchen soll, an Roma-
nen Job«, sagt der Übersetzer. »Der Beruf       visor. In gewisser Weise bleibt damit für       nen, an Sprache als Kunstform, »das ist
verändert sich, ja, aber er verschwindet        den Menschen der interessantere Teil der        ein alter Traum von mir«. Es wäre auch
nicht.« Er betrachtet maschinelle Überset-      Arbeit übrig: Raus aus den Mühen der            eine Flucht. An einen Ort, an den die
zung als Hilfeleistung, nicht als Alternati-    Satz- und Wortebene, hinauf auf den Hü-         Maschine ihm nicht folgen kann. Noch
ve, als Werkzeug, das er in seiner Arbeit       gel der Text-Übersicht. »Man wird mehr          nicht. Guido Mingels
schon lange kennt und nutzt. Wie die meis-      zur Kontrollinstanz«, sagt Wakeman.

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Kannste das mal deepln? - WIENERS+WIENERS
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