KFW-ENERGIEWENDEBAROMETER 2020 WEITERHIN HOHE ZUSTIMMUNG, FINANZIELLE ANREIZE ENTSCHEIDEN ÜBER DIE AKTIVITÄT DER HAUSHALTE - KFW RESEARCH
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KfW Research KfW-Energiewendebarometer 2020 Weiterhin hohe Zustimmung, finanzielle Anreize entscheiden über die Aktivität der Haushalte
Impressum Herausgeber KfW Bankengruppe Abteilung Volkswirtschaft Palmengartenstraße 5-9 60325 Frankfurt am Main Telefon 069 7431-0, Telefax 069 7431-2944 www.kfw.de Autoren Dr. Daniel Römer Telefon 069 7431-6326 Dr. Johannes Steinbrecher Telefon 069 7431-2306 Copyright Titelbild Quelle: stock.adobe.com / Fotograf: Olivier Le Moal Frankfurt am Main, September 2020
Weiterhin hohe Zustimmung, finanzielle Anreize entscheiden über die Aktivität der Haushalte Zweifel an der Wirtschaftlichkeit und ein als hoch Die Zustimmung der privaten Haushalte zur empfundener Aufwand angeführt. Zielgerichtete Energiewende ist weiterhin hoch, übersetzt sich Dienstleistungen, die die Unsicherheit zur Wirt- jedoch nur bedingt in Aktivität schaftlichkeit reduzieren oder eine individuelle Um- Die deutschen Haushalte stehen mit einer großen setzung vornehmen, könnten dem entgegenwirken. Mehrheit von rund 90 % hinter der Energiewende. Zudem kann ein steigender CO2-Preis einen wichti- Die Zustimmung ist in allen Regionen und Gesell- gen Hebel darstellen, um die Energiewende weiter schaftsgruppen nahezu gleich hoch. Dies belegt ei- ne breite Unterstützung an diesem wichtigen gesell- voranzutreiben. schaftlichen Projekt. Aktuelle Chancen und Herausforderungen für den Die Haushalte sehen nur in geringem Umfang Klimaschutz eigene Einsparpotenziale Die Corona-Krise hat den Alltag vieler Haushalte spür- Bezüglich der eigenen Einsparmöglichkeiten findet bar verändert. Auch wenn die langfristigen Folgen das Energiewendebarometer eine eher ernüchtern- noch nicht sicher abgeschätzt werden können, zeigen de Einschätzung der Haushalte. Nur rund 20 % se- sich bereits in der kurzen Frist erhebliche Auswirkun- hen jeweils bei Wärme, Strom und Mobilität große gen der Krise: Die Haushalte sind zum einen gefordert, Einsparmöglichkeiten für ihren eigenen Haushalt. Home-Office und Home-Schooling unter einen Hut zu Ähnlich viele Haushalte fühlen sich bereits heute bekommen, und müssen zum anderen angesichts von vom Klimawandel beeinträchtigt (17 %). steigender Arbeitslosigkeit und konjunkturell bedingter Kurzarbeit auch Einkommenseinbußen und steigende Die Verbreitung der Energiewendetechnologien wirtschaftliche Unsicherheiten hinnehmen. leicht angestiegen Rund 23 % der deutschen Haushalte verfügen über Dies stellt nicht zuletzt für die Energiewende eine be- eine von sieben ausgewählten Energiewendetech- sondere Herausforderung dar, da zum Erreichen einer nologien (Photovoltaik, Solarthermie, Batteriespei- treibhausgasneutralen Gesellschaft umfangreiche In- cher, Wärmepumpe, Kraft-Wärme-Kopplung, vestitionen erforderlich sind, die angesichts der aktuel- Holzpelletsheizung, Elektroauto). Dies bedeutet ei- len Krise infrage gestellt werden könnten. Denn die nen Anstieg von 2 Prozentpunkten bzw. um rund Rahmenbedingungen für die notwendigen Investitio- 10 % gegenüber dem Wert vom Vorjahr (21 %). Die nen sind während der Krise und den damit verbunde- Energiewender unterschieden sich teilweise deutlich nen Belastungen für Haushalte ebenso wie für Unter- nach sozio-ökonomischen Charaktristika: Besonders nehmen denkbar schlecht. Damit der Klimaschutz in häufig sind Energiewender in gut verdienenden diesem Umfeld nicht auf der Strecke bleibt, sondern Haushalten, in ländlichen Regionen und unter Ein- die Krise für eine nachhaltige Transformation genutzt familienhausbesitzern anzutreffen. werden kann, ist es wichtig, dass Investitionen in Nachhaltigkeit und Klimaschutz auch in Krisenzeiten PV-Anlagen holen auf, größte Zuwächse bei sichergestellt werden. Der European Green Deal und Elektroautos erwartet das Konjunkturpaket der Bundesregierung geben dafür Der Anstieg der Energiewender geht insbesondere wichtige Impulse. Im Ergebnis können die krisenbe- auf eine stärkere Verbreitung von PV-Anlagen sowie dingten Einschnitte sogar eine Chance darstellen, um auf einen dynamischen Anstieg bei Elektroautos zu- Deutschland auf einen neuen, nachhaltigeren Pfad zu rück, deren Verbreitung sich im letzten Jahr nahezu führen. 1 verdoppelt hat. Die Planungen der Haushalte lassen hier auch für die Zukunft eine dynamische Entwick- Klimaschutzziele lassen sich nur mit Haushalten lung erwarten. erreichen Private Haushalte verursachen rund 70 % der direkten Haupthindernisse sind Zweifel an der Wirtschaft- Treibhausgasemissionen im Gebäudebereich und lichkeit und der empfundene Aufwand mehr als 60 % im Verkehr. 2 Über ihr Investitions- und Als Hindernisse auf dem Weg zu einer stärkeren Konsumverhalten haben sie Einfluss darauf, wie Strom Nutzung von Energiewendetechnologien werden und Wärme erzeugt werden bzw. wie viele Emissionen hierbei anfallen. Die privaten Haushalte leisten somit
KfW Research einen essenziellen Beitrag zur Erreichung der deut- Haushalte nachvollziehen und politisch adressieren zu schen Klimaschutzziele. Dass dieser Beitrag weiterhin können. Das KfW-Energiewendebarometer erfragt aus benötigt wird, zeigt ein Blick auf den Erreichungsgrad diesem Grund jährlich in einer repräsentativen Stich- der Treibhausgasminderungsziele (Grafik 1). probe Privathaushalte nach ihrer Einstellung und nach der konkreten Umsetzung der Energiewende. Aus dem Grafik 1: Sektorziele 2030 (ggü. 1990) noch in deut- förderpolitischen Kontext liegt dabei das Augenmerk licher Entfernung auf den investiven Maßnahmen in den Bereichen Wohnen, Verkehr und Energie. Ziel 2030: Ziel 2030: Ziel 2030: Ziel 2030: 100 % -291 t -140 t -69 t -144 t Grafik 2: Höhere Einsparungen erforderlich Erreichungsgrad des Reduktionsziels 120 26 % Treibhausgasemmisionen (1990=100) 37 % 33 % 80 % 100 60 % 80 99 % 40 % 74 % 60 63 % 67 % 20 % 40 1% 20 0% Energie- Gebäude Verkehr Industrie wirtschaft 0 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 2025 2030 Anmerkung: Die grünen Balken kennzeichen die bereits erzielte Minderung, die blauen Balken den noch ausstehenden Teil. Verkehr Gebäude Ziel Verkehr Ziel Gebäude Quelle: Umweltbundesamt (2020), eigene Berechnungen. Anmerkung: Die gestrichelte Linie beschreibt eine Fortsetzung der Zwar konnten die Treibhausgasemissionen seit dem bisherigen jährlichen Einsparrate. Die Quadrate repräsentieren das Jahr 1990 in vielen Sektoren deutlich reduziert werden. jeweilige Reduktionsziel für 2030: Bei Fortsetzung der Reduktions- pfade würden in beiden Sektoren die Ziele verfehlt. Doch ist zu bedenken, dass die bisherigen Fortschritte in knapp 30 Jahren erzielt wurden, während jetzt nur Quelle: Umweltbundesamt (2020), eigene Berechnungen. noch gut 10 Jahre zur Zielerreichung verbleiben. Mit Die Haushalte zeigen weiterhin eine breite Zustim- Blick auf Gebäude und Verkehr zeigt sich, dass eine mung zur Energiewende Reduktion im bisherigen Tempo in beiden Sektoren Die Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende nicht ausreicht, um die Klimaschutzziele für das Jahr in den Privathaushalten erscheint günstig, denn wei- 2030 zu erreichen (Grafik 2). Die erforderliche relative terhin halten rd. 90 % der befragten Haushalte die Einsparung ist dabei trotz der unterschiedlichen Ent- Energiewende für wichtig oder sehr wichtig. Verglichen wicklungen in beiden Sektoren nahezu identisch: Die mit dem letzten Befragungszeitpunkt für diese Frage ist aktuellen Emissionen müssen bis zum Ende des Jahr- die Zustimmung zur Energiewende nahezu unverän- zehnts um jeweils ca. 42 % reduziert werden. dert (Grafik 3). Im Gebäudebereich konnten die Treibhausgase zwar Grafik 3: Hohe Zustimmung zur Energiewende seit dem Jahr 1990 kontinuierlich reduziert werden, im 100 % Schnitt um 1,9 % bzw. 3 Tonnen CO2-Äquivalente 90 % (tCO2e) pro Jahr. Dennoch müssen bis zum Jahr 2030 80 % jedes Jahr weitere 4,9 % bzw. 4,7 t CO2e eingespart 70 % werden, um das Klimaziel des Gebäudesektors zu er- 60 % reichen. Im Verkehr, wo seit dem Jahr 1990 keine 50 % Fortschritte erzielt werden konnten, sind ebenfalls fast 40 % 92 % 89 % 5 % Einsparungen pro Jahr notwendig (4,8 % bzw. 30 % 6,2 t CO2e). 20 % 10 % Die Haushalte sind für die Energie- und Verkehrswen- 0% de zentrale Akteure. Für das Gelingen der Energie- 2018 2020 wende ist es deshalb von zentraler Bedeutung, die Wichtig Weniger wichtig Unwichtig Handlungspotenziale und -hemmnisse der privaten Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Seite 2
KfW-Energiewendebarometer 2020 Grafik 4: Breite Zustimmung in allen Regionen und Gesellschaftsgruppen Region Stadttyp 100 % 100 % 80 % 80 % 60 % 60 % 40 % 40 % 20 % 20 % 0% 0% Nord Ost Süd West Land Klein Mittel Groß Einkommensklasse Wohnstatus 100 % 100 % 80 % 80 % 60 % 60 % 40 % 40 % 20 % 20 % 0% 0% Q1 Q2 Q3 Q4 Eigentum / Eigentum / Miete / Miete / EFH Wohnung EFH Wohnung Bildungshintergund Altersklassen 100 % 100 % 80 % 80 % 60 % 60 % 40 % 40 % 20 % 20 % 0% 0% Keinen / Berufs- Meister Uni / FH Sonstige Unter 40 40–51 52–60 61–71 Über 71 in. Ausb. bildung u. ä. Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Seite 3
KfW Research Bemerkenswert ist dabei nicht nur die grundsätzlich aus Schleswig-Holstein (30 % der Haushalte sehen hohe Zustimmung, sondern auch, dass sich diese quer sich hier bereits heute betroffen), wo aufgrund der Küs- durch alle Regionen und Gesellschaftsgruppen be- tennähe rund ein Viertel der Landesfläche von Sturm- obachten lässt. Weder zwischen den geografischen fluten gefährdet ist. 4 Dahinter folgt mit Nordrhein- Regionen noch zwischen Siedlungsstrukturen oder Westfalen (22 %) ein Land mit hohem Verstädterungs- Einkommensgruppen lassen sich signifikante Unter- grad, also Regionen, die tendenziell für Hitze beson- schiede in der Zustimmung ausmachen (Grafik 4). ders anfällig sind und in denen außerdem mit dem Kohleausstieg auch eine wirtschaftliche Dimension des Gleiches gilt für den Bildungshintergrund oder den Klimawandels spürbar ist. Im Osten ist die Betroffen- Wohnstatus der befragten Haushaltsmitglieder. Bei äl- heit grundsätzlich niedriger. Hier kommen die höchsten teren Mitbürgern ist die Zustimmung zur Energiewende Werte aus Sachsen (15 %) – ebenfalls eine Kohleregi- im Schnitt etwas höher. Allerdings fallen auch hier die on. Zudem zeigt sich in den Großstädten eine höhere Differenzen verhältnismäßig gering aus (rd. 83 % in Betroffenheit als in kleineren Städten. Mit Blick auf an- der niedrigsten Altersklasse vs. 91 % in der höchsten dere Haushaltscharakteristika, wie Alter oder Einkom- Altersklasse). men, zeigen sich keine auffälligen Muster. Mehrheit der Haushalte sieht sich vom Klima- Allerdings nimmt die Zustimmung zur Energiewende wandel betroffen grundsätzlich mit der Betroffenheit zu. Von den Haus- Die hohen Zustimmungsraten dürften sich auch da- halten, die sich vom Klimawandel betroffen fühlen, hal- durch erklären lassen, dass die Folgen des sich verän- ten fast 95 % die Energiewende für wichtig. Bei den dernden Klimas inzwischen in vielen Bereichen des öf- Haushalten, die die Folgen des Klimawandels hinge- fentlichen Lebens sichtbar werden, etwa in Form der gen nicht befürchten, liegt die Zustimmungsrate zur Hitze- und Dürresommer der vergangenen Jahre. 3 Energiewende „nur“ bei 75 %. Die haushaltsrepräsentative Befragung bestätigt dies: Handlungsbereitschaft der Haushalte steigt mit Fast zwei Drittel der befragten Haushalte fühlen sich Zustimmung zur Energiewende gegenwärtig oder zukünftig durch die direkten Klima- Eine erfolgreiche Energiewende erfordert von den folgen wie Hitze, Dürre oder Starkregen beeinträchtigt Haushalten nicht nur eine abstrakte Zustimmung zu (Grafik 5). den Zielen, sondern auch konkrete Handlungen. Be- fragt nach ihrer Handlungsbereitschaft auf einer Skala Grafik 5: Fast zwei Drittel der Haushalte spüren von Null (keine) bis zehn (sehr große), gaben die oder befürchten Auswirkungen des Klimawandels Haushalte im Durchschnitt 6,5 an (Median 7). 6% Teilt man die Antworten in die Kategorien gering 17 % (0–3), mittel (4–7) und hoch (8–10) ein, zeigt sich, dass die Mehrheit der Haushalte eine mittlere Handlungsbe- reitschaft besitzt, und nur wenige Haushalte sich eine Beeinträchtigung hohe Handlungsbereitschaft bescheinigen. durch den Klimawandel Mit Blick auf die unterschiedlichen Regionen und 30 % sozio-ökonomischen Strukturen zeigen sich keine auf- fälligen Muster. Zwar steigt die durchschnittliche Hand- 47 % lungsbereitschaft mit dem Einkommen etwas an, die Unterschiede sind aber statistisch nicht signifikant. Zwischen Regionen, Siedlungstypen, beim Bildungs- Heute Zukünftig Nie Weiß nicht hintergrund, Wohnstatus sowie beim Alter der befrag- Quelle: KfW-Energiewendebarometer. ten Haushaltsmitglieder bestehen ebenfalls keine signi- fikanten Unterschiede. Rund 30 % erwarten keine Beeinträchtigung – weder jetzt noch in der Zukunft. Dieser Anteil ist nahezu kon- Allerdings weist die Handlungsbereitschaft, ähnlich wie stant über die verschiedenen Haushalte. bei der Betroffenheit vom Klimawandel, eine Korrelati- on mit der Zustimmung zur Energiewende auf: Haus- Unterschiede zeigen sich allerdings bezüglich der be- halte, die die Energiewende für wichtig halten, haben reits heute empfundenen Betroffenheit, bspw. zwi- zu über 50 % eine hohe und nur zu unter 5 % eine schen den Bundesländern. Der höchste Wert stammt niedrige Handlungsbereitschaft. Bei Haushalten, die Seite 4
KfW-Energiewendebarometer 2020 die Energiewende nicht für wichtig halten ist das Mus- Grafik 7: Großteil der Haushalte sieht nur geringe ter hingegen umgekehrt (Grafik 6). 5 Einsparpotenziale 100 % Grafik 6: Handlungsbereitschaft begrenzt, aber 90 % 19 % 24 % höher bei Zustimmung zur Energiewende 31 % 80 % 70 % 70 % 60 % 60 % 50 % 59 % 50 % 57 % 48 % 40 % 40 % 30 % 30 % 20 % 20 % 10 % 18 % 21 % 19 % 0% 10 % Strom Wärme Mobilität 0% Groß Gering Keine Geringe Mittlere Hohe Bereitschaft Bereitschaft Bereitschaft Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Wichtig Nicht wichtig Interessant ist in diesem Zusammenhang insbesonde- re, dass sich zwischen Mietern und Eigentümern keine Anmerkung: Dargestellt ist der Anteil der Haushalte, die in die jewei- lige Kategorie fallen, getrennt nach ihrer Einschätzung zur Energie- signifikanten Unterschiede beobachten lassen. Die wende. Die Kategorien sind je nach genannter Handlungsbereit- (mehr oder weniger) direkte Entscheidungshoheit ei- schaft: gering (0–3), mittel (4–7), hoch (8–10). nes Eigentümers führt demnach nicht zu einer positive- Quelle: KfW-Energiewendebarometer. ren Einschätzung der Einsparpotenziale. Mehrheit der Haushalte sieht nur geringe Einspar- Positive Einstellung zur Energiewende erhöht die potenziale wahrgenommenen Einsparpotenziale Obwohl die Zustimmung hoch und eine Handlungsbe- Eine positive Einstellung zur Energiewende wirkt sich reitschaft zumindest in vielen Haushalten vorhanden hingegen positiv auf das abgeschätzte Einsparpoten- ist, sieht die Mehrheit der Haushalte für sich selbst nur zial aus. So sehen über 40 % der Haushalte, die die geringe oder sogar keine Potenziale, in den drei ent- Energiewende für wichtig halten, in mindestens einem scheidenden Bereichen Strom, Wärme und Mobilität der drei Bereiche – Strom, Wärme, Mobilität – ein gro- Treibhausgase einzusparen (Grafik 7). ßes Einsparpotenzial. Bei Haushalten, die die Ener- giewende nicht für wichtig halten, sind es hingegen nur Im Mobilitätsbereich beträgt der Anteil der Haushalte, rund 25 %. Entsprechende Unterschiede zeigen sich die kein Einsparpotenzial sehen, über 30 %, obwohl auch beim Anteil der Haushalte, die in mindestens der Verkehrssektor die höchsten Einsparbedarfe hat zwei oder sogar allen drei Bereichen große Einsparpo- und hier bisher noch keine Einsparungen vorgenom- tenziale vermuten. Bei den Haushalten mit positiver men wurden (vgl. Grafik 1). Im Wärmebereich gehen Einstellung zur Energiewende sind diese Anteile je- nur knapp 20 % der Haushalte davon aus, dass keine weils erkennbar höher (Grafik 8). weiteren Einsparungen möglich sind. Im Umkehr- schluss sind die Haushalte im Wärmebereich am opti- Für die Nutzung von Energiewendetechnologien dürf- mistischsten: 80 % sehen zumindest geringe Einspa- ten die wahrgenommenen Einsparpotenziale zentrale rungen. Handlungsanreize sein, da sie sich auch auf die erwar- tete Amortisationsdauer der notwendigen Investitionen Mit zunehmendem Alter steigt die Skepsis gegenüber auswirken. Fehlen die Einsparpotenziale, sinkt die At- den eigenen Einsparmöglichkeiten tendenziell an. traktivität der Investition und somit die Anreize, in die Haushalte mit höheren Einkommen nehmen hingegen Energiewende zu investieren. Dies erschwert die Be- häufiger eigene Einsparpotenziale war. Mit Blick auf teiligung von Haushalten, die die Energiewende für andere Haushaltscharakteristika wie Region, Stadttyp nicht wichtig halten und tendenziell weniger Einsparpo- oder Bildungshintergrund zeigen sich keine klaren Un- tenzial sehen. Die Einschätzung fehlender Einsparpo- terschiede bei der Einschätzung der Haushalte bezüg- tenziale ist somit für die erfolgreiche Umsetzung der lich der eigenen Einsparmöglichkeiten. Energiewende eine zentrale Herausforderung, die mit Seite 5
KfW Research geeigneten Beratungsangeboten möglicherweise nach der Siedlungs- und Einkommensstruktur (Gra- adressiert werden könnte. fik 10). Mit Blick auf die Regionen fällt auf, dass Süd- deutschland mit Abstand die meisten Energiewender Grafik 8: Mehr wahrgenommene Einsparpotenziale stellt (32 %), die anderen Regionen liegen hingegen bei positiver Einstellung zur Energiewende auf einem ähnlichen, spürbar niedrigeren Niveau (rund 45 % 20 %, für Anteile in den einzelnen Bundesländern s. Grafik 11). Gleichzeitig wird deutlich, dass der Anteil Große Einsparpotenziale bei Strom, 40 % der Energiewender auf dem Land deutlich höher ist. 35 % Die ländlichen Regionen stellen fast zu 40 % Energie- Wärme und Mobilität 30 % wender, die Großstädte nur rund 11 %. 25 % Grafik 9: Anteil der Energiewender steigt im Ver- 20 % gleich zum Vorjahr leicht 15 % 10 % Außen: 2020 Innen: 2019 5% 23 % 0% Mind. 1 Mind. 2 Alle 3 21 % EW wichtig=nein EW wichtig=ja Energiewende- 5 % Anmerkung: Dargestellt sind die Anteile der befragten Haushalte, die 4% technik ist ... für sich in mindestens einem, zwei oder allen drei Bereichen (Strom, Wärme, Mobilität) große Einsparbereiche beim Klimaschutz sehen, unterteilt nach ihrer Einstellung zur Energiewende (EW). 74 % Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Zum Voranschreiten der Energiewende ist es letztend- 73 % lich erforderlich, dass die Haushalte ihre Handlungsbe- reitschaft auch in reale Handlungen umsetzen, indem Vorhanden Geplant Nicht vorhanden / geplant sie mögliche Einsparpotenziale sehen und adressieren Anmerkung: Dargestellt sind die Anteile der befragten Haushalte, die – insbesondere durch den Einsatz von moderner für sich in mindestens einem, zwei oder allen drei Bereichen Technologie. – Strom, Wärme, Mobilität – große Einsparbereiche beim Klima- schutz sehen, unterteilt nach ihrer Einstellung zur Energiewende. Fast jeder vierte Haushalt ist ein Energiewender, Quelle: KfW- Energiewendebarometer. bei Einfamilienhausbesitzern sogar fast 40 % Mit Blick auf die Einkommen lässt sich beobachten, Im KfW-Energiewendebarometer 2020 gaben 23 % der dass die Haushalte mit den niedrigsten Einkommen ei- Haushalte an, dass sie mindestens eine der abgefrag- nen deutlich unterdurchschnittlichen Anteil an den ten Energiewendetechnologien (Photovoltaik, Solar- Energiewendern hat (16 %), während die Gruppe der thermie, Batteriespeicher, Wärmepumpe, Kraft-Wär- höchsten Einkommen deutlich überdurchschnittlich me-Kopplung, Holzpelletsheizung, Elektroauto) bereits vertreten ist (31 %). Ein ähnliches Bild zeigt sich bei nutzen, 4 % planen die Anschaffung einer solchen der persönlichen Wohnsituation. Eigentümer von Ein- Technologie in den kommenden zwölf Monaten (Gra- familienhäusern sind fast dreimal so oft Energiewender fik 9). (38 %) wie Mieter von Wohnungen (13 %). Im Vergleich zum Vorjahr ist der Anteil der „Energie- Beim Bildungshintergrund der befragten Haushaltsmit- wender“ 6 in Deutschland damit um 2 Prozentpunkte glieder zeigt sich in der Tendenz ein höherer Anteil an gestiegen, relativ betrachtet entspricht dies einem An- Energiewendern bei der Gruppe mit höheren Bildungs- stieg von rund 10 %. abschlüssen. Mit Blick auf das Alter sind hingegen vor allem die „mittleren Altersgruppen“ am stärksten unter Im Gegensatz zu den Zustimmungswerten zur Ener- den Energiewendern vertreten. giewende (Grafik 4) unterscheidet sich der Anteil der Energiewender teilweise deutlich zwischen verschie- denen sozio-ökonomischen Gruppen, beispielsweise Seite 6
KfW-Energiewendebarometer 2020 Grafik 10: Energiewendetechnologien unterschiedlich stark verbreitet Region Stadttyp 40 % 40 % 30 % 30 % 20 % 20 % 10 % 10 % 0% 0% Nord Ost Süd West Land Klein Mittel Groß Einkommensklasse Wohnstatus 40 % 40 % 30 % 30 % 20 % 20 % 10 % 10 % 0% 0% Q1 Q2 Q3 Q4 Eigentum / Eigentum / Miete / EFH Miete / EFH Wohnung Wohnung Bildungshintergund Altersklassen 40 % 40 % 30 % 30 % 20 % 20 % 10 % 10 % 0% 0% Keinen / Berufs- Meister Uni / FH Sonstige Unter 40 40–51 52–60 61–71 Über 71 in. Ausb. bildung u. ä. Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Seite 7
KfW Research Grafik 11: Energiewender in den verschiedenen die bereits eine Energiewendetechnik implementiert Bundesländern haben, sondern auch für die Wahrscheinlichkeit, dass ein befragter Haushalt die Anschaffung einer solchen Technologie in den nächsten zwölf Monaten plant. Die 18 % Charakteristika gegenwärtiger und zukünftiger Ener- SH 11 % giewender scheinen damit vergleichbar zu sein. MV 13 % 24 % HH Tabelle: Energiewender vor allem in ländlichen 9 % BE NI Regionen und mit Wohneigentum 13 % 17 % BB Energiewendetechnologie … vorhanden geplant 14 % ST NW Landgemeinde 31 % 20 % SN Kleinstadt 30 % TH HE Mittelstadt Mehr als 25 % 29 % Einkommen Q2 RP Zw ischen 15 und 25 % Unter 15 % Einkommen Q3 22 % SL Einkommen Q4 30 % 35 % BY Alter BW Einfamilienhaus Eigentümer Ost Süd Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Nord Da einige der betrachteten Variablen allerdings nicht Vom Klimawandel n. betr. unabhängig voneinander sind, sondern sich gegensei- Handlungsbereitschaft tig bedingen können, wie beispielsweise das Einkom- Bautätigkeit Kreis men und der Eigentumsstatus, werden die Haushalts- Jugendarbeitslosigkeit charakteristika in einer multivariaten Analyse gemein- Anmerkung: Dargestellt sind die geschätzten Wirkungsrichtungen sam untersucht. 7 Sowohl mit Blick auf die Einkom- der statistisch signifikanten Regressionskoeffizienten (p
KfW-Energiewendebarometer 2020 Grafik 12: PV-Anlagen holen auf, größte Zuwächse Fahrzeuge mit alternativen Antrieben ausmachen. Dies bei Elektroautos erwartet legt nahe, dass Haushalte eine größere Präferenz für batterieelektrische Autos haben als rein gewerbliche Solarthermie 9% 1% Nutzer. Diese Präferenz scheint sich auch weiter aus- zubauen. Bei den geplanten Anschaffungen nehmen PV-Anlage 8% 2% reine Stromer sogar in etwa den gleichen Anteil ein wie Wärmepumpe 7% 1% Hybridfahrzeuge. Holzpelletsheizung 5% 1% Grafik 13: Bestand und Planung einer Anschaffung Elektroauto 2% 3% von Elektro- und Hybridfahrzeugen Geplant* Batteriespeicher 2% 1% 3% KWK-Anlage 1% 0,4 % Vorhanden In den nächsten 12 Monaten geplant 17 % 47 % 1% Quelle: KfW-Energiewendebarometer. 25 % Auch wenn diese Zahlen auf den ersten Blick eine ge- 34 % ringe Dynamik nahelegen, stellen die beobachteten Bestand Anstiege durchaus hohe Wachstumsraten dar. So be- deutet der Anstieg des Anteils der PV-Anlagen ein 38 % Wachstum von rund 20 % im Vergleich zum Vorjahr. 33 % Der Zuwachs bei den Elektroautos von 1 auf 2 % stellt sogar eine Verdopplung dar. Die Elektromobilität gilt als Schlüsseltechnologie für die Dekarbonisierung des Batterieelektrischer Antrieb Hybridantrieb Verkehrs. 9 Während sie im Fahrzeugbestand noch Plug-in-Hybridantrieb Brennstoffzelle immer ein Nischendasein fristet, und auch unter den 47,7 Mio. in Deutschland insgesamt zugelassenen Pkw Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Anfang 2020 gemäß Statistik des Kraftfahrt-Bundes- Bei den Elektroautos bestätigen sich die in Grafik 10 amtes (KBA) nur 136.617 batterieelektrische Autos dokumentierten generellen Unterschiede der Verbrei- (0,3 %) und 539.383 Hybridfahrzeuge (1,1 %) waren, tung von Energiewendetechnologien. Besonders stark zeichnet sich hier langsam eine Veränderung ab. Die sind sie ausgeprägt hinsichtlich Einkommen (unterstes Zahl der neu zugelassenen Elektroautos ist um rund Quartil: 0,5 %, oberstes 3,8 %), Region (Osten: 0,6 %, 75 % im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Dies ent- Süden: 3,0 %), weniger stark ausgeprägt sind die Un- sprach einem Anteil von1,8 %. Hybridfahrzeuge (inkl. terschiede beim Alter (über 71-Jährige: 1,1 %, 50–71- Plug-in-Hybride) wuchsen sogar noch etwas stärker Jährige: 2,7 %), der Wohnsituation (1,3 % in Mietwoh- auf 6,6 % der Neuzulassungen. Das KfW-Energie- nungen, 3,2 % bei Eigenheimbesitzern) und der Stadt- wendebarometer ist somit im Einklang mit der Ge- größe (Landgemeinden: 3,3 %, Großstädte: 1,1 %) . samtstatistik. Die geäußerten Anschaffungspläne las- Bei letzterer scheint sich sogar eine Trendumkehr ab- sen vermuten, dass sich der dynamische Trend weiter zuzeichnen, da der geplante Anstieg in den Großstäd- fortsetzt. ten mit 3,8 % sogar am größten ist. Auch die Verteilung über die verschiedenen Typen Auch bei anderen Technologien bestätigen sich größ- wurde erhoben. Hybridfahrzeuge stellen auch bei den tenteils die auf aggregierter „Energiewender“-Ebene Haushalten die größte Gruppe (63 %, darunter 25 % beobachteten Unterschiede. So zeigen sich beispiels- Plug-in-Hybride, Grafik 13). Der Anteil der batterie- weise bei den sonnenlichtbasierten Technologien PV elektrischen Fahrzeuge beträgt hier 34 %. Dieser Wert und Solarthermie deutliche regionale Unterschiede, ist fast doppelt so hoch wie in der Gesamtstatistik für wobei der Süden hier mit Abstand die höchsten Ver- Deutschland, wo die reinen Stromer nur 20 % der breitungsraten aufweist (Grafik 15). 10 Seite 9
KfW Research Grafik 14: Regionale Unterschiede bei der Verbreitung einzelner Energiewendetechnologien Photovoltaik oder Solarthermie Wärmepumpe 15 % 8% SH 11 % SH 6% MV MV 11 % 4% 21 % HH 7% HH 3 % BE 6 % BE NI NI 17 % 9% 13 % BB 9% BB 15 % ST 7% ST NW 17 % NW 9% 13 % SN 10 % SN 18 % TH 9% TH HE Mehr als 25 % HE 10 % oder mehr 23 % 9% RP Zw ischen 15 und 25 % RP Zw ischen 7 und 10 % Unter 15 % Unter 7 % 20 % SL 6 % SL 31 % 9% 34 % BY 12 % BY BW BW Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Es gibt jedoch auch Technologien mit anderen Mus- technologien. In Großstädten ist die Wärmedämmung tern. Die Wärmepumpe beispielsweise ist deutlich weniger stark verbreitet, was an der dortigen Gebäu- gleichmäßiger über das gesamte Bundesgebiet ver- dearchitektur liegen könnte. Zudem sind jüngere Haus- breitet. Grundsätzlich zeigt sich allenfalls, dass in den halte nicht mehr unterdurchschnittlich aktiv, sondern Stadtstaaten auch hier die niedrigste Verbreitung beo- verfügen sogar typischerweise über eher gut gedämm- bachtet werden kann, was aber nur bestätigt, dass in te Häuser. Großstädten weniger häufig die betrachteten Techno- logien eingesetzt werden. Dies dürfte teilweise der Be- Grafik 15: Kontinuierlicher Anstieg bei Smart Home bauung (z. B. weniger Einfamilienhäuser), aber auch 25 % weiteren Faktoren wie dem fehlenden Mieterstromzu- schlag 11 oder den in Großstädten weniger stark aus- 20 % geprägten Nachbarschaftsbeziehungen und Empfeh- lungen über Bekannte geschuldet sein. 12 15 % Flankierende Energieeffizienzmaßnahmen 10 % Ergänzend wurde die Durchführung von Energieeffi- zienzmaßnahmen betrachtet. Die Verteilung folgt im 5% Wesentlichen dem bisher beschriebenen Muster, es 0% gibt jedoch auch Abweichungen. Bei dreifach verglas- Wärme Licht Strom Energie ten Fenstern hängt der Osten hinterher, während der gesamt Süden die höchste Verbreitung aufweist. Auch zeigt Im Haushalt genutzt 2018 Im Haushalt genutzt 2019 sich wieder ein großer Einfluss von Eigentum. Weniger Im Haushalt genutzt 2020 groß sind die Unterschiede zwischen Einfamilienhäu- sern und Wohnungen. In ländlichen Regionen ist die Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Verbreitung erhöht – aber in den anderen Stadttypen Eine weitere Möglichkeit, Energieeffizienz und Wohn- nahezu identisch. komfort zu steigern, kann in der Nutzung von Smart Home-Steuerungselementen liegen, die die Vernet- Bei der Wärmedämmung sind die Unterschiede noch zung von im Haus verwendeten Geräten, wie Lampen, geringer. Auch hier hat das Einkommen einen ent- Heizung, Jalousien, Kühlschrank oder Waschmaschine scheidenden Einfluss, wenn auch nicht so stark aus- sowie eine Steuerung über mobile Geräte, zum Bei- geprägt wie bei den oben betrachteten Energiewende- Seite 10
KfW-Energiewendebarometer 2020 spiel Smartphones, ermöglichen. Ein Bezug zur Ener- Bemerkenswert dabei ist, dass diese Werte nicht pri- giewende besteht bei der Optimierung des Wärmever- mär vom Einkommen getrieben zu sein scheinen. Bei brauchs (etwa durch intelligente Thermostate), der Be- der Dämmung und der Wärmepumpe liegen die Ab- leuchtung (etwa durch intelligente Sensoren) und des lehnungsraten von Haushalten mit unterdurchschnittli- Stromverbrauchs (etwa durch intelligente Messgeräte). chem Einkommen sogar unter denen von überdurch- schnittlich verdienenden Haushalten. Bei den an- Für Smart Home-Anwendungen im Energiebereich gibt deren Technologien liegen sie leicht darüber, zwischen es ein großes Marktpotenzial. Gegenüber dem letzten 3 Prozentpunkten (PV) und 8 Prozentpunkten (Batte- Jahr hat sich der Bestand an Smart Home-Anwen- riespeicher). dungen im Energiebereich von 18 auf 20 % leicht er- höht (Grafik 15). Die Zuwächse in den Teilbereichen Etwas auffälliger sind die Unterschiede beim Alter Wärme, Licht und Strom waren dabei in etwa gleich (Grafik 16). Bei Photovoltaik und Solarthermie können groß. Hinzu kommen 4 % der Haushalte, die eine Nut- sich nur 32 bzw. 27 % der „jüngeren“ Haushalte die zung in den nächsten 12 Monaten planen. Weitere Anschaffung einer solchen Technologie nicht vorstel- knapp 30 % können sich die Nutzung von Smart Home len, bei den „älteren“ sind es hingegen jeweils 52 %. grundsätzlich vorstellen. Auch bei der Wärmepumpe ist die Skepsis der jünge- ren Haushalte deutlich geringer (10 Prozentpunkte). Finanzielle Anreize entscheiden über Aktivität und Inaktivität der Haushalte Erneut zeigt sich der Einfluss der Einstellung bzgl. der Der relativ niedrige Anteil an Energiewendern scheint Energiewende: Die Ablehnung einzelner Technologien nicht nur auf fehlende bauliche Möglichkeiten zurück- fällt deutlich geringer aus, wenn die Energiewende als zugehen. Auch unter den Eigentümern, die prinzipiell wichtig wahrgenommen wird. Mit Ausnahme der Wär- die Möglichkeit haben, eine für sie geeignete Techno- mepumpe, bei der beide Gruppen ähnliche Werte auf- logie umzusetzen, findet sich ein hoher Anteil mit spe- weisen, sind die Vorbehalte gegenüber allen anderen zifischen Vorbehalten gegenüber den untersuchten Technologien zwischen 10 und 23 Prozentpunkten hö- Energiewendetechnologien (Grafik 16). So geben über her, wenn die Energiewende als nicht wichtig wahrge- 60 % der befragten Eigentümer an, dass sie sich eine nommen wird. Allerdings sind die Fallzahlen für diese weitere Dämmung ihrer Immobilien nicht vorstellen Betrachtung sehr gering und damit insbesondere für können, bei der Wärmepumpe sind es ebenfalls fast die relativ kleine Gruppe der Befragten, die die Ener- 60 %, bei den anderen Technologien um die 40 %. giewende für nicht wichtig halten, nur bedingt statis- tisch belastbar. Grafik 16: Mehrheit der Eigentümer kann sich Dämmung und Wärmepumpe nicht vorstellen 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% Dämmung Wärmepumpe Fenster Photovoltaik Solarthermie Batteriespeicher Insgesamt Einkommen unter Durchschnitt Alter unter Durchschnitt Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Seite 11
KfW Research Grafik 17: Finanzielle Vorbehalte und hoher Aufwand sind zentrale Hindernisse bei allen Technologien 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% Rechnet sich nicht Zu aufwändig Bin zu alt Technisch nicht überzeugt Photovoltaik Solarthermie Wärmepumpe Batteriespeicher Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Betrachtet man die Gründe, aus denen Haushalte eine Andersherum zeigt sich hingegen auch, dass die Energiewendetechnologie grundsätzlich nicht in Be- Energiewender die wirtschaftlichen Vorteile, z. B. durch tracht ziehen, zeigen sich ein hoher finanzieller bzw. Kostenersparnisse oder die Steigerung des Immobi- Planungsaufwand als zentrale Hindernisse (Grafik 17). lienwertes, als wichtigsten Grund für die Anschaffung der Energiewendetechnologie sehen (Grafik 18), noch Die Einschätzung, dass sich die Technologie finanziell vor dem eigenen Beitrag zum Klimaschutz oder der nicht lohnt, ist bei allen abgefragten Technologen der persönlichen Empfehlung durch Bekannte oder Hand- zentrale Grund, die jeweilige Technologie nicht in Be- werker. Auffällig ist hier, dass sich die genannten Vor- tracht zu ziehen. Ein zu hoher Umsetzungsaufwand teile kaum nach verschiedenen Haushaltscharakteristi- und das als zu hoch angesehene eigene Alter werden ka vom Durchschnitt unterscheiden (Grafik 19). So bei den meisten Technologien ähnlich häufig genannt. scheint weder die Einstellung zur Energiewende noch Auch diesen Einschätzungen liegt scheinbar die Be- das Alter bzw. das Haushaltseinkommen einen Ein- wertung zu Grunde, dass sich ein Umrüsten persönlich fluss auf die Wichtigkeit bzw. Rangfolge der genannten nicht (mehr) lohnt. Ein ähnliches Antwortverhalten lässt Vorteile zu haben. Die persönliche Einstellung zur sich auch bei Haushalten beobachten, die sich eine Energiewende hat ebenfalls scheinbar keinen signifi- Anschaffung der Technologie zwar grundsätzlich vor- kanten Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit ein Ener- stellen können, dies aber aus verschiedenen Gründen giewender zu sein (bzw. zu werden). Zwar sind 90 % (noch) nicht getan haben: Hier sind die finanziellen der Energiewender der Meinung, dass die Energie- Hürden ebenfalls die meist genannte Ursache. 13 wende wichtig ist. Aber der Anteil der Nichtaktiven liegt in beiden Gruppen auf einem ähnlichen Niveau. 14 Grafik 18: Energiewender schätzen insbesondere finanzielle Vorteile und Beitrag zum Klimaschutz Grafik 19: Bevorzugte Vorteile unterscheiden sich 60 % kaum nach Haushaltscharakteristika 60 % 50 % 50 % 40 % 40 % 30 % 30 % 20 % 20 % 10 % 10 % 0% 0% Finanzieller Beitrag Empfehlung Autarkie Vorteil Klimaschutz Energiewende ist wichtig Alter unterdurchschn. Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Einkommen unterdurchschn. Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Seite 12
KfW-Energiewendebarometer 2020 Grafik 20: Aktueller Gebäude- und Fahrzeugbestand versprechen weitere Energiewendepotenziale 4% 4% 12 % 14 % 6% 15 % 21 % Standard der 19 % Standard der Anzahl der Fenster Dämmung 24 % Pkw 32 % 77 % 23 % 49 % Einfach Doppelt Kein Bauteil Ein Bauteil Kein Auto 1 2 3 oder mehr Dreifach Weiß nicht Zwei Bauteile Alle Bauteile Weiß nicht Anmerkung: Bei der Dämmung wurden die Bauteile Außenwand, Dach / Obergeschossdecke und Fußboden / Kellerdecke abgefragt. Quelle: KfW-Energiewendebarometer. Umfangreiches Optimierungspotenzial vorhanden hierzu zählen auch privat genutzte Dienstwagen. Nur Trotz der Skepsis der Haushalte bzgl. der Wirtschaft- 5 % der Haushalte gaben an, dass sie sich in den lichkeit und des grundsätzlichen Aufwandes lassen die nächsten 2–3 Jahren ein Elektrofahrzeug anschaffen Zahlen des Energiewendebarometers umfangreiche möchten. Der Großteil des Pkw-Bestandes wird auf Optimierungspotenziale bei Wärme, Strom und Mobili- absehbare Zeit folglich immer noch mit einem Ver- tät vermuten. Dreiviertel der deutschen Haushalte ver- brennungsmotor ausgestattet sein. Stellschrauben für fügen derzeit noch über keine der betrachteten Ener- die Energiewende sind also durchaus noch vorhanden. giewendetechnologien. Zudem sind erst 15 % der Ge- bäude mit einer Dreifachverglasung ausgestattet, 5 % Fazit haben sogar noch Fenster mit einer Einfachverglasung Das KfW-Energiewendebarometer belegt, dass die (Grafik 20). Auch bei der Dämmung gibt es noch Opti- mangelnde Umsetzung nicht in einer zu geringen Zu- mierungsbedarf: 14 % der Haushalte gaben an, dass stimmung der privaten Haushalte zur Energiewende ihr Haus weder bei Dach, Geschoss- oder Kellerdecke begründet liegt. Es zeigt sich zwar, dass die Hand- gedämmt wurde. Andererseits weisen gemäß KfW-En- lungsbereitschaft und Potenzialabschätzung mit der ergiewendebarometer erst knapp 20 % der Gebäude Einstellung zur Energiewende zusammenhängt, aller- eine Dämmung in allen drei Bereichen auf. Und im- dings halten rund 90 % der deutschen Haushalte die merhin fast die Hälfte der Haushalte wohnt in einem Energiewende für wichtig, sodass eine breite Basis in Haus, dessen Dach bzw. oberste Geschossdecke nicht der Bevölkerung vorhanden ist. Nun gilt es, diese zu gedämmt ist. Dies ist durchaus bemerkenswert, da die erhalten und besser zu nutzen. Denn bisher hat sich Dämmung der oberen Geschossdecke eine der effek- die grundsätzliche Unterstützung nur bedingt in Aktivi- tivsten Formen der Gebäudedämmung darstellt, die tät umgesetzt. nicht nur Energie spart sondern sich aufgrund über- schaubarer Kosten auch relativ schnell amortisiert. Die Verbreitung der Energiewendetechnologien ist zwar relativ betrachtet um 10 % angestiegen, aller- Auch mit Blick auf die Mobilität zeigen sich noch Effizi- dings verfügen noch immer nicht einmal ein Viertel der enzpotenziale. Im Schnitt besitzt jeder Haushalt mehr deutschen Haushalte über eine von sieben ausgewähl- als einen Pkw (1,18), 30 % der Haushalte besitzen ten Energiewendetechnologien. Die Zuwächse im letz- zwei oder mehr Autos. Dabei besitzen die Haushalte, ten Jahr gehen auf eine stärkere Verbreitung von PV- die keine Möglichkeiten im Bereich der Mobilität sehen, Anlagen sowie auf einen starken Anstieg von Elektro- im Durchschnitt auch seltener bzw. weniger Autos autos zurück, deren Verbreitung sich nahezu verdop- (1,08 im Vergleich zu 1,28 für die Gruppe, die mindes- pelt hat. Hier ist aufgrund der geplanten Anschaffun- tens geringe Einsparpotenziale sieht). Zwar ist die gen auch für die Zukunft eine dynamische Entwicklung Pkw-Dichte insbesondere in dünn besiedelten – und zu erwarten, auch wenn Elektroautos in absoluten Zah- häufig schlechter durch den ÖPNV erschlossenen Ge- len betrachtet heute noch immer eine Nische darstel- bieten – besonders hoch. Doch auch in Großstädten len. besitzen immer noch fast zwei Drittel der Haushalte ein Auto, 15 % sogar zwei oder mehr. Dabei besitzen nur Als Hindernisse auf dem Weg zu einer stärkeren Nut- rund 2 % der Haushalte ein Elektro- oder Hybridauto, zung von Energiewendetechnologien werden wirt- Seite 13
KfW Research schaftliche Einwände, ein großer Aufwand sowie das und eine fallbezogene wirtschaftliche Optimierung ziel- eigene Alter angeführt, was auf die lange Amortisati- führend. Die entsprechende Aufbereitung von Progno- onszeit der Investitionen verweist. So sehen trotz der sen für das spezifische Objekt könnte ein hierauf spe- positiven Einstellung zur Energiewende nur wenige zialisierter Dienstleister anbieten, der zudem durch den Haushalte große Einsparpotenziale für den eigenen Einsatz von Methoden der seriellen Sanierung Skalen- Haushalt: Bei Wärme, Strom und Mobilität sind das je- effekte nutzen und hierdurch auch den Haushalten ei- weils nur rund 20 %. nen Mehrwert bieten kann. Eine positive Einstellung erleichtert zwar die Akzeptanz Für das Gelingen der Energiewende sind die hier dis- und Aufgeschlossenheit gegenüber den Technologien kutierten Ergebnisse von großer Bedeutung, deuten und eröffnet somit politischen Handlungsspielraum, sie sie doch darauf hin, dass konkrete finanzielle Anreize garantiert aber noch keinen Erfolg. Am Ende müssen und eine Reduktion des (wahrgenommenen) Umstel- sich dafür die Technologien sowohl mit Blick auf den lungsaufwandes die entscheidenden Stellschrauben zu zeitlichen als auch materiellen Aufwand rechnen. Die sein scheinen. Letztendlich wird somit auch ein stei- Einschätzung der finanziellen Machbarkeit nimmt hier- gender CO2-Preis einen wichtigen Hebel darstellen, bei eine entscheidende Rolle ein. um die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Kos- ten zu quantifizieren und ins individuelle Kalkül einflie- Es fehlt somit nicht unbedingt an innerer Überzeugung, ßen zu lassen – und hierdurch die Attraktivität der be- sondern an der Sicherheit, dass sich die konkrete trachteten Maßnahmen zu erhöhen und die Energie- Maßnahme finanziell auszahlt. Neben zielgerichteter wende weiter voranzutreiben. Förderung erscheinen daher mehr Aufklärungsarbeit Box: Das KfW-Energiewendebarometer Das KfW-Energiewendebarometer ist eine seit 2018 jährlich erscheinende Studie auf Basis einer haushaltsre- präsentativen Zufallsstichprobe von etwa 4.000 in Deutschland ansässigen privaten Haushalten. Befragt wurde jeweils eine volljährige Person des Haushalts, die Entscheidungen zur Energieversorgung und zum Energie- verbrauch für den Haushalt trifft. Ziel der Befragung ist es, herauszufinden, in welchem Umfang energiewende- relevante Technologien in den unterschiedlichen Haushalten zum Einsatz kommen. Hierbei wurde auch die ge- plante Nutzung abgefragt, um abschätzen zu können, in welchen Bereichen die größten Zuwächse zu erwarten sind. In der Gesamtheit erlauben die erhobenen Daten einen Einblick in die aktuelle Beteiligung der Haushalte an der Energiewende in Deutschland. Die Feldphase des Energiewendebarometers 2020 umfasste rund 10 Feldwochen vom 11.11.2019 bis 21.12.2019 und vom 02.01.2020 bis 29.01.2020. Weitere Informationen zur Struktur der aktuellen Erhebung des KfW-Energiewendebarometers können dem dazugehörenden Methoden- und Tabellenband entnommen werden: www.kfw.de/energiewendebarometer 1 Für Ansatzpunkte im Verkehr vgl. Römer, D (2020): Der lange Weg zu nachhaltiger Mobilität – Rückenwind durch den Corona-Lockdown, Fokus Volks- wirtschaf t Nr. 290, KfW Research. 2 Vgl. Umweltbundesamt (2019) sowie Höfling, H. und D. Römer (2019), KfW-Energiewendebarometer 2019, KfW Research. 3 https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/folgen-des-klimawandels/klimafolgen-deutschland 4 https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/K/katastrophenschutz/Downloads/Publikationen/sturmflutWest.pdf?__blob=publicationFile 5 Für die wahrgenommene Betroffenheit vom Klimawandel zeigt sich ein ähnliches Muster, wenngleich die Differenzen geringer ausfallen. 6 Als Energiewender werden im Folgenden solche Haushalte bezeichnet, die eine der f olgenden Technologien der Energiewende implementiert haben: Photovol- taik, Solarthermie, Batteriespeicher, Wärmepumpe, Kraft-Wärme-Kopplung, Holzpelletsheizung, Elektroauto. 7 Dazu wird in einer gewichteten logistischen Regression die binäre Variable „Energiewendetechnik vorhanden“ (ja / nein) bzw. „Energiewendetechnik geplant“ (ja / nein) durch die in Graf ik 11 dargestellten Strukturindikatoren erklärt. Seite 14
KfW-Energiewendebarometer 2020 8 Allerdings konnte diese Technologie ihren Anteil an den Energiewendern trotz im Vorjahr geplanter Anschaffungen nicht steigern, vgl. Höfling und Römer (2019): a. a. O., S. 3. 9 Vgl. Römer, D. (2018): Die Verkehrswende – Einblicke in die Mobilität der Zukunft, Fokus Volkswirtschaft Nr. 201, KfW Research. 10 Dieses Ergebnis bleibt, im Gegensatz zur in Graf ik 11 zusammengefassten Analyse, für die PV und Solarthermie auch bei einer multivariaten Analyse statis- tisch signif ikant. 11 Vgl. TAZ (2020): Die Anti-Öko-Bürokratie; Gesetze verhindern Solarzellen auf Dächern in Städten. Der Wirtschaftsminister verspricht Besserung. 12 Vgl. Höf ling und Römer (2019): a. a. O. 13 Bei der Solarthermie geben 44 % der Haushalte an, dass sie sich diese Technologie nicht leisten können (40 % bei PV), 39 % sind der Meinung, dass sich die Technologie nicht f ür sie rechnet (33 % bei PV). 14 So liegt der Anteil der Energiewender in der Gruppe, die die Energiewende f ür wichtig hält bei rd. 27 %, in der Gruppe der Haushalte, die die Energiewende nicht f ür wichtig halten, sind es 24 %. Folglich brachte auch in keiner der multivariaten Analysen eine positive Einstellung zur Energiewende einen statistisch signif ikanten Effekt auf die Wahrscheinlichkeit, dass ein Haushalt auch tatsächlich ein Energiewender ist. Seite 15
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