Klimawandel und Hochwasservorsorge-mögliche Anpassungsstrategien in Städten und Gemeinden
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Klimawandel und Hochwasservorsorge – mögliche Anpassungsstrategien in Städten und Gemeinden Prof. Dr. Robert Jüpner Dr. Martin Cassel TU Kaiserslautern Fachbereich Bauingenieurwesen Wasserbau und Wasserwirtschaft Regionalkonferenz “Der Oberrheingraben im Klimawandel”, 26.+27.05.2012, Karlsruhe
Gliederung 1. Klimawandel und Hochwasser 2. Umgang mit dem Risiko - Hochwasserrisikomanagement • EU-Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie • Was ist neu? 3. Kommunale Verantwortungen und Chancen 4. Beispiele für innovative Ansätze im HW-Risikomanagement • Leutesdorf • Vallendar 5. Ausblick Folie 2
Klimawandel und Hochwasser Klimawandel und Hochwasser • KLIWA ZUNAHME DER NIEDERSCHLÄGE IM WINTER • Extreme nehmen (wahrscheinlich) zu • Unsicherheit der Berechnung Risikobetrachtung kenn besser mit den wachsenden Unsicherheiten umgehen KLIWA: Projektion für 2021-2050, WETTREG- 2006/A1B im Vgl. zum Ist-Zustand 1971-2000 Folie 3
Klimawandel und Hochwasser Es ist wahrscheinlich, dass etwas Unwahrscheinliches passiert. ARISTOTELES (384 bis 322 vor Christus) Folie 4
Hochwasserrisikomanagement RISIKO nach DKKV, 2003 1. Was kann passieren? Risikoanalyse 2. Was darf nicht passieren? Welche Sicherheit für welchen Preis? Gefährdung Risiko Vulnerabilität Risikobewertung 3. Wie kann mit dem Risiko bestmöglich umgegangen werden? Risikomanagement [Foto: Steingraf, LHW, April 2006] Folie 5
22.12.2015 Überprüfung/Fortschreibung: 2021/2027/2033 22.12.2013 Überprüfung/Fortschreibung: 2019/2025/2031 Aufstellung 22.12.2011 HWRM-Pläne Überprüfung/Fortschreibung: 2018/2024/2030 (Art. 7 Abs. 5 HRL) Aufstellung HW-Gefahrenkarten HW-Risikokarten 26.11.2009 (Art. 6 HRL) Vorläufige Bewertung HW-Risiko (Art. 4 Abs. 4 HRL) 26.11.2007 Umsetzung in nationales Recht Inkrafttreten Zeitlicher Ablauf des Umsetzungsprozesses der EG-HWRM-RL (nach WORRESCHK, 2008) Folie 6
Hochwasserrisikomanagement Technischer Bauvorsorge Risikovorsorge Hochwasserschutz Vorbereitung Gefahrenabwehr Natürlicher und Katastrophenschutz Wasserrückhalt Verhaltensvorsorge Flächenvorsorge Informationsvorsorge VORSORGE Auswertung HWRM- Zyklus HOCHWASSER- EREIGNIS REGENERATION BEWÄLTIGUNG Wiederaufbau Abwehr Aufbauhilfe Hilfe für die Auswertung Betroffenen [nach LAWA 2010] Folie 7
Hochwasserrisikomanagement Was ist neu? • bisherige Bemessungshochwasser sind in die „Mitte“ der Szenarienbetrachtungen gerückt • Berücksichtigung „extremer“ Ereignisse • Flächendeckende und grenzüberschreitende Bewertung des Hochwasserrisikos • Aufstellung von Risikomanagementplänen (Festlegung des Umgangs mit „Restrisiko“) • Öffentliche Risikokommunikation • Berücksichtigung des Klimawandels Folie 8
Kommunale Verantwortung Verantwortung • Flächennutzungs- und Bauleitplanung • Katastrophenschutz • Gewässerunterhaltung Chancen • Gestaltung der Hochwasserrisikomanagementplanung • Integration in kommunale Entwicklungsperspektiven -> Nutzung von Synergien • Risikokommunikation • Verantwortung sinnvoll mit allen Akteuren teilen Folie 9
Beispiel: Leutesdorf Pilotvorhaben des Landes Rheinland-Pfalz: • Erarbeitung eines Rahmenkonzeptes für Leutesdorf zum Hochwasserrisikomanagement nach EG-HWRM-RL am Mittelrhein • „Agenda21 Prozess Hochwasserschutz und Rheinvorlandentwicklung Leutesdorf“ • Auftraggeber: MULEWF Rheinland-Pfalz (2010-2012); an die Projektentwicklungsgesellschaft des Landes Rheinland-Pfalz (PER) und TU Kaiserslautern Quelle: leutesdorf.com Folie 10
Vorgehensweise HWRM in Leutesdorf 1. Risikoanalyse Betroffenheit Gebäude (Übersicht) Betroffene Gebäude/Häuser bei Szenarien Gebäude Häuser HQ10 356 176 HQ100 766 343 HQextrem 867 376 Quelle: ALK-Daten (LVermGeo) und Folie 11 Gefahrenkarten (LUWG)
Vorgehensweise HWRM in Leutesdorf 2. Bestandsaufnahme Ergebnisse Bestandsaufnahme Bevölkerung • Hohes Risikobewusstsein (häufige Hochwassererfahrung) Ausgeprägte Eigenvorsorge • Rege Informationsweitergabe untereinander (Foto: Gretzschel, 2011) über Nachbarschaften Maßnahmen der Bevölkerung (Foto: Münch, 2010) • Objektschutz, Informationsaustausch über richtiges Verhalten bei Hochwasser und über Hochwasserrisiken Maßnahmen der Verbandsgemeinde • Warnung, Verhaltenshinweise, Alarm- und Einsatzpläne Keine Beratungsmöglichkeiten der Beteiligten noch keine Anpassung der Gefahrenabwehr an Szenarien der Gefahrenkarten Folie 12
Vorgehensweise HWRM in Leutesdorf 2. Bestandsaufnahme Ergebnisse Gegenüberstellung der vorhandenen Maßnahmen Maßnahmen Verbandsgemeinde o. a. Leutesdorfer Bevölkerung Flächenvorsorge X (zum Teil) - X (Absperrung des Zulaufs zum Schutzmaßnahmen gegen Rückstau im Kanal - Pumpwerk) X (SGD Nord bei wasserrechtlicher Hochwasser angepasstes Bauen und Sanieren X Ausnahmegenehmigung) Beratung zum hochwasserangepassten Bauen und - X (Nachbarschaften) Sanieren hochwasserangepasste Lagerung - X (Gasheizungen im OG) wassergefährdender Stoffe Risikovorsorge durch Versicherungen - z.T. Warnung der Betroffenen X (Patrouillen in der Rheinstraße) - Informationen über Hochwasserrisiken - X (Nachbarschaften) Informationen zum richtigen Verhalten bei X (Internet) X (Nachbarschaften) Hochwasser Hochwasserübungen X - aktuelle Alarm- und Einsatzpläne X - Folie 13
Vorgehensweise HWRM in Leutesdorf 3. Ist-Ziel-Vergleich • Vergleich der möglichen Ziele mit dem jetzigen Zustand in Leutesdorf Ermittlung der möglichen Maßnahmen (Quelle: LAWA, 2010) Folie 14
Vorgehensweise HWRM in Leutesdorf Maßnahmenvorschläge „Verhaltens-, Bau- und Risikovorsorge“ Beratung/ Informationsweitergabe der VG an die Bevölkerung • hochwasserangepasstes Bauen, Sanieren und Nutzen • Objektschutzmaßnahmen (Kosten und Nutzen) • Möglichkeiten und Randbedingungen des Versicherungsschutz • Verhalten bei Hochwasser • Hochwasserrisiken bei einem mittleren und extremen HW-Ereignis Folie 15
Vorgehensweise HWRM in Leutesdorf Maßnahmenvorschläge „Technischer Hochwasserschutz“ Angepasste Maßnahmenvorschläge • Verschließen der Stichstraßen, die vom Rhein wegführen, für besseren Schutz Ortskern und Reduzierung Verschmutzung • 13 Stichstraßen von August-Bungert-Allee bis Marienburg • Verschließen der Seiten von Rheinstraße zu Bahn-Trasse (Foto: SGD Montabaur, 2010) (Foto: Münch, 2010) (Foto: Gretzschel, 2010) (Foto: Münch, 2010) Folie 16
Vorgehensweise HWRM in Leutesdorf Maßnahmenvorschläge „Technischer Hochwasserschutz“ Geschützte Gebäude durch Verschluss Stichstraßen (ohne Rheinstraße) Abgeschätzter Schutz Betroffene Gebäude/Häuser bei HQ10 Gebäude Häuser HQ10 Ca. 300 Ca. 120 HQ100 - - HQextrem - - Quelle: ALK-Daten (LVermGeo) und Folie 17 Gefahrenkarten (LUWG)
Beispiel: Vallendar Pilotvorhaben des Landes Rheinland-Pfalz: • Erarbeitung eines „örtlichen Hochwasserschutzkonzepts“ für die Verbandsgemeinde Vallendar • Auftraggeber: MULEWF Rheinland-Pfalz an Dr. Boettcher, Urbar und TU Kaiserslautern (2011-2012) Folie 18
Beispiel: Vallendar Urbar Vallendar Detailkarten siehe: www.vallendar.eu Niederwerth 819 cm Pegel Koblenz 1017 cm Pegel Koblenz 1234 cm Pegel Koblenz
Beispiel: Vallendar Partizipativer Prozess - Bürgerbeteiligung Prinzipskizze zum HWS Vallendar: Ausgangssituation Häuser B42 DB Bäume Rheinvorland Rheinufer 3 Bäche HW 100 1m 10 m Grundwasserleiter 1m Länge der Schutzlinie > 1.300 m HW 100: 4,05 m 3,85 m Höhe Wasserstand auf GOK 4,85 m HW 10: 1,69 m 1,49 m 2,49 m Quelle: Dr. Boettcher Baukosten > 18 Mio. € / Wirtschaftlichkeit bei 9 – 13 Mio. € -> Schutz gegen HW100 ökonomisch und rechtlich nicht umsetzbar!
Beispiel: Vallendar Partizipativer Prozess - Bürgerbeteiligung Auftaktveranstaltung - Bürgerversammlung Workshop 1 Workshop 2 Workshop 3 „Technischer „Rheinufer- „Maßnahmen Hochwasserschutz“ Gestaltung“ im privaten Bereich“ Ziele klären und Ziele klären und Ziele klären und vereinbaren vereinbaren vereinbaren Empfehlungen Gesamtkonzept Empfehlungen Ganzheitliches, nachhaltiges, örtliches HWS-Konzept VG Vallendar Abschlussveranstaltung - Bürgerversammlung Gremien (VG Vallendar / Wasserwirtschaft)
Beispiel: Vallendar Partizipativer Prozess - Bürgerbeteiligung 3 Workshops: Empfehlungen für weiterführende Planungen und Maßnahmen in Vallendar Prozess der Bürgerbeteiligung Wünsche & Ziele aus Bürger-Workshops Konzepte / Strategien / Maßnahmen Machbarkeitsanalyse (durch Experten) -> Vorauswahl in Bürger- Workshops Gesamtkonzept Entscheidung Konkreter Variantenvergleich Planung Entscheidung Prozess auf Administrativer Ebene in der Kommune und Detailplanung den Organen des Landes Umsetzung
Beispiel: Vallendar Partizipativer Prozess - Bürgerbeteiligung Beispiel Rheinufergestaltung: Maßnahmen und Zuständigkeiten Stadtentwicklungskonzept Vallendar: Örtliches Stadthalle – Hellenstraße … HWS-Konzept VGV (VG Vallendar) Gesamtkonzept Rheinufergestaltung (SGD/MULEWF) Projekt (VG Vallendar): Parkplatzkonzept Projekt (VG Vallendar): Diskussionsforum Steigeranlagen Weiterführende Planung bis zur Umsetzung Rheinufergestaltung Hafengelände – Zentrales Rheinufer – Kanuverein-Biergarten
Beispiel: Vallendar Partizipativer Prozess - Bürgerbeteiligung Option zum HWS Vallendar: Nachhaltige, abgestufte Lösung B42 DB Häuser Rheinvorland Rheinufer Bäume 2. Schutzlinie HW 100 1m 10 m Grundwasserleiter 1m < 1,2 m hohe HWS-Wand im Bereich der Öffnungen, teilweise mobil mit Tiefgründung Quelle: Dr. Boettcher (Teil-)Grundwasserhaltung (Drainage/Brunnen/Pumpen, Kanal, Straßenentwässerung) (Bahndamm < 1,2 m Einstau, Abstimmung mit DB Netz AG) Andere Schutzmöglichkeiten -> nachhaltige, abgestufte Lösung: • Reduzierung Schutzniveau am Ufer -> erfüllt Ziel der Freihaltung der B42 bei häufigen Ereignissen • 2. Schutzlinie mit mob. und teilmob. Systemen, Objektschutz und Bauvorsorge
Beispiel: Vallendar Partizipativer Prozess - Bürgerbeteiligung HWS Vallendar: Gesamtkonzept Handlungsbereiche des Hochwasserrisikomanagements Hochwasserrisiken minimieren (regionale u. überregionale Projekte) HW Extrem 2. Verteidigungslinie in Vallendar Bauvorsorge VG Vallendar HW 100 (Machbarkeitsstudie) (Beratung) Hochwasserrisiken mindern Hochwasserrisiken mindern HW 5-8 Schutz vor häufigen HW-Ereignissen (Machbarkeitsstudie) Befahrbarkeit B 42 verbessern
Beispiel: Vallendar Partizipativer Prozess - Bürgerbeteiligung Machbarkeitsstudie 2. Verteidigungslinie Gefährdungsanalyse: • Welche Objekte (Gebäude und Straßen) sind bei häufigen, mittleren und extremen Ereignissen betroffen? Schadensschwerpunkte: • Welche Schäden sind in der Vergangenheit (z.B. 1993) entstanden? • Welche Nutzungen liegen in den Gebäuden vor ? -> Schadenspotenzial
Beispiel: Vallendar Partizipativer Prozess - Bürgerbeteiligung Machbarkeitsstudie 2. Verteidigungslinie Handlungsmöglichkeiten: • Welche Objekte (Straßen und Gebäude) würden durch eine Lösung gegen häufige Ereignisse (HW 5-8) geschützt? • 1. Schutzlinie • Welche Objekte müssten für eine 2. Schutzlinie, gegen seltenere Ereignisse, berücksichtigt werden? • Schutz von Einzelobjekten • Möglichkeit zum Verschluss von Straßen mit teilmobilen/ mobilen Systemen • Kostenschätzung für integrierte/ abgestufte Gesamtlösung
Ausblick Wie geht es weiter im Hochwasserrisikomanagement? • Umsetzung der EG-HWRM-RL – Umsetzung der LAWA-Empfehlungen in Deutschland – Aufstellung und Umsetzung der HWRM-Pläne • neue „Forschungsfelder“ – Hochwasserschutz als integrative und interdisziplinäre Aufgabe – Umgang mit dem (Rest)risiko – Risikobewußtsein / Risikokommunikation – globaler Wandel und Hochwasserschutz Folie 28
Ausblick Forum zur Umsetzung der EG HWRM-RL • Getragen von den Bundesländern Sachsen, Thüringen und Rheinland-Pfalz 1. Forum 2009 in Dresden 2. Forum 2010 in Kaiserslautern 3. Forum 2011 in Erfurt 4. Forum am 14.06.2012 in Leipzig Folie 29
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Werben – Blick auf die Elbe, August 2002 [Foto: Jüpner, 2002] Folie 30
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