Klimaziel nur erreichbar mit mehr Bahn im Güterverkehr - VCÖ
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factsheet Klimaziel nur erreichbar mit mehr Bahn im Güterverkehr 2018-06 Verkehr aktuell Der grenzüberschreitende Gütertransport auf der Bahn kann durch den Abbau technischer Österreichische und bürokratischer Hürden wesentlich erleichtert werden. Grundlage für fairen Wettbewerb bei Post AG Transporten sind Kostenwahrheit und Bekämpfung von Sozialdumping im Straßengüterverkehr. SP 02Z030781 N In Österreich haben sich die Treibhausgas-Emissi- Bahn braucht faire Wettbewerbsbedingungen onen des Straßengüterverkehrs seit dem Jahr 1990 Im EU-Durchschnitt liegen die externen Kosten des mehr als verdoppelt, in der EU sind sie um nur 28 Lkw-Verkehrs pro Tonnenkilometer um den Faktor Prozent gestiegen. Der Lkw-Verkehr ist für rund sieben über dem Bahngütertransport. Gemeinsam 44 Prozent der Emissionen des Straßenverkehrs in mit niedrigeren Sozialstandards im Lkw-Verkehr, Österreich verantwortlich. Für das Erreichen der die zudem schwer zu kontrollieren sind, verzerrt das Klimaziele ist ein größerer Anteil der Schiene am den Wettbewerb gegenüber der Bahn. Güterverkehr unumgänglich. Pro transportierter Damit mehr Güter mit der Bahn transportiert Tonne und Kilometer verursacht der Lkw-Verkehr werden, sind im Straßengüterverkehr faire Löhne in Österreich 15-mal so viele Treibhausgase wie der und Arbeitsbedingungen sowie die Einhaltung von Bahngüterverkehr. In Österreich stammen mehr als Tempolimits und Höchst-Lenkdauern sicherzustel- 90 Prozent der benötigten Energie im Schienen len. Für die Bahn sind zwischen den EU-Ländern güterverkehr aus erneuerbaren Energiequellen. technische und administrative Hürden abzubauen.
2 0,00 Bahn Österreich In der EU werden vier -0,05 mal so viele Güter auf In Österreich nimmt der Lkw-Verkehr viel stärker zu der Straße transportiert wie auf der Schiene. Der als im EU-Schnitt Bahngüterverkehr ist 20 zwar gewachsen, jedoch Quelle: Schiene Eurostat 2018 (ohne BE, HR, MT, CY); Straße EU-Kommission, Statistik Bahn Schweiz auch der Lkw-Verkehr. Entwicklung Tonnenkilometer in Prozent Besonders in Österreich hat der Straßengüter- 15 Bahn Österreich verkehr massiv zuge- nommen. Austria und Bundesamt für Statistik 2017 Grafik: VCÖ 2018 Bahn EU 10 Lkw in Schweiz 5 Lkw in Österreich Lkw EU 0 -5 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Abseits der direkten Kosten für Transportunterneh- der Lkw kontrolliert werden. Bei jeder zweiten Kon- men werden im Straßengüterverkehr viele Aufwän- trolle gibt es Beanstandungen. de und Schäden auf andere abgewälzt. In einer Ge- samtbetrachtung aller Kosten des Straßengüterver- Lkw-Maut EU-weit verbessern kehrs sind Schäden an Umwelt und Gesundheit, die In der bisherigen Wegekostenrechnung, die die externen Kosten unter Lkw inanderem Österreichfür Lärmbelastung, Grundlage für die Festsetzung der Höhe der Lkw- Verkehrsunfälle oder Luftverschmutzung zu berück- Mauthöhe in Österreich und anderen EU-Staaten sichtigen. Die externen Lkw EUKosten im Gütertransport sind, werden nicht alle vom Lkw-Verkehr verur- bei Lkw in Österreich liegen bei etwa 4,5 Cent pro sachten Kosten berücksichtigt. Die europarechtli- Tonnenkilometer, in der Binnenschifffahrt bei 0,9 chen Vorgaben ermöglichen zwar Schadstoff- und Cent. Die Bahn liegt mit 0,6 Cent pro Tonnenkilo- Lärmemissionen in die Mauthöhe einzubeziehen, meter deutlich am niedrigsten. dies wird aber nur teilweise umgesetzt. Seit Beginn Wie im Bahngüter- verkehr ist auch beim Im Bahnverkehr sind Überschreitungen von Tem- des Jahres 2017 fällt in Österreich ein Zuschlag für Lkw für die Einhaltung polimits durch technische Sicherungen, das enge Lärmbelastung je nach Anzahl der Achsen von tags- von Tempolimits, Höchst-Lenkdauer und Korsett von Fahrplänen und zugeteilten Zugtrassen über 0,07 Cent bis 0,2 Cent pro Kilometer an, in Sicherheitsstandards zu sowie strenger Sanktionierung so gut wie ausge- der Nacht sind es 0,11 bis 0,32 Cent pro Kilometer. sorgen. Ebenso sind schlossen. Hinsichtlich Lohn- und Sozialstandards Der Zuschlag für Luftverschmutzung berechnet faire Löhne und Arbeits- bedingungen umzu- können selbst im größten Lkw-Kontrollzentrum sich entsprechend der Euro-Norm der Lkw und liegt setzen. Europas, im Schweizer Ripshausen, nur fünf Prozent etwa bei dreiachsigen Lkw tagsüber zwischen 0,25 und 0,31 Cent pro Kilometer. Die im Transitver- Straßengütertransport profitiert von kehr weit verbreiteten Lkw der Klasse Euro 6 – von Wettbewerbsverzerrung allen Lkw-Kilometern auf Österreichs Autobahnen von Berufskraftfahren in Europa. 2012. WU, Quantitative Analyse der Kabotage in Österreich. 2016 Quelle: AK Wien 2011, Kummer 2014, ETF: Bericht über die Arbeits- und Lebensbedingungen und Schnellstraßen machen sie 66 Prozent aus – Lkw Bahn sind in Österreich von externen Kosten für Luft- Maut nicht flächendeckend, sondern nur Flächendeckend Infrastruktur-Benützungs- schadstoffe befreit. auf Autobahnen und Schnellstraßen entgelt Für die Berücksichtigung der schädlichen Aus- Sozialdumping durch Umgehung inländi- kein Sozialdumping scher Mindeststandards („ausflaggen“) wirkungen des Verkehrs auf das Klima oder um die Mineralölsteuer-Begünstigung Mineralölsteuer wie bei Lkw für Diesel- durch Verkehrsunfälle verursachten Folgekosten ab- Loks, Elektrizitätsabgabe, indirekter Emis- zudecken, fehlen noch europarechtliche Grundlagen. sionshandel Betriebsstandorte haben stets Straßenan- Schienenanschlüsse sind grundsätzlich Lkw-Transit in Österreich verringern schlüsse, meist öffentlich finanziert privat zu errichten und werden gefördert Im Jahr 2017 nahmen die auf Autobahnen und Tempolimit-Übertretung möglich Nicht möglich Schnellstraßen in Österreich von Schwerfahrzeugen Nicht-Einhalten von Lenk- und Ruhezeiten Nicht möglich gefahrenen Kilometer im Vergleich zum Jahr 2016 Grafik: VCÖ 2018 Nicht-Einhalten der Schadstoff-Grenzwerte Nicht möglich Illegale Kabotage Nicht möglich 4,5 Cent externe Kosten pro Tonnen-Km 0,6 Cent externe Kosten pro Tonnen-Km
3 um 3,4 Prozent zu. Jene von Fahrzeugen unter 3,5 Tonnen stiegen um 2,6 Prozent. Der Lkw-Verkehr nahm vor allem auf den Nord-Süd-Transitrouten zu: Brennerkorridor (A12/A13 plus 6,4 Prozent), Tauern-Autobahn (A10 plus 6,1 Prozent) und Pyhrn-Autobahn (A9 plus 6,2 Prozent). Anders in der Schweiz: Dort nahm der Lkw- Verkehr über die Alpenpässe im Jahr 2017 erneut ab, nämlich um 21.000 auf 954.000 Lkw. In Öster- reich fuhren allein über den Brenner im Jahr 2017 mit 2,3 Millionen Lkw mehr als doppelt so viele wie über alle vier Alpenpässe der Schweiz zusammen. Über den Brenner waren 2017 um 150.000 Lkw mehr unterwegs als im Vorjahr. Im Vergleich zum Mehr Bahntransporte in der Region Mit modernen Behälter- Jahr 2000 nahm der Lkw-Verkehr am Brenner um Dass auch in der Fläche noch weit mehr Bahngü- verschiebesystemen lassen sich Container 44 Prozent zu. tertransport zum Beispiel per Container stattfinden sehr einfach zwischen Der Alpentransit durch die Schweiz wurde mit ei- kann, zeigt ein Projekt mit neun produzierenden Lkw und Eisenbahn waggon umschlagen. So nem starken Ausbau der Bahn erfolgreich reduziert. Unternehmen und einer Spedition aus der Region können Unternehmen Zudem werden in der Schweiz externe Kosten für Südburgenland. Nachdem die Transportmengen im ohne eigenen Gleis- Umwelt- und Gesundheitsschäden zu einem hohen konventionellen Bahngüterverkehr auf der Strecke anschluss Lkw-Fern- verkehre wirtschaftlich Anteil in die Lkw-Maut eingerechnet, in Öster- Friedberg-Oberwart verdoppelt wurden, sollen nun und in Zusammenarbeit reich nur zu einem sehr geringen Anteil. Seit dem terminalautonome Kombiverkehre forciert werden. mit lokalen Transport- betrieben auf die Bahn Jahr 2001 gilt auf allen Straßen der Schweiz eine Durch spezielle Behälterverschiebesysteme kön- verlagern. Lkw-Maut, in Österreich nur auf Autobahnen und nen Container nahezu überall rasch und von einer Schnellstraßen und damit auf nicht einmal zwei Pro- Person zwischen Lkw und Eisenbahnwaggon umge- zent des Straßennetzes. Im Schienennetz Österreichs schlagen werden. Unternehmen ohne eigenen Gleis- Unterschiedliche tech- bezahlen die Bahnunternehmen für jeden Kilometer anschluss können Lkw-Fernverkehre auf die Bahn nische Standards und das Infrastruktur-Benützungsentgelt. Die Toleranz verlagern, die verbleibenden Lkw-Transporte wer- rechtliche Vorgaben in- nerhalb der EU machen grenze beim Überschreiten von Tempolimits beträgt den von Unternehmen aus der Region durchgeführt. Wechsel der Lok oder in der Schweiz 3 bis 5 km/h, in Österreich fahren Preislich kann die Bahn in der Hälfte der unter- teure Mehrfachtechnik mehr als 90 Prozent der Lkw auf Autobahnen suchten Fallbeispiele mit reinem Lkw-Transport nötig. Lokführer benö- tigen für jeden durch- schneller als die zulässige Höchstgeschwindigkeit konkurrieren. Damit sich dieser Anteil weiter fahrenen Mitgliedsstaat von 80 km/h, viele schneller als 90 km/h. erhöht, sind die finanziellen Förderungen für Ein- Sprachkenntnisse auf Niveau B1, weshalb zelwagenverkehre und Kombinierte Verkehre besser auch sie auf einer Stre- Mängel bei Sozialstandards auf Kombiverkehre aus der Fläche auszurichten. cke häufig wechseln. Bei Löhnen und Sozialstandards sind die Regulie- rungen im Bahn-Bereich hoch. Hingegen reduzieren In Europa bestehen viele Hürden für die Bahn der europaweite Einsatz von Lkw-Lenkpersonal aus Staaten mit niedrigen Löhnen sowie illegale Kabo- tage-Fahrten, also Transporte mit ausländischen Rotterdam Beispiel Güterzug von Rotterdam (NL) Lkw innerhalb eines EU-Staates, die Lohnkosten Emmerich nach Nova Zagora (BG) x im Lkw-Transport. Der monatliche Mindestlohn D x in Österreich betrug im Jahr 2016 rund 1.500 Eu- ro, in Bulgarien beispielsweise nur 215 Euro. Oft x Passau x Quelle: Rail Cargo Group, DB Cargo Grafik: VCÖ 2018 anderes Zugsicherungssystem Sopron besitzen die Lkw-Lenkenden zwei Arbeitsverträge x Lokführerwechsel x x AT Curtici Zugstrecke – einen westeuropäischen für allfällige Kontrollen HU x x und einen osteuropäischen für die tatsächliche Be- RO Ruse zahlung. Eine Bezahlung nach Kilometern ist zwar x BG Nova Zagora verboten, aber in der Praxis häufig.
4 Internationale Bahntransporte erleichtern Für eine größere Bedeutung der Bahn im Güterver- Innovative Transporte für Europas Wirtschaft kehr sind sowohl faire Bedingungen gegenüber dem Auf der Schiene können noch freie Kapazitäten Lkw als auch Verbesserungen im Bahntransport genutzt werden. Großes Effizienzpotenzial wird selbst notwendig. Mehr als die Hälfte der Bahn- „synchromodalen Transportketten“ zugeschrieben. güterverkehre in der EU sind grenzüberschreitend, Dabei werden Transporte verkehrsträgerübergrei- dennoch gibt es auf der Schiene hohe administrative fend geplant und noch während der Durchführung Hürden zwischen den Mitgliedsstaaten. Während laufend optimiert, um zwischen Verkehrsträgern zu Lkw ohne Wechsel von Lenkpersonal oder Aus- wechseln. Studien für internationale Gütertranspor- rüstung durch den Kontinent fahren können, gibt te nach Italien sowie national in den Benelux-Staa- es für die Bahn europaweit sechs Stromstandards, ten zeigen, dass synchromodale gegenüber statisch unterschiedliche Zugsicherungssysteme und viele geplanten, multimodalen Transporten zu einer er- verschiedene Detailvorschriften. Das erhöht massiv heblichen Verlagerung von der Straße auf Bahn und die hohen Kosten für Bahnunternehmen und führt Binnenschiff führen können. Dabei reduzieren sich - zusammen mit strengen Anforderungen an die die Treibhausgas-Emissionen um 14 bis 28 Pro- Sprachkenntnisse - zu häufigen Lok- und Personal- zent bei Kosteneinsparungen von 4 bis 20 Prozent. wechseln während der Transporte. Voraussetzung sind ein Netzwerk an verschiedenen Prognosen für den Güterverkehr in Europa zeigen Transportoptionen und Kooperationswille. einen Zuwachs auf der Straße. Das widerspricht den Klimazielen, bedeutet mehr Staus und hohe Infra- Quellen: VCÖ-Schriftenreihe „Mobilität mit Zukunft“: „Transformation von Mobilität und Transport unterstützen“ und „Ausgeblendete Kosten strukturkosten auf den Straßen. des Verkehrs“, Wien 2017; Projekt Combi Coop II; Asfinag 2018 VCÖ-Empfehlungen Gütertransport klimaverträglich gestalten • Technische und bürokratische Hürden für Bahntransporte innerhalb der EU abbauen • Fördermittel für den Schienengüterverkehr Anpassung bis zur von der EU genehmigten Höhe, speziell für die Bedie- Markus Gansterer, nung der Fläche. Besonderes Augenmerk auf Einzelwagenverkehre sowohl VCÖ - Mobilität mit Zukunft: in konventioneller wie auch in kombinierter Form „Die derzeitigen EU-Regeln für Maut und Fahrverbote geben dem • Anschlussbahnen Lkw-Verkehr Vorrang vor Umwelt Forcierung betrieblicher Gleisanschlüsse, Förderung für Investitionen, In- und Gesundheit. Österreich soll standhaltung und Betrieb ausweiten. Widmung von Industrie- und Gewerbe- den EU-Vorsitz nutzen, damit die europarechtlichen Verbesserung gebieten nur mit der Bereitstellung von Anschlussbahnen zur Lkw-Maut, die EU-Parlament • Vorgaben für den verpflichtenden Transport bahnaffiner Güter auf der und EU-Kommission vorgeschlagen Schiene, etwa Steine, Marmor, Erze, Rundholz und Abfälle sowie Grenzen haben, rasch umgesetzt werden.“ für die Belastung einer Region mit Schwerverkehr und mögliche Gegenmaß- nahmen wie Lkw-Höchstzahlen definieren Der VCÖ-Einsatz für eine Bevorzugungen des Lkw-Verkehrs beenden Mobilität mit Zukunft braucht • Kostenwahrheit durch eine flächendeckende, der verursachten Umweltbelastung die Unterstützung durch entsprechenden Lkw-Maut. EU-Recht verbessern und in Österreich die bestehende Spenden. mögliche Einberechnung für Luftschadstoffe und Lärm in Maut-Tarifen voll nutzen Spenden für die VCÖ-Tätigkeit • Angleichung der Mineralölsteuer von Diesel auf das Niveau von Benzin sind steuerlich absetzbar. • Lohndumping im Lkw-Verkehr durch konsequente Anwendung der Entsende-Richtli- Spenden-Konto: Erste Bank. IBAN: nie verhindern. Mit häufigeren Kontrollen sicherstellen, dass Sozialstandards, Höchst- AT11 2011 1822 5341 2200 Lenkzeiten und Tempolimits eingehalten werden BIC: GIBAATWWXXX Verkehr aktuell 06/2018, Österreichische Post AG SP02Z030781 N, Verlagspostamt 1050 Wien, Zulassungsnummer 02Z030781 S, Medieninhaber und Verleger: VCÖ, 1050 Wien, ZVR-Zahl 674059554 Impressum: VCÖ, Bräuhausgasse 7–9, 1050 Wien, T +43-(0)1-893 26 97, E vcoe@vcoe.at, www.vcoe.at Mit finanzieller Unterstützung von Rail Cargo Austria Layout: VCÖ 2018 Fotos: David Payr (Seite 1), RCG/Mikula (Seite 3), VCÖ (Seite 4)
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