Kommunalwahl 2019 und die Auswirkungen - Fachprojekt von Studierenden der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl 2019/2020 - Hochschule Kehl

Die Seite wird erstellt Kai-Uwe Neugebauer
 
WEITER LESEN
Kommunalwahl 2019 und die Auswirkungen - Fachprojekt von Studierenden der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl 2019/2020 - Hochschule Kehl
Professor Paul Witt

          Kommunalwahl 2019 und die
               Auswirkungen

Fachprojekt von Studierenden der
Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl
2019/2020

                                             1
Kommunalwahl 2019 und die Auswirkungen - Fachprojekt von Studierenden der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl 2019/2020 - Hochschule Kehl
Die Projektgruppe:

Hintere Reihe von links nach rechts:
   Julia Schroth, Vanessa Kratzer, Laura Wilde, Hanna Scheifele, Natalie Kienzler, Leonie
   Tremmel
Vordere Reihe von links nach rechts:
   Jonas Jung, Thomas Etzel, Maximilian Stickel, Lara Metzger, Niko Steck, Lukas Weigold, Prof.
   Paul Witt

                                                                              2
Kommunalwahl 2019 und die Auswirkungen - Fachprojekt von Studierenden der Hochschule für öffentliche Verwaltung Kehl 2019/2020 - Hochschule Kehl
Inhalt
Einleitung ................................................................................................................................................. 4
1. Wie viele Gemeinderäte sitzen im Gemeinderat? .............................................................................. 7
2. Wie viele Wahlvorschläge gab es und welche? ................................................................................... 8
3. Wie viele Wahlvorschläge sind im Gemeinderat vertreten und welche? ......................................... 10
4. Wie viele Fraktionen sind im Gemeinderat vertreten und welche? ................................................. 12
5. Parteizugehörigkeit des Bürgermeisters bzw. des Oberbürgermeisters? ......................................... 13
6. Gibt es eine Ortschaftsverfassung? ................................................................................................... 15
7. Gibt es einen Bezirksbeirat? .............................................................................................................. 17
8. Gibt es die unechte Teilortswahl? ..................................................................................................... 19
11. Durchschnittsalter der Gemeinderätinnen ..................................................................................... 25
12. Durchschnittsalter der Gemeinderäte (Männer + Frauen) ............................................................. 26
13. Familienstand der Gemeinderätinnen im Ortenaukreis ................................................................. 27
14. Alter der Gemeinderäte zum Wahlzeitpunkt .................................................................................. 29
15. Amtsperioden der Gemeinderäte ................................................................................................... 33
16. Berufe der Gemeinderäte nach den Wahlen 2014 und 2019 ......................................................... 34
17. Welche Rolle spielt die AfD in den Kommunalparlamenten? ......................................................... 39
Fazit ....................................................................................................................................................... 40
Literaturverzeichnis ............................................................................................................................... 44
Anlagenverzeichnis ................................................................................................................................ 45
   Anlage 1: Liste der befragten Stadtkreise, Städte und Gemeinden .................................................. 46
   Anlage 2: Interviewleitfaden ............................................................................................................. 47

                                                                                                                                 3
Einleitung
  Deutschland ist ein demokratischer Staat, der sich durch die Mitbestimmung bzw. das
  Mitbestimmungsrecht der Bürger auszeichnet. Ein Instrument der Bürgerbeteiligung an
  der Politik sind Wahlen, die es auf allen politischen Ebenen gibt.

  Die höchste politische Ebene, auf der die Bürger Einfluss nehmen können, ist die
  Europawahl. Hier wird das Europäische Parlament gewählt, welches die Interessen der
  europäischen Bürger vertreten soll und mit der europäischen Kommission zusammen für
  die Gesetzgebung zuständig ist. Es ist das einzige direktdemokratisch gewählte Organ der
  EU. Die letzte Europawahl fand am 26.05.2019 mit einer Wahlbeteiligung von 64 % statt.

  Die höchste Ebene innerhalb Deutschlands ist die Bundespolitik und die Wahl des
  Bundestags. Die Bürger können hier mitentscheiden, wie das Land regiert werden soll. Zu
  wichtigen Themen wie zum Beispiel Umwelt, Flüchtlingspolitik oder Verteidigung können
  Bürger durch ihre abgegebene Stimme Einfluss nehmen. 2017 hatten die Bürger zuletzt
  die Möglichkeit unmittelbar ihre Vertreter im Bundestag durch die Verhältniswahl zu
  wählen. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,6 %.

  Die mittlere Ebene ist die der Bundesländer. Auch hier wählen die Bürger die
  gesetzgebende Gewalt (Legislative), also den Landtag. Die Landtage sind beispielsweise
  mit den Aufgaben Schule und Bildung, Kultur und Jugendförderung betraut. Diese wie
  auch die Aufgaben auf Bundesebene sind äußerst wichtig für einen organisierten und gut
  funktionierenden Staat, aber auch für den Bürger und sein alltägliches Leben. 2016 fand
  in Baden-Württemberg die letzte Landtagswahl mit einer Wahlbeteiligung von 70,8 %
  statt.

  Die unterste Ebene, auf der die Bürger durch Wahlen mitentscheiden können, ist die
  kommunale Ebene. Hier wird alle fünf Jahre der Gemeinderat gewählt, welcher für die
  örtlichen Angelegenheiten einer Gemeinde zuständig ist und alle acht Jahre der
  Bürgermeister. Der Gemeinderat ist dann vor allem für die Pflichtaufgaben und
  freiwilligen Aufgaben einer Gemeinde zuständig. Hierzu gehören zum Beispiel die
  Errichtung von Einrichtungen, wie zum Beispiel die Wasserversorgung, die
  Abwasserbeseitigung, die Errichtung und Unterhaltung von Gemeindestraßen, der
  Bauhof aber auch Bibliotheken und Spielplätze.

                                                                         4
Am 26.05.2019 fanden zuletzt die Kommunalwahlen (Gemeinderatswahlen) in Baden
Württemberg statt. Da diese Wahl nur alle fünf Jahre durchgeführt wird, hatten die
Bürger dieses Jahr wieder die Chance ihre Kommunalpolitik zu bestätigen, verändern,
oder zu innovieren. In einer Zeit des politischen Umbruchs, welcher in der Veränderung
des Wahlverhaltens bereits auf Bundes- und Landesebene spürbar ist, ist es besonders
spannend die kommunale Ebene zu betrachten, da diese eine unmittelbare Nähe zum
Bürger hat.

Die Kommunalwahl 2019 fand zuletzt zusammen mit der Europawahl statt. Dabei fällt
auf, dass die Wahlbeteiligung bei allen politischen Wahlen (Europawahl, Bundestagswahl
und Landtagwahl) über der Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen (in ganz Baden
Württemberg) von 58,6 % lag. Dies ist besonders erstaunlich, da die Kommunalpolitik
eigentlich eine unmittelbare Bürgernähe hat. Man könnte somit meinen, dass die Bürger
auf dieser Ebene größeres Interesse haben, Einfluss zu nehmen. Anhand der
Wahlbeteiligung lässt sich jedoch feststellen, dass das Interesse beispielsweise auf
europäischer Ebene und auch auf Bundes- und Landesebene größer ist.
Es ist zudem zu erkennen, dass die Wahlbeteiligung auf kommunaler Ebene durch die am
gleichen Tag stattfindende Europawahl sogar gestiegen ist.
Denn im Vergleich zu 2014 ist die Wahlbeteiligung auf kommunaler Ebene um 9,5
Prozentpunkte deutlich gestiegen (2014: 49,1 %).
Diese festgestellten Veränderungen beziehen sich dabei auf ganz Baden-Württemberg.

Um Aussagen über konkrete Veränderungen in den Gemeinderäten treffen zu können,
wurden die Kommunalwahlen in einzelnen Gemeinden genauer untersucht. Dabei hat
sich die Projektgruppe auf die 51 Städte und Gemeinden des Ortenaukreises beschränkt.
Um die Ergebnisse in Relation zu größeren Städten setzen zu können, wurden zudem
noch drei Stadtkreise zu der Befragung hinzugezogen. Dies waren die Stadtkreise
Stuttgart, Mannheim und Freiburg.
Die ausgewählten Gemeinden und Städte wurden anhand eines von der Projektgruppe
erstellten Interviewleitfadens zu den Kommunalwahlen 2014 und 2019 befragt.
Die Untersuchung gibt einen Überblick über die Gemeinderäte aller befragten Städte und
Gemeinden. Zudem werden die Ergebnisse im Ortenaukreis und in den Stadtkreisen
verglichen.

                                                                         5
Hierbei werden die folgenden vier Themen schwerpunktmäßig behandelt:
   Zum einen geht es um die Altersstruktur/Alterszusammensetzung der
   Gemeinderatsgremien. Zwar wurden im Vergleich zu 2014 mehr jüngere Personen in den
   Gemeinderat gewählt, dennoch werden die Gemeinderäte sowohl im Ortenaukreis als
   auch in den Stadtkreisen von den älteren Personen dominiert.
   Zum anderen wird die Veränderung der Situation der Frauen in den Gemeinderäten
   analysiert. Obwohl der Frauenanteil gestiegen ist, sind die Frauen in den Gemeinderäten
   noch immer unterrepräsentiert.
   Zudem wird die Veränderung bei den Wahlvorschlägen untersucht. Im Vergleich zu den
   Bundes- und Landtagswahlen werden auf kommunaler Ebene nicht nur die klassischen
   Parteien, sondern auch freie Listen gewählt. Diese freien Listen haben in den
   vergangenen Wahlperioden immer mehr an Bedeutung gewonnen.
   Der letzte Schwerpunkt wurde auf die Rolle der AfD in den Gemeinderäten gelegt. Dabei
   ist aufgefallen, dass die AfD auf kommunaler Ebene bisher kaum vertreten ist.

Hinweis:

Zur besseren Lesbarkeit und Übersichtlichkeit wird im Folgenden auf die zusätzliche
Nennung der weiblichen Form verzichtet. Somit ist die ausschließliche Verwendung der
männlichen Form als geschlechtsunabhängig zu verstehen.

Wenn der Begriff Bürgermeister verwendet wird, sind auch die Bürgermeisterinnen, sowie
die Oberbürgermeister und die Oberbürgermeisterinnen gemeint.

Um die Anonymität der Befragten zu wahren, wird zudem auf die Nennung von Namen
verzichtet.

                                                                           6
1. Wie viele Gemeinderäte sitzen im Gemeinderat?

In § 25 GemO ist die Zusammensetzung des Gemeinderats geregelt. Der Gemeinderat als
Hauptorgan besteht aus dem Vorsitzendem - dem Bürgermeister - und den einzelnen
Gemeinderäten, die ehrenamtlich tätig sind. Die Gemeinderäte werden in den Städten als
Stadträte bezeichnet. In Absatz 2 sind verschiedene Gemeindegrößenklassen definiert, nach
dieser richtet sich die Anzahl der Gemeinderäte der jeweiligen Gemeinde. Diese Zahl
erstreckt sich von acht Gemeinderäten bei Gemeinden mit weniger als 1.000 Einwohner bis
hin zu 60 Gemeinderäten bei Städten mit mehr als 400.000 Einwohnern. Jedoch gibt es auch
Abweichungen von diesen Zahlen bzw. Änderungen in der Zusammensetzung von der einen
zur nächsten Kommunalwahl; dies kann unterschiedliche Gründe haben. Einige davon
werden am Beispiel des Ortenaukreises deutlich.

Die Auswertung der Frage „Wie viele Gemeinderäte hat Ihr Gemeinderat?“ zeigt, dass sich
die Spanne der Gemeinderäte im Ortenaukreis von zehn Gemeinderäten bis hin zu 40
Gemeinderäten erstreckt; zehn Gemeinderäte haben mehrere kleinere Gemeinden und 40
Gemeinderäte werden in der Großen Kreisstadt Offenburg mit knapp 61.000 Einwohnern
erreicht. Bei den Stadtkreisen ist Freiburg und Mannheim mit jeweils 48 Gemeinderäten
vertreten und Stuttgart mit 60 Gemeinderäten. Stuttgart stellt die größte Anzahl an
Gemeinderäten in den untersuchten Städten und Gemeinden und auch im ganzen Land
Baden-Württemberg, da Stuttgart mit knapp 635.000 Einwohnern die größte Stadt im
Bundesland ist.

Die Größe der Gemeinderäte in den untersuchten Stadtkreisen blieb bei insgesamt 156
Sitzen konstant, 60 Sitze in Stuttgart und jeweils 48 Sitze in Freiburg und Mannheim.

Bei den Städten und Gemeinden im Ortenaukreis haben sich die Zahlen dagegen geändert:
Einige Kommunen vergrößerten ihr Gremium und andere reduzierten es, sodass es bei
Betrachtung aller Sitze im Ortenaukreis eine Minderung von fünf Sitzen im Vergleich von
2014 zu 2019 gibt. Die Spanne der Veränderungen ging von einem Sitz bei mehreren
Kommunen (Gründe siehe unten) bis zu drei Sitzen bei den Städten Renchen und Rheinau.

Bei den von der Projektgruppe befragten Kommunen gab es verschiedene Gründe, die zu
einer Änderung der Gemeinderatsgröße führten. Unter anderem wurde als Grund der

                                                                            7
Wegfall bzw. das Entstehen eines Ausgleichsmandates bei den Gemeinden Ettenheim (-1),
Kappel-Grafenhausen (+1), Meißenheim (+1), Renchen (+3), Rheinau (-3) und Schuttertal (-1)
genannt. Ein weiterer Grund war die Abschaffung der unechten Teilortswahl in Friesenheim.
Dort wurde im Jahr 2005 nach der Abschaffung der unechten Teilortswahl die
dazwischenliegende Größe von 22 und 26 mit 24 Gemeinderäten gewählt. Nach der zweiten
darauffolgenden Periode musste dieser Wert angepasst werden. Eine Anpassung dieser Art
schreibt der Gesetzgeber, das Land Baden-Württemberg, in § 25 Absatz 2 Satz 4 der
Gemeindeordnung vor. In Durbach wurde die Hauptsatzung geändert, dadurch sank die
Gemeinderatsgröße um zwei Sitze von 14 auf jetzt nur noch 12 Gemeinderäte.

2. Wie viele Wahlvorschläge gab es und welche?

Die Gemeinderatswahl erfolgt aufgrund von Wahlvorschlägen. Ein Wahlvorschlag wird vor
einer Wahl beim zuständigen Wahlvorstand abgegeben. Er enthält die Daten von
Kandidaten, die sich zur Wahl aufstellen lassen. Wahlvorschläge können nur von Parteien
und von Wählergruppen eingereicht werden.

Insgesamt gab es 2019 184 Wahlvorschläge in den Gemeinden des Ortenaukreises, das sind
neun Wahlvorschläge mehr als 2014. 2014 gab es je Gemeinde zwischen zwei und sieben
Wahlvorschläge, wobei zwei Wahlvorschläge nur bei kleinen Gemeinden bis zu 5.200
Einwohnern vorkamen und sieben nur bei größeren Gemeinden ab 36.000 Einwohnern.
2019 war es ähnlich: die höchste Zahl an Wahlvorschlägen lag bei dieser Wahl bei acht in der
Stadt Lahr.

Die meisten Wahlvorschläge stellte bei beiden Wahlen 2014 und 2019 die CDU, sie war in 50
Gemeinden mit einem Wahlvorschlag vertreten. Die SPD war bei beiden Wahlen in 32
Gemeinden mit einem Wahlvorschlag vertreten. Das Bündnis 90/Die Grünen trat bei der
Wahl 2014 in sieben Gemeinden und die FDP in sechs Gemeinden mit einem Wahlvorschlag
an. 2019 sind die Zahlen jeweils leicht gestiegen: Das Bündnis 90/Die Grünen trat ebenso wie
die FDP in acht Gemeinden mit einem eigenen Wahlvorschlag an. Gemeinsame
parteiübergreifende Wahlvorschläge gab es in beiden Jahren lediglich in vier Städten und

                                                                          8
Gemeinden, nämlich in Rheinau, Ortenberg, Oberkirch und Appenweier. Lediglich in
Meißenheim gab es 2014 und 2019 ausschließlich Kandidatenlisten von
Wählervereinigungen und keine Wahlvorschläge von Parteien. In fast allen untersuchten
Gemeinden gab es im Jahr 2014 einen Wahlvorschlag der Freien Wähler (90,2%). Die Freie
Wählervereinigung hat also eine sehr große Bedeutung bei den Gemeinderatswahlen im
Ortenaukreis. Dies hat sich auch 2019 nicht verändert, die Zahl der Wahlvorschläge der
Freien Wählervereinigung ist auch 2019 gleich geblieben.

Bei den Wahlen 2014 und 2019 hatten jeweils 19 Städte und Gemeinden freie Listen, was
einen Prozentsatz von 37,25% ausmacht. Auch diese Zahl hat sich im Vergleich zu 2014 nicht
geändert. Die Bedeutung der Freien Wählervereinigung und der freien Listen in den
Gemeinden im Ortenaukreis ist also bei beiden Wahlen in 2014 und 2019 gleich geblieben.

Die 2014 noch relativ neue Partei AfD hatte damals keine große Bedeutung im Ortenaukreis,
nur in Offenburg hatte sie einen Wahlvorschlag vorgelegt. Bis zu den Wahlen 2019 ist die
Bedeutung dieser Partei aber angestiegen, unter anderem auch durch die Flüchtlingswelle
2015 und die medialen Berichte über Flüchtlinge. Bei der Wahl 2019 hatte die AfD in sieben
Gemeinden einen Wahlvorschlag eingereicht. Vor allem in großen Gemeinden mit einer
höheren Einwohnerzahl wie Achern, Lahr, Kehl, Rheinau und Offenburg. Eine Ausnahme
davon bildeten die eher kleineren Gemeinden Kippenheim und Biberach, auch hier hat die
AfD einen Wahlvorschlag vorgelegt.

Bei den Stadtkreisen gab es im Jahr 2014 in Mannheim neun, in Freiburg 13 und in Stuttgart
zwölf Wahlvorschläge. Interessant ist dabei, dass obwohl Freiburg bei den untersuchten
Stadtkreisen die geringste Einwohnerzahl hat, dort die meisten Wahlvorschläge vorgelegt
wurden. Im Jahr 2019 gab es auch einen deutlichen Anstieg bei den Wahlvorschlägen in
Stuttgart. Die Zahl der Wahlvorschläge stieg auf 20 an. Stuttgart hat Freiburg somit überholt,
denn dort wurden 18 Wahlvorschläge eingebracht. Die geringste Zahl an Wahlvorschlägen
hatte auch im Jahr 2019 der Stadtkreis Mannheim mit 13 Wahlvorschlägen.

Auch in den Stadtkreisen haben die Freien Wähler eine große Bedeutung. Bei den Wahlen
2014 und 2019 hatten alle untersuchten Stadtkreise Wahlvorschläge der Freien
Wählervereinigungen. Bei beiden Wahlen hatten auch alle drei untersuchten Stadtkreise
Wahlvorschläge von freien Listen.

                                                                            9
Bei der Wahl 2014 hat die AfD in Freiburg noch keinen Wahlvorschlag vorgelegt. In den
Stadtkreisen Stuttgart und Mannheim gab es im Jahr 2014 jedoch schon Wahlvorschläge der
AfD. Aufgrund der oben genannten Gründe hat die AfD jedoch in ganz Deutschland an
Bedeutung gewonnen. Dies hat zu Folge, dass es bei der Wahl 2019 auch einen
Wahlvorschlag der AfD in Freiburg gab. Somit waren im Jahr 2019 in allen drei Stadtkreisen
Wahlvorschläge der AfD vorhanden.

3. Wie viele Wahlvorschläge sind im Gemeinderat vertreten und
welche?

Nach der Gemeinderatswahl wird zunächst ermittelt, wie viele Gemeinderatssitze den
einzelnen Wahlvorschlägen aufgrund der insgesamt für sie abgegeben Stimmen zustehen.
Werden Kandidaten von einem Wahlvorschlag nicht gewählt, ist dieser auch nicht im
Gemeinderat vertreten.

Bei der Wahl 2014 waren in fast allen Städten und Gemeinden des Ortenaukreises alle
Wahlvorschläge im Gemeinderat vertreten. Lediglich in Biberach wurden Kandidaten von
einem Wahlvorschlag (Pro Biberach) nicht in den Gemeinderat gewählt. Bei der Wahl 2019
wurde in zwei Gemeinden (Achern und Biberach) Kandidaten eines Wahlvorschlages nicht
gewählt. In beiden Kommunen war dies der Wahlvorschlag der AfD.

Nach der Wahl 2014 war nur in Offenburg die AfD mit drei Gemeinderäten im Gemeinderat
vertreten. Nach der Wahl 2019 ist die AfD nun in fünf Städten und Gemeinden im
Gemeinderat vertreten. Neben Offenburg haben nach dieser Wahl auch Kehl, Lahr, Rheinau
und, als einzige kleine Gemeinde, Kippenheim Vertreter der AfD im Gemeinderat.

Im Gemeinderat der Städte und Gemeinden des Ortenaukreises ist die CDU am häufigsten
vertreten. Sie war bzw. ist nach beiden Wahlen in 50 Städten und Gemeinden vertreten.
Lediglich in Meißenheim ist sie nicht vertreten. Die SPD war nach beiden Wahlen in 32
Städten und Gemeinden vertreten. Nach der Wahl 2014 war die FDP und Bündnis 90/Die
Grünen in jeweils sechs Städten und Gemeinden im Gemeinderat vertreten. Diese Zahl ist

                                                                          10
nach der Wahl 2019 leicht gestiegen: Die FDP ist nun in sieben Städten und Gemeinden im
Gemeinderat vertreten und Bündnis 90/Die Grünen in acht Städten und Gemeinden.

Die Zahl der Freien Wählervereinigungen und der freien Listen im Gemeinderat hat sich nach
den beiden Wahlen nicht verändert. Die Freien Wählervereinigungen sind in 46 Städten und
Gemeinden sowohl in 2014 als auch in 2019 im Gemeinderat vertreten. Die freien Listen sind
in 19 Städten und Gemeinden unverändert in 2014 als auch in 2019 vertreten. In
Meißenheim gibt es als einzige Gemeinde im Ortenaukreis im Gemeinderat keinen
Wahlvorschlag einer klassischen Partei, sondern nur Wählervereinigungen.

Bei den untersuchten Stadtkreisen sehen die Ergebnisse etwas anders aus. Hier wurden bei
der Wahl 2014 in Freiburg und Mannheim Gemeinderäte aus allen Wahlvorschlägen
gewählt. Lediglich in Stuttgart waren von zwölf Wahlvorschlägen nur Gemeinderäte aus
einem Wahlvorschlag nicht im Gemeinderat vertreten. Nach der Wahl 2019 waren in keinem
der drei untersuchten Stadtkreise alle Wahlvorschläge im Gemeinderat vertreten. In
Freiburg wurden von 18 Wahlvorschlägen Kandidaten aus 16 Wahlvorschlägen in den
Gemeinderat gewählt, in Mannheim wurden von 13 Wahlvorschlägen Kandidaten aus zehn
Wahlvorschlägen gewählt und in Stuttgart von 20 Wahlvorschlägen sogar nur 14. Da es aber
allgemein einen deutlichen Anstieg von Wahlvorschlägen bei der Wahl 2019 gab, sind nach
dieser Wahl trotzdem mehr Wahlvorschläge als nach den Wahlen 2014 im Gemeinderat
vertreten. Nach der Wahl 2014 waren in Freiburg 13 Wahlvorschläge im Gemeinderat
vertreten, in Mannheim neun und in Stuttgart zwölf Wahlvorschläge. In Freiburg gab es also
nach der Wahl 2019 einen Anstieg der im Gemeinderat vertretenen Wahlvorschläge von drei
Wahlvorschlägen, in Mannheim einen Anstieg von einem Wahlvorschlag und in Stuttgart
waren es zwei Wahlvorschläge mehr als nach der Wahl 2014.

Die AfD kam bei der Wahl 2014 in Stuttgart und Mannheim in den Gemeinderat, in Freiburg
jedoch nicht. Nach der Wahl 2019 hat sich das geändert, jetzt ist in allen untersuchten
Stadtkreisen die AfD im Gemeinderat vertreten. Freie Wählervereinigungen sind in allen
untersuchten Stadtkreisen schon seit 2014 und länger im Gemeinderat vertreten. So auch
freie Listen, wie zum Beispiel die „Kulturliste“ in Freiburg, die „Freie Wähler- Mannheimer
Liste“ in Mannheim oder die „Junge Liste“ in Stuttgart.

                                                                            11
4. Wie viele Fraktionen sind im Gemeinderat vertreten und welche?

Eine Fraktion ist ein Zusammenschluss einzelner Gemeinderäte, die regelmäßig derselben
Partei angehören. Es können sich aber auch mehrere Parteien oder mehrere
Wählervereinigungen zu einer Fraktion zusammenschließen.1

Die Voraussetzungen zur Bildung einer Fraktion und die daraus resultierenden Rechte und
Pflichten im Gemeinderat regelt nach § 32a GemO die Geschäftsordnung des jeweiligen
Gemeinderats.

Die zu einer Fraktion zusammengeschlossenen Gemeinderäte bzw. Parteien vertreten
gemeinsame Interessen im Gemeinderat. Die Fraktionsmitglieder sprechen sich in
Fraktionssitzungen ab und vertreten ihre Meinung dann in den Gemeinderatssitzungen.
Durch die Vorberatung in den Fraktionssitzungen erlangen viele Gemeinderäte erst den
richtigen Einblick und können dann sachgerechte Entscheidungen treffen. Eine Fraktion kann
aber nur solche Rechte wahrnehmen, die ihnen durch Gesetz oder durch die
Geschäftsordnung eingeräumt werden.2

Bei kleineren Gemeinden bilden häufig auch die gewählten Kandidaten der klassischen
Parteien wie CDU, SPD und Freie Wähler eine Fraktion.

Insgesamt stieg die Zahl der Fraktionen im Ortenaukreis. Die Spanne der Anzahl der
Fraktionen im Gemeinderat im Ortenaukreis erstreckte sich im Jahr 2014 von zwei
Fraktionen bei den kleineren Gemeinden (Durbach, Fischerbach, Hofstetten, Kappel-
Grafenhausen, Mühlenbach, Oberwolfach, Ohlsbach, Oppenau, Ortenberg, Ottenhöfen,
Schuttertal) bis hin zu sechs Fraktionen in Lahr. Im Jahr 2019 hat sich die Spanne erweitert:
Das Minimum liegt weiter bei zwei Fraktionen in mehreren kleineren Gemeinden (siehe
oben plus zusätzlich Biberach und Kappelrodeck) bis hin zu acht Fraktionen, die in der
aktuellen Periode in Lahr im Gemeinderat vertreten sind.

1
    https://www.juracademy.de/kommunalrecht-baden-wuerttemberg/gemeinderat.html
2
 https://www.kommunalbrevier.de/kommunalbrevier/Kommunalpolitik-A-Z/ratsmitglied-
rechte-pflichten/Rechte/Bildung-von-Fraktionen/

                                                                             12
Der Anstieg bei den Fraktionen ist dadurch begründet, dass es neben den klassischen
Parteien vermehrt Wahlvorschläge von freien Listen und Wählervereinigungen gab. Dies war
2014 noch nicht so deutlich der Fall. Das ist am Beispiel der Stadt Lahr gut zu sehen: Im
Vergleich zu 2014 kamen bei der letzten Gemeinderatswahl 2019 zwei zusätzliche Fraktionen
in den Lahrer Gemeinderat. Diese zwei Fraktionen sind zum einen die Tierschutzpartei und
zum anderen die AfD.

5. Parteizugehörigkeit des Bürgermeisters bzw. des
Oberbürgermeisters?

Im dritten Abschnitt des zweiten Teils der Gemeindeordnung Baden-Württemberg werden
die Regelungen zum Bürgermeister aufgeführt. Es sind dort die Rechtsstellung, die Stellung
im Gemeinderat, die Wählbarkeit, der Stellvertreter, Hinderungsgründe, Dienstpflichten u.a.
zu finden. In diesem Abschnitt ist aber keine Regelung zur Parteizugehörigkeit des
Bürgermeisters bzw. des Oberbürgermeisters zu finden. Es kann keinem Menschen
vorgeschrieben werden, welcher Partei er oder sie angehören muss, um Bürgermeister zu
sein. Da eine Wahl frei sein sollte, gibt es keine Vorgabe im Gesetz welcher Partei ein
Bürgermeister zugehörig sein muss.

Bei dem Interviewleitfaden der Projektgruppe wurde nur die Parteizugehörigkeit des
derzeitigen Bürgermeisters abgefragt, da es in erster Linie um die Kommunalwahlen von
2014 und 2019 ging. Die Wahl des Bürgermeisters ist vom Termin her unabhängig von den
Terminen der Gemeinderatswahlen. Ein Bürgermeister wird auf acht Jahre gewählt, der
Gemeinderat hingegen nur auf fünf Jahre. Dies soll die Unabhängigkeit des Bürgermeisters
zum Gemeinderat deutlich machen.

Im Ortenaukreis ist die Mehrheit der Bürgermeister Mitglied der CDU, mit etwas Abstand
folgen die parteilosen Gemeindeoberhäupter. Weit abgeschlagen sind die SPD mit vier
Bürgermeistern und vor allem die FDP sowie die Partei Bündnis 90/Die Grünen (jeweils ein
Bürgermeister in Nordrach bzw. Schuttertal).

                                                                             13
Die CDU ist im kommunalen Bereich sehr bekannt und auch beliebt, sie hat viele Wähler und
Mitglieder hinter sich und so ist es auch nicht verwunderlich, dass viele Bürgermeister der
CDU angehören. Die zweitgrößte Anzahl der Bürgermeister im Ortenaukreis sind parteilos.
Dies zeigt, dass auch eine kommunalpolitisch aktive Person in einem höheren Amt nicht
immer einer Partei angehören muss. Vermutlich werden es immer mehr Bürgermeister, die
keiner Partei angehören, da die Bevölkerung so auch sehen kann, dass diese Person nicht auf
die Unterstützung einer Partei angewiesen ist. Es zeigt Stärke, sich als einzelne Person in die
Öffentlichkeit zu stellen, ohne den Rücken von einer Partei freigehalten zu bekommen. Das
trauen sich mittlerweile immer mehr Bürgermeister zu.

                Parteizugehörigkeit der Bürgermeister im Ortenaukreis
                                              1   1
                                        4
                                  1

                           15
                                                                         29

               CDU    parteilos   FDP       SPD       Bündnis 90/Die Grünen   keine Angaben

In den untersuchten Stadtkreisen sieht das Bild erstaunlicherweise anders aus. Keiner der
drei Bürgermeister in Stuttgart, Mannheim und Freiburg ist Mitglied der sonst so stark
vertretenen CDU. Verglichen mit der so hohen Zahl an CDU-Mitgliedern von Bürgermeistern
in der Ortenau ist dies beachtlich und zeigt, dass sich die CDU in Baden-Württemberg eher in
den kleineren Kommunen bei den Bürgermeisterwahlen durchgesetzt hat und weniger in
den Stadtkreisen. Bei den untersuchten Stadtkreisen sind die Oberbürgermeister Mitglied
von Bündnis 90/Die Grünen (Stuttgart), der SPD (Mannheim) und parteilos (Freiburg).
Da zeigt sich wieder, wie auch schon bei den Bürgermeistern im Ortenaukreis, dass es auch
Parteilose auf den Chefsessel einer Kommune schaffen.

                                                                                        14
Parteizugehörigkeit der Oberbürgermeister in den
                               untersuchten Stadtkreisen

                                    1                                 1

                                                     1

                                   SPD     Bündnis 90/Die Grünen    parteilos

6. Gibt es eine Ortschaftsverfassung?

Gemäß § 67 GemO kann in Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen die
Ortschaftsverfassung eingeführt werden. In den Ortschaften werden Ortschaftsräte gebildet,
Ortsvorsteher bestellt und es können örtliche Verwaltungen eingerichtet werden.

Der historische Hintergrund der Ortschaftsverfassung liegt in der Gemeindegebietsreform,
welche in den 1970er Jahren durchgeführt wurde. Im Zuge dieser Kommunalreform gaben
viele Kommunen ihre Eigenständigkeit auf.3

So sank die Zahl der Gemeinden in Baden-Württemberg von 3379 vor der Gemeindereform
auf jetzt 1101.4

Großen Anteil am Gelingen der Gemeindegebietsreform hatte auch die Integration der
Vorschriften über die Ortschaftsverfassung in der GemO, welche den ehemalig selbständigen

3
 vgl Beck Onlinekommentar KommunalR BW/Fleckenstein GemO § 67 Rn. 1-3
4
 vgl. Metzger, Sixt: Die Ortschaftsverfassung in Baden-Württemberg, Auflage 7, 2014, Boorberg Verlag
Stuttgart

                                                                                        15
Gemeinden die Chance eröffnete, teilweise ein örtliches Eigenleben und ihre örtliche
Identität zu bewahren. So können der örtlichen Verwaltungseinheit Aufgaben übertragen
werden. Zudem steht dem Ortschaftsrat in Angelegenheiten, die die Ortschaft betreffen, ein
Anhörungsrecht zu.

Auf der anderen Seite gibt es jedoch auch mögliche Nachteile, die von einer
Ortschaftsverfassung ausgehen können. So besteht die Gefahr der Desintegration, welche
aus einer zu starken Verselbständigung der Ortschaften resultieren könnte. Des Weiteren
werden durch die Ortschaftsverfassung zusätzliche Kosten verursacht, die ihren Ursprung in
der Einrichtung einer Ortsverwaltung haben. Hinzu kommen noch Aufwandentschädigungen
für Ortsvorsteher und Ortschaftsräte.

Hier gilt es auf der einen Seite einen Mittelweg zwischen einer leistungsfähigen und
effizienten und auf der anderen Seite zwischen einer bürgernahen Verwaltung zu finden.

           Ortschaftsverfassung in den Städten und Gemeinden
                             im Ortenaukreis
 100,00%
  90,00%
  80,00%
  70,00%
  60,00%                           51,00%                                  51,00%
                   49,00%                                  49,00%
  50,00%
  40,00%
  30,00%
  20,00%
  10,00%
   0,00%
                            2014                                    2019

                                            Ja   Nein

Trotz der Stärkung der Eigenverantwortlichkeit einzelner Teilorte durch die
Ortschaftsverfassung, besitzen sie lediglich 49% der Gemeinden im Ortenaukreis. Dies hat
sich auch nicht von der Wahl 2014 bis zur Wahl 2019 geändert. Interessant ist hierbei auch,
dass kein Trend erkennbar ist, welcher zeigt, dass die Ortschaftsverfassung eher in kleineren
oder größeren Gemeinden vorkommt. Von der sehr kleinen Gemeinde wie beispielsweise

                                                                              16
Seelbach bis hin zur Großen Kreisstadt Offenburg gibt es im Ortenaukreis die
Ortschaftsverfassung.

Diese Erkenntnis zeigt sich auch bei den drei Stadtkreisen Freiburg, Mannheim und Stuttgart.
So besitzt Freiburg eine Ortschaftsverfassung, Mannheim und Stuttgart jedoch nicht.

7. Gibt es einen Bezirksbeirat?

Die gesetzlichen Bestimmungen über die Bezirksverfassung sind in den §§ 64 bis 66 der
GemO geregelt.

Gemäß § 64 GemO können durch die Hauptsatzung in Stadtkreisen und Großen Kreisstädten
und in Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen Gemeindebezirke eingerichtet
werden.

In diesen Gemeindebezirken sind besondere Gremien, also Bezirksbeiräte, sowie eine
örtliche Verwaltung vorgesehen. Für die Bildung der Bezirksbeiräte ist der Gemeinderat
zuständig, welcher die Bildung an sich sowie die Zahl der Mitglieder in der Hauptsatzung
festlegt.5

Sinn der Einrichtung von Bezirken ist es, insbesondere in Großstädten, in denen mangels
räumlich getrennter Ortsteile die Etablierung einer Ortschaftsverfassung ausgeschlossen ist,
für die Bürger eine dezentrale Verwaltungsstruktur zu schaffen.6

5
 vgl. Beck Onlinekommentar KommunalR BW/Fleckenstein GemO § 64 Rn. 1-7
6
 Juracademy; Link: https://www.juracademy.de/kommunalrecht-baden-wuerttemberg/bezirksverfassung.html
aufgerufen am 25.1.20

                                                                                 17
Bezirksbeiräte in den Städten und Gemeinden im
                               Ortenaukreis
 100,00%                          94,00%                                 94,00%

  80,00%

  60,00%

  40,00%

  20,00%
                   6,00%                                  6,00%
   0,00%
                           2014                                   2019

                                           Ja   Nein

Trotz der Möglichkeit durch eine Bezirksverfassung in den räumlich getrennten Ortsteilen
eine dezentrale Verwaltungsstruktur zu schaffen, besitzen lediglich drei Gemeinden im
Ortenaukreis einen Bezirksbeirat. Hierbei handelt es sich um die Gemeinden Meißenheim
mit 4.066 Einwohner, Appenweier mit 10.256 Einwohnern und Rheinau mit 11.360
Einwohnern.
Dies ist eher ungewöhnlich, da normalerweise eher größere Städte die Bezirksverfassung
einrichten. Diese Vermutung kann anhand der Erhebung für den Ortenaukreis widerlegt
werden.

In den Stadtkreisen Mannheim und Stuttgart gibt es eine Bezirksverfassung, in Freiburg
jedoch nicht.

                                                                          18
8. Gibt es die unechte Teilortswahl?

Die gesetzlichen Bestimmungen über die unechte Teilortswahl sind im § 27 der
Gemeindeordnung (GemO) geregelt:

„In Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen können durch die Hauptsatzung aus
jeweils einem oder mehreren benachbarten Ortsteilen bestehende Wohnbezirke mit der
Bestimmung gebildet werden, dass die Sitze im Gemeinderat nach einem bestimmten
Zahlenverhältnis mit Vertretern der verschiedenen Wohnbezirke zu besetzen sind (unechte
Teilortswahl). Die Bewerber müssen im Wohnbezirk wohnen. Das Recht der Bürger zur
gleichmäßigen Teilnahme an der Wahl sämtlicher Gemeinderäte wird hierdurch nicht
berührt. Bei der Bestimmung der auf die einzelnen Wohnbezirke entfallenden Anzahl der
Sitze sind die örtlichen Verhältnisse und der Bevölkerungsanteil zu berücksichtigen.“

Jenes Wahlsystem ist eine baden-württembergische Spezialität, welches 1972 im Rahmen
der Gemeindereform eingeführt wurde und in der Gemeindeordnung geregelt ist. Einfach
ausgedrückt bedeutet es, dass Bewerber in verschiedenen Wahlbezirken, also Teilorten,
kandidieren, aber von Wählern der gesamten Kommune gewählt werden können: Deswegen
die Bezeichnung unechte Teilortswahl. Umgekehrt können die Wähler auch Kandidaten aus
anderen Teilorten wählen, die nicht aus dem Wohnort des Wählers kommen. Eine echte
Teilortswahl würde dem Gedanken entgegenstehen, dass jeder Gemeinderat die gesamte
Kommune im Blick haben sollte und dafür Politik macht.7

7
 Stuttgarter Zeitung; Link: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.unechte-teilortswahl-damit-die-stimme-
der-kleinen-gehoert-wird.16657d87-fdbe-4e2b-ad1a-2e41f084edfa.html aufgerufen am 25.1.20

                                                                                        19
Unechte Teilortswahl in den Städten und
                     Gemeinden im Ortenaukreis
 100,00%
  90,00%                                                                  82,00%
                                  76,00%
  80,00%
  70,00%
  60,00%
  50,00%
  40,00%
  30,00%          24,00%
                                                        18,00%
  20,00%
  10,00%
   0,00%
                           2014                                    2019

                                  Ja       Nein      Linear (Ja)

Hier gibt es einen klaren Trend zu erkennen, welcher in Richtung der Abschaffung der
unechten Teilortswahl geht. So haben Hohberg, Kappelrodeck und Ottenhöfen die unechte
Teilortswahl zwischen den Wahljahren 2014 und 2019 abgeschafft. Die überwältigende
Mehrheit der Gemeinden im Ortenaukreis besitzt keine unechte Teilortswahl. Lediglich Bad-
Peterstal-Griesbach, Ettenheim, Kappel-Grafenhausen, Meißenheim, Neuried, Oppenau,
Renchen, Rheinau und Schuttertal haben die unechte Teilortswahl beibehalten.

In den Stadtkreisen Freiburg, Mannheim und Stuttgart findet keine unechte Teilortswahl
statt.

Es hat Gründe warum die unechte Teilortswahl nicht allzu beliebt ist. So kommt es durch sie
zu einer erhöhten Anzahl an ungültigen Stimmen, da das Wahlsystem für einige Wähler nur
schwer verständlich ist.

Zudem kann es durch Ausgleichssitze zu einem erheblich vergrößerten Gremium kommen,
was die Sacharbeit möglicherweise schwieriger macht. Ausgleichssitze entstehen, wenn ein
Wahlvorschlag mehr Sitze bekommen hat, als ihm gemessen an seiner
Gesamtstimmenanzahl zustehen würden.

                                                                              20
9. Anzahl der Frauen im Gemeinderat

Nach § 9 Abs. 6 des Kommunalwahlgesetzes für Baden-Württemberg sind Männer und
Frauen gleichermaßen bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen zu berücksichtigen. Obwohl
in Baden-Württemberg rund 66.000 mehr Frauen als Männer leben8 sieht die Verteilung bei
den Kommunalwahlen jedoch anders aus: Von 100 Kandidaten stellen sich nur etwa 30
Frauen zur Wahl. Tatsächlich sind nur rund ein Viertel der Gemeinderäte Frauen9. Während
der Frauenanteil nach den Kommunalwahlen 2014 in Baden Württemberg bei 23,9% lag,
beläuft sich der Frauenanteil nach vorläufigen Ergebnissen für die Gemeinderatswahl von
2019 auf nun 26,8%. Er hat sich also um 2,9 Prozentpunkte erhöht10.

Im Folgenden wird untersucht, inwiefern diese Ergebnisse auch auf die untersuchten
Stadtkreise und Kommunen des Ortenaukreises zutreffen. Es soll gezeigt werden, wie sich
das Verhältnis zwischen Mann und Frau in den letzten beiden Wahlperioden von 2014 und
2019 verändert hat.

Im Jahr 2014 betrug die Gesamtzahl der im Ortenaukreis gewählten Gemeinderäte 855
Personen. Davon waren 651 männlich und 204 weiblich, was einem Frauenanteil von 23,86%
entspricht. Im Jahr 2014 lag der Frauenanteil im Ortenaukreis also knapp unter dem
damaligen Landesdurchschnitt.
Die Kommune mit den meisten weiblichen Gemeinderäten war die Stadt Offenburg mit elf
Gemeinderätinnen (27,5%).
Prozentual erreichte die Gemeinde Oberwolfach den höchsten Frauenanteil mit immerhin
41,67% (fünf Frauen bei zwölf Gemeinderäten). Neben Oberwolfach gelang es lediglich der
Gemeinde Ringsheim (40%) einen Frauenanteil von über einem Drittel zu erreichen.
Ottenhöfen schnitt mit 7,14% am schlechtesten ab (eine Frau bei 14 Gemeinderäten).
In vier Gemeinden war zudem jeweils nur eine Frau vertreten (Nordrach, Ottenhöfen,
Sasbachwalden und Seebach).

8
   Statistisches Landsamt BW, Link: https://www.statistik-
bw.de/BevoelkGebiet/Bevoelkerung/99045020.tab?R=LA , aufgerufen am 23.01.20
9
  SWR Aktuell, Link: https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/Warum-machen-so-wenige-Frauen-
Kommunalpolitik,frauen-in-kommunalpolitik-100.html , aufgerufen am 23.01.20
10
   Statistisches Landesamt BW, Link: https://www.statistik-bw.de/Presse/Pressemitteilungen/2019138 ,
aufgerufen am 23.01.20

                                                                                 21
Im Vergleich dazu hat sich die Anzahl der weiblichen Gemeinderäte für das Jahr 2019 leicht
verbessert. Bei insgesamt 850 gewählten Gemeinderäten waren es dieses Mal 218
Gemeinderätinnen. Die Anzahl der Männer lag bei 632. Somit liegt der Frauenanteil bei
25,65%, was im Vergleich zu den vorangegangenen Gemeinderatswahlen einer prozentualen
Steigerung von immerhin 1,79 Prozentpunkten entspricht, jedoch deutlich unter dem
vorläufigen Gesamtergebnis für Baden-Württemberg (26,8%) liegt.
2019 war die Stadt Lahr die Kommune mit den meisten weiblichen Gemeinderäten im
Ortenaukreis, nämlich 14 Gemeinderätinnen. Damit hat Lahr auch mit Abstand die meisten
Frauen neu zum Gemeinderat hinzugewonnen (fünf mehr als 2014). Lässt man die fünf
Großen Kreisstädte des Ortenaukreises (Achern, Kehl, Lahr, Oberkirch und Offenburg) außer
Acht, haben die Städte Ettenheim und Hausach zahlenmäßig den größten Frauenanteil (2014
und 2019 jeweils acht bzw. sieben Frauen).
Prozentual gesehen gelang der Gemeinde Mühlenbach mit einer Frauenquote von starken
50%, gefolgt von der Stadt Lahr, die immerhin noch 43,75% weibliche Gemeinderäte
vorweist, das beste Ergebnis.
In den Gemeinden Hofstetten, Nordrach, Ottenhöfen und Sasbachwalden sind die Frauen
hingegen weiterhin Einzelkämpferinnen. Ottenhöfen bleibt zugleich die Gemeinde mit dem
geringsten Frauenanteil (lediglich 7,14%).
Insgesamt ist die Zahl der Gemeinderätinnen in 20 Kommunen gestiegen. In weiteren 18
Kommunen ist sie konstant geblieben, in den verbleibenden 13 ist sie leicht gesunken.

In den untersuchten Stadtkreisen ist die reine Anzahl an Gemeinderäten gleichgeblieben.
Freiburg und Mannheim haben jeweils 48 Gemeinderäte, Stuttgart hingegen 60.
Verändert hat sich jedoch die Anzahl der Gemeinderätinnen. Während Stuttgart im Jahr
2014 20 Gemeinderätinnen hatte, waren es in Mannheim und Freiburg jeweils 16 Frauen im
Gemeinderat. Interessanterweise lag die Frauenquote also in allen drei Stadtkreisen bei
33,3%.
Seit 2019 liegt die Anzahl der Frauen in Stuttgart bei 23, in Mannheim bei 19, und in Freiburg
bei 20 Gemeinderäten. In allen drei Fällen hat sich die Zahl der weiblichen Gemeinderäte
also um mindestens 5% gesteigert. Der Frauenanteil liegt bei 38,33% für Stuttgart, 39,58%
für Mannheim und 41,67% für Freiburg.

Man erkennt also, dass die Zahlen weiblicher Gemeindetäte weiter steigen. Besonders in
den untersuchten Stadtkreisen nimmt der Frauenanteil merklich zu. Alle drei liegen deutlich

                                                                            22
über dem vorläufigen Landesdurchschnitt. Auch im Ortenaukreis ist die Anzahl der Frauen
gestiegen. Die prozentuale Zunahme um 1,79 Prozentpunkte ist durchaus respektabel, im
Vergleich zur Gesamtsteigerung von rund 2,9 Prozentpunkten in Baden-Württemberg jedoch
immer noch ausbaufähig.

10. Welcher Fraktion bzw. welchem Wahlvorschlag gehören die
Frauen an?

Abgesehen von der generellen Repräsentanz der Frauen in den Gemeinderäten
unterscheidet sich die Zahl der Frauen natürlich auch innerhalb der einzelnen
Wahlvorschläge. Je nach Liste sind mehr oder weniger Frauen zu finden.
Welchen Wahlvorschlägen bzw. welchen Fraktionen die meisten Frauen angehören, soll
anhand dieser Frage ermittelt werden. Unterschieden wird auch hier zwischen den
untersuchten Stadtkreisen und dem Ortenaukreis.

In den Kommunen des Ortenaukreises sind besonders die Freien Wähler stark vertreten. 65
Frauen gehören den Freien Wählern im Ortenaukreis an. Auf eine ähnlich hohe Zahl kommt
nur die CDU (58 Frauen). Den gewählten Kandidaten der SPD gehören immerhin noch 40
Frauen an. Das Bündnis 90/Die Grünen ist mit 20 weiblichen Kandidaten in den
Gemeinderäten vertreten. Interessant ist hierbei, dass allein neun der insgesamt 20 Frauen
sich auf die Großen Kreisstädte Lahr (fünf) und Offenburg (vier) verteilen. Die fünf dem
Bündnis90/Die Grünen angehörigen Frauen in Lahr stellen gleichzeitig die zahlenmäßig
größte Frauenzahl eines in einem Gemeinderat vertretenen Wahlvorschlags dar.
Weit abgeschlagen sind die FDP und die AfD. Während die FDP ein weibliches Mitglied in
Gutach und eines in Lahr stellt, hat es bei der AfD nur eine Frau in Lahr in den Gemeinderat
geschafft. Neben den genannten Wahlvorschlägen der Parteien gibt es vereinzelt auch
immer wieder Frauen die ortseigenen Bürgerlisten oder ähnlichen freien Listen angehören.
In Sasbach, Neuried und Ettenheim schafften es jeweils drei Frauen, in den restlichen
Kommunen gibt es je freie Liste maximal ein weibliches Mitglied im Gemeinderat.

                                                                            23
Zur Unterscheidung die untersuchten Stadtkreise: In Freiburg stellt allein das Bündnis90/Die
Grünen bereits acht der 20 Frauen des Gemeinderats. Es folgt die SPD mit drei Frauen sowie
die Grüne Alternative Freiburg mit zwei weiblichen Mitgliedern. CDU, LINKE, Freie Wähler,
Unabhängige Frauen Freiburg, Urbanes Freiburg, die Partei und Freiburg Lebenswert sind
mit jeweils einer Frau im Gemeinderat vertreten.
In Mannheim ist erneut das Bündnis90/Die Grünen die stärkste Frauenpartei. Sieben der im
Gemeinderat vertretenen Frauen stammen aus ihrem Wahlvorschlag. Auch hier folgt die SPD
mit fünf Frauen. Die CDU stellt drei weibliche Gemeinderäte, FDP und LINKE jeweils zwei.
“Die PARTEI” stellt die letzte verbleibende Gemeinderätin des Gemeinderats.
Auch in Stuttgart ähnelt sich das Ergebnis. Stärkster Frauenrepräsentant bleibt das Bündnis
90/Die Grünen (acht weibliche Mitglieder) gefolgt von der SPD mit vier Gemeinderätinnen
und der CDU, die drei Frauen im Gemeinderat stellt. Die restlichen Frauen verteilen sich mit
jeweils zwei Mitgliedern auf die Fraktion LINKE SÖS Piraten Tierschutzpartei, die FDP und die
Fraktionsgemeinschaft PULS sowie mit einem Mitglied auf die Freie Wähler-Fraktion.

Während in den untersuchten Stadtkreisen also besonders Bündnis 90/ Die Grünen und SPD
mit weiblichen Gemeinderäten positiv auffallen, sind es auf kommunaler Ebene vor allem die
Freien Wählervereinigungen die einen Großteil an weiblichen Wahlvorschlägen in die
Gemeinderäte bringen. Dennoch sind gewisse Ähnlichkeiten zu den untersuchten
Stadtkreisen festzustellen. Denn: Je mehr man den Blick auf die Städte mit größerer
Einwohnerzahl richtet, desto größer wird auch die Bedeutung von Bündnis 90/Die Grünen
und SPD. Sieht man sich beispielsweise die Großen Kreisstädte Offenburg und Lahr an, ist die
Tendenz zu den untersuchten Stadtkreisen bereits klar zu erkennen. In Lahr gehören fünf
Frauen dem Bündnis 90/Die Grünen, drei der SPD und nur eine den Freien Wählern an. In
Offenburg sind es vier Frauen die dem Bündnis 90/ Die Grünen angehören, vier die zur SPD
gehören und ebenfalls nur eine aus dem Wahlvorschlag der Freien Wähler. Es scheint also
eine gewisse Korrelation zwischen Gemeindegröße und weiblichen Gemeinderäten aus
verschiedenen Wahlvorschlägen zu bestehen.

                                                                           24
11. Durchschnittsalter der Gemeinderätinnen

Im Ortenaukreis hat sich der Altersdurchschnitt der Gemeinderätinnen um 1,58 Jahre
verringert. Sasbachwalden hatte mit 36 Jahren im Durchschnitt die jüngsten
Gemeinderätinnen im Jahr 2014. Mit einem Altersdurchschnitt von 33 Jahren haben im Jahr
2019 Sasbachwalden und Schuttertal die jüngsten Gemeinderätinnen. In den untersuchten
Stadtkreisen ist das Durchschnittsalter der Gemeinderätinnen um fast sechs Jahre gesunken.
Das bedeutet, dass der Wähler in größeren Städten bevorzugt jüngeren Frauen eine Chance
gibt bzw. dass in den Großstädten möglicherweise auch mehr jüngere Frauen kandidieren als
in kleineren Städten und Gemeinden.

              Durchschnittsalter der                            Durchschnittsalter der
               Gemeinderätinnen                                  Gemeinderätinnen
                im Ortenaukreis                                  in den Stadtkreisen
 53           50,2                                 53           50,7
                                   48,62
 48                                                48
                                                                                         45

 43                                                43

 38                                                38

 33                                                33

 28                                                28

 23                                                23

 18                                                18
             2014                   2019                        2014                 2019

                                                                         25
12. Durchschnittsalter der Gemeinderäte (Männer + Frauen)

Das Durchschnittsalter aller Gemeinderäte hat sich im Ortenaukreis um knapp ein Jahr
verringert. Kappel-Grafenhausen hat im Jahr 2019 mit einem Durchschnittsalter von 29,5
Jahren den jüngsten Gemeinderat im Ortenaukreis. Auch in den untersuchten Stadtkreisen
setzt sich dieser Trend fort. Das Durchschnittsalter sinkt hier um 3,6 Jahre. Zudem lässt sich
feststellen, dass die Gemeinderätinnen durchschnittlich jünger sind als die Gemeinderäte.
Auch bei der Gesamtheit der Gemeinderäte lässt sich somit eine stärkere Verjüngung in den
Stadtkreisen im Vergleich zu den ländlichen Regionen erkennen.

       Durchschnittsalter der Gemeinderäte                  Durchschnittsalter der Gemeinderäte
               (Männer + Frauen)                                     (Männer + Frauen)
                im Ortenaukreis                                     in den Stadtkreisen
              51,11                                                 52
 53                                  50,18           53
                                                                                          48,4
 48                                                  48

 43                                                  43

 38                                                  38

 33                                                  33

 28                                                  28

 23                                                  23

 18                                                  18
              2014                    2019                         2014                   2019

                                                                             26
13. Familienstand der Gemeinderätinnen im Ortenaukreis

Wie bereits in der Einleitung erwähnt ist die Anzahl der Frauen im Gemeinderat eine
wichtige Kennzahl, die in diesem Fachprojekt untersucht werden soll. Jedoch ist nicht nur die
Anzahl der Frauen im Gemeinderat interessant, sondern auch der Familienstand der
Gemeinderätinnen.
Ein Grund, warum viele Frauen vor einem Gemeinderatsmandat zurückschrecken, ist die
Vereinbarkeit von Familie, Beruf und dann noch dem dazukommenden kommunalpolitischen
Amt. Dies deutet unter anderem auch die Ärztin Maria Daub-Verhoeven, welche selbst seit
10 Jahren Gemeinderätin in Waibstadt im Rhein-Neckar-Kreis ist, in ihrem Interview mit der
Rhein-Neckar-Zeitung vom 24.05.2019 an: „Sie hätte eine Mehrfachbelastung durch Familie
und Beruf. Es müsste einfacher sein, den Frauen zeitliche Freiräume zu schaffen". 11

Diese Meinung ist auch bei vielen Experten und Gleichstellungsbeauftragten vertreten.
Gabriele Abels, Professorin für Politikwissenschaften in Tübingen, nennt in Ihrem Interview
mit SWR.de die Gründe, warum Frauen nicht für den Gemeinderat kandidieren. Einer davon
sei laut Abels die fehlende Zeit. Auch wenn sich immer mehr Männer zu Hause einbringen,
viele Frauen seien immer noch für das Familienmanagement zuständig. Für politisches
Engagement fehle ihnen häufig die Zeit.12
Mit der vorliegenden Untersuchung soll diese Situation anhand des Ortenaukreises genauer
untersucht werden.

11
  https://www.rnz.de/nachrichten/sinsheim_artikel,-kommunalwahl-im-kraichgau-darum-gibt-es-so-wenige-
frauen-im-gemeinderat-_arid,442242.html (Mittwoch, 22.01.2020, 13:26 Uhr)

12
     https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/Warum-machen-so-wenige-Frauen-
Kommunalpolitik,frauen-in-kommunalpolitik-100.html (Mittwoch, 22.01.2020 , 13:26 Uhr)

                                                                                    27
Familienstand der Gemeinderätinnen im              Familienstand der Gemeinderätinnen im
             Ortenaukreis 2014                                  Ortenaukreis 2019

              k.A.
                                                                k.A.
             34,7%                                             31,4%

                           verheiratet                                            verheiratet
                             52,6%                                                  50,5%
                                                                   ledig
                  ledig                                           15,7%
                 11,2%

                                                             geschieden
geschieden                                                      2,4%
   1,5%

Wie aus diesen Grafiken ersichtlich ist, kann zumindest im Ortenaukreis der Aussage nicht
voll inhaltlich zugestimmt werden. Ein Großteil der Gemeinderätinnen sind verheiratet, im
Jahre 2014 sind es 53 % und im Jahre 2019 51 %. Ledige Frauen sind lediglich mit 11 % im
Jahre 2014 und mit 16 % im Jahre 2019 vertreten. Die geschiedenen Frauen kommen kaum
in den Gemeinderäten im Ortenaukreis vor. Dies ist eventuell damit zu erklären, dass die
Gemeinden im Ortenaukreis überwiegend kleinere Gemeinden sind. Die kleineren
Gemeinden sind oftmals noch konservativer geprägt, was auch die Wahlergebnisse deutlich
machen. Daraus lässt sich ableiten, dass die verheirateten Frauen sehr stark im Gemeinderat
vertreten sind. Ein weiterer Faktor könnte hier das Alter der Gemeinderätinnen sein. Der
Altersdurchschnitt liegt im Jahre 2019 im Ortenaukreis bei ca. 49 Jahren. In diesem Alter ist
ein Großteil der Frauen schon verheiratet.

Auffällig ist jedoch, dass im Jahre 2019 im Vergleich zum Jahre 2014 die Anzahl der
verheirateten Frauen um 2 % gesunken und der Anteil der ledigen Frauen um 5 % gestiegen
ist. Dies lässt darauf schließen, dass der Trend hauptsächlich verheiratete Frauen im
Gemeinderat wiederzufinden leicht rückläufig ist. Dies kann auch mit den immer jünger
werdenden Gemeinderätinnen zusammenhängen. Im Vergleich zum Jahre 2014 ist der
Altersdurchschnitt der Frauen im Jahr 2019 gesunken. Zwar nur von ca. 50 Jahre im Jahr
2014 auf ca. 49 Jahre im Jahr 2019 und somit nur um knapp 1 Jahr.

                                                                             28
Im Jahr 2019 sind 51 % der Frauen im Gemeinderat verheiratet
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Großteil der Frauen im Gemeinderat
verheiratet ist. Jedoch gibt es im Vergleich der Jahre 2014 und 2019 einen Trend hin zu mehr
ledigen Frauen im Gemeinderat.

Leider können die Ergebnisse im Ortenaukreis bei dieser Frage nicht mit den Stadtkreisen
verglichen werden, da die Stadtkreise keine Angaben zum Familienstand der
Gemeinderätinnen liefern wollten oder konnten. Gemeinden und Städte aus dem
Ortenaukreis, die zu dieser Frage keine Angaben liefern konnten oder wollten, sind mit
„k.A.“ in der Grafik gekennzeichnet.

14. Alter der Gemeinderäte zum Wahlzeitpunkt

Ein weiterer Aspekt der Untersuchung ist das Alter der Gemeinderäte zum Wahlzeitpunkt.
Die meisten Gemeinderäte sind eher „gehobenen Alters“. Dies hat eine Untersuchung der
Hochschule Kehl unter dem Namen „Wer sind die Gemeinderäte in Baden-Württemberg?“
ergeben. Laut dieser Untersuchung ist die Mehrheit der Gemeinderäte in Baden-
Württemberg mit 35 % im Alter zwischen 45 und 55 Jahren, dicht gefolgt von den 55 bis 65
jährigen mit 30 %. 13
Anhand der Untersuchung der Projektgruppe soll herausgefunden werden wie alt die
Gemeinderäte im Ortenaukreis und den Stadtkreisen sind und ob sich signifikante
Veränderungen ergeben haben.

13
  http://www.hs-kehl.de/fileadmin/hsk/Forschung/Dokumente/PDF/Studie_Gemeinderatsbefragung.pdf
Mittwoch, 22.01.2020, 14:27 Uhr

                                                                                29
Die Untersuchung im Ortenaukreis hat folgende Daten ergeben:

Alter der Gemeinderäte zum Wahlzeitpunkt               Alter der Gemeinderäte zum Wahlzeitpunkt
           im Ortenaukreis 2014                                   im Ortenaukreis 2019

     k.A.                                                  k.A.
     5,5%                                                  5,5%
                     18 - 35                                                 18 - 35
                      6,6%                                                   12,1%

                               36 - 50
                               33,6%                                                   36 - 50
                                                                  51 und               28,8%
     51 und
                                                                   älter
      älter
                                                                  53,6%
     54,2%

Hieraus ist ersichtlich dass jeweils mehr als die Hälfte der Gemeinderäte 51 Jahre und älter
sind. Darauf folgt die Gruppe zwischen 36 – 50 Jahren. Die kleinste Gruppe sind die 18 – 35
Jährigen.
Eine Veränderung von 2014 zu 2019 gibt es bei den über 51 jährigen nicht, jeweils 54 % sind
über 51 Jahre alt. Eine erkennbare Veränderung gibt es aber bei den anderen Altersklassen.
Die 36 bis 50 jährigen haben einen Verlust von 5 % verzeichnet.
Diese 5 % sind bei den 18 – 35 jährigen hinzugekommen. Dies unterstreicht den langsam
aber sicher voranschreitenden Generationenwechsel. Viele Gemeinderäte im höheren Alter
scheiden aus, darauf folgen dann oft ganz junge Gemeinderäte. Das ist eine erfreuliche
Entwicklung, denn ein ausgeglichen Verhältnis zwischen jüngeren und älteren
Gemeinderäten ist sehr wichtig um die Interessen der unterschiedlichen Altersgruppen zu
repräsentieren. Die ganz jungen Gemeinderäte bringen andere Blickwinkel und wichtige
Themen, die die Jugend der Kommune betreffen, in den Gemeinderat ein.

Anzumerken ist hier noch, dass insgesamt drei Kommunen diese Frage nicht bzw. nicht
vollständig beantwortet haben. Diese Angaben wurden anhand der Gemeinderatsanzahl der
jeweiligen Kommune unter dem Punkt „keine Angabe“ („k.A.“ im Diagramm) wiedergegeben
um die Auswertung nicht zu verfälschen.

                                                                            30
Die Untersuchung hat bei den teilnehmenden Stadtkreisen folgende Daten ergeben:

  Alter der Gemeinderäte zum Wahlzeitpunkt in           Alter der Gemeinderäte zum Wahlzeitpunkt
              den Stadtkreisen 2014                               in den Stadtkreisen 2019

                       18 - 35
                                                                               18 - 35
                        8,3%
                                                                               14,7%
           k.A.               36 - 50
          38,5%               15,4%                               k.A.
                                                                 38,5%                   36 - 50
                                                                                         19,2%
                         51 und
                          älter                                           51 und
                         37,8%                                             älter
                                                                          27,6%

Erstaunlicherweise hatte die Gruppe der 51 jährigen und älter mit 38 % im Vergleich zu den
jüngeren Gruppen einen hohen Anteil. Die 36 – 50 jährigen liegen mit 15 % vor den 18 – 35
jährigen mit 8 %. Hier lässt sich erkennen dass die Ergebnisse der oben genannten
Untersuchung der Hochschule Kehl (in ganz Baden-Württemberg) in etwa auf die hier
untersuchten Stadtkreise anwendbar sind.
Im Jahr 2019 gab es in den Stadtkreisen jedoch massive Veränderungen. Die über 51 jährigen
sind stark zurückgegangen, um ganze 10 % auf 28 %. Diese 10 % verteilen sich wiederum auf
die zwei anderen Gruppen. Die 36 – 50 jährigen sind auf 19 % angestiegen, die 18 – 35
jährigen auf 15 %. Somit gab es bei den 18 – 35 jährigen den stärksten Zuwachs.

Diese starke Verjüngung der Gemeinderäte in den Stadtkreisen lässt sich auf den oben
aufgeführten Generationenwechsel zurückführen, es sind nun bedeutend mehr ganz junge
Gemeinderäte im Amt. Auch die Gemeinderäte mittleren Alters haben zugenommen. Somit
sind diese beiden Gruppen insgesamt größer als die Gruppe der älteren Gemeinderäte,
welche im Jahr 2014 noch die Mehrheit der Gemeinderäte in den Stadtkreisen ausgemacht
haben.

                                                                          31
Sie können auch lesen