Konzeption Waldgruppe - Familienzentrum Bad Wildungen - Stand: 12.09.2021 - Lebenshilfe-Werk Kreis Waldeck ...
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Konzeption Waldgruppe Familienzentrum Bad Wildungen Stand: 12.09.2021 Familienzentrum Bad Wildungen Lebenshilfe-Werk Kreis-Waldeck-Frankenberg e. V. Am Langen Rod 104 34537 Bad Wildungen Telefon: 05621 752986 - 430 1
Inhaltsverzeichnis 1 Vorwort...................................................................................... 3 2 Der Träger - Lebenshilfe-Werk Kreis Waldeck-Frankenberg e.V. (LHW) .............................................................................................. 4 3. Waldkindergarten ..................................................................... 5 3.1 Organisation und Waldgrundstück .......................................................................... 5 3.2 Kleidung ...................................................................................................................... 7 3.3 Auf die Eltern kommt es an ....................................................................................... 7 3.4 Weiterbildung ............................................................................................................. 7 3.5 Tagesablauf ................................................................................................................ 8 3.6 pädagogische Aktivitäten ......................................................................................... 9 3.7 Tiergestützte Pädagogik.......................................................................................... 10 4. Schlusswort ............................................................................ 14 2
1 Vorwort In unseren drei Familienzentren Korbach, Frankenberg und Bad Wildungen betreuen wir Kinder mit und ohne Behinderung im Alter vom vollendeten 9. Lebensmonat bis zum Schuleintritt. Ziel all unserer Aktivitäten ist stets die individuelle Förderung jedes einzelnen Kindes. Für uns ist jedes Kind eine einzigartige und unverwechselbare Person. Es hat das Recht auf die Wahrung seiner Persönlichkeit sowie die für seine Entwicklung erforderliche Anregung, Unterstützung und Begleitung. Integration, Inklusion und gemeinsame Sozialisation von Kindern mit und ohne Behinderung und nicht deren getrenntes Aufwachsen verstehen wir als normal und streben wir an. Inklusion vollzieht sich in den verschiedenen Interaktionen von Kindern untereinander, zwischen Kindern und Erwachsenen sowie in der interdisziplinären Zusammenarbeit. Wir als erfahrender Träger in der Kindertagesbetreuung wollen die Familien in diesem Prozess unterstützen und ihnen als Anlauf- und Begegnungspunkt zur Verfügung stehen. In dem vorliegenden Konzept einer Waldgruppe bieten wir den Familien und Kindern in Bad Wildungen eine zusätzliche Betreuungsform im Rahmen der Naturpädagogik an. Diese Konzeption der Waldgruppe des Familienzentrums stellt eine Ergänzung der Konzeption des Familienzentrums Bad Wildungen in der jeweils gültigen Version dar. Die dort beschrieben organisatorischen und pädagogischen Konzeptionen, sowie die Schwerpunkte des Familienzentrums sind gleichermaßen für die Waldgruppe gültig. 3
2 Der Träger - Lebenshilfe-Werk Kreis Waldeck-Frankenberg e.V. (LHW) Das Lebenshilfe-Werk Kreis Waldeck-Frankenberg e.V. (LHW) ist ein regionaler Sozial - Dienstleister in Form einer gemeinnützigen Einrichtung (e.V.). Die „tragenden“ Mitglieder sind die Lebenshilfe-Vereine Frankenberg (Eder) e.V. und Waldeck e.V. Weitere Mitglieder sind unter anderem der Landkreis und zahlreiche Kommunen und Vereine aus der Region. Der Träger sieht es als seine gesellschaftliche Aufgabe an, eine Verwirklichung von Integration/Inklusion von Menschen mit Behinderung zu schaffen. Das LHW ist in den Fachbereichen: • Kinder, Jugend und Familie • Arbeit • Wohnen und offene Hilfen • Zentrale Dienste organisiert. Das Ziel unserer Arbeit ist die Bereitstellung eines Angebotes von individuellen Hilfen und gezielter Förderung. Dafür gilt stets der Grundsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“. Mit diesen Leistungen sorgt das LHW für die Unterstützung der Menschen mit Behinderung zur Wahrung des Rechts auf Gleichbehandlung und die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Hier einige Beispiele aus dem Leistungsprofil des LHW: • Wohnangebote • Werkstätten für Menschen mit Behinderung • Familienentlastender Dienst (FeD) • Ambulanter Pflegedienst • Interdisziplinäre Frühförderstellen • Familienzentren Lebenshilfe-Werk Kreis Waldeck-Frankenberg e.V. (LHW) 4
3. Waldkindergarten Die Entstehung der Waldkindergärten kommt aus Dänemark. Das Erleben der Natur, das Spielen und Toben unter freiem Himmel, in der offenen Landschaft, ist in den nordischen Ländern eine wesentliche Voraussetzung für Lebensqualität. In privater Trägerschaft wurde 1968 in Deutschland der erste Waldkindergarten gegründet. Im Jahr 1993 folgte dann der erste kommunale Waldkindergarten in Deutschland. Durch die ausschließlich positiven Entwicklungen haben sich in Deutschland bis heute ca. 700 anerkannte Waldgruppen gebildet. Kindheit in der heutigen Zeit findet hauptsächlich im Elternhaus, dem Kindergarten und der Schule statt. In allen Lebenswelten werden den Kindern industriell gefertigte Spielmaterialien, Spielgeräte, Lebensmittel, Filme, Computerprogramme und zahlreiche weitere Medien zur Entwicklung zur Verfügung gestellt. Teilweise nehmen die Kinder an zusätzlich organisierten Angeboten wie Reiten, Ballett oder Musikunterricht teil. Trotzdem nehmen wir eine deutliche Zunahme von Verhaltensauffälligkeiten bei den Kindern wahr. Insgesamt können sich Kinder nicht mehr so gut konzentrieren, sie haben keine Ausdauer und reagieren häufig bereits bei kleinen Belastungen aggressiv. Außerdem weisen viele Kinder Sprachstörungen auf, ihre Wahrnehmungsfähigkeit ist reduziert oder ihre Motorik ist nicht altersgemäß entwickelt. Mit dem Konzept eines Waldkindergartens möchten wir den Kindern einen natürlichen Raum bieten, der sowohl ihre motorischen, sensorischen als auch die sozialen Fähigkeiten fördert. Der Schwerpunkt der Förderung in der Natur bezieht sich auf die Schulung der Sinne, der Grob- und Feinmotorik, der Kreativität und der Phantasie. Die Bewegung und der verstärkte Einsatz der Sprache sind für die Entwicklung motorischer Ausgeglichenheit und intellektueller Fähigkeiten von großer Bedeutung. Ein Vorteil ist das Spielen in der Natur. Die frische Luft, die wechselnden Temperaturen, die Bewe- gung und das Ausprobieren körperlicher Fertigkeiten härten ab, stärken die Abwehrstoffe im Körper und tragen so zur Gesundung oder Vorbeugung bei. Das gilt auch für die Erwachsenen. So ist zum Beispiel die akustische Belastung für die Mitarbeiterinnen geringer als in einem Gebäude. Insbesondere für Kinder mit Behinderung und/oder Fluchterfahrung bietet die Waldgruppe eine Chance für ihre weitere Entwicklung. Auch für Kinder mit einer Behinderung oder einer Entwicklungsverzögerung bietet der Waldkindergarten Integrationsmöglichkeiten durch die Stärkung der eigenen Lebens- und Handlungskompetenz, sowie durch die Steigerung des Gemeinschaftsgefühls und des Selbstvertrauens. Insbesondere für Bad Wildungen bietet es sich an unterschiedliche Konzepte und Betreuungsformen zur Verfügung zu stellen und somit die Wahlmöglichkeiten für Eltern und ihr Kind zu erhöhen. Zusätzlich besteht hier die Chance die Ressource Natur und Wald zu nutzen. Bei den Kindern kann durch die intensive Beobachtung der Umwelt ein anderes Bewusstsein und Verantwortungsgefühl gegenüber der Natur erreicht werden. Man kann davon ausgehen, dass Kinder, die in ihrer Kindheit in enger Bindung an die Natur aufgewachsen sind, sich auch in ihrem Erwachsenenleben von einer besonderen Verantwortung für die natürliche Umwelt leiten lassen. Die Kinder sollen die Natur als Freund, als tollen Spielkameraden und als erlebbare Umgebung erfahren. 3.1 Organisation und Waldgrundstück Von entscheidender Bedeutung unserer Waldgruppe ist das geeignete Grundstück mit dem dort befindlichen beheizbaren Tinyhouse. Wir sind uns mit dem zuständigen Revierförster, sowie der Stadt Bad Wildungen sehr schnell einig geworden und so bekamen wir ein städtisches Waldstück oberhalb des Kurparkes (Herzog-Georg-Weg) zur Verfügung gestellt. In diesem Wald wurden bereits Führungen für Kindergruppen durch den Förster angeboten und es verfügt über eine sehr 5
gute Verkehrsanbindung (Parkplatz und Rettungsweg). Um sich an kalten Tagen aufzuwärmen oder um Kinder bei Bedarf zu wickeln, ist ein mobiles Tinyhouse am Rand des Kurparkes aufgestellt. Außerdem gibt es auf dem Platz und in unmittelbarer Nähe ein Tipi. Das Haus verfügt über Sitzgelegenheiten, Garderoben, einen Kühlschrank, eine Toilette, einen Wickelbereich und ein Waschbecken, welches durch einen täglich frisch gefüllten mobilen Wasserkanister betrieben wird. An kalten Tagen haben sowohl die Kinder als auch die pädagogischen Fachkräfte die Möglichkeit sich an einem angemeldeten Lagerfeuer auf dem Platz und im Tipi aufzuwärmen. Eine räumliche Begrenzung durch einen Zaun gibt es nicht. Der Bewegungsraum der Kinder ist durch sichtbare Markierungen (z.B. an Bäumen) begrenzt. Die Waldkindergartengruppe ist neben dem Aufenthalt auf dem Grundstück durch Ausflüge und Spaziergänge oft im angrenzenden Waldgebiet unterwegs. Die Waldgruppe umfasst aus pädagogischer Sicht eine begrenzte Anzahl an Betreuungsplätzen. Eine beispielhafte Zusammensetzung der Gruppe wäre: • 11 Kinder über 3 Jahren • 5 Kinder unter 3 Jahren • 2 Kinder mit Behinderung über 3 Jahren 6
In der Waldgruppe werden qualifizierte, pädagogische Fachkräfte eingesetzt. Regelmäßige Fortbildungen sind für die Kollegen und Kolleginnen ein fester Bestandteil in der Jahresplanung. Die Betreuungszeit der Waldgruppe findet zwischen 07:30 – 13:30 statt. Die Kinder sind fest in der Waldgruppe eingeplant. Für Notfälle und eingehende Elternanrufe ist ein Mobiltelefon vorhanden. Einige Tage im Jahr ist der Besuch des Waldkindergartens Wetter bedingt nicht möglich. Dazu zählen die Sommergewitter, Sturmschäden oder sehr schneereiche Tage. An diesen Tagen kann die Gruppe den ausgewiesenen Schutzraum des Familienzentrums aufsuchen. Nach den Erfahrungen aus anderen Waldkindergärten zu urteilen, handelt es sich hierbei um ca. 10 Tage im Kalenderjahr. 3.2 Kleidung Besonders wichtig ist die Kleidung der Kinder. Diese sollte bequem zweckmäßig und dem Wetter entsprechend sein. Die Kinder müssen sich wohlfühlen. Ganz besonders ist auf festes Schuhwerk (z.B. Wanderschuhe) zu achten, so dass die Kinder sich nicht verletzen können. Außerdem muss immer lange Kleidung und ein Halstuch (z.B. Buff) getragen werden, um Dornen und Zecken zu vermeiden. Wechselkleidung und Sonnencreme sollte für jedes Kind im Bauwagen vorhanden sein. Im Rucksack sollten sich täglich Socken, Unterwäsche und bei Bedarf Windeln befinden. 3.3 Auf die Eltern kommt es an Mit eine der wichtigsten Vorrausetzung für das Gelingen einer Waldgruppe sind die Eltern. Sie müssen sich mit dem Thema und der Konzeption auseinandersetzen und sich mit ihr identifizieren können. Die Anmeldung eines Kindes in der Waldgruppe, sollte auf Wunsch der Eltern und des Kindes speziell für diese Gruppe erfolgen. Die Eltern und ihre Kinder haben die Möglichkeit mit der Einrichtungsleitung Hospitationstermine zu vereinbaren. Eine besondere Bedeutung erhält in der Waldgruppe aufgrund der besonderen pädagogischen Ausrichtung die partnerschaftliche Elternarbeit. 3.4 Weiterbildung Ebenso wichtig ist es, dass sich das pädagogische Personal mit der Konzeption und dem Alltag im Wald auseinandersetzt und identifiziert. Fortbildungen können auch hierbei einen wesentlichen Beitrag leisten. Zusätzlich sind die regelmäßigen Schulungen in Erste-Hilfe eine Voraussetzung für eine Waldgruppe. 7
3.5 Tagesablauf . • Frühbetreuung 07:30 -08:00 • Arbeitsbeginn 2. pädagogische Fachkraft Uhr • Bringzeit • Arbeitsbeginn 3. pädagogische Fachkraft 08:00 - 09:00 Uhr • Aktivitäten in Kleingruppen / Freispielzeit • freies Frühstück • Freispiel 08:00 - 10:00 Uhr • Aktivitäten/ Angebote • Morgenkreis 10:00 - 10:15 Uhr • Ausflüge/ Spaziergänge • Angebote 10:15-12:00 • Freispiel in Wald und Natur • zweite Brotmahlzeit (wird von den Eltern mitgegeben) 12:00 . 12:45 • Freispiel Uhr • Abholzeit 12:45 - 13:30 Uhr 8
3.6 Pädagogische Aktivitäten Die Kinder lernen verschiedene Pflanzen und Baumarten kennen. Ganz wichtig hierbei ist es, mit den Kindern den richtigen Umgang mit der Natur zu erarbeiten. z.B. dass im Wald keine Pflanzen, ohne Ab- sprache mit den pädagogischen Fachkräften, gegessen werden dürfen. Sie lernen wichtige Verhaltensregeln für den Lebensraum Wald und werden dabei begleitet Verantwortung zu übernehmen. Die pädagogischen Angebote und Aktivitäten sind vielseitig und haben die Natur und Umwelt stets im Fokus. Außerdem lernen die Kinder ebenfalls den Umgang mit Feuer und wie sie sich am Feuer Verhalten müssen. Die Kinder können ebenfalls den pädagogischen Fachkräften mit einer geeigneten Kinderaxt helfen Holz für das Feuer zu hacken. Außerdem können die Kinder an der Feuerstelle das Holz zu einem Turm stapeln und das Feuer mithilfe eines Feuerzeuges anzuzünden. Die pädagogischen Fachkräfte fördern die Kinder darin, welche Materialien hilfreich zum Feuer anmachen sein könn- ten, wie zum Beispiel Harz oder Buchenrinde. Ebenfalls helfen die Kin- der Holz für das Feuer zu sammeln oder klein zu sägen. Die pädagogischen Fachkräfte ermutigen auch die größeren Kinder neues auszuprobieren, wie zum Beispiel mit Feuer- stahl Feuer zu machen. Ein ganz großes Thema im Wald ist ebenfalls das Schnitzen. Dort erlernen die pädagogischen Fach- kräfte den Kindern den Umgang mit dem Messer. Die Kinder können sich immer einen Stock suchen, anschließend sollen die Kinder zu einer pädagogischen Fachkraft kommen. Diese geht mit den Kin- dern die Schnitzregeln durch und händigt ihnen ein für das Kind geeignetes Messer aus. Wir haben im Wald sowohl einfache Schnitzmesser (Küchenmesser) oder Opinel. Die Kinder dürfen ebenfalls ihr eigenes Schnitzmesser von zu Hause mitbringen. Diese müssen dann am Anfang des Kindergarten- tages das Messer bei einer pädagogischen Fachkraft abgeben. Das Messer wird dann von den päda- gogischen Fachkräften aufbewahrt und auf die funktionstüchtigkeit kontrolliert. Die pädagogischen Fachkräfte versuchen einmal in der Woche mit den Kindern zu kochen. Wir bieten Stockbrot, Pizza oder verschiedene Suppen an. Für das Stockbrot haben die pädagogische Fachkräf- te Haselnussstöcke mit den Kindern geschnitzt, wo der Teig herum gewickelt werden kann. Bevor das Kochen aber beginnen kann, wird gemeinsam mit den Kindern das Feuer angezündet. Nachdem eine Glut entstanden ist, kann mit dem Kochen begonnen werden. Hierbei lernen die Kinder Geduld und Selbstständigkeit. Die Pizza wird mit Tomatenmark, Kräutern und Käse belegt und wird in einem Dutch Oven gelegt und in einem Glutbett aus Holz und Kohle gebacken. Anschließend teilen wir die Pizza unter den Kindern auf, bis die letzte Pizza gegessen wurde. An den Tagen wo wir Suppe selber kochen, können die Kinder zunächst einmal die Zutaten für die Suppe schälen oder klein schneiden. Anschließend werden die Zutaten angebraten und anschließend über dem Feuer gegart. Die Bewegungserziehung steht ebenfalls besonders im Vor- der- grund. Die Sicherheit und Aufsicht der Kinder steht dabei an erster Stelle. In großen Kindergruppen führt Kunst- licht und Lärm zu Reizüberflutung. Hinzu können durch ständiges Sitzen und wenig Bewegung noch Haltungsschäden kommen, wie in den letzten Jah- ren beobachtet werden konnte. Der Wald steht mit seinen unendlich vielen Spiel- und Bewegungs- möglichkeiten offen und lädt dazu ein aktiv und in Bewegung zu sein. 9
Bisher unerwähnt blieb in dieser Konzeption der gesundheitliche Aspekt in Form von neuen Bewegungsräumen und die Vorbeugung von Infektionskrankheiten und Übergewicht. Die Natur kann für Kinder zahlreiche neue Perspektiven in der vorschulischen Förderung bieten und ihren Lernschatz erweitern. Durch die Natur werden bei Kindern Kompetenzen gefördert, die sie in herkömmlichen Betreuungskonzepten nicht entwickeln könnten. Im Wald bietet sich auch eine gute Gelegenheit, eigene Gedanken und Strategien zu entwickeln. Durch die Möglichkeiten mit Naturmaterialien zu spielen, werden die Kreativität und Denkprozesse der Kinder geweckt. Das Kind hat in der Natur die Möglichkeit, Alternativen zu überfüllten Kinderzimmern zu finden und diese durch die spielzeugfreie Zeit ganz bewusst zu erleben. Im Wald sind Kinder besonders aufeinander angewiesen. Soziale Kompetenzen werden in vielen Bereichen gefördert. Schnell stoßen die Kinder an Regeln und Grenzen, bei denen sie sich einander helfen und unterstützen müssen. Diese Erfahrung schafft Selbstvertrauen und stärkt die Persönlichkeitsentwicklung. Das autonome Handeln und das Vertrauen was den Kindern z.B. in Bezug auf die Einhaltung der Begrenzungsmarkierungen entgegengebracht wird fördern das Selbstvertrauen und die Autonomie der Kinder zusätzlich. Die Natur ist ein unabdingbarer Lernort für alle Entwicklungsbereiche 3.7 Tiergestützte Pädagogik In der tiergestützten Arbeit ist es für uns wichtig, dass die Kinder einen angemessenen Umgang mit Hunden lernen. Nicht jedes Kind muss Hunde mögen, sondern nur akzeptieren. Die Aufgabe des Therapiebegleithundeteams ist es, den Kindern zu zeigen, dass sie keine Angst vor dem Hund haben müssen und dass sie in allen Lebenslagen von dem Hund unterstützt werden. Es wird den Kindern gezeigt, dass der Hund eine wertvolle Unterstützung ist, sodass sie mit allen Sinnen lernen können. Der Hund dient für die Kinder als Motivator in ihrer Entwicklung. In der tiergestützten Pädagogik gibt es viele Möglichkeiten, mit den Kindern zu arbeiten. Der Hund kann in vielen erzieherischen Bereichen helfen und unterstützen. In Hinblick auf die Wahrnehmung, Selbstwahrnehmung, Bewegung, Kognition und Sprache gibt es zahlreiche Möglichkeiten den Hund einzusetzen. Die Kinder merken nicht, dass sie üben oder gefördert werden, da alle Aktivitäten mit dem Tier spielerisch und ohne Zwang und Druck ausgeführt werden. Für die Lernfortschritte ist es wichtig, dass die Kinder mit dem „Was sie tun“, Erfolge erzielen. Die Kinder lernen bei dem alltäglichen Umgang mit dem Hund nicht nur die oben genannten Aspekte, sondern lernen ebenfalls Verantwortung zu übernehmen, emphatisch zu Handeln und die tierischen Begleiter stärken nebenbei ihr Selbstbewusstsein und das Selbstwertgefühl. 3.7.1 Warum setzen wir einen Hund ein? Wir setzen einen Hund als Motivator der Kinder in allen Bildungsbereichen ein, da Kinder schnell einen Kontakt zu Tieren herstellen und durch das Tier immer wieder zu aktiven Handeln animiert werden. Zudem ist die Tierwelt die Lieblingswelt von vielen Kindern. Sobald ein Kind traurig ist und ein Tier in der Nähe ist, ist der Schmerz ganz schnell vergessen. Für viele Kinder ist es heutzutage leider nicht mehr selbstverständlich, dass sie mit Tieren aufwachsen. Viele Familien haben nicht die Zeit, um ein Tier oder ein Hund zu halten. Kinder sollten in der tiergestützten Pädagogik erleben, dass sie nicht vor allen Hunden Angst haben müssen. Dabei ist 10
es wichtig, den Kindern zu erklären, dass es auch gefährliche Hunde gibt. Kinder sollten immer Respekt gegenüber den Hunden haben und lernen, dass sie nicht ohne zu Fragen zu fremden Hunden gehen sollten. Durch den Einsatz des Hundes im pädagogischen Alltag lernen die Kinder den richtigen Umgang mit Hunden. Bei einer Begegnung mit einem fremden Hund wird den Kindern ein adäquates Verhalten und Respekt gegenüber den Hunden gezeigt. Die Kinder können die Kommunikation des Hundes erlernen und sie können im Verlauf der Arbeit die Signale des Hundes entschlüsseln. Da der Hund schon im Laufe der Evolution immer ein Wegbegleiter des Menschen war, gehören Hunde zu den Tieren, die sich der Kommunikation des Menschen angenähert haben. Die Hunde zeigen uns durch ihre Körperhaltung in verbaler und nonverbaler Form die Bereitschaft der Kommunikation. Durch den Hund schaffen es die pädagogischen Fachkräfte oft, eine vertrauensvolle Beziehung zum Kind aufzubauen. Die Kinder erhalten von dem Hund ein Gefühl von Geborgenheit und fühlen sich bei dem Hund sicher. 3.7.2 Das Therapiebegleithundeteam Jerry ist eine vierjährige black tri Australian Shepherd Hündin. Sie ist am 07.07.2017 in München geboren und hat ein sehr freundliches, aktives, gutmütiges Wesen und liebt es zu arbeiten. Sie liebt Kinder und sie zeigt eine hohe Bereitschaft am Lernen. Bei allen Aufgaben die Jerry gestellt werden, zeigt sie sehr schnell ihr Können und möchte dem Hundführer gefallen. Jerry hat großen Spaß am Kontakt mit Menschen und ist neugierig in einer neuen Umgebung. Sie geht sehr gerne spazieren, apportiert gerne ihren Ball oder ihren Futterbeutel. Des Weiteren liebt sie das Lernen mit dem Clicker, den Menschenkontakt, das Kuscheln mit den Menschen und sie liebt es, beschäftigt zu werden. Schon als Welpe hat Jerry alle unterschiedlichen Reize und Menschen kennenlernen dürfen, sodass sie schon bei ihrer Mutter sehr gut sozialisiert wurde. Dies wurde dann im Alter von 4 Monaten mit der Jerry weitergeführt. Sie hatte von Anfang an viel Kontakt zu Artgenossen und zeigte sich immer stets freundlich. Als Junghund wurde mit Jerry eine Hundeschule besucht. Im August 2019 wurde die Therapiebegleithundeausbildung begonnen und im September 2020 die Prüfung abgelegt. Die pädagogische Fachkraft und gleichzeitig die Hundeführerin heißt Katharina Meyfarth. 3.7.3 Hygieneplan und medizinische Voraussetzungen Um das Risiko einer möglichen Infektionsübertragung von dem Hund auf den Menschen und umgekehrt zu minimieren, werden folgende Maßnahmen durchgeführt: • Regelmäßige Durchführung der vorgeschriebenen Impfungen. • Regelmäßige Kontrolle des Hundes auf Befall von Endoparasiten durch regelmäßiges ent- wurmen (alle 3 Monate). • Regelmäßige Kontrolle von Ektoparasiten durch die äußere Untersuchung des Hundes. • Hundeutensilien, wie z.B. Gefäße, Spielzeug, Hundedecken usw., werden separat aufbewahrt und regelmäßig gereinigt. • Kein Einsatz des Hundes, wenn er krank ist. Um die Hygiene im Umgang mit den Kindern und den Hund zu gewährleisten, halten wir folgende Hygienemaßnahmen ein: • Nach jeder Einheit mit dem Hund werden die Hände gewaschen. • Der Hund betritt keine Küche in dem Essen vorbereitet wird. • Falls Allergien bestehen, setzt sich das Team zusammen und der Alltag wird besprochen, sodass das Kind nicht gefährdet wird. Der Hund besitzt ein gültiges Gesundheitszeugnis vom Tierarzt und einen aktuellen Impfausweis. Sollte ein Kind eine Allergie gegen Hundehaare haben, wird geklärt, ob das Kind ebenfalls eine Allergie gegen Jerry aufweist. Sollte das Kind eine allergische Reaktion auf Jerry aufweisen, wird der Kontakt zwischen dem Kind und dem Hund vermieden. Falls das Kind doch in Berührung mit dem Hund kommt, werden im Anschluss sofort die Hände gewaschen. 11
3.7.4 Ziele der tiergestützten Pädagogik 3.7.4.1 Wahrnehmung In der Interaktion mit dem Hund werden verschiedene taktile Reize erlernt. Sie erlernen die Reize durch das Streicheln des Hundes oder durch die feuchte und raue Zunge des Hundes zum Beispiel durch Leckerligabe. Die Tiefenwahrnehmung (propriozeptive Wahrnehmung) können spielerisch durch Zug und Druck geübt werden. Dabei hilft das Führen des Hundes an der Leine. 3.7.4.2 Selbstvertrauen Der Hund gibt den Kindern durch sein Verhalten eine direkte Rückmeldung, wie selbstbewusst sie sind. Wollen die Kinder dem Hund Kommandos nennen, die er befolgen soll, müssen die Kinder ein gewisses Selbstvertrauen ausstrahlen. Wenn ein Kind dem Hund schüchtern ein Kommando nennt, wird der Hund dieses nicht ausführen, wo hingegen der Hund die Kommandos eines selbstbewussten Kindes durchführen wird. Wenn ein Kind aus irgendwelchen Gründen Angst vor Hunden aufzeigt, werden wir dem Kind die Möglichkeit geben sich auf Abstand zu dem Tier aufzuhalten. Aus gewünschter Entfernung den Hund zu beobachten ist für das betreffende Kind meist schon Mut genug. Im Laufe der Zeit wird das Kind ermutigt Kontakt zu dem Hund aufzunehmen. Es wird jedoch nicht gedrängt sich dem Hund zu nähern. Das Kind sollte freiwillig auf den Hund zugehen, denn die Freude am Hund muss im Vordergrund stehen. 3.7.4.3 Bewegung Bewegung ist sowohl für den Hund als auch für das Kind sehr wichtig. Der Hund fordert oftmals die Kinder durch seine Körperhaltung zum Bewegen oder zum Spielen auf. Um hier die Bewegung zu fördern, kann dafür zusätzlich ein Parcours aufgebaut werden, welcher von den Kindern und dem Hund absolviert wird. Hierbei kann der Hund dem Kind den Parcours zeigen oder umgekehrt. 3.7.4.4 Kognition Der Begriff Kognition ist ein sehr breit gefächerter Begriff und umfasst alle Denk und Wahrnehmungsvorgänge. Dazu gehören Konzentration, Aufmerksamkeit, Erinnerung, Lernen, Orientierung und logisches Denken. Mit dem Hund und den Kindern können zusammen viele kognitive Denk- und Wahrnehmungsvorgänge spielerisch eingeübt werden. Dazu gehören beispielsweise auf einem Bein stehen. Dabei dient der Hund als Motivator, der die Fähigkeiten den Kindern spielerisch beibringt. 3.7.4.5 Sprache Hunde regen die Kinder zum Sprechen an. Hierbei dienen die Hunde als stille Zuhörer oder sie können mit den Hund sprechen. Der Hund gibt den Kindern keine negative Rückmeldung zur Aussprache und er kann das Kind nicht verbessern. Aber der Hund gibt dem Kind das Gefühl es zu verstehen. Außerdem bewertet oder beurteilt der Hund nicht. Hierbei bekommen die Kinder das Gefühl, dass sie sich öffnen können. Da der Hund eher auf die Körpersprache achtet, führt er auch Kommandos aus, wenn diese undeutlich oder falsch ausgesprochen worden sind. 3.7.4.6 Sozialverhalten Die Eigenschaften des Sozialverhaltens sind unter anderem Empathie zeigen, aufeinander eingehen, Rücksicht nehmen und Verantwortung übernehmen. All diese Eigenschaften werden beim normalen täglichen Umgang mit dem Hund erlernt. Dabei müssen sich die Kinder in den Hund hineinversetzen und erkennen, wann der Hund Ruhe vom Spiel benötigt und ihm diese auch gewähren. Außerdem können die Kinder auch Aufgaben übernehmen, wie zum Beispiel auf den Hund aufpassen, den Hund füttern oder schauen, dass er immer genug Wasser hat. Mit all diesen Aufgaben wird das Sozialverhalten von Kind zu Hund oder aber auch von Kind zu Kind unbewusst gefördert. 12
3.7.5 Bedürfnisse des Hundes In der Waldgruppe gibt es für den Hund eine Rückzugsmöglichkeit in einer gesonderten Box. (Hundehaus) Regeln in der Arbeit mit dem Hund Um das tägliche Arbeiten entspannter zu gestalten gibt es einige Regeln, die beachtet werden müssen: • Den Hund achten • Den Hund schützen • Leise sein • Respektvoll sein • Hund alleine lassen, sobald Hundeführerin nicht anwesend ist • Hund schlafen lassen • Leckerlis nur auf Aufforderung geben 13
4. Schlusswort Wir sind der Überzeugung, dass diese Waldgruppe in Bad Wildungen eine wertvolle Alternative zu den bisherigen Betreuungsangeboten bietet. Sowohl im Hinblick auf die unendlichen Möglichkeiten die der Wald, die Natur und der Hund bieten, die Kreativität walten zu lassen, als auch in Betracht der positiven, vielseitigen Möglichkeiten der Förderung der verschiedensten Kompetenzen und Ressourcen zeigt sich die Relevanz einer solchen Betreuungsmöglichkeit. Besonders auch im Hinblick auf die Schaffung eines Bewusstseins für die eigene Umwelt und die Natur ist diese Betreuungsform als eine Art Identifizierungs- und Auseinandersetzungsmöglichkeit ideal. 14
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