HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG - AUF 2B USTG - KÜFFNER ...

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HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG - AUF 2B USTG - KÜFFNER ...
HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG
AUF § 2b UStG
FÜR KREISANGEHÖRIGE GEMEINDEN
IN BAYERN
HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG - AUF 2B USTG - KÜFFNER ...
VORWORT

EINE LICHTUNG IM STEUERDSCHUNGEL
                                                       DIE UNKENNTNIS DER STEUERGESETZE BEFREIT NICHT VON
                                                       DER PFLICHT ZUM STEUERNZAHLEN. DIE KENNTNIS ABER HÄUFIG.
                                                       Amschel Meyer Rothschild (1744 – 1812)

70 % der Steuerliteratur weltweit sind in              Belastungen der Bürger und der Ge-
deutscher Sprache verfasst, so lautet zu-              meinden führen wird, nicht zuletzt bei
mindest ein bekanntes Bonmot zum                       der interkommunalen Zusammenarbeit.
Deutschen Steuerrecht. Ich bin mir nicht
sicher, ob ich mich darüber freuen soll,               Auch wenn dieser Ausblick wenig eupho-
dass nun auch der Bayerische Gemeinde-                 risch stimmt, bringt es nichts, den Kopf
tag einen Beitrag zu dieser Quote leistet.             in den Sand zu stecken. Um die Gestal-
Viele Gemeinden hätten vermutlich auf                  tungsmöglichkeiten, die das neue Recht
die Reform des Umsatzsteuerrechts gut                  bietet, zu erkennen und zu nutzen, geht
verzichten können. Bringt doch der neue                kein Weg daran vorbei, sich gut mit der
§ 2b UStG für alle Körperschaften des                  Materie vertraut zu machen. Ich bin mir
öffentlichen Rechts zunächst einmal vor                sicher, dass die bayerischen Gemeinden
allem eines: Viel Arbeit! Alle Einnahmen               auch diese Herausforderung meistern
wollen erfasst und analysiert werden;                  werden und das Umsatzsteuerrecht in
sämtliche Verträge gehören auf den Prüf-               5 Jahren zur Normalität in den Rathäu-
stand und müssen gegebenenfalls geän-                  sern gehören wird. Es würde mich freu-        DR. UWE BRANDL
dert werden und nicht zuletzt ist auch                 en, wenn die vorliegende Handreichung         Präsident
die Organisation der Verwaltung zu über-               des Bayerischen Gemeindetags hierzu ei-       des Bayerischen Gemeindetags
denken. Sind die Zuständigkeiten im                    nen Beitrag leisten kann und für Sie eine
Rathaus eindeutig geklärt und die Pro-                 Lichtung im Steuerdschungel schafft.
zesse so aufgestellt, dass die Bürgermeis-
terin oder der Bürgermeister die Steuer-               Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof.
erklärungen mit ruhigem Gewissen un-                   Dr. Küffner und seinem Team. Er und
terzeichnen kann? Oder müssen die Ver-                 seine Mitarbeiter haben mit hoher fachli-
antwortlichen in Zukunft befürchten,                   cher Expertise und großem Engagement
als Steuersünder auf der Anklagebank                   einen wichtigen Beitrag zum Gelingen
zu sitzen?                                             dieser Schrift geleistet.

Lohnt sich dieser Aufwand für die Ge-                  Eine erkenntnisreiche Lektüre wünscht
meinden wenigstens finanziell? Dies mag                Ihnen
bei einigen Kommunen der Fall sein, weil
sie bei größeren Investitionen von den                 Ihr
besseren Möglichkeiten zum Vorsteuer-
abzug profitieren werden. Für den Groß-
teil der Gemeinden bin ich allerdings                  Dr. Uwe Brandl
skeptisch und fürchte eher, dass die Aus-
weitung der Umsatzsteuer zu höheren

Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH                                           HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG     3
VORWORT

ENDSPURT § 2b UStG 2021

Vor über 20 Jahren habe ich ein steuer-                Ein besonderer Dank gilt meiner Kolle-
rechtliches Thema für meine Promotion                  gin Frau Stefanie Stern und meinem Kol-
gesucht. Mein Vater, selbst Steuerberater,             legen Niko Ferstl, die mich tatkräftig bei
hat mich damals auf die ungeklärten Fra-               der Erstellung dieser Handausgabe un-
gen der Umsatzbesteuerung von Körper-                  terstützt haben. Ebenso möchte ich mich
schaften des öffentlichen Rechts hinge-                sehr herzlich bei Herrn Georg Große
wiesen. Zu dieser Zeit hat das Thema nur               Verspohl bedanken, der das Werk nicht
die Wissenschaft interessiert.                         nur initiiert hat, sondern auch für den
                                                       notwendigen Praxisbezug gesorgt hat.
Heute bin ich meinem Vater dankbar,
dass er mich auf das Thema aufmerksam                  Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lek-
gemacht hat. Ich habe nicht nur erfolg-                türe. Wir alle würden uns freuen, wenn
reich meinen Doktortitel erhalten. Die                 wir Sie für die Umsatzbesteuerung der
Besteuerung der öffentlichen Hand fas-                 öffentlichen Hand begeistern könnten.
ziniert mich heute noch genauso wie vor
20 Jahren. Doch nicht nur mich allein.                 Ihr                                           PROF. DR. THOMAS KÜFFNER
Zusammen mit einem Dutzend anderer                                                                   Rechtsanwalt, Steuerberater,
Berufsträger beschäftigen wir uns heu-                                                               Wirtschaftsprüfer,
te in unserer Kanzlei schwerpunktmäßig                 Prof. Dr. Thomas Küffner                      Fachanwalt für Steuerrecht
mit Fragen der Besteuerung der öffent-
lichen Hand – von kleinen kreisangehö-
rigen Gemeinden bis hin zu großen öf-
fentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.
Und jeder Fall ist spannend wie am ers-
ten Tag. Auch das Ziel ist gleich geblie-
ben: Die beste praxisorientierte Lösung
zu finden.

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INHALTSVERZEICHNIS

          Eine Lichtung im Steuerdschungel               3    5.      Optionsregelung und Widerruf der Option                 22
          Endspurt § 2b UStG 2021                        5
          Neu im Blick: Die Gemeinde als Unternehmerin   8    6.      Steuerbefreiungen                                       23

                                                               7.      Kleinunternehmerregelung                                24
TEIL 1    EINFÜHRUNG IN DAS UMSATZSTEUERRECHT                  7.1     Grundregeln                                             24
                                                               7.2     Voraussetzungen                                         24
1.        Funktionsweise der Umsatzsteuer                10   7.3     Rechtsfolgen                                            25
                                                               7.4 	Verzicht auf die Anwendung
2.        Leistungsaustausch                             11           des § 19 Abs. 1 UStG                                    25
2.1       Mehrere Personen                               11
2.2       Entgeltlichkeit der Leistung                   12   8.      Vorsteuerabzug                                          25
2.2.1     Unentgeltliche Leistungen                      12   8.1     Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs                     25
2.2.2     Abgrenzungsfragen beim Leistungsaustausch      13   8.2     Vorsteuerkorrektur                                      27
                                                               8.3 	Vorsteuerkorrektur im Rahmen
3.        Der Betrieb gewerblicher Art – „altes Recht“   14           der Umstellung auf das neue Recht                       28
3.1       Einrichtung                                    15
3.2       Wirtschaftliche Tätigkeit                      15
3.3       Hoheitsbetrieb                                 15
3.4       Einnahmeerzielungsabsicht und Nachhaltigkeit 16
3.5       Wirtschaftliche Bedeutsamkeit                  16
3.6       Beistandsleistungen                            16

4. 	Das „neue Recht“ der Besteuerung
          der öffentlichen Hand                          16
4.1       Grundsatz: Gemeinde ist Unternehmerin          17
4.2       Ausnahme: Hoheitliche Tätigkeit                18
4.3       Größere Wettbewerbsverzerrungen                19
4.4       Interkommunale Zusammenarbeit                  20
4.4.1     Systematischer Zusammenhang                    20
4.4.2     Leistungen im exklusiv hoheitlichen Bereich    20
4.4.3     Begünstigte Kooperation                        21
4.4.3.1   Langfristige Vereinbarung                      21
4.4.3.2   Erhalt der öffentlichen Infrastruktur          21
4.4.3.3   Wahrnehmung einer öffentlichen Aufgabe         21
4.4.3.4   Lediglich Kostenerstattung                     22
4.4.3.5 	Erbringung im Wesentlichen an andere
          Körperschaften des öffentlichen Rechts         22

6  HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG                                    Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH
INHALTSVERZEICHNIS

TEIL 2      UMSTELLUNG AUF § 2B UStG                               ANLAGEN

1.          Entwicklung eines Umstellungskonzeptes           30   1	Überblick über die wichtigsten umsatzsteuer-
1.1         Projektplan                                      30            rechtlichen Tätigkeiten einer kreisangehörigen
1.2         Arbeitsaufteilung und Ressourcenplanung          31            Gemeinde in Bayern                                46
1.2.1       Wer macht die Arbeit im Rathaus?                 31   2        Projektplan                                       54
1.2.2 	Bildung von Arbeitsgemeinschaften –                        3	Erfassung steuerrelevanter Tätigkeiten –
            interkommunale Zusammenarbeit                    31            Übersicht erforderlicher Unterlagen               55
1.2.3       Einbindung von Steuerberatern                    32   4        Tabelle Einnahmenanalyse                          56
                                                                   5        Leitfaden zur Tabelle Einnahmenanalyse            57
2. 	Erfassung des umsatzsteuerlichen                              6        Tabelle Vertragsscreening                         60
            Istzustands32                                         7        Leitfaden zur Tabelle Vertragsscreening           61
                                                                   8        Musterrechnung nach § 14 UStG                     63
3.          Einnahmenanalyse                                 33   9        Checkliste Eingangsrechnung                       64
                                                                   10       Funktionsabgrenzung                               65
4. 	       Vertragsscreening                                34   11	Musterdienstanweisung zur Besteuerung
4.1         Erfassung                                        34            der Gemeinde Musterhausen                         68
4.2         Bewertung                                        35   12	Hinweise zur Musterdienstanweisung
4.3 	Überlegungen zur Vertragsgestaltung                                   zur Besteuerung der Gemeinde Musterhausen         70
            (insb. Steuerklausel)                            36
4.4         Preisanpassung                                   36
                                                                   IMPRESSUM71
5.          A
             uswertung und Zusammenfassung
            der Ergebnisse                                   37

6.          Vorsteuer und Vorsteuerabzugspotential           37

7.          Steuerliche Gestaltung                           38

8.          Umstellung der IT                                40
8.1         Finanzsoftware                                   40
8.2         Faktura-Programm                                 41

9.          Organisation des Steuerbereichs                  41
9.1         Zuständigkeiten                                  42
9.2         Prozesse                                         42
9.2.1       Ausgangsumsätze                                  42
9.2.2       Eingangsumsätze                                  44
9.3         Dezentrale Organisation                          44
9.4         Dienstanweisung                                  45

Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH                             HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG     7
EINLEITUNG

NEU IM BLICK:
DIE GEMEINDE ALS UNTERNEHMERIN

Die Umsatzbesteuerung der öffentlichen      der Umsatzsteuer, es sei denn in Ausnah-        Als Hilfestellung soll die vorliegende
Hand führte (nicht nur) im kommunalen       mefällen, wie sie in § 2 Abs. 3 UStG a. F.      Handreichung dienen. Sie wendet sich
Bereich jahrzehntelang ein Schattenda-      geregelt sind. Nach neuem Recht unter-          vor allem an kleinere kreisangehörige
sein. Zwar unterlagen auch in der Ver-      fallen dem Grundsatz nach alle Umsät-           Gemeinden, kann aber entsprechend ins-
gangenheit einige Umsätze der Gemein-       ze der öffentlichen Hand der Umsatz-            besondere auch von Verwaltungsgemein-
den – z. B. im Bereich der Wasserversor-    besteuerung. Um allerdings den Beson-           schaften und Zweckverbänden angewen-
gung – der Besteuerung. Warum dies          derheiten des hoheitlichen Handelns             det werden. Die Handreichung besteht
der Fall war, die rechtlichen Hintergrün-   gerecht zu werden, hat der Gesetzgeber          aus zwei Teilen. Im ersten Teil wird ein
de, Risiken und Gestaltungsmöglichkei-      mit dem § 2b UStG eine wichtige Aus-            Überblick über das materielle Umsatz-
ten waren jedoch in den meisten Rathäu-     nahme vom Grundsatz der Besteuerung             steuerrecht gegeben. Hierbei wird zu-
sern nicht präsent.                         geschaffen.                                     nächst die Wirkungsweise der Umsatz-
                                                                                            steuer und des Vorsteuerabzugs verdeut-
Zunächst durch die geänderte Rechtspre-     Nachdem fast alle Gemeinden durch Ab-           licht. Einen nicht nur untergeordneten
chung des Bundesfinanzhofs und schließ-     gabe der Optionserklärung im Jahr 2016          Platz hat auch das „alte Recht“ gefun-
lich vor allem durch die Änderung des       den Übergangszeitraum bis Ende des              den. Die Umstellung auf § 2b UStG soll-
Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist die         Jahres 2020 hinausgeschoben haben, ist          te auch zur „Vergangenheitsbewältigung“
Thematik auf die Agenda der Führungs-       es an der Zeit, den Übergang in das neue        genutzt werden. Nicht selten stellt sich
kräfte in den Kommunalverwaltungen          System der Umsatzsteuer erfolgreich zu          bei näherer Beschäftigung mit der Um-
gelangt. Die Streichung des § 2 Abs. 3      gestalten. Ab 1. Januar 2021 greift für         satzsteuer heraus, dass in einer Kommu-
UStG und die Einfügung des § 2b Um-         alle Umsätze der Gemeinden das neue             ne bereits bislang nicht erkannte Betriebe
satzsteuergesetz (UStG) zum 1. Januar       Recht. Einen weiteren Aufschub wird             gewerblicher Art bestehen. Solche Fälle
2016 führen zu einem vollständigen Pa-      es nicht geben.                                 sollten unter Hinzuziehung steuerlicher
radigmenwechsel: In der Vergangenheit                                                       Beratung gelöst werden.
unterlagen juristische Personen des öf-
fentlichen Rechts grundsätzlich nicht

8  HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG                                             Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH
EINLEITUNG

Schließlich wird die Neuregelung des                   lung selbst gibt es nicht den einen, einzig   Neben dieser Handreichung sollte sich
§ 2b UStG vorgestellt. Die Darstellung                 richtigen Weg. Den Gemeinden steht es         jede Gemeinde die Schreiben des Bun-
beschränkt sich auf die für die kommu-                 damit grundsätzlich frei, andere Lösun-       desfinanzministeriums zu dieser Thema-
nale Praxis wichtigsten Erkenntnisse.                  gen zu suchen. Nicht zu empfehlen ist         tik beschaffen. Dies sind insbesondere
Besondere Beachtung finden die in § 2b                 allerdings die Untätigkeit! Sich von der
Abs. 3 UStG enthaltenen Regelungen,                    Entwicklung überrollen zu lassen oder zu      · BMF-Schreiben vom 19.04.2016 –
die für die Umsätze im Bereich der in-                 warten, bis eine Prüfung erfolgt, kann für       III C 2 – S 7106/07/10012-06,
terkommunalen Zusammenarbeit von er-                   die Verantwortlichen erhebliche, even-           BStBl. I 2016 S. 481,
heblicher Bedeutung sind. Sie wird abge-               tuell sogar strafrechtliche Konsequenzen      · BMF-Schreiben vom 16.12.2016 –
rundet durch eine kurze Erläuterung der                nach sich ziehen.                                III C 2 – S 7107/16/10001,
wichtigsten Steuerbefreiungstatbestände.                                                                BStBl. I 2016 S. 1451,
                                                       Der Rechts- und Erkenntnisstand dieser        · BMF-Schreiben vom 27.07.2017 –
Teil 2 der Handreichung soll den Ge-                   Handreichung entspricht dem des He-              III C 2 – S 7106/0:002,
meinden bei der konkreten Transforma-                  rausgabezeitpunkts. Es ist zu beachten,          BStBl. I 2017 S. 1239.
tion in das neue Recht helfen. Hier wird               dass bislang praktisch keine Rechtspre-
aufgezeigt, welche Fragen vor Ort ge-                  chung zum § 2b UStG existiert. Auch           Unverzichtbar ist zudem der Umsatz-
stellt werden sollten und welche Schrit-               die Hinweise der Finanzverwaltung las-        steueranwendungserlass (UStAE) in
te sinnvoll sind, um den Umstieg erfolg-               sen leider viele Fragen offen. Wir werden     der aktuellen Fassung. Die Dokumente
reich zu bewältigen. Ergänzt wird dieser               versuchen, wichtige neue Erkenntnisse in      finden sich im Internet
Teil durch einige Anlagen, wie z. B. Ta-               die Online-Version dieses Dokuments           (www.bundesfinanzministerium.de).
bellen oder Muster. Bitte beachten Sie,                einfließen zu lassen.
dass alle diese Handlungsempfehlungen
nur Blaupausen sind, die an die örtli-
chen Verhältnisse angepasst werden müs-
sen. Auch für die erfolgreiche Umstel-

Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH                                           HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG     9
TEIL 1

EINFÜHRUNG IN DAS
UMSATZSTEUERRECHT1

1. FUNKTIONSWEISE                                       mit Wirkung vom 1. Januar 1968 das Sys-                    Der Hotelier schließlich schenkt
DER UMSATZSTEUER                                        tem der Allphasen-Netto-Umsatzsteuer                       die 100 Flaschen Wein im Rahmen
                                                        mit Vorsteuerabzug in Kraft gesetzt, das                   einer Hochzeit aus und stellt dem
Die Umsatzsteuer zählt neben der Ein-                   bis heute Gültigkeit besitzt.                              Hochzeitspaar hierfür 5.000,— €
kommensteuer zu den bekanntesten und                                                                               + 950,— € MwSt. in Rechnung.
ertragreichsten Steuern Deutschlands.                   Das entscheidende Korrektiv ist hier                       Ein Vorsteuerabzug ist den Braut-
Der Zusatz „MwSt. 19 %“ auf Rechnun-                    der Vorsteuerabzug. Er ermöglicht es                       leuten nicht möglich (s. Abb. 1).
gen oder Kassenbons ist jedem Kind ge-                  einem Unternehmer, sich die von ihm
läufig. Die Funktionsweise der Umsatz-                  für Lieferungen und Leistungen an sein
steuer, die in Deutschland als Allpha-                  Unternehmen gezahlte Umsatzsteuer                       An diesem Beispiel lassen sich die wich-
sen-Netto-Umsatzsteuer ausgestaltet ist,                vom Finanzamt zurückzuholen.                            tigsten Grundsätze der Allphasen-
ist allerdings nur wenigen bekannt.                                                                             Netto-Umsatzsteuer leicht erläutern:

Eine einfache Form der Umsatzsteuer,                       BEISPIEL                                             • Wirtschaftlich belastet wird durch die
die sogenannte Allphasen-Brutto-Um-                        Ein Weingut verkauft 100 Flaschen                       Umsatzsteuer allein der nichtunterneh-
satzsteuer, galt in Deutschland bis Ende                   Wein an einen Getränkehändler                           merische Verbraucher, der am Ende
der 1960er-Jahre. Bei dieser Steuer wurde                  zum Preis von 1.000,— €                                 der Produktions- und Handelskette
der Umsatz bei jeder Produktions- oder                     + 190,— € MwSt. Der Getränke-                           steht. Die in der Kette stehenden
Handelsstufe mit einem bestimmten (re-                     händler zahlt damit 1.190,— €,                          Unternehmer werden aufgrund des
lativ niedrigen) Steuersatz belastet. Dies                 von denen das Weingut 190,— €                           Vorsteuerabzugs nicht wirtschaftlich
führte dazu, dass die Steuerbelastung                      an das Finanzamt als Umsatz-                            belastet.
abhängig von der Länge der Lieferanten-                    steuer abführt. Der Getränke-                        • Die Zahllast liegt hingegen allein bei
bzw. Händlerkette anstieg. Hierdurch                       händler hat aber im Wege des                            den Unternehmern. Nur sie sind ver-
waren kleinere Unternehmen und Händ-                       Vorsteuerabzugs die Möglichkeit,                        pflichtet, die Umsatzsteuer an das
ler gegenüber Unternehmen mit großer                       sich die gezahlten 190,— € Um-                          Finanzamt abzuführen. Der wirtschaft-
Fertigungstiefe benachteiligt, weil bei                    satzsteuer vom Finanzamt erstat-                        lich belastete Endverbraucher hat keine
den internen Produktionsschritten keine                    ten zu lassen. Der Weinhändler                          Zahlungsverpflichtung gegenüber dem
Umsatzsteuer anfiel. Eine solche Benach-                   verkauft den Wein für 2.000,— €                         Finanzamt.
teiligung stößt nach der Rechtsprechung                    + 380,— € MwSt. an ein Hotel                         • Die saldierte Zahllast ist auf jeder Stu-
des Bundesverfassungsgerichts auf ver-                     weiter. Hier greift der gleiche                         fe so hoch wie die hier generierte Wert-
fassungsrechtliche Bedenken.2 Zur Um-                      Mechanismus: Der Weinhändler                            schöpfung. So hat das Weingut in dem
setzung dieser Rechtsprechung und der                      führt die Umsatzsteuer an das                           Beispiel eine Zahllast von 190,— €,
ersten Harmonisierungsbestrebungen der                     Finanzamt ab, das Hotel erhält                          weil hier eine Wertschöpfung von
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft                       im Wege des Vorsteuerabzugs die                         1.000,— € geschaffen wurde. Das
im Bereich der Mehrwertsteuer wurde                        380,— € vom Finanzamt zurück.                           Hotel führt 950,— € Umsatzsteuer

1 Diese Abhandlung beruht auf der Kommentierung von Große Verspohl in Wuttig/Thimet, Gemeindliches Satzungsrecht und Unternehmensrecht
   und wird dort fortlaufend aktualisiert. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm GmbH.
2 BVerfG, Urteil vom 20.12.1966 – 1 BvR 320/57, 1 BvR 70/63 – NJW 1967 S. 147.

10  HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG                                                               Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH
TEIL 1

 an das Finanzamt ab und bekommt im                    (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG), nur dann hat sie     2.1 MEHRERE PERSONEN
 Wege des Vorsteuerabzugs 380,— €                      eine Steuererklärung abzugeben (§ 18
 zurück, so dass eine Zahllast von                     Abs. 3 UStG). Zugleich ist aber nur dann      Für einen Leistungsaustausch ist es erfor-
 570,— € verbleibt. Dies sind genau                    der Vorsteuerabzug möglich, wenn Leis-        derlich, dass ein Leistender und ein Leis-
 19 % der vom Hotel erzielten Wert-                    tungen für den unternehmerischen              tungsempfänger vorhanden sind. Steu-
 schöpfung von 3.000,— €.                              Bereich bezogen werden (§ 15 UStG).           erbar können also nur solche Leistungen
                                                                                                     sein, die zwischen zwei unterschiedli-
Für eine Gemeinde stellt sich damit,                   2. LEISTUNGSAUSTAUSCH                         chen Steuersubjekten ausgetauscht wer-
sobald sie Umsätze erlöst, die entschei-                                                             den. Ein steuerbarer Leistungsaustausch
dende Frage: „An welcher Stelle der                    Die Umsatzsteuer besteuert Umsätze.           innerhalb eines Unternehmens ist damit
Kette stehen wir?“ Oder anders ausge-                  Darunter fallen insbesondere die Liefe-       nicht möglich. Da eine Körperschaft des
drückt: „Ist die Gemeinde als umsatz-                  rung und sonstige Leistungen, die ein         öffentlichen Rechts umsatzsteuerrecht-
steuerrechtliche Unternehmerin tätig?“                 Unternehmer im Inland gegen Entgelt im        lich ein Unternehmen darstellt, führt ein
Nur wenn eine juristische Person des                   Rahmen seines Unternehmens ausführt           Austausch von Waren und Dienstleistun-
öffentlichen Rechts Unternehmerin ist,                 (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG). Die Besteu-     gen innerhalb einer Gemeinde nicht zu
unterliegen ihre Lieferungen und sons-                 erung setzt damit einen Leistungsaus-         einem steuerbaren Leistungsaustausch.
tigen Leistungen der Umsatzsteuer                      tausch voraus.                                Dies gilt selbst dann, wenn die Leistun-

Abb. 1 Vorsteuerabzug

                               100                                        100                                   100
                            Flaschen                                   Flaschen                              Flaschen
                              Wein                                       Wein                                  Wein

                                               GETRÄNKE-
     WEINGUT                                                                              HOTEL                             BRAUTPAAR
                                                HÄNDLER

                           .000 €
                          1                                            .000 €
                                                                      2                                     5.000 €
                          +1  90 € USt                               + 380 € USt                          + 950 € USt
                          1.190 €                                    2.380 €                               5.950 €

               190 €                                          380 €                                 950 €                   Umsatzsteuer

                                           190 €                                  380 €                                     Vorsteuer
       - 190 €                                     - 190 €                                - 570 €

                                               FINANZAMT

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TEIL 1

gen tatsächlich (intern) abgerechnet                    reich der Gemeinde an den nichtunter-           nanziellen Eingliederung.4 Da es für das
werden, beispielsweise zum Zwecke der                   nehmerischen Bereich erfolgte.                  Vorliegen der Organschaft nur auf die
Kosten- und Leistungsrechnung oder                                                                      objektiven Verhältnisse, nicht aber auf
für die Gebührenkalkulation. Es handelt                 Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn            den Willen oder die Entscheidungen der
sich in solchen Fällen lediglich um ei-                 Waren und Dienstleistungen zwischen             Beteiligten ankommt, sollten insbeson-
nen sogenannten Innenumsatz, der nicht                  einer Gemeinde und einem gemeindli-             dere Gemeinden mit privatrechtlichen
steuerbar ist. Entsprechende Abrechnun-                 chen „Tochterunternehmen“ mit eigener           Eigen- oder Beteiligungsgesellschaften
gen sind keine Rechnungen im Sinne                      Rechtspersönlichkeit (z. B. Kommunal-           das Bestehen bzw. Nichtbestehen einer
des Umsatzsteuerrechts.3                                unternehmen oder GmbH) ausgetauscht             Organschaft sorgfältig im Blick haben.
                                                        werden. In diesen Fällen liegen grund-
                                                        sätzlich steuerbare Außenumsätze vor,           2.2 ENTGELTLICHKEIT
    BEISPIEL                                            weil die Tochterunternehmen selbst ju-          DER LEISTUNG
    Der gemeindliche Bauhof pflegt                      ristische Personen und damit eigenstän-
    die Außenanlagen des gemeind-                       dige Steuersubjekte sind (vgl. Art. 89          Voraussetzung für den Leistungsaus-
    lichen Kindergartens. Hierfür wird                  Abs. 1 GO; § 13 Abs. 1 GmbHG). Von              tausch ist ferner, dass Leistung und
    eine Rechnung gestellt, um die                      dieser Regel gibt es allerdings eine wich-      Gegenleistung in einem wechselseitigen5
    Kosten intern dem Kindergarten                      tige Ausnahme: Besteht eine sogenann-           Zusammenhang stehen und ein unmit-
    zuzuweisen. Es handelt sich hier-                   te umsatzsteuerrechtliche Organschaft           telbarer6 Zusammenhang zwischen Leis-
    bei nicht um einen Leistungsaus-                    zwischen der Gemeinde und ihrer Eigen-          tung und Entgelt besteht. Dies kann bei
    tausch, sondern um einen nicht                      oder Beteiligungsgesellschaft werden die        Leistungen, zu deren Ausführung sich
    steuerbaren Innenumsatz.                            Umsätze der Gesellschaft der Gemeinde           die Parteien in einem gegenseitigen Ver-
                                                        als Organträgerin zugeordnet (§ 2 Abs. 2        trag verpflichtet haben, grundsätzlich
                                                        Nr. 2 UStG). Die Umsätze zwischen               angenommen werden.7 Es ist keine Ge-
Ein Innenumsatz liegt auch bei einem                    Organträger und Organgesellschaft wer-          winnerzielungsabsicht erforderlich. So
„Leistungsaustausch“ zwischen einem                     den damit zu nicht steuerbaren Innen-           kann z. B. auch eine Leistung steuerbar
gemeindlichen Eigenbetrieb und der Ge-                  umsätzen. Die Organschaft entsteht,             sein, für die nur ein Aufwendungsersatz
meinde vor, weil der Eigenbetrieb keine                 wenn ein Tochterunternehmen nach dem            gewährt wird. 8
eigene Rechtspersönlichkeit hat.                        Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnis-
                                                        se finanziell, wirtschaftlich und organi-       2.2.1 UNENTGELTLICHE
Ein Innenumsatz kann aber zu einer                      satorisch in die Gemeinde eingegliedert         LEISTUNGEN
steuerbaren unentgeltlichen Wertabga-                   ist. Bei Kommunalunternehmen als An-
be (§ 3 Abs. 9a UStG) führen, wenn die                  stalten des öffentlichen Rechts scheitert       Nach diesen Grundsätzen unterliegen
Leistung vom unternehmerischen Be-                      die Organschaft regelmäßig an der fi-           unentgeltliche Leistungen nicht der Um-

3   Abschn. 14.1. Abs. 4 UStAE.
4   Trost/Menebröcker, Umsatzsteuer in der öffentlichen Verwaltung, Rn. 430.
5   Abschn. 1.1 Abs. 1 Satz 2 UStAE.
6   BFH, Urteil vom 5.12.2007 – V R 60/05.
7   BFH, Urteil vom 8.11.2007 – V R 20/05.
8   BFH, Urteil vom 18.3.2004 – V R 101/01.

12  HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG                                                        Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH
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satzsteuer, weil es an einem Leistungs-                Herstellung des gemeindlichen Informa-          tungsaustausch mangelt.10 Er-
austausch fehlt.                                       tionsblatts beauftragt und im Gegenzug          folgt die Gewährung und Höhe des
                                                       dafür dem Verlag das Recht überlässt,           Zuschusses jedoch unabhängig
                                                       hierin im eigenen Namen und auf eigene          von der Miete der Sporthalle, z. B.
   BEISPIEL                                            Rechnung Werbeanzeigen zu platzieren.9          anhand der Mitgliederzahlen, ist
   Eine Gemeinde überlässt einem                                                                       eine Saldierung nicht angezeigt,
   Sportverein unentgeltlich einen                     Andererseits kann in bestimmten Kon-            so dass ein Leistungsaustausch
   Lkw für Arbeiten am vereinseige-                    stellationen das Vorliegen eines Leis-          anzunehmen ist.
   nen Sportgelände. Da hier keine                     tungsaustauschs fraglich sein, obwohl
   Gegenleistung durch den Verein                      auf den ersten Blick die Voraussetzun-
   erfolgt, liegt kein steuerbarer                     gen für einen Leistungsaustausch vor-        2.2.2 ABGRENZUNGSFRAGEN
   Leistungsaustausch vor.                             liegen. Im kommunalen Bereich ist dies       BEIM LEISTUNGSAUSTAUSCH
                                                       insbesondere bei solchen Fällen denkbar,
                                                       in denen zwar einerseits ein Leistungs-      Die Gemeinden haben einige Einnah-
Die unentgeltliche Überlassung kann                    austausch zwischen der Gemeinde und          men, bei denen fraglich ist, ob ein Leis-
aber zu einer steuerbaren unentgeltlichen              einem Dritten vorliegt, andererseits die     tungsaustausch vorliegt. So kann sich
Wertabgabe (§ 3 Abs. 9a UStG) führen,                  Gemeinde diesem Dritten Zuschüsse in         beispielsweise auch hinter Bezeichnun-
wenn der überlassene Gegenstand dem                    Höhe des vereinbarten Entgelts gewährt       gen wie „Zuschuss“, „Zuwendung“,
unternehmerischen Bereich zugeordnet                   und zwischen dem Entgelt und dem             „Beihilfe“, „Prämie“ oder „Ausgleichs-
worden ist und zum vollen oder teilwei-                Zuschuss eine Verknüpfung besteht.           betrag“ ein Leistungsaustausch verber-
sen Vorsteuerabzug berechtigt hat. War                                                              gen. Bei Zuwendungen aus öffentlichen
also der im Beispiel überlassene Lkw der                                                            Kassen handelt es sich in der Regel um
Wasserversorgung zugeordnet, müsste                      BEISPIEL                                   sogenannte „echte Zuschüsse“, die kei-
die unentgeltliche Überlassung an den                    Eine Gemeinde vermietet ihre               nen Leistungsaustausch begründen. Dies
Sportverein als unentgeltliche Wertabga-                 Sporthalle an Sportvereine. Bei            ist insbesondere dann der Fall, wenn die
be der Steuer unterworfen werden.                        der alljährlichen Entscheidung             Zuschüsse ausschließlich auf Grundla-
                                                         des Gemeinderats über die Sport-           ge des Haushaltsrechts und den dazu er-
Ferner ist zu beachten, dass Entgeltlich-                förderung wird für jeden Verein            lassenen allgemeinen Nebenstimmungen
keit nicht voraussetzt, dass es zu einer                 ein Zuschuss in Höhe der von ihm           ergehen.11
Geldzahlung kommt. Auch der Tausch                       geleisteten Mietzahlung beschlos-
oder tauschähnliche Umsätze können                       sen. Da hier zwischen Mietzahlung          Denkbar sind aber auch sogenannte „un-
eine entgeltliche Leistung begründen. So                 und Zuschuss eine Verknüpfung              echte Zuschüsse“. Diese sind dann anzu-
liegt beispielsweise ein tauschähnlicher                 besteht, kann eine Saldierung der          nehmen, wenn der Zuschuss ein Entgelt
Umsatz dann vor, wenn eine Gemeinde                      Zahlungen geboten sein, so dass            für eine Leistung des Empfängers an den
als Herausgeberin einen Verlag mit der                   es im Ergebnis an einem Leis-              Zahlenden ist. Ob dies der Fall ist, ergibt

9 BFH, Urteil vom 11.07.2012 – XI R 11/11.
10 BFH, Urteil vom 15.12.2016 V R 44/15.
11 Abschn. 10.2. Abs. 8 Satz 1 UStAE.

Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH                                        HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG        13
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sich aus den Vereinbarungen der Par-                  BEISPIEL                                 Auch Schenkungen oder Sponsoringleis-
teien oder den Vergaberichtlinien.12 Ist              Ein Bundesland gewährt zur Ent-          tungen an Gemeinden können einen ver-
die Zahlung des Zuschusses auf den Er-                lastung der Eltern einen „Zuschuss“      steckten Leistungsaustausch beinhal-
halt einer Gegenleistung gerichtet, liegt             zu den Kindergartenbeiträgen.            ten. Eine echte Schenkung oder ein echtes
ein Leistungsaustausch vor. So kann bei-              Aus Gründen der Verwaltungsver-          Sponsoring begründet keinen Leistungs-
spielsweise ein Zuschuss einer Gemeinde               einfachung wird der „Zuschuss“           austausch. Dies gilt auch dann noch, wenn
an einen Werbeverein e.V. zur vertrags-               kindbezogen an die Träger der            ohne besondere Hervorhebung auf die
gemäßen Durchführung einer Werbever-                  Kindergärten ausgezahlt und von          Unterstützung durch den Sponsor hinge-
anstaltung in der Vorweihnachtszeit ein               diesen auf die Elternbeiträge an-        wiesen wird. Wird dem Sponsor allerdings
unechter Zuschuss sein, der einen Leis-               gerechnet.                               das Recht eingeräumt, die Sponsoring-
tungsaustausch begründet.                                                                      maßnahme im Rahmen eigener Werbung
                                                      LÖSUNG                                   zu vermarkten oder erfolgt eine besonde-
Als „unechter Zuschuss“ sind regelmäßig               Es handelt sich um einen „unech-         re Hervorhebung des Sponsors oder Ver-
auch solche Leistungen zu qualifizieren,              ten“ Zuschuss, weil die Zahlung          linkung zu seiner Internetseite, handelt es
die ein zusätzliches Entgelt eines Dritten            den Leistungsempfängern (Eltern)         sich um unechtes Sponsoring, das einen
darstellen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG).            zugutekommt, der Zuschuss für            Leistungsaustausch begründet.15
Die Annahme eines Leistungsaustauschs                 eine bestimmte Leistung (Betreu-
setzt nämlich nicht voraus, dass der Leis-            ung eines Kindes) gezahlt wird           In den Fällen, in denen kein Leistungs-
tungsempfänger selbst die Gegenleis-                  und der Träger einen Anspruch auf        austausch vorliegt, ist der Anwendungs-
tung erbringt. Zahlungen, die von einem               Auszahlung des Zuschusses hat,           bereich des UStG schon gar nicht er-
anderen als dem Leistungsempfänger                    wenn er die Leistung erbringt.           öffnet. Es kommt dann auch nicht mehr
für die Leistung des leistenden Unter-                Der Zuschuss ist damit grundsätz-        darauf an, ob die Gemeinden als Unter-
nehmers gewährt werden, sind als Ent-                 lich steuerbar, allerdings nach          nehmer handeln. Diese o. g. Abgrenzung
gelt zu betrachten. Unabhängig von ihrer              § 4 Nr. 25 UStG von der Umsatz-          ist daher immer in einem ersten Schritt
Bezeichnung als „Zuschuss“ gehören sie                steuer befreit.                          vorzunehmen.
zum Entgelt, wenn sie dem Leistungs-
empfänger zugutekommen, der Zuschuss                                                           3. DER BETRIEB GEWERB-
für eine bestimmte Leistung gezahlt wird            Nicht zum zusätzlichen Entgelt gehö-       LICHER ART – „ALTES RECHT“
und mit der Verpflichtung der den Zu-               ren hingegen Zahlungen eines Dritten
schuss gewährenden Stelle zur Zuschuss-             dann, wenn sie nicht überwiegend im        Nach dem bis zum Ende des Jahres 2015
zahlung das Recht des Zahlungsempfän-               Interesse des Leistungsempfängers,         geltenden § 2 Abs. 3 UStG sind Körper-
gers (Unternehmers) auf Auszahlung des              sondern vornehmlich zur Förderung          schaften des öffentlichen Rechts – au-
Zuschusses einhergeht, wenn er einen                des leistenden Unternehmens erbracht       ßerhalb der Tätigkeiten in der Land- und
steuerbaren Umsatz bewirkt hat. 13                  werden.14                                  Forstwirtschaft – nur dann als Unter-

12   Vgl. Abschn. 10.2. Abs. 3 UStAE.
13   Vgl. BFH, Urteil vom 09.10.2003 – V R 51/02.
14   Vgl. Abschn. 10.2 Abs. 4 UStAE
15   Abschn. 1.1 Abs. 23 UStAE.

14  HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG                                               Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH
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nehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts                  3.2 WIRTSCHAFTLICHE                                     Frage, ob es sich um eine wirtschaft-
zu betrachten, wenn sie einen Betrieb                   TÄTIGKEIT                                               lich bedeutende Tätigkeit handelt (s. u.
gewerblicher Art betreiben (§ 2 Abs. 3                                                                          Nr. 3.5), kommt es damit nicht auf die
UStG a. F.). Für die Körperschaften, die                Die wirtschaftliche Tätigkeit „gewerbli-                Pachtzahlungen, sondern auf die Umsät-
die Option nach § 27 Abs. 22 UStG ge-                   cher Art“ erfasst im Grundsatz alle Ein-                ze des Pächters an.20
zogen haben, gilt diese Rechtslage für                  richtungen der öffentlichen Hand, die
alle Umsätze bis zum 31.12.2020 fort.                   das äußere Bild eines Gewerbebetriebs                   3.3 HOHEITSBETRIEB
                                                        haben. Hieran sind zwar keine allzu gro-
Ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) ent-                 ßen Anforderungen zu stellen, nicht er-                 Ausgenommen sind solche Betriebe, die
steht dann, wenn die folgenden Vor-                     fasst ist aber die reine Vermögensver-                  überwiegend der Ausübung öffentlicher
aussetzungen des § 4 des Körperschaft-                  waltung der öffentlichen Hand.17 Hierzu                 Gewalt dienen, also hoheitliche Auf-
steuergesetzes (KStG) erfüllt sind.                     zählt z. B. die bloße langfristige Vermie-              gaben erfüllen. Dies ist allerdings aus-
Die Steuerbarkeit ist damit nach alter                  tung und Verpachtung des Grundver-                      schließlich bei der Erfüllung solcher
Rechtslage im Körperschaftsteuergesetz                  mögens oder die Einräumung von Nut-                     Aufgaben anzunehmen, die sich aus der
und Umsatzsteuergesetz deckungsgleich:                  zungsrechten.                                           Staatsgewalt ableiten, staatlichen Zwe-
                                                                                                                cken dienen und der öffentlichen Hand
3.1 EINRICHTUNG                                         Eine Besonderheit besteht bei der Ver-                  eigentümlich und vorbehalten sind.21 Im
                                                        pachtung eines Betriebs gewerblicher                    Ergebnis sind damit nur solche Tätigkei-
Als Einrichtung ist jede nachhaltige und                Art. Eine solche begründet bei der ver-                 ten als hoheitlich zu qualifizieren, die bei
selbstständige Tätigkeit, die sich als                  pachtenden kommunalen Körperschaft                      bundesweiter Betrachtung ausschließlich
wettbewerbsrelevante Tätigkeit von den                  einen eigenen Betrieb gewerblicher                      von der öffentlichen Hand wahrgenom-
übrigen Aufgaben der juristischen Person                Art. Die Verpachtung eines solchen Be-                  men werden können. So ist beispielswei-
des öffentlichen Rechts abgrenzen lässt,                triebs (z. B. einer Gaststätte mit Inven-               se die Wasserversorgung nicht als ho-
anzusehen.16 Das Bestehen einer Einrich-                tar18 oder eines Campingplatzes mit den                 heitliche Tätigkeit zu qualifizieren, auch
tung setzt jedoch keine organisatorische                notwendigen Einrichtungen19) ist da-                    wenn sie öffentlich-rechtlich organi-
Eigenständigkeit voraus. Es reicht aus,                 mit für die juristische Person keine nicht              siert ist. Die Abwasserentsorgung hinge-
wenn bestimmte Merkmale vorliegen, die                  steuerbare Vermögensverwaltung. Es                      gen ist als hoheitliche Aufgabe anerkannt
für eine wirtschaftliche Selbstständigkeit              kommt darauf an, ob die Tätigkeit, wenn                 und unterliegt damit nicht der Umsatz-
sprechen, wie z. B. eine gesonderte Ge-                 sie vom Verpächter selbst durchgeführt                  steuer.
schäftsleitung, getrennte Buchführung                   würde, bei ihm als Betrieb gewerblicher
oder ein gesondert geführter Haushalt.                  Art zu behandeln wäre. Für die

16 Vgl. Hessisches Ministerium der Finanzen, Merkblatt über die Grundsätze der Umsatzbesteuerung des Landes Hessen
    als juristische Person des öffentlichen Rechts (Stand Dezember 2016).
17 Vgl. Hessisches Ministerium der Finanzen, ebenda.
18 Vgl. BFH, Urteil vom 25.10.1989 – V R 111/85.
19 Vgl. BFH, Urteil vom 7.5.1969 – I R 106/66.
20 R 4.1 Abs. 5 Satz 6 f. KStR 2015.
21 Vgl. OFD Nordrhein-Westfalen, Besteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts – Arbeitshilfe – Stand 1.10.2014, S. 26.

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3.4 EINNAHME-                                           gen begründet. Beistandsleistungen sind             nicht um Beistandsleistungen,
ERZIELUNGSABSICHT                                       Leistungen einer juristischen Person des            weil die Wasserversorgung der öf-
UND NACHHALTIGKEIT                                      öffentlichen Rechts für eine andere juris-          fentlichen Hand nicht vorbehalten
                                                        tische Person des öffentlichen Rechts, die          ist und damit nicht als hoheitlich
Erforderlich ist ferner eine Einnahme-                  als hoheitliche Tätigkeit zu qualifizieren          zu qualifizieren wäre, wenn sie
erzielungsabsicht, nicht aber eine Ge-                  sind. Es ist darauf abzustellen, ob die             von der Gemeinde selbst erbracht
winnerzielungsabsicht. Es kann also auch                jeweilige Tätigkeit, wenn sie vom Leis-             würde. Die Leistungen wären da-
dann schon ein Betrieb gewerblicher Art                 tungsempfänger selbst ausgeübt würde,               mit grundsätzlich steuerbar.
vorliegen, wenn keine Kostendeckung                     als hoheitliche Tätigkeit oder zumindest
beabsichtigt ist. Außerdem muss die                     als hoheitliche Teilaufgabe oder hoheit-
Tätigkeit nachhaltig sein, also Wiederho-               liches Hilfsgeschäft zu qualifizieren           4. DAS „NEUE RECHT“
lungsabsicht bestehen.                                  wäre. Beistandsleistungen sind also ins-        DER BESTEUERUNG
                                                        besondere denkbar bei der interkom-             DER ÖFFENTLICHEN HAND
                                                        munalen Zusammenarbeit zwischen ein-
3.5 WIRTSCHAFTLICHE                                     zelnen Gemeinden, aber auch bei der             Die Regelungen zur Umsatzsteuerpflicht
BEDEUTSAMKEIT                                           Zusammenarbeit mit Schul- oder Zweck-           der juristischen Personen des öffentlichen
                                                        verbänden.                                      Rechts standen seit Längerem in der
Ein wichtiges Abgrenzungskriterium ist                                                                  Kritik. Insbesondere wurde eingewandt,
schließlich die wirtschaftliche Bedeut-                                                                 dass sie nicht mit dem System des
samkeit der Tätigkeit. Das heißt, dass                      BEISPIEL                                    Art. 13 der Mehrwertsteuersystemricht-
sich die Tätigkeit innerhalb der Gesamt-                    Der Abwasserzweckverband Z                  linie der EU zu vereinbaren wären. Der
betätigung der juristischen Person des                      übernimmt die Betriebsführung               BFH hat diesen Konflikt gelöst, indem
öffentlichen Rechts wirtschaftlich her-                     und Verwaltung der Abwasserent-             er bereits seit einigen Jahren eine Ausle-
ausheben muss. Die Finanzverwaltung                         sorgung der Gemeinde G gegen                gung des § 2 Abs. 3 UStG a. F. im Lich-
geht bei einem Jahresumsatz von bis zu                      Kostenerstattung. Hierbei handelt           te des Art. 13 Mehrwertsteuersystem-
35.000,— € grundsätzlich davon aus,                         es sich um nicht steuerbare Bei-            richtlinie vorgenommen hat. Im Rahmen
dass die wirtschaftliche Bedeutsamkeit                      standsleistungen, weil die Tätig-           dieser Rechtsprechung lehnte der BFH
nicht gegeben ist (R 4.1 Abs. 5 KStR                        keiten als hoheitlich zu qualifizie-        insbesondere das System der Beistands-
201522). Dies führt in der Praxis bisher                    ren wären, wenn sie von der Ge-             leistung und die nicht steuerbare Ver-
dazu, dass viele vermeintliche Betrie-                      meinde selbst erbracht würden.              mögensverwaltung ab. Die Finanzver-
be gewerblicher Art an diesem Kriterium                                                                 waltung blieb – von der Rechtsprechung
scheitern.                                                  ABWANDLUNG                                  des BFH weitgehend unbeeindruckt –
                                                            Der Wasserzweckverband Z über-              bei ihrer hergebrachten Rechtsauffas-
3.6 BEISTANDSLEISTUNGEN                                     nimmt die Betriebsführung und               sung. Sie erkannte allerdings die Anwen-
                                                            Verwaltung der Wasserversorgung             dung der BFH-Rechtsprechung dann an,
Kein Betrieb gewerblicher Art wird im                       der Gemeinde G gegen Kostener-              wenn sich eine Körperschaft des öffentli-
Übrigen durch sog. Beistandsleistun-                        stattung. Hierbei handelt es sich           chen Rechts hierauf berief. In diesem Fall

22   Vgl. BT Drucks.76/16; für Umsätze vor dem 1. Januar 2015 gilt die alte Grenze von 30.678,— €.

16  HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG                                                        Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH
TEIL 1

war jedoch die BFH-Rechtsprechung für                  orientiert. Die bisherige Systematik, die               weiterhin Voraussetzung für die Steuer-
das gesamte „Unternehmen“ anzuwen-                     auf das Vorliegen eines Betriebs gewerb-                barkeit nach dem Körperschaftsteuerge-
den; eine Beschränkung auf einzelne Be-                licher Art abstellt, wird damit in Zukunft              setz und dem Gewerbesteuergesetz.
reiche wurde nicht zugelassen.23                       umsatzsteuerrechtlich keine Rolle mehr
                                                       spielen. Dies führt dazu, dass die bishe-               4.1 GRUNDSATZ: GEMEINDE
Der Bundesgesetzgeber hat mit der                      rige Deckungsgleichheit zwischen dem                    IST UNTERNEHMERIN
Streichung des § 2 Abs. 3 UStG und der                 Körperschaftsteuergesetz und dem Um-
Aufnahme des neuen § 2b UStG eine                      satzsteuergesetz aufgegeben wird. Der                   Nach § 2b Abs. 1 UStG sind Körper-
Neuregelung geschaffen, die sich an                    Betrieb gewerblicher Art ist damit jedoch               schaften des öffentlichen Rechts grund-
Art. 13 Mehrwertsteuersystemrichtlinie                 nicht Geschichte geworden, sondern                      sätzlich als Unternehmer zu behandeln.

Abb. 2 Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand, neue Rechtslage

                                                                      GEMEINDE

        BETÄTIGUNGEN AUF                                                                                             BETÄTIGUNGEN AUF
        PRIVATRECHTLICHER                                                                                         ÖFFENTLICH-RECHTLICHER
            GRUNDLAGE                                                                                                   GRUNDLAGE

                                                               AUSNAHME:
                                                         GRÖSSERE WETTBEWERBS-
                                                             VERZERRUNGEN
                                                                                                                          GRUNDSATZ:
                                                                                                                        HOHEITSBETRIEB
                                                            KEINE WETTBEWERBS-
                                                                VERZERRUNG

                                                           1. Gleichartige Tätigkeiten < 17.500,— €
                                                           2. Steuerbefreiung bei Privatrecht
                                                           3. Gesetzlicher Vorbehalt
                                                           4. Begünstigte Kooperation

            UNTERNEHMER                                                                                              NICHTUNTERNEHMER

23   Vgl. OFD Niedersachsen vom 27.07.2012 – S 7106-283-St 171.

Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH                                                   HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG     17
TEIL 1

Dies ist im Vergleich zur alten Rechts-                4.2 AUSNAHME:                                             gewesen, weil die Umsatzgrenze
situation schon systematisch ein erheb-                HOHEITLICHE TÄTIGKEIT                                     von 35.000,— € nicht erreicht
licher Unterschied. Während das alte                                                                             wurde und es damit am Merkmal
Recht davon ausging, dass Körperschaf-                 Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn                      der „wirtschaftlichen Bedeutsam-
ten des öffentlichen Rechts nicht Unter-               die Körperschaft des öffentlichen Rechts                  keit“ gefehlt hat. Nach neuem
nehmer waren und nur im Ausnahmefall                   eine Tätigkeit ausübt, die ihr im Rahmen                  Recht sind die Umsätze jedoch
(Betrieb gewerblicher Art bzw. Land-                   der öffentlichen Gewalt obliegt (§ 2b                     steuerbar, weil auf zivilrechtlicher
und Forstwirtschaft) die Unternehmer-                  Abs. 1 Satz 1 UStG) und ferner eine Be-                   Grundlage gehandelt wird. Auf
eigenschaft vorlag, wird das Verhältnis                handlung als Nichtunternehmer nicht zu                    Umsatzgrenzen kommt es nicht
von Regel und Ausnahme nun umge-                       größeren Wettbewerbsverzerrungen füh-                     mehr an.
kehrt: Eine Körperschaft des öffentlichen              ren würde (§ 2b Abs. 1 Satz 2 UStG).
Rechts wird grundsätzlich als Unterneh-                Schematisch wird die neue Rechtslage in
merin behandelt, es sei denn, es greift                Abb. 2 dargestellt:25                                  Nicht steuerbar sind nach neuem Recht
die im Gesetz geregelte Ausnahme. Eine                                                                        also ausschließlich solche Umsätze, die
Anknüpfung an den Betrieb gewerblicher                 Aus Absatz 1 des § 2b UStG lassen sich                 im Rahmen des öffentlich-rechtlichen
Art gibt es aus umsatzsteuerrechtlicher                bereits im Vergleich zum bisherigen Sys-               Tätigwerdens ausgeführt werden. Hier-
Sicht nicht mehr. Die Prüfung, ob eine                 tem drei wichtige Erkenntnisse ableiten:               an anknüpfend lässt sich die in Zukunft
unternehmerische Tätigkeit vorliegt, er-                                                                      wichtigste umsatzsteuerrechtliche Ge-
folgt autonom nach § 2 und § 2b UStG.                  • Privatrechtliches Tätigwerden einer                 staltungsmöglichkeit identifizieren:
Für bestimmte Katalogtätigkeiten hat                      Gemeinde ist in Zukunft ab dem                      Will eine Gemeinde einen Tätigkeitsbe-
der Gesetzgeber den Weg zur Ausnah-                       1. EURO umsatzsteuerbar!                            reich im Hinblick auf den Vorsteuerab-
me durch § 2b Abs. 4 UStG kategorisch                  • Die Vermögensverwaltung schließt                    zug der Umsatzsteuer unterwerfen, kann
versperrt. Hierunter fällt beispielswei-                  die Steuerbarkeit nicht mehr aus!26                 sie diese Wirkung durch Handeln in pri-
se der für die Gemeinde wichtige Be-                   • Die bisherige Umsatzgrenze von                      vatrechtlicher Form herbeiführen. Möch-
reich „Lieferung von Wasser, Gas, Elekt-                  35.000,— € ist nicht mehr relevant!                 te sie die Umsatzsteuer vermeiden, muss
rizität und thermischer Energie“. Dieser                                                                      sie zwingend öffentlich-rechtlich han-
ist nach § 2b Abs. 4 i. V. m. Anhang 1 zur                                                                    deln. Hinzukommen muss, dass größere
Mehrwertsteuersystemrichtlinie stets der                  BEISPIEL                                            Wettbewerbsverzerrungen ausgeschlos-
unternehmerischen Tätigkeit zuzuord-                      Eine Gemeinde verkauft in ihrem                     sen sind. Gerade bei der Regelung der
nen, sofern sein Umfang nicht unbedeu-                    Bürgerbüro Zierteller mit Gemein-                   Benutzungsverhältnisse ihrer öffentli-
tend ist. Dies ist der Fall, wenn die da-                 dewappen. Der Jahresumsatz                          chen Einrichtungen haben die Gemein-
mit erzielten Umsätze einen Betrag von                    hieraus beträgt 850,— €. Nach                       den grundsätzlich Formenwahlfreiheit.
17.500,— € jährlich überschreiten.24                      altem Recht wäre diese Tätig-                       Sie können diese privatrechtlich – also
                                                          keit nicht als BgA zu qualifizieren                 durch privatrechtliche Vertrags- und

24 Vgl. BMF-Schreiben vom 16.12.2016 – II C 2 – S 7107/10001, Rn. 57.
25 Für ein ausführliches Schema vgl. Kronawitter, Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand nach § 2b UStG –
    Auswirkungen in der Praxis dargestellt an Beispielen, Versorgungswirtschaft 2016, S. 5, 6.
26 Häufig dürften aber Steuerbefreiungsnormen (insb. § 4 Nr. 12 UStG) greifen.

18  HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG                                                             Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH
TEIL 1

Entgeltregelungen – ausgestalten, wenn                    BEISPIEL                                    Abwasserbeseitigung oder die Straßen-
dies nicht durch rechtliche Vorschriften                  Ein Abwasserzweckverband ver-               reinigung.
ausdrücklich ausgeschlossen ist.27 Sie                    kauft eine ausgemusterte Pumpe
haben jedoch auch die Möglichkeit, auf                    auf dem freien Markt. Lösung:               Daneben nennt das Gesetz in § 2b Abs. 2
öffentlich-rechtliche Handlungsformen                     Es liegt zwar privatrechtliches             UStG zwei weitere Fallgruppen, in denen
zurückzugreifen, etwa durch den Erlass                    Handeln vor, gleichwohl handelt             größere Wettbewerbsverzerrungen un-
von Benutzungssatzungen und die Fest-                     der Abwasserzweckverband nicht              widerlegbar nicht vorliegen. Dies ist zum
setzung von Benutzungsgebühren. Ent-                      als Unternehmer, weil lediglich             einen der Fall, wenn der aus gleicharti-
scheidet sich die Gemeinde für privat-                    ein Hilfsgeschäft vorliegt.                 gen Tätigkeiten erzielte Umsatz voraus-
rechtliches Tätigwerden, sind die damit                                                               sichtlich 17.500,— € im Jahr nicht über-
erlösten Umsätze in Zukunft automatisch                                                               steigen wird:
steuerbar.                                             4.3 GRÖSSERE WETT-
                                                       BEWERBSVERZERRUNGEN
Es gibt allerdings eine Ausnahme vom                                                                     BEISPIEL
Grundsatz, dass privatrechtliches Han-                 Bei der Entscheidung für eine öffent-             Eine Gemeinde überlässt Veran-
deln stets zu unternehmerischer Tätigkeit              lich-rechtliche Handlungsform wird zu-            staltungsräume auf öffentlich-
führt: Im Falle von sogenannten Hilfsge-               nächst der Weg offengehalten, nicht der           rechtlicher Grundlage an Dritte
schäften liegt zwar keine Ausnahme nach                Umsatzsteuer zu unterfallen. Allerdings           und erhebt hierfür Benutzungs-
§ 2b UStG vor. Das privatrechtliche Tä-                ist nach § 2b Abs. 1 Satz 2 UStG zu-              gebühren. Das jährliche Gebühren-
tigwerden der juristischen Person des öf-              dem erforderlich, dass eine Behandlung            aufkommen beträgt 9.000,— €.
fentlichen Rechts führt aber gleichwohl                als Nichtunternehmer nicht zu größeren            Die Umsätze sind nach § 2b
nicht zur Unternehmereigenschaft nach                  Wettbewerbsverzerrungen führt.                    Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht steuer-
§ 2 Abs. 1 UStG, da eine solche Tätigkeit                                                                bar. Das gilt selbst dann, wenn
nicht selbstständig und nachhaltig zur                 Nicht steuerbar bleiben damit weiterhin           die Gemeinde hierdurch tatsäch-
Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird.                 insbesondere solche Umsätze, bei denen            lich einen Wettbewerbsvorteil,
                                                       aus rechtlichen Gründen kein Wettbe-              z. B. gegenüber einem Gastwirt,
Hilfsgeschäfte sind solche Geschäfte,                  werb mit Privaten denkbar ist. Dies               erhält.
die der nichtunternehmerische Bereich                  ist bei der klassischen hoheitlichen Ver-
der Körperschaft mit sich bringt. Hierzu               waltung, wie etwa im Bereich des Stan-
zählt insbesondere die Veräußerung                     desamtes, des Einwohnermeldeamtes              Zu beachten ist, dass eine Körperschaft
von Gegenständen, die im nichtunter-                   oder des Pass- und Personalausweiswe-          des öffentlichen Rechts kein Wahlrecht
nehmerischen Bereich eingesetzt wurden,                sens der Fall. Es gilt aber auch für sons-     hat. Bei voraussichtlichen Jahresum-
sowie die Überlassung von Gegenstän-                   tige Tätigkeiten, die aus rechtlichen          sätzen unter 17.500,— Euro und Han-
den (z. B. Telefon oder Kraftfahrzeug) an              Gründen der öffentlichen Hand exklusiv         deln auf öffentlich-rechtlicher Grund-
Arbeitnehmer zur privaten Nutzung.28                   vorbehalten sind, wie beispielsweise die       lage besteht keine Aussicht als Unterneh-

27   BVerwG, Urteil vom 6.4.2005 – 8 CN 1/04.
28   Vgl. BMF-Schreiben vom 16.12.2016 – II C 2 – S 7107/10001 Rn. 20.

Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH                                          HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG     19
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mer behandelt zu werden, um etwa einen                 der Gemeinden allein durch die Um-              gen. Nach dem Willen des Gesetzgebers
Vorsteuerabzug zu ermöglichen.29                       satzbesteuerung so verteuert, dass es sich      soll Absatz 3 die Möglichkeiten, bei der
                                                       nicht mehr rechnet. Diese Risiken hat           interkommunalen Zusammenarbeit nicht
Als zweite Fallgruppe nennt der Gesetz-                auch der Gesetzgeber gesehen und aner-          mit der Umsatzsteuer belastet zu wer-
geber die Fälle, in denen vergleichba-                 kannt, dass die interkommunale Zusam-           den, erweitern und nicht beschränken.
re, auf privatrechtlicher Grundlage er-                menarbeit gerade nicht marktorientiert,
brachte Leistungen einer Steuerbefreiung               sondern allein im öffentlichen Interesse
(§ 4 UStG) ohne Recht auf Verzicht (§ 9                bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben             BEISPIEL
UStG) unterliegen. In diesen Fällen kann               bzw. Leistungen der Daseinsvorsorge er-             Gemeinde A übernimmt im Wege
eine Wettbewerbsverzerrung nicht ent-                  folgt.30 Er hat deshalb in das Gesetz mit           einer Zweckvereinbarung den Win-
stehen, weil durch die Steuerbefreiung                 § 2b Abs. 3 UStG einen eigenen Absatz               terdienst auf der Gemeindever-
auch Private keine Belastung durch die                 aufgenommen, der regelt, unter welchen              bindungsstraße der Gemeinde B.
Umsatzsteuer erfahren.                                 Voraussetzungen die Zusammenarbeit                  Weitere vergleichbare Leistungen
                                                       von juristischen Personen des öffentli-             erbringt A nicht. Hierfür wird eine
                                                       chen Rechts nicht mit der Umsatzsteuer              jährliche Zahlung von pauschal
     BEISPIEL                                          belastet wird.                                      15.000,— € vereinbArt. Der Um-
     Eine Gemeinde betreibt einen                                                                          satz ist schon gemäß § 2b Abs. 2
     öffentlich-rechtlich organisierten                4.4.1 SYSTEMATISCHER                                Nr. 1 UStG nicht steuerbar, so
     Kindergarten. Die dort erhobenen                  ZUSAMMENHANG                                        dass es nicht mehr darauf an-
     Kindergartengebühren sind in Zu-                                                                      kommt, ob die Voraussetzungen
     kunft nach § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG                 Vorausgeschickt sei, dass § 2b Abs. 3               des § 2b Abs. 3 UStG vorliegen.
     nicht steuerbar, da die Leistungen                UStG im systematischen Gesamtzusam-
     der Kinderbetreuung gemäß § 4                     menhang des § 2b UStG zu sehen ist.
     Nr. 25 UStG von der Umsatzsteuer                  Dies bedeutet zum einen, dass zivilrecht-       § 2b Abs. 3 UStG enthält also in Ergän-
     befreit sind.                                     liche Regelungen zwischen Gemeinden             zung von § 2b Abs. 2 UStG eine weite-
                                                       automatisch zur Unternehmereigenschaft          re nicht widerlegbare gesetzliche Ver-
                                                       und damit zur Umsatzsteuer führen.              mutung, dass in zwei Konstellationen
4.4 INTERKOMMUNALE                                     Nur die öffentlich-rechtliche Zusam-            größere Wettbewerbsverzerrungen nicht
ZUSAMMENARBEIT                                         menarbeit – in der Regel mit den Mit-           vorliegen:
                                                       teln des KommZG – bietet überhaupt
Besonders praxisrelevant ist die Umsatz-               die Möglichkeit, die Steuerbarkeit zu           4.4.2 LEISTUNGEN
steuerpflicht im Rahmen der interkom-                  vermeiden. Zum anderen sind die Vor-            IM EXKLUSIV HOHEITLICHEN
munalen Zusammenarbeit. Hier besteht                   aussetzungen des § 2b Abs. 3 UStG dann          BEREICH
die Gefahr, dass sich das politisch ge-                nicht mehr zu prüfen, wenn schon auf-
wünschte und zur Steigerung der Effizi-                grund des § 2b Abs. 2 UStG keine grö-           Die erste Fallgruppe betrifft die Leistun-
enz vielfach sinnvolle Zusammenwirken                  ßeren Wettbewerbsverzerrungen vorlie-           gen, die aufgrund gesetzlicher Bestim-

29   Vgl. BMF-Schreiben vom 16.12.2016 – II C 2 – S 7107/10001 Rn. 33.
30   Vgl. BT Drs. 18/6094, S. 74.

20  HANDREICHUNG ZUR UMSTELLUNG AUF § 2b UStG                                                       Bayerischer Gemeindetag · Dr. Küffner & Partner GmbH
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mungen nur von juristischen Personen                   4.4.3.1 LANGFRISTIGE                                    sorgung und die Nutzung eines be-
des öffentlichen Rechts erbracht werden                VEREINBARUNG                                            stimmten Gebiets, für die gesamte Wirt-
dürfen (§ 2b Abs. 3 Nr. 1 UStG). Hier                                                                          schaft eines Landes.32 Der Begriff der
sind Wettbewerbsverzerrungen                           Die Leistungen müssen auf langfristigen                 Infrastruktur darf damit nicht zu eng
per se ausgeschlossen, weil ein privater               öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen                   rein technisch (z. B. Straßen, Wasserver-
Dritter die Aufgabe gar nicht überneh-                 beruhen. Was unter „langfristig“ zu ver-                sorgung, Abwasserentsorgung) verstan-
men könnte.                                            stehen ist, wird im Gesetz nicht geregelt.              den werden. Zur Infrastruktur zählen
                                                       Es kann aber zumindest davon ausge-                     vielmehr auch andere Einrichtungen der
                                                       gangen werden, dass die nur punktuel-                   Daseinsvorsorge, wie etwa Kindergärten
   BEISPIEL                                            le Zusammenarbeit hiervon nicht erfasst                 oder Krankenhäuser, und Einrichtungen
   Eine Gemeinde überträgt ihr                         ist. Gerade in diesen Fällen dürften aber               der Verwaltung (z. B. die IT-Infrastruk-
   Standesamtswesen gegen Kos-                         häufig die Umsätze unter 17.500,— €                     tur, vgl. Art. 9 BayEGovG). Damit kann
   tenerstattung auf eine Nachbar-                     liegen. Damit wären größere Wettbe-                     beispielsweise auch die Zusammenarbeit
   gemeinde.                                           werbsverzerrungen schon durch § 2b                      im Bereich der IT-Dienstleistungen un-
                                                       Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen. Lang-                 ter diese Aufgaben fallen.33
                                                       fristigkeit kann ferner grundsätzlich an-
4.4.3 BEGÜNSTIGTE                                      genommen werden, wenn unbefristete                      Der Begriff „Erhalt“ der Infrastruktur ist
KOOPERATION                                            Vereinbarungen abgeschlossen werden.                    weit zu verstehen. Hierunter fällt nicht
                                                       Liegen Befristungen vor, dürfte in                      das Bewahren der bestehenden Infra-
Die zweite Fallgruppe verneint das Vor-                der Regel bei Zeiträumen ab 5 Jahren                    struktur, sondern auch deren Förderung,
liegen größerer Wettbewerbsverzerrun-                  die Langfristigkeit zu bejahen sein.31                  Ausbau und Errichtung.
gen, wenn die Durchführung der Zusam-
menarbeit durch spezifische öffentliche                4.4.3.2 ERHALT                                          4.4.3.3 WAHRNEHMUNG
Interessen bestimmt wird (§ 2b Abs. 3                  DER ÖFFENTLICHEN                                        EINER ÖFFENTLICHEN
Nr. 2 UStG). Es ist allerdings zu be-                  INFRASTRUKTUR                                           AUFGABE
achten, dass die Finanzämter diese Vor-
schrift aufgrund der möglicherweise be-                Die Leistungen müssen dem Erhalt der                    Die Leistungen müssen ferner der Wahr-
stehenden Unionsrechtswidrigkeit sehr                  öffentlichen Infrastruktur und der Wahr-                nehmung einer öffentlichen Aufgabe
eng auslegen werden. Verbindliche Aus-                 nehmung einer allen Beteiligten oblie-                  dienen, die allen Beteiligten obliegt.
künfte sind daher zu empfehlen. Nach                   genden Aufgabe dienen. Interessant ist                  Dies bedeutet aber nicht zwingend, dass
dem Wortlaut des Gesetzes wird die                     hier, was mit „Erhalt der öffentlichen                  die Aufgabe auch noch nach Durchfüh-
Durchführung der Zusammenarbeit re-                    Infrastruktur“ gemeint ist. Infrastruk-                 rung der Vereinbarung beim Leistungs-
gelmäßig dann durch öffentliche Inter-                 tur bedeutet laut Duden der notwendige                  empfänger verbleiben muss. Erfasst ist
essen bestimmt, wenn sämtliche der fol-                wirtschaftliche und organisatorische                    vielmehr auch gerade die Konstellation,
genden Voraussetzungen erfüllt sind:                   Unterbau als Voraussetzung für die Ver-                 bei der beispielsweise eine Gemeinde ei-

31 Vgl. BMF-Schreiben vom 16.12.2016 – II C 2 – S 7107/10001 Rn. 47.
32 http://www.duden.de/rechtschreibung/Infrastruktur.
33 Vgl. Trost, Neue Voraussetzungen für die Unternehmereigenschaft der juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Der Gemeindehaushalt 2016, S. 89, 92.

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