Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 2019-03
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Mobilität mit Zukunft 3/2019 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 3 Impressum VCÖ Als Autor zu zitieren: 1050 Wien VCÖ, Wien, Ö sterreich Bräuhausgasse 7–9 Medieninhaber, Herausgeber T +43-(0)1-893 26 97 und Verleger: E vcoe@vcoe.at VCÖ, 1050 Wien www.vcoe.at ZVR-Zahl 674059554 VCÖ (Hrsg.): Titelbild: Manuela Tippl „Wie Städte die Mobilitäts- Lektorat: wende voranbringen“ Karl Regner VCÖ-Schriftenreihe Übersetzung: „Mobilität mit Zukunft“ Sylvi Rennert 3/2019 Layout: Wien 2019 VCÖ 2019 ISBN 978-3-903265-02-8 Druck: gugler GmbH, Auf der Schön 2 3390 Melk Erstellt durch Beiträge von: l Inhaltliche Mitarbeit l Inhaltliche Inputs l VCÖ-Redaktionsteam Stefanie Peter Peer Vehzely Markus Fedra Simon Michael Wagner Axel Schwendinger Priebs Harald A. Jahn Linda Wolfgang Barbara Eder Constanze Kiener Aichinger Laa Wolfgang Neugebauer Michael Gerald Meschik Betül Markus Kovacic Bretschneider Gansterer Tanja Christian Tötzer Gratzer Lorenz Siegel Roland Gerald Hackl Daniel Willi Bell Franz Nowak Angelika Martina Rauch Hertel Karl Karl-Heinz Reiter Ulla Posch Rasmussen Valentina Kofler Andreas Juhasz Susanne Wrighton
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Mobilität mit Zukunft 3/2019 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 5 Dank Publikationen des VCÖ dienen der fachlich fundierten Aufbereitung beziehungsweise Diskussion von Themen aus dem Bereich Mobilität, Transport und Verkehr. Die Art der Behandlung der Inhalte und die erarbeiteten Ergebnisse müssen nicht mit der M einung der unterstützenden Institutionen und Personen übereinstimmen. Gedankt sei allen, die die Herausgabe dieser Publikation finanziell unterstützt haben. Inserate: Die Österreichische Hagelversicherung EZA Hafen Wien Holding Graz iMobility Gmbh Salzburger Verkehrsverbund GmbH Steiermarkbahn und Bus GmbH Traktionssysteme Austria GmbH Wiener Linien
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Mobilität mit Zukunft 3/2019 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 7 Vorwort Städte ziehen weltweit immer mehr Menschen an. Vielfalt und Dichte von Städten ermöglichen hohe Nähe von Arbeiten, Wohnen und Freizeitaktivitäten. Infrastrukturen sind in Städten deutlich effizienter genutzt als in der Region. Damit hat Mobi- lität in Städten hohes Potenzial bei Klimaschutz, Flächeneffizi- enz und Kostensenkung für private und öffentliche Haushalte. Städte haben daher bei der Mobilitätswende voran zu gehen. Städte gibt es seit vielen Jahrhunderten, manche Gründung liegt Jahrtausende zurück. Diese gewachsenen Strukturen » wurden gestört und Die Sanierung der vom Auto belasteten oft zerstört durch die Städte wird Jahrzehnte dauern. « Massenmotorisierung der letzten Jahrzehnte, die uns Kahlheit, verschmutzte Luft, Lärm und Flächenraub im öffentlichen Raum beschert. Doch die Mobilitätswende hat in Städten bereits begonnen, auch wenn die Logiken von Stadtplanung und das Gedächtnis der Bevölkerung vielerorts noch den Kfz-Verkehr im Fokus haben. Die Anzahl an Autos relativ zur Bevölkerungszahl sinkt in Österreichs größeren Städten bereits wieder. In Wien gibt es mehr verkaufte Jahresnetzkarten des Öffentlichen Verkehrs als zugelassene Pkw. Die junge Generation in Städten hat sich schon umgestellt. Nur noch jede zehnte unter 30-jährige Per- son ist in Wien regelmäßig mit dem Auto unterwegs. Das Pri- vat-Auto hat in modernen Städten ausgedient. Die tiefen Spuren, die das kurze Jahrhundert des Autos in den Strukturen unserer Gesellschaft hinterlassen hat, werden nur langsam verschwinden. Doch klimagerechte Straßenraum- gestaltung, Aufenthaltsqualität statt Parkplatz-Maximierung sowie Fassadenbegrünung bis hin zum „urban gardening“ brei- ten sich aus. Und selbst das Konzept der Schwammstadt, das Bäumen Wurzelraum bietet und Verdunstung hoch hält, wird da und dort bereits umgesetzt. Was fehlt, ist das flächendeckende Ausrollen der neuen Konzepte der Stadtgestaltung. Die immer häufiger werdenden Hitzetage und Tropennächte zeigen allerdings, dass wir schnell beginnen müssen, denn die Sanierung unserer vom Auto belas- teten Städte wird Jahrzehnte brauchen. Die VCÖ-Publikation „Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen“ nennt jene, die sich bereits auf den Weg gemacht haben. Willi Nowak VCÖ-Geschäftsführung
wie wohin Vergleiche, kombiniere und buche neue Wege. de n! h e r u nterla J et zt wegfinder.at Google Play and the Google Play logo are trademarks of Google LLC. Apple and the Apple logo are trademarks of Apple Inc., registered in the U.S. and other countries. App Store is a service mark of Apple Inc., registered in the U.S. and other countries.
Mobilität mit Zukunft 3/2019 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 9 Inhaltsverzeichnis Städte als Vorreiter der Mobilitätswende 11 Autos sind in Innenstädten und urbanen Wohngebieten nur zu Gast 16 Öffentlicher Verkehr als Rückgrat urbaner Mobilitätsdienstleistungen 20 Urbane Logistik emissionsfrei machen 24 Urbane Verkehrssysteme über die Stadtgrenze hinaus denken 28 Begrünung und gesunde Straßen gegen urbane Hitzeinseln 32 Literatur, Quellen, Anmerkungen 36 VCÖ-Schriftenreihe Mobilität mit Zukunft 40
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Foto: Wiener Linien Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 11 Städte als Vorreiter der Mobilitätswende Urbane Zentren sind Drehscheiben innovativer Entwicklungen, sowohl auf technologischer als auch auf gesellschaftlicher Ebene. Die Veränderung der gewachsenen Strukturen ist eine der zentralen Herausforderungen auf dem Weg strategische Nachhaltigkeitsziele zu erreichen sowie für das Erhalten und Verbessern von Lebensqualität und Mobilitätsoptionen. CO2-Emissionen absolut pro Tag in Tonnen Für die Mobilitätswende sind die Ausgangsbedin- zwei Drittel der Weltbevölkerung in urbanen 5 629 598 6 227 gungen in Städten gut und zahlreiche Beispiele Räumen leben. 130,59 3 724 237 3 961 zeigen, dass klimaverträgliche Mobilität und hohe 10 890 593 11 483 Lebensqualität in Städten möglich sind. In Ös- Städte gehen voran terreich lebten im Jahr 2018 rund 50 Prozent der 25 092 Urbane Ballungszentren gelten in vielen Teilbe- 1 031 26 124 Bevölkerung in urbanen Räumen.179,a Weltweit reichen als Vorreiter innovativer Entwicklungen, sind es im Jahr 2018 55 Prozent, bis 2050 werden nicht nur auf technologischer Ebene. Faktoren, Die städtische Bevöl- Städtische Bevölkerung verursacht durch Personenverkehr kerung kann deutlich klimaverträglicher mobil weniger CO2-Ausstoß als Bevölkerung in der Region sein als die Bevölkerung Regionale Verteilung der CO2-Emissionen in den Regionale Regionen. ImCO2-Gesamtemis Pkw Öffentlicher Verkehr Schnitt verursachtpro eine des Personenverkehrs Tag in Tonnen Person aus Wien rund Wien 47 Prozent weniger CO2 3,4 0,4 3,8 periphere durch Mobilität als eine 6.230 Wien Bezirke 13 % Großstädte Person aus peripheren 8% Bezirken in Österreich. Quelle: bmvit 201642, UBA 2019199, Pfaffenbichler 2019144 Grafik: VCÖ 2019 ohne Wien 55 % 24 % Großstädte 4,8 0,3 5,1 3.960 ohne Wien zentrale Bezirke 5,7 0,3 6,0 11.480 zentrale Bezirke 6,9 0,3 7,2 periphere Bezirke 26.120 0 1 2 3 4 5 6 7 8 CO2-Emissionen in Kilogramm pro Person und Tag
61 70 72 60 Anteil der Wege in 22 Anteil der Wege in 39 15 12 15 19 20 9 7 Wie Städte 17 40 die Mobilitätswende voranbringen 21 Mobilität mit Zukunft 3/2019 20 15 17 14 9 8 10 6 2 7 20 18 15 7 19 4 4 11 10 10 9 2 4 20 31 17 27 25 20 18 19 22 26 21 16 20 25 17 26 18 11 20 0 Wien Inns- Bre- Salz- Feld- Graz Linz Leoben Waid- St. Wr. Villach Steyr Wels Klagen- Eisen- Juden- 2015 bruck genz burg kirch 2013 2012 2011 hofen/ Pölten Neu- 2011 2012 2012 furt stadt burg 2015 2013 Stadt 2013 Ybbs 2012 stadt 2011 2013 2010 2012 2013 2013 Pkw-Fokus beeinträchtigt Lebensqualität Große Unterschiede bei Mobilität zwischen Der starke Fokus auf den Pkw im Bereich der Österreichs Landeshauptstädten städtischen Entwicklung im 20. Jahrhundert hatte 1 1 in vielen Städten direkte und indirekte Effekte 100 2 7 7 11 17 2 Sonstiges (Moped, auf Lebensqualität, Gesundheit sowie Barriere- 17 19 19 20 100 Anteil der Wege in Prozent 26 22 16 11 26 Motorrad, Taxi) 9 9 80 freiheit und Gleichberechtigung. Die Verände- Anteil der Wege in Prozent 19 20 6 2 31 30 80 60 21 17 rung dieser Strukturen ist eine Herausforderung. 31 34 Quelle: VCÖ 2019207 Grafik: VCÖ 2019 38 14 20 15 Ein Aspekt in der öffentlichen Debatte 60 4 rund5 40 22 66 70 49 56 um den städtischen Kfz-Verkehr ist die fehlende 20 29 37 42 44 40 Kostenwahrheit. Derzeit kommen Kfz-Nutzende 54 51 28 0 20 Kosten auf. nur für einen Teil der verursachten Inns- Wien Bre- Graz Salz- Linz St. Klagen- Eisen- bruck 2018 genz 2018 burg 2012 Pölten furt stadt Kosten für Gesundheitsschäden0durch2 Luftver- 1 2015 2017 2012 2012 2011 2014 12 schmutzung und Lärm, sowie Einschränkungen – – 19 0 12 der urbanen Lebensqualität durch hohen Flä- Bei der Verkehrsmittel- wie die hohe Bevölkerungsdichte, die hohe chenverbrauch, Trennwirkung durch Straßen wahl gibt es zwischen Verfügbarkeit unterschiedlicher Transportmit- oder mangelnde Verkehrssicherheit werden auf Österreichs Landes- hauptstädten große Un- tel sowie das Potenzial für kurze Wege bieten die Allgemeinheit abgewälzt.47,46 terschiede. Bei Städten gute Ausgangsbedingungen für innovative und Die Förderung des Kfz-Verkehrs führt auch mit Straßenbahn ist der Anteil des Öffentlichen effiziente Verkehrslösungen.89 Neue Mobili- zu Flächenverbrauch und Versiegelung.201 Ob- Verkehrs jeweils über tätsdienstleistungen ermöglichen individuelle, wohl in Wien der Anteil an Pkw-Wegen nur 29 20 100 Prozent, bei den an- 2 flexible Mobilität, 2 1 unabhängig vom Privat-Besitz Prozent an allen Wegen beträgt, macht der Anteil 7 deren Städten 11 ist dieser 7 Sonstiges (Moped, 19 17 20 19 Anteil 80 deutlich 26 geringer. an Verkehrsmitteln. Der Motorisierungsgrad Motorrad, Taxi) in an Kfz-Fahrbahnen an der gesamten Verkehrsflä- Anteil der Wege in Prozent 26 16 22 2 19Städten nimmt ab. In 20 Wien che rund 67 Prozent aus.185,57 Der Kfz-Verkehr 17 31 30 kamen im Jahr 2018 60 21 38 20auf 1.000 Einwohnende 15 374 Pkw, im Jahr 2005 ist außerdem die größte Gefahrenquelle im 70 14 180 40 56 waren es 22 noch 403 Pkw. In Zürich und Berlin öffentlichen Raum, wobei Unachtsamkeit und 42sind bereits mehr 49 als 45 50 Prozent der Haushalte Ablenkung, gefolgt von Vorrangverletzung und 20 29 37 28 189 autofrei. Neben den klassischen Verkehrsbe- Rotlichtmissachtung im Jahr 2018 die häufigsten 0 Wien St. Eisen- Graz trieben Klagen- entstehen Inns- Linz zusätzliche Salz- Breg- Angebote, etwa Ursachen für Verkehrsunfälle mit Personenscha- 2015 Pölten Stadt 2018 furt bruck 2012 burg enz 2012 2014 Car-, Bike- 2011 2015und E-Scooter-Sharing 2012 2017 oder flexible den waren. Taxi-Dienste.124 28 Prozent der Kfz-Zusammenstöße in Ös- terreich mit Gehenden passierten auf Schutz- wegen.61 31 Prozent der Zusammenstöße mit Kfz-Beteiligung verursachen bei Gehenden schwere Verletzungen, die neben dem individuel- Beispiele der Mobilitätswende len Schaden auch volkswirtschaftliche Kosten in Millionenhöhe verursachen.75,b Für Schulkinder Foto: Stadtgemeinde Gmunden ist Autoverkehr in Städten eines der größten Hindernisse für einen eigenständigen und gesun- den Schulweg.23 Zudem ist der urbane Kfz-Ver- kehr eine Hauptursache von Lärmbelästigung, was erwiesenermaßen die Wahrscheinlichkeit von körperlichen und psychischen Beeinträchtigun- Verkehr strategisch planen gen erhöht.126 Auch für die Barrierefreiheit ist eine auf Kfz-Verkehr ausgerichtete Infrastruktur Die Stadt Gmunden am Traunsee setzt mit dem im Jahr 2018 beschlossenen nachteilig. Gerade Kinder, gebrechliche und be- Gesamtverkehrsplan ein Zeichen für mehr Gehen, Radfahren und Öffentlichen einträchtigte Personen sind auf leicht zugängliche Verkehr. Nach Eröffnung der Traunsee-Tram und einer innerstädtischen Be- Mobilitätsangebote abseits des Privat-Pkw sowie gegnungszone im September 2018, werden die Jahre 2019 und 2020 dem auf barrierefreie Infrastrukturen angewiesen. Radfahren gewidmet. Seit dem Jahr 2019 wird an einem Lückenschluss im Behinderungen und Sichteinschränkungen in Radverkehrsnetz, der Anbringung von Mehrzweckstreifen auf ehemaligen Lan- Querungssituationen durch parkende Fahrzeu- desstraßen und dem Bau von weiteren witterungsgeschützten Fahrradabstell- anlagen mit E-Ladestationen gearbeitet.
Mobilität mit Zukunft 3/2019 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 13 ge sowie die Trennwirkung von mehrspurigen Beispiele der Mobilitätswende Kfz-Straßen sind dabei zentrale Hürden.163 Ein sozial gerechtes Verkehrssystem setzt vor allem Foto: H. Jahn / www.tramway.at auch den barrierefreien Zugang zu Mobilität vor- aus. In Städten ist der Öffentliche Verkehr als in- klusives Mobilitätsangebot für alle diesbezüglich das zentrale Rückgrat.52 Klimaverträglichkeit durch aktive Mobilität Gehen und Radfahren sind besonders flächenef- fiziente und klimaverträgliche Mobilitätsformen. In Brüssel wird Gehen wichtig Um aktive Mobilität für alle Bevölkerungsgrup- Über ein Jahrhundert lang lag in Brüssel der verkehrsplanerische Fokus auf pen zu ermöglichen, bedarf es darauf ausgeleg- dem Schnell- und Kfz-Verkehr. In den Jahren 1911 bis 1954 wurde durch ter Infrastruktur. Körperlich schwächere Men- eine sechs-gleisige Tunnelstrecke zwischen dem Nord- und Südbahnhof ei- schen brauchen regelmäßige Sitzgelegenheiten, ne Schneise in die Stadtstruktur geschlagen, ab den 1950er-Jahren wurden die gleichzeitig Raum für Begegnungen und Kfz-Straßen massiv ausgebaut. Schon im Jahr 1870 wurde der Fluss Senne sozialen Austausch schaffen. Das Anbringen tak- überwölbt und der Boulevard Anspach angelegt, der später zur innerstäd- tiler Leitsysteme hilft sehbehinderten Menschen, tischen Hauptachse für den Autoverkehr wurde. Im Jahr 2012 inszenierte sich selbständig zurecht zu finden. Gehsteigab- der Philosoph Philippe Van Parijs ein nicht genehmigtes Picknick auf dem senkungen oder Fahrbahnerhöhungen im Kreu- Börseplatz, einer zentralen Kreuzung am Boulevard Anspach. Als Folge dieses zungsbereich sorgen dafür, dass die Überquerung heftig diskutierten Projekts wurde im Herbst 2012 von der Stadtregierung be- der Fahrbahn mit Rollstuhl oder Kinderwagen schlossen, die drei wichtigsten Plätze am Boulevard autofrei zu gestalten. Im einfacher möglich ist. Die niederländische Stadt Breda etwa hat das Kopfsteinpflaster der Innen- Jahr 2015 begann die Umgestaltung zur Fußgängerzone. 85 Prozent der Kauf- stadt abgeschliffen, um die Zugänglichkeit für leute sprachen sich für die Fußgängerzone aus. Ab dem Jahr 2020 verbindet Rollstühle zu verbessern.193 Stockholm hat im der Boulevard Anspach die verkehrsberuhigten Straßen der angrenzenden Jahr 2016 den „Masterplan Gehen” mit zahlrei- Stadtteile zu einer der größten Fußgängerzonen Europas. chen Maßnahmen zur Verbesserung der Infra- struktur veröffentlicht.182 flächen und Platz für Gehende umgewandelt. + 20 % Das Fahrrad ist auf Strecken bis zu fünf Ki- Pkw-Parkplätze stehen nur noch für + 5 Personen % lometer durchschnittlich sogar das schnellste ur- mit körperlicher Beeinträchtigung und für E-La- In Österreich wachsen bane Verkehrsmittel.203 Auch die Gesamtgesell- destationen zur Verfügung. Die Anzahl der die großen Städte stark. schaft profitiert von mehr aktiver Mobilität durch Gehenden im Stadtzentrum hat im Jahr 2018 im Ein effizientes Verkehrs- Einsparungen im Gesundheitssystem. EU-weit Vorjahresvergleich um zehn Prozent zugenom- system ist eine wesent- liche Voraussetzung, bringt Radfahren einen gesellschaftlichen Net- men.141 Vancouver hat im Jahr 2009 mit einer um auch in Zukunft to-Nutzen von 18 Cent pro Kilometer, Gehen + 20 „protected bike lane” über die Burrard % Bridge ihr Funktionieren zu gewährleisten und die sogar 37 Cent pro Kilometer, während umge- den Grundstein für ein innerstädtisches Radfahr- Lebensqualität hoch+ zu 20 % kehrt jeder im Pkw zurückgelegte Kilometer von wegenetz gelegt. Geschützte Fahrradspuren sind halten. +5% +5% der Gesellschaft getragene Netto-Kosten von 11 Cent verursacht.81 Urbane Zentren Österreichs wachsen stark Viele Städte setzen neue Prioritäten Prognostizierter Bevölkerungszuwachs in den Jahren Quelle: Statistik Austria 2019179, Örok 2019243 Grafik: VCÖ 2019 In der Stadt Houten in den Niederlanden dürfen 2019 bis 2040 in Prozent Linz Wien nur aktiv Mobile die Innenstadt durchqueren, + 14 % + 16 % Pkw dürfen nur über eine Ringstraße zufahren. In den letzten 40 Jahren gab es in Houten kei- auf 234.000 auf 2.203.000 Personen ne tödlichen Verkehrsunfälle mehr.236 In Oslo Salzburg Personen wurde im Jahr 2015 beschlossen, die Innenstadt Innsbruck +4% + 21 % auf 160.000 Graz autofrei zu gestalten. Dazu wurde die Fläche von Personen + 19 % mehr als 700 Parkplätzen in Radwege, Grün- auf 160.000 Personen auf 343.000 Personen Bevölkerungszuwachs vom Jahr
7 7 45 47 Anteil der Weg 6 Mobilitätswende 36 39 41 14 40 Wie Städte die 6 35 voranbringen 33 Mobilität mit Zukunft 3/2019 20 23 28 17 23 25 24 23 21 8 10 13 0 1–19 20–39 40–59 60–79 80–99 100–119 120–139 140–159 >160 Besiedelung in Personen pro Hektar Die spanische Stadt Sevilla konnte durch die Mehr nachhaltige Mobilität bei Umsetzung eines einheitlichen Konzepts für ein höheren Siedlungsdichten flächendeckendes Radwegenetz den Radverkehrs anteil in nur fünf Jahren von 2006 bis 2011 von Sonstiges unter einem auf neun Prozent anheben.194 100 9 9 10 12 14 14 15 16 19 20 Eine Mobilitätswende ist zentral, um die Ziele Anteil der Wege in Prozent 80 der Klima- und Energiestrategie in Österreich zu 31 34 37 38 40 42 45 erreichen.29 Generell ist Gehen die effizienteste 60 4 46 50 5 4 56 Form urbaner Mobilität. Gehen beansprucht 6 6 6 40 6 Quelle: ARE 201839 Grafik: VCÖ 2019 54 51 5 wenig Platz und bedarf keiner Abstellflächen 47 43 5 für Verkehrsmittel, allerdings Sitzgelegenheiten 20 39 37 34 6 31 24 17 zum Verweilen. Gehen ist energieeffizient und 0 2 1 2 1 1 1 0 2 2 1 6 verursacht weder Lärm noch Schadstoff-Emis- 12 2–19 9–26 6–33 3–40 0–49 9–61 1–77 –10 1 06 0– 1 1 2 3 4 4 6 7 7 > sionen. Für die Erreichung der Klimaziele spielt Siedlungsdichte in Personen pro Hektar in der Schweiz die Förderung des Gehens im urbanen Verkehr daher eine wichtige Rolle.143 Auf Strecken bis Je dichter die Be- ein kostengünstiges Konzept zur Förderung des fünf Kilometer ist das Fahrrad ideal, für länge- siedlung, umso kli- Radverkehrs. In der einfachsten Variante wird re Wege der Öffentliche Verkehr.36 In diesem 120 maverträglicher die Verkehrsmittelwahl. eine Kfz-Fahrspur gesperrt, farblich markiert 0 bis 12 Kontext gilt das Konzept der „Smart City“ als 77 bis 12 bis 19 19 bis 26 26 bis 33 33 bis 40 40 bis 49 49 bis 61 61 bis 77 106 mehr als 106 Dieser Befund zeigt, und für Radfahrende geöffnet.190 Zusätzlich Leitbild, um einerseits die Lebensqualität für alle Sons�ges 2 1 2 1 1 1 0 2 2 1 Pkw 54 51 47 43 39 37 34 31 24 17 100warum Städte bei der können Elemente wie Poller oder Blumenkisten Fahrrad 4 5 4 6 6 6 6 5 5 6 9 9 einen Mobilitätswende Gehen 10 12 14 14 15 16 Öffentlicher Verkehr 31 9 34 9 zu erhöhen, andererseits Ressourcenverbrauch 37 10 38 12 40 14 42 14 45 15 46 16 50 19 56 20 Vorteil haben. die Sicherheit erhöhen und 19 Überfahrten 20 oder und Energiebedarf zu reduzieren. In Wien et- 80 unerlaubtes Parken von Autos unterbinden. Öffentlicher 20 Verkehr wa wurde eine Smart City-Strategie erstmals im 31 34 37 38 Jahr 2014 publiziert und im Jahr 2019 aktuali- 40 42 Gehen 60 45 46 siert.118,177 Eines der Ziele im Verkehrsbereich 4 50 Fahrrad 5 56 4 Beispiele der Mobilitätswende 6 ist die Reduktion der CO2-Emissionen pro Kopf 40 6 6 Pkw um 50 Prozent bis zum Jahr 2030. Ein Ansatz 6 Foto: H. Jahn / www.tramway.at 5 54 51 5 Sons�ges des Smart City-Konzepts im Bereich Wohnen 47 43 sind sogenannte Plus-Energiequartiere, die in 20 39 37 6 34 31 24 ihrer Jahresbilanz durch Photovoltaik und Aner- 17 0 2 1 2 1 1 1 2 2 1 gienetze mehr Energie produzieren, als sie selbst 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 benötigen.c Auch die An- und Einbindung in nachhaltige Mobilitätskonzepte wird immer häu- Gent beendet Auto-Staus Hitzetage: Tage mit Maximaltemperatur über 30 Grad Celsius Tropennächte: Nächte mit Minimaltemperatur von über 20 Grad Celsius * Prognose figer zum Standard.237 Bis April mit 2017geringen herrschte Anstrenungen beim Stadt in der belgischen Klimaschutz Gent oft Stau. Die belastende Städte gehen mit gutem Beispiel voran Situation wurde mit einem weitreichenden Konzept verändert. Der Innenstadt- Für die Erreichung des Ziels einer klimaverträg- bereich wurde in sechs Zonen gegliedert. Von außen oder aus einer anderen lichen Stadt mit hoher Lebensqualität braucht es Zone kann mit dem Auto nur über eine Ringstraße eingefahren werden. Zu- auf den konkreten Kontext angepasste Lösungs- sätzlich gibt es fünf autofreie Gebiete, wo die Einfahrt auch für Anrainerinnen ansätze. Im internationalen Vergleich zeigen sich und Anrainer und den Lieferverkehr nur mit einer Genehmigung erlaubt ist deutliche Unterschiede in der Herangehensweise. – die Kfz-Kennzeichen werden bei der Einfahrt digital erfasst und mit den Die spanische Millionenstadt Bilbao entwickelte hinterlegten Berechtigungen abgeglichen. Neben Gehenden, dürfen auch Rad- sich durch die Förderung der aktiven Mobilität fahrende, Straßendienstfahrzeuge, der Öffentliche Verkehr und Taxis die Zo- und des Öffentlichen Verkehrs in den Jahren von 1995 bis 2003 zu einem Vorreiter für öffentlich nengrenzen überqueren. 35 Hektar in der Innenstadt sind schon seit dem Jahr zugängliche Mobilitätssysteme.167 Die deutsche 1997 Fußgängerzone. Die größte zusammenhängende Zone ist das historische Stadt Aachen hat sich einem strategisch gebün- Stadtzentrum, wo es auch einige völlig für den Fahrzeugverkehr gesperrte delten Mobilitätskonzept verschrieben.169 Neben Straßen gibt. 72 Prozent der Bevölkerung befürworteten die Ausweitung des der Einbindung der Bevölkerung werden zehn autofreien Bereiches um weitere 15 Hektar. In den Jahren von 2012 bis 2018 Strategien zur Verbesserung der Lebensqualität ist der Anteil der Autos und Motorräder am Modal Split von 55 auf 39 Prozent gesunken, der des Radverkehrs von 22 auf 35 Prozent gestiegen. Ziel ist, dass der Pkw-Anteil bis zum Jahr 2030 auf 27 Prozent zurückgeht.192
Mobilität mit Zukunft 3/2019 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 15 und Erhöhung der Klimaverträglichkeit verfolgt. Fünf Strategien adressieren die verschiedenen Multimodalität in Metropolen viel häufiger Verkehrsmittel und den Güterverkehr, fünf Stra- als in ländlichen Regionen tegien behandeln Querschnittmaterien, etwa die Häufig genutzte Verkehrsmittel in Deutschland in Prozent (ab 14 Jahren) Elektrifizierung des Verkehrs, höhere Verkehrssi- Metropol-Region Ländliche Region, dörflicher Raum cherheit und Barrierefreiheit. Konkrete Maßnah- 1 men sind etwa Mobilitätsberatung für Betriebe, 7 6 32 5 die Entwicklung eines Mobilitätsspiels für Kinder 23 und die Verbesserung der Radinfrastruktur durch 13 Schaffung von Vorrang-Routen sowie wissen- 25 schaftliche Begleitforschung.109 59 Zahlreiche europäische Städte übernehmen mit 12 20 einem sogenannten „Climate Action Plan“ Ver- 11 8 3 2 antwortung, um bis zum Jahr 2050 emissionsfrei zu sein. Kopenhagen hat es sich beispielsweise Auto und zum Ziel gemacht, durch Förderung von erneu- nur Auto Öffentlicher Verkehr Quelle: BMVI 201834 Grafik: VCÖ 2019 Monomodal erbarer Energie schon bis zum Jahr 2025 die ers- Fahrrad und nur Multimodal te klimaneutrale Stadt in Europa zu werden. Oslo Öffentlicher Verkehr Öffentlicher Verkehr will mit Hilfe eines Klimabudgets auf Gemeinde- Auto, Fahrrad und nur Fahrrad ebene bis zum Jahr 2030 die Treibhausgas-Emis- Öffentlicher Verkehr sionen um 95 Prozent senken. Barcelona hat kein Verkehrsmittel Auto und Fahrrad häufig genutzt sich Klimagerechtigkeit als ein strategisches Ziel gesetzt, das etwa durch die Ausweitung von nachfragebasierten Mobilitätsdienstleistungen für Diese Ziele können durch die Umsetzung ei- Große Städte und Me- Menschen mit gesundheitlichen Problemen und ner Stadt der kurzen Wege, der Förderung von tropolen sind Vorreiter, nur Auto 2% was1% die flexible Nut- der Bekämpfung des Phänomens der Energie- aktiver Mobilität, öffentlich 6% zugängliche Mobili- 5% zung unterschiedlicher nur Öffentlicher Verkehr 7% 3% armut bis zum Jahr 2030 erreicht werden soll. 44 tätsangebote, Multimodalität und23%Sharing sowie Verkehrsmittel angeht. Während im ländlichen Auch in Österreich arbeiten viele Städte an nur Fahrrad Elektrifizierung der Fahrzeuge verfolgt wer- Raum großteils allein 13% einem klimaverträglichen Verkehrssystem. DieFahrrad den.112 Um die Lebensqualität einer modernen Auto und das Auto häufig ge- 25% Leitlinien für nachhaltige, urbane Mobilität der Stadt als Hub für Wohnen, Arbeiten, lokale Wirt- nutzt wird, werden in Auto und Öffentlicher Verkehr Städten verschiedene Europäischen Union werden beispielsweise im schaft sowie12%regionalen und überregionalen Tou- Verkehrsmittel häufig 59% Fahrrad 175 und Öffentlicher Wiener „Fachkonzept Mobilität“ umgesetzt.Verkehr rismus zu verbessern, ist die Umgestaltung 20% von genutzt und auch deut- lich 3% häufiger multimodal Vor allem die Förderung von Sharing-Konzepten ausschließlich dem Kfz-Verkehr zur Verfügung Auto, Fahrrad und Öffentlicher kombiniert. Verkehr 11% und die Umnutzung von Kfz-Verkehrsflächen stehenden Flächen in multifunktional kein Verkehrsmi�el häufig 8% nutzbaren, 2% für aktive Mobilität, etwa durch (temporäre) genutzt allgemein zugänglichen öffentlichen Raum und Metropol-Regionen Ländliche Region, dörflicher Raum Fußgängerzonen, Spiel- und Wohnstraßen sowie zu Grünflächen eine zentrale Voraussetzung.86 Verwendung der Flächen von Abbiegestreifen CO2-Emissionen pro Person und Tag in Kilogramm und Parkstreifen für Gehende, werden darin als wichtige Schritte genannt.217 Drei Säulen für Klimaverträglichkeit Mobilitätswende in den Städten vorantreiben Vielerorts sind innovative Verkehrskonzepte mit • Städte bieten gute Voraussetzungen für die Umsetzung klimaverträg- dem Ziel lebenswerte Städte für alle zu gestalten licher Mobilitätskonzepte. Grundvoraussetzung ist eine Verschiebung bereits in Umsetzung. Solche Mobilitätskonzepte des Fokus weg vom Privat-Auto, hin zu öffentlich zugänglichen Mobi- basieren auf drei Säulen:142 litätsangeboten, Gehen und Radfahren. 1. Vermeidung von Verkehr • Die Umgestaltung des öffentlichen Raums, etwa durch Schaffung von 2. Verlagerung von Verkehr zu möglichst kli- Begegnungszonen, Wohnstraßen oder Grünzonen erhöht die Barriere- maverträglichen Verkehrsmitteln freiheit und somit die soziale Gleichberechtigung. 3. Verbesserung und Effizienzsteigerung des • Städte können durch einen sogenannten „Climate Action Plan“ selbst verbleibenden Verkehrs aktiv werden, um die Klimaziele bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Viele, in anderen Städten bereits erprobte, Maßnahmen stehen für kontextspezifische Lösungen zur Auswahl.
16 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen Foto: Stadt Bern_Manuel Zingg Autos sind in Innenstädten und urbanen Wohngebieten nur zu Gast Platzverbrauch für den ruhenden Verkehr in Graz 92 % Die Dominanz des Kfz-Verkehrs wurde für Städte in den letzten Jahrzehnten erdrückend. Viele denken jetzt um. International zeigen zahlreiche Beispiele zur Umgestaltung des öffentlichen Raums hin Pkw-Abstellplätze zu höherer Wohn-, im öffentlichen Lebens- undRaum Aufenthaltsqualität, dass auch lange gewachsene Strukturen veränderbar sind. Autos dominieren vielerorts das Stadtbild. In öffentlichen Raum aufeinander. Benachteiligt Graz etwa wird 92 Prozent der Fläche für den sind zum Beispiel Kinder, deren Schutz und Be- ruhenden Verkehr von abgestellten Verkehrs Autos in wegung durch Kfz-Fahrbahnen und Kfz-Verkehr 3 %Der öffentlicheHaltestellen Raum und Stationen des Öffentlichen Anspruch genommen, lediglich acht Prozent ent- auch in Wohngebieten sowie rund um Schulen kann vielfältig genutzt fallen auf (z.B.Haltestellen Sitzbänke unddes Öffentlichen Verkehrs, und Kindergärten oft stark eingeschränkt sind. 3größte %werden. Der weitaus Fußgängerbereiche Teil des öffentli- Gastgärten) Bereiche für Gehende und Radabstellmöglichkei- chen Raums wird derzeit 2den % Pkw zur Verfügung ten. In urbanen Radabstellmöglichkeiten GebietenRaum im öffentlichen treffen unterschiedliche Dominante Rolle des Autos hinterfragen gestellt. Nutzungsansprüche im beschränkt verfügbaren In den letzten Jahrzehnten hat es die Gesellschaft akzeptiert, dass der Straßenraum als Aufenthalts-, Pkw verstellen den öffentlichen Raum Sozial- und Spielraum für Menschen durch den Kfz-Verkehr gestört und sukzessive dem hohen Platzbedarf von Pkw geopfert wurde. Die Er- innerung an die Straße als flexibler Lebensraum 3% Haltestellen und Stationen des Öffentlichen Verkehrs mit multifunktionaler, gleichberechtigter Nutzung verblasst.216 Heute regt sich Widerstand, der öf- 3% Bereiche für Gehende (z.B. Sitzbänke und Gastgärten) fentliche Raum wird verstärkt zum Gegenstand Radabstellmöglichkeiten von Debatten. Die konflikthafte Diskussion um 2% im öffentlichen Raum die Umgestaltung der Mariahilfer Straße in Wien P im Jahr 2015 ist nur ein Beispiel, dass Straße heu- te gedeutet werden will.228 Die Dominanz des Autos hat auch die Spra- che verändert. Im Leitfaden der Stadt Wien für Quelle: FGM 201874 Grafik: VCÖ 2019 „Aktionen im Straßenraum“ wird von „Stra- 92 % ßensperren“ gesprochen, wo eigentlich eine Stra- ßen-Öffnung für multifunktionale Nutzung und Platzverbrauch für den ruhenden Verkehr in Graz Pkw-Abstellplätze im öffentlichen Raum
Mobilität mit Zukunft 3/2019 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 17 Belebung gemeint ist.78,d Der sensible Umgang Beispiele der Mobilitätswende mit Sprache ist ein entscheidender Faktor, um Wertigkeit und Akzeptanz gesetzter Maßnahmen im Sinne eines klimaverträglichen und zukunfts- Foto: Sebastian Tschinder fähigen Verkehrssystems zu erhöhen.45 Dazu gibt es zahlreiche weitere Beispiele, etwa „Raumge- winn“ statt „Parkplatzverlust“ oder „Abbau von Kfz-Privilegien“ statt „Melkkuh der Nation“.56 Begriffe wie Wohnstraße und Begegnungszone weisen im Sinne der notwendigen Mobilitätswen- de bereits in die richtige Richtung. Gesunde Schulwege Vier Pflichtschulen in der Stadt Salzburg haben seit dem Jahr 2017 Maß- Vielfältiges Erfolgsmodell Schulstraße nahmen für einen gesunden und klimaverträglichen Schulweg ergriffen und In der Südtiroler Stadt Bozen wurde schon im ein Zeichen gegen die zunehmende Anzahl an „Elterntaxis“ gesetzt. Jeweils Jahr 1989 ein Schulstraßen-Modell eingeführt, für eine halbe Stunde vor Schulbeginn werden die Zufahrten zu den Schul- das Straßen vor Schulen für 15 bis 30 Minuten standorten Campus Mirabell, den Volksschulen in Lehen und Maxglan sowie vor und nach dem Unterricht vom Kfz-Verkehr der Volksschule Morzg durch temporär aufgestellte Scherengitter von Autos befreit.197 Das Vorhaben wurde von einem freigehalten. Durch die zusätzliche Bearbeitung des Themas Mobilität in den entschlossenen Bürgermeister und einer konse- Schulen werden die Kinder sensibilisiert und zu einer nachhaltigen und ak- quenten Stadtpolizei, gegen den Widerstand von tiven Mobilität am Schulweg und in der Freizeit angeregt. Auch in der Volks- Elternvereinen und Schulen, umgesetzt. Heute schule Vereinsgasse in Wien wurde die Schulstraße nach einem positiven ist es ein Vorzeigemodell, das in vielen Südtiro- Pilotversuch im Jahr 2018 dauerhaft eingerichtet. ler Gemeinden, aber auch in Salzburg, Vorarl- berg und in London nachgeahmt wurde.115 Im September 2018 setzte auch die Stadt Wien ein Vorbild in Europa.171 Die meisten Wohnstraßen Viele Kinder werden mit „Pilotprojekt Schulstraße“ um. Das temporäre wurden im Rahmen von Wohnbauvorhaben in dem „Elterntaxi“ in die Schule gebracht. Da- Kfz-Fahrverbot vor der Schule hat die Sicherheit der Wohnumgebung errichtet, um die Wohnum- durch gehen Möglich- der Kinder maßgeblich erhöht, das Verkehrs- feld-Qualität in den Wohnquartieren zu verbes- keiten für die selbst- aufkommen im Schulumfeld ist gesunken, die sern. Damit wurden Bewegungs- und Spielmög- ständige, kindliche Entwicklung verloren, Anzahl der Elterntaxis ist stark zurückgegangen. lichkeiten für Kinder, aber auch ein attraktives während Verkehrspro- Im Jahr 2019 werden aufgrund des Erfolgs drei Angebot für den Aufenthalt im öffentlichen bleme und Sicher- heitsrisiken zunehmen. weitere Schulstraßen in Wien eingerichtet.164 Raum ganz generell geschaffen. In Freiburg hat Schulstraßen können Das Schulstraßen-Modell der Stadt Odense in sich der Anteil von Gehenden und Radfahrenden Abhilfe bringen. Dänemark geht einen Schritt weiter. Dort gilt das Kfz-Fahrverbot nicht nur zu Beginn und Schulstraße reduziert Pkw-Verkehr Ende des Unterrichts, sondern die Straße gehört 7:30 bis 7:45 Uhr während der gesamten Unterrichtszeit von sieben Anzahl Pkw vor Volksschule Vereinsgasse in Wien bis 17 Uhr den Kindern, außerhalb dieser Zeiten 7:45 bis 8:00 Uhr 50 115 ist Kfz-Verkehr erlaubt.50 Eine Schulstraße nach Fahrverbot 7:45-8:15 8:00 bis 8:15 Uhr diesem Modell wurde auch in Bregenz als „Gut- 40 Uhr Geh-Raum“ umgesetzt.63 Dadurch wird nicht 8:15 bis 8:30 Uhr nur die Verkehrsmittelwahl auf dem Schulweg 30 beeinflusst, die Straßenöffnung schafft zusätzli- chen Aufenthalts-, Pausen-, und Unterrichtsraum 37 Quelle: Rosinak 2018159 Grafik: VCÖ 2019 20 und fördert eine veränderte Einstellung zum öf- fentlichen Raum. 10 Wohnstraßenkönig Freiburg 0 Die Stadt Freiburg im Breisgau in Deutschland vor Pilotversuch während Pilotversuch ist mit über 180 Wohnstraßen in diesem Bereich Juni 2018 September 2018
18 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen Mobilität mit Zukunft 3/2019 hoch war.233 Im 15. Wiener Gemeindebezirk Beispiele der Mobilitätswende wurde im Jahr 2018 eine Wohnstraße mit auffäl- liger, blauer Straßenbemalung umgesetzt, die das Thema auch medial belebte.121 Foto: Christian Fuerthner Rückbau von Hauptverkehrsstraßen Eine andere Maßnahme, um Menschen im öf- fentlichen Raum wieder verstärkt ins Zentrum zu rücken, ist der Rückbau von Hauptverkehrs- Urbane Flaniermeilen in Wien straßen und die Befreiung der öffentlichen Straße von abgestellten Privatautos. Die Stadt Odense Die Mariahilfer Straße in Wien wurde in den Jahren 2013 bis 2015 zu einer in Dänemark etwa hat im Jahr 2018 begonnen, Flaniermeile mit Fußgängerzone und Begegnungszone umgebaut. Dadurch die Fläche der vierspurigen, bis dahin für den konnte die Zahl der Verkehrsunfälle im Vergleich vom Jahr 2012 bis 2018 um Kfz-Verkehr reservierten Hauptdurchfahrtsstraße über zwei Drittel reduziert werden.153,207 Bei einer Umfrage nach Fertigstel- zu einem neuen Stadtentwicklungsgebiet um- lung beurteilten Passantinnen und Passanten das Gesamterscheinungsbild zugestalten, das Platz für neue Gebäude sowie der Straße zu 85 Prozent positiv, speziell die verbesserte Aufenthaltsqualität Gehen und Radfahren schafft. Die Umgestaltung und das Platzangebot für Gehende gefallen.88 Im Jahr 2019 gibt es in Wien soll im Jahr 2020 fertiggestellt sein.191 In Paris nun bereits sieben Begegnungszonen, vier weitere sind geplant.132 Jene in wurde im Jahr 2016 beschlossen, eine Schnell- der Herrengasse der Wiener Innenstadt wurde im Jahr 2016 auf Initiative der straße am rechten Seine-Ufer in eine Promenade umzugestalten.168 Utrecht hat im Jahr 2015 eine Liegenschaftsbesitzerinnen und Liegenschaftsbesitzer umgesetzt. vierspurige Straße zu einem Schiffskanal und einem Park umgewandelt.27 Ljubljana hat im Jahr von rund 50 Prozent im Jahr 1999 auf 63 Pro- 2015 einen Teil der Kfz-Hauptverkehrsachse zent im Jahr 2016 erhöht, während der Pkw-An- Slovenska Cesta zu einer Flaniermeile für Ge- teil im selben Zeitraum von 32 auf 21 Prozent hende und Radfahrende umgewandelt.133,107 Das zurückgegangen ist.170 In Zürich ist laut einer Zentrum von Pontevedra, einer spanischen Stadt Erhebung aus dem Jahr 2015 jeder zweite Haus- mit 80.000 Einwohnenden, ist schon seit dem halt autofrei.188 In Wien sind 42 Prozent der Jahr 1999 autofrei. Die CO2-Emissionen sind bis Haushalte autofrei, in Graz, Linz, Salzburg und zum Jahr 2016 um 70 Prozent gesunken, 90 Pro- Innsbruck jeder dritte Haushalt.210 zent der Bevölkerung der Innenstadt gehen zu In Österreich sind Wohnstraßen seit dem Jahr Fuß einkaufen, ebenso wie 80 Prozent der Kin- 1983 in der Straßenverkehrsordnung verankert. der zu Fuß in die Schule gehen.214 Auch nach der In Wohnstraßen sind der Aufenthalt auf der Umgestaltung der Herrengasse in Wien im Jahr Straße sowie das Spielen ausdrücklich erlaubt, 2016 in eine Begegnungszone stieg die Frequenz was Kindern zum Beispiel einen vergleichsweise beim Gehen um rund 40 Prozent.229 sicheren Raum zum Erlernen des Radfahrens Ein weiterer Hebel zur Reduktion des Kfz-Ver- oder Rollerfahrens bieten würde. Kfz dürfen kehrs und zur Schaffung von urbanem Freiraum lediglich in Schrittgeschwindigkeit zu- oder ab- ist die aktive Parkraumbewirtschaftung. Eine fahren, Durchfahren ist verboten.105,97 Vergli- innovative Strategie verfolgt etwa die Stadt Rot- chen mit Freiburg werden in Österreichs Städten terdam, wo bis zum Jahr 2020 insgesamt 3.000 Wohnstraßen nur selten umgesetzt. Noch selte- Pkw-Abstellplätze im öffentlichen Raum der ner werden die Abstellmöglickeiten für Pkw ein- Innenstadt in Geh- und Radwege, Aufenthalts- geschränkt und in Aufenthaltsflächen oder Grün- flächen, Radabstellanlagen und Grünflächen raum umgewidmet. Am Beispiel eines im Jahr umgewandelt werden sollen. Mit Ende des Jahres 2011 in Graz umgesetzten Wohnstraßenprojekts 2018 wurde bereits die Fläche von 1.200 ab- zeigte sich, dass sich starke Zweifel im Vorfeld gestellten Pkw zur multifunktionalen Nutzung zu mehrheitlicher Zustimmung nach dem Umbau umgebaut. Zusätzlich arbeitet die Stadt mit einer wendeten, wobei die Zustimmung bei Kindern Push-Pull-Strategie bei der Preisgestaltung. Die mit über 90 Prozent erwartungsgemäß besonders Parkgebühren von Abstellplätzen auf der Ober-
Mobilität mit Zukunft 3/2019 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 19 fläche wurden im Jahr 2019 auf vier Euro pro Stunde angehoben, jene für Tiefgaragen-Stell- Verkehrsberuhigtes Wohnumfeld fördert plätze auf zwei Euro pro Stunde reduziert.139,140 soziale Kontakte und Selbstständigkeit von Kindern Amsterdam will bis zum Jahr 2025 die Zahl verkehrsberuhigt verkehrsbelastet der Parkplätze im Wohnumfeld jährlich suk- 80 8,8 Anteil der Wege von Kindern ohne Begleitung zessive reduzieren und damit insgesamt 11.200 Pkw-Parkplätze entfernen.239 Die Stadt Bern be- 70 Durchschnittliche durch Erwachsene in Prozent absichtigt in den nächsten Jahren die Hälfte der Anzahl von Freundinnen 60 70 % Quelle: FGM 201874, Hüttenmoser 199690 Grafik: VCÖ 2019 und Freunden öffentlichen 17.000 innerstädtischen Pkw-Ab- 2,4 stellplätze in gemeinschaftlich nutzbare Flächen 50 umzuwandeln.53 Oslo hat diesen Schritt schon 40 im Jahr 2018 gemacht und die Fläche von 700 abgestellten Pkw im innerstädtischen Bereich 30 durch Sitzbänke, Fahrradständer und mehr Platz für Gehende ersetzt.68 20 30 % 10 Maßnahmen gegen die Verkehrsflut 0 Seit dem Jahr 2008 wurden in 58 Städten in Deutschland sogenannte Umweltzonen umge- setzt, die besonders umweltbelastenden Fahrzeu- gulierungsplan“ im Jahr 1977. Alle Haushalte Verkehrsberuhigte Straßen erhöhen nicht gen die Einfahrt in sensible Zonen verbietet. Die sind per Auto zu erreichen, aber die Durchfahrt nur allgemein die Le- Gesamtanzahl der einfahrenden Kfz reduzieren durch das Stadtzentrum wurde für Kfz gesperrt bensqualität für Anrai- nerinnen und Anrainer, sie jedoch kaum, eher wird dadurch ein Kaufan- und nur für aktive Mobilität ermöglicht. Diese sondern sind auch für reiz für neuere Kfz-Modelle geboten.202 Eine Maßnahme führte zu einem sehr hohen Radver- die Entwicklung von direktere Maßnahme gegen hohe Verkehrsbelas- kehrsanteil von 61 Prozent im Kernstadtbereich Kindern wichtig. tung ist die italienische „Zona traffico limitato“, und 33 Prozent im gesamten Stadtgebiet im die eine Zufahrt zu den Zonen nur für Anrai- Jahr 2017.79,58 Die Stadt Gent in Belgien hat das nerinnen und Anrainer sowie Lieferfahrzeuge Modell von Groningen im Jahr 2017 übernom- erlaubt. Diese Zonen sind seit dem Jahr 1993 in men. Seither ist die Zentrumsdurchfahrt nur mittlerweile mehr als 200 italienischen Städten Radfahrenden und Gehenden erlaubt.77 Knapp mit unterschiedlicher lokaler Ausgestaltung um- nach Umsetzung der Verkehrsmaßnahme fanden gesetzt. Evaluierungen zeigen eine Reduktion der Gemeinderatswaheln statt. Die Regierungskoa- Kfz-Einfahrten um 15 bis 20 Prozent, eine Zu- lition wurde mit rund 59 Prozent der Stimmen nahme der Nutzung des Öffentlichen Verkehrs wiedergewählt.128 Ein ähnliches Konzept wie in um fünf Prozent sowie eine Zunahme des Rad- Gent wurde auch in der kleineren Stadt Leuven fahrens um zehn Prozent.94 im Jahr 2016 umgesetzt. Nach nur einem Jahr ist Eine weitere Möglichkeit der Verkehrsberuhi- der Radverkehrsanteil in der Innenstadt um ein gung sind Stadtmauten, wie in London seit dem Drittel gestiegen.65 Jahr 2003 oder in Stockholm seit dem Jahr 2007. Die Zustimmung der Bevölkerung in Stockholm war kurz vor Einführung gering, stieg aber nach der Einführung kontinuierlich an.25,147 Eine Si- mulation einer variablen City-Maut in München Verkehrsplanung am Menschen orientieren zeigte, dass bis jährlich zu 30 Millionen Euro • Durch flexible, multifunktionale Nutzung des Straßenraums den Men- lukriert werden könnten. Dabei würde der Maut- schen ins Zentrum der Gestaltung des öffentlichen Raums stellen Preis je nach Stärke des Verkehrsaufkommens und die Sonderstellung des Kfz-Verkehrs zurücknehmen. zwischen 30 Cent und 1,25 Euro je Kilometer • Schul- und Wohnstraßen sind zum Standard zu machen. Autos sind variieren.187 in Wohngebieten und der Innenstadt nur zu Besuch. Einen anderen Weg ging die Stadt Groningen • Umfassende Umgestaltung zur Belebung von zentralen Verkehrsach- in den Niederlanden mit ihrem „Verkehrsre- sen und Innenstadt-Bereichen durchführen. Viele Beispiele zeigen, dass die Bewohnerinnen und Bewohner nach der Umsetzung eine mutige, an der Lebensqualität orientierte Politik honorieren.
20 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen Foto: Jerroen Willems aktueller Pkw-Besetzungsgrad zwei Personen pro Pkw 87 Pkw 24 Meter 50 Pkw 1 Straßenbahn Öffentlicher Verkehr als Rückgrat 112 Meter urbaner Mobilitätsdienstleistungen 130 Meter Der Öffentliche Verkehr ist aufgrund seiner hohen Leistungsfähigkeit bei gleichzeitig geringem Energie- und Platzbedarf das ideale Verkehrsmittel für zukunftsfähige, urbane Mobilität. Neue Mobilitäts- dienstleistungen sind so zu organisieren, dass sie den Öffentlichen Verkehr ergänzen und einen autofreien Lebensstil unterstützen. Anzahl FahrzeugeBeförderte Personen Meter Straßenbahn* 1 109 24 Die effiziente Nutzung des begrenzt vorhan- schnittlichen Besetzungsgrad in Österreich von Bus* denen öffentlichen Raums ist essenziell für die 2 1,15 Personen pro Pkw rund149 2.300 Personen pro 12 Pkw** Stadtgestaltung. Der Platzbedarf verschiedener 6 7 Stunde und Kfz-Fahrbahn entspricht. 219,158,199 4 Verkehrsmittel unterscheidet sich massiv. Gehen Angesichts des globalen Trends der Urbani- und der Öffentliche Verkehr sind am flächeneffi- sierung und der Tatsache, dass sich das Bevöl- zientesten, gefolgt vom Radfahren. Mit Abstand kerungswachstum in den nächsten Jahrzehnten den meisten Platz je transportierter Person bean- auch in Österreich vor allem auf die Ballungs- sprucht der Pkw-Verkehr.239 Während die Wiener zentren konzentrieren wird, ist der Umgang mit U-Bahn in der Spitzenstunde des Frühverkehrs dem knappen Gut Fläche in Städten von ent- raßenbahn in eine Richtung rund 14.800 Personen trans- scheidender Bedeutung. Auch aufgrund dieser portiert, liegt die Kapazität einer Autobahnspur absehbaren Entwicklung ist es notwendig, dass bei rund 2.000 Kfz pro Stunde, was beim durch- neben aktiver Mobilität der Öffentliche Verkehr Gerade in Städten ist Flächeneffizienz ein Hohe Leistungsfähigkeit von Bussen und Straßenbahnen wichtiges Kriterium. Auf einer Länge von 1 Straßenbahn 2 Busse 6 Pkw 24 Metern transportiert eine Straßenbahn im Frühverkehr rund 16 24 Meter Länge 12 Meter Länge 4 Meter Länge mal soviele Personen wie Pkw bei aktuellem Besetzungsgrad. Quelle: UBA 2019199,VCÖ 2019 206Grafik: VCÖ 2019 109 Personen 149 Personen 7 Personen Annahme: Frühverkehr mit Auslastung von 80 Prozent aktueller Pkw-Besetzungsgrad
Mobilität mit Zukunft 3/2019 Wie Städte die Mobilitätswende voranbringen 21 aufgrund der hohen Energie- und Flächeneffizi- Beispiele der Mobilitätswende enz das zentrale Rückgrat urbaner Mobilität ist.62 Foto: Holding Graz/Lupi Spuma Öffentlicher Verkehr treibt E-Mobilität voran Der öffentliche Schienenverkehr in Städten ist seit vielen Jahrzehnten ein Vorreiter der E-Mo- bilität. Im Jahr 1881 fuhren erste elektrische Straßenbahnen in Berlin und Paris, im Jahr 1897 war es in Wien soweit.166 Im Jahr 1925 wurde auch die Stadtbahn in Wien von Dampf auf elektrischen Betrieb umgestellt.222 Im Jahr 1890 Urbane Mobilitätshubs wurde der erste Streckenabschnitt der bereits im Im Jahr 2016 startete in Graz „täglich.intelligent.mobil“ (tim). An sieben Jahr 1863 eröffneten U-Bahn in London elektri- Haltestellen des Öffentlichen Verkehrs und sechs weiteren Standorten fiziert.231 Die erste, von Anfang an elektrifizierte wurden Mobilitätsstationen installiert, an denen neben dem Öffentlichen U-Bahn am europäischen Festland fährt seit dem Verkehr auch E-Carsharing, Mietwagen und E-Taxis zur Verfügung stehen. Jahr 1896 in Budapest.28 Zusätzlich gibt es sichere Eine Radabstellmöglichkeiten. U-Bahn Bahn-Linie Für Personen, die eine Die aktuell größte Herausforderung bei der Elektrifizierung des Öffentlichen Verkehrs in U Jahresnetzkartebefördert besitzen,im istFrühverkehr die Mitgliedschaft kostenlos. Mehr als 1.600 29.600 Mitglieder nutzen die mittlerweile 50 Carsharing-Fahrzeuge des Angebots Städten liegt beim Busverkehr. Gerade für den in Graz. Derzeit wird tim auf das Grazer Umland ausgeweitet, die erste energieintensiven Stop-and-go-Verkehr in der MobilitätsstationPersonen dort soll im September 2019 in Hart eröffnet werden. Stadt ist der E-Antrieb geradezu prädestiniert, da Aufgrund des großen Erfolgs startet tim im Jahr 2019 auch in Linz. während des Roll- und Bremsvorgangs durch den sogenannten Rekuperationsprozess mechanische Energie wieder in elektrische Energie zurück- zur Verfügung.32 In Klagenfurt gibt es etwa Plä- geführt wird. Wien hatte bereits vom Jahr 1908 ne, die bisherigen Dieselbusse durch 88 E-Busse 2 Gleise bis 1938 und nach dem zweiten Weltkrieg bis ins zu ersetzen. Gleichzeitig soll auch der Takt von Jahr 1958 eine Oberleitungs-Buslinie.227 Seit dem bisher Um 20 bis 30Personen-Anzahl dieselbe Minuten auf 10 Minuten ver- Jahr 2013 werden die Linien im Wiener Innen- dichtet im Pkw werden. Die Investitionen zu transportieren wäre von rund 150 stadt-Bezirk mit E-Bussen betrieben, eine Um- eine Autobahn mit 13 Millionen Euro werden seitens des Bundes geför- stellung weiterer Linien mit zwölf Meter langen dert.Fahrspuren 135 notwendig E-Bussen ist in Planung.223 In Linz wird im Jahr Auch weltweit ist die Verbreitung von E-Bus- Gerade zu Spitzenzeiten 2019 das 75-jährige Jubiläum des O-Bus-Betriebs sen stark steigend – Vorreiter ist hierbei China. bei hohem Takt und hoher Auslastung ist gefeiert, im Jahr 2017 wurden neue 24 Meter Ende des Jahres 2018 waren im städtischen Öf- der Öffentliche Verkehr lange Doppelgelenk-O-Busse angeschafft, von fentlichen Verkehr weltweit rund 420.000 E-Bus- in seiner Beförderungs- denen im Jahr 2019 bereits 20 Stück im Einsatz se im Einsatz, 99 Prozent davon in China. Diese kapazität unschlagbar. Um etwa im Frühverkehr waren.113 Mit zwölf Linien das größte elektri- Anzahl wird bis zum Jahr 2040 auf über 1,3 eine Donau-Querung sche Busnetz Österreichs gibt es in der Stadt Millionen Fahrzeuge steigen, wobei der Anteil der U-Bahn zu ersetzen, wäre eine Stadtauto- Salzburg.160 Moderne O-Bus-Systeme können Chinas auf 57 Prozent zurückgeht.38 bahn mit 13 Spuren mittels Batterien und sogenanntem „In-Moti- notwendig. on-Charging“, also dem Aufladen während der 13 Fahrspuren Fahrt, auch Streckenabschnitte ohne Oberleitung Eine U-Bahn-Linie ersetzt 13 Kfz-Fahrspuren befahren. Für den Betrieb reicht es, wenn auf rund 20 Prozent der Gesamtstrecke eine Ober- Eine U-Bahn-Linie U Quelle: Wiener Linien 2019219. VCÖ 2019,205 RVS 2012158 leitung zur Verfügung steht.103 Als Beispiel ist befördert im Frühverkehr hier der O-Bus mit Akku in Salzburg zu nennen, der durch diese Technologie ab Dezember 2019 seine bisherige Strecke bis nach Grödig ohne 29.600 Personen pro Stunde Oberleitung erweitert.208 Für die Elektrifizierung im Öffentlichen Verkehr stellt das Verkehrsmi- Um gleich viele Personen nisterium in Österreich Förderungen für E-Busse im Pkw zu transportieren, Grafik: VCÖ 2019 wäre eine Autobahn mit 13 Fahrspuren notwendig 2 Gleise 13 Fahrspuren
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