Urbane Energie-innovationen - Technologie Report - Wirtschaftsagentur Wien
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Urbane Energieinnovationen Technologie Report 3 Sehr geehrte Leserinnen und Leser, Wien zählt zu den erfolgreichsten Metropolen im Bereich der nachhaltigen Innovationen. Insgesamt beschäftigen sich in Wien rund 9.200 Unternehmen mit Stadt- und Umwelttechno- logien. Mehr als 90.000 Menschen erwirtschaften Umsätze von rund 40 Mrd. Euro jährlich, das entspricht 16 % des Ge- samtumsatzes der Wiener Unternehmen. Laut verschiedenen Studien punktet Wien besonders stark mit Innovationskraft, der umfassenden Unterstützung von Startups sowie einem starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Auch in mehreren „Smart City“-Rankings liegt Wien auf den vordersten Plätzen. Das Leitziel von Smart City Wien ist die Bereitstellung der besten Lebensqualität bei größtmöglicher Ressourcenschonung bis 2050 und wird durch die Smart City Wien Rahmenstrategie1 durch viele innovative Einzelprojekte Wirklichkeit. Der Standort überzeugt außerdem durch sein forschungs- und technologiefreundliches Klima, die geogra- phische und kulturelle Nähe zu den östlich gelegenen Wachs- tumsmärkten, die hohe Qualität der Infrastruktur und des Ausbildungssystems sowie nicht zuletzt die weltweit höchste Lebensqualität. Um das Potenzial an diesem Standort optimal zu nutzen, fungiert die Wirtschaftsagentur Wien als Informations- und Kooperationsplattform für Wiener Technologieentwicklerin- nen und Technologieentwickler. Sie vernetzt Unternehmen mit Entwicklungspartnerinnen und Leitkunden aus Wirtschaft, Wissenschaft und Stadtverwaltung und unterstützt die Wiener Unternehmen mit gezielten monetären Förderungen und einer Vielzahl von Beratungs- und Unterstützungsangeboten. Zielgruppen sind Betriebe aus den Bereichen Energie und Umwelt, Mobilität und Bau sowie Soziale Innovationen und Assistierende Technologien. Der vorliegende Technologie Report bietet einen Über- blick über die verschiedensten Trends und Entwicklungen im Bereich der urbanen Energieinnovationen sowie eine Auswahl von Unternehmen, die in diesem Bereich in Wien tätig sind. Ihr Team der Wirtschaftsagentur Wien 1 www.wien.gv.at/stadtentwicklung/studien/pdf/b008551.pdf Einleitung
Inhalt 4 Inhalt 5 4. Urbane Energie- S. 16 S. 29 4.6.1. Fernkälte – die smarte Kühllösung für heiße Phasen innovationen – S. 29 4.6.2. 50 Grüne Häuser als Piloten zum ausgewählte Urban Heat Island-Strategieplan Vorzeigeprojekte S. 29 4.7. Mobilität aus Wien S. 30 5. Epilog S. 16 4.1. Nachhaltige Energieerzeugung S. 31 6. Leistungen der S. 16 4.1.1. PV-Gemeinschaftsanlage in der Lavaterstraße – vom Consumer zum Prosumer Wirtschaftsagentur 1. Den Smart Cities 4.1.2. Thermische Klärschlammverwertung – S. 31 S. 6 S. 17 6.1. Aktuelle Förderprogramme ein internationales Vorbild für gehört die Zukunft 7. Unternehmen Kreislaufwirtschaft S. 33 S. 18 4.1.3. Biogas aus Küchenabfällen – Innovative Biomethan-Erzeugung aus Wien S. 7 2. Städte und das S. 18 4.2. Energiespeicherung Energiesystem der S. 19 4.2.1. Fernwärme-Speicher beim Kraftwerk S. 59 8. Impressum Zukunft Simmering – zwei „Mega-Thermoskannen“ S. 19 4.3. Power-to-X S. 7 2.1. Städte als Motor des Wandels S. 21 4.3.1. Power-2-Heat Leopoldau – Wiens größter Wasserkocher S. 8 2.2. Sektoren wachsen zusammen S. 21 4.4. Gebäude S. 9 2.3. Intelligenter Betrieb S. 21 4.4.1. SMART Block Geblergasse – S. 10 2.4. Wandel als Nährboden für Innovationen ein Anergienetz im Baubestand S. 10 2.5. Systeme verbinden S. 22 4.4.2. Das TU-Hochhaus am Getreidemarkt – Österreichs größtes S. 11 2.6. Planen und Steuern Plus-Energie-Bürogebäude S. 12 3. Internationale S. 23 4.4.3. Passivhausstandard im großvolumigen Wohnbau: Eurogate Bauplatz 4+5 Verpflichtungen S. 24 4.4.4. Manner-Fabrik – Abwärme aus dem und die Umsetzung Backprozess beheizt 600 Wohnungen in Wien S. 24 4.4.5. Großwärmepumpe Simmering – eine neue Dimension S. 25 4.5. Intelligente urbane Energiesysteme S. 14 3.1. Nachhaltigkeit hat in Wien Geschichte S. 26 4.5.1. VIERTEL ZWEI – Die erste S. 14 3.2. Stärkefelder für die Zukunft Energiegemeinschaft Österreichs S. 15 3.3. Energieraumplanung S. 26 4.6. Kühlen Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
1. Den Smart Cities gehört die Zukunft 6 2. Städte und das Energiesystem der Zukunft 7 tem erfordert, ist der Dreh- und Angelpunkt einer Entwicklung, nach. Der lange Lebenszyklus dieser Pläne erfordert eine von der man sich Prosperität auf nachhaltiger Basis wünscht. Betrachtungsweise, die sich an entsprechend weiten Zeit- Dazu braucht es ein politisches Rahmenwerk, das nicht nur horizonten ausrichtet. Diese langen Lebenszyklen haben auch imstande ist mit Spannungsfeldern und Zielkonflikten umzu- bewirkt, dass es sich bei den meisten Städten um gewach- gehen, sondern auch die Spielregeln, das Marktdesign, so sene Gebilde handelt, von denen die wenigsten am Reißbrett festlegt, dass wir das Ziel eines dekarbonisierten Energie- entstanden sind. Die weitere Entwicklung der in jeder Hinsicht systems noch rechtzeitig erreichen können. Die Kostenallo- hoch verdichteten Räume ist demnach auch für lange Zeit- kation, also die Frage, ob jeder Marktteilnehmer seine „Zeche“ räume richtungsweisend: in den großen Städten entscheidet für konsumierte Leistungen im Energiebereich tatsächlich sich die Zukunft. bezahlt, spielt für den Erfolg von Innovationen eine entschei- dende Rolle. Diese „Zeche“ muss natürlich die externen Kos- 2.1. Städte als Motor ten, die z. B. Emissionen verursachen, einschließen. Die sich daraus ergebende Resilienz überträgt sich auf des Wandels die Wirtschaft, denn klare Rahmenbedingungen eröffnen ein breites Spektrum an Chancen und geben Planungssicherheit. Die Förderlandschaft ist reichhaltig und Innovation ist seit langem ein zentrales Kriterium für die Vergabe von Förder- Ein Charakteristikum für Ballungsräume sind die hohen An- geldern. sprüche, die sich aus der Erfüllung der sogenannten Daseins- Die Wiener Wirtschaft hat viele dieser Chancen bereits grundfunktionen für das Gefüge ergeben. Hier gilt es Wohnen, wahrgenommen. Dank der seit 20 Jahren laufenden Wiener Ver- und Entsorgung, Arbeiten, Erholung, Bildung, in Gemein- Klimaschutzprogramme (KliP Wien)2, der Energierahmen- schaft leben, sowie die Mobilität so aufeinander abzustimmen, strategie Wien 2030 – dem Kernstück der Wiener Energie- dass daraus ein Miteinander entsteht, das sich durch eine politik und des Städtischen-Energieeffizienz-Programmes hohe Lebensqualität für alle auszeichnet. Diese Synthese ist 2030 (SEP 2030)3 – konnten bis dato schon eine Vielzahl an aber kein definitiv abgeschlossener Prozess. Diese Funktio- Vorzeigeprojekten gefördert und realisiert werden. nen, vor allem die Ansprüche und die damit in Verbindung Urbane Lebensräume ziehen die Menschen an. Ballungszen- Den Smart Cities gehört die Zukunft. Schon jetzt zeigen Millionenstädte stehen im Fokus der großen Fragen der Zu- stehenden Schutzziele, werden immer wieder neu bewertet tren bieten im Vergleich zu ländlichen Gebieten interessan- viele Beispiele in Wien wohin der Weg führt. Der vorliegende kunftsbewältigung. Dort leben heute schon mehr als 50 % der und gewichtet. tere wirtschaftliche Möglichkeiten und ein vielschichtiges Technologiereport beleuchtet die zentralen Themenfelder. Weltbevölkerung. 2050 werden es voraussichtlich 70 % sein. Jede Funktion für sich würde den Raum nach ihren Be- soziales Umfeld. Die Ansprüche hinsichtlich der Leistungen Hier finden Sie Projekte, die zeigen, wie Energieeffizienz und Städte sind für rund drei Viertel des weltweiten CO2-Austoßes dürfnissen formen, was zwangsläufig zu Einseitigkeiten führen des urbanen Raumes sind enorm. Die Geschichte des Städte- erneuerbare Energie realisierbar sind und dabei zu einer hö- verantwortlich. Das bedeutet auch: Ob Städte es schaffen würde. Bis in die 70er Jahre galt die räumliche Trennung der baus ist daher unter anderem auch die Sammlung einer Viel- heren Lebensqualität im urbanen Raum beitragen. Treibhausgase zu vermindern oder nicht, wird entscheidend Funktionen als Ziel, besonders hat dabei die hohe Gewichtung zahl von Antworten auf die Frage, wie man mit den Wider- dafür sein, ob bis 2050 global ein Netto-Null Ausstoß erreicht des motorisierten Individualverkehrs die Städte geprägt. Welt- sprüchen umgeht, die sich aus dieser Vielschichtigkeit Übrigens, wussten Sie? wird und die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius be- weit arbeiten Städte heute daran, öffentlichen Raum für unter- zwangsläufig ergeben. Wien kann mit auffallend vielen ge- Insgesamt beschäftigen sich in Wien rund 9.200 Unternehmen grenzt werden kann. Wenn heute die Treibhausgase im Vor- schiedliche Funktionen wieder zurückzugewinnen. Gleich- lungenen Antworten aufwarten. mit Stadt- und Umwelttechnologien. Mehr als 90.000 Men- dergrund stehen, so gilt es gleichzeitig auch, die zerstöreri- zeitig wird mit den neuen Verkehrsangeboten der enorme Eine entscheidende Rolle für das Bestehen und die Wei- schen erwirtschaften Umsätze von rund 40 Mrd. Euro jährlich, schen Auswirkungen in anderen Bereichen auf ein Maß zu Energie- und Ressourcenaufwand für Mobilitätsleistungen terentwicklung von Stadtstrukturen spielen erneuerbare Res- das entspricht 16 % des Gesamtumsatzes der Wiener Unter- reduzieren, das einen weiteren Fortbestand unserer Kulturen reduziert. sourcen, die in der Stadt nicht in ausreichendem Maß vor- nehmen (laut Statistik Austria). zulässt. handen sind. Die großen Flächen, die zur Produktion von Die zunehmenden Hitzewellen bringen immer mehr Kli- erneuerbaren Ressourcen gebraucht werden, finden sich in maanlagen in die Städte. Auch in Wien fließt inzwischen gleich den ländlichen Räumen. Die Zeiten, da der Wienerwald ge- viel Energie in Wärme wie in Kälte. Fernkälte ist hier ein Bei- schützt werden musste, damit er nicht für Heizzwecke ge- spiel für eine umweltfreundliche Alternative zu herkömmlichen rodet wird, sind hoffentlich vorbei. Der Flächenbedarf für die Klimaanlagen. Energieproduktion ist heute aber mit der Dekarbonisierung Besonders in Entwicklungs- und Schwellenländern wie enorm im Steigen. Waren es nach dem 2. Weltkrieg nur die China, Indien und vielen afrikanischen Staaten gibt es eine Flächen der Wasserkraftwerke und biogene Energieträger, große Zahl an schnell wachsenden urbanen Zentren. Den Weg die hier zu Buche schlugen, so spielt heute auch die Windkraft zur Entwicklung mit fossilen Brennstoffen aufzugeben, den eine bedeutende Rolle. Die Ausbaupläne der Photovoltaik die Industrieländer in Nordamerika und Europa gegangen finden nur zu einem Teil mit den Flächenpotenzialen in den sind, ist nicht einfach. Ballungsräumen das Auslangen. Biomasse ist als Energie- Umso wichtiger sind gute Beispiele urbaner Energiein- träger derzeit für den ländlichen Raum von größerer Bedeu- novationen. Denn die Städte können viele notwendige Maß- tung, sollte „grünes Gas“ allerdings das derzeitige Erdgas nahmen selbst ergreifen. Selbst dann, wenn die Unterstützung demnächst weitgehend ersetzen, so könnte Biogas dazu ei- für Klimastrategien auf nationaler Ebene fehlt, können Be- nen wesentlichen Beitrag liefern. Diese Beispiele zeigen, ein mühungen auf lokaler Ebene dennoch einen großen Unter- urbanes, erneuerbares Energiesystem ist immer auch eine 2 schied machen, wie z. B. der Globale Bürgermeisterkonvent www.wien.gv.at/umwelt/klimaschutz/programm/ Partnerschaft zwischen Stadt und Land. aufzeigt.4 In Zeiten des Wandels spielt die Fähigkeit, auf Heraus- Das Zeitfenster ist klein. Stadtentwicklungspläne für forderungen reagieren zu können, eine entscheidende Rolle. 3 Transport, Infrastruktur, Energieversorgung und Gebäudever- 4 Innovation, die, wenn nötig, einen Bruch mit bislang Bewähr- www.wien.gv.at/stadtentwicklung/energie/sep2030.html waltung, die heute begonnen werden, wirken noch Jahrzehnte www.globalcovenantofmayors.org Kapitel 1, Den Smart Cities gehört die Zukunft Kapitel 2, Städte und das Energiesystem der Zukunft
8 Stromerzeugung in PJ: 2015 und Szenario 2050 Transition 9 Szenario 2050 Transition, Quellen: AEA 2017, STATISTIK AUSTRIA 2016a, Umweltbundesamt Mögliche Veränderung der Energiebereitstellung in Österreich auf Basis von Daten aus dem Bilanz 2015 Transition 2050 400 Wien bei Nacht, © Wirtschaftsagentur Wien/David Bohmann 300 200 100 0 Eigen Kohle Öl Erdgas Abfall Wasser- Bio- Photo- Wind Strom- anlagen kraft masse voltaik erzeugung 2.2. Sektoren wachsen 2.3. Intelligenter Betrieb Energiegemeinschaften werden eine zentrale Rolle im zu- Stunden verschoben werden können. Neue Tarifmodelle bie- künftigen Energiesystem spielen. In Ergänzung zur Bewertung ten zudem für flexibles Verbraucherverhalten Kostenvorteile, zusammen des Gebäudes geht es hier um den Betrieb. EU-Richtlinien derartige Modelle entsprechen einer europäischen Entwick- schaffen die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Errich- Warum dabei ein „intelligenter“ Betrieb auf der Verbraucher- lung und werden zunehmend ausgeweitet. Insgesamt stellen tung von Energiegemeinschaften: aktive Kunden, die nicht bloß seite so wichtig wird, verdeutlicht das „Szenario Transition“ Gebäude also ein riesiges Potential für diese Art der Bewirt- Eine klare Trennung fand sich bis vor kurzem auch in der Ver- Energie verbrauchen, sondern auch selbst erzeugen, spei- des Umweltbundesamtes für Österreich. Damit die erneuer- schaftung (Demand Side Management) und die Speicherung sorgung mit Energie, indem die Sektoren Elektrizität, Wärme- chern und innerhalb ihrer neu zu schaffenden Energiegemein- baren Energien mit vertretbarem Aufwand den Bedarf de- von Energie in Form von Wärme dar. versorgung und Mobilität weitgehend unabhängig voneinander schaft auch verkaufen können. Auf Grund der absehbaren cken können, wird hier eine drastische Verringerung des betrachtet wurden. Heute spricht man von Sektorkopplung höheren Erträge zum Beispiel beim Verkauf von photovoltaisch Verbrauchs vorausgesetzt: Reduktion des Bruttoinlandsver- und verknüpft bislang getrennte Systeme. So übernehmen erzeugtem Strom wird erwartet, dass Energiegemeinschaften brauchs von ca. 1400 auf 800 Petajoule pro Jahr. Dennoch Gebäude Funktionen der Versorgung und der Energiewirt- größere PV-Anlagen realisieren und damit die Energiewende sind die Energiemengen, die mittels Wind und PV bereitge- schaft, indem sie Energie produzieren, Energie speichern und vorantreiben. Die geringen Entfernungen zwischen den ver- stellt werden müssten, enorm. mit Flexibilität zur Netzstabilität beitragen. Gebäude beheima- schiedenen Akteurinnen und Akteuren ermöglichen in den Die Zielvorstellung „Errichtung von PV-Anlagen und das ten auch zunehmend das Lademanagement für Elektrofahr- Städten Synergien in einem bislang nicht erreichten Ausmaß. Ziel, eine Million Dächer mit Photovoltaik auszustatten“ findet zeuge. Die Bedeutung, die Gebäude in einem nachhaltigen Dass die Europäische Union die Klimaneutralität mit ei- sich im Programm der österreichischen Bundesregierung aus Energiesystem spielen, ist ausgesprochen groß. Das liegt nem zu 100 % erneuerbaren Energiesystem schon vor 2050 dem Jahr 2019.7 einerseits daran, dass der Gebäudesektor etwa ein Drittel des kostengünstig erreichen kann, bestätigt eine Studie von So- Detailliert erhoben wurden die Flächen für PV, die bereits Energiebedarfs beansprucht, andererseits verfügen Gebäude larPower Europe. Der Anteil der Photovoltaik an der Strom- für die Klimaziele 2030 notwendig sind und wo diese zu finden in Summe mit ihren Flächen, Maßen und Ausrüstungen auch erzeugung soll in Europa bis 2050 auf mehr als 60 % steigen. sind. Die angestrebte Produktion beträgt 11 Terawattstunden über Voraussetzungen, die es möglich machen, vom reinen Energiespeicher, Sektorkopplung und eine hohe Elektrifizie- (39,6 PJ) in Österreich (TWh). Etwa die Hälfte der Flächen- Konsumenten zur aktiven Mitgestalterin des Energiesystems rungsrate des Energiesystems sind die zentralen Eckpfeiler potentiale wurden auf bebauten Flächen identifiziert, der Rest zu werden. einer erfolgreichen Energiewende. auf Freiflächen. Im urbanen Bereich stehen Freiflächen prak- Um diese Entwicklung zu unterstützen, sieht die EU-Ge- tisch nicht zur Verfügung, hier ist innovative bauwerkinteg- bäuderichtlinie5 einen neuen Indikator vor, der aufzeigen soll, rierte PV besonders gefragt, was natürlich auch für Verkehrs- inwieweit ein Gebäude schon für ein weitgehend dekarboni- flächen gilt.8 7 siertes, erneuerbares Energiesystem vorbereitet ist. Der Die Stromproduktion aus Wind und PV ist zudem witte- www.bundeskanzleramt.gv.at/dam/jcr:7b9e6755-2115-440c-b2ec-cbf64a931aa8/ „Smart-Readiness-Indikator“ soll bestimmte Ausstattungen 5 rungsabhängig. Gefragt sind also in Zukunft flexible Abneh- RegProgramm-lang.pdf eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L0844 und Eigenschaften eines Gebäudes bewerten, die für den merinnen und Abnehmer, die nicht unbedingt genau dann, intelligenten Betrieb in einem nachhaltigen Energiesystem wenn alle anderen ihre Anlagen einschalten, auch viel Strom 8 vorteilhaft sind. Diese neue Qualität der „Netzdienlichkeit“ soll 6 brauchen. Möglich wird dies, wenn vor allem die Speicher- www.oesterreichsenergie.at/positionen-standpunkte/studie-photovoltaik-ausbau-in- künftig in Energieausweisen ausgewiesen werden.6 www.17und4.at/projekte/oekologische-nachhaltigkeit/sri-austria wirkung aktiv genutzt wird und damit die Lasten um einige oesterreich.html Kapitel 2, Städte und das Energiesystem der Zukunft Kapitel 2, Städte und das Energiesystem der Zukunft
10 Innenhof des Boutiquehotel Stadthalle, © Boutique Hotel Stadthalle 2.4. Wandel als Nähr- Urban Mining ist ein Denkmodell für die systematische Er- fassung und Rückgewinnung der (Sekundär-) Rohstoffe, die boden für Innovationen in Gebäuden, in Infrastruktur und in Produkten lagern. Dazu gehören aber auch die Forschung und die Entwicklung neuer Techniken für eine immer effizientere Rückgewinnung von Vieles was gestern für uns selbstverständlich war, muss jetzt Rohstoffen und für deren zukünftige, intelligente Verwendung. auf Grund der globalen Verbreitung dieser Lösung und des Wenn nun städtische Entsorgungsbetriebe Materialkreisläu- enormen Wachstums anders gelöst werden. Liebgewonnene fe schließen, da sie Abfälle getrennt sammeln und weiter Qualitäten erhalten und gleichzeitig den Energieeinsatz und verwerten, werden auch sie damit Teil der urbanen Energie- die Stoffströme nach einem umfassenden Nachhaltigkeits- innovation. prinzip auszurichten, stellt eine beachtliche Herausforderung Beton, Asphalt und Glas heizen urbane Gebiete stärker dar. Viele Systeme müssen sukzessive angepasst werden, auf. In diesen Hitzeinseln schaffen Begrünungen als natur- ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Dieses Span- nahe Klimaanlagen Abhilfe und senken die gefühlte Tempe- nungsfeld liefert aber gleichzeitig die Antriebskraft für Inno- ratur spürbar. Auch Bauwerksbegrünungen können urbane vationen auf allen Ebenen. Das Beispiel eines städtischen Energieinnovation sein, sie reduzieren nicht nur den Energie- Wohngebäudes, das bei laufendem Betrieb saniert und auf bedarf, sie lassen sich auch mit Technologien zur Erzeugung erneuerbare Energie umgestellt wird, ist gleichzeitig Sinnbild erneuerbarer Energien, wie beispielsweise Photovoltaik, kom- für den Wandel, der im gesamten Stadtgefüge stattfindet. binieren und können durch Kühlwirkung sogar eine gewisse Eine weitere Grundvoraussetzung für das Gelingen die- Effizienzsteigerung der Anlage bringen. ses Wandels ist die Einbindung der Wirtschaft in alle Erneue- Will man ein nachhaltiges Energiesystem, dann ist auch rungsprozesse. Wien hat durch seine geopolitische Lage im die Ernährung ein Thema. Weltweit sind 22 % der Treibhaus- Zentrum des neuen Binnenmarktes, durch die sich in der Twin- gasemissionen auf die Ernährung zurückzuführen – von der Region Wien-Bratislava ergebenden Verflechtungen, zusätz- Produktion über die Transportkette bis hin zum Abfall. Zu- liche Perspektiven weit über die Stadtgrenzen hinaus. Auf- sätzlich resultieren 15 % der Emissionen aus der geänderten grund der Kompetenzen, die Wien im Bereich der Energie- und Landnutzung – durch Abholzung werden Anbauflächen für Umwelttechnologien in den letzten Jahrzehnten erworben hat, Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion gewonnen kann sich die Stadt zum Motor des Wandels für die gesamte (FAO 2015).10 Region weiterentwickeln. Aus unterschiedlichsten Motivationen hält die Landwirt- 2.6. Planen und Steuern schaft derzeit wieder Einzug in unsere Städte. Seine Lebens- mittel selbst zu erzeugen, den städtischen Raum zu gestalten 2.5. Systeme verbinden oder der wirtschaftliche Gewinn, all das kann Anlass für „Urban farming“ sein, wobei der Beitrag zur Versorgung bisher Die genannten Beispiele zeigen bereits, dass sich das Ener- noch gering ist. Interessante Potenziale bieten aber Konzep- giesystem der Zukunft anders entwickelt als das Energie- Neuausrichtungen und die damit verbundenen Umdenkpro- te wie die Aquaponik, wobei Fischzucht in Teichen und der system des fossilen Zeitalters. Kohle, Öl, Gas (auch Uran) zesse sind der beste Nährboden für Innovationen. Das Um- Anbau von Kulturpflanzen im Gewächshaus verbunden wer- mit ihren hohen Energiedichten werden von wenigen großen denken beginnt, wie der neue Begriff Sektorkopplung zeigt, den. Die Wirtschaftsagentur Wien bietet einen eigenen Tech- Akteuren bereitgestellt und gemanagt. Zudem können sie schon bei den Systemgrenzen, also wie wir unsere Betrach- nologiereport zum Thema „Lebensmittel“ an.11 leicht transportiert und damit standortunabhängig genutzt tungen strukturieren. Da Energie ganz verkürzt als die Fähig- werden. Erneuerbare Energien hingegen beanspruchen viel keit Wirkung zu erzeugen beschrieben werden kann, ist es Fläche und die geeignete Art der Nutzung ist für jedes Pro- auch einsichtig, dass das Umdenken und die Energieinnova- jekt an jedem Standort mitzudenken, zumal ja Strom und tionen praktisch alle Bereiche erfasst. Wärme auch selbst bereitgestellt werden können. Damit ist Eine Kreislaufwirtschaft ist ein System, in dem Ressour- ein weitaus größerer Kreis an Personen in die Energieplanung ceneinsatz und Abfallproduktion, Emissionen und Energieein- involviert als früher. satz durch das Verlangsamen, Verringern und Schließen von Dementsprechend wurden auf allen Ebenen auch neue Energie- und Materialkreisläufen minimiert werden. Das Prin- Planungsinstrumente eingeführt. Mit der Energieunion ist der zip der Kreisläufe wird zum Beispiel durch langlebige und Rahmen für eine europäische Energiepolitik geschaffen, mit wartungsfreundliche Konstruktion von Produkten aus pflanz- der Governance-Verordnung wurde beschlossen, dass ein lichen Rohstoffen umgesetzt. Kreislaufwirtschaft ist die ein- neuartiges Planungs- und Monitoringinstrument anzuwenden zige Möglichkeit, in einem auf Wirtschaftswachstum ange- ist. Jeder EU-Mitgliedstaat muss für das nächste Jahrzehnt wiesenen Gesellschaftssystem den Ressourcenbedarf so zu (2021 – 2030) einen integrierten nationalen Energie- und Kli- reduzieren, dass dieser aus regenerativen Quellen gedeckt 9 maplan vorlegen. Die Governance-Verordnung enthält auch www.smartcity.wien.gv.at/site/urban-mining werden kann. Die Kreislaufwirtschaft ist also mit dem erneu- klare Regeln, die greifen, wenn die Maßnahmen der Länder erbaren Energiesystem sehr eng verbunden. insgesamt nicht ausreichen und eine Lücke zu den EU- In der Stadt Wien kommen auf eine Einwohnerin ca. 2030-Zielen entsteht (sog. „Gapfiller“-Mechanismus). Wie 4.500 kg Eisen, 340 kg Aluminium, 200 kg Kupfer, 40 kg Zink 10 Energieplanung auf der Ebene der Stadt Wien jetzt funktio- www.fao.org/3/a-i4910e.pdf und 210 kg Blei. In einer 100-Quadratmeter-Wohnung stecken niert, erklärt in diesem Report das nächste Kapitel. heute rund 7.500 Kilogramm Metalle.9 Deren Herstellung war energieintensiv. Diese Schätze gilt es in Zukunft zu nutzen. 11 Dicht besiedelte Städte sind riesige „Rohstofflagerstätten“. Technologie-Report Lebensmittel (PDF) Kapitel 2, Städte und das Energiesystem der Zukunft Kapitel 2, Städte und das Energiesystem der Zukunft
3. Internationale Verpflichtungen und die Umsetzung in Wien 12 Strategische Einordnung der Energierahmenstrategie Wien 2030 Smart City Wien Rahmenstrategie 2050 Die Ziele der Smart City Wien – Rahmenstrategie14 zeigen, welcher Weg in Wien eingeschlagen werden soll: 1. Senkung der Treibhausgasemissionen pro Kopf um 80 % bis 2050 in Wien (im Vergleich zu 1990). Zwi- Energie und Klimaschutz Strategieebene schenziel: Senkung der CO2-Emissionen pro Kopf um 35 % bis 2030 in Wien (im Vergleich zu 1990). 2. Steigerung der Energieeffizienz und Senkung des End- energieverbrauchs pro Kopf in Wien um 40 % bis 2050 (im Vergleich zu 2005). Der Primärenergieeinsatz pro Energierahmenstrategie Klip STEP 2025 Innovationsstrategie Kopf sinkt dabei von 3.000 Watt auf 2.000 Watt. 3. Im Jahr 2030 stammen mehr als 20 %, 2050 50 % des Bruttoendenergieverbrauchs Wiens aus erneuerbaren Quellen. Die Zwischenbilanz im Energiebericht der Stadt Wien 201815: Strategie- und Handlungsfelder Treibhausgas-Emissionen -32,6 %, im Zeitraum von 1990 bis 2015 von 3,8 auf 2,6 t CO2-Äquivalente/Kopf gesenkt Endenergieverbrauch -16,42 %, von 24.130 auf 20.168 kWh/Kopf reduziert von 2005 bis 2016 Nachhalti- Energie- Energie- Konsum Innovation, Mobilität Primärenergieverbrauch -16 %, von 3.090 auf 2.900 W/ ge Energie- raum- effiziente Digitalisie- Kopf (im Hinblick auf das Konzept der 2000 Watt-Ge- versorgung planung Stadt rung sellschaft als Dauerleistung ausgedrückt. Mit 8.760 Jahresstunden multipliziert ergibt sich die jährliche Gesamtenergiemenge) Energie- Wien Energie- Wien Fach Die Klimaveränderung hat enormen Einfluss auf die Entwick- Erzeugung erneuerbarer Energie +57,2 %, von 2.244 bericht Energie – beratung, digitale konzept lung der Städte. Wenn die globale Erwärmung nicht zwischen auf 3.528 GWh gesteigert. der Stadt Energie- Wiener Agenda, „Mobilität“ 1,5 und 2 Grad gestoppt wird, riskiert man das Überschreiten Wien effizienz- Energieun- Open des Stadt- von so genannten Kipp-Punkten, sodass gefährdende Ent- Bemerkenswert ist, dass die gemessenen Werte im Einklang strategie, terstützung Gouvern- entwick- wicklungen unumkehrbar werden, ganz gleich, wie man dann mit dem jeweiligen Zielpfad stehen, was für die Praxistaug- Masterplan für sozial ment Data lungsplans noch darauf reagiert. Schon innerhalb von 50 Jahren könnten lichkeit der Wiener Planungs-, Steuerungs- und Kontrollinst- Licht, Schwache, 2025, Urban Heat Ökobusi- Elektro- Quelle: www.wien.gv.at/stadtentwicklung/energie/pdf/energierahmenstrategie-2030.pdf bis zu drei Milliarden Menschen in Gebieten mit einer Durch- rumente spricht und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit des schnittstemperatur von über 29 Grad Celsius leben. Das wäre Wirtschaftsstandortes unter Beweis stellt. Der Bezug der Islands – nessplan, mobilitäts- außerhalb der „ökologischen Nische des Menschen“, das ist Zielwerte pro Kopf ist im Hinblick auf das starke Bevölkerungs- Strategie- Ökokauf strategie der Bereich, an den der Mensch angepasst ist und den er seit wachstum der Stadt erklärbar. plan Wien Handlungsebene mindestens 6.000 Jahren bewohnt.13 Ein Beispiel dafür ist das Umwelt-Service-Paket der Stadt Wien „OekoBusiness Wien“, das Unternehmen bei der Um- Erstellung Erarbeitung Erarbei- Dem Welt-Klimavertrag von Paris soll von der EU durch fol- setzung von umweltrelevanten Maßnahmen im Betrieb unter- von eines gung des stützt.16 Das trägt gleichzeitig dazu bei, Betriebskosten zu Strategische Einordnung der Energierahmenstrategie 2030 für Wien, gende zentrale Ziele bis 2030 entsprochen werden: Energie- Fach städtischen 1. Senkung der Treibhausgasemissionen um mindestens senken, technologische Entwicklungen anzustoßen und aufbrin- konzepts Energie- 40 % (gegenüber 1990) markttauglich zu machen sowie Innovationen anzuregen, die gungs- „Energie- effizienz- 2. Erhöhung des Anteils von Energie aus erneuerbaren dem Begriff „smart“ in jeder Hinsicht gerecht werden. Daraus szenarien Raum- Programms Quellen auf mindestens 32 % ergibt sich eine Win-Win Situation für alle Unternehmen, die bis 2030/ Planung“ (SEP 2030) 3. Steigerung der Energieeffizienz um mindestens 32,5 % in diesem Transformationsprozess Zukunftsperspektive und 2050, Chance zugleich sehen. Erarbeitung Für Österreich bedeutet das: eines 1. Das nationale Emissionsreduktionsziel für 2030 sieht erneuerba- eine Reduktion der Treibhausgase (THG) von mindes- 13 ren Plans, www.pnas.org/content/117/21/11350 tens 36 % gegenüber dem Jahr 2005 vor. Erarbeitung 2. Der Anteil der erneuerbaren Energien soll auf 32 % eines Ver- steigen. 14 sorgungs- 3. Die Steigerung der Energieeffizienz wird mit einer Ver- www.smartcity.wien.gv.at/site/der-wiener-weg/rahmenstrategie sicher- besserung der Primärenergieintensität um 25 – 30 % heitsplans gegenüber 2015 definiert. 15 www.wien.gv.at/stadtentwicklung/energie/pdf/energiebericht2019.pdf Die Stadt Wien, die schon seit 1999 ein ambitioniertes Klima- schutzprogramm umsetzt, hat ein Rahmenwerk definiert, dessen Überbau von der Smart City Wien – Rahmenstrategie 16 Gesetze, Verordnungen, Anreize, Unternehmensstrategien, Produkte und Dienstleistungen … 2050 gebildet wird und aus weiteren Elementen besteht: unternehmen.oekobusiness.wien.at Kapitel 3, Internationale Verpflichtungen und die Umsetzung in Wien
14 15 3.1. Nachhaltigkeit hat „Basis der Smart City Wien ist eine mischungsfähige, vernünftig kom- in Wien Geschichte pakte Stadt mit einer qualitätsvol- len Dichte. Die Smart City Wien Die Bundeshauptstadt Wien ist die einzige Millionenstadt im setzt zur Erreichung ihrer weitge- Lande und unterscheidet sich von europäischen „Mega-Cities“ henden Ziele auf die Kernbereiche wie London oder Paris, wo allein in der Metropolregion mehr Menschen leben als in ganz Österreich. Seit 2001 hat sich die radikale Ressourcenschonung, Alte Donau, © PID/MA45/Christian Fürthner Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner um 340.000 er- Innovation (sozial und technolo- höht, laut Prognose wird die Zwei-Millionen-Grenze 2027 gisch) und auf eine hohe, sozial überschritten und 2035 der historische Bevölkerungshöchst- ausgewogene Lebensqualität. stand des Jahres 1910 mit rund 2,084 Millionen Menschen Damit rücken plötzlich Themen wie erreicht werden. Dass die Stadt Wien nicht beliebig in alle Richtungen Chancengleichheit, Partizipation, wachsen konnte und dass wertvolle Naturlandschaften er- Diversitäts- und Genderorientie- halten geblieben sind, ist dem Weitblick von verantwortungs- rung an prominente Position.“ bewussten Kommunalpolitikern zu verdanken, die die Irrever- – so die vom Wiener Planungsdirektor sibilität mancher Prozesse rechtzeitig erkannt haben. formulierte Zwischenbilanz des laufenden Wien zieht heute noch großen Nutzen aus der voraus- Prozesses. schauenden Planung vergangener Zeiten. Qualitativ hoch- wertige Wohnhäuser und andere Bauten der Gründerzeit sind auch nach 150 Jahren noch immer hochgeschätzt. Die dama- So zeigt beispielsweise das im Jahr 2015 gestartete inter- lige Stadtbahn konnte ins U-Bahn-Netz eingegliedert werden, nationale Projekt „Smarter Together“, bei dem Wien mit einem die Stationsbauten und Brücken des Stadtarchitekten Otto großen Projektgebiet in Simmering vertreten ist, wie sich mit Wagner werden heute noch liebevoll gepflegt. Die in den Jah- partizipativen Methoden („Gemeinsam g’scheiter“) von der ren 1873 und 1910 eröffneten Wasserleitungen versorgen Wien Stadt Wien gemeinsam mit der Bevölkerung und zahlreichen heute noch mit bestem Quellwasser aus Berggebieten. Den Unternehmen Smart City-Lösungen entwickeln lassen: heute beeindruckenden Baumbestand in Alleen und Parkan- „Die Schwerpunkte liegen in den und Maßnahmen ermöglicht wurden. Auf diese Weise konnte Planungsinstrumente und -prozesse in Wien maßgeblich lagen verdanken wir vorausdenkenden Menschen des 19. Jahr- Wien seine Vorreiterrolle als Smart City-Themenführerin und unterstützen. Energie-Informationen (z. B. Wärmebedarf, Lei- Bereichen Gebäudesanierung, hunderts und auch, dass die großen Naturräume Prater, Lobau, die Zusammenarbeit mit entsprechenden Gremien in Brüs- tungsinfrastruktur, Energiepotenziale, u. a.) werden mit einer Lainzer Tiergarten und Wienerwald unter Schutz gestellt wur- Energie, Mobilität und Logistik sel stärken. Vielzahl von Gebäude- und Klimadaten zusammengeführt und den – was heute einen wichtigen Beitrag zur hohen Lebens- sowie Informations- und Kommuni- Welche bahnbrechenden Innovationen Wien im Zusam- ergeben aussagekräftige Planungs- und Ergebniskarten im qualität Wiens ausmacht. Die Wien Energie Fernwärme besteht kationstechnologie. Dabei werden menhang mit Forschungs- und Technologieprogrammen vor- Wiener GIS-System. seit 1969 und nimmt eine zentrale Rolle im Energiesystem der weisen kann, lässt sich auf der Online Plattform „Nachhaltig Die Abteilung Energieplanung, MA 20, stellt die Daten- Impulse für eine positive gesell- Stadt ein. Wien Energie versorgt heute 380.000 Wohnungen Wirtschaften“ leicht nachvollziehen. Dort sind einerseits die grundlagen bereit und sorgt auch für die damit verbundene mit Fernwärme und betreibt mit 1.200 km eines der größ- schaftliche Dynamik und eine Ergebnisse der Programmbereiche und Projektkategorien der Applikationsentwicklung. Planungsgrundlagen zeigen anhand ten Fernwärmenetze Europas. Um Erneuerbare Energie ein- nachhaltige Stadtentwicklung letzten 20 Jahre dokumentiert, andererseits lässt sich anhand des sog. „Solarpotenzialkataster“20 beispielsweise auf, welche schließlich tiefer Geothermie in den Wärmesektor zu inte gesetzt. Ziel ist es, mit den Men- vieler noch laufender Projekte auch eine vielversprechende Dachflächen für Photovoltaik und/oder Solarthermie geeignet grieren, wird die Fernwärme weiter an Bedeutung gewinnen. schen vor Ort ein innovatives, Weiterentwicklung von zukunftsweisenden Technologiekon- sind, wo geothermisches Potenzial vorhanden ist, an welchen zepten deutlich erkennen. Etwa der Weg vom Niedrigstener- Stellen Abwärmenutzung besonders effektiv ist, wo und mit lebenswertes und umweltfreund- gie- zum Plusenergiegebäude und weiter zum Plusenergie- welcher Kapazität Fernwärme- bzw. Fernkältenetze vorhan- liches Simmering und Wien der 3.2. Stärkefelder für Quartier, was ein fein abgestimmtes, sektorübergreifendes den sind. Für neue Stadtteile und Quartiere wird die Energie- Zukunft zu gestalten.“ Zusammenwirken der einzelnen technologischen Bereiche planung inzwischen in einem frühen Stadium der Entwicklung die Zukunft erfordert.18 angewendet, womit auch innovative Lösungen umgesetzt (Auszug aus dem Mission Statement)17 werden können, die lokale Ressourcen nutzen bzw. die nur in einem größeren Verbund machbar sind. 3.3. Energieraum- „Wien wird bis 2030 Innovation Leader“. Dieser Satz auf der Die Tatsache, dass Genderplanning und Zielgruppenorientie- Smart City Wien Webseite zeigt, worauf einer der Schwer- rung international als führend wahrgenommen werden, zeigt planung punkte des kürzlich erst neu aufgelegten Programmes abzielt. welche Vorbildwirkung das Wiener Modell bereits entfaltet. Für den Begriff „Smart City“ gibt es keine allgemein und uni- Zusätzlich vernetzt sich Wien sehr stark mit jenen Städten, 18 versell gültige Definition. Es werden zwar ähnliche Ansätze die einen ähnlichen Ansatz pflegen (z. B. Hamburg, Kopen- www.nachhaltigwirtschaften.at verfolgt, aber da jede Stadt anders ist, gibt es auch unter- hagen, Amsterdam oder Stockholm). Wien konnte diese Chan- An den Schnittstellen von klassischen und neuen Planungs- schiedliche Prioritäten. In verschiedenen Rankings zu ver- ce für eine erfolgreiche Teilnahme an verschiedenen Förder- ebenen hat sich die Energieraumplanung zu einer neuen, un- gleichenden Untersuchungen belegte Wien immer Spitzen- programmen nutzen, wodurch weitere zielgerichtete Akzente verzichtbaren Disziplin entwickelt. In Wien hat sie als eines 19 www.waermeplanung.at/waermeatlas plätze. Eine Stärke ist der offene, breit angelegte Stakeholder von sechs strategischen Handlungsfeldern im Rahmen der Dialog, womit der Handlungsrahmen möglichst breit aufge- Smart City Wien Rahmenstrategie ein besonderes Gewicht. spannt werden konnte. 17 Zum zentralen Werkzeug für die räumliche Energieplanung 20 www.smartertogether.at wird der digitale Wärmeatlas.19 Dieser soll die entscheidenden www.wien.gv.at/stadtentwicklung/stadtvermessung/geodaten/solar Kapitel 3, Internationale Verpflichtungen und die Umsetzung in Wien Kapitel 3, Internationale Verpflichtungen und die Umsetzung in Wien
4. Urbane Energie- innovationen – ausgewählte Vorzeigeprojekte aus Wien 16 17 zialkataster21 vermitteln eindrucksvoll, auf welche Reserven man hier zurückgreifen kann, wobei zusätzlich noch die Mög- lichkeit besteht, auch geeignete Fassadenflächen mit einzu- beziehen. Dieses Potenzial ist dennoch beschränkt, daher sind die Austauschbeziehungen von Stadt und Umland weiter- hin von besonderer Bedeutung: So konnte in Wien die er- neuerbare Energieerzeugung von 2005 bis 2016 zwar um 67,2 % gesteigert werden22, ihr Anteil am Gesamtaufkommen aber nur von 5,5 % auf 9,1 %, inklusive Importe betrug der Ge- samtanteil erneuerbarer Energien in Wien 16,8 % im Jahr 2016. Da eine Smart City sich nicht ohne Einbindung der Bür- gerinnen und Bürger im angestrebten Ausmaß realisieren Aufdachanlage, © Solarimo_pixabay lässt, sind Beteiligungsmodelle – wie im nächsten Beispiel beschrieben – bestens geeignet, um dem Ausbau der erneu- erbaren Energieerzeugung eine zusätzliche Motivation zu- grunde zu legen: eine attraktive Geldanlage, „Ein Sparbuch am Dach“. 4.1.1. PV-Gemeinschafts- anlage in der Lavater- straße – vom Consumer zum Prosumer In diesem Kapitel werden innovative Technologien, Produkte und Dienstleistungen vorgestellt, die in der urbanen Energie- versorgung eine wesentliche Rolle spielen und die bereits 4.1.2. Thermische Klär- erfolgreich umgesetzt wurden. Die erste PV-Gemeinschaftsanlage hat Wien Energie 2018 Sicherheitsabstände und Dachfenster berücksichtigt werden. Diese Übersicht erhebt keinen Anspruch auf Vollständig- auf dem Dach eines Mehrparteienhauses in der Lavaterstra- Von den rund 68.000 Mehrfamilienhäusern in Wien lohnt sich schlammverwertung – keit. Es soll aber gezeigt werden, wie Lösungsansätze oft über ße in der Donaustadt errichtet. Mit der 400 m2 großen PV-An- auf etwa 10 % dieser Flächen die Errichtung von gemeinschaft- den unmittelbar betroffenen Bereich hinauswirken. Sei es als lage können 48 Haushalte mit Solarstrom vom eigenen Dach lichen Erzeugungsanlagen. ein internationales Vorbild, als Katalysator oder als Meilenstein in einer Entwick- versorgt werden. Diese Anlage erzeugt 60.000 kWh Solar- Solarpotenzial in Wien24: Bei einem Bestand von rund lung. Gleichzeitig soll auch gezeigt werden, wie die Zusam- strom im Jahr. Überschüsse werden ins Netz eingespeist. Bei 53 km2 Dachflächen sind theoretisch 64 % der Dachflächen Vorbild für Kreislauf- menarbeit von Stadtregierung, Stadtverwaltung und der Wirt- normalem Verbrauch kann damit jeder Haushalt 30 % seines für die Nutzung von Solarthermie beziehungsweise Photo- schaft Transformationsprozesse ermöglicht, die zudem stark Jahresstrombedarfs vom hausgemachten Sonnenstrom be- voltaik geeignet. Dies entspricht einer Fläche von circa 34 wirtschaft auf Inklusion setzen, um damit auch ausreichend Raum für ziehen. km2. Davon sind 5 km2 „sehr gut geeignet“ (jährliche Global- soziale Innovation zu gewährleisten. Die Bürgerinnen-Solarkraftwerke23 ermöglichen den strahlung von mehr als 1.100 kWh/m2) und 29 km2 „gut ge- Menschen sich finanziell an Photovoltaik-Anlagen zu beteili- eignet“ (jährliche Globalstrahlung von 900 kWh/m2 bis 1.100 gen. Bislang haben sich mehr als 10.000 Personen mit über kWh/m2). Das theoretische Photovoltaikpotenzial beträgt In einem von Wien Energie neu entwickelten Verfahren werden 4.1. Nachhaltige 35 Mio. Euro an 26 Solarkraftwerken beteiligt. Alle im Groß- 5.400 GWh/Jahr. Das theoretische Solarthermiepotenzial jährlich 140.000 t gefaulter Klärschlamm verarbeitet, ein Ab- raum Wien realisierten Bürgerinnen-Solarkraftwerke zusam- beläuft sich auf 28.200 GWh/Jahr. fallprodukt der Wiener Hauptkläranlagen. Daraus können ca. Energieerzeugung men sind so groß wie 19 Fußballfelder. Sie haben seit 2012 40 Nachhaltige Energieerzeugung setzt zwar voraus, dass 120 GWh Fernwärme gewonnen werden. GWh Strom erzeugt. Dieses Modell ist mit gewissen Einschrän- die jeweiligen Energieträger sich in vollem Umfang wieder In der Simmeringer Haide wird mittels Trocknungsver- kungen auch skalierbar: in der Praxis eignen sich alle Flächen, erneuern, was aber nicht bedeutet, dass nur in der Natur un- fahren die Voraussetzung geschaffen, den Faulschlamm ohne Energieerzeugung, -speicherung und -verbrauch müssen die zu vertretbaren Kosten für Solarstrom genutzt werden mittelbar vorhandene Energiequellen zum Einsatz kommen den Einsatz von Primärenergieträgern in den Wirbelschicht- sorgfältig aufeinander abgestimmt sein, um Versorgungssi- können. Allerdings müssen auch technische Parameter wie können. Wie das nächste Beispiel zeigt, kann ein in großen öfen in späterer Folge in umweltfreundliche Fernwärme um- cherheit und Leistbarkeit zu gewährleisten. Der Einsatz von Mengen auf natürlichem Wege entstehendes Abfallprodukt zuwandeln. Dieser Wiener Betrieb positioniert sich mit diesem Biomasse ist in der Großstadt aus räumlichen und logistischen die Basis nachhaltiger Energieerzeugung bilden. österreichweit einzigartigen Verfahren als technischer Vor- Gründen eingeschränkt, für große Windparks ist der Platz in reiter in der Klärschlammentsorgung der Zukunft. der Regel zu knapp. Das Laufkraftwerk Freudenau ist mit 21 In einem mehrstufigen Prozess wird zunächst der orga- www.wien.gv.at/stadtentwicklung/energie/themenstadtplan/erdwaerme einer Leistung von 172 MW und einer jährlichen Stromerzeu- nische Anteil im Klärschlamm verringert, dabei Methangas gung von rund einer Terrawattstunde eine Ausnahmeerschei- gewonnen, das für die Wärme- und Stromproduktion ver- nung für eine europäische Metropole. 22 wendet wird. Die Hauptkläranlage kann dadurch den gesam- Nun sind viele Flächen in der Stadt für die Energieerzeu- www.wien.gv.at/stadtentwicklung/energie/pdf/energiebericht2018.pdf ten Eigenstrombedarf selbst produzieren. Danach wird ein S. 41 gung zwar geeignet, liegen aber diesbezüglich noch brach. Teil des Klärschlamms in mechanischen Zentrifugen entwäs- Photovoltaik, Solarthermie und auch Erdwärme bzw. tiefe sert und mit dem restlichen Teil wieder vermischt, um den 24 Geothermie können einen erheblichen Beitrag dazu leisten. 23 www.wien.gv.at/stadtentwicklung/stadtvermessung/geodaten/solar/wiener-solar- nötigen Heizwert für die Verbrennung zu erreichen. Der Wiener Solarpotenzialkataster und der Erdwärmepoten- www.wien.gv.at/stadtentwicklung/energie/beispiele/solarkraftwerke.html potenzial.html Kapitel 4, Urbane Energieinnovationen – ausgewählte Vorzeigeprojekte aus Wien Kapitel 4, Urbane Energieinnovationen – ausgewählte Vorzeigeprojekte aus Wien
18 19 Wärmespeicher Simmering, © Wien Energie/Ian Ehm Biogasanlage MA 48, © Renate Mowlam 4.2.1. Fernwärme- 4.3. Power-to-X Im nächsten Schritt wird dieses Gemisch bei 850° C in Wirbel- Perpene und Siloxane abzutrennen. Dadurch wird aus Biogas schichtöfen des Kraftwerks Simmeringer Haide verbrannt. mit einem Methananteil von bis zu 70 % nahezu reines Bio- Speicher beim Kraft- Der dabei entstehende 350° C heiße Wasserdampf wird ge- methan mit einem Methangehalt von bis zu 99 %. Anschlie- nutzt, um Strom für den Standort sowie Heißwasser für das ßend wird das Biomethan auf den Einspeisedruck von bis zu Wurden die Sektoren Elektrizität, Wärmeversorgung und Ver- werk Simmering – zwei kehr Wiener Fernwärmenetz bereit zu stellen. 70 bar komprimiert und ins Gasnetz eingespeist.26 bisher weitgehend unabhängig voneinander betrachtet, Ein weiteres erwähnenswertes Highlight ist die Phos- so spricht man heute von Sektorkopplung. Als Verbindungs- „Mega-Thermoskannen“ elemente phor-Rückgewinnung aus der verbleibenden Asche. Die Stadt zwischen diesen Sektoren gibt es eine Vielzahl von 4.2. Energiespeicherung 28 Wien schließt damit Rohstoff-Kreisläufe für den Schlüssel- verfügbaren Techniken: „power-to-X“ , gemeint ist Strom aus rohstoff Phosphor, der immer knapper wird.25 erneuerbaren Quellen, der im Falle eines zeitlichen Über- Die beiden Behälter speichern Fernwärme so lange, bis sie schusses umgewandelt wird. X steht beispielsweise für ein Speicher sind wichtige Bausteine eines Energiesystems mit gebraucht wird, zeitlich unabhängig von der Erzeugung. Da- Gas oder Wärme. Man kann zwar Strom nicht in Beton, Was- 4.1.3. Biogas aus erneuerbarer Energieversorgung. Wind-, Sonnen- und Was- durch können Fernheizwerke noch seltener und Kraft-Wär- ser oder Erde einspeichern, sehr wohl aber Wärme. Steht bei serkraft sind zwar ausreichend verfügbar, aber schwankend me-Kopplungen, Müllverbrennungsanlagen und erneuerbare starker Einspeisung von Windenergie und Photovoltaik nur Küchenabfällen – im Ertrag. Flexibilität wird mit flexiblen Tarifen wirtschaftlich Energieträger noch besser eingesetzt werden. Das spart Geld, eine geringe Stromnachfrage gegenüber, so kann das Ab- interessant. Das folgende Beispiel zeigt, wie im urbanen Ver- wertvolle Rohstoffe und senkt den CO2-Ausstoß. Die beiden regeln von den Erzeugungsanlagen vermieden werden, wenn Innovative Biomethan- bund Wärmespeicher, die höher sind als ein 12-geschossiges Hochdruckspeicher, zwei riesige, zylinderförmige Stahlbehäl- der Strom z. B. für Wärmebereitstellung auf Vorrat gelegt wird Gebäude, in der Lage sind, Heizenergie für Tausende Haus- ter sind 45 m hoch, haben zusammen ein Speichervolumen („power to heat“). Wenn in Zeiten von Stromüberschuss z. B. Erzeugung halte über einen längeren Zeitraum bereit zu halten. von 11.000 m3 bei 10 bar am Speicherboden. Das thermische Windkraftanlagen ansonsten abgeschaltet würden, ist „pow- Speichervermögen beträgt 850 MWh, das entspricht der Wär- er to heat“ eine gute Lösung. Vor allem, wenn die Umwandlung memenge für 20.000 Haushalte pro Jahr.27 in Wärme mit Wärmepumpen sehr effizient ist (Jahresarbeits- Die Biogas-Aufbereitungsanlage erzeugt jährlich über eine zahlen um 5 sind möglich). Es handelt sich dabei um eine Million Kubikmeter CO2-neutrales Biomethan aus rund 22.000 Maßnahme im Sinne der oben beschriebenen Flexibilisierung Tonnen biogenem Küchenabfall. 900 Wiener Haushalte kön- der Energienachfrage. nen damit bei einer jährlichen Einsparung von mehr als 3.000 Dieses Zusammenwirken einzelner Sektoren der Ener- Tonnen CO2 versorgt werden. Durch die Biogas-Aufberei- 27 giewirtschaft wird im folgenden Beispiel veranschaulicht. Mit 25 www.wienenergie.at/eportal3/ep/channelView.do/pageTypeId/67831/ tungsanlage wird erstmals in Wien Biogas zu Biomethan auf- www.smartcity.wien.gv.at/site/der-wiener-weg/smart-city-einfach-erklaert/energie- channelId/-49069 der Power-2-Heat-Anlage in der Leopoldau geht es um eine bereitet. Als Inputstoff dient das in der Biogasanlage produ- aus-klaerschlamm/ unkonventionelle Koppelung der Sektoren Strom und Wärme. zierte und entschwefelte Biogas. Um es als Biomethan in das Erdgasnetz einspeisen zu können ist es notwendig, durch ein 28 modernes Membrantrennverfahren das im Biogas enthaltene 26 irena.org/-/media/Files/IRENA/Agency/Topics/Innovation-and-Technology/ www.wienenergie.at/ueber-uns/unternehmen/energie-klimaschutz/ IRENA_Landscape_Solution_11.pdf?la=en&hash=2BE79AC597ED18A96E5415942 Kohlendioxid, den verbleibenden Schwefelwasserstoff sowie energieerzeugung/erdgas-und-biogas E0B93232F82FD85 Kapitel 4, Urbane Energieinnovationen – ausgewählte Vorzeigeprojekte aus Wien Kapitel 4, Urbane Energieinnovationen – ausgewählte Vorzeigeprojekte aus Wien
21 Smart Block Geblergasse Luftaufnahme: Vienna GIS, © zeininger architekten 4.3.1. Power-2-Heat 4.4. Gebäude Leopoldau – Wiens Der Althausbestand in den Städten ist eine besondere Her- größter Wasserkocher ausforderung für die Energiewende. Vorhandene Strukturen, wenig verfügbarer Freiraum sowie oft komplexe Eigentums- verhältnisse und die durchgehende Bewohnbarkeit erfordern Die Power-2-Heat-Anlage29 ist eine Art überdimensionaler Lösungen, die auch schon mit einer Operation am offenen Wasserkocher, der überschüssigen Strom in umweltfreund- Herzen verglichen wurden. Umso interessanter sind innova- liche Wärme umwandelt. Die Produktion von erneuerbarer tive Lösungen gerade hier! Energie wie Solar- oder Windstrom ist schwer steuerbar und wetterabhängig. So wird bei einem Überangebot die Power- 4.4.1. SMART Block 2-Heat-Anlage in der Leopoldau aktiviert. Der überschüssige Strom aus dem Netz wird in Elektroden-Kesseln zur Erhitzung Geblergasse – von Wasser genutzt. Über einen Wärmetauscher wird das auf ca. 160 Grad Celsius erhitzte Wasser ins Fernwärmenetz eingespeist und direkt in den umliegenden Haushalten ge- nutzt. Die Power-2-Heat-Anlage nimmt den Überschuss von ein Anergienetz im bis zu zehn Windkraftanlagen auf. So kann Wärme für 20.000 Haushalte pro Jahr bereitgestellt werden. Bei einer Anzahl Baubestand von 2 Elektroden-Kessel beträgt die Leistung je Elektroden- Kessel 10 MW bei max. 12 bar Druck. Ein Anergienetz ist ein Rohrleitungssystem zwischen mehre- Für die Speicherung von Energie stehen, wie die o. a. ren Gebäuden, in dem Wasser mit einer Temperatur zwischen Beispiele zeigen, durchaus effiziente Lösungen zur Verfügung. fünf und 25 Grad C fließt. Damit kann zum Beispiel Abwärme Für manche Speichertechnologien, wie elektrochemische von diversen Quellen aufgenommen werden und mittels Wär- bzw. elektrische Speicher30, sind dzt. noch keine praktischen mepumpe auf ein höheres Temperaturniveau gebracht wer- Anwendungen in einem solchen Maßstab verfügbar. Ein we- den. Größere Systeme sind z. B. in der Schweiz vor allem in sentlicher Aspekt bei der Energiespeicherung ist der Gesamt- neu gebauten Siedlungen seit längerem in Betrieb. wirkungsgrad aller Transformations- und Speicherprozesse. Hier muss ein gewisser Anteil an Verlusten in Kauf genommen werden, etwa 30 % bei Wasserstoff, der allerdings eine wich- tige Brückentechnologie darstellt und in Prozessen im Mittel- und Hochtemperaturbereich eine wichtige Rolle spielen kann. Ein nicht zu unterschätzendes Potenzial steckt in der thermischen Bauteilaktivierung. Vorhandene Speichermas- sen thermisch zu aktivieren ist eine besonders wirtschaftli- che Maßnahme: Beim derzeitigen Neubauvolumen werden pro Jahr etwa 4 Millionen Quadratmeter Betondecken her- gestellt. Würden in den nächsten zehn Jahren zehn Mio m² Betondecken thermisch aktiviert, so könnte damit eine Spei- cherkapazität genutzt werden, die einen relevanten Beitrag zum Ausgleich der Schwankungen der Stromerzeugung leisten könnte. Die erfolgreiche praktische Umsetzung erfolgte in Wien beispielsweise beim Wohnprojekt in der Mühlgrundgasse (MGG 22), das als „Game changer“ bezeichnet wird31 und 29 www.wienenergie.at/eportal3/ep/channelView.do/pageTypeId/67831/ auch beim neuen Campus der WU Wien32, wo durch ein Zu- channelId/-4400144 sammenspiel mit einer der größten Anlagen zur thermischen Grundwassernutzung in Österreich bestechende Ergebnisse erzielt werden konnten. 30 www.energieforschung.at/projekte/speicher 31 nachhaltigwirtschaften.at/de/sdz/artikel/die-bauteilaktivierung-als-baustein-fuer- die-stadt-der-zukunft.php 32 literatur.zement.at/themen/40-thermische-bauteilaktivierung-tba/3738-campus-wu- wien Kapitel 4, Urbane Energieinnovationen – ausgewählte Vorzeigeprojekte aus Wien
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