Länderreport 44 Somalia - Humanitäre Situation Stand: 09/2021 Asyl und Flüchtlingsschutz

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Länderreport 44 Somalia - Humanitäre Situation Stand: 09/2021 Asyl und Flüchtlingsschutz
Länderreport 44
         Somalia
         Humanitäre Situation

         Stand: 09/2021

Asyl und Flüchtlingsschutz

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Länderreport Somalia

Abstrakt
Somalia befindet sich in einer seit Jahrzehnten anhaltenden humanitären Krise. Das Land ist sowohl von
andauernden bewaffneten Konflikten als auch von immer wiederkehrenden Naturkatastrophen, wie Dürren
und Überschwemmungen, betroffen. Weitere Faktoren, wie Ausbrüche von Krankheiten und ökonomische
Gründe, verschärfen die Situation noch. Die Wüstenheuschreckenplage und die COVID-19-Pandemie führen
seit Anfang 2020 ebenfalls zu einer Verschlechterung der humanitären Bedingungen. Flucht und Vertreibung,
eine unsichere Ernährungs- und Gesundheitssituation, Armut sowie sinkende Schutzmöglichkeiten sind unter
anderem die Folge.

Der vorliegende Bericht stellt die humanitäre Situation in Somalia dar, wobei der Fokus auf der
Ernährungsunsicherheit und Nahrungsmittelversorgung, der Gesundheitsversorgung, den WASH-Bedingungen,
der Situation Binnenvertriebener und dem Zugang zu humanitärer Hilfe liegt.

Abstract
Somalia is in the midst of a humanitarian crisis that has lasted for decades. The country is affected by both
ongoing armed conflicts and recurring natural disasters, such as droughts and floods. Other factors, such as
disease outbreaks and economic reasons, exacerbate the situation. Since the beginning of 2020, the desert
locust plague and the COVID-19 pandemic have also led to deteriorating humanitarian conditions. Flight and
displacement, food and health insecurity, poverty, and declining protection options are among the
consequences.

This report presents the humanitarian situation in Somalia, focusing on food insecurity and food supply, health
care, WASH conditions, the situation of internally displaced persons, and access to humanitarian assistance.
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Inhaltsverzeichnis

1.     Überblick............................................................................................................ 2

2.     Ernährungsunsicherheit und Nahrungsmittelversorgung .......................... 3
  2.1. Überblick und Ursachen ....................................................................................... 3
  2.2. Integrated Phase Classification (IPC): Klassifizierung der
  Ernährungsunsicherheit ................................................................................................. 4

3.     Gesundheitsversorgung ................................................................................... 7
  3.1. Überblick .................................................................................................................. 7
  3.2. Zugang zu medizinischer Versorgung und Vorsorge ..................................... 8
  3.3. Verfügbarkeit von Medikamenten ..................................................................... 9
  3.4. Behandlungskosten ............................................................................................... 9
  3.5. COVID-19-Pandemie: Auswirkungen und Maßnahmen .............................. 9

4.     Wasser, Sanitärversorgung & Hygiene (WASH) .......................................... 11

5.     Situation Binnenvertriebener........................................................................ 12
  5.1. Humanitäre Situation und Unterstützung ...................................................... 13
  5.2. Informelle Binnenvertriebenenlager ............................................................... 13

6.     Zugang zu humanitärer Hilfe ........................................................................ 14
  6.1. Überblick ................................................................................................................ 14
  6.2. Vorfälle im ersten Halbjahr 2021 ...................................................................... 15

7.     Literaturverzeichnis ....................................................................................... 17
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1. Überblick
Somalia befindet sich in einer anhaltenden humanitären Krise, für die politische, soziökonomische und
Umweltfaktoren hauptverantwortlich sind. 1 Insbesondere die andauernden Konflikte, klimabedingte
Umweltprobleme, deren Häufigkeit zunimmt, 2 die Wirtschaftssituation und Ausbrüche übertragbarer
Krankheiten prägen die humanitäre Situation. Seit Anfang 2020 führen zudem Überschwemmungen, die
Wüstenheuschreckenplage und die COVID-19-Pandemie, die auch gemeinsam als „Triple Shock“ bezeichnet
werden, zu einer Verschlechterung der humanitären Bedingungen. 3 Diese dreifachen Herausforderungen
führen zu einer weiteren Vertreibung einer Vielzahl von Menschen und verschärfen bestehende Ungleichheiten,
Diskriminierung und Schutzlücken. Dies zeigt sich auch an einem Anstieg der Schulabbrechenden sowie der
häuslichen, sexuellen und geschlechtsspezifischen Gewalt. 4 Aktuell leben 2,9 Mio. Binnenvertriebene in
Somalia. 5 Es wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2021 zwischen 76.000 und 250.000 weitere Menschen durch
Überschwemmungen und schätzungsweise 190.000 Personen konfliktbedingt vertrieben werden. 6

Die Bevölkerungsanzahl wird auf 16,4 Millionen geschätzt. 7 Da die Mehrheit der somalischen Bevölkerung von
Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft abhängig ist, wirken sich die klimabedingten Herausforderungen, wie
Dürren und Überschwemmungen, besonders auf ihren Lebensunterhalt aus. Im Jahr 2020 zerstörten
Überschwemmungen beispielsweise 144.000 ha Agrarland. 8 Des Weiteren riefen die somalische Regierung und
die Vereinten Nationen (engl. United Nations, UN) Somalia am 25. April 2021 in einer gemeinsamen Erklärung
eine Dürre-Situation aus. 9 Mehr als 80 % des Landes sind von einer mäßigen bis schweren Dürre in Folge von
unterdurchschnittlichem Regen Ende 2020, gefolgt von einer wärmeren Saison sowie einer verspätet
beginnenden Regenzeit zwischen April und Juni 2021 betroffen. Dadurch kam es zu einer großen
Wasserknappheit. 10 Auch die Heuschreckenplage, die als die schlimmste seit 25 Jahren gilt, zerstörte bislang
300.000 ha Acker- und Weideland. 11

Die Wirtschaft befindet sich in einer schweren Rezession. Neben internationalen Handelsnetzwerken, die von
einer kleinen Gruppe wohlhabender Geschäftsleute kontrolliert werden, basiert die somalische Wirtschaft auf
Überweisungen aus dem Ausland von der Diaspora. 12 Sie machen rund 35 % des Bruttoinlandsprodukts aus, 13
sichern vielen Einzelpersonen und Familien ein Grundeinkommen und ermöglichen den Lebensunterhalt für
einen Großteil der Bevölkerung. Zudem ermöglichen die Auslandsüberweisungen Investitionen in den Bau- und
Wohnungssektor. Allerdings sind diese Überweisungen aufgrund der durch COVID-19 angespannten
wirtschaftlichen Situation zurückgegangen. 14 Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration
(IOM) sind die Überweisungen in der ersten Hälfte des Jahres 2020 um 61 % zurückgegangen. 15 Allerdings
zeigen Daten der Weltbank, dass höher als zuvor erwartete Überweisungsströme Ende 2020 die negativen
Auswirkungen abmilderten. 16

1 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.
15
2 OCHA (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): Somalia Humanitarian Bulletin. April 2021, 11.05.2021, S. 2
3 Ebd., S. 6
4 UNHRC (United Nations Human Rights Council): Situation of human rights in Somalia. Report of the Independent Expert on the situation

of human rights in Somalia, A/HRC/45/52, 30.08.2020, Para. 18
5 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): Somalia. Humanitarian Bulletin. July 2021, 11.08.2021, S. 1
6 OCHA (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): Somalia. Humanitarian Response Plan, Februar 2021, S. 7
7 UNFPA (United Nations Populations Fund): World Population Dashboard. Somalia. Total Population in millions. 2021, Juni 2021
8 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S. 6
9 Somalia Ministry of Humanitarian Affairs and Disaster Management und (UN) United Nations Somalia: Somalia. Humanitarian Leadership

declares drought, 25.04.2021
10 OCHA (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): Somalia Humanitarian Bulletin. April 2021, 11.05.2021, S. 1
11 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

6, 13
12 BTI (Bertelsmann Transformation Index): Somalia Country Report 2020, 2020, S. 25
13 World Bank: Personal remittances, received (% of GDP) – Somalia. 1979-2020, ohne Datum
14 BTI (Bertelsmann Transformation Index): Somalia Country Report 2020, 2020, S. 25; World Bank: The World Bank in Somalia. Overview,

18.03.2021
15 IOM (International Organisation for Migration): COVID-19 and the State of Remittance Flows to Somalia, August 2020, S. 16
16 World Bank: Somalia’s Economy Rebounding from ‘Triple Shock’, 14.09.2021
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Zugleich sind die Preise für Grundnahrungsmittel und Rohstoffe aufgrund der COVID-19-Pandemie gestiegen,
was zusätzlich Risiken für die Ernährungssicherheit bietet. 17 71 % der Bevölkerung leben derzeit – gemessen an
der internationalen Armutsgrenze, die aktuell bei 1,90 USD/Tag liegt 18 – in Armut, der Anteil bei Kindern unter
14 Jahren ist dabei noch höher. Damit ist Somalia eines der ärmsten Länder Sub-Sahara-Afrikas. Laut der World
Bank wird sich dies auch zunächst bis zum Jahr 2023 fortsetzen. 19

Des Weiteren trifft die Pandemie auf ein ohnehin schwaches Gesundheitssystem, das kaum in der Lage ist, eine
medizinische Grundversorgung zu bieten. 20

Die vorliegende Ausarbeitung gibt einen Überblick über die humanitäre Situation in Somalia hinsichtlich der
Ernährungsunsicherheit und Nahrungsmittelversorgung, der Gesundheitsversorgung, der WASH-Bedingungen
(Wasser, Sanitärversorgung und Hygiene), der Situation Binnenvertriebener und dem Zugang zu humanitärer
Hilfe.

2. Ernährungsunsicherheit und Nahrungsmittelversorgung

2.1. Überblick und Ursachen
In Somalia besteht eine akute Ernährungsunsicherheit, die durch multiple Krisen noch verschärft wird. Der
Wüstenheuschreckenbefall führte vornehmlich in ländlichen Gebieten in nördlichen und zentralen Regionen zu
einer Verschlechterung der Situation und birgt ein wachsendes Risiko für den Süden des Landes. In Somalia
gibt es im Jahr zwei Regenperioden, genannt Gu und Deyr. Die Gu-Periode findet von April bis Juni statt und die
Deyr-Periode von Oktober bis Dezember. 21 Die saisonalen Gu-Überschwemmungen im Jahr 2020 brachten
Verluste und Beschädigungen von Häusern, Ackerland und Infrastruktur, insbesondere in den Flussgebieten
Hiraan, Middle Shabelle, Lower Shabelle, Gedo, Middle Juba und Lower Juba, mit sich. 22

Die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen soziökonomischen Auswirkungen führen insbesondere
aufgrund von höheren Lebensmittelpreisen zu einer Verschlechterung der Ernährungssicherung, vor allem für
die arme städtische Bevölkerung. 23 Für die Landbevölkerung besteht zudem ein erhöhtes Risiko der
Ernährungsunsicherheit aufgrund von zu erwartenden Dürrebedingungen. Hirtinnen und Hirten sowie Agro-
Pastoralistinnen und -Pastoralisten machen 60 % der Gesamtbevölkerung aus und ihre Lebensgrundlage hängt
vornehmlich vom Regen ab. Aufgrund der häufigen und langwierigen Dürrebedingungen in den vergangenen
Jahren ging die Viehherdengröße der pastoralen und agro-pastoralen Bevölkerung in den letzten Jahren zurück.
Zwar haben die überdurchschnittlichen Deyr- und Gu-Niederschläge in den Jahren 2019 und 2020 die
Weidegeneration unterstützt und die prognostizierten Auswirkungen ein wenig abgemildert, 24 doch führten die
beiden aufeinanderfolgenden unterdurchschnittlichen Niederschlagsperioden Ende 2020 und Anfang 2021
wiederum zu Viehverlusten und erhöhten Haushaltsausgaben für Tierfutter und Wasser. Die Trockenperioden
und ein frühes Ende der Regenzeit verursachten zudem Ernteverluste und verringerten das erwirtschaftete

17 UNHRC (United Nations Human Rights Council): Situation of human rights in Somalia. Report of the Independent Expert on the situation
of human rights in Somalia, A/HRC/45/52, 30.08.2020, Para. 28
18 PovcalNet: Nowcast of extreme poverty, 2015-2021, in: Flourish, 07.01.2021; World Bank: FAQs: Global Poverty Line Update, 30.09.2015
19 World Bank: Somalia. Overview, 18.03.2021; UN (United Nations) Somalia: Common Country Analysis 2020, 25.09.2020
20 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

75
21 UN (United Nations) Blogs: Climate crisis in Somalia: “If the rains fail, our livestock will perish”, 22.03.2021
22 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

71-72
23 Ebd.; IFRC (International Federation of Red Cross And Red Crescent Societies): Somalia: Three million face starvation and disease, warns

IFRC, as it calls for swift action, 11.08.2021; SOYDA (Somali Young Doctors Association): Quarterly Progressive Narrative Report,
29.06.2020, S. 3
24 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

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Einkommen in der Landwirtschaft. 25 Des Weiteren führen Konflikte und eine angespannte Sicherheitslage zu
einer Verschärfung der Situation. 26

2.2. Integrated Phase Classification (IPC): Klassifizierung der Ernährungsunsicherheit
Die „Integrated Phase Classification“ ist ein fünfstufiges Klassifizierungssystem, das den Schweregrad von
Nahrungsmittelknappheit bzw. Ernährungsunsicherheit beschreibt und von der internationalen Gemeinschaft
anerkannt sowie genutzt wird. 27

In Stufe 1 („Minimal“) sind Haushalte in der Lage, ihren Grundbedarf an Nahrungsmitteln und anderen Gütern
zu decken, ohne atypische und nicht-nachhaltige Strategien für den Zugang zu Nahrungsmitteln und
Einkommen anzuwenden. 28

In Stufe 2 („Angespannt“) haben Haushalte einen minimal ausreichenden Nahrungsmittelkonsum, können sich
aber einige wesentliche nicht-nahrungsmittelbezogene Ausgaben nicht leisten, ohne
Stressbewältigungsstrategien anzuwenden. 29

Stufe 3 („Krise“) beschreibt Haushalte, die entweder Lücken im Nahrungsmittelkonsum mit hoher oder
überdurchschnittlicher akuter Unterernährung aufweisen oder nur geringfügig in der Lage sind, ihren
Mindestnahrungsmittelbedarf zu decken, indem sie Lebensgrundlagengüter vorzeitig aufbrauchen bzw.
Krisenbewältigungsstrategien nutzen. 30

In Stufe 4 („Notsituation“) haben Haushalte entweder große Lücken in der Nahrungsmittelversorgung, die sich
in einer sehr hohen akuten Unterernährung und einer hohen Sterblichkeitsrate niederschlagen, oder sie
schließen große Nahrungsmittellücken, indem sie Notfallstrategien anwenden oder Vermögenswerte
auflösen. 31

Die Stufe 5 („Hungersnot“) bedeutet einen extremen Mangel an Nahrungsmitteln und bzw. oder anderer
Grundbedürfnisse, selbst wenn die Bewältigungsstrategien bereits vollständig ausgeschöpft sind. Hunger, Tod,
extreme Armut und äußerst kritische akute Unterernährung sind in dieser Stufe zu beobachten. 32

Entsprechend dem IPC-Klassifizierungssystem sind laut dem Famine Early Warning Systems Network (FEWS)
die Stufen 2 („Angespannt“) und 3 („Krise“) in Somalia weit verbreitet. 33 Dabei sind Kinder, Frauen,
Binnenvertriebene und Geflüchtete sowie Personen mit Behinderungen einem erhöhten Risiko für
Unterernährung ausgesetzt. Nur 20 % der Säuglinge können ausschließlich gestillt werden. Dies führt zu einer
ernsthaften Mangelernährung. 34 Etwa eine Million Kinder in Somalia sind derzeit akut unterernährt. 35 Trotz
Unterstützung humanitärer Organisationen und humanitärer staatlicher Bemühungen bleibt Unterernährung in
Somalia allerdings weiterhin eine große Herausforderung. 36 Dies liegt auch daran, dass die humanitäre
Nahrungsmittelhilfe in Somalia deutlich unterfinanziert ist, sodass die Zahl der Begünstigten seit Januar 2021
um 25 % zurückgegangen ist, obwohl die Zahl der auf Nahrungsmittelhilfe angewiesenen Menschen gestiegen

25 FEWS (Famine Early Warning Systems Network): Somalia. Food Security Outlook. June 2021 to January 2022, 13.07.2021, S. 1
26 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.
71-72
27 FEWS (Famine Early Warning Systems Network): Integrated Phase Classification, ohne Datum
28 Ebd.
29 Ebd.
30 Ebd.
31 Ebd.
32 Ebd.
33 FEWS (Famine Early Warning Systems Network): Somalia. Food Security Outlook. June 2021 to January 2022, 13.07.2021, S. 1
34 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

81
35 Ebd., S. 7
36 Ebd., S. 80
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ist. 37 Insbesondere in Regionen Nordsomalias würde sich die Lage ohne die derzeitige humanitäre Hilfe
voraussichtlich um mindestens eine Stufe verschlechtern (Stufe 2!). 38

Besonders von Ernährungsunsicherheit bedrohte Regionen liegen vor allem in Nord- und Zentralsomalia (vgl.
Abb. 1).

Abb. 1: Ernährungsunsicherheit in Somalia im September 2021

Quelle: FEWS (Famine Early Warning Systems Network): Somalia. Key Message Update. Food insecurity will likely worsen due to impacts
of below-average rainfall, September 2021

37FEWS (Famine Early Warning Systems Network): Somalia. Food Security Outlook. June 2021 to January 2022, 13.07.2021, S. 1
38FEWS (Famine Early Warning Systems Network): Somalia. Key Message Update. Food insecurity will likely worsen due to impacts of
below-average rainfall, September 2021
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Es wird erwartet, dass Somalia während der Deyr-Periode von Oktober bis Dezember 2021 zum dritten Mal in
Folge unterdurchschnittliche Niederschläge erleben wird. Die Ernährungsunsicherheit dürfte sich infolgedessen
in vielen Gebieten bis zur „Krise“ (Stufe 3) verschlimmern und die Zahl der Menschen, die sich in einer
„Notsituation“ (Stufe 4) befinden, steigen. 39

Für das Jahr 2021 wird daher prognostiziert, dass sich 3,5 Mio. Menschen entsprechend der „Integrated Food
Security Phase Classification“ (IPC) in einer Krise (Stufe 3) bzw. einer Notsituation (Stufe 4) der akuten
Ernährungsunsicherheit befinden. Besonders betroffen sind städtische Arme und die Landbevölkerung,
Binnenvertriebene und Geflüchtete (vgl. Abb. 2). 40 Ebenso sind Kinder, Frauen und Personen mit
Behinderungen besonders betroffen. 41 Dies hängt damit zusammen, dass sie meist nur begrenzte Möglichkeiten
zur Sicherung des Lebensunterhaltes haben und hauptsächlich auf Einkommen aus Gelegenheitsarbeiten, um
die sie zudem noch konkurrieren, angewiesen sind. In der städtischen Umgebung ist der Zugang zum
Arbeitsmarkt aufgrund der Konkurrenzsituation verhältnismäßig schwieriger. Da in Städten der Großteil des
Einkommens für Nahrungsmittel ausgegeben wird, ist die Bevölkerung dort auch besonders von steigenden
Nahrungsmittelpreisen betroffen. Aufgrund der durch die COVID-19-Pandemie negativ beeinflussten
Lebensmittelpreise und Arbeitsmöglichkeiten werden die Bedingungen noch erschwert. 42 Die
Ernährungsunsicherheit im Jahr 2021 ist vergleichbar mit dem Jahr 2019, im Vergleich zum Jahr 2020 sind
hingegen weniger Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen. 43

Abb. 2: Zusammenfassende Darstellung der von akuter Ernährungsunsicherheit betroffenen
Bevölkerungsgruppen

Quelle: OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview,
09.03.2021, S. 71

39 FEWS (Famine Early Warning Systems Network): Somalia. Key Message Update. Food insecurity will likely worsen due to impacts of

below-average rainfall, September 2021
40 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

71-72
41 Ebd., S. 81
42 Ebd., S. 8
43 Ebd., S. 71-72
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3. Gesundheitsversorgung

3.1. Überblick
Während des Bürgerkriegs 44 wurde das öffentliche Gesundheitssystem Somalias weitgehend zerstört. 45 Es zählt
daher zu den schwächsten weltweit. 46 Die medizinische Versorgung ist in weiten Teilen des Landes,
insbesondere in ländlichen und in von nicht-staatlichen Akteuren kontrollierten Gebieten, 47 extrem
eingeschränkt. 48 Gemessen an somalischen Standards ist die Qualität der Krankenhäuser in Mogadischu besser
als in anderen Teilen des Landes. 49 Insgesamt gibt es in Somalia weniger als zwei Gesundheitseinrichtungen –
öffentliche oder private – pro 10.000 Personen sowie neun Krankenhausbetten pro 10.000 Menschen. 50 Eine
Auflistung der verschiedenen Gesundheitseinrichtungen nach Regionen sowie eine Karte mit der geografischen
Verteilung der Gesundheitseinrichtungen finden sich auf den Seiten 26-28 im Bericht „Somali Service
Availability and Readiness Assessment 2016“ des somalischen Gesundheitsministerium und der WHO:
https://www.humanitarianresponse.info/sites/www.humanitarianresponse.info/files/documents/files/somali_
country_report_final_draft_30dec2016-.pdf (Stand 2016)

Die medizinische Grundversorgung ist in einem nur sehr begrenzten Umfang möglich. 51 Dies hängt unter
anderem auch damit zusammen, dass es kaum qualifiziertes medizinisches Personal gibt. Auf 100.000 Personen
kommen aktuell zwei Mitarbeitende im Gesundheitswesen. Damit hat Somalia eine der niedrigsten Raten
weltweit. Der globale Durchschnitt liegt bei 25 Mitarbeitenden pro 10.000 Menschen. 52 Ebenso kommt auf eine
Million Personen lediglich eine chirurgische Fachkraft. 53 Das öffentliche Banadir Hospital in Mogadischu, eines
der besten Krankenhäuser Somalias, sowie das Krankenhaus der Hargeisa Group in Hargeisa können
beispielsweise nur einfache Operationen durchführen. 54 Personen, die es sich leisten können, reisen zu
medizinischen Behandlungen daher nach Nairobi. 55 Auch weite Entfernungen zu Gesundheitseinrichtungen, die
damit verbundenen Transportkosten und Einschränkungen aufgrund der Sicherheitslage, schränken den
Zugang ein. 56

Das somalische Gesundheitssystem ist auch schlecht ausgerüstet, um die zunehmende Belastung durch
psychische Probleme und nicht-übertragbare Krankheiten, einschließlich Schwangerschaftskomplikationen und
chronischen Krankheiten, insbesondere Bluthochdruck und Diabetes, 57 zu bewältigen. 58 In Mogadischu soll es
beispielsweise keine Möglichkeit für eine Dialysetherapie oder Ultraschalluntersuchungen für Schwangere

44 Der Bürgerkrieg in Somalia begann in den 1980er-Jahren mit einem bewaffneten Widerstand gegen die diktatorische Herrschaft Siad
Barres, der 1969 nach einem Militärputsch die Macht übernahm. Mit dem Sturz Barres erreichte der Bürgerkrieg 1991 seinen Höhepunkt.
Bis heute gibt es anhaltende militärische Auseinandersetzungen unter Beteiligung von Clans und Milizen, wie der radikal-islamistischen
Organisation al-Shabaab, die auch Teile des Landes kontrolliert. Die Afrikanische Union und die internationale Gemeinschaft greifen auf
Seiten der somalischen Regierung ebenfalls in den Konflikt ein. Daneben bestehen zudem politische Spannungen zwischen der
Bundesregierung und einzelnen föderalen Gliedstaaten, wie Puntland, Jubaland und Galmudug, aber auch interne Machtkämpfe, die eine
politische Destabilisierung begünstigen. [bpb (Bundeszentrale für politische Bildung): Innerstaatliche Konflikte. Somalia, 30.11.2020]
45 EASO (European Asylum Support Office): South and Central Somalia Country Overview, August 2013, S. 33
46 REACH Initiative: Joint Multi-Cluster Needs Assessment (JMCNA). Somalia, 2020; World Bank: Somalia Economic Update, August 2019,

S. 3
47 REACH Initiative: Joint Multi-Cluster Needs Assessment (JMCNA). Somalia, 2020
48 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

7
49 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, 05.10.2018, S. 35-36
50 Warsame, Ali: Somalia’s Healthcare System: A Baseline Study & Human Capital Development Strategy, in: Heritage Institute for Policy

Studies and City University of Mogadishu, Mai 2020, S. 19
51 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

75
52 Ebd., S. 25
53 Warsame, Ali: Somalia’s Healthcare System: A Baseline Study & Human Capital Development Strategy, in: Heritage Institute for Policy

Studies and City University of Mogadishu, Mai 2020, S. 19
54 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, 05.10.2018, S. 35
55 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-finding mission to Mogadishu in March 2020. Security situation and humanitarian conditions

in Mogadishu, 07.08.2020, S. 31
56 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, 05.10.2018, S. 36
57 Danish Immigration Service: Somalia. Health system, November 2020, S. 38
58 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

77
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geben. 59 Psychologische Unterstützung und Medikamente reichen nicht aus, um den Bedarf zu decken.
Zugleich gibt es nur sehr wenig spezialisiertes Personal. 60 Jede dritte Person in Somalia ist bzw. war akut von
psychischen Erkrankungen betroffen. 61 Damit sind mehr Menschen betroffen als im Durchschnitt in
einkommensschwachen und kriegsbetroffenen Ländern. Dieser liegt laut einer Studie der WHO bei eins von
fünf. 62 Personen mit psychischen Erkrankungen sind außerdem häufig Stigmatisierung, Diskriminierung und
sozialer Isolation ausgesetzt. 63

Aufgrund des andauernden Konflikts wurde auch die Infrastruktur des öffentlichen Gesundheitswesens
beschädigt und steht insbesondere in den Bereichen Wasser, Elektrizität sowie Abfallentsorgung vor
Herausforderungen. Zudem mangelt es an notwendiger Ausrüstung, 64 und Medikamenten. 65 Private Akteure
übernehmen daher die Mehrheit der Gesundheitsdienstleistungen. 66 50 der 61 Krankenhäuser werden privat
betrieben. 67 Dieser Sektor ist allerdings hinsichtlich der Qualität und der Kosten von Gesundheitsmaßnahmen
weitgehend ungeregelt. 68

Im Jahr 2020 kam es außerdem zu Ausbrüchen von Masern, Acute Watery Diarrhea (AWD), Cholera sowie
Impfstoff-abgeleiteter Polio. 69 Die Cholera- und AWD-Ausbrüche lassen sich auch auf schlechte Wasser-,
Sanitär- und Hygieneversorgung (WASH) zurückführen. Diese haben sich aufgrund von Überschwemmungen
noch verschlechtert (vgl. Kapitel 4). 70 Aufgrund von Unterernährung, Krankheitsausbrüchen, Konflikten und
nicht-übertragbaren Krankheiten hat Somalia eine hohe Sterblichkeitsrate. Diese wird noch verstärkt durch
Vertreibung aufgrund von Konflikten und Naturkatastrophen, fehlender Gesundheitsversorgung, einschließlich
präventiver Maßnahmen wie Impfungen, und der Marginalisierung gefährdeter Gruppen. 71

3.2. Zugang zu medizinischer Versorgung und Vorsorge
Über 3,9 Mio. Menschen in Somalia benötigen eine lebensrettende medizinische Versorgung und Vorsorge. Am
stärksten den Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind dabei geflüchtete Personen, Schwangere, Stillende,
Kleinkinder, ungeimpfte Kinder, Einpersonenhaushalte, ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen und
mit psychischen Beschwerden. Insbesondere Binnenvertriebene, Flüchtlinge, Flüchtlingsrückkehrende und
Angehörige von Minderheitengruppen haben oft nur geringen Zugang zur Gesundheitsversorgung. 72 Insgesamt
60 % der Bevölkerung hat keinen Zugang zu Gesundheitsdiensten. 73

Der Zugang zu Geburtseinrichtungen ist beschränkt und nur 32 % aller Geburten finden mit medizinisch
ausgebildetem Personal statt. 74 Aus diesen Gründen und weil FGM bzw. weibliche Genitalverstümmelung weit

59 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-finding mission to Mogadishu in March 2020. Security situation and humanitarian conditions
in Mogadishu, 07.08.2020, S. 31
60 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

77
61 Hassan, Sirad: An Overlooked Consequence of Civil War: Mental Illness in Somalia, in: Princeton Public Health Review, 24.08.2017;

Mumin, Abdalle und Rhodes, Tom: Inside Somalia’s mental health emergency, in: The New Humanitarian, 26.06.2019
62 UN (United Nations) News: One-in-five suffers mental health condition in conflict zones, new UN figures reveal, 12.06.2019
63 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

75
64 UN (United Nations): Common Country Analysis 2020, September 2020, S. 23
65 Amnesty International: “We Just Watched COVID-19 Patients Die”. COVID-19 Exposed Somalia’s Weak Healthcare System but Debt

Relief Can Transform It, 18.08.2021, S. 16
66 Buckley, O’Neill und Aden: Assessment of the private health sector in Somaliland, Puntland and south central, März 2015, S. iv
67 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-finding mission to Mogadishu in March 2020. Security situation and humanitarian conditions

in Mogadishu, 07.08.2020, S. 31
68 UNICEF (United Nations Children’s Fund): Terms of Reference. Development of a Private Sector Engagement Strategy, 2019; Buckley,

O’Neill und Aden: Assessment of the private health sector in Somaliland, Puntland and south central, März 2015, S. iv
69 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

7
70Ebd., S. 25
71 Ebd., S. 74
72 Ebd.
73 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, 05.10.2018, S. 36
74 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

74-75; Government of Somalia und UNFPA (United Nations Population Fund): The Somali Health and Demographic Survey, 30.04.2020, S.
V
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verbreitet ist (99 %), besteht ein erhöhtes Risiko für Komplikationen durch Schwangerschaften oder Geburten. 75
So liegt die Kindersterblichkeit unter fünf Jahren bei 177/1.000 Lebendgeburten 76 und auch die
Müttersterblichkeitsrate ist mit 1 von 14 auf dem sechsthöchsten Niveau weltweit. 77

Da Maßnahmen zur Rettung von Leben und Gliedmaßen kaum vorhanden sind, es keine ausreichenden
Transportmöglichkeiten und chirurgischen oder Rehabilitationspflegemöglichkeiten gibt, können Personen mit
traumatischen Verletzungen, einschließlich Verletzungen aufgrund von Konflikten, nicht ausreichend versorgt
werden und sind daher einem höheren Gesundheitsrisiko ausgesetzt. 78

3.3. Verfügbarkeit von Medikamenten
Die Arzneimittelversorgung in Somalia erfolgt durch private Apotheken. Dabei verfügt das Land über
Medikamente zur Behandlung von häufigen Grunderkrankungen. Dazu zählen unter anderem Diabetes,
Bluthochdruck, Epilepsie und Geschwüre. Ebenso sind Schmerzmittel käuflich zu erwerben. In
Gesundheitszentren in ländlichen Gebieten stehen Medikamente gegen chronische Grunderkrankungen nur in
begrenztem Umfang zur Verfügung. Grundsätzlich können Medikamente rezeptfrei erworben werden.
Allerdings ist der Apothekenbetrieb nicht reguliert und es gibt keine Überwachung. Aufgrund dessen gibt es
keine Garantien für die Qualität der auf dem Markt verfügbaren Medikamente. Dadurch ist es möglich, dass
abgelaufene Arzneimittel, deren Wirksamkeit nicht mehr garantiert werden kann, zum Verkauf stehen. 79
Aufgrund der klimatischen Bedingungen stellt zudem die sachgerechte Lagerung von Medikamenten eine
Herausforderung dar. 80

3.4. Behandlungskosten
In Somalia gibt es kein nationales Krankenversicherungssystem. 81 Gesundheitsdienste in staatlichen und
privaten Gesundheitseinrichtungen sind in der Regel kostenpflichtig. Im öffentlichen Gesundheitswesen
werden häufig Behandlungsgebühren in Höhe von fünf bis zwölf USD je nach Gesundheitseinrichtung
verlangt. 82 Diese Gebühren sind häufig so hoch, dass sich nicht alle Menschen, die eine Behandlung benötigen,
diese leisten können. Kleinere operative Eingriffe können bereits 100 USD kosten. 83 Behandlungen in privaten
Einrichtungen können besonders teuer sein, 84 da sie ihre Preise selbst festlegen können. 85 Die von
Hilfsorganisationen betriebenen Einrichtungen sind hingegen kostenlos, wobei Arzneikosten eventuell selbst
getragen werden müssen. 86 Personen, die bei einer internationalen Organisation, einer
Nichtregierungsorganisation oder einer UN-Agentur beschäftigt sind, haben unter Umständen Zugang zu einer
Krankenversicherung über ihren Arbeitsplatz. 87

3.5. COVID-19-Pandemie: Auswirkungen und Maßnahmen
Bereits vor der COVID-19-Pandemie war das somalische Gesundheitssystem nicht auf Ausnahmesituationen
vorbereitet. 88 So stufte eine im Jahr 2016 durchgeführte Studie Somalia als das Land, das weltweit am stärksten

75 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.
74-75
76 UNIGME (UN Inter-Agency Group for Child Mortality Estimation): Levels and Trends in Child Mortality, Report 2020, September 2020
77 Government of Somalia und UNFPA (United Nations Population Fund): The Somali Health and Demographic Survey, 30.04.2020, S. 278-

279
78 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

76
79 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, 05.10.2018, S. 37
80 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-finding mission to Mogadishu in March 2020. Security situation and humanitarian conditions

in Mogadishu, 07.08.2020, S. 31
81 Danish Immigration Service: Somalia. Health system, November 2020, S. 44
82Ebd. S. 44-45; Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, 05.10.2018, S. 35-36
83Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, 05.10.2018, S. 36
84 Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-finding mission to Mogadishu in March 2020. Security situation and humanitarian conditions

in Mogadishu, 07.08.2020, S. 31; Danish Immigration Service: Somalia. Health system, November 2020, S. 44
85Danish Immigration Service: Somalia. Health system, November 2020, S. 44
86 Ebd., S. 44-45; Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January 2018, 05.10.2018, S. 35-36
87 Danish Immigration Service: Somalia. Health system, November 2020, S. 44
88 WHO (World Health Organization): Somalia Country Preparedness and Response Plan (CPRP). COVID-19, April 2020, S. 11
Länderreport Somalia                                                                                                                    10

durch Infektionskrankheiten gefährdet ist, ein. 89 Die Regierung schätzte im März 2020, dass weniger als 20 %
der Gesundheitseinrichtungen über die notwendige Ausrüstung verfügen, um mit Epidemien umzugehen. 90
Neben Beatmungsgeräten fehlten bereits vor der COVID-19-Pandemie Intensivbetten. 91 Insgesamt verfügte
das Land zu Beginn der Pandemie nur über 46 Intensivbetten und 15 Beatmungsgeräte. 92 Die
Gesundheitssituation hat sich durch die COVID-19-Pandemie noch verschlimmert, da die Routine-
Grundversorgung zugunsten von akuten Maßnahmen gegen COVID-19 zurückgenommen wurde. 93

Insbesondere Frauen und Mädchen werden einem höheren Risiko an COVID-19 zu erkranken ausgesetzt, da sie
in der Regel die Pflege kranker Familienmitglieder übernehmen und die Mehrheit der Beschäftigten im
Gesundheitswesen ausmachen. 94 Für das Gesundheitspersonal besteht zudem eine besondere Infektionsgefahr
aufgrund von nicht genügend verfügbarer Schutzausrüstung und einer unzureichenden Ausbildung für den
Umgang mit COVID-19-Fällen. 19 von 33 von Amnesty International befragte Gesundheitsfachkräfte gaben an,
sich mit COVID-19 infiziert zu haben. 95

Der erste COVID-19-Fall in Somalia wurde am 16. März 2020 in Mogadischu nachgewiesen. 96 Bis zum 27.
September 2021 gab es 19.723 bestätigte COVID-19-Fälle mit 1.103 Todesfällen. Die erste Infektionswelle traf
das Land zwischen April und Juni 2020 und die Zweite zwischen Februar und März 2021. Aktuell gibt es erneut
höhere Zahlen an Neuinfektionen. 97 Die meisten Fälle wurden in der Region Benadir, in der auch Mogadischu
liegt, registriert. 98 Allerdings hat Somalia eine geringe Testrate, da es insgesamt nur drei von der WHO
eingerichtete Testlabore in Mogadischu, Garowe und Hargeisa 99 sowie ein privates Testlabor in Mogadischu 100
gibt. Daher gibt es kaum Möglichkeiten, die tatsächliche Infektionsrate zu ermitteln und den Verlauf der
Virusverbreitung nachzuverfolgen. 101 Erschwerend kommt hinzu, dass sich viele Menschen mit COVID-19-
Virus-Symptomen nicht ins Krankenhaus begeben. Gründe dafür können sein, dass die Symptome für eine
gewöhnliche Erkältung gehalten werden, die Betroffenen sich die Kosten für eine medizinische Behandlung
nicht leisten können oder die Angst besteht, sich im Krankenhaus mit dem Virus zu infizieren. 102

Das De Martino-Krankenhaus in Mogadischu wurde im März 2020 zur einzigen Gesundheitseinrichtung zur
Behandlung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten bestimmt. Erst im Juni 2020 wurde ein zweites
Quarantänezentrum im Banadir-Krankenhaus in Mogadischu eingerichtet. 103

Die somalische Bundesregierung ergriff bereits im März 2020 Präventivmaßnahmen, um die Ausbreitung des
Virus einzudämmen. 104 So setzte sie in Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen auf eine
Informationskampagne, die sie unter anderem im Radio und den sozialen Medien verbreitete, um über das
Virus aufzuklären. Ebenso wurde Gesundheitspersonal eingesetzt, um persönlich Aufklärungsarbeit zu

89 Moore, Melinda, u.a.: Identifying Future Disease Hot Spots. Infectious Disease Vulnerability Index, in: RAND Corporation, 2016, S. x
90 Somalia Ministry of Health and Human Services: National contingency plan for preparedness and response to the coronavirus desease
2019 (COVID-19). Somalia, 05.03.2020, S. 3
91 Hussein, Fardosa: Inside Somalia: How Covid-19 created a perfect storm in a humanitarian crisis, in: The Guardian, 31.08.2020; Amnesty

International: Somalia: Wholly inadequate Covid-19 response highlights need to use debt relief to invest in healthcare, 17.08.2021
92 Ma, Xiya und Vervoort, Dominique: COVID-19 and the Critical Shortage in Critical Care, 04.05.2020
93 Amnesty International: “We Just Watched COVID-19 Patients Die”. COVID-19 Exposed Somalia’s Weak Healthcare System but Debt

Relief Can Transform It, 18.08.2021, S. 5; Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January
2018, 05.10.2018, S. 35
94 Amnesty International: “We Just Watched COVID-19 Patients Die”. COVID-19 Exposed Somalia’s Weak Healthcare System but Debt

Relief Can Transform It, 18.08.2021, S. 5; Finnish Immigration Service: Somalia: Fact-Finding Mission to Mogadishu and Nairobi, January
2018, 05.10.2018, S. 35 (evtl. wegen der selben Quelle wie in Fn 96: ebd.)
95 Amnesty International: “We Just Watched COVID-19 Patients Die”. COVID-19 Exposed Somalia’s Weak Healthcare System but Debt

Relief Can Transform It, 18.08.2021, S. 11
96 WHO (World Health Organization): Somalia Country Preparedness and Response Plan (CPRP). COVID-19, April 2020, S. 3
97 WHO (World Health Organization): COVID-19. Somalia, 27.09.2021
98 WHO (World Health Organization): COVID-19 dashboard. Somalia, 27.09.2021
99 WHO (World Health Organization): As Somalia races against time to limit community transmission of COVID-19, WHO helps ramp up

testing capacity for diagnosis of the virus, Mai 2020
100 Sheikh, Abdi: Doctor's self-funded test lab leads way in Somalia's COVID fight, in: Reuters, 05.11.2020
101 Shahow, Abdullahi Abdille: Who’s afraid of COVID-19? Somalia’s battle with the virus, in: The New Humanitarian, 05.05.2021
102 Warsame, Ali: Somalia’s Healthcare System: A Baseline Study & Human Capital Development Strategy, in: Heritage Institute for Policy

Studies and City University of Mogadishu, Mai 2020, S. 19
103 Amnesty International: “We Just Watched COVID-19 Patients Die”. COVID-19 Exposed Somalia’s Weak Healthcare System but Debt

Relief Can Transform It, 18.08.2021, S. 13
104 Ebd., S. 12
Länderreport Somalia                                                                                                                11

leisten. 105 Zu weiteren Maßnahmen zählen neben der Einrichtung eines nationalen COVID-19-Arbeitsstabs 106
auch die vorübergehende Aussetzung lokaler und internationaler Flüge 107 sowie die Schließung von Schulen
und Universitäten. 108 Des Weiteren wurden größere Versammlungen verboten und eine Ausgangssperre in
Mogadischu verhängt. Aufgrund geringer registrierter COVID-19-Fälle wurden diese Maßnahmen inzwischen
wieder aufgehoben. 109

Seit Februar 2020 wird die somalische Bundesregierung und die Regierungen der Bundesstaaten zudem von der
UN und ihren Partnerorganisationen unterstützt. Zur Identifizierung von Infizierten und der
Kontaktnachverfolgung wurden sogenannte „Response Teams“ eingesetzt. Ebenso haben die UN-
Organisationen 18 Isolationszentren im ganzen Land unterstützt und sie mit Beatmungsgeräten, Sauerstoff,
Intensivbetten und anderen Geräten ausgestattet. 110 Berichten zufolge führte der Anstieg der Infektionen im
Frühjahr 2021 zu einem akuten Mangel an Sauerstoff in den größten Krankenhäusern, weshalb die WHO neue
Vorräte für Behandlungen zur Verfügung stellen musste. 111 Einen geografischen Überblick über die
Isolationszentren („Isolation sites“) und die jeweiligen Bettenkapazitäten bietet das somalische
Gesundheitsministerium: http://moh.gov.so/en/covid19/

Somalia begann am 16. März 2021 mit der Impfung der Bevölkerung, nachdem es über die COVAX-Initiative
eine erste Lieferung mit 300.000 Dosen des Oxford/AstraZeneca-Impfstoffs 112 und aus China Impfdosen des
Herstellers Sinopharm 113 erhalten hatte. 114 Weitere 108.000 Dosen folgten am 08. August 2021. 115 Die
vorhandenen Impfdosen reichen aus, um rund 3 % der Gesamtbevölkerung zu impfen. Die Regierung kündigte
ursprünglich an, zunächst Beschäftigte des Gesundheits- und Bildungswesens, Sicherheitskräfte,
Medienschaffende, ältere Personen sowie Personen mit chronischen Gesundheitsproblemen zu priorisieren.
Allerdings sind die Impfraten insgesamt niedrig, was sich unter anderem auf eine unzureichende Aufklärung
über die Impfung, kulturelle Mythen über Impfrisiken, wie Unfruchtbarkeit und Fehlinformationen
zurückführen lässt. 116 Bis zum 26. September 2021 wurden insgesamt 464.359 Impfdosen verabreicht. 117

4. Wasser, Sanitärversorgung & Hygiene (WASH)
Die dreifachen Krisen Überschwemmungen, die Wüstenheuschreckenplage und die COVID-19-Pandemie
haben auch Auswirkungen auf die Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung (WASH) in Somalia. 118 Zugleich
geht das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (engl. United
Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, OCHA) davon aus, dass der wirtschaftliche Druck
aufgrund der COVID-19-Pandemie noch verstärkt und der Zugang zu WASH-Waren und -Dienstleistungen
weiter beeinträchtigt wird. 119 Etwa 8,9 Mio. Menschen leben in Somalia unter schlechten WASH-Bedingungen.
Aktuell beläuft sich die Zahl der auf humanitäre WASH-Unterstützung angewiesen Personen auf

105 Danish Immigration Service: Country Report. Somalia health system, November 2020, S. 17; WHO (World Health Organization): Somalia
marks 6 months of COVID-19, 16.09.2020
106 UNSOM (United Nations Assistance Mission in Somalia): Special Representative of the Secretary-General for Somalia Statement to the

UN Security Council, 21.05.2020
107 UNSOM (United Nations Assistance Mission in Somalia): Somalia braces for COVID-19, ohne Datum
108 Mohamed, Hamza: Coronavirus pandemic: Experts say Somalia risk greater than China, in: Al Jazeera, 19.03.2020
109 Amnesty International: “We Just Watched COVID-19 Patients Die”. COVID-19 Exposed Somalia’s Weak Healthcare System but Debt

Relief Can Transform It, 18.08.2021, S. 13
110 WHO (World Health Organization): Somalia marks 6 months of COVID-19, 16.09.2020
111 AA (Anadolu Agency): COVID-19: WHO donates 200 oxygen cylinders to Somalia, 04.03.2021
112 UNSOM (United Nations Assistance Mission in Somalia): Somalia Receives First Batch Of COVID-19 Vaccines Under The COVAX

Initiative, 15.03.2021
113 Xinhua: Somalia receives China-donated Sinopharm vaccines, 12.04.2021
114 UNSOM (United Nations Assistance Mission in Somalia): Federal Government of Somalia boosts efforts to vaccinate communities

against COVID-19, 12.08.2021; Warah, Rasna: COVID-19 has exposed Somalia’s dire healthcare system, in: ONE, 27.09.2021
115 UNICEF (United Nations Children’s Fund): 108,000 doses of COVID-19 vaccines donated by France arrive in Somalia, 08.08.2021
116 Amnesty International: “We Just Watched COVID-19 Patients Die”. COVID-19 Exposed Somalia’s Weak Healthcare System but Debt

Relief Can Transform It, 18.08.2021, S. 18
117 WHO (World Health Organization): COVID-19. Somalia, 27.09.2021
118 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

95
119 Ebd., S. 97
Länderreport Somalia                                                                                                                   12

schätzungsweise 4,6 Millionen. Allein entlang der Flüsse Shabelle und Juba wird davon ausgegangen, dass über
eine Million Menschen unter akuten lebensbedrohlichen WASH-Bedingungen leben. 120

10 % der 4,6 Mio. Schutzbedürftigen haben aus Gründen der Qualität oder Quantität keinen Zugang zu
Wasser. 121 41 % der Bevölkerung haben keinen Zugang zu einer regelmäßigen und stabilen Trinkwasserquelle
und für 30 % ist eine solche mehr als 15 Minuten Fußweg entfernt. 122 Daher hat jede fünfte Person in Somalia
nicht genügend Wasser, um den Tagesgrundbedarf zu decken. Insbesondere in den akut und in der
Vergangenheit von Dürre betroffenen Gebieten fehlt es an Wasser-Zugängen für Menschen und Tiere, was
wiederum zu Vertreibung, Konflikten und Krankheiten führt. 123 Zwischen Oktober 2020 und Juli 2021 mussten
116.000 Menschen aufgrund von Wasserknappheit ihre Heimatregion verlassen. 124

Neben der Wasserversorgung ist auch die Sanitärversorgung eingeschränkt. Nur 48 % der Haushalte verfügen
über eine eigene Latrine, die anderen teilen sie sich mit anderen Haushalten und 14% haben gar keinen Zugang.
Von den existierenden Latrinen befinden sich allerdings 52 % in einem schlechten Zustand, was wiederum ein
Gesundheitsrisiko birgt. 125 Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen mangelhafter Wasserversorgung und
der Gesamtinzidenz akuter Durchfallerkrankungen. 126

Ebenso ist die hygienische Versorgung meist nicht ausreichend. Nur zwei Prozent der Haushalte verfügen über
Wasser und Seife an den Latrinen. Zugleich hat nur die Hälfte aller Haushalte überhaupt die Möglichkeit, Seife
für sich selbst zu kaufen. Ebenso besteht auch nur für 45 % der Frauen Zugang zu Menstruations-
Hygieneartikeln. Stattdessen werden Ersatzprodukte genutzt, Hygieneartikel ausgeliehen oder humanitäre
Hilfe benötigt. 127

5. Situation Binnenvertriebener
In Somalia leben aktuell etwa 2,9 Mio. Binnenvertriebene, 128 die überwiegende Mehrheit in städtischen
Siedlungen. Auch im Jahr 2020 wurden viele Personen intern vertrieben. Aufgrund von Konflikt und Gewalt
mussten Anfang 2021 über 250.000 Personen in Benadir, Berdale und Baladweyne fliehen, darunter 200.000
Menschen rund um die Hauptstadt Mogadischu. 129 Neben der Sicherheitslage sind auch Überschwemmungen
und Dürren Hauptursachen für Vertreibung. Während eine überschwemmungsbezogene Vertreibung meist nur
ein bis drei Monate anhält, so hat diese aber in der Regel einen dauerhaften Einfluss auf die
Ernährungssicherheit und die Lebensgrundlage. 130 Dadurch zählen Binnenvertriebene zu einer der
vulnerabelsten Bevölkerungsgruppen Somalias, wobei „Frauen, Kinder, Minderheitengruppen, Menschen mit
Behinderungen, Personen ohne Clanzugehörigkeit, von Kindern und Frauen geführte Haushalte, Überlebende
von Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung sowie ältere Menschen ohne Unterstützung“ 131 zu der am stärksten
gefährdeten Gruppe unter den Binnenvertriebenen zählen. Sie sind häufig einem höheren Risiko von
Zwangsräumungen, Diskriminierung, Kinderrechtsverletzungen und -arbeit, Trennungen von der Familie sowie
sexueller Gewalt ausgesetzt. 132

120 Ebd., S. 95
121 Ebd.
122 REACH Initiative: Joint Multi-Cluster Needs Assessment (JMCNA). Somalia, 2020
123 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

95-96
124 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): Somalia. Humanitarian Bulletin. July 2021, 11.08.2021, S. 1
125 REACH Initiative: Joint Multi-Cluster Needs Assessment (JMCNA). Somalia, 2020
126 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

96
127 REACH Initiative: Joint Multi-Cluster Needs Assessment (JMCNA). Somalia, 2020
128 OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): Somalia. Humanitarian Bulletin. July 2021, 11.08.2021, S. 1
129 Ebd., S. 3; OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview,

09.03.2021, S. 7-8, 33
130OCHA (United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs): 2021 Somalia Humanitarian Needs Overview, 09.03.2021, S.

33
131 Ebd., S. 34
132 Ebd., S. 7-8, 33-34
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