Landesreport Nordrhein-Westfalen - DAK-Gesundheit
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Landesreport Nordrhein-Westfalen Im Anschluss an den DAK-Pflegereport 2018 „Pflege vor Ort – gelingendes Leben mit Pflegebedürftigkeit“ und den DAK-Pflegereport 2019 „25 Jahre Pflegeversicherung: Kosten der Pflege – Bilanz und Reformbedarf“ Im Auftrag von:
Bearbeitungszeitraum: März 2020 Autor und Autorin: Prof. Dr. Thomas Klie (Projektleitung) Dr. Dzenana Pupic Unter Mitarbeit von: Dr. Christine Moeller-Bruker, Pablo Rischard, Mareike Ochs Alle Angaben dieses Landesreports beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, auf den DAK- Pflegereport 2018. Pflege vor Ort – gelingendes Leben mit Pflegebedürftigkeit und den DAK- Pflegereport 2019. 25 Jahre Pflegeversicherung: Kosten der Pflege – Bilanz und Reformbedarf. (Storm, Andreas (Hrsg.); beide erschienen bei medhochzwei Verlag). Institut: AGP Sozialforschung im FIVE e.V. Bugginger Straße 38, 79114 Freiburg Telefon 0761 47812-696, Fax 0761 47812-699 info@agp-freiburg.de 2
Inhalt 1 Einleitung .................................................................................................................... 5 2 Zentrale Ergebnisse für Nordrhein-Westfalen ............................................................ 6 2.1 Eckdaten der Pflegestatistik ........................................................................................ 6 Ambulante Pflege ........................................................................................................ 6 Vollstationäre und teilstationäre Pflege ...................................................................... 7 Inanspruchnahme von Pflegeleistungen ...................................................................... 8 2.2 Qualität der Pflege vor Ort – Umfrageergebnisse 2018 .............................................. 9 Die Angehörigen: an den Grenzen ihrer Kräfte ........................................................ 10 Fachkräftemangel in der Pflege: als Problem erkannt .............................................. 10 Qualität von Pflegeheimen und -diensten: mittelmäßig bis problematisch............... 11 Kein weiterer Bedarf an Pflegeheimen bzw. -diensten? ........................................... 12 2.3 Kosten der Pflege – Umfrageergebnisse 2019 .......................................................... 14 Pflegeversicherung – Errungenschaft aber nicht zukunftsfähig? .............................. 14 Keine gesellschaftliche Akzeptanz: Verpflichtung zur Übernahme von Pflegekosten durch Kinder.............................................................................................................. 16 Höhere Beiträge erwartet, Bereitschaft zur Zahlung begrenzt .................................. 17 Pflege im Pflegeheim: teuer und finanziell belastend ............................................... 17 2.4 Analyse von Versichertendaten der DAK-Gesundheit ............................................. 18 Pflege durch Angehörige ........................................................................................... 19 Vollstationäre Pflege ................................................................................................. 20 Ambulante Pflege ...................................................................................................... 21 Teilstationäre Pflege .................................................................................................. 22 Anstieg der Gesamtzahl der DAK-Pflegebedürftigen ............................................... 22 GKV-Kosten für Pflegebedürftige ............................................................................ 23 SPV-Kosten ............................................................................................................... 24 3
2.5 Kosten von Pflege in Nordrhein-Westfalen – Analyse von Daten der Pflege- und Sozialhilfestatistik ..................................................................................................... 28 Kosten in der stationären Langzeitpflege .................................................................. 28 Eigenanteile und Gesamtkosten für Pflegebedürftige ............................................... 32 Leistungen der Sozialhilfe......................................................................................... 34 3 Zusammenfassung und Ausblick .............................................................................. 35 4 Literaturverzeichnis................................................................................................... 37 4
1 Einleitung Der DAK-Pflegereport soll relevante Daten nicht nur für die Pflegepolitik auf Bundesebene, sondern auch für die Umsetzung der Pflegeversicherung auf Landesebene durch die DAK- Gesundheit auswerten. Für die Jahre 2018 und 2019 werden die Pflegereporte daher durch Länderberichte ergänzt. Damit stehen sie insbesondere den DAK-Geschäftsstellen, aber auch anderen interessierten Akteuren auf Landesebene für länderspezifische Diskussionen zur Verfügung. Warum ist eine regionalisierte Betrachtungsweise der Performance der Pflegeversicherung wichtig? Die Bundesländer unterscheiden sich zum Teil erheblich in ihren demografischen Dynamiken, in den landesrechtlichen Rahmenbedingungen, aber auch in den Strukturbedingungen, die sie für auf Pflege angewiesene Menschen vorhalten. Daher ist es wichtig, Datenauswertungen regionalisiert vorzunehmen. Dabei hören die Unterschiede keineswegs auf der Ebene der Bundesländer auf: Auch auf Kreisebene bestehen zum Teil deutliche Unterschiede in der Versorgungswirklichkeit von auf Pflege angewiesenen Menschen und ihren An- und Zugehörigen. Wer gleichwertige Lebensbedingungen auch für diese Personengruppen befördern will, wird sich mit den regionalen und örtlichen Voraussetzungen für ein gutes Leben mit Pflegebedürftigkeit auseinandersetzen müssen. Darum geht es der DAK-Gesundheit, darum geht es auch den landesbezogenen Versionen der DAK-Pflegereporte. Der Landesbericht Nordrhein-Westfalen stellt die wesentlichen Ergebnisse der DAK- Pflegereporte 2018 und 2019 zusammen und verbindet sie mit weiteren Daten, die die Versorgunglage von auf Pflege angewiesenen Menschen in Nordrhein-Westfalen beschreiben. Insbesondere liegt der Fokus auf den Einstellungen der Bevölkerung zur Qualität der Pflege vor Ort und zu den Kosten der Pflege. Zusätzlich werden Daten der DAK-Gesundheit und der Pflege- und Sozialstatistik in Bezug auf die Kosten der Pflege in Nordrhein-Westfalen präsentiert und ausgewertet. Tabelle 1 präsentiert relevante demografische Daten aus dem Jahr 2015 inklusive der prozentuellen Veränderung des Bevölkerungsteils, der 75 Jahre und älter ist, für den Zeitraum von 2012 bis 2017. 5
Tabelle 1: Ausgewählte demografische Daten für Nordrhein-Westfalen und Deutschland, 2015 Demografische Daten Nordrhein-Westfalen Deutschland Bevölkerung1 17.865.516 82.175.684 Altersdurchschnitt in Jahren 43,5 43,9 Einwohner*innen 75 Jahre und älter in % 10,9 11,0 Zunahme Einwohner*innen 75 Jahre und 14,4 18,1 älter in % (2012-2017) Quelle: Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (2019), eigene Darstellung 2 Zentrale Ergebnisse für Nordrhein-Westfalen 2.1 Eckdaten der Pflegestatistik Die Eckdaten über ambulante, voll- und teilstationäre Pflege in Nordrhein-Westfalen beziehen sich auf die Anzahl der Pflegedienste und -einrichtungen, die Anzahl der Plätze und Zahlen der Pflegebedürftigen und des Pflegepersonals. Ambulante Pflege Von 2.593 ambulanten Diensten wurden im Jahr 2015 insgesamt 151.366 Pflegebedürftige unterstützt. Tabelle 2 zeigt, dass annähernd 60 % der durch ambulante Pflegedienste versorgten Pflegebedürftigen der Pflegestufe (PS) 1 zugeordnet sind, etwas mehr als 30 % der Pflegestufe 2 und knapp 10 % der Pflegestufe 3. Die ambulanten Dienste beschäftigten in 2015 insgesamt 75.399 Mitarbeiter*innen, davon etwas über zwei Drittel teilzeitbeschäftigt. 1 Ergebnis zum 31.12.2015 auf der Grundlage des Zensus 2011 6
Tabelle 2:Eckdaten der ambulanten Pflegedienste, Nordrhein-Westfalen 2015 Ambulante Pflegedienste 2.593 Pflegebedürftige 151.366 PS 1 PS 2 PS 3 59,7 % 30,9 % 9,4 % Pflegepersonal 75.399 27, 4 % Vollzeit 66,7 % Teilzeit Quelle: Information und Technik Nordrhein-Westfalen (2017, S. 8-19), eigene Darstellung Vollstationäre und teilstationäre Pflege Im Jahr 2015 wurden in Nordrhein-Westfalen 2.162 Einrichtungen der vollstationären Pflege (Pflegeheime) und 464 Einrichtungen der teilstationären Pflege betrieben. Die Pflegeheime der vollstationären Pflege verfügten über 176.598 Plätze. In den Einrichtungen wurden insgesamt 164.633 Pflegebedürftige versorgt. Die Einrichtungen der teilstationären Pflege verfügten ihrerseits über 8.202 Plätze und versorgten über das Jahr 2015 insgesamt 14.272 Pflegebedürftige. Insgesamt gab es in Nordrhein-Westfalen 178.905 Pflegebedürftige in stationärer Pflege, wovon fast 80 % in den Pflegestufen 1 und 2 eingestuft waren. 171.044 Mitarbeiter*innen waren 2015 in den voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen tätig, fast zwei Drittel teilzeitbeschäftigt (Tabelle 3). 7
Tabelle 3: Eckdaten der voll- und teilstationären Pflegedienste, Nordrhein-Westfalen 2015 Vollstationäre Teilstationäre Gesamt Einrichtungen 2.162 464 2.626 Plätze 176.598 8.202 184.800 Pflegebedürftige 164.633 14.272 178.905 - PS 1 39,2% - PS 2 39,1% - PS 3 20,8% - Ohne Zuordnung 0,9% Pflegepersonal 171 044 - Vollzeit 25,3% - Teilzeit 65,0 % - Übrige2 9,7% Quelle: Information und Technik Nordrhein-Westfalen (2017, S. 20-34), eigene Darstellung Inanspruchnahme von Pflegeleistungen Der überwiegende Anteil pflegebedürftiger Menschen in Nordrhein-Westfalen wurde 2015 in der eigenen häuslichen Umgebung versorgt (71,2 %). Dieser Anteil unterscheidet sich kaum von dem bundesweiten Durchschnitt (72,6 %). Ausschließlich durch Zu- und Angehörige wurde dabei etwas weniger als die Hälfte aller Pflegebedürftigen (46,1 %) betreut. Dieser Wert liegt etwas unter dem bundesweiten Durchschnitt von 48,4 % (Abbildung 1). 2 Praktikant*innen, Schüler*innen, Auszubildende und Helfer*innen im freiwilligen sozialen Jahr und Bundesfreiwilligendienst 8
Abbildung 1: Inanspruchnahme von Pflegeleistungen, Nordrhein-Westfalen und Deutschland, 2015 100% 90% 25,8 27,4 80% 70% Vollst. Pflege 60% 23,7 24,2 50% Häusliche und 40% ambulante Pflege 30% Ausschl. häusliche 50,5 48,4 Pflege 20% 10% 0% Nordrhein-Westfalen Deutschland Quelle: Statistisches Bundesamt (Destatis)(2017, S. 13), eigene Abbildung 2.2 Qualität der Pflege vor Ort – Umfrageergebnisse 2018 Wie wird die Qualität der Langzeitpflege von den Nordrhein-Westfalen und -Westfälinnen eingeschätzt? Dies zeigen die Ergebnisse Nachfolgend werden die wichtigsten Wahrnehmungen zum Thema Pflege in Nordrhein-Westfalen, basierend auf der für den DAK- Pflegereport 2018 durchgeführten Bevölkerungsbefragung, vorgestellt.3 Besonders relevant erscheinen die Wahrnehmungen der Befragten zu den Themen Belastung von Angehörigen, Fachkräftemangel in der Altenpflege, Qualität von Pflegeheimen und -diensten und Ausweitung von Pflegeangeboten. Besonders eindeutig sind die Wahrnehmungen zum Fachkräftemangel und der Qualität von Pflegediensten. 3 Die Bevölkerungsbefragung von Allensbach wurde in der gesamten Bundesrepublik durchgeführt. Die mündlich-persönlichen Interviews dafür fanden zwischen dem 1. und dem 29. Juni 2018 statt. Dabei befragten 756 Interviewer*innen 2.780 Personen ab 16 Jahren. Hinweis zu den Fallzahlen: Die gewichteten Gesamtergebnisse der bundesweiten Bevölkerungsbefragung sind repräsentativ für die deutsche Wohnbevölkerung in Privathaushalten. Durch die vergleichsweise begrenzte Fallzahl in den einzelnen Bundesländern fällt der Stichprobenfehler σn (statistisches Streuungsmaß) je Bundesland deutlich höher aus als für die Gesamtbevölkerung. Nicht alle Unterschiede der Länderergebnisse zu den bundesweiten Ergebnissen sind somit als real einzustufen. Ergebnisse mit signifikanten Unterschieden werden explizit benannt. Alle nicht signifikanten Unterschiede können durch den hohen Stichprobenfehler entstanden und damit zufällig sein. 9
Die Angehörigen: an den Grenzen ihrer Kräfte Zum Thema Belastung für die Familie in der Pflege von Angehörigen wurden die Befragten gebeten zu zwei Aussagen Stellung zu nehmen. Wie Tabelle 4 zeigt, stimmten diesen Aussagen in Nordrhein-Westfalen ähnlich viele Befragte wie im bundesweiten Durchschnitt zu. Mehr als ein Drittel der Befragten stimmt hier der Aussage zu: „Die Angehörigen sind/waren oft an den Grenzen ihrer Kräfte“. 15 % der Befragten sagt aus, dass die Familie aus finanziellen Gründen die Pflege übernehme/übernommen habe. Tabelle 4: Aussagen zum Thema „Belastung der Familie durch die Pflege“, Nordrhein-Westfalen und bundesweit in % Belastungen für die Familie Nordrhein-Westfalen Bundesweit Die Angehörigen sind/waren oft an den Grenzen ihrer 37 35 Kräfte Aus finanziellen Gründen übernimmt/übernahm die Familie 15 14 die Pflege Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung mit konkreten Angaben Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 7287 (Juni 2018), eigene Tabelle Fachkräftemangel in der Pflege: als Problem erkannt Fast neun von zehn Befragten in Nordrhein-Westfalen (89 %) und auch bundesweit (88 %) nehmen den Fachkräftemangel als Problem wahr. Abbildung 2 zeigt den prozentuellen Anteil der Befragten in allen Bundesländern, die der Aussage zustimmen, dass nicht genügend Fachkräfte vorhanden seien. Der Fachkräftemangel wird bundesweit als Problem gesehen, mit nur geringen Abweichungen etwa in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Bayern. 10
Abbildung 2: Wahrnehmung des Fachkräftemangels in allen Bundesländern Quelle: Haumann (2018, S. 96) Qualität von Pflegeheimen und -diensten: mittelmäßig bis problematisch In Nordrhein-Westfalen wird die Qualität der Pflegeheime als mittelmäßig im Vergleich zu den meisten anderen Bundesländern bewertet. 45 % der Befragten bewerten sie als gut. Das liegt etwas unter dem bundesweiten Durchschnitt (50 %). 19 % der Befragten bewerten die Qualität als schlecht. Der bundesweite Durchschnitt liegt mit 16 % leicht darunter. Ein Teil der Befragten in Nordrhein-Westfalen ist unentschlossen. 36 % beantworten die Frage nach der Qualität der Pflegeheime mit: „teils, teils“, während es bundesweit 34 % waren. Die Qualität der Pflegedienste in Nordrhein-Westfalen wird im Vergleich zu Pflegeheimen als etwas schlechter wahrgenommen. Mit 44 % der Befragten, die die Qualität der Pflegedienste als gut wahrnehmen, liegt Nordrhein-Westfalen deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt 11
(55 %). 13 % der Befragten bewerten die Qualität der Pflegedienste als schlecht, was wiederum über dem bundesweiten Durchschnitt (11 %) liegt. Der Anteil der unentschlossenen Befragten liegt bei 43 %. Bundesweit sind es lediglich 34 %. Abbildung 3 vergleicht die Ergebnisse der Umfrage nach der Qualität der Pflegeheime und Pflegedienste in Nordrhein-Westfalen mit dem bundesweiten Durchschnitt. Abbildung 3: Ergebnisse der Umfrage nach der Qualität der Pflege vor Ort, Nordrhein-Westfalen und bundesweit in % Pflegeheime Pflegedienste 100% 19 16 13 11 80% 34 34 43 60% 36 Schlecht Teils, teils 40% Gut 50 55 20% 45 44 0% NRW Bundesweit NRW Bundesweit Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung mit konkreten Angaben Quelle: Allensbacher Archiv, IfD- Umfrage 7287 (Juni 2018), eigene Abbildung Kein weiterer Bedarf an Pflegeheimen bzw. -diensten? Über drei Viertel aller Befragten in Nordrhein-Westfalen (78 %) ist der Meinung, dass es keinen Bedarf nach Ausbau von Pflegeheimen bzw. -diensten gebe (Abbildung 4). Das entspricht den Versorgungspräferenzen in der Bevölkerung. Nur 5 % der Befragten in Nordrhein-Westfalen sind der Meinung, dass sowohl mehr Pflegeheime als auch mehr Pflegedienste benötigt werden. Die branchenüblichen Bedarfsermittlungen weichen von der Bedarfseinschätzung der Bevölkerung deutlich ab. Das gilt bundesweit. 12
Abbildung 4: Ergebnisse der Umfrage nach dem Bedarf nach mehr Pflegeheimen bzw. -diensten, Nordrhein- Westfalen und bundesweit in % 100% 5 7 5 3 12 12 80% 60% Zu wenig Heime und Dienste Zu wenig Dienste 40% Zu wenig Heime 78 78 Kein Bedarf 20% 0% Nordrhein-Westfalen Bundesweit Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung mit konkreten Angaben Quelle: Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 7287 (Juni 2018), eigene Abbildung Bei der Frage nach dem Bedarf nach Versorgungsangeboten vor Ort muss berücksichtigt werden, dass nach anderen innovativen Angeboten nicht gefragt wurde. Ambulant betreute Wohngruppen beispielsweise, die mit jeweils 20 % bundesweit und in Nordrhein-Westfalen deutlich häufiger für die eigene Pflege gewünscht werden als Pflegeheime (6 % in Nordrhein- Westfalen und 5 % in Deutschland), standen hier nicht zur Auswahl. Ambulant betreute Wohngemeinschaften spielen als Versorgungsform bei Pflegebedarf noch eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, nehmen allerdings seit Mitte der 2000er Jahre und nochmals verstärkt durch die leistungsrechtliche Privilegierung durch den Wohngruppenzuschlag (§ 38a SGB XI) stark zu.4 4 Vgl. Klie et al. (2017, S. 99) 13
2.3 Kosten der Pflege – Umfrageergebnisse 2019 Der DAK-Pflegereport 2019 legt den Fokus auf die Kosten der Pflege. Auch zu diesen Fragen wurde eine Bevölkerungsumfrage durchgeführt.5 Diese bezieht sich auf positive und negative Aspekte der Pflegeversicherung, die Verpflichtung zur Übernahme von Pflegekosten durch Kinder, Beiträge der Pflegeversicherung und Kosten verschiedener Pflegeformen. Besonders hervorzuheben sind die Wahrnehmungen der als sehr teuer bewerteten Pflege in Pflegeheimen – trotz insgesamt positiv bewerteter Pflegeversicherung. Pflegeversicherung – Errungenschaft aber nicht zukunftsfähig? Zum Thema „Negative Aspekte der Pflegeversicherung“ wurden die Teilnehmenden der Umfrage zu ihren Einstellungen bezüglich der Kosten der Pflege, Belastung von Angehörigen, Pflegezusatzversicherung und Pflegeleistungen befragt. Wie Tabelle 5 zeigt, zählen erwartungsgemäß die Einstellungen zu Pflegekosten und Belastungen von Angehörigen sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch bundesweit zu den wichtigsten. So stimmen über acht von zehn Befragten in Nordrhein-Westfalen (81 %) und fast acht von zehn bundesweit (78 %) der Aussage zu, dass man bei Pflege im Heim seine ganzen Ersparnisse verlieren könne. Mit den Kosten der Pflege sind Belastungen von Angehörigen eng verbunden. So nehmen knapp zwei Drittel der Befragten in Nordrhein-Westfalen (66 %) die Pflege durch Angehörige oft als notwendig wahr, da die Pflege im Heim oder durch einen Pflegedienst zu teuer sei. Bundesweit sind es sogar etwas mehr als zwei Drittel (68%). Die knappe Zeit der ambulanten Pflegedienste für die jeweiligen Pflegeeinsätze spielt eine noch größere Rolle als die Kosten der Pflege. 70 % der Befragten in Nordrhein-Westfalen stimmen der Aussage zu, dass ambulante Pflegedienste meist zu wenig Zeit haben und daher Angehörige vieles übernehmen müssten. Der bundesweite Durchschnitt ist bei dieser Frage mit 71 % sogar noch höher. Viele sehen in einer Zusatzpflegeversicherung eine Abhilfe. Die Mehrheit der Befragten in Nordrhein-Westfalen und bundesweit (60 % und 56 % respektive) glaubt, dass man eine private Zusatzversicherung brauche, um abgesichert zu sein – aber nur 3,57 % der Befragten verfügt über eine Zusatzversicherung. Kritik an der Pflegeversicherung bezieht sich auch auf die Leistungen. Von 5 Diese Befragung war ein Teil zweier bevölkerungsrepräsentativer Mehrthemenumfragen des Allensbacher Instituts. Zusätzlich wurden in einigen Bundesländern zwischen dem 1. April und dem 2. Juni 2019 ergänzende Interviews durchgeführt. Über 700 Interviewer*innen befragten 3.146 Personen ab 16 Jahren im gesamten Bundesgebiet. Die gewichteten Gesamtergebnisse sind repräsentativ für die deutsche Wohnbevölkerung in Privathaushalten. Die Stichproben je Bundesland hatten eine Größe von mindestens 100 Personen, wobei die Disproportionalität durch eine faktorielle Gewichtung ausgeglichen wurde. Vgl. hierzu Haumann (2019). 14
etwas mehr als der Hälfte der Befragten in Nordrhein-Westfalen und bundesweit werden Leistungen als schwer zugänglich erlebt (53 % und 51 % respektive). Hier spielt offenbar der Fachkräftemangel eine Rolle. 41 % der Befragten in Nordrhein-Westfalen und 45% bundesweit sehen den Personalmangel als Grund dafür, dass Leistungen oft nicht in Anspruch genommen werden können. Tabelle 5: Aussagen zum Thema „Negative Aspekte der Pflegeversicherung“, Nordrhein-Westfalen und bundesweit in % Pflegeversicherung: negative Aspekte Nordrhein-Westfalen Bundesweit Bei Pflege im Heim kann man seine ganzen Ersparnisse 81 78 verlieren Oft ist Angehörigenpflege notwendig, da Pflege im Heim 66 68 oder durch einen Pflegedienst zu teuer ist Ambulante Pflegedienste haben meist zu wenig Zeit – 70 71 Angehörige müssen daher vieles übernehmen Man brauchte private Zusatzversicherung, um abgesichert 60 56 zu sein Leistungen sind schwer zu bekommen 53 51 Leistungen können wegen Personalmangels oft nicht in 41 45 Anspruch genommen werden Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre Quelle: Haumann (2019, S.55), eigene Darstellung Mehr als ein Drittel der Befragten in Nordrhein-Westfalen und auch bundesweit (beide 67 %) nehmen die Pflegeversicherung als eine große Hilfe wahr. 43 % der Befragten sehen Verbesserungen der Situation verglichen zu der vor Einführung der Versicherung. Bundesweit sind es 41 %. Trotz dieser positiven Bewertung der Pflegeversicherung als sozialpolitische Errungenschaft ist nur etwas unter ein Drittel der Befragten in Nordrhein-Westfalen (30 %) überzeugt, dass die Pflegeversicherung die Angehörigen wirksam entlastet. Bundesweit sind dies nur 27 % (Tabelle 6). 15
Tabelle 6: Aussagen zum Thema „Positive Aspekte der Pflegeversicherung“, Nordrhein-Westfalen und bundesweit in % Pflegeversicherung: positive Aspekte Nordrhein-Westfalen Bundesweit Pflegeversicherung bedeutet große Hilfe 67 67 Pflegeversicherung hat die Situation bereits deutlich 43 41 verbessert Durch Pflegeversicherung fallen Gepflegte Angehörigen 30 27 nicht mehr zur Last Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre Quelle: Haumann (2019, S. 78), eigene Darstellung Keine gesellschaftliche Akzeptanz: Verpflichtung zur Übernahme von Pflegekosten durch Kinder Die Frage der Unterhaltsverpflichtung von Kindern für ihre Eltern im Falle der Pflegebedürftigkeit wurde vom Bundesgesetzgeber 2019 durch das Angehörigenentlastungsgesetz neu geregelt – und dies ganz im Sinne der Bevölkerung. Die Mehrheit der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen aber auch bundesweit ist gegen eine Unterhaltsverpflichtung – bei gleichzeitig empfundener und akzeptierter moralischer Verpflichtung gegenüber den Eltern. Mit 54 % ist Nordrhein-Westfalen in dieser Frage durchschnittlich (53 %). Dieser Wert wird auch durch die Befürworter*innen einer Verpflichtung gestützt. 24 % der Befragten in Nordrhein-Westfalen und auch bundesweit sind für eine Unterhaltspflicht (Tabelle 7). Tabelle 7: Einstellungen zur Übernahme von Pflegekosten, Nordrhein-Westfalen und bundesweit in % Verpflichtung zur Übernahme von Pflegekosten Nordrhein-Westfalen Bundesweit Es ist richtig, dass Kinder Pflegekosten ihrer Eltern 24 24 übernehmen müssen Keine Verpflichtung 54 53 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre Quelle: Haumann (2019, S. 77), eigene Darstellung 16
Höhere Beiträge erwartet, Bereitschaft zur Zahlung begrenzt In Nordrhein-Westfalen erwartet fast die Hälfte der Befragten eine Steigerung der aktuellen Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung. Mit 46 % ist dieser Wert fast durchschnittlich (45 %). Ein Viertel der Befragten in Nordrhein-Westfalen und bundesweit sind der Meinung, dass die Beiträge zu hoch seien (derzeit 3,3 % des versicherungspflichtigen Einkommens für Kinderlose und 3,05 % für Eltern verglichen zu 14,6 % bzw. 18,6 % für die gesetzliche Krankenversicherung bzw. Rentenversicherung6). Akzeptiert wird der erwartete Anstieg im Sinne einer Bereitschaft zur Zahlung höherer Beiträge von knapp einem Viertel der Befragten in Nordrhein-Westfalen und auch bundesweit (Tabelle 8). Tabelle 8: Einstellungen zu den Versicherungsbeiträgen, Nordrhein-Westfalen und bundesweit in % Beitrag Nordrhein-Westfalen Bundesweit Erwarte steigende Beiträge 46 45 Beiträge sind sehr hoch 25 25 Wäre bereit höhere Beiträge zu zahlen 25 24 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre Quelle: Haumann (2019, S. 82), eigene Darstellung Pflege im Pflegeheim: teuer und finanziell belastend Fast neun von 10 Befragten in Nordrhein-Westfalen (87 %) und bundesweit (86 %) bewerten die Pflege im Pflegeheim als sehr teuer. Diese Werte liegen deutlich über den Wahrnehmungen der Kosten für die Versorgung durch eine 24-Stunden Pflegekraft, in einer ambulanten Wohngruppe oder durch einen ambulanten Pflegedienst (Tabelle 9). Pflege im Pflegeheim gilt als die teurere Variante der Pflege, obwohl dies tatsächlich nicht so sein muss. 6 Vgl. Haumann (2018, S. 57). 17
Tabelle 9: Wahrnehmungen der Kosten nach Pflegeform, Nordrhein-Westfalen und bundesweit in % Welche Pflegeform ist sehr teuer? Nordrhein-Westfalen Bundesweit Versorgung im Pflegeheim 87 86 24-Stunden Pflegekraft, z.B. aus Osteuropa 34 31 Ambulante Wohngruppe 29 26 Pflege durch ambulanten Pflegedienst 13 11 Basis: Bundesrepublik Deutschland, Bevölkerung ab 16 Jahre Quelle: Haumann (2019, S. 86), eigene Darstellung 2.4 Analyse von Versichertendaten der DAK-Gesundheit Welche Leistungen werden von den DAK-versicherten Pflegebedürftigen in Anspruch genommen und welche Kosten entstehen dabei – sowohl in der Kranken- als auch in der Pflegeversicherung – diesen Fragen gehen die Routinedatenanalysen in den DAK- Pflegereporten nach, die auf den Abrechnungsdaten der DAK aus den Bereichen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der sozialen Pflegeversicherung (SPV) basieren.7 Die Daten aus dem DAK-Pflegereport 2018 werden gemittelt über die Jahre 2014 bis 2016 präsentiert, während sich die Daten aus dem DAK-Pflegereport 2019 auf die Jahre 2016 und 2017 beziehen. Zunächst werden die Anteile der DAK-Versicherten mit Pflegebedarf auf der Kreis- bzw. Stadtebene für Nordrhein-Westfalen vorgestellt und mit dem bundesweiten Durchschnitt verglichen. Die DAK-Versicherten mit Pflegebedarf sind hier in verschiedene Kategorien eingeteilt: Pflegebedürftige, die durch Angehörige gepflegt werden oder sich in stationärer, ambulanter oder teilstationäre Pflege befinden. Anschließend werden die Gesamtkosten der GKV und der SPV für Nordrhein-Westfalen denen aus anderen Bundesländern und ganz Deutschland gegenübergestellt. Auch die SPV-Kosten für Nordrhein- Westfalen, aufgeteilt in ambulante und stationäre Kosten, werden dargestellt und miteinander 7 Zur genauen Methodik vgl. Lewin et al. (2018, S. 112-113) und Lewin et al. (2019, S. 95). 18
verglichen. Nordrhein-Westfalen weist bezogen auf die Pflegegeldkosten ein Gefälle zwischen dem Süd-Westen und dem Nord-Osten des Landes auf. Pflege durch Angehörige Gemittelt über die Jahre 2014 bis 2016 fällt in Nordrhein-Westfalen der Anteil der DAK- Versicherten, die durch Angehörige gepflegt und versorgt werden, mit 49,8 % leicht über durchschnittlich aus. Im bundesweiten Durchschnitt sind es 48,4 %. Auffallend ist die unterschiedliche Verteilung der prozentualen Anteile innerhalb des Bundeslandes. Während der nördliche und nordöstliche Teil des Bundeslandes stark unterdurchschnittliche bzw. unterdurchschnittliche Anteile aufweisen, sind die Anteile in westlichen und südlichen Kreisen und kreisfreien Städte überwiegend stark überdurchschnittlich bzw. überdurchschnittlich. Ausnahmen bilden beispielsweise Borken (46 %) und Steinfurt (48 %) im Norden, Höxter (47 %) im Osten und Bonn (49 %) im Süden, die durchschnittlich aufgestellt sind. Auch in der Mitte des Bundeslandes gibt es weitere Kreise und kreisfreie Städte mit durchschnittlichen beziehungsweise unterdurchschnittlichen prozentualen Anteilen (Abbildung 5). Abbildung 58: Anteil aller DAK-Versicherten mit Pflegebedarf in Nordrhein-Westfalen, die von Angehörigen gepflegt werden (gemittelt über die Jahre 2014 bis 2016) Quelle: OptiMedis Hamburg, DAK-Pflegereport 2018 (2018), nicht veröffentlichte Darstellung 8 Die Einstufung in über- und unterdurchschnittlich erfolgt entlang des bundesweiten Mittelwertes. Dies gilt für alle nachfolgenden OptiMedis-Abbildungen. 19
Vollstationäre Pflege Der Anteil der pflegebedürftigen DAK-Versicherten, die in Einrichtungen der stationären Pflege versorgt werden, liegt in Nordrhein-Westfalen mit 31,1 % nur gering unter dem bundesweiten Durchschnitt von 32,2 %. Die Verteilung bildet weitgehend das Gegenteil der Familienpflege ab. In den Kreisen und kreisfreien Städten, in denen sich ein hoher Anteil an Angehörigen um die Pflegebedürftigen kümmert, werden weniger DAK-Versicherte in Einrichtungen der Langzeitpflege versorgt und umgekehrt. Dies lässt sich am Beispiel Heinsberg verdeutlichen. Hinsichtlich der Familienpflege ist der Kreis mit 61 % stark überdurchschnittlich aufgestellt, während die Inanspruchnahme von vollstationärer Pflege mit 24 % die niedrigste Ausprägung darstellt. Im Vergleich zur Pflege durch Angehörige gibt es allerdings weniger Regionen, die stark überdurchschnittliche Zahlen aufweisen. Dafür steigt die Zahl der Kreise und kreisfreien Städte mit unterdurchschnittlichen bzw. durchschnittlichen Anteilen an. Im gesamten Bundesland variieren die Werte von den bereits genannten 24 % (stark unterdurchschnittlich) in Heinsberg bis 42 % (stark überdurchschnittlich) in Lippe (Abbildung 6). Abbildung 6: Anteil aller DAK-Versicherten mit Pflegebedarf in Nordrhein-Westfalen, die in stationären Einrichtungen gepflegt werden (gemittelt über die Jahre 2014 bis 2016) Quelle: OptiMedis Hamburg, DAK-Pflegereport 2018 (2018), nicht veröffentlichte Darstellung 20
Ambulante Pflege Auch bei der Inanspruchnahme von ambulanter Pflege ist eine unterschiedlich ausgeprägte Verteilung innerhalb des Bundeslandes auffallend. Die Kreise und kreisfreien Städte im nördlichen, nordöstlichen und östlichen Teil sowie im Zentrum des Bundeslandes weisen stark überdurchschnittliche bzw. überdurchschnittliche Anteile an ambulanter Pflege auf, während im Westen und Süden des Bundeslandes unterdurchschnittliche und stark unterdurchschnittliche Anteile vertreten sind. Wie auch bei der Angehörigenpflege bildet Steinfurt im Norden eine Ausnahme (durchschnittlich mit 17 %). Die Anteile erstrecken sich von 12 % in Wesel bis zu 24 % in Gütersloh. Der Anteil der durch ambulante Pflegedienste und Sozialstationen (mit-)versorgten DAK-Versicherten in Nordrhein-Westfalen entspricht dem bundesweiten Durchschnitt von 17 % (Abbildung 7). Abbildung 7: Anteil aller DAK-Versicherten mit Pflegebedarf in Nordrhein-Westfalen, die in ambulanten Pflegediensten versorgt werden (gemittelt über die Jahre 2014 bis 2016) Quelle: OptiMedis Hamburg, DAK-Pflegereport 2018 (2018), nicht veröffentlichte Darstellung 21
Teilstationäre Pflege Auch die Inanspruchnahme des Angebots der teilstationären Pflege als vergleichsweise „neue“ Form der Versorgung Pflegebedürftiger und der Unterstützung pflegender Angehöriger ist in Nordrhein-Westfalen insgesamt unterschiedlich ausgeprägt (Abbildung 8). Auffallend sind die relativ großen Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen. Während in Düsseldorf, Duisburg und im Rhein-Kreis Neuss nur jeweils 0,9 % der pflegebedürftigen DAK- Versicherten dieses Angebot nutzen, sind es in Gütersloh 5,2 %. Der Durchschnitt liegt in Nordrhein-Westfalen bei 2,1 % (bundesweiter Durchschnitt: 2,4 %). Abbildung 8: Anteil aller DAK-Versicherten mit Pflegebedarf in Nordrhein-Westfalen, die in teilstationären Pflegediensten versorgt werden (gemittelt über die Jahre 2014 bis 2016) Quelle: OptiMedis Hamburg, DAK-Pflegereport 2018 (2018), nicht veröffentlichte Darstellung Anstieg der Gesamtzahl der DAK-Pflegebedürftigen Die Gesamtzahl der DAK-Versicherten mit Pflegebedarf ist im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes und der mit ihm verbundenen Ausweitung des Kreises der Leistungsberechtigten von 2016 auf 2017 in ganz Deutschland deutlich angestiegen. Mit einem durchschnittlichen prozentuellen Anstieg von 10,1 % liegt Nordrhein- Westfalen deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 7,7 %. Abbildung 9 zeigt, dass 22
die meisten Regionen stark überdurchschnittliche Anteile aufweisen. Den bundesweit höchsten Anteil hat Dortmund mit 13,3 %, dicht gefolgt von Arnsberg mit 12,5 %. Unterdurchschnittliche Anteile weisen Aachen (6,8 %) und Paderborn (7,0 %) auf. Abbildung 9: Prozentueller Anstieg der Anzahl aller DAK-Pflegebedürftigen in Nordrhein-Westfalen, 2016/17 Quelle: OptiMedis Hamburg, DAK-Pflegereport 2019 (2019), nicht veröffentlichte Darstellung GKV-Kosten für Pflegebedürftige Die durchschnittlichen jährlichen GKV-Kosten pro DAK-Versicherten mit Pflegebedarf gemittelt über die Jahre 2014 bis 2016 unterscheiden sich im Bundesvergleich deutlich. Sie differieren zwischen ca. 11.480 € in Bremen und 15.880 € in Brandenburg. Nordrhein- Westfalen verzeichnet hier mit ca. 13.430 € vergleichsweise durchschnittliche Kosten. Niedrigere durchschnittliche jährliche GKV-Kosten haben sieben Bundesländer (Abbildung 10). Der bundesweite Durchschnitt liegt bei ca. 13.527 €. Somit liegen die durchschnittlichen jährlichen GKV-Kosten in Nordrhein-Westfalen lediglich ca. 100 € unter dem bundesweiten Durchschnitt. 23
Auch die durchschnittliche Anzahl an Krankenhausfällen liegt nahe am bundesweiten Durchschnitt. Pro 100 pflegebedürftigen DAK-Versicherten in einem Jahr werden bundesweit 125,9, in Nordrhein-Westfalen 130,2 Krankenhausfälle verzeichnet. Somit lässt sich erklären, dass sich auch die beschriebenen GKV-Kosten dem Bundesschnitt annähern. Die durchschnittliche Anzahl der Leistungen häuslicher Krankenpflege hingegen liegt in Nordrhein-Westfalen mit 93,7 Leistungen pro 100 pflegebedürftigen DAK-Versicherten in einem Jahr unter dem Bundesdurchschnitt von 103,6. Abbildung 10: Durchschnittliche jährliche GKV-Kosten pro pflegebedürftigen Versicherten für alle Bundesländer und Deutschland (gemittelt über die Jahre 2014 bis 2016) Quelle: OptiMedis Hamburg, Lewin et al. (2018, S.136), Nordrhein-Westfalen hervorgehoben SPV-Kosten Die durchschnittlichen jährlichen SPV-Kosten pro pflegebedürftigen DAK-Versicherten differieren bundesweit zwischen ca. 9.200 € in Brandenburg und 12.000 € in Bayern. Nordrhein-Westfalen verzeichnet mit ca. 11.000 € durchschnittliche Kosten. Höhere durchschnittliche jährliche SPV-Kosten als Nordrhein-Westfalen haben sechs Bundesländer (Abbildung 11). Der bundesweite Durchschnitt liegt bei ca. 10.840 €. Somit liegen die durchschnittlichen jährlichen SPV-Kosten in Nordrhein-Westfalen lediglich ca. 160 € über dem bundesweiten Durchschnitt. 24
Abbildung 11: Durchschnittliche jährliche SPV-Kosten pro pflegebedürftigen Versicherten für alle Bundesländer und Deutschland (gemittelt über die Jahre 2014 bis 2016) Quelle: OptiMedis Hamburg, Lewin et al. (2018, S. 138), Nordrhein-Westfalen hervorgehoben In 2017 stiegen die durchschnittlichen jährlichen SPV-Kosten pro pflegebedürftigen Versicherten in Nordrhein-Westfalen (ca. 11.500 €) verglichen zu dem gemittelten Wert aus den Jahren 2014 bis 2016 leicht an (ca. 11.000 €). Abbildung 12 zeigt, dass diese Kosten stark überdurchschnittlich in Bielefeld (ca. 12.350 €) und Münster (ca. 11.900 €) und unterdurchschnittlich in Emscher-Lippe (ca. 10.850 €) sind. 25
Abbildung 12: Durchschnittliche jährliche SPV-Kosten pro DAK-Pflegebedürftigen für Nordrhein-Westfalen (2017) Quelle: OptiMedis Hamburg, DAK-Pflegereport 2019 (2019), nicht veröffentlichte Darstellung Die durchschnittlichen jährlichen SPV-Kosten für Leistungen der ambulanten Pflegedienste und solche der stationären Einrichtungen bewegen sich in den meisten Regionen erwartungsgemäß um den bundesweiten Durchschnitt. Lediglich in Siegen sind die ambulanten SPV-Kosten stark überdurchschnittlich (Abbildung 13). Bei den stationären SPV-Kosten weist keine der Regionen stark unter- oder stark überdurchschnittliche Kosten auf (Abbildung 14). Bei den durchschnittlichen monatlichen Pflegegeldkosten pro DAK-Pflegebedürftigen gibt es ein Gefälle zwischen dem Nord-Osten und Süd-Westen des Bundeslandes. Im Nord-Osten sind die Pflegegeldkosten stark unterdurchschnittlich, unterdurchschnittlich und durchschnittlich, während sie im Süd-Westen stark überdurchschnittlich und überdurchschnittlich sind (Abbildung 15). 26
Abbildung 13: Durchschnittliche jährliche SPV-Kosten Abbildung 14: Durchschnittliche jährliche SPV-Kosten für ambulante Pflegedienste pro DAK- für stationäre Einrichtungen pro DAK- Pflegebedürftigen für Nordrhein-Westfalen (2017) Pflegebedürftigen für Nordrhein-Westfalen (2017) Quelle: OptiMedis Hamburg, DAK-Pflegereport 2019 (2019), nicht veröffentlichte Darstellungen Abbildung 15: Durchschnittliche monatliche Pflegegeldkosten pro DAK-Pflegebedürftigen für Nordrhein-Westfalen (2017) Quelle: OptiMedis Hamburg, DAK-Pflegereport 2019 (2019), nicht veröffentlichte Darstellung 27
2.5 Kosten von Pflege in Nordrhein-Westfalen – Analyse von Daten der Pflege- und Sozialhilfestatistik Die oben dargestellten Umfrageergebnisse zum Thema „Kosten der Pflege“ haben gezeigt, dass die Mehrheit der Befragten in Nordrhein-Westfalen die Kosten der Pflege und insbesondere die der Pflege im Pflegeheim als besonders hoch einschätzt. Die Daten der Pflege- und Sozialhilfestatistik für Nordrhein-Westfalen geben Aufschluss über die tatsächliche Höhe – und dies im Vergleich zu anderen Bundesländern und ganz Deutschland.9 Im Mittelpunkt stehen die Daten zu den Kosten der stationären Langzeitpflege und die Zahlen zur Inanspruchnahme von der Hilfe zur Pflege. Kosten in der stationären Langzeitpflege Seit der ersten Pflegestatistik im Jahr 1999 sind die Kosten in der stationären Langzeitpflege stetig gestiegen. Abbildung 16 zeigt die durchschnittlichen jährlichen Kostensteigerungen in der stationären Pflege von 1999 bis 2015. Die jährliche Inflationsrate betrug im Schnitt 1,4 % und die meisten Bundesländer haben Kostensteigerungen, die über diese Rate hinausgehen (bundesweiter Durchschnitt 1,8 %). Nordrhein-Westfalens durchschnittliche jährliche Kostensteigerung von 1,7 % deutet darauf hin, dass sich die Kosten in der stationären Pflege etwas höher als die für allgemeine Güter und Dienstleistungen entwickelt haben. Obwohl diese leicht unterdurchschnittlich sind, sind die Kostensteigerungsraten in Nordrhein-Westfalen und in allen anderen Bundesländern als unerfreulich zu bewerten, da die Erhöhung der Ausgaben der Pflegeversicherung nicht an die Kostensteigerungen angepasst wurde. Mit einer Erhöhung der Ausgaben der Pflegeversicherung von jährlich durchschnittlich 0,4 %, bleibt ein großer Teil der Kostensteigerungen in allen Bundesländern durch die Pflegeversicherung ungedeckt. 9 Vorsicht ist geboten bei der Vergleichbarkeit von Daten ab Januar 2017. Das Zweite Pflegestärkungsgesetz (PSG II) brachte ab diesem Zeitpunkt einige Veränderungen mit: das Feststellungsverfahren der Pflegebedürftigkeit wurde neu strukturiert und Leistungsansprüche verändert. Die bis dahin bestehenden drei Pflegestufen wurden in fünf Pflegegrade umstrukturiert. Diese beinhalteten dann auch die zusätzlichen Ansprüche für Menschen mit eingeschränkter Alltagskompetenz. Außerdem wurde ein einrichtungseinheitlicher Eigenanteil eingeführt, der für die Pflegegrade 2-5 gleich ist. Aus diesen Veränderungen ergibt sich eine begrenzte Vergleichbarkeit der Daten vor und ab 2017. Vgl. dazu Rischard (2019, S. 183). 28
Abbildung 16: Durchschnittliche jährliche Kostensteigerungen für Pflege und Betreuung in der stationären Pflege 1999 -2015, alle Bundesländer und bundesweiter Durchschnitt Quelle: Rischard (2019, S. 186), Nordrhein-Westfalen hervorgehoben Abbildung 17 zeigt einen Vergleich der nordrhein-westfälischen und bundesweiten Pflegesätze, die durchschnittlich pro Tag in stationären Einrichtungen anfallen. Verglichen werden die Jahre 1999, 2005, 2011 und 2015 und die Pflegestufen 1-3. Der letzte Balken in jeder Jahresgruppe zeigt die durchschnittlichen Tagespflegesätze für Unterkunft und Verpflegung. Diese sollten zusätzlich zu den Pflegesätzen der jeweiligen Pflegestufe gerechnet werden. Auffällig ist, dass die Pflegesätze in allen vier Kategorien in Nordrhein-Westfalen über die dargestellten Jahre gestiegen sind. Außerdem liegen die Pflegesätze in allen vier Jahren für Pflegestufe 3 und Unterkunft/Verpflegung deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt, während sie für Pflegestufen 1 und 2 durchschnittlich sind. So liegt beispielsweise 2011 der Tagespflegesatz in der Pflegestufe 3 in Nordrhein-Westfalen bei 82 € – eine Höhe, die der bundesweite Durchschnitt erst 2015 erreicht. 29
Abbildung 17: Durchschnittliche Pflegesätze stationär pro Tag nach Pflegestufen, Deutschland und Nordrhein- Westfalen in Euro, 1999-2015 Deutschland Nordrhein-Westfalen 100 90 90 82 82 80 75 75 76 70 69 70 65 65 63 60 58 60 56 50 52 49 49 50 45 45 42 42 38 38 40 31 26 28 30 22 24 19 21 18 20 10 0 1999 2005 2011 2015 1999 2005 2011 2015 Pflegestufe 1 Pflegestufe 2 Pflegestufe 3 Unterkunft/Verpflegung Quelle: Rischard (2019, S. 188), eigene Darstellung Obwohl die Vergleichbarkeit der Daten vor und ab 2017 wie oben beschrieben nur begrenzt möglich ist, werden hier Vergleiche von durchschnittlichen monatlichen Kosten für stationäre Pflege für weitgehend vergleichbare Pflegestufen/Pflegegrade dargestellt. So werden in Abbildung 18 durchschnittliche monatliche Kosten für Pflegestufe 1 und Pflegegrad 2, in Abbildung 19 für Pflegestufe 2 und Pflegegrad 3 und schließlich in Abbildung 20 für Pflegestufe 3 und Pflegegrad 4 zwischen Nordrhein-Westfalen und Deutschland verglichen10. Es wird deutlich, dass diese Kosten in Nordrhein-Westfalen in allen Pflegestufen/Pflegegraden über dem bundesweiten Durchschnitt liegen. Während der Unterschied zum bundesweiten Durchschnitt bei den Pflegestufen in 2015 mit den Stufen größer wurde, ist jener bei den Pflegegraden in 2017 ungefähr konstant geblieben. 10 Pflegestufen ohne eingeschränkte Alltagskompetenz. Vgl. Rischard (2019, S. 190). 30
Abbildung 18: Durchschnittliche monatliche Kosten für stationäre Pflege in Euro inkl. Unterkunft/Verpflegung, Pflegestufe 1 (2015) und Pflegegrad 2 (2017), NRW und Deutschland 2600 2499 2417 2400 2171 2200 2118 2000 1800 Nordrhein-Westfalen Deutschland Pflegestufe 1 Pflegegrad 2 Quelle: Rischard (2019, S. 191), eigene Darstellung Abbildung 19: Durchschnittliche monatliche Kosten für stationäre Pflege in Euro inkl. Unterkunft/Verpflegung, Pflegestufe 2 (2015) und Pflegegrad 3 (2017), NRW und Deutschland 3200 3025 2988 3000 2800 2653 2606 2600 2400 2200 Nordrhein-Westfalen Deutschland Pflegestufe 2 Pflegegrad 3 Quelle: Rischard (2019, S. 192), eigene Darstellung Abbildung 20: Durchschnittliche monatliche Kosten für stationäre Pflege in Euro inkl. Unterkunft/Verpflegung, Pflegestufe 3 (2015) und Pflegegrad 4 (2017), NRW und Deutschland 3800 3655 3600 3500 3400 3165 3117 3200 3000 2800 Nordrhein-Westfalen Deutschland Pflegestufe 3 Pflegegrad 4 Quelle: Rischard (2019, S. 192), eigene Darstellung 31
Eigenanteile und Gesamtkosten für Pflegebedürftige Werden von den Gesamtkosten für stationäre Pflege die Leistungen der Pflegeversicherung abgezogen, bekommt man den Eigenanteil für Pflegebedürftige. Abbildung 21 zeigt die durchschnittlichen Eigenanteile für stationäre Pflege und die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung für die Pflegegrade 1 bis 5. Abbildung 21: Finanzierungsanteile SPV und Eigenanteil am Gesamtheimentgelt in Euro Quelle: vdek. Daten zum Gesundheitswesen: Soziale Pflegeversicherung (SPV) (2020), https://www.vdek.com/content/dam/vdeksite/vdek/daten/f_pflegeversicherung/spv_pflegekosten_eigenanteil_nac h_pflegestufen_saeulen.jpg/_jcr_content/renditions/cq5dam.web.1280.1280.jpeg, abgerufen am 24.03.2020 Eigenanteile sind nur ein Teil der Kosten, die Pflegebedürftige in stationärer Pflege tragen müssen. Zusätzlich sind Tagessätze für Unterkunft und Verpflegung und die Investitionskosten (z.B. Kosten der Instandhaltung) zu decken. In Abbildung 22 werden die durchschnittlichen monatlichen Gesamtkosten für Pflegebedürftige in Pflegeheimen für das Jahr 2017 dargestellt. Nordrhein-Westfalen liegt mit 2.135 € um 389 € über dem bundesweiten Durchschnitt von 1.746 €. Den größten Anteil an diesem Unterschied haben die Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Im Vergleich zu anderen Bundesländern liegt Nordrhein-Westfalen im oberen Spitzenfeld. Nur das Saarland hat höhere monatliche Kosten mit 138 € über dem nordrhein- westfälischen Durchschnitt. Die niedrigsten Kosten hat Sachsen mit 1.052 € unter dem Durchschnitt von Nordrhein-Westfalen. 32
Abbildung 22: Durchschnittliche selbst zu tragende monatliche Kosten für Pflegebedürftige in Pflegeheimen 2017, alle Bundesländer und bundesweiter Durchschnitt Quelle: Rischard (2019, S. 198), Nordrhein-Westfalen hervorgehoben Die durchschnittlich selbst zu tragenden monatlichen Kosten für Pflegebedürftige in Nordrhein- Westfalen und bundesweit sind 2020 erwartungsgemäß gestiegen (in Nordrhein-Westfalen von 2.135 € in 2017 auf 2.357 € in 2019/20). Der Unterschied zum bundesweiten Durchschnitt hat sich allerdings in 2020 leicht erhöht (417 € gegen 389 € in 2017). Im Vergleich zu anderen Bundesländern hat Nordrhein-Westfalen Saarland überholt und wurde 2019/20 zum Spitzenreiter bei den monatlichen Kosten (Abbildung 23). 33
Abbildung 23: Durchschnittliche selbst zu tragende monatliche Kosten für Pflegebedürftige in Pflegeheimen 2020 in Euro, alle Bundesländer und bundesweiter Durchschnitt Quelle: vdek. Daten zum Gesundheitswesen: Soziale Pflegeversicherung (SPV) (2020), https://www.vdek.com/content/dam/vdeksite/vdek/daten/f_pflegeversicherung/E10_2019_spv_finanzielle_belastu ng_pflegebeduerftiger_stationaer_2020_01_saeulen.jpg/_jcr_content/renditions/cq5dam.web.1280.1280.jpeg, abgerufen am 24.03.2020, Nordrhein-Westfalen hervorgehoben Leistungen der Sozialhilfe Im Fall, dass die Pflegebedürftigen ihre Pflegekosten selbst und mit Hilfe von Unterhaltsverpflichteten nicht decken können, haben sie Anspruch auf Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII. Abbildung 24 zeigt die Anzahl der Personen pro 100.000 Einwohner*innen, die in den jeweiligen Bundesländern und im bundeweiten Durchschnitt, im Zeitraum 2005-2017 Hilfe zur Pflege bezogen. In allen Bundesländern sind die Zahlen von 2005 bis 2015 stetig angestiegen, um dann 2017 kurzfristig etwas zu sinken. Nordrhein- Westfalen liegt in allen vier ausgewiesenen Jahren über dem bundesweiten Durchschnitt. Zehn Bundesländer haben über alle Jahre niedrigere Zahlen als Nordrhein-Westfalen. Spitzenreiter sind die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg. 34
Abbildung 24: Anzahl von Personen die Hilfe zur Pflege in Anspruch nehmen, 2005-2017, alle Bundesländer und Deutschland Quelle: Rischard (2019, S. 204), Nordrhein-Westfalen hervorgehoben 3 Zusammenfassung und Ausblick Der vorgestellte Landesreport Nordrhein-Westfalen präsentiert die wichtigsten Daten in Bezug auf die Pflege in diesem Bundesland. Neben ausgewählten demografischen Daten und Eckdaten zur Pflege in Nordrhein-Westfalen aus 2015 wurden die wichtigsten Umfrageergebnisse zum Thema Qualität der Pflege (aus DAK-Pflegereport 2018) und Kosten der Pflege (aus DAK- Pflegereport 2019) zusammengestellt. Zusätzlich wurden aus den jeweiligen DAK- Pflegereports nordrhein-westfälische Daten über die Entwicklung und Struktur der pflegebedürftigen DAK-Versicherten vorgestellt und die dazugehörigen Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung gegenübergestellt. Abschließend wurden Daten der Pflege- und Sozialstatistik bezüglich der Kosten der Pflege in Nordrhein-Westfalen aus dem Pflegereport 2019 ausgewählt und präsentiert. Das bevölkerungsreichste Bundesland in Deutschland kennt hinsichtlich der pflegepolitischen Ausrichtung einige Besonderheiten, die allerdings kaum Auswirkungen haben auf das Profil der Langzeitpflege, das sich aus den unterschiedlichen empirischen Zugängen in den DAK- Pflegereporten 2018 und 2019 ergibt. Mit einem Pflegewohngeld des Landes soll der Sozialhilfebedürftigkeit von Pflegebedürftigen entgegengewirkt und hinsichtlich der 35
Infrastrukturentwicklung sind bundesweit als vorbildlich geltende Steuerungsinstrumente auf Landesebene verbindlich eingeführt worden. Durch die verpflichtenden kommunalen Pflegekonferenzen hat das Land Nordrhein-Westfalen eine lange Tradition in kommunaler Infrastrukturplanung und Koordination – allerdings mit großen Unterschieden zwischen den jeweiligen Kreisen was die Umsetzung anbelangt. Durch das Altenpflegegesetz wurde in recht konsequenter Weise Einfluss genommen auf die Pflegesatzgestaltung respektive die Nachweispflicht bei Investitionskosten. Alle diese und eine Reihe von weiteren pflegepolitischen Maßnahmen des Landes entfalten ihre Wirkung, profilieren allerdings Nordrhein-Westfalen in den Ergebnissen der DAK Pflegereporte 2018 und 2019 gegenüber anderen Bundesländern nicht so deutlich, wie dies zu erwarten gewesen wäre. Andererseits lässt sich vermuten: Ohne die landespolitischen Maßnahmen, etwa zum Pflegewohngeld, würde sich die pflegepolitische Performance im nationalen Vergleich noch einmal anders darstellen, insbesondere bei den sowieso schon vergleichsweise hoch liegenden Sozialhilfeausgaben. Was zeichnet die Pflegesituation in Nordrhein-Westfalen im Bundesvergleich aus? 74,2 % aller auf Pflege angewiesenen Menschen werden in der eigenen häuslichen Umgebung gepflegt: Damit liegt Nordrhein-Westfahlen recht hoch im Grad der häuslichen Versorgung. Das spiegelt sich auch in der vergleichsweise geringen Inanspruchnahme von Pflegesachleistungen im häuslichen Bereich nieder: Über 50 % werden ausschließlich durch An- und Zugehörige in ihrem eigenen Haushalt versorgt. Dabei gibt es allerdings große Unterschiede in den Regionen Nordrhein-Westfalen. Auffallend ist, dass es deutliche Profilunterschiede zwischen den beiden Landesteilen Rheinland und Westfalen Lippe gibt. Der Anteil stationär Versorgter ist im Rheinland und in den dortigen Ballungsregionen deutlich höher als in Westfalen Lippe. Hinsichtlich der Qualitätseinschätzung der Pflege vor Ort sehen auch in Nordrhein-Westfalen die Bürger*innen dort den Mangel an Pflegefachkräften als großes Problem, obwohl in der Langzeitpflege zahlreiche neue Ausbildungsplätze und Beschäftigte gewonnen werden konnten. Die Qualität von Pflegeheimen und Pflegediensten wird vergleichsweise übereinstimmend und von knapp der Hälfte der Bevölkerung als ‚gut‘ bewertet. Einen weiteren Ausbau des Angebotes an Pflegeheimen und –diensten sieht auch in Nordrhein-Westfalen die Bevölkerung als nicht erforderlich an. Aussagen zu den auch in Nordrhein-Westfalen besonders präferierten ambulant betreuten Wohngruppen lassen sich aus der Bevölkerungsbefragung nicht ableiten. Die Kosten der Pflege sind in dem Bundesland mit den vergleichsweise höchsten Pflegekosten in den stationären Einrichtungen aus Sicht der Bevölkerung ein Problem. Sie werden auch hier als sehr teuer wahrgenommen. Trotz Pflegewohngeld ist auch die Befürchtung dominant, bei einer Heimversorgung mit dem Einkommen und Vermögen nicht 36
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