White paper - DIE MUTMACHER Mittelständler geben nicht klein bei. Sie nutzen die digitale Transformation. Mit Übersicht und klarem Fokus - Etailment

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White paper - DIE MUTMACHER Mittelständler geben nicht klein bei. Sie nutzen die digitale Transformation. Mit Übersicht und klarem Fokus - Etailment
DIE MUTMACHER
                   Mittelständler geben nicht klein bei.
 Sie nutzen die digitale Transformation. Mit Übersicht und klarem Fokus.
            Wir stellen 10 Mutmacher und ihre Strategien vor.

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White paper - DIE MUTMACHER Mittelständler geben nicht klein bei. Sie nutzen die digitale Transformation. Mit Übersicht und klarem Fokus - Etailment
Inhalt

                                               Asphaltgold               04
                                               Modehaus Ramelow          07
                                               Connox                    08
                                               Lampenwelt                10
                                               Tausendkind               12
                                               Zumnorde                  14
                                               Intersport Schrey         17
                                               Braun Büffel              18
                                               Dodenhof                  20
                                                                         22
Cover-Foto: Sergey Nivens - Fotolia

                                               EK Servicegroup

     Impressum

     Deutscher Fachverlag GmbH                                     Redaktionsleitung: Olaf Kolbrück Tel: (-2891)
     Postadresse: 60264 Frankfurt am Main                          Weitere Mitarbeiter dieser Ausgabe: Stephan Lamprecht, Ulrike Sanz Gros-
     Internet: www.etailment.de, E-Mail: info@etailment.de         són, Steffen Gerth, Sybille Wilhelm
     Telefon: (069) 7595-01, Fax: (069) 7595-2999                  Art Direktor: Ingo Götze
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03

Editorial

            Mutmacher
              im Mittelstand
            Es gibt sie, die Mittelständler, die nicht klein beigeben.
            Die Digitalisierung nutzen. Mit Übersicht. Mit klaren
            Zielen und klarem Fokus. Nämlich im Sinne der Kunden.
            Ihr Beispiel zeigt, wie hervorragend ein kleineres Unter-
            nehmen, stationär und als Online-Anbieter, im digitalen
            Zeitalter gegen die digitalen Großmächte existieren kann.
            Es gibt sie nämlich, auch im hart umkämpften Textilhan-
            del, die Händler, die digital agieren, ohne auf technisches
            „Bling Bling“ zu setzen. Dabei zeigt sich, man kann sogar
            digital denken und mitspielen, wenn man nicht mal einen
            Webshop hat.
            Aber natürlich gibt es sie auch, die reinen Online-Player.
            Auch im Mittelstand. Wer da ohne das Geld von Venture
            Capital-Unternehmen groß werden will, muss viel Ein-
            satz zeigen, Ideen haben und die passende Marktlücke
            finden. Ein bisschen Glück gehört vielleicht auch dazu.
            Aber das Glück gehört bekanntlich den Tüchtigen. Wir
            zeigen Ihnen mit diesem Whitepaper, wo und wie Unter-
            nehmer und Unternehmerinnen auf ihre jeweils ganz
            spezielle Art die digitale Transformation meistern.

            Ihr
            Olaf Kolbrück
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04

     So wurde Asphaltgold zum
     		Top-Shop für Sneaker
     Wenn selbst prominente Fußballtrainer wie Thomas Tuchel hier einkaufen, dann muss der

     Laden etwas Besonderes sein. Seit gut zehn Jahren gibt es Asphaltgold, und in der Snea-

     ker-Szene ist das Darmstädter Geschäft von Daniel Benz eine Institution. Dabei war das

     alles gar nicht so geplant.

     D
                ie Geschichte von Asphaltgold kann man auch gut
                am Werdegang von Daniel Hackenberg erzählen.
                Der junge Mann wird demnächst 24 Jahre alt, er
     leitet die Filiale am Darmstädter Friedensplatz und wird
     demnächst offiziell befähigt sein, beruflichen Nachwuchs
     auszubilden.

     Für Asphaltgold-Verhältnisse ist Hackenberg ein Pionier,
     denn er war im Jahr 2014 der erste Auszubildende hier -

                                                                                                                                   Foto: asphaltgold
     und dabei gab es das Unternehmen damals schon seit sechs
     Jahren und war längst nicht nur in Darmstadt eine Institu-
     tion, sondern weltweit.

     Wenn Borussia Dortmund zum Einkauf kommt
     Denn wer mit Textil- und Schuhexperten über das The-                    AGC-Store: Größer und teurer als die Stammfiliale
     ma Sneaker redet, kommt schnell auf Asphaltgold, das
     Geschäft von Gründer Daniel Benz ist eine Top-Adresse
     in Deutschland. Gelegentlich kauft hier auch Prominenz         Was für eine Reichweitenwucht für ein Unternehmen mit
     ein, so wie vor zwei Jahren das Trainerteam von Borussia       gerade einmal 80 Mitarbeitern und zwei kleinen Lagern,
     Dortmund, angeführt vom damaligen Chefcoach Thomas             das wichtigere in einem ehemaligen Supermarkt im Stadt-
     Tuchel (heute Paris St. Germain), als die Mannschaft zum       teil Bessungen, das zweite im Nachbarort Pfungstadt.
     Bundesligaspiel beim SV Darmstadt 98 ans Stadion am
     Böllenfalltor kam.                                             Run DMC und Michael Jordan
                                                                    Benz war halt früh genug dabei, als der Boom mit den
     Zwei Läden zählen zu Benz‘ Unternehmen, die Stammfi-           Sneakers losging. Dass Turnschuhe zu lässigen Straßen-
     liale am Friedensplatz und der 2016 eröffnete AGC-Store        schuhen wurden, dafür gab es in den neunziger Jahren
     am Ludwigsplatz, in dem es hochwertigere Sneaker sowie         zwei Auslöser: Die US-amerikanischen Rapper „RunDMC“
     Textilien gibt - in bester Lage der Stadt. Die drei Buchsta-   transformierten das legendäre Adidasmodell „Superstar“
     ben stehen für Asphaltgold-Club. Dieser ist für Benz ein       zu einem Modeartikel. Michael Jordan wiederum wurde als
     Meilenstein in der Historie seines Unternehmens, als einen     Basketballprofi wie ein Gott verehrt, die nach seinem Spitz-
     weiteren nennt er wirklich Daniel Hackenberg, seinen           namen „Air“ benannten Modelle von Nike sind heute das
     ersten Azubi.                                                  Rückgrat aller Sneaker.

     Läden sind gut, der Onlinehandel ist wichtiger                 Eigentlich wollte Benz nur sein Studium mit dem Verkauf
     Die beiden Läden, 70 und 130 Quadratmeter groß, sind           von Sportschuhen für den Alltag verdienen, um später
     zwar gut für die Sichtbarkeit der Marke Asphaltgold, „doch     Sportlehrer zu werden. Dass er in einer Schule Pennälern
     das Onlinegeschäft ist unser wichtigstes Tool“, sagt Daniel    beibringt, wie man eine Rolle vorwärts macht, kann er sich
     Benz. Im November 2008 eröffnete der damalige Sportstu-        heute beim besten Willen nicht mehr vorstellen. „Auch ein
     dent seinen Laden am Friedensplatz, schon im Januar 2009       kleines Rädchen zu sein in einem Konzern wie Nike wäre
     ging der Webshop online.                                       für mich nichts.“

     Heute verschickt Asphaltgold monatlich eine vierstellige       Kosmos der aufgeräumten Lässigkeit
     Anzahl an Sneaker-Paaren weltweit, in die Vereinigten          Benz‘ Asphaltgold-Welt ist wie eine große Wohngemein-
     Staaten, nach Fernost. Die Facebook-Seite hat fast 717.000     schaft, hier arbeiten nur Kumpels, „Ich habe das Privileg,
     Abonnenten, auf Instagram sind es 410.000, gerade mal          mit den Jungs abzuhängen“, beschreibt er seinen Arbeits-
     80.000 weniger als Zalando.                                    alltag. Gewiss, ein paar Mädels gehören auch zu diesem
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                                                                                   Was Benz auch machte: Er war der erste in Europa, der
                                                                                   Sneaker nicht einfach nur als Schuhe im Webshop abbilde-
                                                                                   te - sondern an den Füßen in Alltagssituationen. An Benz‘
                                                                                   Füßen. Der Chef war das Modell, er ging durch die Darm-
                                                                                   städter Innenstadt und fotografierte sich selbst mit einer
                                                                                   Kamera, die an einem Stab befestigt war.

                                                                                   Wenn der Chef die neuen Modelle vorstellt
                                                                                   Heute gibt es mehr als nur Benz‘ Füße, und auf den Fotos
                                                                                   sind auch nicht nur Sneaker zu sehen, sondern auch die
                                                                                   dazu passenden Klamotten. Der Chef spricht dafür einmal
                                                                                   in der Woche zur Gemeinde - in seinen Videos für die sozia-
                                                                                   len Netzwerke, in denen er neue Sneakermodelle vorstellt.
Foto: asphaltgold

                                                                                   Social Media ist generell das entscheidende Medium für
                                                                                   den Asphaltgold-Erfolg. Gewiss, immerhin seit zwei Jahren
                                                                                   macht Benz auch per Performance-Marketing bei seiner
                                                                                   Onlinewerbung, also exaktes Messen, welche Kampagne
                             Asphaltgold-Chef Benz: Stark durch Social Media       welchen Erfolg hatte. „Vorher gab es bei uns nur Google
                                                                                   Analytics.“

                    Kosmos der aufgeräumten und gut gelaunten Lässigkeit, in       „Wir sind unsere besten Markenbotschafter“
                    dem Hochschulabschlüsse nicht so wichtig sind, wenn die        Doch über die Sozialen Netzwerke kommt Asphaltgold in
                    Liebe zum Produkt und zum Verkaufen stark ist. Wer bei         die Herzen der Menschen, schon 2009 fing Benz damit an,
                    Asphaltgold arbeitet, zählt in Darmstadt zu den cooleren       Facebook zu bespielen. Mittlerweile gibt es im Team sechs
                    Leuten, man hat mit diesem Job hier ein Alleinstellungs-       Leute, die sich darum kümmern. Via Facebook kommt man
                    merkmal.                                                       direkt in den Onlineshop, das funktioniert jetzt auch bei
                                                                                   Instagram, Asphaltgold ist hier Testbetrieb in einem Pilot-
                    Der Umsatz des Unternehmens liegt heute bei einem zwei-        projekt.
                    stelligen Millionenbereich, genauer wird Benz nicht. Was       „Wir sind unsere besten Markenbotschafter“, begründet
                    er aber sinngemäß sagt, ist, dass er kein wachstumsgeiler      Daniel Benz die Präsenz in den Netzwerken. Er steht mit
                    Profitmacher ist, der am Ende sein Unternehmen an einen        seinem guten Namen für die Produkte, und deswegen ist er
                    Investor verschachert. Geld um jeden Preis will er nicht       sehr vorsichtig, wenn es darum geht, Influencer einzukau-
                    verdienen, daher beschied er auch ein Angebot abschlägig,      fen, die Produkte bewerben. Ab und zu nutzt er die Mei-
                    dass ein internationaler Franchise-Nehmer einen Asphalt-       nungsmacherstars, „aber wirklich nur dann, wenn es zum
                    gold-Laden eröffnen wolle. Wenn, dann müsste das schon         Schuh passt. Aber eigentlich ist das nicht unsere Strategie.“
                    ein Kumpel sein, der diese Filiale mit demselben Geist
                    führt, der auch die Darmstädter Geschäfte trägt, auch in       Per App die passende Schuhgröße ermitteln
                    New York oder London.                                          Der Erfolg von Asphaltgold beruht auf einer digitalen
                                                                                   Komplettstrategie, zu der selbstverständlich ein What-
                    Der Fuß zum Schuh                                              sApp-Newsletter und seit einer Weile eine App mit den
                    Was Asphaltgold stark gemacht hat, ist das Prinzip Benz.       Namen Fitting Room gehören. Das ist eine mobile Größen-
                    Hier ist der heute 37 Jahre alte Chef der erste Markenbot-     beratung, bei der die Kunden einfach eintippen, in welcher
                    schafter. Als er anfing, Schuhe zu verkaufen, machte er        Größe sie ein Modell bereits haben und dann empfohlen
                    jahrelang alles selbst: Ladenrenovierung, Einkauf, Steuer-     bekommen, in welcher Größe sie dieses beim nächsten be-
                    erklärung. Erst 2011 stellte er seinen ersten Mitarbeiter an   stellen sollen. Denn zum Mysterium des Schuhkaufs gehört
                    - und dieser Phil Hoffmann gehört heute noch zum Team,         ja, dass immer und bei jeder Marke die Größen stets anders
                    und das mittlerweile in leitender Funktion.                    ausfallen.
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     Gut 400.000 Nutzer dieser App haben nun eine Sorge             Modelle der großen Hersteller Nike, Adidas und Asics,
     weniger.                                                       klassische Sportartikelhändler können davon nur noch
                                                                    träumen, für sie ist der lukrative Sneaker-Markt kaum noch
     Im AGC-Store sind Tablets der Transmissionsriemen in           erreichbar, die Industrie schneidet den Fachhandel. Denn
     die digitale Welt, und es gibt hier auch das „Heat-for-need-   Sneaker gelten als Mode - nicht mehr als Sportprodukte.
     Window“, mit dem Smartphone und Laden verknüpft wer-           Und in diese Kategorie ist jetzt sogar die legendäre Adilette
     den. Der Nutzer wählt mit seinem Telefon eine bestimmte        gerutscht, denn aus der früheren Fußballer-Badelatsche
     URL, daraufhin blinken am Bildschirm im Schaufenster           mit Prollcharme ist heute ein Lifestyleprodukt geworden,
     ständig wechselnde Codes auf, die nach Eingabe im Smart-       mit dem sich sehr junge Leute gerne im Alltag zeigen.
     phone Zugang zu besonderen Produkten gestatten. Wer
     darüber einkauft, weiß zudem, dass ein Teil seines Gelds       Der Sporthandel hätte gerne, was Asphaltgold hat
     sozialen Zwecken zugutekommt. Selbstverständlich ge-           Aber auch Benz bekommt nicht alles, denn einige wenige
     hört zu Asphaltgold dazu, dass die Kunden vor dem Laden        Schuhe sind „Key-City-Produkte“, wie er es nennt, also
     campieren, wenn neue Modelle zu haben sind. Doch das           solche neuen Modelle, die in den Weltstädten präsentiert
     Darmstädter Geschäft schafft es auch, mit eigenen Ideen        werden müssen: New York, London, Berlin und so. Darm-
     Begehrlichkeiten zu wecken, etwa mit einem selbst ge-          stadt zählt da nicht ganz dazu.
     stalteten Asics-Schuh in der Optik des Jugendstils, für den
     Darmstadt auch steht. Das Modell war fix ausverkauft.          Damit kann Daniel Benz aber leben, schließlich hat er auch
                                                                    ein gutes Leben, weil er täglich mit lauter Freunden zur
     Der Smart zum Sneaker                                          Arbeit kommt. In diesem Jahr feiert das Asphaltgold-Team
     Voriges Jahr hatte dann der Daimler-Konzern beschlossen,       zehn Jahre Bestehen, „und wir werden da ein größeres
     dass Asphaltgold cool genug ist für eine Marketingaktion       Ding abfackeln“, sagt der Chef. Details zu dieser bestimmt
     für den Smart, dessen Image ja immer noch auf der Stufe        imposanten Feier bleiben noch geheim. Doch eines ist ge-
     Zweitwagen für die Hausfrau angesiedelt ist. Es galt, neue     wiss: Daniel Hackenberg wird dabei sein, als Pionier dieses
     Zielgruppen anzusprechen - und hier sah man in der flotten     Unternehmens.
     Asphaltgold-Gemeinde die richtigen Leute. Zudem passt
     der Name Asphalt gut zu Autos - also ran an die Darmstäd-
     ter.

     Benz sollte einen Sneaker kreieren, der mit dem Smart
     harmoniert, er entschied sich für ein Nike-Modell, und den
     gab es bei ihm für 19.000 Euro. Als Beigabe erhielt der Kun-
     de eben ein Smart-Modell „BRABUS edition asphaltgold“.
     Oder umgekehrt, wie man es mag. Daimler klotzte damals
     mit reichweitenstarker Werbung, es gab unter anderem TV-
     Spots unmittelbar vor der „Tagesschau“ - und immer war
     Asphaltgold mit im Bild.

     Daimler war gut, aber es geht auch ohne ganz gut
     Wer jedoch glaubt, dass das Darmstädter Geschäft nach
     dieser Kampange vor neuer Bekanntheit kaum noch laufen
     konnte, irrt. „Wir haben den Erfolg signifikant gespürt,
                                                                                                                         Foto: Asphaltgold

     aber nicht massiv“, sagt Daniel Benz. Heißt nichts anderes:
     Die Marke Asphaltgold ist auch ohne einen Giganten wie
     Daimler im Rücken stark.

     Daher bekommt Benz auch zu 90 Prozent alle wichtigen
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07

                Marc Ramelow: „Tradition
                		 ist kein Geschäftsmodell“
                Marc Ramelow demonstriert, dass es im schwer kämpfenden mittelständischen Textilhandel

                immer noch Unternehmen gibt, die sich behaupten. Acht Modehäuser und ein Café gehören

                zu Ramelow, alles in Norddeutschland, von Elmshorn bis Uelzen.

                D
                          as Ur-Geschäft wurde von Gustav Ramelow 1872 im
                          mecklenburgischen Klütz eröffnet, sein Nachfahre
                          Marc sagt heute einen Satz, den sich viele altein-
                gesessene Handelsunternehmen merken sollten: „Tradition
                ist kein Geschäftsmodell.“ Also nutzt er auch die technischen
                Möglichkeiten der Gegenwart, damit Ramelow eine Zukunft
                hat.

                Das beste Werkzeug ist das Smartphone des Mitarbei-
                ters
                Vielleicht fängt man aber erst einmal an zu erzählen, was er
                dabei weglässt, weil zu viel Technikgedöns im Laden für die
                Kunden nichts bringt. Stelen, auf denen Videos laufen, oder

                                                                                                                                                    Fotos: Ramelow
                Touchscreens. „Kein Mensch steht davor und spielt herum“,
                sagt Modehändler Ramelow. Tablets für die Verkaufsberater
                haben sich auch nicht bewährt - die besten Werkzeuge sind
                die privaten Smartphones der Mitarbeiter.

                                                                                           Marc Ramelow. Unten: Mitarbeiterin Kirsti Klähr
                Auf denen hat das Personal zwei Apps geladen - „Pia“ zur
                internen Kommunikation im Ramelow-Kosmos sowie „Clara“
                vom Anbieter Fashion Cloud als digitale Regalverlängerung.       Denn der Kern des stationären Geschäfts ist ja der Mensch,
                Kunden, die im Geschäft nicht die gewünschte Hose finden,        der dort berät. Nur muss der eben seine Kunden heute nicht
                können hierüber fix versorgt werden. Acht Hersteller sind        nur im Laden unterhalten und einkleiden - sondern eben auch
                angeschlossen und können in maximal 48 Stunden die neue          zu anderen Zeiten darüber informieren, was es Neues gibt und
                Ware ins Geschäft liefern, nicht nach Hause. „Unsere Kunden      Kontakt zum Geschäft halten.
                wollen das so“, versichert Händler Ramelow.
                                                                                 Kundenkontakt auf dem Wochenmarkt - und per
                Per WhatsApp zur Shopping-Party einladen                         WhatsApp
                Was die Kunden auch wollen: per WhatsApp in Kontakt mit          Ramelow erzählt von einem Verkäufer in der Herrenabteilung
                Ramelow bleiben. Dafür gibt es 30 Enthusiasten unter den         der Uelzener Ramelow-Filiale, der samstags stets über den
                Mitarbeitern, die sozusagen als digitale Botschafter mit ihren   Wochenmarkt der Stadt spaziert und seine Stammkunden
                Kunden in Kontakt stehen oder zu Shopping-Partys einladen.       grüßt. Das ist gut. Sehr gut und zeitgemäß ist es, wenn diese
                Einfach so mit ihren Smartphones, weil es Spaß macht, „und       Kunden halt ab und zu noch eine WhatsApp-Nachricht von
                weil sich das Berufsbild des Verkaufsberaters verändert hat“,    ihm bekommen.
                wie es der Chef Ramelow sagt.
                                                                                 Nun könnte man beim dienstlichen Gebrauch von privaten
                                                                                 Geräten auch arbeitsrechtliche Tücken vermuten, doch
                                                                                 Ramelow hat sich mit seinem Betriebsrat abgestimmt, dass es
                                                                                 hier keine Probleme geben wird. Probleme gibt es auch nicht
                                                                                 bei dem, was die Mitarbeiter ihren Kunden per WhatsApp
                                                                                 mitteilen, jeder hat freie Hand. „Ich kontrolliere ja auch nicht
                                                                                 die Verkaufsgespräche“, sagt Marc Ramelow.

                                                                                 Innovation als Geschäftsprinzip
Foto: Ramelow

                                                                                 Ramelow hat keinen Onlineshop, aber das Unternehmen ist in
                                                                                 der digitalen Welt angekommen. Dazu gehört auch, dass man
                                                                                 die Nähe zu Start-ups sucht und Innovation als einen der vier
                                                                                 wichtigen Punkte im Firmenleitbild verankert hat.
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     Online-Möbel: Wie Connox den
     Giganten Paroli bietet
     Design, Premium, Spitzenservice - diesen Anspruch hat Connox. Der Hannoveraner Online-

     möbelhändler will damit an die Spitze Europas. Die üblichen Mitspieler in der Branche

     interessieren ihn deswegen nicht. Und selbst der Marktführer muss einsehen, dass ihm

     zwei clevere Unternehmer aus Niedersachsen mal eine Woche voraus sein können.

     A
               uf jedem Schritt und Tritt, bei jedem Blick auf      sogar auch andere Onlinehändler beliefert. Das gibt es
               Einrichtung, Teppichböden und Lampen spürt           heute nicht mehr. Geblieben ist die Stärke, etwas Eigenes
               man: hier ist der gute Geschmack zu Hause. Edle,     zu entwickeln, ohne Agenturen und Berater. Und wenn man
     leicht unterkühlte Sachlichkeit, hohe Funktionalität und       dann als Nischenanbieter dem hinter Amazon zweitgrößten
     viel Ästhetik. Doch alles andere wäre auch eine Enttäu-        Onlinehändler einmal eine Woche voraus ist, dann hat das
     schung bei einem Onlinemöbelhändler im Premiumseg-             Charme.
     ment. Connox steht für Design, „und dieses Thema hält
     alles zusammen“, sagt Thilo Haas, der das Hannoveraner         Immer profitabel
     Unternehmen zusammen mit Kristian Lenz im Jahr 2005            Haas ordnet einen kleinen Erfolg im Wettbewerb mit Otto,
     gegründet hat.                                                 dem Marktführer im Onlinemöbelgeschäft, schon richtig
                                                                    ein, denn die Hamburger erzielen mit Möbeln fast 700 Mil-
     Vom Start eines Minibetriebes mit zwei Chefs, einem Mit-       lionen Euro Umsatz im Jahr - Connox kommt mittlerweile
     arbeiter und sechs Produkten in einer ehemaligen Post-         auf rund 20 Millionen. Doch bis zu den ersten zehn Millio-
     filiale bis zu 125 Mitarbeitern auf einer schicken Etage in    nen benötigten Haas und Lenz zehn Jahre, um dann 2015
     einem neuen Geschäftshaus in Hannovers Innenstadt ist          festzustellen, dass man doch jetzt ein bisschen auf die Tube
     es ein langer Weg. Seit zwei Jahren residiert Connox jetzt     drücken müsse. Und dann holte man sich die nächsten zehn
     hier, und man kann an diesen neuen Räumen auch die ge-         Millionen Umsatz innerhalb von zwei Jahren.
     wachsene Stärke eines Unternehmens ablesen.
                                                                    Connox ragt heraus aus der Masse der Internetunterneh-
     70 Prozent Warenverfügbarkeit                                  men. Von Anfang an mit keinem Cent fremdfinanziert,
     Das Unternehmen hat mittlerweile mehr als 25.000 Pro-          konsequent profitabel - davon sind beispielsweise die Mö-
     dukte von gut 450 Herstellern gelistet. Das selbst betriebe-   belhandel-Umsatzmaschinen aus dem Kosmos von Rocket
     ne Lager im Stadtteil Langenhagen ist auf 10.000 Quadrat-      Internet weit entfernt. Wie Home24 etwa, oder auch West-
     metern derart gut gefüllt, dass die Warenverfügbarkeit von     wing, dessen Gründerin Delia Fischer 2017 vom „Manager
     Connox bei 70 Prozent liegt. Neunzig Prozent der Bestel-       Magazin“ gar zur Unternehmerin des Jahres gekürt wurde.
     lungen wiederum, die an einem Tag bis 15 Uhr eingehen,         Geld verdient keines der Unternehmen.
     können bereits am Folgetag per DHL ausgeliefert werden.
                                                                    Keine Millionenbudgets für Werbung
     Und zu dieser Stärke gehört halt auch, dass man sogar mal      Connox verdient Geld, und das meiste davon fließt sofort
     den Onlineriesen Otto abhängen kann. Wenn Haas darauf          ins Unternehmen zurück. „Wir investieren in Menschen,
     angesprochen wird, dann erinnert er an einen Fußballspie-      nicht in Budgets“, sagt Thilo Haas. Connox stellt Mit-
     ler beim Torjubel. Connox gab im Januar bekannt, über die      arbeiter ein und verballert keine Millionen für TV- oder
     eigene App nun auch Augmented Reality zu bieten. Damit         Radiospots, dafür setzt man auf Onlinewerbung auf allen
     können die Nutzer in der iOS-App beispielsweise testen, ob     Kanälen - Suchmaschinenoptimierung (SEO) hat die
     das gewünschte Sofa in ihr Wohnzimmer passt.                   Hannoveraner groß werden lassen. Und sie nutzen die
                                                                    Reichweite der Einrichtungs-Blogger. Damit wächst man
     „Wir sind Technologieunternehmen“                              langsam, aber organisch „und man zeigt, dass E-Commerce
     Genau acht Tage später verkündete Otto, Möbelkunden            auch profitabel sein kann“, wie es Haas formuliert.
     jetzt ebenfalls so ein digitales Werkzeug anbieten zu kön-
     nen. Tja, wird man in Hannover gedacht haben - aber der        Doch weil E-Commerce auch eine gewisse Aggressivität
     Zweite ist der erste Verlierer. Gewiss, Haas stuft Augmen-     verlangt, wenn man wachsen will, haben Haas und Lenz
     ted Reality schon richtig ein, nämlich als „nette Spiele-      eingesehen, dass sie sich untreu werden müssen. Nur mit
     rei“, aber in Zeiten wie diesen geht es eben auch darum,       Suchmaschinenwerbung (SEA) geht es auf Dauer eben auch
     technische Kompentenz zu zeigen. „Und wir sind mehr ein        nicht, „da zahlt man sich dumm und dämlich“, sagt Haas.
     Technologie- als ein Handelsunternehmen“, sagt Haas.           Mit fremdem Geld eines Investors soll es jetzt deutlich
                                                                    schneller vorangehen. Es geht um ein Minderheitsengage-
     Es gibt nichts bei Connox, was von außen kommt - Shopsys-      ment eines Geldgebers, nicht mehr, denn Connox soll nicht
     tem inklusive. Alles Marke Eigenbau, früher wurden damit       fremdbestimmt werden.
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                                                                                    Gut zwanzig Mitarbeiter sitzen dafür in Hannover an den
                                                                                    Telefonen, es sind Innenarchitekten, Inneneinrichter und
                                                                                    sogar eine Kunsthistorikerin.

                                                                                    Sogar auf Schwyzerdütsch wird beraten
                                                                                    Und weil Connox mittlerweile neben Österreich auch in
                                                                                    Großbritannien, Frankreich, Dänemark und der Schweiz
                                                                                    Domains unterhält, werden die Kunden von dort in ihren
                                                                                    Landessprachen telefonisch beraten. Haas ist stolz darauf,
                                                                                    sogar einen Mitarbeiter gefunden zu haben, der ein Schwei-
Foto: Connox

                                                                                    zerdeutsch als Muttersprache beherrscht, damit man einen
                                                                                    eidgenössischen Kunden nicht bitten muss, doch Hoch-
                                                                                    deutsch zu reden. So etwas wirkt schnell diskriminierend.
                                                                                    „Wir verkaufen hochwertige Produkte, da muss auch der
                 Connox-Gründer Lenz und Haas (r.): Das Wort „Chef“ steht auf der   Service hochwertig sein“, sagt Haas.
                                           Verbotsliste
                                                                                    Das sind viele Kleinigkeiten, die ein Unternehmen be-
               Der Investor steht quasi vor der Tür                                 herrschen muss, wenn es Europas Nummer eins werden
               Aktuell werden diverse Optionen geprüft, es dürfte in ab-            will. Zumal auch Connox bei der Internationalisierung viel
               sehbarer Zeit zu einem Abschluss kommen. Der Vorteil ist             Lehrgeld bezahlt hat. So lernten Haas und Lenz, dass in
               dabei, dass Haas und Lenz auf die Investoren zugehen und             Großbritannien ein anderer Marketingmix notwendig ist
               auswählen können, das stärkt die Verhandlungsposition                als in Deutschland. „Es gibt dort keine Preissuchmaschinen
               im Gegensatz zu Unternehmern, die darauf hoffen, dass die            wie etwa Idealo“, beschreibt Haas den Markt. Auf der Insel
               Männer mit dem Geldkoffer eines Tages vor der Tür stehen             ist Google Shopping das heiße Suchmaschinending.
               werden.
                                                                                    Die Österreicher sind fünf Jahre hinterher
               Das Ziel von Connox: „Wir wollen europäischer Online-                In der Schweiz wiederum muss man erst einmal die kompli-
               marktführer im Bereich Premiummöbel werden“, sagt Haas.              zierte Besteuerung verstehen; und in Österreich hat man es
               Ihn interessieren weder Home24 oder Möbel.de, denn dort              mit einem betulichen Onlinemarkt zu tun, „dem Deutsch-
               wird der Massenmarkt bedient. Wer bei Connox einkauft,               land fünf Jahre voraus ist“, wie es Haas formuliert.
               will echtes Design. Vitra, Alessi, Casala gehören dabei zu
               den Marken des gehobenen Geschmacks - Menschen, die                  Bei aller Expansionslust - die wachsende Freude von On-
               sich für alles aus der Bauhaus-Linie interessieren, sind hier        linehändlern an stationären Läden teilt man bei Connox
               richtig.                                                             nicht. Zalando, Home24, besonders Mister Spex, sie alle
                                                                                    arbeiten sich in die analoge Welt vor. „Wir bleiben aber ein
               Die Retourenquote würde Zalando neidisch machen                      Internet Pure Player“, sagt Haas sehr bestimmt. „Wir sehen
               Daher hätten auch TV-Spots wenig Sinn, der Streuverlust              in Läden keinen Mehrwert. Online und offline sind keine
               wäre zu groß. Zumal die Designkunden anders ticken. „Sie             Vertriebskanäle, sondern zwei verschiedene Geschäftsmo-
               wissen, was sie kaufen, sie kennen die Produkte“, be-                delle.“ Connox‘ Modell ist das Web. Und Multichannel hält
               schreibt es Haas. Das hat zur Folge, dass die Retourenquote          er nur für einen faulen Kompromiss.
               von Connox bescheiden ist. Über die genaue Höhe macht
               Haas zwar keine Angaben, „aber Zalando wäre neidisch“,               Ein Verkauf auf Amazon ist für Connox nicht erstrebens-
               sagt er immerhin.                                                    wert: „Amazon hat für einen Fachhändler, der wie wir
                                                                                    hochwertige Lifestyle-Produkte verkauft, nur bedingt Sinn.
               Vielleicht drückt die Retourenquote auch die telefonische            Denn die Darstellung bei Amazon ist wenig geeignet, die
               Beratung von Connox, bei der es nicht um ganze Wohn-                 Hochwertigkeit eines Produktes und die damit verbunde-
               welten wie etwa bei Ikea, sondern immer nur um einzelne              nen Emotionalität und den Lifestyle zu vermitteln“, sagt
               Produkte geht, die zur Individualität des Kunden passen.             Haas.
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     Lampenwelt: Das leuchtende
               Vorbild in der Nische
     Was alles passieren kann, wenn man schusselig ist und das Kreuzchen an der falschen

     Stelle macht. Andreas und Thomas Rebmann waren vor gut zehn Jahren schusselig - und be-

     finden sich seitdem als Onlinehändler mit Lampenwelt.de auf einem Erfolgskurs, der kein

     Ende zu kennen scheint. Das liegt aber nicht nur am Zufall.

     D
               amals buchten sie Werbung bei Google, 500 Euro
               im Monat wollten sie dafür ausgeben. Dummer-
               weise klickten sie jedoch an: 500 Euro in der Woche.
     Viermal so viel Budget heißt, viermal so viel Werbung poppte
     bei Google auf. Plötzlich fiel Lampenwelt.de auf, die Kunden
     klickten die Seite an, bestellten - und die Umsätze explodier-
     ten.

     Wenn Oliver Samwer recht hat
     So kann man auch zu erfolgreich werden, aber irgendwie passt

                                                                                                                                          Foto: Lampenwelt
     diese Anekdote zu den Rebmann-Brüdern, die in ihrem Be-
     reich zu Onlinegiganten aufgestiegen sind. Ein Großmeister
     der Branche hatte das früh gewusst: Oliver Samwer, der Mann
     hinter dem Firmenimperium Rocket Internet. Er sagte 2009:
     „Lampenwelt wird kommen.“
                                                                        Alles begann in einer Garage: Thomas (li.) und Andreas Rebmann.
     So erinnert es Andreas Rebmann heute, und er genießt es, dass
     Samwer einerseits recht hatte, andererseits sich zumindest
     beim Thema Lampen- und Leuchtenversand zwei Männern              Und dann sind da noch die Umsatzsprünge, die das famose
     geschlagen geben musste, die jenseits der Start-up-Metropo-      Wachstum von Lampenwelt dokumentieren: Noch 2010 lag
     len wie Berlin oder Hamburg unaufhörlich an ihrer Erfolgs-       man bei 10 Millionen Euro - spätestens 2019 sollten die 100
     geschichte schreiben.                                            Millionen realistisch sein. „Das wäre dann ein Grund zu fei-
                                                                      ern“, sagt Andreas Rebmann.
     Zentrum dieser Geschichte ist Schlitz. Eine Kleinstadt mit
     nicht einmal 10.000 Einwohnern, gelegen im Vogelsbergkreis,      Konkurrenz? Gibts nicht!
     25 Kilometer von Fulda entfernt. Vier Burgen, eine Schnaps-      Lampenwelt hat ein Level erreicht, auf dem für Konkurrenten
     brennerei, viel Natur und noch mehr Provinz drumherum.           kein Platz mehr ist. Samwer musste seinen Versuch mit Lam-
     Hier ist die Heimat der Rebmanns, hier haben sie beruflich       penexperten.de vor ein paar Jahren für gescheitert erklären,
     vieles ausprobiert, und hier sind sie trotz des rasanten Auf-    und die Möbelhändler Westwing sowie die Rocket-Tochter
     stiegs geblieben.                                                Home24 mit ihrem Lampensortiment sorgen bei Andreas
                                                                      Rebmann keineswegs für Herzrasen.
     Nach eigenen Angaben hat Lampenwelt.de heute rund 1,5 Mil-
     lionen Kunden, die aus etwa 50.000 Produkten rund ums Licht      „Wir sind die Nischenkiller“, sagt er. Heißt: Die Nische Leuch-
     wählen können. Es gibt mittlerweile Shops in 14 europäischen     ten ist besetzt von Lampenwelt.
     Ländern und Anfang Oktober wurde im Schlitzer Ortsteil           Dabei war der Anfang der Schlitzer Killer ein ziemliches
     Fraurombach das erweiterte eigene Logistikzentrum eröffnet.      Gewurschtel. Thomas Rebmann studiere Elektrotechnik
     Die Fläche wuchs von 3.500 auf nunmehr 9.500 Quadratmeter.       und begann 1999 nebenbei hochwertige Lampen bei Ebay zu
     Mit 300 Lieferanten pflegt Lampenwelt Geschäftsbeziehun-         verticken, als dort noch der Slogan „Drei, Zwei, Eins... meins“
     gen.                                                             galt. Das Lager war seine Garage, die Gewinne waren anfangs
                                                                      bescheiden.
     Jobmaschine Lampenwelt
     Allein 2017 hat Lampenwelt insgesamt 75 neue Mitarbeiter         Bruder Andreas lernte Technischer Zeichner, arbeitete in der
     eingestellt, gut 280 Menschen arbeiten damit mittlerweile für    Bad Schwalmstädter Außenstelle des Technologieunterneh-
     den Versender. Und dafür gab es im vergangen Jahr von der        mens Freudenberg als Konstrukteur und war später erfolg-
     Hessischen Landesregierung auf dem 26. Hessischen Unter-         reich als Versicherungsmakler unterwegs. Und ein bisschen
     nehmertag der Vereinigung der hessischen Unternehmerver-         wuselte er beim Lampenversand des Bruders mit. „Das war
     bände (VhU) im Wiesbadener Kurhaus die Auszeichnung als          trial-and-error“, beschreibt er diese Phase des frühen Inter-
     „Hessen-Campion 2017“ in der Kategorie Jobmotor.                 nethandels.
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Foto: Lampenwelt

                                            Noch 2010 lag man bei 10 Millionen Euro Umsatz. 2019 sind 100 Millionen Euro realistisch.

                   Ab 2004 war so langsam Schluss mit dem Gewurschtel, denn                bank-Filiale vorsprachen und einen neuen Kredit für die
                   ein Großauftrag zwang zur Professionalisierung. Thomas                  Expansion wollten. Der Bankberater war zwar freundlich und
                   hatte es mit seinem Lager des eigenen Webshops (gegründet               bemüht - doch Millionenbeträge waren in seinem Verant-
                   2002) immerhin schon in eine ehemalige Scheune geschafft,               wortungsbereich nicht mehr vorgesehen. Also besorgte sich
                   die Brüder gründeten erst die Rebmann Lichtsysteme GbR                  Lampenwelt erstmals Investorengeld. 2012 dann der nächste
                   und erwarben dann für einen niedrigen vierstelligen Betrag              Schritt mit dem ersten richtigen Logistikzentrum in Fraurom-
                   die Domain Lampenwelt.de                                                bach.

                   Finanzkrise? Ach was. Vollgas!                                          Ein Familienbetrieb ist Lampenwelt strenggenommen
                   2008, als die Finanzkrise über die Weltwirtschaft hereinbrach           trotzdem nicht mehr. Das Wagniskapitalunternehmen 3i ist
                   und überall Investitionen zurückgefahren wurden, „haben wir             inziwschen Anteilseigner, 120 Millionen Euro schoss es ins
                   bei der Werbung Vollgas gegeben. Das war die entscheidende              Unternehmen, zudem gab es 54 Millionen Euro als Kredit. Die
                   Phase für uns“, sagt Andreas Rebmann.                                   Rebmanns halten Minderheitsanteile und fungieren als Ge-
                                                                                           schäftsführer und bestimmen den Kurs.
                   Nur ein Jahr später war der Umsatz von 1,3 auf 4 Millionen
                   Euro angestiegen, 2010 wurde die ehemalige Schlitzer Berufs-            So kommt für sie ein Handel auf dem Amazon-Marktplatz
                   schule saniert und der neue Firmensitz, eine alte Filiale der           nicht in Frage. Gut 15 Prozent Provision an den Plattformbe-
                   früheren regionalen Supermarktkette Kontra das neue Lager.              treiber abgeben? Auf keinen Fall. Und am Ende listet Amazon
                                                                                           die gut laufenden Lampenweltprodukte einfach im eigenen
                   Wer so schnell wächst, ist bald zu groß für Schlitz. Das                Fulfillment-Sortiment und verkauft sie selbst. „Das ist dann
                   merkten die Rebmanns 2009, als sie bei der örtlichen Volks-             der schleichende Tod für einen Händler.“
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     Warum tausendkind die Werbung
              selbst in die Hand nimmt
     Inhouse statt Agentur: So schöpft tausendkind das volle Potenzial aus allen Daten sei-

     ner Kampagnen - und ist damit effizient. Auch bei komplexeren Prozessen. Das sorgt für

     die notwendige Flexibilität im Tagesgeschäft.

     E
            s gibt viele Gründe, ein Unternehmen zu gründen. Ka-
            thrin Weiß zum Beispiel wollte eine gute Freundin sein:
            „Um den Babys meiner Freundinnen mit tollen Ge-
     schenken eine Freude zu machen, musste ich mich immer an
     erfahrene Mütter wenden und erhielt auf meine Anfrage hin
     ellenlange Excel-Listen mit Shops von Spielzeug- und Acces-
     soire-Labels“, erinnert sich Weiß. „Da stellte ich mir die Frage,
     warum nicht all die besonderen und schönen Dinge gebündelt
     und übersichtlich in einem Onlineshop zu finden sind.“

     40 Prozent Umsatzplus
     So war die Geschäftsidee zu tausendkind.de geboren. Auf der
     Suche nach einem Mitgründer weihte sie ihre McKinsey-Kol-
     legin und Freundin Anike von Gagern ein: „Obwohl spontane
     Entscheidungen aus dem Bauch heraus für mich eher un-

                                                                                                                                Foto: tausendkind
     typisch sind, war ich von tausendkind sofort überzeugt“, erin-
     nert sich von Gagern. Ausgerüstet mit analytischem Know-
     how sowie wichtigen Projektmanagement-Tools kündigten
     die Beraterinnen im Sommer 2010 ihre unbefristeten Arbeits-
     verhältnisse und wagten den Sprung ins kalte Wasser.

     Die Onlinehändlerinnen sind seit der Unternehmensgrün-              Budgets selbst flexibel verteilen
     dung insgesamt fünfmal Mutter geworden, beschäftigen                Die Auswahl von Tools und Anbietern werde stetig größer, das
     inzwischen knapp 120 Mitarbeiter, bieten mehr als 65.000            Datenmanagement somit immer komplexer: „Wir wollen das
     Baby- und Kinderartikel an und freuen sich über gut 700.000         volle Potenzial aus allen Daten unserer Kampagnen schöpfen,
     registrierte Kunden – Tendenz steigend. Der Umsatz legte            weshalb Bündelung und Auswertung wichtige Aspekte sind,
     2017 um mehr als 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu.            die wir inhouse steuern wollen. Außerdem möchten wir in
     „Auch wenn wir noch nicht profitabel sind, liegt unser Um-          der Lage sein, das Budget flexibel selbst zu verteilen.“ Zudem
     satz jetzt im mittleren zweistelligen Millionenbereich. Wir         sei ein internes Marketing-Team für tausendkind langfristig
     fokussieren uns bewusst auf profitables Wachstum“, erläutert        effizienter als die Zusammenarbeit mit Agenturen.
     von Gagern, die bei tausendkind für den Einkauf, die Logistik
     sowie Personal zuständig ist.                                       „Wir verzichten jedoch nicht gänzlich auf Agenturen“, räumt
                                                                         die Gründerin ein. So habe die Full-Service-Agentur tectume-
     Unterstützt werden die Gründerinnen dabei unter anderem             dia beispielsweise den Inhousing-Display-Marketing-Prozess
     von Investoren wie Capnamic Ventures, Iris Capital, IBB             gesteuert und berate tausendkind auch weiterhin in vielen
     Beteiligungsgesellschaft, pd ventures und PDV Inter-Media           Bereichen. „Zudem stehen uns durch diese Zusammenarbeit
     Venture.                                                            auch neue Technologien zur Verfügung, wie zum Beispiel für
                                                                         den programmatischen Media-Einkauf“, berichtet Weiß.
     Von Anfang an hat tausendkind sich beim Onlinemarketing             Der Prozess im Display-Marketing war von der Idee über
     für das Inhousing-Modell entschieden, also dafür, das Marke-        die Umsetzung bis zur Optimierung nach acht Monaten
     ting selbst zu steuern und keine externen Dienstleister damit       abgeschlossen. „Zunächst wurde ein Team mit ein bis zwei
     zu betrauen. „Die Entscheidung, das Onlinemarketing intern          Personen rekrutiert. Dann nahmen wir die Key Performance
     abzubilden haben wir bei der Gründung aus verschiedenen             Indikatoren anderer Kanäle sowie bestehende Media-Part-
     Gründen getroffen“, berichtet Weiß. „Wir sehen Onlinemarke-         nerschaften unter die Lupe und bewerteten die Prozesse zur
     ting als eine Kernkompetenz eines Webshops an und möchten           Erstellung der Werbemittel“, erläutert die tausendkind-Ge-
     das Know-how daher intern haben.“                                   schäftsführerin. tectumedia habe darauf basierend ein Kon-
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Foto: tausendkid

                                                           Anike von Gagern (li.) und Kathrin Weiß von tausendkind

                   zept mit passenden Maßnahmen und Budgetplänen entwi-                  Die Display-Marketing-Expertin, die vor der Agenturgrün-
                   ckelt, das der mittelständische Onlinehändler gemeinsam mit           dung unter anderem bei Yahoo, Zalando und Project-A-Ven-
                   der Agentur umgesetzt habe.                                           tures tätig war, sieht zudem die interne Kommunikation bei
                                                                                         Inhouse-Projekten als entscheidenden Erfolgsfaktor. „Der ste-
                   „Uns war wichtig, dass wir intern Onlinemarketing-Kom-                te Austausch zwischen Geschäftsführer und operativer Ebene
                   petenzen aufbauen, allerdings nicht, um zwangsläufig alles            ist immens wichtig, gerade bei der Festlegung der Strategien
                   intern abzudecken“, so Weiß. „Wir haben inzwischen ein                und Ziele. Inhouse-Projekte können nicht funktionieren,
                   20-köpfiges Marketing-Team. Rat holen wir uns in strate-              wenn die Beteiligten einander nicht vertrauen.“
                   gischen Fragen rund ums Display-Marketing sowie bei der               Das bestätigt tausendkind-Gründerin Weiß: „Man muss
                   Auswahl von Adserver sowie Tracking- und Reporting-Tools.“            schnell Entscheidungen treffen, um bei dem dynamischen
                   Zudem übernehme die Agentur den Display-Mediaeinkauf                  Onlinemarketing-Geschäft rechtzeitig reagieren zu können.
                   und erstelle das entsprechende Reporting.                             Denn es hilft nichts, am Ende ein Reporting zu bekommen,
                                                                                         wenn schon alles gelaufen ist und man nicht mehr optimieren
                   Messbar bekannter geworden                                            kann.“
                   Der Ausbau des Display Channels habe das zuvor definierte,
                   gewünschte Wachstum erzielt. „Die Marke tausendkind ist
                   durch die Bannerwerbung messbar bekannter geworden“,
                   sagt Weiß. Zudem habe der Onlinehändler neue, wichtige
                   Erkenntnisse über seine Zielgruppen und deren Customer
                   Journey gewonnen. Um die Onlinemarketing-Prozesse intern
                   abzubilden, muss ein Unternehmer ein paar Voraussetzun-
                   gen mitbringen. „Das funktioniert nur, wenn der Händler die
                   eigenen Zahlen versteht und die Budgets erstellt“, sagt Danuta
                   Florczyk, Mitgründerin und Geschäftsführerin von tectu-
                   media. „Wir als Agentur sind nur ein kleines, ergänzendes
                   Puzzleteil.“
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     Wie ein Schuhhaus in kleinen
      Schritten den Webshop optimiert
     Alles neu bedeutet nicht automatisch alles gut: Statt einen Webshop alle

     paar Jahre komplett neu aufzusetzen ist es sinnvoller, ihn ständig in kleinen

     Schritten zu verbessern, argumentiert André Roitzsch von Shopmacher.

     Beim Schuhhaus Zumnorde klappt das gut.

     E
             in Onlineshop ist eigentlich eine Dauerbaustelle: Die
             Geschmäcker ändern sich, die technischen Möglich-
             keiten auch. Und darüber hinaus gewöhnen sich die
     Konsumenten ratzfatz an noch bequemere und noch einfache-
     re Bedienung von Anfang bis Ende des Besuchs.
     Lange hieß das praktizierte Prinzip „Abreißen und neu bauen“:
     Ein Handelsunternehmen brachte einen Webshop ins Netz
     und setzte ihn dann alle paar Jahre mit großen Relaunches
     praktisch komplett neu auf. „Das ist nicht mehr zeitgemäß“,
     sagt André Roitzsch, Geschäftsführer der Shopmacher
     eCommerce GmbH. „Bei Plattformen ist heute Evolution statt
     Revolution angesagt, das Thema Shop-Verbesserung wird zur
     neuen Spezialdisziplin.“

                                                                                                                                      Foto, Zumnorde
     Als Beispiel nennt er die Branchengrößen, die ihre Platt-
     formen, oft von der Öffentlichkeit unbemerkt, permanent in
     Teilbereichen optimieren, in denen Verbesserungspotenzial
     identifiziert wurde. Nun sollten auch Mittelständler diesen             Thomas Zumnorde: Digitale Fokusthemen identifiziert
     „pragmatischen und effizienten Ansatz“ übernehmen.
     „Klar definierte kleine Teilprojekte zur Shop-Optimierung
     sind gegenüber Mammut-Projekten wie einem kompletten             ziente Prozesse verursachen Kosten und beanspruchen zeit-
     Relaunch mit deutlich weniger Risiken behaftet, in ihren         liche Ressourcen, die besser eingesetzt werden können. Beide
     Investitionsvolumina viel überschaubarer, schneller umsetz-      Faktoren schmälern das Betriebsergebnis“, argumentiert der
     bar und in der Erfolgskontrolle wesentlich transparenter“,       Shopmacher-Chef. „Nicht ausgeschöpfte Umsatzpotenziale,
     argumentiert Roitzsch. „Greif- und messbare Ergebnisse           meist als Folge suboptimaler User-Experience an diversen
     liegen innerhalb kurzer Zeit statt erst nach Monaten oder gar    Schlüsselstellen von Webshops, setzen dem Wachstum und
     Jahresfrist vor. Das alles sind Vorzüge, die gerade mittel-      dem Profit eines Shops ebenfalls unnötig Grenzen.“
     ständische Händler, die nicht wie die Branchenriesen über
     beinahe unbegrenzte Investitionsmittel verfügen, überzeugen      Praxis Shopverbesserung
     sollten, denn sie bedeuten weniger Risiko und mehr Effizienz.“   Um zu zeigen, wie diese doch eher abstrakten BWL-Schlag-
                                                                      worte praktisch bei einem Webshop umgesetzt werden
     Ausgangspunkt für Projekte zur Shop-Verbesserung sollten         können, skizziert Roitzsch folgendes Szenario: „Messungen
     demnach immer nachprüfbare Messergebnisse sein. „Denn            bei einem Kunden haben gezeigt, dass die Absprungrate auf
     wer misst, der weiß – wer nicht misst, der hofft nur“, wie       einer Artikel-Detailseite auffällig hoch ist. Wir haben mit
     es der E-Commercespezialist ausdrückt. Messergebnisse            einer Optimierung der User-Experience gegengesteuert, die in
     aus den Analytics dienten nicht nur zur Identifikation von       einem A/B-Testing überprüft wird. Als die Ergebnisse stimm-
     Optimierungspotenzial in Teilbereichen eines Shops, sondern      ten, folgte der Rollout für diesen Teilbereich.“ Das gleiche
     auch als Benchmark für die Erfolgskontrolle nach Abschluss       Verfahren werde beispielsweise auch angewendet, wenn es zu
     eines Teilprojektes. „So werden die Resultate von Projekten      häufig zu Abbrüchen bei der mobilen Ansicht von Artikellisten
     zur Shop-Optimierung aus der dunklen Ecke der Vermutun-          kommt.
     gen ins helle Licht nachprüfbarer Ergebnisse geholt“, um-
     schreibt Roitzsch den Vorteil der Datenanalyse.                  Werden Suchanfragen zu einer bestimmten Produktgruppe
                                                                      zu oft abgebrochen, müsse die Such-Konfiguration angepasst
     Damit ein Shop eine möglichst hohe Profitabilität hat, zielen    werden. Schwächele das Cross-Selling, könnten Maßnahmen
     Maßnahmen zur Verbesserung grundsätzlich auf die Optimie-        aus dem Bereich Empfehlungsmarketing Abhilfe schaffen.
     rung von Prozessen und die Steigerung des Umsatzes. „Ineffi-     Zudem ist Individualisierung bei der Shop-Optimierung ein
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Foto: Zumnorde

                                                              2011 stieg Zumnorde in den Onlinehandel ein.

                 zentrales Thema. „Die Individualisierung eines Newsletters            Best Practice: Schuhhaus Zumnorde
                 ist zum Beispiel oft die richtige Antwort auf mangelnde New-          Im September 2015 ist das Schuhhaus Zumnorde auf einen
                 sletter-Conversions“, so Roitzsch. Wenn die Messungen eine            von Shopmacher aufgesetzten und designten Onlineshop
                 hohe Absprungrate bereits auf der Startseite ergeben, könne           umgestiegen. Dieser basiert auf OXID-Software und ist mit
                 auch hier die Implementierung von Individualisierungsfunk-            einem Frontendlayer sowie dem CommerceCockpit von Shop-
                 tionen helfen.                                                        macher versehen.
                 „Allerdings geht es nicht ausschließlich um Optimierungen im          Eine zentrale Rolle hierbei spielte das CommerceCockpit,
                 Frontend“, erläutert er. „Häufen sich zum Beispiel Rückmel-           eine von Shopmacher entwickelte SaaS-Lösung. Sie wird an
                 dungen von Kunden, die eine zu lange Lieferzeit bemängeln,            die Basis-Shopsoftware angedockt und ermöglicht es Redak-
                 werden die systemischen Prozesse im Hintergrund bis zum               teuren auf der Anwenderseite ohne tiefer gehende technische
                 Versand der Lieferung überprüft und optimiert.“                       Kenntnisse, große Teile der Plattform selber zu editieren –
                 Da das Spektrum möglicher Optimierungsmaßnahmen breit                 praktisch beispielsweise bei der Erstellung von Texten für das
                 gefächert ist und sich ständig ändert, lautet seine Empfehlung:       bei Onlineshoppern gefragte Storytelling. Das betrifft nicht
                 „Think big – start small“. Zwei Mini-Relaunches pro Quartal           nur Bilder und Texte, sondern auch viele andere Bereiche des
                 in kleinen Teilprojekten seien deutlich ratsamer als ein kom-         Shops.
                 pletter Relaunch alle fünf Jahre. „So bleiben Shopbetreiber
                 agil und flexibel, schonen ihre Ressourcen, behalten das Heft         „Mit dem CommerceCockpit hat Shopmacher uns praktisch
                 des Handelns stets in der Hand“, wirbt Roitzsch.                      vom Beifahrer- auf den Fahrersitz gesetzt“, sagt Zumnorde-
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     Geschäftsführer Thomas Zumnorde. „Unsere verschiedenen
     internen Teams können entlang unseres Marketingplans
     jederzeit und unkompliziert in Eigenregie Änderungen im
     Shop vornehmen, neuen Content erstellen, Kampagnen- und
     Sonderaktionen starten und vieles mehr. Das ist eine Funk-
     tion, die wir sehr schätzen und intensiv nutzen.“

                                                                                                                                       Foto Zumnorde
     Über das Jahr 2017 hinweg hat Zumnorde viele kleinere,
     effiziente Optimierungen in Teilbereichen vorgenommen
     – vorbereitet und begleitet von nachprüfbaren Messergebnis-
     sen. „Auf Basis von Daten können wir verlässlich sehen, wo
     wir besser und kundennäher werden können und müssen an-
     schließend auch konkret nachprüfen, ob wir in den jeweiligen       „Uns gefällt das Konzept der kontinuierlichen Optimierung
     Bereichen tatsächlich besser geworden sind“, so der Schuh-        in kleinen, überschaubaren und nachprüfbaren Schritten“, so
     händler.                                                          Zumnordes Fazit. „Für uns wie wohl für jeden Shopbetreiber
     Für das Jahr 2017 wurden von Shopmacher zur Erreichung            ist dabei besonders wichtig, dass die kleinen und überschau-
     der definierten Ziele 20 Entwicklertage pro Monat als             baren Updates im Gegensatz zu umfangreichen Relaunches
     angemessen und zielführend erachtet. Im Rahmen dieses             nicht große Teile unserer internen Ressourcen über lange
     Zeitkontingents werden in sogenannten Sprints aktuell             Zeiträume binden und vor allem auf Anhieb beim Going-Live
     das mobile Frontend, Navigation und Checkout sowie die            sofort problemlos funktionieren.
     Benutzerfreundlichkeit insgesamt optimiert. Im Bereich            Die Erfolge, die unser Unternehmen im E-Commerce mit die-
     Dynamisierung und Personalisierung werden zum Beispiel            ser Philosophie hat, sprechen für sich.“ Ohne konkrete Zahlen
     die Hinterlegung von Schuhgrößen, bevorzugten Farben und          zu nennen, habe sich der online erzielte Umsatz gegenüber
     Styles, Hobbies und vieles mehr angelegt.                         den Vorjahren deutlich erhöht.

          Schuhhaus Zumnorde
            Das Schuhhaus Zumnorde ist ein traditionelles deutsches Famili-
            enunternehmen: Gegründet im Jahr 1887 von Heinrich Zumnorde
            im westfälischen Münster betreibt das Unternehmen heute neben
            dem Stammgeschäft am Münsteraner Prinzipalmarkt bundesweit
            27 weitere stationäre Geschäfte. Im Jahr 2011 stieg Zumnorde in
            den Onlinehandel ein. Federführend für die Online-Aktivitäten ist
            Thomas Zumnorde, der als Mitglied der Geschäftsführung mittler-
            weile die 5. Generation an der Spitze des Schuhhändlers repräsen-
            tiert. Seit dem Jahr 2013 kooperiert Zumnorde mit Shopmacher aus dem ebenfalls westfälischen Gescher.
            Gemeinsam wurden Fokusthemen identifiziert: Die Verbesserung der Shop-Performance insgesamt, die Opti-
                                                                                                                                       Foto: Zumnorde

            mierung der Mobile Usability, die insbesondere für die Google-Rankings große Bedeutung hat, sowie die weitere
            Dynamisierung und Personalisierung der Shopinhalte. Den einzelnen Teilprojekten wurden Entwickler-Kontin-
            gente der Spezialisten von Shopmacher zugeordnet.
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Schrey ist auf
      allen Kanälen präsent
Digitale Welt und schöne Läden müssen sich nicht ausschließen. Das zeigt Intersport

Schrey und beweisen, wie hervorragend ein Unternehmen im digitalen Zeitalter existieren

kann. Wenn man offen ist zum Ausprobieren.

N
          icole und Dirk Kaelber, Geschäftsführer von Inter-
          sport Schrey in Pforzheim, verkörpern den Typ
          mittelständischer Händler, den man nicht oft findet:
Mut zum Risiko. Und den lassen sie sich auch etwas kosten.
In Kaelbers Budget gibt es den Posten „Spielgeld“, und das ist
einzig zum Ausprobieren vorgesehen. Da wird nicht groß mit
den Köpfen gewackelt, ob und wie und wann sich so etwas
rechnen könnte - zugreifen, testen, und dann wird man schon
sehen, ob es sich lohnt. „Lieber geben wir dafür Geld aus, an-
statt uns neue Autos zu kaufen“, sagt Dirk Kaelber.

                                                                                                                                   Foto: Schrey
                                                                                                      Sportfachhändlerin
                                                                                                      Kaelber: Digitale Welt und
                                                                                                      schöne Läden

Schrey ist beispielsweise auf allen Kanälen präsent: Der         Filmchen für die Facebookseite, bei dem sich die Männer mal
Messenger-Dienst wird bespielt, Facebook sowieso, aber auch      als Fußball-Nationalmannschaft verkleiden oder in Schnor-
Twitter, Instagram, Pinterest, Tumblr und Youtube. Über-         chelausrüstung schön albern auf der Straße herumhopsen.
all ist Schrey präsent. Es wird gebloggt, gepostet, gechattet,   Es geht aber auch ganz seriös digital zu bei Intersport Schrey,
gestreamt.                                                       etwa mit elektronischen Etiketten, einem Intranet, Waren-
Lernen mussten sie allerdings dabei, dass man die Mitarbeiter    wirtschaft sowieso und einem Dokumentensystem, „das wir
damit nicht überrumpeln darf. Denn vom Tatendrang ihrer          seit 10 Jahren haben“, wie Nicole Kaelber sagt. Intern wird
Chefs war die Belegschaft am Anfang überfordert, wie Nicole      nur noch über eine App telefoniert, für die Kunden gibt es die
Kaelber eingesteht. Also wurde für das Team ein „digitales       sogenannten smarten Umkleidekabinen von Phizzard, bei
Frühstück“ anberaumt, bei dem allen 40 Beschäftigten bei         denen der Konsument per interaktivem Spiegel Ware nach-
Kaffee und Brötchen die neue Strategie mitgeteilt wurde.         ordern kann, falls ihm das, was er anprobiert hat, nicht passt
Der Erfolg? Alle haben es verstanden, finden es gut - und        oder gefällt. So braucht er nicht halbnackt durch den Laden zu
beleben die Kanäle mit eigenen Beiträgen, etwa mit lustigen      huschen, um sich eine andere Hose zu holen.
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     Feine Lederwaren
     		aus Kirn in alle Welt
     Eigentlich wollte Christiane Brunk Ägyptologie studieren, doch es wurde Betriebswirt-

     schaft draus. Dann wollte sie eigentlich nur in den Hunsrück zurück, um ihrem Vater bei

     der Einführung der neuen Unternehmenssoftware zu helfen – und nicht etwa, um in vierter

     Generation das Familienunternehmen anzuführen. Doch auch das kam anders.

     I
          m Jahr 1992 hatte die Betriebswirtin gerade ihren Job als
          Beraterin aufgegeben und ein paar Monate frei, bis sie bei
          einem neuen Arbeitgeber anfangen wollte und kam der
     Bitte des Vaters nach.
     „Dann habe ich schnell entdeckt, dass mir die Mitarbeit in
     unserem Familienunternehmen liegt und den anderen Job
     wieder abgesagt“, erinnert sich die Geschäftsführende Gesell-
     schafterin der Braun GmbH & Co. KG, die in zwei Kollektio-
     nen pro Jahr hochwertige Taschen und Kleinlederwaren für

                                                                                                                                        Fotos. Braun Büffel
     Herren und Damen produziert.

     Gegründet wurde der Markenhersteller für feine Lederwaren
     bereits im Jahre 1887 „durch meinen Urgroßvater Johann
     Braun in Kirn an der Nahe, damals als Sattler- und Polster-
     betrieb“, berichtet Christiane Brunk. „Er hätte mit Sicherheit
                                                                             Christiane Brunk: Familienunternehmerin in 4. Generation
     nicht in seinen kühnsten Träumen daran gedacht, dass er mit
     der Gründung des kleinen Ein-Mann-Handwerksbetriebs den
     Grundstein für eine internationale Lederwarenmarke legt.“
                                                                       200 Handelsunternehmen die Produkte von Braun Büffel im
     Der Büffel, der Kraft und die Affinität zu Leder symbolisiert,    Sortiment.
     kam als Markenzeichen 1974 hinzu, weil „Braun“ als Wort-          Management, Marketing, Design, Service, Qualitätskontrolle
     marke schlecht zu schützen war.                                   und Teile der Produktion „Made in Germany“ kommen zudem
                                                                       auch in Ostasien, Australien und Russland ziemlich gut an.
                                                                       Dort arbeiten die Kirner mit Vertriebspartnern zusammen.
                                                                       „Durch die Fertigung in Deutschland haben wir in vielen Län-
                                                                       dern eine Sonderstellung“, erläutert Christiane Brunk.

                                                                       Der Hersteller setzt zudem auch auf eigene Läden. In Europa
                                                                       ist Braun Büffel mit einem eigenen Ladengeschäft in Mün-
                                                                       chen und drei Outlets vertreten.

                                                                       In Asien ist die Marke seit knapp 40 Jahren aktiv. Heute hat
                                                                       der Markenhersteller 70 Department Stores in China, 20 in
                                                                       Malaysia, 14 in Indonesien und den Philippinen sowie 6 in
                                                                       Singapur, unter anderem in dem berühmten Hotel Marina Bay

     Zu den Kernabsatzmärkten des Mittelständlers gehören                „Meinem Vater und mir war es wichtig,
     Deutschland, Österreich und die Schweiz, Großbritannien
     und die Benelux-Länder. Allein in Deutschland werden die
                                                                        dass das Handwerk der Feintäschnerei
     Produkte an 700 Verkaufsstellen angeboten, unter anderem
     bei Galeria Kaufhof, das auch schon mal ein komplettes
     Schaufenster mit den edlen Geldbörsen bestückt.
                                                                        hierzulande nicht ausstirbt.“
                                                                                      Christiane Brunk
     In den anderen europäischen Ländern haben noch einmal gut

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                      Sands, dessen Hashtag #marinabaysands allein auf Instagram
                      auf mehr als eine Million öffentliche Selfie-Beiträge kommt.

                      Seit März 2016 ist der Webshop www.braun-bueffel.com
                      online. „Ich bin von der Entwicklung des Shops positiv über-
                      rascht. Erst hatten wir ein bisschen Sorge, was unsere Partner
                      aus dem Handel dazu sagen. Aber wie schon bei der Eröffnung
                      der eigenen Boutique in München im Jahr 2012 hat sich ge-
                      zeigt, dass unsere Internet- und stationäre Präsenz durchaus
                      gute Marketingmaßnahmen sind, die auch unseren Handels-
                      partnern zugutekommen.“

                      Die Nahe-Region gilt als Wiege der deutschen Feintäschnerei,
                      heute ist Braun Büffel als eines der letzten Unternehmen dort
                      tätig. Handgefertigt werden die Lederprodukte in Kirn und in      Das Familienunternehmen Braun Büffel fertigt seit 130 hochwertige
                      Asien. „Wir beschäftigen 50 Mitarbeiter in Deutschland und                   Lederwaren. Auch für den asiatischen Markt.
                      250 weltweit“, sagt Christiane Brunk. „Meinem Vater und mir
                                                                                       Interessierte viel über das traditionsreiche Handwerk, die
                                                                                       Unterschiede beim Leder und die vegetabile Gerbung lernen,
                                                                                       bei der keine Chemikalien sondern natürliche Gerbstoffe ver-
                                                                                       wendet werden. Zudem hat der Mittelständler einen Repara-
                                                                                       turservice und bildet künftige Feintäschner aus.
                                                                                       Wenn auch auf Umwegen ist die Chefin des Familienunter-
                                                                                       nehmens heute genau da, wo sie sein will: „Seit 130 Jahren
                                                                                       verarbeiten wir das edle Material Leder, Stich für Stich, mit
                                                                                       Präzision und Leidenschaft. Aus unseren schnörkellosen
Fotos: Braun Büffel

                                                                                       Designobjekten spricht die ganze Kraft und Feinheit des
                                                                                       Leders. Da kann ich mir nichts Schöneres vorstellen, als diese
                                                                                       Tradition zu bewahren“, schwärmt Christiane Brunk.

                      war es wichtig, dass das Handwerk der Feintäschnerei hierzu-
                      lande nicht ausstirbt.“

                      In der Vergangenheit sei es nicht immer so einfach gewesen,
                      den Standort Deutschland zu bewahren, aber der Konsument
                      ändert sich, beobachtet die Braun-Büffel-Chefin: „Heute
                      wollen immer mehr Menschen wissen, woher die Sachen
                      kommen, die sie kaufen. Dieser neue Qualitätstrend kommt
                      uns natürlich zugute.“

                      So bietet Braun Büffel Feintäschner-Workshops an, bei denen

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