LBBW Macro Research Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? - Die LBBW
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11.05.2020 Uwe Burkert, Chefvolkswirt und Leiter LBBW Research Autor: Matthias Krieger, Senior Economist LBBW Macro Research Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise?
Agenda 01 Einleitung und Fazit Seite 02 02 Schwellenländer: Wer ist in einer schweren Krise (Default-) gefährdet? Seite 06 03 Steht uns eine Emerging Markets-Krise ins Haus? Seite 15 04 Wie geht es konjunkturell weiter? Seite 24 05 Sind auf Hartwährungen lautende EM-Sovereigns attraktiv? Seite 29 06 Disclaimer Seite 32 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 2
Einleitung Schwellenländer im Sog der weltwirtschaftlichen Abwärtsspirale Netto-Abfluss von Portfolioinvestitionen aus Emerging Markets: • Nachdem die Covid-19-Krise, von China ausgehend, Laut IIF rund 83 Mrd. USD im März 2020 nahezu alle Industriestaaten mit voller Wucht erfasst hat, wurden zuletzt auch immer mehr zuvor eher peripher betroffene Schwellenländer in Mitleidenschaft gezogen. • Indien verhängte landesweite Beschränkungen, was zur Folge hat, dass die Pandemie nun auch das Wirtschafts- leben des Subkontinents zunehmend beeinträchtigt. Einige ASEAN-Staaten kämpfen noch immer mit steigenden Infektionszahlen, ebenso Schwellenländer in anderen Regionen, z.B. die Türkei, Südafrika und Brasilien. • Viele Emerging Markets leiden nun zudem unter einem Rückgang der Rohstoffpreise im Allgemeinen und einem Rückgang der Ölpreise im Besonderen. • Beunruhigend auch der „Sudden Stop“: Im März flossen laut IIF netto 83 Mrd. USD aus den EM ab. Immerhin: Im April flossen dann netto schon wieder 17 Mrd. USD zu. • Wie werden sich die Schwellenländer in dieser Situation schlagen? Ist nun mit einem Flächenbrand zu rechnen, bei dem wie in der „Asienkrise“ 1997-99 nun ein Dominostein nach dem anderen umfällt? 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 3
Fazit (1) „Et hat noch immer jot jejange, …“ • Wie es weitergehen wird, hängt im Wesentlichen vom Fortgang der Pandemie ab. In unserem Hauptszenario setzen wir voraus, dass diese ab der zweiten Hälfte dieses Jahres in den für die Weltwirtschaft wich- tigsten Staaten ein gutes Stück weit unter Kontrolle gebracht sein wird. Hierunter verstehen wir aktuell, dass trotz aller auch weiterhin bestehenden Beschränkungen im persönlichen Umgang doch zumindest die Rückkehr zu einer halbwegs „normalen“ Wirtschaftstätigkeit möglich ist. • China scheint die Pandemie soweit unter Kontrolle gebracht zu haben, dass man dort nun mit „Aufräumarbei- ten“ beginnen konnte. Die Kapazitätsauslastung der chinesischen Wirtschaft steigt, Südkorea folgt und Taiwan verzeichnet bereits eine rege Nachfrage nach Digitaltechnologie z.B. zwecks „kontaktlosen Kommunizierens“. Auch Deutschland, Österreich und die Schweiz sind in eine Lockerungsphase eingetreten. Die Chancen für unser Basis-Szenario stehen derzeit insofern gut. • Setzt sich dieser Trend fort, dürfte die zweite Jahreshälfte 2020 im Unternehmenssektor weltweit zunächst von einer Wiederherstellung der unterbrochenen Zulieferketten geprägt sein, um die Produktion wieder hoch- fahren zu können und Versorgungsengpässe weltweit zu beseitigen. Dies dürfte mit einer zumindest partiellen Wiederbelebung des bis dahin drastisch eingebrochenen Welthandels einhergehen. In Verbindung mit staat- lichen Hilfs- und Konjunkturprogrammen in enormer Höhe und flankiert durch eine ultraexpansive Geldpolitik und weitreichende staatliche Kreditgarantien sollte dann 2021 eine merkliche Erholung in den Industrieländern möglich sein, von der auch die Schwellenländer profitieren sollten. • Die Folgen der kreditfinanzierten staatlichen Stützungsprogramme werden ebenso wie die Neuausrichtung der Global Value Chains dann ein Thema für die Zeit nach Überwindung der Pandemie sein. 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 4
Fazit (2) „ … aber jeder Jeck ist anders!“ BIP-Wachstum: Entwickelte Länder versus Emerging Markets mit • Die Covid-19 Krise treibt die Weltwirtschaft gerade in eine schwere IWF-Prognosen 2020/21 in % (Quelle: WEO 14.04.2020) Rezession. Auch die Schwellenländer in ihrer Gesamtheit - bislang zuverlässige Zugpferde der Weltkonjunktur - werden einen signifi- 8 8 kanten Rückgang ihrer Wirtschaftsleistung verkraften müssen. 6 6 • In der Finanzkrise konnte diese Ländergruppe nicht zuletzt Dank des damaligen großen Konjunkturpakets Chinas und der dadurch anhal- 4 4 tend robusten Wirtschaftsentwicklung im Reich der Mitte noch ein leicht positives BIP-Wachstum verbuchen. 2 2 • Da China nun aber selbst zeitweise im Zentrum der Krise stand und die dortige Wirtschaft erst allmählich wieder Fahrt aufnimmt, fallen 0 0 die stabilisierenden Impulse aus dem Reich der Mitte nun auch deut- lich verhaltener aus. Denn China wurde selbst zum schwerkranken, -2 -2 gerade wieder genesenden Patienten in der Covid-19-Krise. -4 -4 • Für die EM „ex China“ bedeutet dies, eine sich zumindest über das Jahr 2020 hinziehende Durststrecke überstehen zu müssen. Immer- -6 -6 hin schätzt der IWF, dass 2021 dann eine kräftige Erholung einsetzt. • Die Voraussetzungen, um die Krise zu meistern, sehen wir in den -8 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 -8 meisten EM als gegeben. Von einer „systemischen Krise“ der Emer- entwickelte Länder: BIP (%) mit IWF-Prognose Schwellenländer: BIP (%) mit IWF-Prognose ging-Markets gehen wir nicht aus. Dies setzt aber voraus, dass die Pandemie bei ab dem 2. Halbjahr 2020 stetig abnehmender Schärfe Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research auf einen Zeitraum von ein bis maximal zwei Jahren begrenzt bleibt. • Einige (wenige) Staaten dürften sich gleichwohl deutlich schwerer tun, auch mit einer eher kurzfristigen aber - wie zu erwarten steht - Quelle: Refinitiv, IWF, LBBW Research rapiden Verschlechterung der Wachstums- und Finanzierungsbe- dingungen zurecht zu kommen. 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 5
Agenda 01 Einleitung und Fazit Seite 02 02 Schwellenländer: Wer ist in einer schweren Krise (Default-) gefährdet? Seite 06 03 Steht uns eine Emerging Markets-Krise ins Haus? Seite 15 04 Wie geht es konjunkturell weiter? Seite 24 05 Sind auf Hartwährungen lautende EM-Sovereigns attraktiv? Seite 29 06 Disclaimer Seite 32 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 6
Ausdruck der Krise: Emerging Markets-Währungen unter Druck Kursentwicklung von EM-Währungen gegenüber dem US-Dollar Einheiten der EM-Währung für einen USD (indexiert auf 100 per 01.01.2019) 160 160 • Die Covid-19-Krise hat die Weltwirtschaft in eine Krise gestürzt. Infolge dessen ha- 150 150 ben ausländische Investoren massiv Kapital aus Schwellen- 140 140 ländern abgezogen. • Das IIF registrierte im ersten 130 130 Quartal 2020 den stärksten Kapitalabfluss seit Beginn der 120 120 Datensammlung. • Unmittelbarer Ausdruck der 110 110 Krise bzw. des damit einher- gehenden Kapitalabzugs (sog. 100 100 „Sudden Stop“) sind u.a. zum USD deutlich abwertende EM- Währungen. 90 90 • Der Grad der Abwertung ist allerdings stark länderspe- 80 80 2019 2020 zifisch, d.h. der Markt unter- scheidet zwischen „gefähr- Brasilianische Real für einen USD (indexiert) Türkische Lira starke Abwertung Südafrikanische Rand Mexikanische Pesos deten“ und „weniger ge- Russische Rubel Indische Rupien fährdeten“ Ländern. Philippinische Pesos Indonesische Rupien moderate Abwertung Malaysische Ringgit Thailändische Baht Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research Quelle: Refinitiv, LBBW Research 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 7
Flexible Wechselkurse und hohe FX-Reserven reduzieren das Risiko Devisenreserven großer Emerging Markets („ex China“) in Mrd. USD 2500 2500 • Es wäre aber falsch, Abwertungen als größtes Übel zu betrachten. Nach den Erfahrungen der Asienkrise 1997/98 haben die meisten EM ihr Wechselkursregime mit gutem Grund flexibilisiert, d.h. die 2000 2000 fixe Wechselkursanbindung zum USD aufgegeben. Dies führt in einem internationalen Krisenfall – wie derzeit – zwar zu bisweilen drastischen Wechselkurseinbrüchen, stützt damit aber auch die 1500 1500 Wettbewerbsfähigkeit des Landes. • Eine starke Abwertung bringt zwar Probleme wie z.B. steigende 1000 1000 Preise. Das Risiko einer Zahlungsbilanzkrise wird aber minimiert, wenn die Notenbank nicht ihre Devisenreserven aufbrauchen muss, um ein vorgegebenes Währungsziel zu verteidigen. 500 500 • Da Fremdwährungsverbindlichkeiten aber die unangenehme Eigen- schaft haben, die Verschuldung umgerechnet in Landeswährung im Falle einer Abwertung ansteigen zu lassen, haben viele EM nach 0 0 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 der Asienkrise sehr hohe Bestände an Devisenreserven angehäuft. Brazil: FX-Reserven (Mrd. $) India Russia Mexico Indonesia Philippines • Die Devisenreserven sollten vor allem in Relation zu den auf Fremd- Thailand South Africa Turkey Malaysia währung lautenden kurzfristigen Verbindlichkeiten ausreichend hoch sein. Ist dies der Fall, bleiben internationale Zahlungsfähigkeit und Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research Kreditwürdigkeit gewahrt. Für eine rasche Erholung nach der akuten Phase einer Krise ist dies entscheidend. • Gefährdet bleiben Staaten, die in Relation zu den FX-Reserven (zu) hohe kurzfristige FX-Verbindlichkeiten aufweisen und sich stark durch flüchtige ausländische Portfolioinvestitionen finan- zieren. Hier kann ein abwertungsbedingter Verschuldungsan- Quelle: Refinitiv, LBBW Research stieg in Landeswährung in Verbindung mit einem „Sudden 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? Stop“ sogar zum Default führen. 8
Beispiel Argentinien: Wie eine für die Vergangenheit typische EM-Krise entsteht Argentinien: Fremdwährungsanleihen, FX-Reserven und Leistungsbilanz in Mrd. USD „Sudden 140 Stop“ 140 • Seit dem Default 2001 war Argentinien vom Kapitalmarkt abgeschnit- 120 Emission neuer 120 ten. Die FX-Verschuldung erhöhte sich nicht. Nach Einigung mit den FX-Bonds 100 100 Holdouts begab man ab 2016 wieder in großem Umfang internatio- 80 ausstehende FX Anleihen IWF- 80 nale Bonds. Folge: Die FX-Verschuldung des Landes stieg stark an. 60 Kredit 60 • Argentinien kaufte nun kräftig im Ausland ein - die Importe nahmen 40 40 20 FX-Reserven 20 zu. Argentinien griff zur Finanzierung aber nicht auf inländische Er- 0 0 sparnisse zu, sondern auf geliehene ausländische, und bediente sich 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 dabei leicht „flüchtiger“ Portfolioinvestitionen (FX-Anleihen). 6 6 • Der Anstieg der Exporteinnahmen hielt mit dem Anstieg von Impor- 4 4 ten und Zinslast aus FX-Anleihen nicht Schritt. Die Leistungsbilanz 2 2 zeigte ein zunehmendes Missverhältnis zwischen Einnahmen und 0 0 Ausgaben im Auslandsgeschäft an. Die FX-Einnahmen aus den -2 -2 Leistungsbilanzsaldo Exporten reichten schließlich nicht mehr aus, um Importe und FX- -4 Rezession,-4 -6 LB-Defizit Einbruch -6 Schuldendienst zu finanzieren. Ausländische Investoren waren nun -8 „explodiert“ Importe -8 nicht länger bereit, argentinische FX-Bonds zu kaufen („Sudden 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 Stop“). Die FX-Reserven begannen zu schrumpfen. Argentinien: FX-Staatsanleihen (Mrd. USD) Finanzunternehmen - International Bonds (FX) FX-Bonds Nicht-Finanzunternehmen FX Reserven (Mrd. USD) • Ein IWF-Kredit über 57 Mrd. USD füllte die FX-Reserven dann zwar Leistungsbilanz (% BIP) Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research wieder auf. Um die Kapitalflucht zu stoppen, musste die Notenbank aber die Zinsen exorbitant erhöhen, was die Wirtschaft schon vor Covid-19 in die Rezession führte. Aktuell versucht das Land nun wieder einmal, einen Schuldenerlass auszuhandeln. • Diese Art von Krise ist typisch für EM mit zu geringen inländischen Ersparnissen, geringen Exporteinnahmen und hoher FX-Verschul- dung in Form leicht „flüchtiger“ Portfolioinvestitionen. Der „Sudden Quelle: Refinitiv, LBBW Research Stop“, also das Ausbleiben ausländischer Anschlussfinanzierungen, 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? war nicht Ursache der Krise, „triggerte“ diese dann aber. 9
Emerging Markets: Wer ist gefährdet durch hohe FX-Schulden? Über- (+) / Unterdeckung (-) kurzfristiger FX-Schulden durch FX-Reserven %-Satz, um den die FX-Reserven die kurzfristige FX-Verschuldung (Rlz bis 1 Jahr) übersteigen 400% • Von den größeren EM weisen derzeit glücklicherweise nur 350% Argentinien und die Türkei eine kurzfristige Fremdwährungs- 300% verschuldung (RLZ bis 1 Jahr) 250% auf, die nicht vollständig von den Devisenreserven des 200% Landes abgedeckt wird. 150% • Bei einem Sudden Stop, also einem weitgehenden Ausfall der 100% Zuflüsse ausländischer Port- Risikobereich folioinvestitionen, leidet in den 50% betroffenen Staaten zuerst die 0% Investitionstätigkeit und infolge dessen die Gesamtwirtschaft. -50% • Darüber hinaus könnten - wenn -100% fällige Fremdwährungsverbind- lichkeiten nicht mehr refinan- zierbar wären und die Devisen- reserven nicht ausreichen, um die Lücke zu füllen - in beson- Grad der Überdeckung (+) bzw. Unterdeckung (-) der kurzfristigen FX-Schulden (Rlz < 1 Jahr) durch FX-Reserven in % ders gefährdeten Staaten auch Zahlungsausfälle eintreten. • Argentinien war schon vor der Quelle: Refinitiv, LBBW Research Pandemie zahlungsunfähig. 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 10
Ausbleibende Portfolioinvestitionen dürften die EM belasten Kapitalflüsse in die Emerging Markets mit 2020er-Prognosen des IIF in Mrd. USD • Laut Institute for International Finance (IIF) haben ausländi- sche Investoren im Zuge der Covid-19-Krise in großem Stil Kapital aus den EM abgezo- gen. 2019 flossen 937 Mrd. USD in die EM, 2020 dürften es noch 444 Mrd. USD sein. • Vor allem der Abfluss von Portfolioinvestitionen war zuletzt groß. Der Zufluss dürfte hier im Gesamtjahr 2020 im Jahresvergleich stark rückläufig sein. • Zwar ebenfalls rückläufig aber doch wesentlich robuster dürf- ten sich die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) ent- wickeln. Diese dienen länger- fristigen Zielen und werden i.d.R. nicht von kurzfristigen Börsenstimmungen dominiert. • Gefährdet sind vor allem Länder mit starker Abhän- Quelle: IIF 8. April 2020, LBBW Research gigkeit von „flüchtigen“ 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? Portfolioinvestitionen. 11
Emerging Markets: Wer ist gefährdet durch einen „Sudden Stop“? Netto-Zufluss ausländischer Direktinvestitionen (FDI) + Leistungsbilanzsaldo Negative Werte: Durch „flüchtige“ ausländische Portfolioinvestitionen finanzierte Investitionen (% BIP) • Der Abzug von Portfolioinvesti- tionen (Sudden Stop) ist ein typischer Auslöser für eine Finanzierungskrise in Schwellenländern. • Gefährdet sind dabei vor allem Staaten, die ein signifikantes Leistungsbilanzdefizit aufwei- sen und dieses zudem nicht Risikobereich durch relativ „robuste“ Direktin- vestitionen decken, sondern durch leicht „flüchtige“ ausländi- sche Portfolioinvestitionen. • Um gefährdete Staaten dann kippen zu lassen, bedarf es aber i.d.R. eines „Triggers“. Die Covid-19-Krise hat dafür leider das Potenzial. • Stark exponiert sind hier vor allem Südafrika, Argentinien, Marokko und die Türkei. Quelle: Refinitiv, LBBW Research 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 12
Emerging Markets: Wer ist (Default-) gefährdet? X-Achse: Über- / Unterdeckung kurzfristiger FX-Schulden durch FX-Reserven (%) Y-Achse: Netto-Zufluss FDI + Leistungsbilanzsaldo (% BIP) • Unbestreitbar leiden alle EM unter der Krise. Der Abzug bzw. das Aus- bleiben ausländischer Portfolioin- vestitionen senkt die Investitionstä- tigkeit aber vor allem in Staaten, die stark auf diese leicht „flüchtige“ Art der Finanzierung angewiesen sind. Die Rezession dürfte in solchen Ländern relativ stark ausfallen. Russland • In Zahlungsschwierigkeiten könnten vor allem Staaten geraten, die zu- dem hohe kurzfristige FX-Schulden aufweisen, die nicht durch FX-Re- serven gedeckt werden. • In dieser Kombination sind u.E. der- zeit vor allem Argentinien und die Marokko Türkei gefährdet. Ein signifikantes Risiko weist auch Südafrika auf. • Marokko verfügt dagegen über hohes Risiko erhöhtes Risiko ausreichende Devisenreserven. • Zur konkreten Einschätzung der einzelnen Länder verweisen wir aber auf unsere LBBW Research ScoreCard mit Ampeleinstufung. Quelle: Refinitiv, LBBW Research 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 13
Emerging Markets: Ratings und Outlook Sovereigns: Langfristiges Rating für Fremdwährungsverbindlichkeiten Stand: 7. Mai 2020 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 14
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Droht nun eine Emerging Markets-Krise? Antwort: Nein, sofern die Pandemie keine weitere schwere Infektionswelle hervorbringt BIP-Wachstum EM „ex China“ mit LBBW-Prognose für 2020/21 (%) 7,0 • 2021 sollte dann aber von einer Erholung geprägt sein. China scheint die Pandemie soweit unter Kontrolle zu haben, dass man 6,0 5,6 dort nun mit „Aufräumarbeiten“ beginnen konnte. Die Kapazitäts- 5,0 auslastung der chinesischen Wirtschaft steigt, Südkorea folgt und 4,0 3,9 Taiwan verzeichnet bereits rege Nachfrage nach Digitaltechnologie 4,0 3,7 3,2 3,7 3,5 z.B. zwecks „kontaktlosen Kommunizierens“. Auch Deutschland, 3,0 Österreich und die Schweiz sind in eine Lockerungsphase eingetre- 2,6 ten. Die Chancen für unser Basis-Szenario stehen insofern gut. 2,0 • Setzt sich dieser Trend fort, dürfte bereits die zweite Jahreshälfte 1,0 2020 im Unternehmenssektor weltweit von einer Wiederherstellung der unterbrochenen Zulieferketten geprägt sein, um die Produktion 0,0 wieder hochfahren zu können und Versorgungsengpässe weltweit zu -1,0 beseitigen. Dies dürfte mit der zumindest partiellen Wiederbelebung -1,2 des bis dahin drastisch eingebrochenen Welthandels einhergehen. -2,0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 (p) 2021 (p) • In Verbindung mit staatlichen Hilfs- und Konjunkturprogrammen in BIP-Wachstum: Emerging Markets ex China laut LBBW-Research enormer Höhe und flankiert durch eine ultraexpansive Geldpolitik und weitreichende staatliche Kreditgarantien sollte dann 2021 eine • Auch die EM sind von der Covid-19-Krise stark betroffen. Der Welt- merkliche Erholung in den Industrieländern möglich sein, von der handel ist eingebrochen, die globalen Wertschöpfungsketten sind auch die Schwellenländer profitieren sollten. Wir rechnen hier dann teilweise außer Funktion und die für viele EM wichtigen Rohstoff- mit einer Wachstumsrate von 5,6% (China: +7,5%). Vor diesem preise sind z.T. drastisch eingebrochen. Hintergrund gehen wir nicht von einer EM-Krise aus. • Hinzu kommt, dass die Kapitalflüsse in die EM stocken. Wir veran- • Die Prognoseunsicherheit ist aber besonders groß. Letztlich hängt schlagen das Wachstum der Schwellenländer ohne China im Jahr alles vom Pandemieverlauf ab – speziell, ob es z.B. zu einer 2020 daher auf -1,2% (China: +1,0%). zweiten schweren Infektionswelle kommen wird. Wäre dies der Quelle: Refinitiv, LBBW Research Fall, würde sich die Rezession weit ins Jahr 2021 ausdehnen – mit 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? dann wohl gravierenderen Folgen für viele schwächere Staaten. 16
Schwellen- vs. Industrieländer: EM performten zuletzt auch in Abschwungphasen besser BIP-Wachstum: Schwellenländer versus entwickelte Staaten in % mit IWF-Prognose 2019/20 10 10 • Bis gegen Ende der „Asien- EM performen auch in krise“ verlief die Entwicklung in nahezu parallele Abschwungphasen den EM eher parallel zu der in Wirtschaftsentwicklung besser den entwickelten Staaten. • Seit etwa dem Jahr 2000 wei- 5 5 sen die EM aber eine deutlich höhere Dynamik auf als die Industrieländer. Dies gilt auch für von einem konjunkturellen Abschwung geprägte Phasen. 0 0 • Im „Weltrezessionsjahr“ 2009 z.B. konnten die EM insgesamt noch ein leichtes BIP-Wachs- tum generieren, während die Wirtschaftsleistung in den Industrieländern schrumpfte. -5 -5 • EM verfügen inzwischen über Prognose 2020 genügend eigene Ressour- cen, um auch in für Industrie- länder schwierigen Zeiten Wachstumskräfte zu mobili- -10 -10 sieren. Erst seitdem verschie- 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 ben sich die Gewichte inner- BIP: Entwickelte Staaten mit Prognose (%) BIP: Schwellenländer mit Prognose (%) Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research halb der Weltwirtschaft klar Quelle: Refinitiv, IWF, LBBW Research zugunsten der EM. 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 17
Keine systemische Emerging Markets-Krise mehr seit der Asienkrise Schwellenländer (Middle Income Countries): Kräftig gestiegene „Eigenfinanzierungskraft“ Investitionen, inländische Ersparnis und Spar- Investitionslücke in % des BIP Internationale Ersparnisse 36 Finanzkrise (% BIP) 36 • Zur Zeit der EM-Krisen der 1980/90er !!! 34 34 Jahre waren die EM stark auf ausländi- Schuldenkrisen Mexiko- „Asien- sche Finanzierungen angewiesen. Blie- 32 Lateinamerika Krise krise“ 32 ben diese aus („Sudden Stop“), kam es 30 Investitionen 30 z.T. zu schweren Zahlungsbilanzkrisen. 28 (% BIP) 28 • Die Finanzkrise 2008/09 überstanden die 26 26 EM aber erstaunlich gut. Dass viele EM 24 24 heute krisenresistenter sind, zeigt sich 22 22 daran, dass deren inländische Ersparnis 20 20 deutlich gestiegen ist und seit dem Ende 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 der Asienkrise über der Investitionsquote liegt: Inländische Ersparnisse stellen die 6 6 Mittel dar, die für Investitionen aus eige- 4 4 ner Kraft zur Verfügung stehen. 2 2 • Eigene Ersparnisse ermöglichen den „Middle Income Countries“ mittlerweile 0 0 eine Investitionsquote von 30 % des BIP. -2 -2 Bei „High Income Countries“ liegt diese „Spar- / Investitions-“ bzw. „Eigenfinanzierungslücke“: nur bei etwas über 22 % des BIP. -4 -4 Ersparnisse minus Investitionen (% BIP) • FAZIT: Seit der Asienkrise weisen die EM -6 -6 einen Ersparnisüberschuss auf. Die In- 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 2020 vestitionen in vielen Ländern können so Middle Income Countries: Ersparnis (% BIP) Middle Income Countries: Investitionen (% BIP) größtenteils aus eigenen Mitteln finan- Spar- Investitionslücke (% BIP) Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research ziert werden. Für diese ist die Gefahr, Quelle: Refinitiv, LBBW Research durch Sudden Stops in eine Zahlungsbi- 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? lanzkrise zu geraten, deutlich geringer. 18
Die inländischen Kapitalmärkte der EM haben sich entwickelt Inländische Kredite an den Privatsektor: Emerging Markets vs. entwickelte Länder in % des BIP 160 160 Wendepunkt „Asienkrise“: • Um inländische Ersparnisse auch sinnvoll verwenden zu 140 140 können, bedarf es eines ausreichend entwickelten ein- High Income Countries heimischen Finanzmarktes. Viele EM haben einen solchen 120 120 inzwischen geschaffen. • Die Kredite inländischer Banken in den Schwellenländern 100 100 sind seit Ende der „Asienkrise“ in Relation zum BIP deut- lich gestiegen. In den EM werden inzwischen also nicht nur 80 80 Ersparnisse gebildet. Die inländischen Banken sind hier inzwischen auch sehr wohl in der Lage, diese inländischen Middle Income Countries 60 60 Ersparnisse in ausreichender Höhe zu sammeln und einer Verwendung in Form von Krediten an Unternehmen und private Haushalte zuzuführen. 40 40 94 96 98 00 02 04 06 08 10 12 "Middle Income Countries": Inländische Kredite an den Privatsektor (% BIP) 14 16 18 20 • Darüber hinaus gibt es inzwischen in vielen EM für Unter- "High Income Countries": Inländische Kredite an den Privatsektor (% BIP) Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research nehmen große und liquide Anleihe- und Aktienmärkte, um sich mit Kapital zu versorgen. • Auch der Staat selbst ist bei hohen inländischen Ersparnis- sen und einem funktionierenden inländischen Kapitalmarkt deutlich weniger abhängig von ausländischen (Fremdwäh- rungs-) Krediten. Auch dies war in früheren Zeiten immer Quelle: Refinitiv, Weltbank, LBBW Research wieder Auslöser schwerer Krisen in den Schwellenländern. 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 19
Rohstoffländer besonders getroffen Rohstoffpreisentwicklung „ex Energy“ versus Ölpreis (Brent) indexiert auf 100 120 120 • Einem starken konjunkturellen Ein- bruch werden in der Covid-19-Krise 100 100 auch die EM nicht entrinnen. 80 80 • In die Global Value Chains integrier- 60 60 te Staaten dürften aber unmittelbar 40 40 von den weltweit staatlicherseits massiv unterstützten und geldpoli- 20 20 tisch stark alimentierten industriellen 0 0 „Reparaturaktivitäten“ profitieren. 2018 2019 2020 • Rohstoffländer sind dagegen oft 120 120 weniger diversifiziert und einseitig 100 100 auf Einnahmen aus dem Export 80 80 weniger oder gar nur eines einzigen Rohstoffs angewiesen. Solche 60 60 Staaten könnten nun in ernsthaftere 40 40 Schwierigkeiten geraten. 20 20 • Die Entwicklung bei den Rohstoff- 0 0 preisen war zuletzt aber ambivalent. 2018 2019 2020 Nicht-Energierohstoffe verzeichne- HWWI Rohstoffpeisindex "ex energy" (USD-Basis; indexiert) ten ungleich geringere Rückgänge. MAV 3M Ölpreis Brent (USD-Basis; indexiert) • Die größere unmittelbare Gefahr MAV 3M eines schweren und dann auch Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research nachhaltigeren Einbruchs der Wirtschaftstätigkeit sehen wir bei Quelle: Refinitiv, LBBW Research den Rohstoffländern derzeit eher 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? unter ölexportierenden Staaten. 20
Emerging Markets: Wie hoch ist die Rohstoffabhängigkeit? Anteil der Einnahmen aus Rohstoffexporten in % der gesamten Auslandseinnahmen (Deviseneinnahmen) • Rohstoffländer sind i.d.R. we- stark exponiert niger diversifiziert und daher ggü. Verwerfungen der Welt- konjunktur stärker exponiert. • Als „Risikoindikation“ werten wir einen Rohstoffanteil von min- destens einem Drittel an den Auslandseinnahmen. In Phasen schwacher Weltkonjunktur ist der Grad der Abhängigkeit von Rohstoffen ein wichtiger Grund, warum die BIP-Wachstumspro- gnosen für asiatische EM relativ deutlich besser sind als die für EM in anderen Regionen. Hier weist nur Indonesien einen so hohen Rohstoffanteil auf. • In Lateinamerika zählen hierzu Venezuela, Peru, Chile, Argen- tinien, Brasilien und Kolumbien. • Auch Südafrika befindet sich in der Ländergruppe mit hoher Rohstoffabhängigkeit, ebenso die Ölstaaten Abu Dhabi, Saudi Quelle: Fitch 09/2019, LBBW Research Arabien und Russland. 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 21
Emerging Markets: Wer ist gefährdet durch fallende Ölpreise? Einnahmen aus dem Ölexport in % des BIP (Stand: 2017) 40 • Wie zuvor beschrieben sehen stark exponiert wir das größte Risiko für einen 35 nachhaltigeren wirtschaftlichen Abschwung derzeit eher bei den Ölexporteuren. 30 • Wir haben daher Staaten, bei denen mehr als 10% des BIP 25 auf Einnahmen entfallen, die nur dem Rohstoff Öl zuzu- 20 schreiben sind, als „stark exponiert“ eingestuft. 15 • Vor allem arme Ölexporteure wie z.B. der Irak oder der Süd- 10 sudan dürften stark unter dem Absturz des Ölpreises leiden. 5 • Reiche Ölstaaten wie Saudi Arabien oder Kuweit verfügen 0 i.d.R über Reserven um, in Situationen wie derzeit Finan- zierungsengpässe zu verhin- dern. Arme Staaten mit hoher Ölabhängigkeit aber ohne Rücklagen werden dagegen mit voller Wucht vom jüngsten Quelle: Weltbank – World Development Indicators, LBBW Research Ölpreiseinbruch getroffen. 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 22
Rohstoffländer: Spare in der Zeit … Sovereign Wealth Funds: Angespartes Vermögen in Mrd. USD (Stand: 2019) • Derzeit gibt es 94 aktive sog. „Sovereign Wealth Funds“ in 65 Ländern. Diese hatten Ende 2019 zusammen etwa 8.300 Mrd. Staaten, die die Auflage eines Fonds erwägen USD „Assets under Management“. • Vor allem reiche Ölstaaten, aber auch Län- der mit aus anderen Gründen hohen Leis- tungsbilanzüberschüssen (China, Singapur) legen Teile dieser Überschüsse global an. • Dies dient der Zukunftsvorsorge (z.B. für die “Zeit nach dem Öl”), aber auch zum Aus- gleich des Staatshaushalts in schlechten Zeiten, z.B. in Zeiten niedriger Ölpreise. • Die Fonds wirken also als Stabilisatoren. Und dies auch für die Weltwirtschaft, da sie die Nachfrage nach Importgütern aufrecht halten. Davon profitieren in Krisenzeiten exportorientierte Länder, z.B. Deutschland. • Viele der ärmeren „Rohstoffstaaten“ haben aber keine so hohen Überschüsse, dass auch sie ansparen könnten. Vor allem in Afrika, aber auch in Zentralasien und Latein- amerika sind die Rücklagen z.T. niedrig. Der Preisverfall bei Rohstoffen schlägt hier rasch durch. Es steht zu befürchten, dass das eine Quelle: IE Center for the Governance of Change – Sovereign Wealth Funds Report 2019, LBBW Research oder andere dieser Länder auch in Zah- 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? lungsschwierigkeiten geraten könnte. 23
Agenda 01 Einleitung und Fazit Seite 02 02 Schwellenländer: Wer ist in einer schweren Krise (Default-) gefährdet? Seite 06 03 Steht uns eine Emerging Markets-Krise ins Haus? Seite 15 04 Wie geht es konjunkturell weiter? Seite 24 05 Sind auf Hartwährungen lautende EM-Sovereigns attraktiv? Seite 29 06 Disclaimer Seite 32 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 24
Schwellenländer kommen voraussichtlich schneller aus der Krise Schätzung zur BIP-Entwicklung: Industrie- versus Schwellenländer indexiert: Q1 2019 = 100, gestrichelt = IWF Schätzung vom Januar 2020 • Der IWF rechnet 2020 mit einem Einbruch der Weltwirt- schaftsleistung um 3%. Das BIP der Schwellenländer dürfte im Zuge dessen um etwa 1,1 % schrumpfen. 2021 erwartet der IWF dann aber eine Wachstumsrate der Weltwirtschaft von 5,8 %, d.h. eine kräftige Erholung. • Die Erholung der Weltwirtschaft wäre aber erst einmal nur partiell. Denn die Wirtschaftsleistung wird in vielen Staaten dann noch immer nicht zum Wert des Trend-BIP der vergangenen Jahre aufgeschlossen haben. • Die Entwicklung dürfte aber ambivalent verlaufen: • Die Emerging Markets insgesamt werden voraussichtlich schneller wieder auf Wachstumskurs kommen als die ent- wickelten Länder. Die Wirtschaftsleistung der Schwellen- länder sollte laut IWF nach einem starken Einbruch im ersten Halbjahr 2020 bereits gegen Jahresende 2020 im Quartalsvergleich wieder den Vorkrisenwert erreichen. • Die entwickelten Länder dürften dies auch bis Ende 2021 noch nicht ganz geschafft haben. • Die IWF-Prognose setzt aber voraus, das es nicht zu einer schweren zweiten globalen Infektionswelle kommt. Quelle: IWF – WEO April 2020, Refinitiv, LBBW Research 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 25
China-PMIs kräftig erholt, aber … PMIs: Manufacturing und Services Indexwerte (mit Subkomkponente „New Export Orders“) • Die PMIs in China haben sich nach dem Einbruch vom Februar im 55 55 März/April wieder stark erholt. • Hier dürfte viel Erleichterung vor allem bei den großen Staats- 50 50 unternehmen mitspielen, die die PMIs dominieren. Diese profitieren i.d.R. stark von staatlichen Aufträgen, die im Jahresverlauf nun 45 45 wohl reichlich sprudeln werden. • Hinzu kommt die „Konstruktion“ der PMIs: Die Unternehmen 40 40 werden gefragt, ob sie eine Verbesserung ggü. der aktuellen Situation erwarten, was mit dem Ende der Beschränkungen in 35 35 China wohl viele guten Gewissens mit „ja“ beantworten konnten. • Die Verbesserung bei den PMIs ist also eine Verbesserung der 30 30 relativen Situation, keine Rückkehr zum „Normalzustand“. • Immerhin läuft die Produktion wieder an. Fast alle chinesischen 25 25 2018 2019 2020 Unternehmen haben die Produktion wieder aufgenommen. Aller- China: PMI Manufacturing (source: NBS) - "New Export Orders" PMI Service Sector Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research dings dürfte der Auslastungsgrad noch unterdurchschnittlich sein. • Die Subkomponente „New Export Orders“ ist nach einer ersten Erholung allerdings erneut gefallen. Dies reflektiert den Umstand, dass durch die Ausbreitung von Covid-19 zur Pandemie das Exportgeschäft erst einmal stark belastet bleibt. • Gleichwohl: Mit China – und inzwischen auch Südkorea und Taiwan – kehren die ersten weltwirtschaftlich bedeutenden Staaten in Richtung „Normalbetrieb“ zurück. Quelle: Refinitiv, LBBW Research • Dies ist eine wichtige Voraussetzung für eine Erholung auch unter den Schwellenländern „ex China“. 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 26
Auch die EM verfügen inzwischen über fiskalpolitischen Spielraum Staatsschuld: EM vs. entwickelte Staaten Stützungsprogramme der ASEAN-Staaten in % des BIP in Mrd. USD (Stand: 8. April 2020) 120 120 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 Staatsverschuldung (% BIP): Emerging Markets mit IWF-Prognose Entwickelte Länder Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research • In der Krise zeigt sich, was eine über die Jahre praktizierte solide • Als Beispiel hier die Volumina der Stützungspakete, mit denen Wirtschafts- und Fiskalpolitik wert ist. Wie z.B. Deutschland weisen einzelne ASEAN-Staaten der Rezession entgegenwirken. auch viel der großen Schwellenländer relativ solide Staatsfinanzen • Mit Blick auf ihre Staatsverschuldung vergleichsweise hoch auf und verfügen daher nun auch über fiskalischen Spielraum, um belastete Länder wie Brasilien und auch Südafrika haben hier ihre Wirtschaft zu stützen. deutlich geringere Spielräume. Quelle: Singapore Institute of International Affairs - http://www.siiaonline.org/infographic-comparing-stimulus-packages/, LBBW Research 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 27
Welt: Prognosen für 2020/21 zum BIP-Wachstum Schätzung zur BIP-Entwicklung in % (Quelle: World Economic Outlook vom 14.04.2020) • Das BIP der Schwellenländer insgesamt wird laut IWF 2020 um 1,1% schrumpfen. 2021 sollte dann mit 6,6% eine recht kräftige Erholung einsetzen. • Die stark in die globalen Zulieferketten eingebundene Region Developing Asia wächst 2020 laut IWF um 1,0%, was vor allem dem leichten BIP-Wachstum Chinas ge- schuldet ist. 2021 folgt laut IWF in Developing Asia dann eine kräftige Erholung (+8,5%). • Die ASEAN-Staaten werden dabei 2020 mit -0,6% eine eher milde Rezession erleben, 2021 dann aber um kräf- tige 7,8% wachsen. Das Wachstum Chinas sieht der IWF 2020 inzwischen bei 1,2% (LBBW Research: 1,0%). 2021 erfolgt hier laut IWF dann mit +9,2% eine deutliche Erholung (LBBW Research: 7,5%). • Das BIP im stark „rohstoffbasierten“ Lateinamerika dürfte 2020 um kräftige 5,2% schrumpfen und sich im Folgejahr nur partiell erholen. Die Erholung beim BIP-Wachstum dürfte mit dann 3,4% unterdurchschnittlich ausfallen. • Das BIP der Schwellenländer Mittel- und Osteuropas dürfte 2020 um 5,2 % fallen, 2021 dann um 4,2 % wach- Quelle: IWF – WEO April 2020, LBBW Research sen. Auch hier wird die Erholung nur partiell sein, d.h. der 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? Vorkrisenstand des BIP noch nicht erreicht werden. 28
Agenda 01 Einleitung und Fazit Seite 02 02 Schwellenländer: Wer ist in einer schweren Krise (Default-) gefährdet? Seite 06 03 Steht uns eine Emerging Markets-Krise ins Haus? Seite 15 04 Wie geht es konjunkturell weiter? Seite 24 05 Sind auf Hartwährungen lautende EM-Sovereigns attraktiv? Seite 29 06 Disclaimer Seite 32 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? 29
Renditeanstieg bei guten EM-Bonitäten noch „im Rahmen“ Renditen von auf USD lautenden Emerging Markets-Anleihen mit Investmentgrade in BP 1200 1200 • Was erwarten wir mit Blick auf die Renditeentwicklung von Finanzkrise auf Hartwährungen lautenden EM-Sovereigns? 1000 1000 • Die stark gestiegene Risikoaversion an den Finanzmärk- ten hat hier zu einem deutlichen Renditeanstieg geführt. 800 800 Bei den relativ guten Bonitäten (Investment Grade) hielt sich dieser gleichwohl in Grenzen. Der Anstieg ging hier 600 obere Begrenzung des Abwärtstrends 600 nur bis knapp an die obere Grenze des seit Ende der Finanzkrise etablierten Abwärtstrends und blieb weit hinter der Negativentwicklung während der Finanzkrise zurück. 400 400 • Inzwischen erholen sich die Bonds sogar schon wieder 200 200 signifikant. Unterstützung erhalten die Anleihen von den im Vergleich zu Zeiten bis zur Asienkrise doch erfreulich verbesserten Fundamentaldaten vieler EM. 0 0 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 BoA/ML XDIG: Rendite EM Sovereigns & Credits USD (AAA bis BBB-) in BP Trendlinie • Auch sind Prognosen in Bezug auf die wirtschaftlichen Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research Erholungschancen dieser Staatengruppe nicht schlecht. Ohne die EM ist eine Wiederherstellung funktionsfähiger globaler Zulieferketten zumindest vorerst nicht möglich, und so werden viele dieser Staaten von den voluminösen staatlich gestützten und geldpolitisch alimentierten „Auf- bauprogrammen“ der Industrieländer profitieren. Quelle: Refinitiv, LBBW Research • „Der „Wiederaufbau“ wird auch die Nachfrage nach Roh- 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? stoffen wieder erhöhen. 30
Globale Liquiditätszufuhr steigt – und stütz EM-Sovereigns Bilanzsumme von US-Fed, EZB und BoJ mit linearer Trendlinie in Mrd. USD 7000 7000 • Hinzu kommt, dass Zinsen und Renditen in den USA, im Euro- raum, in Japan usw. nun auf 6000 6000 unbestimmt lange Zeit extrem niedrig bleiben werden. 5000 5000 • Denn alle großen Notenbanken haben ihre Liquiditätsschleusen 4000 4000 wohl auf Dauer weit geöffnet. Staatsanleihen dieser Länder rentieren zumeist im deutlich 3000 3000 negativen Bereich. • Im Vergleich zu riskanten 2000 2000 Aktienanlagen - siehe die jüngsten Turbulenzen an den Aktienmärkten - erscheinen auf 1000 1000 Hartwährung lautende EM- Sovereigns guter Bonität in 0 0 diesem Umfeld durchaus als 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020 Anlagealternative mit gutem US Fed: Bilanzsumme (Mrd. USD) Chance-Risiko-Verhältnis. - Trendlinie Bank of Japan: Bilanzsumme (Mrd. USD) • In unserem Hauptszenario - Trendlinie sehen wir daher gute Chancen EZB: Bilanzsumme (Mrd. USD) - Trendlinie für eine Fortsetzung der jüngs- Quelle: Refinitiv Datastream, LBBW Research ten Erholungstendenz bei USD- Quelle: Refinitiv, LBBW Research EM-Sovereigns. Die Volatilität 11.05.2020 Kommt mit der Pandemie nun die nächste Emerging Markets-Krise? dürfte aber erhöht bleiben. 31
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