Lebertransplantierte Deutschland e.V - Informationen für Patient und Arzt
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Le be rtra nsp l an t i ert e Deu t s c h l an d e . V. – In f o r m a t i o n e n f ü r Pa t i e n t u n d Ar z t LEBENSLINIEN 1/2018
66 Inhalt LE B E N S LI N I E N 1/2018 Editorial ............................................................................................ 1 Transplantationsgesetz · Organspende Aufruf der BAG ............................................................................... 2 50 Jahre Eurotransplant: Zum Stand des Transplantationsregisters Together on a life-saving mission! ......................................... 34 Datenerfassung in der Transplantationsmedizin ................... 3 Die Zahl der Organspender in Deutschland fällt weiter ...... 34 Deutsche Stiftung Organtransplantation Transplantationsmedizin fordert Initiativplan gegen Organmangel .............................. 36 Kinderwunsch nach Transplantation ......................................... 5 Was ist der Hirntod? ..................................................................... 36 Schwangerschaft nach Tx – Ein Erfahrungsbericht ............... 6 Spende vom „Schatzkistle“ ......................................................... 36 NTx 360° ......................................................................................... 7 Viele Blutspender möchten auch Organe spenden ............. 37 Leberkrebs (HCC) – Kriterien für die Vergabe Organspendeausweis in 28 Sprachen ..................................... 37 von Spenderlebern ...................................................................... 8 Pressespiegel ................................................................................. 38 26. DTG-Jahrestagung in Bonn .................................................. 9 Organspendeausweise ................................................................. 39 Möglichkeiten zum Ersatz von Organen: Buchbesprechung: Hat die Forschung bald alle Probleme gelöst? ...................... 10 Klaus Schäfer – Vom Koma zum Hirntod ............................. 40 Wie kann eine sinnvolle Verteilung 50 Jahre Engagement für Autonomie, der Spenderorgane erfolgen? .................................................. 11 Selbstbestimmung und Teilhabe ............................................ 41 21. Symposium des Arbeitskreis Transplantationspflege e.V. ... 12 Jutta Riemer Ehrenmitglied der Gesundheit Deutschen Transplantationsgesellschaft ............................... 12 Alle schon geimpft? ...................................................................... 42 Ratgeber Lebertransplantation: Aus Wissenschaft und Forschung „Neues Leben mit der neuen Leber“ .................................... 43 Vorbemerkungen ........................................................................... 13 Vitamin D: Wichtig für Transplantierte und Diabetiker ........ 44 Extrahepatische Aspekte und Lebererkrankung ..................... 13 Kleines und großes Blutbild ....................................................... 45 Nicht-alkoholische Fettleber und Krankheitsfolgekosten ..... 14 Pflanzlich, aber nicht ohne Nebenwirkungen – HCC: Gentechnische und andere nicht-invasive Ansätze ... 14 Johanniskrautpräparate für Transplantierte nicht geeignet 46 HCC: Chirurgische Ansätze ......................................................... 15 Methadon in der Krebstherapie ................................................ 47 Priorisierung und Ergebnisse von Ltx ....................................... 15 Pädiatrische Besonderheiten ..................................................... 16 Recht · Soziales Wiedereingliederung – die nötigen Voraussetzungen ......... 47 Hepatologie Krankengeld – Die steuerliche Behandlung ........................... 48 Hepatitis A ...................................................................................... 17 Hepatitis B ...................................................................................... 17 Geist · Körper · Seele Hepatitis D (Delta) ........................................................................ 21 Gedenken ...................................................................................... 49 Hepatitis C: Neue Therapien der nächsten Generation Netzwerk Spenderfamilien gab ersten Newsletter raus ...... 50 können Behandlung weiter verbessern ................................ 22 Mein Dankesbrief an die Spenderfamilie ................................ 50 Nicht-invasive radiologische Diagnoseverfahren zur Beurteilung der Leberstruktur und -funktion ................ 23 Vereinsgeschehen Extrakorporale Organunterstützung bei Patienten Jubiläums-Ausflug Burg Guttenberg ......................................... 51 mit Leberversagen ..................................................................... 27 Informationsstand in Scheyern – Die INCA-Studie ............................................................................ 28 Mit Respekt und Geduld beraten ........................................... 52 Lebertransplantierte Deutschland e.V. – Beitrittserklärung .... 29 Kontaktgruppe Ostbayern: Tag der offenen Tür im Uniklinikum Regensburg ............... 52 Aus den Zentren Kontaktgruppe Westerwald/Rhein/Lahn: Essen: Treffen für Wartelistenpatienten ................................... 30 Infostand beim Tag der Deutschen Einheit in Mainz ........ 53 Heidelberg: Regionale Arzt-Patienten-Veranstaltung ............ 31 Hinweis zur Jubiläumsveranstaltung am 15. September .... 53 Tübingen: Patiententag ................................................................ 32 Sportliche Erfolge bei der Weltmeisterschaft ......................... 54 Der Ederhof feierte ein emotionales Jubiläum ...................... 32 Neue Anprechpartner .................................................................... 55 Kleinkind-Rehabilitation ............................................................... 33 Vom Vortrag bis zum Projekt – Das Thema Organspende für Schüler und Lehramtsstudenten in unterschiedlichen Formaten .......... 56 Vermischtes Dank an Sponsoren – Impressum – Termine 2018 ............. 59 Adresse Verein – Vorstand .......................................................... 60 Ansprechpartner/Kontaktgruppen – Koordinatoren ............. 61 Fachbeiräte ..................................................................................... 64 Medizin mit dem gesunden Menschenverstand ................... U3 J Jutta Riemer Warten auf den Frühling W AAcryl auf Leinwand
1 Organspende – Quo vadis? 2017 ist das Jahr eines neuen Tiefststandes der Organspende – und damit der Trans- plantationszahlen. Gegenüber 2011 gibt es im Jahr 2017 ein Drittel weniger Organ- spender und Deutschland schwenkt hier die rote Laterne und schaut den europäischen Nachbarn hinterher. Wo werden wir in fünf oder zehn Jahren stehen, wenn wir das Ruder nicht bald umlegen? Verbesserungen nicht ausreichend Im 2012 novellierten Gesetz ist als Zielsetzung erstmalig die Förderung der Organ- spende benannt, Transplantationsbeauftragte (TxB) sind verpflichtend einzusetzen und den Ländern wurden klare Umsetzungs-Aufgaben erteilt z. B. bzgl. der Freistellungsrege- lungen für TxB. Sogar zusätzliche Gelder, 18 Mio. e pro Jahr, werden für die Umsetzung von Organspenden auf die Krankenhäuser mit Intensivstation verteilt. Auch versenden die Krankenkassen flächendeckend in regelmäßigen Abständen Informationen und Organ- spendeausweise an ihre Versicherten. Die Einstellung der Bevölkerung zur Organspende ist gut, die Anzahl der Ausweisträger nimmt zu, die Zustimmungsraten bei Angehörigen- gesprächen sind stabil – und dennoch sinken die Spenderzahlen! Wirklich gemeinsam die Probleme angehen Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) fordert deshalb im Rahmen ihrer Jahrestagung einen Initiativplan. Sie weist auf wechselseitige strukturelle als auch orga- nisatorische Schwachstellen hin. Bei Intensivpatienten komme es häufig zum Abbruch einer Therapie bei infauster (sehr ungünstiger) Prognose, ohne dass die Möglichkeit einer Organspende überhaupt erwogen und angesprochen wurde. Auch Patientenver- fügungen sollten künftig die Entscheidung zur Organspende enthalten, damit auch bei diesem Thema der Wille des Verstorbenen umgesetzt werden kann. Eine bedarfsgerechte Finanzierung in den Spenderkrankenhäusern muss ebenso angestrebt werden wie eine weitere Stärkung der Transplantationsbeauftragten. Hier haben noch viele Bundesländer ihre Hausaufgaben zu erledigen, denn die im 2012 (!) novellierten Gesetz festgeschrie- benen Aufgaben der Länder sind teils spärlich, teils noch gar nicht umgesetzt. Wir Patien- ten fordern die Länder auf, sich z. B. an Bayern zu orientieren. Vielleicht müssen wir zu- sätzlich über unbequeme Themen nachdenken wie Organspende nach Herztod (wie z. B. in Österreich oder Niederlande) und/oder die Widerspruchslösung neu diskutieren? Unterstützend sollten großangelegte Prophylaxe-Programme helfen, die Zahl der War- tepatienten zu reduzieren. Hier wäre ein Hepatitis-Virus-Screening ebenso denkbar wie die Besteuerung von Zucker (NASH!) und Aufklärungskampagnen über schädlichen Al- kohol- und Drogenkonsum oder frühzeitige flächendeckende Laborwertkontrollen und qualifizierte Leberdiagnostik. Solidarität und Hilfsbereitschaft – Neuer „Geist“ für Organspende Es geht nicht darum, übermotiviert Organspenden zu rekrutieren, sondern in 100 % der möglichen Fälle den Willen der Verstorbenen auch umzusetzen und so auch maxi- mal vielen todkranken Patienten auf der Warteliste zu helfen. Und das muss von allen Beteiligten zu 100 % und heute gewollt werden. Es geht um Solidarität und Hilfsbereit- schaft gegenüber Mitmenschen. Die Wartepatienten sind darauf angewiesen, dass alle mit hoher Motivation dafür sorgen, dass ein neuer Geist für die Organspende einzieht. Organspende ist keine lästige Pflicht, sondern Qualitätsmerkmal von Kliniken. Klink-Chefs und Landesregierungen sollen sich erkundigen, wie es um die Aktivitäten rund um die Organspende bestellt ist, müssen zeigen, dass ihnen Organspende wichtig und anerken- nenswert ist. Vom Bürger bis hin zu jedem Assistenzarzt, zu jeder Schwester und jedem Pfleger, bis zu jedem in der Klinikverwaltung muss klar werden: Organspende – ja natürlich habe ich mich als Bürger entschieden und ja natür- lich finden Organspenden in unserem Krankenhaus statt, denn wir retten hier Leben! Viel Freude beim Lesen dieser Ausgabe der Lebenslinien. Mit den besten Wünsche für das Jahr 2018 Ihre Jutta Riemer
2 Leitartikel Rubrik LE B E N S LI N I E N 1/2018
LE B E N S LI N I E N 1/2018 Leitartikel Rubrik 3 Zum Stand des Transplantationsregisters Datenerfassung in der Transplantationsmedizin Lebertransplantation dieser Erfassung, Registers und mit dem Register in Frage Foto: privat die seit diesem Jahr vom Institut für Qua- gestellt wird. lität und Transparenz im Gesundheits- wesen (IQTIG, Berlin) durchgeführt wird. Wege zur Datenübermittlung Erfassung und Speicherung der Daten Im Transplantationsgesetz, in das die werden anonym vorgenommen. Der Ge- Regelungen für das Transplantationsregis- setzgeber hat eine Widerspruchsmöglich- ter als § 15 eingefügt wurden und das am keit ausgeschlossen. 21.11.2016 entsprechend geändert wurde, heißt es sinngemäß: Anforderungen an erfasste Daten Zur Übermittlung transplantationsmedizini- Prof. Dr. med. Gerd Otto Die bisher vorhandenen Daten können scher Daten an die Transplantationsregis- Em. Direktor der Abteilung für Transplanta- die Anforderungen, die von den unter- terstelle sind verpflichtet tionschirurgie Universitätsmedizin Mainz schiedlichen, am Transplantationsgesche- 1. die Koordinierungsstelle (DSO), hen beteiligten und verantwortlichen Ins- 2. die Vermittlungsstelle (Eurotransplant), titutionen gestellt werden, nicht in vollem 3. die Transplantationszentren, B enötigt ein Patient eine Organtrans- plantation, müssen zahlreiche persön- liche und medizinische Daten nicht nur im Umfang erfüllen. Nicht nur, dass manche Datensätze unvollständig sind, was zum Beispiel für das ELTR gilt, sondern es wer- 4. der Gemeinsame Bundesausschuss (Qualitätssicherung, IQTIG) 5. die mit der Nachsorge betrauten Einrich- behandelnden Klinikum, sondern auch in den bisher auch nicht in vollem Umfang tungen und Ärzte in der ambulanten anderen Institutionen gespeichert werden. Ereignisse aus dem Verlauf einer Erkran- Versorgung. Sie, liebe Patientin, lieber Patient, müssen kung und dem Verlauf nach Transplanta- dieser Speicherung von Daten zugestimmt tion erfasst. Bei der Lösung bestimmter Die Transplantationsregisterstelle stellt haben, was in der Regel dadurch erfolgt, Probleme und der Beantwortung detail- Daten zum Zwecke der Erfüllung der jewei- dass Ihnen in Ihrem Zentrum ein entspre- lierter Fragen sind solche Daten jedoch ligen Aufgaben bereit für chender Aufklärungsbogen vorgelegt wird, unverzichtbar. Das gilt besonders für Fra- 1. die Koordinierungsstelle zur Weiter- unter den Sie Ihre Unterschrift setzen. gen, die sich ergeben, wenn die Organe entwicklung der Organ- und Spender- Für die Übermittlung an Eurotransplant nach Dringlichkeit und Erfolgsaussicht zu charakterisierung und Speicherung solcher Daten bei Euro- verteilen sind, worauf das deutsche Trans- 2. der Vermittlungsstelle zur Weiterent- transplant sowie in geringem Umfang bei plantationsgesetz ausdrücklich verweist. wicklung der Organvermittlung der Deutschen Stiftung Organtransplanta- Für diese Fragestellungen werden zu- 3. der Bundesärztekammer zur Fortschrei- tion (DSO, Frankfurt) gibt es keine Alterna- dem Daten benötigt, die unsere Bedin- bung der Richtlinien nach § 16 tive: Ohne persönliche wie auch medizi- gungen in Deutschland widerspiegeln. In … nische Daten ist es unmöglich, ein Organ der Vergangenheit mussten internationa- 7. die zuständigen Behörden der Länder, dem dringlichsten und dabei am besten le Daten, meist aus den USA, für zahlrei- die zur Erfüllung ihrer Aufgaben bei geeigneten Patienten zuzuteilen. Übermitt- che Fragestellungen herangezogen wer- der Zulassung von Transplantations- lung und Speicherung können also nicht den. Diese hatten aber nur begrenzte zentren nach § 10 … erforderlich sind verweigert werden. Gültigkeit für Deutschland. Also müssen (vgl. geändertes Transplantationsgesetz: Anders ist es mit der Übermittlung von Daten gezielt und vollständig erfasst wer- www.gesetze-im-internet.de/tpg/TPG. Daten an wissenschaftliche Register. Vor den, die für uns zutreffen. Erfassung und pdf). allem zwei solcher Register sind hier zu Bereitstellung dieser Daten wird Aufgabe nennen: die Collaborative Transplant Study des zukünftigen Transplantationsregisters Voraussetzungen für die Datenüber- (CTS, Heidelberg) und – für die Leber- sein. mittlung transplantation – das European Liver Trans- Das Defizit, das man eingesteht, wenn Eine Übermittlung von Daten an das plant Registry (ELTR, Paris). Hier kann man man unsere fehlenden Daten und damit Register und die Speicherung der Daten die Zustimmung verweigern. Die Erfassung die Defizite beim bisherigen Vorgehen kann nur erfolgen, wenn der Empfänger von Daten kann dann in diesen wissen- kritisiert, ist in der deutschen Transplanta- oder ein Lebendspender durch Unterschrift schaftlichen Datenbanken nicht erfolgen. tionsmedizin seit Langem bekannt. Nam- auf einem entsprechenden Aufklärungs- Daher sind diese Datenbanken unvollstän- hafte Transplantationsmediziner haben bogen zugestimmt haben. Das Transplan- dig. Da manche Zentren an diese Regis- die Einrichtung eines Registers schon vor tationszentrum muss also konsequenter- tries grundsätzlich keine Daten schicken, Jahrzehnten angemahnt. Letztendlich hat weise beim ersten Kontakt mit einem Pa- drängt sich der Verdacht auf, dass hier ei- der „Transplantationsskandal“ (der eigent- tienten diese Zustimmung einholen. Pa- ne „positive Patientenselektion“ vorliegt. lich ein Allokationsskandal war) zur politi- tienten, die während der Wartezeit, also Eine dritte Form der Datenübermittlung schen Konsequenz geführt, dem Register auf der Warteliste, sterben, können nicht und -speicherung muss erwähnt werden: Gesetzescharakter zu verleihen. Es ist un- erfasst werden, wenn keine Einwilligung die gesetzlich vorgeschriebene Erfassung bestritten, dass eine solch umfassende zuvor eingeholt wurde. Diese Patienten von Daten im Rahmen der Qualitätssi- Sammlung medizinischer Daten allein sind aber besonders wichtig, weil die cherung. Hierbei hat der Gesetzgeber die schon aus Gründen der Datensicherheit Dringlichkeit einer Transplantation nur be- Notwendigkeit gesehen, bestimmte medi- einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Al- urteilt werden kann, wenn verstorbene zinische Maßnahmen einer Qualitätskont- lerdings bringen die komplizierten Rege- Patienten in die statistische Auswertung rolle zu unterwerfen. Wie auch alle ande- lungen eines Gesetzes mit sich, dass ei- eingeschlossen werden, sie also im Regis- ren Organtransplantationen unterliegt die ne einfache und flexible Arbeitsweise des ter-Datensatz vorhanden sind. Gleiches
4 Leitartikel Rubrik LE B E N S LI N I E N 1/2018 gilt für die Erfolgsaussicht: Verstirbt ein Betriebs wird hier eine Geschäftsstelle jedoch anonymisiert erfolgen. Das heißt, Patient unmittelbar nach Transplantation, eingerichtet. dass ein Personenbezug selbst mit Hilfe hatte er fraglos schlechte Erfolgsaussich- 2. Von der Registerstelle räumlich, tech- der Vertrauensstelle unmöglich ist. Das ten. Liegt von diesem Patienten im Regis- nisch und organisatorisch getrennt wird ist – wie erwähnt – erforderlich, da für ter kein Datensatz vor, weil er nicht zu- eine unabhängige Vertrauensstelle ge- diese Art der Datenerfassung keine Ein- gestimmt hat, geht er in die Berechnung schaffen, die für die Pseudonymisie- willigung der Patienten vorliegt. Patien- der Erfolgsaussicht bei einer spezifischen rung der Daten zuständig ist (s.u.). ten, die nach dem 31. Oktober 2016, dem Krankheitsgruppe nicht ein. Diese beiden 3. Bei der Registerstelle wird ein Fachbei- Tag des Inkrafttretens der Gesetzesände- Beispiele unterstreichen die Bedeutung rat eingerichtet, der Registerstelle und rung, transplantiert wurden, müssen in des Einholens der Zustimmung von sämt- Vertrauensstelle fachlich und organisa- die Erfassung ihrer Daten einwilligen. Da lichen Patienten, die in die Warteliste für torisch berät. wahrscheinlich nicht alle Zentren die Ein- eine Transplantation aufgenommen wer- Das bedarf einer näheren Erläuterung. Die willigung lückenlos einholen, gehen diese den. Identifizierung eines Empfängers oder Patienten dem Register verloren, was bei Daten ohne Vorliegen einer Zustim- eines Lebendspenders darf anhand des Todesfällen auf der Warteliste und unmit- mung ins Register aufzunehmen, ist un- Datensatzes des Registers keinesfalls telbar nach Transplantation verstorbenen möglich, also können beispielsweise kei- möglich sein. Zwischen datenliefernder Patienten irreparabel ist. ne Daten von Eurotransplant unbedenk- Institution und Register wird daher eine Vor einigen Wochen wurden von den lich ins Register übernommen werden, sogenannte Vertrauensstelle geschaltet. Auftraggebern Transplantationsmediziner da hierfür keine Zustimmung der Pati- Während medizinische Daten auf direk- beauftragt, aus den bisher von den ge- enten vorliegt. Der Gesetzgeber hat hier tem Weg ins Register fließen, werden alle nannten Institutionen erfassten Daten ei- jedoch den Weg frei gemacht, indem als Daten, die einen Bezug zum jeweiligen nen Datensatz – getrennt nach den ver- „Notlösung“ eine anonymisierte Datener- Patienten/zur Patientin ermöglichen, von schiedenen Organtransplantationen – zu- fassung möglich ist. der Registerstelle pseudonymisiert, das sammenzustellen, der die erforderlichen Der Patient hat das Recht, seine Zu- heißt mit einer Zahlen- oder Buchstaben- Daten umfasst und dabei das Gebot der stimmung zur Datenaufnahme ins Re- Kombination gekennzeichnet, die eine Datensparsamkeit berücksichtigt. Das Er- gister jederzeit zu widerrufen. Es darf Identifizierung der Person unmöglich gebnis dieser Arbeit wird bis auf Weiteres ab diesem Zeitpunkt dann keine weitere macht. Im Register werden dann diese den bundesweit einheitlichen Datensatz Datenaufnahme ins Register erfolgen, je- pseudonymisierten persönlichen Daten bilden und kann erst nach Inbetriebnahme doch können bis dahin aufgenommene mit den medizinischen Daten zusammen- aller für das Register erforderlichen Stellen Daten im Register verbleiben. Das Wider- geführt. Außerdem werden die Daten so durch den Fachbeirat geändert oder er- rufsrecht, die Möglichkeit, die Zustimmung vereinigt, dass ein gemeinsamer Daten- gänzt werden. Dieser Datensatz wie auch zu verweigern und schließlich die Tatsa- satz von Spender und Empfänger entsteht. spätere Änderungen sind dem Bundes- che, dass das Einholen der Zustimmung Somit ist es unmöglich, aus den im Regis- ministerium für Gesundheit vorzulegen. vergessen werden kann, machen das Re- ter zusammengeführten Daten einen Per- gister unvollständig. Damit wird die Taug- sonenbezug herzustellen. Sie sind jedoch Terminplan lichkeit eines Registers sehr problema- präzisen statischen Auswertungen zugäng- Im Juni 2017 erfolgte die Ausschrei- tisch. Werden Patienten nicht ins Register lich. bung für den Betrieb des Transplantati- aufgenommen oder ist der Datensatz ei- onsregisters und der Vertrauensstelle. Bis nes Patienten nicht vollständig, wird die Bundesweit einheitlicher Datensatz Ende dieses Jahres werden die Institu- Verlässlichkeit statistischer Aussagen be- Die ins Register einfließenden Daten tionen benannt, die für die Übernahme einträchtigt. werden in einem bundesweit einheitli- dieser Aufgaben geeignet sind. Für Anfang Obwohl alle Transplantationszentren chen Datensatz festgelegt. Dieser Daten- 2019 ist mit der Aufnahme des Betriebs über die Notwendigkeit informiert wur- satz baut auf den Daten auf, die bereits zu rechnen. Dann werden der Registerstel- den, ab November 2016 die Zustimmung jetzt von den drei Institutionen erfasst le die anonymen Daten zwischen 2006 der Patienten zum Zeitpunkt der Aufnah- werden, die unmittelbar mit dem Trans- und 31. Oktober 2016 (1. Phase der Erfas- me auf die Warteliste einzuholen, muss plantationsgeschehen befasst sind: DSO, sung) sowie die pseudonymisierten Daten stark bezweifelt werden, ob das in den Eurotransplant und IQTIG. Die Daten des zwischen 1. November 2016 und Ende Zentren auch wirklich erfolgt. IQTIG sind dabei unbedingt erforderlich, 2018 (2. Phase der Erfassung) übermit- da bisher nur im Rahmen der Qualitäts- telt. Die Übermittlung der Daten ab 2019 Errichtung des Transplantations- sicherung verlässliche Überlebensdaten (3. Phase) soll einmal jährlich vorgenom- registers erfasst wurden. men werden. Es ist davon auszugehen, Nach dem Gesetz beauftragen der Um nun nicht erst nach Errichtung aller dass erst einige Jahre, nachdem die 3. Spitzenverband Bund der Krankenkassen, für das Gesamtprojekt Transplantations- Phase der Erfassung von Daten läuft, der die Bundesärztekammer und die Deut- register erforderlichen Stellen mit der Fachbeirat in der Lage sein wird, Änderun- sche Krankenhausgesellschaft oder die Datenerfassung zu beginnen und danach gen am Datensatz vorzunehmen, die den Bundesverbände der Krankenhausträger noch Jahre zu benötigen, um eine ausrei- dann anstehenden Fragestellungen wirk- geeignete Einrichtungen mit der Errich- chende Datenmenge für die anstehenden lich gerecht werden. Wie bereits erwähnt, tung und dem Betrieb des Transplanta- Fragestellungen zur Verfügung zu haben, ist hierbei in erster Linie an Daten zu den- tionsregisters (sog. Auftraggeber). Dabei wurden Regelungen getroffen, die eine ken, die während der Wartezeit und nach sieht die Strukturierung des Transplanta- Nutzung bereits vorliegender Daten er- Transplantation anfallen, die bisher nicht tionsregisters drei getrennte funktionelle möglichen. Hierzu werden die zwischen erfasst werden, aber für die Beurteilung Einheiten vor: 1. Januar 2006 und 31. Oktober 2016 von von Dringlichkeit und Erfolgsaussicht un- 1. Die eigentliche Registerstelle, in der die den drei Institutionen DSO, Eurotrans- abdingbar sind. Daten zusammenfließen, gespeichert plant und IQTIG erhobenen Daten ins Re- und evtl. statistisch aufbereitet werden. gister als „Grundausstattung“ aufgenom- Zur Aufrechterhaltung des laufenden men. Die Aufnahme dieser Daten muss
LE B E N S LI N I E N 1/2018 Transplantationsmedizin Rubrik 5 Kinderwunsch nach Transplantation wichtige und komplexe Fragestellungen, Auswirkung der immunsuppressiven Me- Foto: privat die bereits bei der ersten Beratung und dikation auf den mütterlichen und fetalen dann bei der Betreuung der Schwanger- Organismus. Zusätzlich kann die Trans- schaft organtransplantierter Patientinnen plantatfunktion beeinträchtigt werden. beantwortet werden müssen. Hierfür ste- Die Komplikationen, die sich hierdurch hen an den großen Perinatalzentren aus- für den Fetus ergeben, addieren sich zu gewiesene Risikosprechstunden zur Ver- dem allgemeinen Risikoprofil einer norma- fügung. Es gilt dabei, das Gesamtbild aus len Schwangerschaft. Eine Metaanalyse transplantationsmedizinischer, gynäkolo- aus dem Jahr 2011, die die Jahre 2000 bis gischer und pädiatrischer Sicht in einem 2010 und insgesamt 4.706 Schwanger- Prof. Dr. med. Harald Abele, MHBA multiprofessionellen Umfeld zu betrach- schaften bei Nierentransplantierten ein- Stellv. Ärztlicher Direktor – Geburtshilfe ten. schloss, zeigte, dass die Lebendgeburten- Department für Frauengesundheit Tübingen Die Fertilitätsrate von Frauen mit z. B. rate und Abortneigung der Nierentrans- Universitätsklinikum Tübingen terminalem Nierenversagen wird in der plantierten mit denjenigen der Allgemein- Literatur als zehnfach geringer als die ge- bevölkerung vergleichbar sind. Allerdings M it einem Transplantat zu leben, be- deutet – dank aktueller medizini- scher Möglichkeiten – längst nicht mehr, sunder Kontrollgruppen beschrieben. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Nach erfolgreicher Transplantation bessert sich besteht ein deutlich erhöhtes Risiko der Transplantatträgerinnen für Präeklampsie (Schwangerschaftsvergiftung), Schwan- ein Leben außerhalb der Norm führen zu die weibliche Fertilität meist innerhalb von gerschaftsdiabetes, Sectio caesarea (Kai- müssen. Mit dem Fortschritt der Transplan- sechs Monaten. Zudem wird in der Litera- serschnitt) und Frühgeburt. Ähnliche Risi- tationsmedizin steigen auch die Erwar- tur von einer signifikanten Steigerung der ken gelten auch im Zustand nach Leber- tungen und Hoffnungen Betroffener auf weiblichen Libido in Richtung eines von transplantation. Nachhaltige Auswirkun- ein Leben ohne Einschränkungen. Dies den Probandinnen als zufriedenstellend gen von Medikamenten auf das ungebo- gilt im Besonderen für den individuellen bis exzellent empfunden Zustandes be- rene Kind werden selten beobachtet. Die Kinderwunsch. Es wundert daher nicht, reits innerhalb kürzester Zeit nach Trans- Ängste der Eltern können durch die mo- dass die erste erfolgreiche Schwanger- plantation berichtet. Darüber hinaus nor- derne Ultraschalldiagnostik und pränatal- schaft nach Nierentransplantation bereits malisiert sich der Menstruationszyklus medizinische Beratung weitreichend auf- 1958 beobachtet und 1963 dokumen- durch die transplantationsbedingte Re- gelöst werden. tiert wurde – vier Jahre nach der ersten gulation der Hormonwerte innerhalb der geglückten Nierentransplantation über- ersten Monate, so dass die Grundlage für haupt. Seither sind weltweit zahlreiche den Eintritt einer Schwangerschaft ge- weitere Entbindungen nach Organtrans- schaffen werden kann. plantation bekannt geworden. Aktuelle Daten zeigen, dass etwa 10 Eine Schwangerschaft nach Organ- Prozent der nierentransplantierten Frauen transplantation gilt allgemein als Risiko- im gebärfähigen Alter sind. Hiervon wer- schwangerschaft. In jedem einzelnen Fall den wiederum zwei Prozent schwanger. ist daher eine ausführliche, individuelle Tabelle 1 gibt einen Überblick der Voraus- und interdisziplinäre Beratung und Risiko- setzungen für einen optimalen Zeitpunkt abwägung erforderlich, in deren Rahmen einer Schwangerschaft nach Nierentrans- Aspekte der Komplikationen und Risiken, plantation. der Immunsuppression und Transplantat- Abbildung: Darstellung eines Kindes im Mutterleib funktion sowie der fetalen Problematik Er- Voraussetzung für eine Schwanger- in der 14. Schwangerschaftswoche. Bereits zu die- wähnung finden sollten. Hierbei müssen schaft nach Nierentransplantation sem Zeitpunkt sind weitreichende Aussagen über immer das Wohl der Patientin und mögli- 쮿 Mindestens zwölf-, besser 24-monati- die normale Entwicklung eines Kindes möglich. che Folgen für das gewünschte Kind dis- ges komplikationsfreies Intervall zwi- kutiert werden. Dabei sind die wichtigs- schen Transplantation und Konzeption Präeklampsie, Schwangerschaftsdiabetes ten Fragestellungen für die Patientin: 쮿 Stabile Transplantatfunktion (Kreatinin und die Frühgeburt sind für ein Perinatal- Ist eine Schwangerschaft überhaupt mög- < 1,5 mg/dl, Proteinurie < 500 mg/ zentrum typische Komplikationen, die lich? Wird die eigene Gesundheit und die Tag, keine Dilatation des Nierenbe- auch in anderem Zusammenhang für Mut- Transplantatfunktion durch die Schwan- ckenkelchsystems) ter und Kind im besten Sinne gelöst wer- gerschaft gefährdet und wie stehen die 쮿 Optimale Blutzuckerkontrolle und nor- den müssen. Es gilt daher, betroffenen Chancen des Kindes, gesund auf die Welt maler Blutdruck Paaren Mut zu machen und diese – wenn zu kommen? Den betreuenden Arzt be- 쮿 Vorherige Umstellung auf eine schwan- eine Schwangerschaft nach Nieren- bzw. schäftigt hingegen zusätzlich die Anpas- gerschaftskompatible immunsuppres- Lebertransplantation angestrebt wird – sung der Immunsuppression, um eine Ab- sive, antihypertensive und sonstige Be- mit allen zur Verfügung stehenden Mög- stoßung des Transplantats zu vermeiden, gleitmedikation lichkeiten durch die Schwangerschaft und ohne den Fetus zu gefährden. Außerdem nach der Entbindung zu begleiten; idea- stellt sich die Frage nach kritischen Ele- Im Laufe jeder dieser Schwangerschaften lerweise im engen Schulterschluss zwi- menten der Schwangerschaft, wie bei- kann es zu Komplikationen kommen. Die schen dem Perinatal- und Transplantati- spielswiese Begleiterkrankungen und Gründe sind Begleiterkrankungen wie onszentrum unter einem Dach. Komplikationen. Die Berührungspunkte Hypertonus (Bluthochdruck), Diabetes unterschiedlicher Fachgebiete bergen mellitus oder Infektionen, außerdem die
6 Transplantationsmedizin Rubrik LE B E N S LI N I E N 1/2018 Schwangerschaft nach Transplantation Liebe Transplantierte, Wartende und Angehörige, ich heiße Manuela Schubert, bin 35 Jahre die Ethikkommission grünes Licht gab, wenn man nicht transplantiert ist. Zumin- Foto: privat und mit einer extrahepatischen Gallen- konnte ein zeitnaher Operationstermin zur dest gingen mir in diesem Moment, als gangsatresie (fehlender Hauptgallengang, Leberlebendspende gefunden werden. ich meine Tochter das erste Mal sah, die dieser führt alle Giftstoffe von der Leber So wurde ich am 26. Juli 2011 in Heidel- kraftzehrenden Jahre durch den Kopf und in den Darm) auf die Welt gekommen. Zu berg erfolgreich transplantiert, trotz schwe- ich wusste, dafür hatte sich alles gelohnt! meinem Glück wurde die Krankheit sehr rer Komplikationen, die fast eine erneute Nun sind wir glückliche und dankbare El- schnell erkannt und ich konnte, im De- Spende erforderlich gemacht hätten. tern. zember 1982, knapp zwei Monate nach Nach einem Jahr auf und ab ging es Gern möchte ich noch erwähnen, dass meiner Geburt, erfolgreich operiert wer- bergauf. Ich konnte nun in die Reha und eine Schwangerschaft nach Transplantati- den. Man sagte meinen Eltern damals, endlich das Leben richtig genießen. Mir on sicher möglich, jedoch immer abzuwä- dass mit dieser Operation die Krankheit ging es Jahr um Jahr besser und auch gen ist. Denn die eigene Gesundheit und geheilt wäre, es somit auch keinerlei mein Kinderwunsch verstärkte sich wie- ein gut funktionierendes Organ sind auch Nachsorge bedürfe und man sich keine der zunehmend. Dies war vor der Trans- ein großes Geschenk. Trotzdem trauen Sorgen mehr machen müsse. Dies war plantation auch schon so, jedoch wurde Sie sich, es anzusprechen. Denn von al- sicher auch die Annahme der Ärzte und davon dringend abgeraten aus nachvoll- lein wird wohl kaum ein Arzt auf Sie zu- keinerlei böswillige Irreführung. Diese ziehbarem Grund. kommen. Lassen Sie auch wenigstens ein sogenannnte Kasai-Operation rettete mir Ich wollte mir fünf Jahre nach der Trans- Jahr nach der Transplantation vergehen damals das Leben und ich kam bis zum plantation Zeit geben. Ich hatte gelesen, und haben Sie Geduld, wenn sich viel- 14. Lebensjahr gut damit klar. dann sei die Gefahr geringer, dass das leicht nicht gleich eine Schwangerschaft Denn bis dahin war ich keineswegs Organ versagen würde. einstellen sollte. beeinträchtigt. Doch plötzlich wurde ich Endlich traute ich mich, den Kinder- Jetzt im Jahr 2017 habe ich mein gelb und wunderte mich über diese selt- wunsch nochmals anzusprechen. Die Ärz- selbstgestecktes kleines Ziel erreicht: Nur same Hautfarbe. Meine Eltern und ich te jubelten zwar nicht gleich, jedoch un- einmal im Jahr zur Nachsorge in die Klinik. waren plötzlich sehr verängstigt. Ich be- terstützte man uns und das war uns sehr Ich möchte meiner Mutter danken, die merkte zwar schon über Tage hinweg ein wichtig. Sonst hätte ich ein schlechtes Ge- mir dieses nun sorgenlose Leben ermög- Unwohlsein und Schmerzen, doch zuord- wissen gehabt, denn schließlich ist man licht hat. Sowie meinem Mann Sven, der nen konnte ich dies nicht. ja immer von der Klinik abhängig und sich in jeder Lebenslage rührend um mich Umso größer war der Schock, als sich bisher waren alle Entscheidungen richtig, kümmerte. Und natürlich allen Ärzten und dies nun doch anders herausstellte. Denn welche die Ärzte für mein Wohlergehen dem Pflegepersonal der Chirurgischen selbst nach dem erneuten Auftreten der trafen. und Inneren Klinik des Uniklinikums Hei- Symptome mit 14 Jahren mussten wie- So gesehen vertrauten mein Mann und delberg. Auch den Ärzten und Schwes- der einige Jahre vergehen, ehe eine klare ich sehr darauf und wussten, dass wir auch tern der Gynäkologie und Geburtshilfe in Diagnose gestellt wurde und man mei- in dieser Sache in guten Händen waren. Villingen-Schwenningen, bei denen unse- nen Eltern mitteilte, dass ich früher oder Es dauerte nicht lange und ich wurde re Tochter zur Welt kam. später ein neues Organ benötigen würde. schwanger. Da ich mit Prograf ® (Tacroli- Ich wünsche allen Transplantierten So vergingen viele Jahre mit der Krank- mus) gut eingestellt war, musste ich auch stetige Gesundheit und allen Wartenden heit. Die Leber wurde mehr und mehr keine medikamentöse Veränderung vor und deren Angehörigen viel Kraft und durch die ständigen Entzündungsschübe einer möglichen Schwangerschaft vor- den ersehnten Anruf. Jungen transplan- geschwächt, so dass ich 2006 auf die nehmen. tierten Frauen wünsche ich, dass ihr Kin- Transplantations-Warteliste kam. Die Schwangerschaft verlief weitge- derwunsch in Erfüllung gehen möge, sie Nun begannen immer wiederkehren- hend komplikationslos. Allerdings waren Mut und Unterstützung bei dieser Ent- de Krankenhausbesuche in der Leberam- von Anfang an engmaschigere Kontrollen scheidung finden. Eine unkomplizierte bulanz als auch teils wochenlange Auf- notwendig. So musste ich alle 14 Tage Schwangerschaft und die Geburt eines ge- enthalte in der Klinik, denn die Krankheit zum Gynäkologen und alle vier Wochen sunden Kindes erleben dürfen und natür- nahm ihren Lauf. in die Klinik. Dies war das Einzige, was lich das Schönste daran: das Eltern sein. Trotz dieser schweren Zeit hatte mich ich als anstrengend empfand. mein Mann immer unterstützt, mich ge- Ab und zu schwankte mein Tacrolimus- Herzliche Grüße und alles Gute pflegt und versorgt sowie Arztgespräche Spiegel und so war es notwendig, die Do- geführt. Er recherchierte über die Krank- sierung öfters dem Zielspiegel anzupas- Manuela Schubert heit und kannte sich besser aus als ich. sen. Trotz allem durften wir am 17. März Obwohl ich auf der Liste stand, ging es 2015 (durch geplanten Kaiserschnitt) un- mir noch zu gut (laut Aussage der Ärzte), sere gesunde Tochter in die Arme schlie- als dass ich in absehbarer Zeit ein Organ ßen. bekommen hätte. Unser großes Glück war Natürlich ist die Geburt des eigenen es, dass wir auf meine Mutter zurückgrei- Kindes etwas ganz Besonderes und das fen konnten. Sie wurde getestet, und als größte Geschenk, jedoch sicher anders,
LE B E N S LI N I E N 1/2018 Transplantationsmedizin Rubrik 7 NTx 360° Einmaliges Nachsorgeprogramm der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) Sektorenübergreifende Versorgung tion und Adherenz des Patienten bleiben Jutta Riemer ist richtungsweisend so im Blick. Wenn psychologischer Unter- Bei der Umsetzung des Programms stützungsbedarf besteht, kann zeitnah A uch wenn es sich bei dem im Folgen- den erläuterten Projekt um nieren- transplantierte Patienten handelt, stellen haben Professor Schiffer und Professor Pape neben zwei internen Partnern, dem Institut für Sportmedizin und der Klinik für – auch telemedizinisch – ein Coaching erfolgen. wir dieses Projekt gerne auch an dieser Psychosomatik und Psychotherapie, auch Sportmediziner entwickeln auf Stelle vor – in der Hoffnung, dass den Pa- die Kassenärztliche Vereinigung Nieder- jeden Patienten abgestimmte tienten Ähnliches vielleicht auch bald im sachsen (KVN) und die AOK Niedersach- Trainingstherapien Bereich der Lebertransplantation zur Ver- sen (AOKN) an ihrer Seite. 400 Projekt- Patienten nach Nierentransplantation fügung steht. Vielleicht benötigen wir es teilnehmer sind bei der AOK versichert. haben wegen der jahrelangen Krankheits- dort noch mehr, denn qualifizierte Nach- „Wir haben die Förderung dieses Projekts phase und der damit verbundenen Inak- sorge für Nierenpatienten gibt es durch durch den Innovationsfonds nicht nur für tivität erhebliche Einschränkungen der die vielen Dialysepraxen und Nephrologen eine optimale Versorgung der 400 bei alltäglichen Belastbarkeit. Um den Alltag eher als in Sachen Lebertransplantation uns versicherten Patienten unterstützt. besser körperlich bewältigen zu können, qualifizierte Hausärzte, Internisten oder Wir sind überzeugt, dass die sektoren- die kardiovaskulären Begleiterkrankungen gar Hepatologen. übergreifende Versorgung richtungswei- zu reduzieren und dem durch die immun- An der Medizinischen Hochschule Han- send ist“, erklärt Jan Seeger, Geschäfts- suppressive Therapie beschleunigten Ab- nover (MHH) startet ein neuartiges Nach- führer der AOK Niedersachsen. Mehrere bau von Knochendichte und Muskulatur sorgemodell für Erwachsene und Kinder, andere Krankenkassen haben inzwischen entgegenzutreten, erhalten die Patienten denen eine Niere transplantiert wurde. Das ebenfalls ihre Bereitschaft erklärt, an dem im Institut für Sportmedizin eine Belas- Innovationsprojekt namens „NTx 360° “ Projekt teilzunehmen: BKK Landesverband tungs- und Leistungsdiagnostik und eine schließt 1.000 Patienten ein und verfolgt Mitte, stellvertretend für die Mitglieder darauf abgestimmte persönliche Trainings- drei Hauptziele: Das neue Organ soll mög- der BKK Vertragsarbeitsgemeinschaft Mit- therapie. Durch eine Trainings-App wird lichst lange funktionieren, die Lebensqua- te, BKK Mobil Oil, hkk, IKK Classic und TK. das Training der Patienten telemedizinisch lität der Patienten soll sich verbessern und gesteuert und regelmäßig angepasst. Über die medizinische Versorgung der Betroffe- Kommunikation zwischen Klinik die telemedizinische Plattform sind auch nen soll optimiert und wirtschaftlich effi- und niedergelassenen Ärzten wird Trainingssprechstunden per Video möglich. zienter werden. Das Nachsorgeprogramm verbessert wird als sogenannte neue Versor-gungs- Weitere Projektbeteiligte sind die nie- Transitionprogramm form mit rund sechs Millionen Euro aus dergelassenen Nephrologen in Nieder- Damit transplantierte Kinder und Ju- dem Innovationsfonds des Gemeinsamen sachsen. Sie übernehmen die Betreuung gendliche während der Pubertät und beim Bundesausschusses (G-BA) gefördert. der Patienten nah am Wohnort und sind Eintritt ins Erwachsenenleben lernen, die daher wichtige Partner bei der Nachsor- nötigen Medikamente regelmäßig einzu- Optimale Versorgung nierentrans- ge der Nierentransplantierten. Im Vorfeld nehmen, gehört ein Transitionsprogramm plantierter Patienten ist komplex hatten sich hier Schwachstellen in der zum Projekt, das den Übergang der Be- Acht Prozent der Transplantierten ver- Kommunikation gezeigt, die nun behoben treuung vom Kinder- zum Erwachsenen- lieren das neue Organ in den ersten drei werden. Nephrologen begleitet. Die Integration Jahren nach der Verpflanzung wieder. In von Patienten aller Altersklassen ist ein den Folgejahren nimmt das Transplantat- Telemedizinisches Netzwerk mit einzigartiger Aspekt des Projekts. versagen weiter stetig zu – für die einzel- elektronischer Patientenakte nen Betroffenen und auch angesichts des Kernstück des Programms ist ein tele- Patienten setzen Hoffnungen in das allgemeinen Mangels an Spenderorganen medizinisches Netzwerk mit gemeinsamer neue Projekt eine traurige Situation. Bei Jugendlichen, elektronischer Patientenakte, auf die alle Die Aussicht, demnächst eine elektro- besonders beim Übergang ins Erwachse- ins Programm eingebundenen Ärzte – in nische Patientenakte zu haben, findet Pa- nenalter, ist ein Anstieg der Transplantat- der MHH und auch in den Praxen vor Ort – tient Christoph W. vielversprechend. Dem Versagensrate zu beobachten. Denn schon Zugriff haben. Auch die Patienten selbst 50-Jährigen aus Seelze wurde im März geringe Abweichungen in der Medikamen- haben Einblick in ihre Daten, das ist Pro- 2016 in der MHH eine neue Niere trans- teneinnahme erhöhen das Risiko für eine fessor Pape und Professor Schiffer beson- plantiert. Seine Mutter hatte das Organ Abstoßung deutlich. Die Versorgung nach ders wichtig. So werden Untersuchungen, für ihn gespendet. Nachdem er zunächst einer NTx ist komplex und muss individu- Diagnosen, Medikationen, Therapien und durch eine Darmentzündung geschwächt ell angepasst sein. Bestehende Begleit- vieles mehr für alle sichtbar und die Kom- war, geht es ihm inzwischen einigerma- erkrankungen müssen ebenso im Blick munikation zwischen den Betreuern zum ßen gut. Alle zwei Wochen geht er zur behalten werden wie die Verhinderung Wohle der Patienten strukturiert und in- Nachsorgeuntersuchung, jeweils im Wech- oder Hinauszögerung solcher, die häufiger tensiviert. Man verspricht sich eine besse- sel in der MHH und bei seinem Nephro- nach Transplantation auftreten, wie z. B. re Koordination, effektivere Nachsorgeun- logen vor Ort. „Ich fühle mich zwar insge- Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „NTx 360°“ tersuchungen bei insgesamt sogar weni- samt gut betreut, aber manchmal kommt ermöglicht durch eine enge Zusammen- ger Fahrten in die MHH. es schon zu widersprüchlichen Aussagen arbeit mit den heimatnahen Praxen und und Anordnungen der Ärzte. Wenn der Aus- mit weiteren Fachdisziplinen eine Opti- Psychosomatiker unterstützen tausch zwischen beiden besser klappen mierung. Im Projekt steht der Netzwerk- die Patienten würde, wäre das ein großer Fortschritt“, gedanke an vorderster Stelle. 1.000 Pati- Zur Optimierung der Versorgung soll je- sagt Christoph W. enten, die 2010 oder später an der MHH der Patient regelmäßig vom Psychosoma- oder NZN Hannoversch Münden trans- tiker gesehen werden, denn schwerwie- Informationen zu dem Thema im Internet unter plantiert wurden – Kinder und Erwachse- gende psychische Störungen können den www.ntx360grad.de ne –, bekommen zunächst die Gelegen- Transplantationserfolg beeinträchtigen. heit dieser Betreuung. Lebensqualität und psychosoziale Situa- Quelle: Pressemitteilung der MHH v. 16.1.2017
8 Transplantationsmedizin Rubrik LE B E N S LI N I E N 1/2018 Leberkrebs (HCC) – Kriterien für die Vergabe von Spenderlebern oder match-MELD) wird für die Zuteilung Klassifikation des Tumorstadiums nicht Jutta Riemer* eines Transplantats herangezogen. berücksichtigt, da hier der Erfolg anderer Therapien besser ist. B eim Leberkrebs (hepatozelluläres Kar- zinom oder kurz HCC) handelt es sich um einen bösartigen Tumor, der von Zel- Voraussetzungen für die Zuerkennung eines match-Meld So erhalten auch HCC-Patienten unter Kein match-MELD und doch auf die Liste? len der Leber ausgeht (Primärtumor der bestimmten Voraussetzungen Punkte ent- Liegen die HCCs außerhalb der SE- Leber). Bei Vorliegen eines HCC wird die sprechend den Standard Exceptions (SE). Kriterien, können die Patienten dennoch optimale Therapie von der Tumorkonfe- Es gelten folgende Regeln: für eine Lebertransplantation gelistet wer- renz besprochen und festgelegt. Sind 1. Es werden ein Tumor zwischen 2 cm den, jedoch ohne Zuerkennung eines medikamentöse, chirurgische oder an- und 5 cm oder 2 – 3 kleine Tumoren match-MELD. Bei diesen Patienten ent- dere Verfahren (z. B. Radiofrequenz-Abla- zwischen 1 und 3 cm Durchmesser spricht der individuelle MELD-Score dem tion, TACE) nicht ausreichend, um die Tu- festgestellt. lab-MELD. Voraussetzung ist, dass der Tu- morgröße zu verringern bzw. den Tumor 2. Es darf keine Infiltration großer Gefäße mor/die Tumoren auf die Leber begrenzt zu zerstören, kann in manchen Fällen auch bestehen. sind, keine Tumorinfiltration der Pfortader eine Lebertransplantation durchgeführt 3. Es dürfen keine Absiedlungen (Metas- und der Lebervenen vorliegt und es sich werden. Für eine Lebertransplantation be- tasen) des Lebertumors außerhalb der um Primärtumoren handelt. darf es bestimmter, in Richtlinien festge- Leber vorliegen. legter Voraussetzungen. Auch wenn ei- 4. Das HCC ist ein Primärtumor der Le- Lebendspende ne Lebertransplantation vorgesehen ist, ber. Sekundärtumore in der Leber, z. B. Die Lebendspende ist laut Gesetz nach- kommen oben genannte Therapien als Absiedelungen eines Darmtumors, rangig gegenüber der postmortalen Spen- Überbrückung der Wartezeit auf ein Spen- stellen Kontraindikationen zur Leber- de. Auch Patienten, die für eine Lebend- derorgan zum Einsatz, um die Tumoren transplantation dar. spende vorgesehen sind, müssen die Kri- am Weiterwachsen zu hindern. 5. Die anerkannten Diagnoseverfahren terien zur Aufnahme auf die Warteliste er- und die Dokumentation der Ergebnis- füllen und werden bei Eurotransplant ge- Leberkrebs – häufige Indikation zur Ltx se sind verbindlich festgelegt. listet. Denn erhält der Patient vor Durch- Im Jahr 2016 wurden 236 HCC-Pati- 6. Der zu Beginn vergebene match-MELD führung einer Lebendspende ein Organ- enten lebertransplantiert. Bösartige Le- wird entsprechend einer 3-Monats- angebot, muss dieses Richtlinien-konform bertumoren stellen mit ca. 20 % Anteil in Mortalität von 15 % mit 22 Punkten vermittelt werden. Ebenso wird – sogar Deutschland eine häufige Indikation zur festgesetzt. hochdringlich – auf den Gesamtpool der Lebertransplantation dar. Bei Patienten 7. Werden die Kriterien weiterhin erfüllt Spenderorgane zurückgegriffen, wenn der mit Lebertumoren liegt häufig auch eine (Rezertifizierung alle drei Monate), lebend gespendete Leberteil die Funktion Leberzirrhose vor. erfolgt die Höherstufung des match- nicht aufnimmt oder innerhalb weniger In der Regel werden Lebern nach einem MELD in 3-Monats-Schritten entspre- Tage ein Leberversagen auftritt. aus drei Laborwerten errechneten lab- chend einer Zunahme der 3-Monats- MELD zugeteilt: Bilirubin, Kreatinin und Versterbewahrscheinlichkeit von 10 %. Eckpunkte der MELD-Äquivalente: INR (Leberwert, Nierenwert und Blutge- Das bedeutet, dass sich der MELD- rinnung – s. Patienteninformation LD e.V. : Score des Patienten alle drei Monate MELD-Score 3-Monats-Versterberisiko Wer erhält das nächste Organ – Der MELD- um 2 – 3 Punkte erhöht. Nach einem 6 1% Score). Je höher der Score, desto krän- halben Jahr steht der MELD-Score 10 2% ker ist der Patient und umso größer die dann entsprechend bei ca. 25 Punk- 15 5% Wahrscheinlichkeit eines Organangebots ten, nach einem Jahr bei ca. 31. 20 11 % für den Patienten. So können die Schwe- 8. Wurden Tumoren durch lokal an der 22 15 % re der Erkrankung und die Dringlichkeit Leber angewandte Therapie(n) elimi- 24 21% von Patienten mit Leberzirrhose erfasst niert, gelten erneut auftretende Tumo- 26 28 % werden. ren dann als Neuerkrankung, wenn seit- 27 32 % her mehr als 24 Monate vergangen sind. 28 37 % Besondere Regeln für HCC-Patienten Dann ist die Zuerkennung eines match- 29 43 % Bei Patienten mit einem Leberkrebs MELD möglich. 30 49 % ergibt sich die Dringlichkeit jedoch meist 31 55 % nicht aus dem Stadium der Zirrhose, son- Wer bekommt keinen match-MELD 32 61 % dern aus der Tatsache, dass die Tumo- zuerkannt? 33 68 % ren drohen zu wachsen, sich Tochterge- Patienten, bei denen erst durch sog. 35 80 % schwülste ausbilden und so weitere Or- Downstaging (therapeutische Verkleine- 36 85 % gane befallen können. rung des/r Tumor/en) die unter 1. aufge- 37 90 % Für manche Erkrankungen, so auch führten Kriterien erreicht werden konnten, 38 93 % für das HCC, wird also der tatsächliche erhalten keinen match-MELD zuerkannt, 39 96 % Dringlichkeitsgrad nicht durch den lab- weil die Wahrscheinlichkeit besteht , 40 98 % MELD erfasst. Für solche Patienten gelten dass der zuvor größere Tumor (außerhalb 41 99 % gesonderte Regeln. Wenn sie bestimmte der Kriterien) bereits in andere Organe 42 100 % medizinische Kriterien erfüllen (Standard metastasiert haben könnte und so der Exceptions), wird ihnen ein sogenannter Transplantationserfolg kleiner ist als bei * Jutta Riemer ist Mitglied der Ständigen Kommission match-MELD zugewiesen. Dieser erhöht Patienten mit gleich großem Tumor ohne Organtransplantation der Bundesärztekammer sich alle 3 Monate. Ist jedoch die Leber- Downstaging. funktion schwer beeinträchtigt, kann der Patienten mit einzelnen Tumoren, die Quellen: BÄK, Richtlinien zur Organtransplanta- lab-MELD höher als der match-MELD sein. kleiner als 2 cm sind, erhalten keine SE- tion, Deutsches Ärzteblatt 19.5.2017, Der höhere der beiden Werte (lab-MELD Punkte. Herde unter 1 cm werden für die DSO-Jahresbericht 2016, Leitlinien HCC (DGVS)
LE B E N S LI N I E N 1/2018 Transplantationsmedizin Rubrik 9 26. DTG-Jahrestagung in Bonn rückläufigen Zahlen für Organspende und trum, die zum Beispielmit HIV oder Hepa- Gerd Böckmann -transplantation berichten. titis infiziert sind. Wenn der Empfänger Den aktuellen Jahresberichten der Deut- ebenfalls infiziert ist, stellen diese eine D ie 26. Jahrestagung der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG) fand vom 25. bis 28.10.2017 in Bonn im schen Stiftung Organtransplantation (DSO) und der Stiftung Eurotransplant (ET) sind folgende Kennzahlen des Jahres 2016 für Möglichkeit zur Transplantation dar. Zur Aufarbeitung des Transplantations- skandals war war die Kölner Strafrechts- World Conference Center statt. Die Gebäu- die Transplantationsaktivitäten in Deutsch- expertin Prof. Dr. Elisa Hoven eingeladen. de dieses Konferenzzentrums waren bis land zu entnehmen: Die Kernaussage des Vortrags „Juristische zum Umzug nach Berlin der Sitz des deut- 쮿 Aktiv zur Transplantation gelistete Pati- Bewertung des BGH-Urteils“ war zuvor schen Bundestags und bildeten eine be- enten zum Jahresende 2016: 10.129 schon in der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ eindruckende Kulisse für Vortragende und 쮿 Davon in 2016 neu zur Transplantation unter dem anschaulicheren Titel „Patien- Zuhörer. gelistete Patienten: 5.551 tendaten fälschen ist kein versuchter Tot- Der besorgniserregende Tiefstand bei 쮿 Erfolgreich transplantierte Patienten in schlag“ von ihr veröffentlicht worden. Ein Organspende und Transplantation, ohne 2016: 3.708 (davon 647 nach Organ- Göttinger Chirurg hatte die Daten seiner dass eine Trendwende in Sicht ist, war ei- Lebendspende) Transplantationspatienten manipuliert, um nes der Hauptthemen der Veranstaltung. 쮿 Auf den Wartelisten verstorbene Patien- ihnen ein bessere Position auf der Warte- Im internationalen Vergleich hat trotz ho- ten in 2016: 939 (teilweise für mehre- liste zu verschaffen und damit andere her Qualität der deutschen Transplantati- re Organe gemeldet) Patienten gefährdet. Sowohl das Land- onsmedizin die quantitative Versorgung 쮿 Weitere Abgänge von den Wartelisten gericht Göttingen als auch der Bundes- der Bevölkerung einen Tiefstand erreicht. (Grund: „unfit for transplantation“ oder gerichtshof haben ihn, wenn auch aus Bezogen auf je 1 Mio. Bürger betrug die unbekannt) in 2016: 729 verschiedenen Gründen, freigesprochen. Rate an transplantierten Patienten im Jahr Der Umbau von für Organspende und Der Freispruch durch den Bundesge- 2016 in Deutschland 44,4 , in Österreich -transplantation zuständigen Zentren, Gre- richtshof am 28.6.2017 ist nach Meinung hingegen 87,2, in Frankreich 87,8, in den mien und Institutionen ist im Rahmen der der Strafrechtlerin skandalös und steht im Niederlanden 90,5 und in Spanien 102,3. derzeit gegebenen Möglichkeiten weit fort- Widerspruch zu sonstigen Entscheidungen Voraussetzung für eine grundlegende geschritten, so dass die Grundlagen für des BGH. Da in der Zeit zwischen Tat und Verbesserung wäre nach Ansicht der DTG eine gewisse Verbesserung der Situation Urteil das Transplantationsgesetz geändert ein gesamtgesellschaftlicher Konsens in den kommenden Jahren prinzipiell ge- wurde, wäre eine solche Tat heute straf- Fotos: privat, K.I.T. Group GmbH Dresden über das Ziel, eine Versorgungsqualität auf geben wären. Es fehlt eine Politik, die nach bar. Warum der BGH dieses Urteil gefällt dem Niveau unserer Nachbarländer zu er- einer gesellschaftspolitischen Diskussion hatte, konnte Elisa Hoven nicht erklären. reichen. Dieser ist aktuell nicht absehbar. die Organspende und Transplantation ef- Sie hält das Urteil für eine Einzelentschei- Die DTG befürchtet stattdessen eine Dis- fektiv fördert. dung ohne Übertragbarkeit auf andere kussion über einen Rückbau der Trans- Die Kriterien für die Organverteilung Fälle. plantationsmedizin in Deutschland. und die Möglichkeit der Verwendung von Zwei weitere Themen standen im Focus: Für das Berichtsjahr 2016/2017 kann durch Erkrankungen vorgeschädigte Or- Der Organersatz und die Verteilungsge- die Deutsche Transplantationsgesellschaft gane wurden in Vorträgen behandelt. Der rechtigkeit der Spenderorgane. Lesen Sie (DTG) keine Trendumkehr der weiterhin Organmangel rückt hier Organe ins Spek- dazu die beiden nachfolgenden Beiträge. Mit einem Informationsstand war Lebertransplantierte Deutschland e.V. bei der Jahrestagung der DTG vertreten. Dort haben Ulrike Montini sowie Karin und Günter Schelle, neue Ansprechpartner für die Region Köln und Bonn, Gespräche geführt und Informationsmaterial ausgegeben. Susan Stracke, Andrea Sebastian, Gerd Böckmann und Jutta Riemer zog es auch immer wieder zu unserem Stand, obwohl sie in anderer Funktion bei der Tagung waren.
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