Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
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Heft 02.2020 Magazin für Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Neue Werkstoffe, Photonik und Quantentechnologien © Fraunhofer ILT, Aachen, Germany / Volker Lannert Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung News aus dem Cluster NMWP.NRW und dem Verein NMWP E.V. Highlight-Thema: NMWP im Gespräch Leichtbau „Made in NRW“ mit Professor Dr. Andreas Pinkwart, Innovative Materialien und Minister für Wirtschaft, Innovation, Verfahren für die Märkte Digitalisierung und Energie von Morgen. Seite 14 des Landes Nordrhein-Westfalen. Seite 6
Wir ermöglichen Innovation. Überall. Technologien sind in einem hochindustrialisierten Land Da alle vier Schlüsseltechnologien auch Querschnitts- wie Deutschland nicht nur Grundlage für Wohlstand, technologien sind, unterstützt und vernetzt der Cluster sie verändern die Gesellschaft. Sie bringen in wichtigen NMWP.NRW Akteure entlang der kompletten Wert- Bereichen unseres Lebens Innovationen hervor, aus schöpfungskette aus sämtlichen Leitmärkten. Die denen sich neue Lösungsansätze für die großen Heraus- Vernetzung entsteht zum Beispiel über die gemeinsame forderungen unserer Zeit, wie zum Beispiel den Klima- Teilnahme an Messen und die Durchführung verschie- schutz und die Energieversorgung, ergeben. dener Veranstaltungen. Der Landescluster NanoMikroWerkstoffePhotonik. Ergänzt wird der Cluster in seiner Arbeit vom Verein NRW (NMWP.NRW) steht für die Leitmarkt- und Cluster- NanoMikroWerkstoffePhotonik (NMWP e.V.). Im April strategie am Wirtschafts- und Innovationsstandort 2012 gegründet, unterstützt er seitdem seine Mitglieder Nordrhein-Westfalen. Er ist ein anerkannter Partner der aktiv in der Entwicklung neuer Ideen, Projekte und Partner- Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlichen Hand für schaften in den Bereichen Nanotechnologie, Mikro- innovationsfördernde Dienstleistungen im Bereich der systemtechnik, Neue Werkstoffe und Materialien und Schlüsseltechnologien, primär Nanotechnologie, Photonik. Zu den Mitgliedern zählen Universitäten, Neue Werkstoffe, Mikrosystemtechnik und Photonik. Großunternehmen sowie auch Vertreter von KMU. NRW ist im Hinblick auf diese vier Schlüsseltechnologien NMWP.NRW und NMWP e.V. agieren als Innovations- sehr stark aufgestellt. Sein bundesweiter Spitzenplatz treiber und leisten einen elementaren Beitrag zur Wett- stützt sich unter anderem auf eine sehr hohe Dichte an bewerbsfähigkeit der Unternehmen und Forschungs- Unternehmen und Instituten, einen erfolgreichen einrichtungen aus NRW im internationalen Umfeld und Mix aus Mittelstand, Großunternehmen und Forschung präsentieren Nordrhein-Westfalen als attraktiven, und – eine hohe Innovationsgeschwindigkeit, die durch nachhaltigen und effizienten Wirtschaftsstandort. eine gute Vernetzung begünstigt wird. Impressum Herausgeber Redaktion Cluster NMWP.NRW Dr.-Ing. Harald Cremer Alle Ausgaben des NMWP-Magzins können c/o NMWP Management GmbH Hendrik Köster (v.i.S.d.P.) auch als PDF-Datei auf der Internetseite Merowingerplatz 1 www.nmwp.nrw.de gelesen und herunter- 40225 Düsseldorf geladen werden. Umsetzung Telefon: 0211 385459-0 Namentlich gekennzeichnete Beiträge Telefax: 0211 385459-19 geben nicht unbedingt die Meinung des Internet: www.nmwp.nrw.de Unentgeltliches Abonnement des Magazins Herausgebers wieder. Der Nach- bzw. teil- www.portal.nmwp.de oder Informationen zu Adressänderungen: weise Abdruck ist nur mit Erlaubnis des www.verein.nmwp.de hendrik.koester@nmwp.de Herausgebers gestattet.
Editorial Liebe Leserinnen und Leser, generell spielt der Leichtbau in Nordrhein-Westfalen seit jeher eine wichtige Rolle und die Expertise unserer Industrie und Forschung auf dem Gebiet ist international anerkannt. Unsere Spitzenposition und Erfolge sind aber keine Selbstverständlichkeit. Technologietransfer und das „I“ in F&E&I- Aktivitäten – die Innovation – sind ganz wichtige Faktoren. „Der Leichtbau gehört zu den Game-Changer-Technologien des 21. Jahrhunderts“, proklamierte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nicht zu Unrecht, schaut man sich die großen Innovationen in unzähligen Anwendungsbereichen dieser Technologie an, die für uns seit mehr als 10 Jahren ein wichtiger Bestandteil unserer Clusterarbeit ist. Die Steigerung des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit steht beim modernen Leichtbau ebenso im Fokus, wie eine Sicherung des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit sowie der Steigerung der Ressourceneffizienz und der Kreislaufwirtschaft. Im Technologietransfer- Programm Leichtbau (TTP LB) wurde der Beitrag von Nordrhein-Westfalen als Deutschlands Werkstoffland Nr. 1 im Kontext bundesweiter Innovationsaktivitäten deutlich. Es konnten im Cluster NMWP.NRW und durch die Netzwerk- aktivitäten zahlreiche Innovationsprojektideen für das TTP LB entwickelt und eingereicht werden. Ein „lebendiges und vielgestaltiges Innovationsgeschehen“ attestierte auch der kürzlich veröffentlichte „Innovations- bericht Nordrhein-Westfalen“. Hier freut es uns als Landescluster NMWP.NRW und Koordinierungsstelle Quantentechnologien des Landes Nordrhein-Westfalen besonders, dass Schlüsseltechnologien wie Leichtbau, Nanotechnologie, Materialien/Werkstoffe, Photonik und Quantentechnologie zu den im Innovationsbericht identifizierten Zukunftsfeldern zählen. Nicht genug damit, Innovationen in nahezu allen weiteren Zukunftsfeldern, wie zum Beispiel Energie(technik), IKT, Intelligente Produktionstechnologien, Medizintechnik, Umwelttechnik, usw. sind als Anwendungsfelder eng mit den Schlüsseltechnologien verknüpft. Sie sehen, die Schlüsseltechno- logien Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Neue Werkstoffe, Photonik und Quantentechnologien spielen eine große Rolle in NRW! Professor Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, sagte in unserem Interview: „Wir brauchen die innovativen Köpfe, die innovativen Unter- nehmen.“ Als Clustermanager NMWP.NRW bin ich der Überzeugung, dass Nordrhein-Westfalen bis heute mit vielen spannenden wie innovativen Lösungen bereits einen großen Beitrag zum Leichtbau geleistet hat, und auch in Zukunft noch leisten wird. Um einen kleinen Blick auf die vielfältigen Beiträge der Clusterakteure im Leichtbau zu geben, haben wir in diesem Magazin bewusst darauf geachtet, dass insbesondere die „Hidden Champions“ zu Wort kommen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre – lassen Sie sich inspirieren und bleiben Sie hungrig nach Innovation und Zukunft! Dr.-Ing. Harald Cremer, Clustermanager NMWP.NRW Heft 02.2020 3
NMWP-Magazin | Heft 02.2020 14 Highlight-Thema: Leichtbau „Made in NRW“ Innovative Materialien und Verfahren für die Märkte von Morgen. 6 NMWP.NRW im Gespräch mit NRW Wirtschaftsminister Professor Dr. Andreas Pinkwart 18 Extremster Leichtbau – Metall-Warmumformung mit HDF 22 Digitalisierung für Leichtbautechnologien in der zivilen Luftfahrt 24 MAKING.MOBILITY.SAFE. 34 3D-Druck als Leichtbau für die Schmiedeindustrie 52 Erfolgreicher Start von HIGH-TECH.NRW 54 Die 9. NRW Nano-Konferenz wartet mit Top-Speakern und spannenden Zukunftsthemen auf
Inhalt NMWP im Gespräch NMWP.NRW im Gespräch mit NRW Wirtschafts- Tischkonzept mit minister Professor Dr. Andreas Pinkwart thermoplastischen Composites 32 über den Leichtbau aus NRW als international anerkannter Enabler zur Lösung Globaler Herausforderungen wie CO2- Neuste Entwicklungen aus der Sprühtechnik 34 Reduktion, den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und die Frage, was die Digitalisierung damit zu tun hat. 6 Gesunder, intelligenter Leichtbau dank SHM 36 Leichtbau BW und der Cluster NMWP.NRW im Innovative Fassadenpaneele für Gespräch mit Professor Dr. Heinz Voggenreiter moderne Architektur 38 über das große Leichtbau-Potenzial der Materialent- wicklung und -simulation mittels Quantumcomputing. 10 Licht als innovatives Werkzeug im Leichtbau 40 Additive Fertigung hochbeanspruchter Antriebsbauteile 42 Highlight-Thema Klimaschutz „leicht“ gemacht! 44 Leichtbau „Made in NRW“ Innovative Materialien und Verfahren Hochtemperatur-Leichtbau „Made in NRW“ 46 für die Märkte von Morgen. 14 Die Zeit für Leichtbau ist jetzt 48 Gießerei-Institut der RWTH Aachen entwickelt mit Leichtbau aus NRW LUNOVU-LMD neuartige Werkstoffsysteme 50 Leichte, flexible und intelligente Umformwerkzeuge 16 Extremster Leichtbau – Neues aus Cluster, Verein und Branche Metall-Warmumformung mit HDF 18 Erfolgreicher Start von HIGH-TECH.NRW Kohlefaserausstieg „made in Ruhrpott“ 20 Erster Start-up Business Accelerator in NRW für hardwarebasierte High-Tech Themen. 52 Digitalisierung für Leichtbautechnologien in der zivilen Luftfahrt 22 Die 9. NRW Nano-Konferenz wartet mit Top-Speakern und MAKING.MOBILITY.SAFE. 24 spannenden Zukunftsthemen auf Aufgrund der Corona-Pandemie wird die Konferenz Innovationen für Mobilität auf den 21.-22. April 2021 verschoben. 54 und Wohnkomfort 26 NMWP e.V. Metallsubstitution per Spritzgießtechnik Neue Vereinsmitglieder stellen sich vor. 56 gerät allmählich in Reichweite 28 Zu guter Letzt58 Innovative Technische Gewebe und Folien für die Textile Architektur 30 Termine 59
NMWP im Gespräch »Unter dem Aspekt der Nach- haltigkeit zeichnet sich Leichtbau im Zusammenspiel mit anderen Innovationstrends durch erhebli- che Problemlösungskompetenzen aus, aktuell beispielsweise beson- ders im Bereich der industriellen Digitalisierung.« Professor Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen ©MWIDE NRW/F. Wiedemeier 6NMWP-Magazin
NMWP im Gespräch Wir brauchen innovative Köpfe und innovative Unternehmen. Der Cluster NMWP.NRW im Gespräch mit Professor Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, über den Leichtbau aus NRW als international anerkannter Enabler zur Lösung Globaler Her- ausforderungen wie CO2-Reduktion, den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und die Frage, was die Digitalisierung damit zu tun hat. Herr Professor Pinkwart, Leichtbau wird oftmals als Leichtbautechnologien aus Nordrhein-Westfalen bereits eine „Game-Changer-Technologie“ bezeichnet. Welche heute weltweit einen außerordentlich wichtigen Beitrag Gründe sprechen heute dafür, möglichst leichte Produkte zur Ressourcen- und Energieeffizienz und entfalten ihre zu entwickeln, zu fertigen und auf den Markt zu bringen? Problemlösungskompetenzen zur Verringerung von Kraft- stoffverbrauch und CO2-Emissionen von Fahrzeugen, Das Grundprinzip von Leichtbau ist so einfach wie genial: Maschinen, Gebäuden und Transportsystemen. Wir Durch den Einsatz leichterer Materialien entstehen im müssen unsere Kompetenzen im Leichtbau entschlos- Zusammenspiel mit intelligenter Konstruktion innovative sen und konsequent ausbauen, um Deutschland und Produkte für die Märkte von morgen. Leichtbau verbindet Europa als innovativen Leitanbieter für den werkstoff- große wirtschaftliche Potentiale mit Ressourcenschutz übergreifenden Leichtbau international zu positionieren, sowie Material- und Energieeffizienz. Davon profitieren Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der klassischen In- Branchen wie die Luft- und Raumfahrt, die Automobil- dustriebranchen und den Erhalt von hochwertigen Indus- und Transportindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau triearbeitsplätzen nachhaltig zu sichern und im Zuge der bis hin zur Bau-, Freizeit-, Sportindustrie und Medizin- industriellen Digitalisierung marktreife und innovative technik. Leichtbau hilft bereits heute dabei, CO2-Emissionen Produkte zu entwickeln. konsequent zu reduzieren. Unter dem Aspekt der Nach- haltigkeit zeichnet sich Leichtbau im Zusammenspiel mit Auf welche Anwendungsbereiche wird der Leichtbau Ihrer anderen Innovationstrends durch erhebliche Problem- Meinung nach in Zukunft den größten Einfluss haben? lösungskompetenzen aus, aktuell beispielsweise be- sonders im Bereich der industriellen Digitalisierung. In der Automobilindustrie und der Luft- und Raumfahrt ist der Leichtbau bereits fest etabliert und ein maßgeb- Leistet der Leichtbau aus NRW damit auch einen wichti- licher Enabler für die Reduktion der CO2-Emissionen bei gen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele und Steigerung gleichzeitiger Steigerung der Effizienz. So sind kostengün- der Nachhaltigkeit über die eigenen Grenzen hinaus? stige und in industriellem Maßstab nutzbare Leichtbau- lösungen Grundlage für die umwelt- und klimaschonende Nordrhein-Westfalen ist das Land der Materialien und Mobilität der Zukunft. Im Bereich Automotive liegen die Vor- Werkstoffe mit mehr als 6.800 werkstoffverarbeitenden teile des Leichtbaus auf der Hand: Das Fahrzeuggewicht und -herstellenden Unternehmen und rund 200 Mrd. Euro verringert sich erheblich. Das ermöglicht eine deutliche Umsatz, darunter zahlreiche Weltmarktführer und Hidden Emissionsreduzierung bei gleichzeitiger Erhöhung der Champions. Sie entwickeln hier Schlüsseltechnologien Reichweite. Das trägt auch zu einer besseren Fahrdyna- für die Zukunft des Leichtbaus, wie Werkstoffe und Ma- mik bei. Dies gilt unabhängig von der Antriebstechnik, terialien, Produkte, Produktions- und Konstruktions- also für Elektrofahrzeuge, Fahrzeuge mit Verbrennungs- verfahren für die Zukunft des Leichtbaus. Dadurch leisten motor und sogar für alle eventuellen Zukunftstechnologien, Heft 02.2020 7
wie z.B. im Bereich Wasserstoff und Brennstoffzellen. digital abzubilden bzw. zu optimieren. „Klassische“ Der Erfolg einer Leichtbaulösung am Markt ist dabei Innovationstechnologien, wie z.B. die Mikro- und Nano- aber nicht nur auf das Verhältnis von Werkstoffgewicht systemtechnik und -elektronik gehen somit Hand in zur Festigkeit beschränkt, sondern hängt von vielen Hand mit der softwareseitigen Digitalisierung. weiteren Faktoren ab – beispielsweise von der Recycle- barkeit, der langfristigen Verfügbarkeit, der Energie- Wie sehen Sie die Verknüpfung von Leichtbau und KI? beziehungsweise CO2-Gesamtbilanz, der Skalierbarkeit der Fertigungstechnologien auf den Großserieneinsatz. Wesentlich für die zukünftige Entwicklung sind auch die Auch die Gesamtkosten der Leichtbaulösung spielen Material- und Bauteilsimulation sowie „Digital Mainte- natürlich eine wesentliche Rolle. nance“, also die digitale Wartung und Instandhaltung. Bereits heute gibt es hier starke Verknüpfungen von Einiges davon lässt sich in andere Industrien adaptieren, Leichtbau und Materialentwicklung mit dem Feld der zum Beispiel im Maschinen- und Anlagenbau – wenn künstlichen Intelligenz. „Digitale Zwillinge“ simulieren sich dadurch die Energieeffizienz und Verfahrensge- den Verschleiß-Status eines Bauteils digital und revolu- schwindigkeit steigern lassen. Auch für die Bauwirtschaft tionieren so die Wartung, zum Beispiel von Flugzeug- bietet der Leichtbau großes Potential, beispielsweise Komponenten. Eine punktgenaue und bedarfsgerechtere ermöglicht der Einsatz von textil- bzw. carbonbewehrtem digitale Wartung kann die Sicherheit erhöhen und gleich- Beton Volumen und Gewicht einzusparen. Moderne zeitig den dafür erforderlichen Aufwand reduzieren. Leichtbauwerkstoffe kommen nicht nur in neu errichteten Gebäuden, sondern auch bei der Sanierung von Bestands- Ohne die Simulation von Werkstoffen, Materialien und gebäuden zum Einsatz. Jeder kennt auch Beispiele aus Prozessen können Sie heute kaum noch wirtschaftlich dem Sport oder aus dem privaten Umfeld: Moderne E- erfolgreich sein. Besonders in diesem Bereich wird zu- Bikes, Rennräder, Tennisschläger. Leichtbaumateriali- künftig das Quantencomputing große Fortschritte möglich en sind schon jetzt allgegenwärtig. Bereiche, in denen machen, denn aktuell werden für die Materialentwicklung sie heute noch nicht präsent sind, werden mit großer nur wenige Elemente des Periodensystems genutzt. Ein Wahrscheinlichkeit bald folgen – dank innovativer Quantencomputer hingegen könnte auf atomarer Ebene Materialien und neuer Produktionsverfahren. komplett neue Materialien konstruieren, die exakt den » Wir müssen kontinuierlich neues Wissen aufbauen und dieses auch weiterhin kontinuierlich in die Märkte transferieren. Es gilt, mit innovativen Materialien, Prozessen und Produkten den Leichtbau der Zukunft zu gestalten.« Professor Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen Welchen Vorteil kann die Digitalisierung in Wirtschaft Anforderungen einer speziellen Anwendung gerecht und Wissenschaft in diesem Kontext bringen? werden – unter Nutzung des gesamten Periodensystems. Sie sehen, das Potential ist immens. Auch wenn das Wie in vielen anderen Bereichen ermöglicht die Digitali- aktuell noch „Zukunftsmusik“ sein mag, ist Nordrhein- sierung auch im Leichtbau innovative Prozesse mit Westfalen auch in diesen Bereichen schon sehr aktiv. deutlich höherer Effizienz und neuen Produktionsver- fahren. Ein eindrucksvolles Beispiel ist der 3D-Druck. Auch im Bereich der Prozessteuerung sind viele Poten- Vor wenigen Jahren wurde er insbesondere zur Herstellung tiale für den Einsatz künstlicher Intelligenz zu finden. von Prototypen eingesetzt. Mittlerweile kommt das Prozesse, die – mittels KI – selbstoptimierend auf sich Verfahren bereits in der Serienproduktion für kleinere ändernde Werkstoff- und Prozessparameter reagieren, Stückzahlen zum Einsatz. Gerade entsteht in Nordrhein- werden hier die Effizienz ganzer Wertschöpfungsketten Westfalen das erste Wohngebäude aus einem 3D- deutlich steigern. Drucker. Die Material- und Verarbeitungsqualität vieler 3D-Drucker ist mittlerweile auf einem so hohen Niveau, NRW ist in Bezug auf das Thema Leichtbau sowohl dass selbst Hochleistungs-Bauteile für den Aerospace- industriell als auch wissenschaftlich sehr gut aufgestellt Sektor gedruckt werden können. – sowohl in den Bereichen Materialien und Werkstoffe als auch deren Verarbeitung. Wo sehen Sie die zentralen Auch in den „klassischen“ Produktionsprozessen ist die Herausforderungen für die Zukunft? Digitalisierung längst angekommen. Um wettbewerbs- fähig zu bleiben, wird die Vernetzung aller Prozesse immer Nordrhein-Westfalen ist als Werkstoffland tatsächlich wichtiger. Möchte man wirklich nachhaltige Innovationen hervorragend aufgestellt. Materialinnovationen „Made für die Anwendung schaffen, müssen sowohl Soft- als in NRW“ zeigen uns schon heute, was bei Recycling und auch Hardware aufeinander abgestimmt und gleicher- Re-Use möglich ist. Neue Verfahren, wie z.B. die Warm- maßen leistungsfähig sein. Besonders deutlich wird das umformung für den extremen metallischen Leichtbau bei den Sensoren, die die Daten erfassen, um Prozesse oder die Entwicklung flammgeschützter Materialien für 8NMWP-Magazin
©MWIDE NRW/F. Wiedemeier die Elektromobilität, Bau-, Luft- und Raumfahrt, sowie sprechpartner für Innovationsaktivitäten zu finden. die Entwicklung künftiger Generationen von Batterie- Mein Appell: Nutzen Sie die vorhandenen Netzwerke, gehäusen werden wir mit der vorhandenen Man- und um Innovationen mit den richtigen Partnern auf den Womanpower in unserem Bundesland bewältigen. Hier Weg zu bringen! Neben der exzellenten Industrie- und können wir u.a. mit dem weiteren Ausbau der in Nordrhein- Forschungslandschaft haben wir in Nordrhein-Westfalen Westfalen vorhandenen Leichtbauzentren bzw. der Ko- viele hervorragende Netzwerke und Cluster. Die Cluster operationsansätze für eine integrierte Werkstoff-, Prozess- NanoMikroWerkstoffePhotonik.NRW, automotiveland. sowie Anwendungsentwicklung neue Lösungen finden. nrw, Produktion.NRW und Kunststoffland NRW helfen als Grenzgänger zwischen Wirtschaft und Wissenschaft So geht es auch um Themen wie die CO2-neutrale Stahl- dabei, den Technologietransfer zu stärken. Die Expertise herstellung, zum Beispiel unter Verwendung von Wasser- unserer Industrie und Forschung auf dem Gebiet des stoff als alternative Energiequelle. Nordrhein-Westfalen Leichtbaus ist international anerkannt. Unsere Spitzen- ist ein hochtechnologisches Industrieland, das am effizien- position und Erfolge sind aber keine Selbstverständlich- testen und nachhaltigsten globale Herausforderungen keit. Technologietransfer und Innovationen sind ganz wie die Verringerung der CO2-Emission oder die Steige- wichtige Faktoren: Wir müssen kontinuierlich neues rung der Ressourceneffizienz durch innovative Ansätze Wissen aufbauen und dieses auch weiterhin in die Märk- erreichen kann. te transferieren. Es gilt, mit innovativen Materialien, Prozessen und Produkten den Leichtbau der Zukunft So sind wir auf allen Ebenen unterwegs, von der Material- zu gestalten. Wir brauchen die innovativen Köpfe, die erzeugung – auch diese wollen wir CO2-neutral gestalten innovativen Unternehmen. Wir brauchen Start-ups, die – über Produktionsverfahren und Recycling hin zu um- trotz aller Widrigkeiten weitermachen und ihre Visionen weltschonenden, klimaneutralen Kreislaufwirtschafts- und Ideen vorantreiben. Wir brauchen die Mutigen, die Prozessen. aus ihrer „Comfort Zone“ herauskommen und etwas Neues wagen. Herr Prof. Pinkwart, was wünschen Sie sich in Bezug auf Leichtbau von den Unternehmen und was von der Herr Professor Pinkwart, Danke für das Gespräch. Forschung für die Zukunft? Gerade für kleine und mittlere Unternehmen im High- Tech-Bereich ist es oftmals schwer, die passenden An- Heft 02.2020 9
NMWP im Gespräch Quantencomputing macht eine Vielzahl neuer Materialien möglich Leichtbau BW und der Cluster NMWP.NRW im Gespräch mit Professor Dr. Heinz Voggenreiter, Direktor des Instituts für Werkstoff-Forschung sowie des Instituts für Bauweisen- und Strukturtechnologie, beide am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), über Quantum Computing als Gamechanger in der Materialsimulation für den Leichtbau. Menschen entwickeln Materialien aufgrund ihrer Erfahrung, Genau das ist der Grund. Das Zusammenwirken der Quantencomputer können alle Elemente des Perioden- Recheneinheiten Qubits im Quantencomputing ist sehr systems für mögliche Kombinationen nutzen. Dadurch ähnlich dem Zusammenwirken von Atomen und steigt die Varianz an neuen Materialien deutlich an. Molekülen in einem Material. Quantencomputer und Das ist nach Meinung von Professor Dr.-Ing. Heinz Material agieren vergleichbar. Deshalb ist es nahe- Voggenreiter der eine Grund dafür, wie Quanten- liegend, ein Materialproblem durch die Übersetzung computing den Leichtbau voranbringen kann. Der in den Algorithmus einer Software von einem Quanten- andere ist die stark steigende Qualität in der Simulation computer lösen zu lassen. von Werkstoffen. „Quantencomputer und die Elemente in einem Material agieren vergleichbar“, sagt Professor Was unterscheidet Quantencomputer von herkömmli- Voggenreiter, Direktor des Instituts für Bauweisen und chen Rechnern in der Simulation von Materialen und Strukturtechnologie und des Instituts für Werkstoff- worin besteht aus Ihrer Sicht die Besonderheit dieser Forschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raum- Technologie? fahrt, DLR, im Interview. Für Voggenreiter ist jetzt der Zeitpunkt gekommen, um in das Materialdesign mittels Quantencomputer rechnen mit Qubits, das sind alle Quantencomputer einzusteigen. Baden-Württemberg Werte zwischen 0 und 1, also viel mehr als herkömmliche und Nordrhein-Westfalen sind die Hotspots dafür. Computer, die lediglich die beiden Zustände 0 und 1 kennen. Qubits führen eine Fernbeziehung auf Quante- Herr Voggenreiter, man hört immer wieder vom großen nebene, sie stehen in Kontakt zueinander. Diese physi- Potential des Quantencomputing und die Leichtbau- sche Verschaltung macht hochgradig paralleles Rech- Community geht davon aus, dass gänzlich neue Material- nen möglich. Hochleistungsrechner arbeiten Schritt für klassen mittels dieses Supercomputings entwickelt Schritt sequentiell eine Aufgabe ab, Quantencomputer werden können. Wie vage oder wahr ist diese Hoffnung? parallelisieren Rechnerschritte. Das macht sie deutlich schneller und wesentlich leistungsfähiger als andere Vage war gestern, wahr ist heute. Denn mit zunehmen- Rechnertechnologien. der Leistung der Quantencomputer und deren Stabili- tät konkretisiert sich derzeit der praktische Nutzen die- Gibt es neben der Materialsimulation weitere Einsatz- ser Technologie heraus. Wir sollten nicht mehr darüber möglichkeiten für das Quantencomputing im Leichtbau philosophieren, sondern jetzt damit anfangen, Quan- und wie bringt die Technologie die Branche mit diesen tencomputer für die Materialforschung zu nutzen. Der Anwendungen weiter? Zeitpunkt für den Einstieg ist gekommen. Im Leichtbau gibt es zwei Ebenen, an die wir Quanten- Quantencomputer können Moleküle simulieren. Macht computing adressieren können. Das eine ist die Materi- diese Möglichkeit die Technologie so interessant für alsimulation selbst. Hier kann man über diese Techno- das Materialdesign? logie zum einen die Simulationsqualität steigern, etwa 10NMWP-Magazin
NMWP im Gespräch Professor Dr. Heinz Voggenreiter, Direktor des Instituts für Werkstoff-Forschung sowie des Instituts für Bauweisen- und Strukturtechnologie, beide am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) ein Material auf atomarer Ebene am Bildschirm desig- Wann können Unternehmen erste Materialsimulatio- nen und das mit einer sehr hohen Qualität. Die andere nen mittels Quantencomputing machen? Ebene erweitert unsere Erfahrungswelt, aus der heraus wir Materialien entwickeln. Wenn heute jemand einen Es gibt heute schon Start-ups, die sich aus Forschungs- neuen Leichtbauwerkstoff entwickeln möchte, macht einrichtungen ausgegründet haben und dies als Dienst- das ein Aluminium- oder Titanspezialist. Alle Menschen leistung anbieten. In Deutschland ist das eine Ausgrün- neigen dazu, neue Lösungen in alten Erfahrungen zu dung aus dem KIT mit Firmennamen Heisenberg Quantum »Der Quantencomputer erlaubt uns quer durch unser Perioden- system hindurch zu simulieren, welche Materialkombination für diesen Fall die beste ist. [...]Die Bandbreite an möglichen neuen Materialien steigt durch Quantencomputing deutlich an.« Professor Dr. Heinz Voggenreiter, Direktor des Instituts für Werkstoff-Forschung sowie des Instituts für Bauweisen- und Strukturtechnologie, beide am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) finden. Der Quantencomputer erlaubt uns quer durch Simulations. Das junge Unternehmen entwickelt Quan- unser Periodensystem hindurch zu simulieren, welche tenalgorithmen zur Voraussage von Moleküleigen- Materialkombination für diesen Fall die beste ist. Die schaften für die Chemie- und Pharmaindustrie, mit der Technologie kann Millionen Varianten durchspielen, die sich Simulationsergebnisse deutlich verbessern lassen wir mit unserer Art, wie wir heute simulieren, nicht einmal gegenüber herkömmlichen Methoden. Auch die Firma ansatzweise schaffen. Die Bandbreite an möglichen 1Qbit in Vancouver in Kanada geht diesen Weg und neuen Materialien steigt durch Quantencomputing verschaltet die Welt der Materialien mit der des Quan- deutlich an. tencomputings, um Materialprobleme zu simulieren. Heft 02.2020 11
NMWP im Gespräch Zurzeit fokussiert sich das in Richtung neuer Materialen zwischen Wissenschaft und Wirtschaft der richtige Weg für Batterien. ist, weil die Forscher verstehen müssen, was die Industrie braucht. Das müssen wir in unsere Forschungsarbeit Quantencomputing scheint komplex, sind die Rechen- einfließen lassen um letztendlich eine Lösung zu finden, ergebnisse für Unternehmen sehr teuer? die wirklich hilft. Es ist für Deutschland als rohstoffarmes Land besonders wichtig, schneller und in besserer Qua- Wir stehen erst am Anfang, daher sind solche Dienste lität Werkstoffe für unsere Produkte zu entwickeln. Das ziemlich teuer. Zumal auch mit einer schier unvorstell- würde unsere Wettbewerbsposition stärken. baren Datenmenge umgegangen wird. Die Daten müs- sen organisiert, deren Qualität bewertet werden. All das Welche Rollen spielen Baden-Württemberg und führt dazu, dass Quantencomputing heute noch Nordrhein-Westfalen auf diesem Weg und wie ist die aufwendig und komplex ist und daher viel Geld kostet. Ausgangslage dafür in diesen beiden Bundesländern? Es macht daher keinen Sinn, sich als Unternehmen aus dem Leichtbau einen Quantencomputer zu kaufen in Die beiden Länder spielen in Kombination eine ent- der Hoffnung, besser als der Wettbewerb zu sein. scheidende Rolle in der Materialentwicklung mittels Quantencomputer und aufgrund deren besonderer Sie haben von zwei Startups gesprochen, die Quanten- Bedingungen in den Bundesländern ist die Ausgangs- computing als Dienstleistung anbieten. Ist das der lage dafür gut. Dies hat den einfachen Hintergrund, richtige Weg für Unternehmen aus dem Leichtbau, um dass in den Ländern starke Leichtbau-Netzwerke be- die Technologie zu nutzen? stehen, die seit Jahren erfolgreich operieren. In NRW ist es das Cluster NanoMikroWerkstoffePhotonik.NRW Der Königsweg führt über die Forschungseinrichtungen und in Baden-Württemberg die Leichtbau BW. In Nord- in Deutschland. Denn die quantenbasierte Material- rhein-Westfalen ist der Hotspot für die Materialfor- forschung ist noch so forschungsintensiv, dass es schung in Deutschland und in Baden-Württemberg sitzen keinen Sinn macht, für einzelne Projekte aktiv zu die Firmen, die Forschungsergebnisse in Leichtbauweisen werden. Am besten für Firmen ist es, wenn die sich in umsetzen können. Ich sehe darin das richtige Zusam- »In Nordrhein-Westfalen ist der Hotspot für die Materialforschung in Deutschland und in Baden-Württemberg sitzen die Firmen, die Forschungsergebnisse in Leichtbauweisen umsetzen können.« Professor Dr. Heinz Voggenreiter, Direktor des Instituts für Werkstoff-Forschung sowie des Instituts für Bauweisen- und Strukturtechnologie, beide am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bestehende Forschungsverbünde einklinken. Einen menspiel passender Partner entlang der Prozesskette solches wird es bald vom Fraunhofer-Institut im vom Labor in die Fabrik. In beiden Ländern sitzen zu- Zusammenspiel mit IBM geben in Ehningen bei Stuttgart. dem die maßgeblichen Treiber des Quantencomputing Ein anderer Forschungsverbund gründet sich dem- in Deutschland. Allen voran das Forschungszentrum nächst am Forschungszentrum Jülich, wo die Quanten- Jülich in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg computer von D-Wave stammen. An beiden Standorten das KIT in Karlsruhe. Ich denke daher: besser kann die entstehen rund um die unterschiedlichen Quantencom- Konstellation für Materialdesign durch Quantencomputing putertypen zur Technologie passende Forschungsver- nicht sein. Im Juni letzten Jahres haben wir vom DLR ein bünde. Unternehmen können sich dort mit Use-Cases erstes Organisationstreffen mit den Schlüsselpartnern einbringen, etwa mit der Entwicklung einer neuen Le- aus Wirtschaft und Wissenschaft organisiert. Daraus gierung für den Leichtbau und der Fragestellung: was wurden Handlungsstränge für einen Dialog mit der können wir dafür auf der Computerseite tun, um in der Politik abgeleitet, um Förderprogramme für quanten- digitalen Materialentwicklung schneller und besser zu computerbasierte Materialforschung aufzubauen. Ein werden? In den Verbünden können die Unternehmen erstes Programm wird schon im Herbst dieses Jahres darauf Antworten finden, weil dort die Experten sind. aufgelegt werden. Ist der Aufbau von Forschungsverbünden das nächste Herr Professor Voggenreiter, danke für das Gespräch. Ziel, das Deutschland hinsichtlich der Materialsimulation mit Quantencomputern erreichen sollte, um die Tech- nologie in der Praxis nutzen zu können? Ja. Zunächst müssen die Plattformen aufgebaut wer- den, damit sich im zweiten Schritt Unternehmen mit ihren Anwendungsfällen einbringen und man gemeinsam möglichst schnell versucht, Ergebnisse in der Industrie nutzbar zu machen. Ich denke, dass die Kooperation 12NMWP-Magazin
portal.nmwp.de – Das Portal für Schlüsseltechnologien NMWP-Portal: Der Innovations- und Erfolgsbeschleuniger für Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Neue Werkstoffe und Photonik! Profitieren Sie von den Möglichkeiten dieser interaktiven Plattform: NETWORKING Vernetzen Sie sich mit anderen Projekt-GruPPEN Richten Sie eine eigene Akteuren im Bereich der Schlüsseltechnologien Projekt-Gruppe ein und diskutieren Sie mit Experten er und tauschen Sie Wissen und Erfahrungen aus. der Branche. Pr netzun ojekte V g NEWS Lesen Sie die neuesten Nachrichten aus ProduKTE & Dienstleistungen Präsentieren der Branche und publizieren Sie zielgruppengenau Sie der NMWP-Community Ihre innovativen Ihre eigene Pressemitteilung. Pr Produkte und Dienstleistungen. News odukte BUSINESS MATCHMAKING Suchen und finden KOMMUNIKATION Eine Auswahl an News und Sie den richtigen Kooperationspartner z.B. für Terminen wird zusätzlich über den NMWP-Newsletter Busin ng Porta tion Förderausschreibungen und Projekte. an eine Vielzahl von Akteuren kommuniziert. aki ka ss -K om m uni m e -Match l EVENTS Sehen Sie die wichtigsten Termine auf ZIELGRUPPEngeNAUIGKEIT Das Portal adressiert einen Blick. Bewerben Sie Ihre eigene Veranstaltung Akteure aus dem Bereich der Schlüsseltechnologien Zielgru gkeit online. Auch die komplette Teilnehmerverwaltung pp und minimiert Streuverluste. ui Events engena können Sie über das Portal organisieren. Vernetzen Sie sich noch heute kostenlos: portal.nmwp.de Heft 02.2020 13
Highlight-Thema Leichtbau „Made in NRW“ Innovative Materialien und Verfahren für die Märkte von Morgen. Der Leichtbau steht im Fokus der neuen Ausgabe des NMWP Magazins, zu Recht wie wir finden. In diesen extrem herausfordernden Zeiten hat sich die Rolle des Leichtbaus als einer der innovativsten Schlüssel- technologien stetig manifestiert. Ressourcenschutz, Material- und Energieeffizienz im und Institute mit direktem Leichtbaubezug. Zahlreiche Zusammenspiel mit intelligenter Funktionsintegration und Weltmarktführer und Hidden Champions (über 6.800 Konstruktion verdeutlichen, nicht zuletzt vor dem Hinter- werkstoffverarbeitende und -herstellende Unternehmen grund des Green Deals, die enormen technologischen mit rund 200 Mrd. Euro Umsatz) setzen starke innovative und wirtschaftlichen Potentiale der Schlüsseltechnologie Impulse und entwickeln in NRW die Leichtbautechnolo- Leichtbau. gien und -produkte für die Märkte von morgen. Kurzum – Angefangen bei Forschung und Entwicklung, Roh- Leichtbau „made in NRW“ – weltweit Spitzenklasse stoffherstellung und Verarbeitung über den Maschinenbau Als das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste bis hin zum Recycling, bilden die NRW Leichtbauakteure Bundesland ist Nordrhein-Westfalen ein Top-Player in der materialübergreifend die komplette Wertschöpfungs- internationalen Leichtbauszene und hat immense wirtschaft- kette ab, welche in ihrer Größe und Dichte im europäi- liche Bedeutung für den Industriestandort Deutschland. schen Kontext einzigartig ist. Am Wirtschaftsstandort NRW, dem Land der Materialien Um auch zukünftig weltweit ganz vorne mitspielen zu und Werkstoffe, sind die bundesweit größten Wert- können, gilt es am Leichtbaustandort NRW wertschö- schöpfungsketten in den Bereichen Stahl-, Aluminium-, fungskettenübergreifend Ressourcen zu bündeln, ziel- Chemie-, Kunststoffindustrie und Anlagenbau vertreten. gerichtet Herausforderungen zu identifizieren, Lösungs- 40 % der deutschen Stahlproduktion ist made in NRW, prozesse anzustoßen und den Leichtbaustandort NRW drei der vier Primäraluminiumhütten Deutschlands haben – seinem Stellenwert entsprechend – auf Bundesebene ihren Standort in NRW und produzieren über 75 % der stärker zu positionieren und zu vertreten. gesamtdeutschen Hüttenproduktion. Mit rund 34 Mrd. Umsatz stellt NRW rund ein Fünftel des Gesamtumsatzes Vor diesem Hintergrund und basierend auf seiner lang- der deutschen Kunststoffindustrie. Deutschlands einziger jährigen Expertise im Leichtbau initiierte das Landes- Carbonfaserhersteller beliefert von NRW aus die ganze Welt. cluster NMWP.NRW den branchen- und werkstoffüber- greifenden „Strategieworkshop Leichtbau“. Unter der Eingebettet in eine exzellente Universitäts- und Forschungs- Schirmherrschaft von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister landschaft existieren in NRW 68 Forschungsstandorte für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie 14NMWP-Magazin
Highlight-Thema © Fraunhofer ILT, Aachen, Germany / Volker Lannert des Landes Nordrhein-Westfalen gestaltete NMWP ge- Sinne einer Circular Economy, konsequent den meinsam mit den Clustern kunststoffland NRW und Recyclinganteil über das Schließen der Wertschöp- ProduktionNRW den Strategieworkshop in einem exklu- fungsketten zu maximieren. siven, ausgewählten Kreis, mit namhafter industrieller • Das Verständnis und Simulationsmöglichkeiten über Beteiligung. Werkstoffe/ Prozesse voranzutreiben. Neue Mög- lichkeiten z.B. durch Quantencomputing zu integrie- Im Rahmen des Workshops wurde ein gemeinsames ren und neue digitale Prozesse voranzutreiben, „Positionspapier Leichtbau“ erarbeitet und mit NRW sowie auch bestehende Prozesse und Anlagen Wirtschaftsminister Prof. Dr. Pinkwart beschlossen. „smart zu machen“ (Retrofitting) und künstliche Das „Positionspapier Leichtbau“ wurde von den Clustern Intelligenz (KI) und selbstlernende Prozesse zu etab- bei der Bundesregierung eingebracht, um die spezifi- lieren. schen Bedarfe und Herausforderungen der Leichtbau Unternehmen aus NRW zielgerichtet in die Gestaltung Im Technologietransfer-Programm Leichtbau, welches und Entwicklung des „Technologietransfer-Programm am 09.04.2020 vom BMWi auf den Weg gebracht wur- Leichtbau“ (TTP LB) des Bundeswirtschaftsministeriums de, wurden inhaltlich viele der zahlreichen Anregungen zu verankern. und Herausforderungen der NRW Leichtbauindustrie in den fünf Förderlinien, Unter anderem regten die Teilnehmer an: • Technologieentwicklung zur Stärkung der deutschen • Den weiteren Ausbau der in NRW vorhandenen Wirtschaft im Leichtbau Leichtbauzentren bzw. Kooperationsansätze für • CO2-Einsparung und CO2-Bindung durch den Einsatz eine integrierte Werkstoff-, Prozess- sowie Anwen- neuer Konstruktionstechniken und Materialien dungsentwicklung zu forcieren, um ganzheitlich • CO2-Einsparung durch Ressourceneffizienz und integrierte Leichtbauwertschöpfungsketten in den -substitution einzelnen Materialklassen, aber auch mit hybriden • Demonstrationsvorhaben Systemen von Nanostrukturen bis hin zu fertigen • Standardisierung Komponenten zu ermöglichen und zu stärken. berücksichtigt. • Durch Forschungsförderung und Aufbau von CO2 armen und energieeffizienten Produktions-, Verar- Vor dem Hintergrund Deutschlands Stellung als innova- beitungs- und Recyclingverfahren für Materialien tiven Leitanbieter für den werkstoffübergreifenden Leicht- und Werkstoffe (z.B. durch CO2 freie/arme Stahler- bau international zu festigen sowie Wettbewerbs- und zeugung durch die Verwendung von Wasserstoff Zukunftsfähigkeit der Leichtbautechnologien made NRW anstelle von Kohlenstoff bei der Eisenerz-Reduktion) nachhaltig zu sichern, hat der Cluster NMWP.NRW bereits die Material- und Werkstofferzeugung am Standort zahlreiche innovative Projekte im Technologie-Transfer- Deutschland sichern. programm Leichtbau auf die Schiene gebracht. • Recycling und Re-Use Aspekte bereits bei der Materialentwicklung zu berücksichtigen und, im Heft 02.2020 15
Leichtbau aus NRW Leichte, flexible und intelligente Umformwerkzeuge Leichtbau im Werkzeugbau? 3D-gedruckte Umformwerkzeuge? Intelligenz im Werkzeug? Das Zentrum für Smart Production Siegen (SmaPS) erforscht vollkommen neue Werkzeugkonzepte für eine smarte, flexible und ressourceneffiziente Produktion. Durch die zunehmende Die Anfänge des Umformens gehen bis ins vierte Jahr- Produktindividualisierung tausend v. Chr. zurück [1]. Heute ist die Umformtechnik und -komplexität in Kombi- eine etablierte und weit verbreitete Fertigungstechnik, nation mit immer kürzeren die sowohl in der Massenproduktion als auch in der indi- Produktlebenszyklen wird das Verlangen innerhalb der vidualisierten Massenproduktion von Konsumartikeln Fertigungstechnik nach agilen und flexiblen Produktions- und Artikeln des täglichen Bedarfs Anwendung findet. systemen immer größer. In der Umformtechnik nehmen dabei die Formwerkzeuge als Bindeglied zwischen Halb- Aus den funktionellen Anforderungen an den Umform- zeug und Maschine eine Schlüsselposition ein. Während prozess, den Materialfluss und ggf. die Temperatur dort die Maschinen in den letzten Jahren eine deutliche zu steuern, resultieren verschiedenste technische Weiterentwicklung auch mit Methoden der Industrie 4.0 Anforderungen an das Umformwerkzeug. Zu den erfahren haben, bleibt diese Entwicklung bei den Werk- allgemeinen Anforderungen zählen eine sehr hohe zeugen bisher zurück. Hinzu kommt, dass die Ressource Maßhaltigkeit, verschleißfeste Oberflächen mit defi- „Mensch“ von Steuerungssystemen bisher kaum genutzt nierten tribologischen Eigenschaften, eine hohe Bruch- wird. Das SmaPS setzt hier thematisch an und forscht und Ermüdungsfestigkeit unter Berücksichtigung und entwickelt in einem fachübergreifenden Team an etwaiger Missbrauchslasten sowie eine große Steifig- Projekten zur vernetzten Produktion, neuen Fertigungs- keit [2]. Die Fertigung der hierfür benötigten, hoch- techniken und Betriebsmitteln mit den Schwerpunkten: spezialisierten Werkzeuge erfolgt zu einem großen Anteil durch subtraktive Fertigungsverfahren. Diese • Smarte Leichtbauwerkzeuge für die Fertigungstechnik limitieren aufgrund von Fertigungsrandbedingungen (Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel) die geometrische Gestaltungsfreiheit in der Konstruk- • Bewegungserfassung Werker (Prof. Dr.-Ing. Martin tion und treiben gleichsam die Werkzeugkosten mit Manns) jedem Bearbeitungsschritt erheblich. Darüber hinaus • Additive Fertigung (Prof. Dr.-Ing. Tamara Reinicke) basiert die Konstruktion der Werkzeuge oftmals auf • Integration von Sensoren (Prof. Dr.-Ing. Haring Bolivar) Erfahrungswissen, ohne exakte Kenntnis über die • Smarte dezentrale Produktion (Prof. Dr. Volkmar Pipek) Versagensgrenzen von Werkzeugelementen und über die Wirkmechanismen zwischen Werkzeugeigenschaften Umformen ist nach DIN 8580 definiert als die plastische und Umformprozess. Sehr oft ist das genaue Last- Änderung der Form eines festen Körpers unter Bei- kollektiv nicht bekannt, das sich für die Umformtechnik behaltung der Masse und des Stoffzusammenhaltes. typisch über dem Umformvorgang ändert. Abbildung 1: Schematische Darstellung der Elemente eines intelligenten, flexiblen Leicht- bauwerkzeugs. NMWP-Magazin
Abbildung 2: Werk- zeugflexibilitätslevel am Beispiel des Gesenkbiegens [3] Als Folge sind die Umformwerkzeuge in der Regel überdimensionierte, großvolumige und entsprechend schwere Einzelstücke. In einer Zeit, die durch Begriffe wie „Nachhaltigkeit“ und „Ressourcenschonung“ geprägt wird, ist die heutige Gestaltung von Umformwerkzeugen in zweierlei Hinsicht problematisch: Einerseits benötigen die überdimen- SmaPS wird gefördert durch den Europäischen Fonds für sionierten Werkzeuge selbst ein unnötig großes Werk- regionale Entwicklung im Rahmen des Förderprogramms stoffvolumen und die subtraktive Fertigung verursacht eine „EFRE.NRW 2014-2020“ des Ministeriums für Wirtschaft, zusätzliche Verschwendung von Werkstoffvolumen. Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nord- Aufgrund der energieintensiven Stahlerzeugung geht rhein-Westfalen, Förderkennziffer: 0200545 hiermit gleichsam eine beträchtliche Verschwendung von CO2 einher. Andererseits müssen Umformwerk- zeuge zwecks ihrer Funktionserfüllung bewegt, das Ansprechpartner: heißt beschleunigt und verzögert, werden. Die notwendig Univ.-Prof. Dr.-Ing. zuzuführende Bewegungsenergie ist dabei proportional Bernd Engel zum Werkzeuggewicht. Universität Siegen, Institut für Produktions- In diesem Kontext bietet der Leichtbau im Werkzeug- technik, Lehrstuhl für bau ein enormes Potential zur Schonung von Ressour- Umformtechnik, cen. Versteht man den Leichtbauansatz darüber hinaus Zentrum für Smart nicht nur als Einsparung von Masse sondern vielmehr Production Siegen als Gestaltungsprinzip belastungsangepasster Struktu- (SmaPS) ren mit integrierten Funktionen, ergibt sich zukünftig eine völlig neue Perspektive (vgl. Abb. 1). Mittels Methoden der Topologieoptimierung entstehen gewichtsreduzierte Werkzeugdesigns mit angepassten Werkstoffkombinationen und Struktursteifigkeiten. Addi- tive Fertigungsverfahren heben dabei die Gestaltungs- restriktionen bedingt durch die subtraktive Fertigung Können Sie den QR-Code nicht lesen? auf und erlauben gleichzeitig die Einbettung von Funk- Treten Sie mit mir unter www.portal.nmwp.de in Kontakt. tionselementen wie Sensoren oder Aktoren. Diese wiederum ermöglichen zusammen mit intelligenten Regelungssystemen Verstellungen der mit dem Halb- zeug in Kontakt befindlichen Werkzeugoberflächen mit Lehrstuhl für Umformtechnik, Universität Siegen dem Ziel, definierte Flächenpressungen einzustellen, Rückfederungen zu kompensieren oder gar eine Trans- Tätigkeitsschwerpunkte formation ihrer geometriegebenden Kontur (vgl. Abb. • Forschung & Entwicklung Biegeumformung 2). In Verbindung mit cyberphysischen Systemen wird • Prototypenbau & Erprobung von neuen Werkzeug- schlussendlich aus einem stumpfen, starren Werkzeug konzepten und Biegeverfahren ein wesentliches Element einer intelligenten Fabrik. • Prozessmodellierung Literaturverzeichnis Branchen- und Technologiefelder 1. E. Doege und B.-A. Behrens, Handbuch Umformtechnik, • Automotive, Maschinen- und Anlagenbau Hannover: Springer, 2010. • Remote Production in der Umformtechnik 2. J. Cao, E. Brinksmeier, M. Fu, R. X. Gao, B. Liang, M. Merklein, • Umformwerkzeuge M. Schmidt und J. Yanagimoto, „Manufacturing of andvanced smart tooling for metal forming,“ CIRP Annals - Manufacturing Wichtigste Regionen für die eigene Wertschöpfung Technology, pp. 605-628, 2019. (Entwicklung/Produktion/Märkte) 3. C. Kuhnhen, J. Knoche, J. Reuter, S. Hassan Al-Maeeni, B. • Deutschland Engel, "Hybrid tool design for a bending machine", Procedia • Österreich CIRP, 14th CIRP Conference on Intelligent Computation in Manufacturing Engineering, Golf von Neapel, Italien 2020 https://protech.mb.uni-siegen.de/uts/ (akzeptiertes Manuskript) Heft 02.2020 17
Leichtbau aus NRW Extremster Leichtbau – Metall-Warmumformung mit HDF Wenn Bleche als Platinen in allen Festigkeitsklassen also auch aus höchstfesten Materialien in Aluminium, Stahl, Messing, Titan usw. in das gewünschte Produkt wirtschaftlich von Kleinserien bis zur Massenfertigung geformt werden sollen, dann steht die HDF-Techno- logie zum Einsatz bereit. Die Verbesserung der Umformbarkeit von Metallen und („Lösungsglühung“) und anschließend durch eine Legierungen ist von entscheidender Bedeutung für die (moderate) Wärmebehandlung feine „nanoskalige“ Fertigung komplexer Bauteile, insbesondere – aber Ausscheidungen zu erzeugen (Zustand „T6“), nach der nicht nur – für die Massenproduktion in der Automobil- Bauteil-Umformung im zuvor weichen Zustand (Zustand industrie. In der Vergangenheit lag der Schwerpunkt „T4“). Dieser aushärtende Effekt ist allgemein für Al-Mg-Si auf der Verbesserung der Kaltumformung, wie z. B. dem (6xxx )-Legierungen für Kraftfahrzeugbauteile (z. B. Tiefziehen komplexer Teile in einer mehrstufigen Pressen- Karosseriebleche) und insbesondere für hochfeste Al-Cu straße in mehreren Umformschritten oder dem innova- 2xxx- und Al-Zn-Mg-Cu 7xxx-Legierungen für Flugzeug- tiven Hydroforming, um vor allem komplizierte Hohl- bauteile bekannt. Diese Legierungen härten jedoch körper in einem Schritt herzustellen. Diese Technologien bereits bei Raumtemperatur (einige sogar relativ sind allerdings begrenzt, weitgehend ausgereizt und schnell) aus, was ihre Kaltumformbarkeit und damit erreichen nicht die gewünschten Umformgrade und Anwendung in innovativen Leichtbaukonstruktionen Toleranzen bei den neuen hochfesten Werkstoffen. Diese drastisch einschränken kann. sind jedoch notwendig, um noch leichtere Komponenten herstellen zu können. So wurden neue hochfeste Stähle Umformen von extrem leichten metallischen Bauteilen mit martensitischer Umwandlung entwickelt, die eine In der Automobilindustrie gibt es schon immer den Bedarf sehr hohe Festigkeit (bis zu 2.000 MPa) erreichen können. für Technologien zur Fertigung von Bauteilen aus hoch- Deren Umformprozess beinhaltet das Abschrecken des festen Metallen und Legierungen, speziell auch geeignet Materials von hohen (austenitischen) Temperaturen für die Massenproduktion, um die Spirale der Gewichts- (weit über 950°C), die erfolgreich mit dem Warmum- zunahme überwinden und leichtere Autos zu bauen, formen und Abschrecken in einem Fertigungsschritt, um Kraftstoff und damit CO2 einzusparen. Im Segment dem so genannten „Presshärten“ kombiniert werden. Heut- der Automobil-Oberklasse sind Teil- und Voll-Aluminium- zutage ist dies ein gängiges Verfahren zur Massenpro- lösungen bereits in erheblichem Umfang realisiert. Die duktion von Teilen in leichteren Automobilen aus Stahl. Klein- und Mittelklassewagensegmente werden jedoch aufgrund der höheren Material- und Produktionskosten Bei Aluminium ist zwar keine martensitische Umwandlung nach wie vor überwiegend aus Stahl gefertigt. möglich, dennoch werden auch hier bei Legierungen hohe Festigkeiten mit bis zu ca. 700 MPa – z.B. für Luft- Eine geeignete Lösung für innovative Leichtbaukonst- und Raumfahrtanwendungen – durch den Prozess der ruktionen ist die Verwendung von leichten Materialien Auflösung und Ausbildung feinster Teilchen (sog. „Aus- wie hochfeste Aluminiumlegierungen, welche auch die härtung“) erreicht. Beide Materialgruppen erfordern z.T. hohen Anforderungen erfüllen können. Die heute spezielle thermomechanische Behandlungen und Techno- angewandten innovativen Technologien der Warmum- logien, die Hochtemperatur-Glühung und Abschreck- formung hochfester Stähle (z.B. Presshärten) erfüllen prozesse umfassen. Für die hochfesten Aluminium- zwar einige, aber noch nicht all diese Anforderungen. legierungen sind spezielle Wärmebehandlungs- und Ein Aspekt ist die Minimierung der Wandstärke durch Abschreckverfahren erforderlich, um die kritischen Le- die Verwendung von hochfesten Metallen und Legie- gierungselemente zunächst in feste Lösung zu bringen rungen, beispielsweise einer 22MnB5 Stahl-Legierung. 18NMWP-Magazin
Leichtbau aus NRW Im Rahmen des NRW-Leitmarktprojekts „Lightnesss.NRW“ wird der Nachweis der Herstellung eines Aluminium-Federbeindomes in der Massenfertigung erbracht. Es wurde gezeigt, dass die HDF Heiß-Gasumformung in der Lage ist Bauteile aus hochfester Aluminiumlegie- rung mit hoher Umformtiefe und guter Oberflächen- qualität zu fertigen. Mit einer weiteren HDF-Entwicklung eines zusätzlichen, aktivem Materialnachschub ist die zukunftsbestimmende umweltschonende Fertigung extremer metallischer Bauteilgeometrien wie die des Federbeindoms möglich. „Lightness.NRW“ ist ein NRW Leitmarkt-Projekt aus dem Hier kann die Wandstärke um ca. 50% reduziert werden Themenfeld „Neue Materialien“ und befasst sich mit – und dementsprechend das Gewicht. Andere Leichtbau- der Warmumformung von hochfesten Metalllegierun- lösungen wie Kohlefaserverstärkte Kunststoffe KFVK gen für den extremen Leichtbau unter Einbindung der (CFRP) werden heute für extremen Leichtbau in Flug- gesamten Wertschöpfungskette von der Materialher- zeugen und bei einigen Hochklasse- und z.B. Elektro- stellung und -verarbeitung bis hin zum Recycling. Fahrzeugen eingesetzt. Deren Verwendung für die Massen- produktion hat jedoch Nachteile in Kosten, Umweltbe- lastung, Wartung und Recycling und sind daher weniger erfolgreich, als ursprünglich erwartet wurde. Ansprechpartner: Daraus folgt, dass rentabler Leichtbau nur aus hochfesten Dr.-Ing. Metallen (d.h. Stahl- oder Aluminium-legierungen) auf Peter Amborn wirtschaftliche Art und Weise erreicht werden kann. Aller- HoDforming GmbH dings ist dazu mit der HDF-Technologie eine bessere Um- formtechnologie verfügbar, um extrem dünne und hoch- feste Materialien (wie z.B. 22MnB5-Bleche in 0,5 mm) mit hoher Umformtiefe zu formen, wie dies bei heutigen Kaltumformprodukten mit herkömmlichen Tiefzieh- stählen möglich ist. Die Herausforderung zur Umfor- mung von hochfesten Metall-Legierungen zur Fertigung extrem leichter Bauteile umfasst zusätzliche Anforde- Können Sie den QR-Code nicht lesen? rungen, um für die Massenproduktion geeignet zu sein. Treten Sie mit mir unter www.portal.nmwp.de in Kontakt. Die HDF-Technologie Die innovative HDF = Hot Die Forming „HoDforming“ Technologie ist eine optimale Umformtechnologie, um HoDforming GmbH alle Metalle und insbesondere anspruchsvolle Legie- rungen aus Aluminium, Magnesium und Stahl vielseitig Tätigkeitsschwerpunkte und fast beliebig umzuformen. Alle Vorteile der erwei- • Forschung, Entwicklung, Design (R&D) im terten Umformbarkeit können für extreme Leichtbau- extremen metallischen Leichtbau Konstruktionen umgesetzt werden. Die innovative • Kleinserien Technologie ist in der Lage, extrem leichte Produkte auf • Machbarkeitsnachweise, Prototyping effiziente Art zu realisieren, wie sie z.B. in der Automo- bilindustrie relevant sind und das von der Antriebsart Branchen- und Technologiefelder des Fahrzeugs völlig unabhängig, wie die Fertigung • Automotive, Luft- und Raumfahrt, Design, Interieur, komplexer Geometrien in Kombination mit hochfesten Motor-/Fahrrad usw. Legierungen und neue Möglichkeiten zur Optimierung • Alle Metalle. Sinnvoll sind Metalllegierungen mit einem der Crashtauglichkeit der Produkte. Schmelzpunkt oberhalb von 350 °C Die Zykluszeit für die wichtigsten Automobilpro- Wichtigste Regionen für die eigene Wertschöpfung dukte beträgt weniger als 10 Sekunden für die Blech- (Entwicklung/Produktion/Märkte) umformung und weniger als 30 Sekunden für Hohlkörper. • NRW Umformverhältnisse bis zu 200%, kleine Radien sowie • Deutschland scharfe Kanten und Klasse A Oberfläche sind realisier- • Europa bar. Die aktive Materialzuführung in die Kavität erlaubt die Fertigung von „tailored blanks or tubes“ in einem www.HoDforming.com einfachen Prozess. Heft 02.2020 19
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