Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP

Die Seite wird erstellt Paul Burkhardt
 
WEITER LESEN
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
Heft 02.2020

                                                     Magazin für Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Neue Werkstoffe, Photonik und Quantentechnologien
© Fraunhofer ILT, Aachen, Germany / Volker Lannert

                                                                                                 Leichtbau aus NRW
                                                                                                 Innovative Materialien
                                                                                                 und Verfahren zur
                                                                                                 CO2-Reduktion sowie
                                                                                                 Effizienzsteigerung und
                                                                                                 Ressourcenschonung

                                                     News aus dem Cluster NMWP.NRW und dem Verein NMWP E.V.
                                                                    Highlight-Thema:                                      NMWP im Gespräch
                                                                    Leichtbau „Made in NRW“                               mit Professor Dr. Andreas Pinkwart,
                                                                    Innovative Materialien und                            Minister für Wirtschaft, Innovation,
                                                                    Verfahren für die Märkte                              Digitalisierung und Energie
                                                                    von Morgen. Seite 14                                  des Landes Nordrhein-Westfalen. Seite 6
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
Wir ermöglichen Innovation. Überall.
Technologien sind in einem hochindustrialisierten Land        Da alle vier Schlüsseltechnologien auch Querschnitts-
wie Deutschland nicht nur Grundlage für Wohlstand,            technologien sind, unterstützt und vernetzt der Cluster
sie verändern die Gesellschaft. Sie bringen in wichtigen      NMWP.NRW Akteure entlang der kompletten Wert-
Bereichen unseres Lebens Innovationen hervor, aus             schöpfungskette aus sämtlichen Leitmärkten. Die
denen sich neue Lösungsansätze für die großen Heraus-         Vernetzung entsteht zum Beispiel über die gemeinsame
forderungen unserer Zeit, wie zum Beispiel den Klima-         Teilnahme an Messen und die Durchführung verschie-
schutz und die Energieversorgung, ergeben.                    dener Veranstaltungen.

Der Landescluster NanoMikroWerkstoffePhotonik.                Ergänzt wird der Cluster in seiner Arbeit vom Verein
NRW (NMWP.NRW) steht für die Leitmarkt- und Cluster-          NanoMikroWerkstoffePhotonik (NMWP e.V.). Im April
strategie am Wirtschafts- und Innovationsstandort             2012 gegründet, unterstützt er seitdem seine Mitglieder
Nordrhein-Westfalen. Er ist ein anerkannter Partner der       aktiv in der Entwicklung neuer Ideen, Projekte und Partner-
Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlichen Hand für            schaften in den Bereichen Nanotechnologie, Mikro-
innovationsfördernde Dienstleistungen im Bereich der          systemtechnik, Neue Werkstoffe und Materialien und
Schlüsseltechnologien, primär Nanotechnologie,                Photonik. Zu den Mitgliedern zählen Universitäten,
Neue Werkstoffe, Mikrosystemtechnik und Photonik.             Großunternehmen sowie auch Vertreter von KMU.

NRW ist im Hinblick auf diese vier Schlüsseltechnologien      NMWP.NRW und NMWP e.V. agieren als Innovations-
sehr stark aufgestellt. Sein bundesweiter Spitzenplatz        treiber und leisten einen elementaren Beitrag zur Wett-
stützt sich unter anderem auf eine sehr hohe Dichte an        bewerbsfähigkeit der Unternehmen und Forschungs-
Unternehmen und Instituten, einen erfolgreichen               einrichtungen aus NRW im internationalen Umfeld und
Mix aus Mittelstand, Großunternehmen und Forschung            präsentieren Nordrhein-Westfalen als attraktiven,
und – eine hohe Innovationsgeschwindigkeit, die durch         nachhaltigen und effizienten Wirtschaftsstandort. 
eine gute Vernetzung begünstigt wird.

Impressum

Herausgeber                            Redaktion
Cluster NMWP.NRW                       Dr.-Ing. Harald Cremer                     Alle Ausgaben des NMWP-Magzins können
c/o NMWP Management GmbH               Hendrik Köster (v.i.S.d.P.)                auch als PDF-Datei auf der Internetseite
Merowingerplatz 1                                                                 www.nmwp.nrw.de gelesen und herunter-
40225 Düsseldorf                                                                  geladen werden.
                                       Umsetzung
Telefon:    0211 385459-0                                                         Namentlich gekennzeichnete Beiträge
Telefax:    0211 385459-19                                                        geben nicht unbedingt die Meinung des
Internet:   www.nmwp.nrw.de            Unentgeltliches Abonnement des Magazins    Herausgebers wieder. Der Nach- bzw. teil-
            www.portal.nmwp.de         oder Informationen zu Adressänderungen:    weise Abdruck ist nur mit Erlaubnis des
            www.verein.nmwp.de         hendrik.koester@nmwp.de                    Herausgebers gestattet.
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

generell spielt der Leichtbau in Nordrhein-Westfalen seit jeher eine wichtige
Rolle und die Expertise unserer Industrie und Forschung auf dem Gebiet
ist international anerkannt. Unsere Spitzenposition und Erfolge sind aber
keine Selbstverständlichkeit. Technologietransfer und das „I“ in F&E&I-
Aktivitäten – die Innovation – sind ganz wichtige Faktoren.

„Der Leichtbau gehört zu den Game-Changer-Technologien des 21.
Jahrhunderts“, proklamierte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier
nicht zu Unrecht, schaut man sich die großen Innovationen in unzähligen
Anwendungsbereichen dieser Technologie an, die für uns seit mehr als
10 Jahren ein wichtiger Bestandteil unserer Clusterarbeit ist. Die Steigerung
des Wachstums und der Wettbewerbsfähigkeit steht beim modernen
Leichtbau ebenso im Fokus, wie eine Sicherung des Klimaschutzes und der
Nachhaltigkeit sowie der Steigerung der Ressourceneffizienz und der Kreislaufwirtschaft. Im Technologietransfer-
Programm Leichtbau (TTP LB) wurde der Beitrag von Nordrhein-Westfalen als Deutschlands Werkstoffland Nr. 1
im Kontext bundesweiter Innovationsaktivitäten deutlich. Es konnten im Cluster NMWP.NRW und durch die Netzwerk-
aktivitäten zahlreiche Innovationsprojektideen für das TTP LB entwickelt und eingereicht werden.

Ein „lebendiges und vielgestaltiges Innovationsgeschehen“ attestierte auch der kürzlich veröffentlichte „Innovations-
bericht Nordrhein-Westfalen“. Hier freut es uns als Landescluster NMWP.NRW und Koordinierungsstelle
Quantentechnologien des Landes Nordrhein-Westfalen besonders, dass Schlüsseltechnologien wie Leichtbau,
Nanotechnologie, Materialien/Werkstoffe, Photonik und Quantentechnologie zu den im Innovationsbericht
identifizierten Zukunftsfeldern zählen. Nicht genug damit, Innovationen in nahezu allen weiteren Zukunftsfeldern,
wie zum Beispiel Energie(technik), IKT, Intelligente Produktionstechnologien, Medizintechnik, Umwelttechnik,
usw. sind als Anwendungsfelder eng mit den Schlüsseltechnologien verknüpft. Sie sehen, die Schlüsseltechno-
logien Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Neue Werkstoffe, Photonik und Quantentechnologien spielen eine
große Rolle in NRW!

Professor Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes
Nordrhein-Westfalen, sagte in unserem Interview: „Wir brauchen die innovativen Köpfe, die innovativen Unter-
nehmen.“ Als Clustermanager NMWP.NRW bin ich der Überzeugung, dass Nordrhein-Westfalen bis heute mit
vielen spannenden wie innovativen Lösungen bereits einen großen Beitrag zum Leichtbau geleistet hat, und auch
in Zukunft noch leisten wird. Um einen kleinen Blick auf die vielfältigen Beiträge der Clusterakteure im Leichtbau
zu geben, haben wir in diesem Magazin bewusst darauf geachtet, dass insbesondere die „Hidden Champions“
zu Wort kommen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre – lassen Sie sich inspirieren
und bleiben Sie hungrig nach Innovation und Zukunft!

Dr.-Ing. Harald Cremer, Clustermanager NMWP.NRW

Heft 02.2020                                                                                                       3
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
NMWP-Magazin | Heft 02.2020

                    14
                    Highlight-Thema:
                    Leichtbau „Made in NRW“
                    Innovative Materialien
                    und Verfahren für die
                    Märkte von Morgen.

                                                  6
                       NMWP.NRW im Gespräch mit
                          NRW Wirtschaftsminister
                     Professor Dr. Andreas Pinkwart

                    18
                    Extremster Leichtbau –
                    Metall-Warmumformung
                    mit HDF

                                               22
                                  Digitalisierung für
                             Leichtbautechnologien
                              in der zivilen Luftfahrt

                    24
                    MAKING.MOBILITY.SAFE.

                                               34
                             3D-Druck als Leichtbau
                          für die Schmiedeindustrie

                    52
                    Erfolgreicher Start
                    von HIGH-TECH.NRW

                                               54
                        Die 9. NRW Nano-Konferenz
                           wartet mit Top-Speakern
                                   und spannenden
                                Zukunftsthemen auf
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
Inhalt

                           NMWP im Gespräch
NMWP.NRW im Gespräch mit NRW Wirtschafts-                  Tischkonzept mit
minister Professor Dr. Andreas Pinkwart                    thermoplastischen Composites                     32
über den Leichtbau aus NRW als international anerkannter
Enabler zur Lösung Globaler Herausforderungen wie CO2-     Neuste Entwicklungen aus der Sprühtechnik        34
Reduktion, den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen und
die Frage, was die Digitalisierung damit zu tun hat.  6   Gesunder, intelligenter Leichtbau dank SHM       36

Leichtbau BW und der Cluster NMWP.NRW im                   Innovative Fassadenpaneele für
Gespräch mit Professor Dr. Heinz Voggenreiter              moderne Architektur                              38
über das große Leichtbau-Potenzial der Materialent-
wicklung und -simulation mittels Quantumcomputing. 10     Licht als innovatives Werkzeug im Leichtbau      40

                                                           Additive Fertigung hochbeanspruchter
                                                           Antriebsbauteile                                 42
                                Highlight-Thema
                                                           Klimaschutz „leicht“ gemacht!                    44
Leichtbau „Made in NRW“
Innovative Materialien und Verfahren                       Hochtemperatur-Leichtbau „Made in NRW“           46
für die Märkte von Morgen.                          14
                                                           Die Zeit für Leichtbau ist jetzt                 48

                                                           Gießerei-Institut der RWTH Aachen entwickelt mit
                             Leichtbau aus NRW             LUNOVU-LMD neuartige Werkstoffsysteme         50

Leichte, flexible und intelligente
Umformwerkzeuge 16

Extremster Leichtbau –                                      Neues aus Cluster, Verein und Branche
Metall-Warmumformung mit HDF                        18
                                                           Erfolgreicher Start von HIGH-TECH.NRW
Kohlefaserausstieg „made in Ruhrpott“               20    Erster Start-up Business Accelerator in NRW für
                                                           hardwarebasierte High-Tech Themen.               52
Digitalisierung für Leichtbautechnologien
in der zivilen Luftfahrt                            22    Die 9. NRW Nano-Konferenz
                                                           wartet mit Top-Speakern und
MAKING.MOBILITY.SAFE.                               24    spannenden Zukunftsthemen auf
                                                           Aufgrund der Corona-Pandemie wird die Konferenz
Innovationen für Mobilität                                 auf den 21.-22. April 2021 verschoben.         54
und Wohnkomfort                                     26
                                                           NMWP e.V.
Metallsubstitution per Spritzgießtechnik                   Neue Vereinsmitglieder stellen sich vor.         56
gerät allmählich in Reichweite                      28
                                                           Zu guter Letzt58
Innovative Technische Gewebe und
Folien für die Textile Architektur                  30    Termine                                          59
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
NMWP im Gespräch

»Unter dem Aspekt der Nach-
haltigkeit zeichnet sich Leichtbau
im Zusammenspiel mit anderen
Innovationstrends durch erhebli-
che Problemlösungskompetenzen
aus, aktuell beispielsweise beson-
ders im Bereich der industriellen
Digitalisierung.«
Professor Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation,
Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

                                                                       ©MWIDE NRW/F. Wiedemeier

6NMWP-Magazin
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
NMWP im Gespräch

Wir brauchen
innovative Köpfe und
innovative Unternehmen.
Der Cluster NMWP.NRW im Gespräch mit Professor Dr. Andreas
Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und
Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, über den Leichtbau aus
NRW als international anerkannter Enabler zur Lösung Globaler Her-
ausforderungen wie CO2-Reduktion, den nachhaltigen Umgang mit
Ressourcen und die Frage, was die Digitalisierung damit zu tun hat.

Herr Professor Pinkwart, Leichtbau wird oftmals als            Leichtbautechnologien aus Nordrhein-Westfalen bereits
eine „Game-Changer-Technologie“ bezeichnet. Welche             heute weltweit einen außerordentlich wichtigen Beitrag
Gründe sprechen heute dafür, möglichst leichte Produkte        zur Ressourcen- und Energieeffizienz und entfalten ihre
zu entwickeln, zu fertigen und auf den Markt zu bringen?       Problemlösungskompetenzen zur Verringerung von Kraft-
                                                               stoffverbrauch und CO2-Emissionen von Fahrzeugen,
Das Grundprinzip von Leichtbau ist so einfach wie genial:      Maschinen, Gebäuden und Transportsystemen. Wir
Durch den Einsatz leichterer Materialien entstehen im          müssen unsere Kompetenzen im Leichtbau entschlos-
Zusammenspiel mit intelligenter Konstruktion innovative        sen und konsequent ausbauen, um Deutschland und
Produkte für die Märkte von morgen. Leichtbau verbindet        Europa als innovativen Leitanbieter für den werkstoff-
große wirtschaftliche Potentiale mit Ressourcenschutz          übergreifenden Leichtbau international zu positionieren,
sowie Material- und Energieeffizienz. Davon profitieren        Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit der klassischen In-
Branchen wie die Luft- und Raumfahrt, die Automobil-           dustriebranchen und den Erhalt von hochwertigen Indus-
und Transportindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau          triearbeitsplätzen nachhaltig zu sichern und im Zuge der
bis hin zur Bau-, Freizeit-, Sportindustrie und Medizin-       industriellen Digitalisierung marktreife und innovative
technik. Leichtbau hilft bereits heute dabei, CO2-Emissionen   Produkte zu entwickeln.
konsequent zu reduzieren. Unter dem Aspekt der Nach-
haltigkeit zeichnet sich Leichtbau im Zusammenspiel mit        Auf welche Anwendungsbereiche wird der Leichtbau Ihrer
anderen Innovationstrends durch erhebliche Problem-            Meinung nach in Zukunft den größten Einfluss haben?
lösungskompetenzen aus, aktuell beispielsweise be-
sonders im Bereich der industriellen Digitalisierung.          In der Automobilindustrie und der Luft- und Raumfahrt
                                                               ist der Leichtbau bereits fest etabliert und ein maßgeb-
Leistet der Leichtbau aus NRW damit auch einen wichti-         licher Enabler für die Reduktion der CO2-Emissionen bei
gen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele und Steigerung       gleichzeitiger Steigerung der Effizienz. So sind kostengün-
der Nachhaltigkeit über die eigenen Grenzen hinaus?            stige und in industriellem Maßstab nutzbare Leichtbau-
                                                               lösungen Grundlage für die umwelt- und klimaschonende
Nordrhein-Westfalen ist das Land der Materialien und           Mobilität der Zukunft. Im Bereich Automotive liegen die Vor-
Werkstoffe mit mehr als 6.800 werkstoffverarbeitenden          teile des Leichtbaus auf der Hand: Das Fahrzeuggewicht
und -herstellenden Unternehmen und rund 200 Mrd. Euro          verringert sich erheblich. Das ermöglicht eine deutliche
Umsatz, darunter zahlreiche Weltmarktführer und Hidden         Emissionsreduzierung bei gleichzeitiger Erhöhung der
Champions. Sie entwickeln hier Schlüsseltechnologien           Reichweite. Das trägt auch zu einer besseren Fahrdyna-
für die Zukunft des Leichtbaus, wie Werkstoffe und Ma-         mik bei. Dies gilt unabhängig von der Antriebstechnik,
terialien, Produkte, Produktions- und Konstruktions-           also für Elektrofahrzeuge, Fahrzeuge mit Verbrennungs-
verfahren für die Zukunft des Leichtbaus. Dadurch leisten      motor und sogar für alle eventuellen Zukunftstechnologien,

Heft 02.2020                                                                                                             7
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
wie z.B. im Bereich Wasserstoff und Brennstoffzellen.                 digital abzubilden bzw. zu optimieren. „Klassische“
Der Erfolg einer Leichtbaulösung am Markt ist dabei                   Innovationstechnologien, wie z.B. die Mikro- und Nano-
aber nicht nur auf das Verhältnis von Werkstoffgewicht                systemtechnik und -elektronik gehen somit Hand in
zur Festigkeit beschränkt, sondern hängt von vielen                   Hand mit der softwareseitigen Digitalisierung.
weiteren Faktoren ab – beispielsweise von der Recycle-
barkeit, der langfristigen Verfügbarkeit, der Energie-                Wie sehen Sie die Verknüpfung von Leichtbau und KI?
beziehungsweise CO2-Gesamtbilanz, der Skalierbarkeit
der Fertigungstechnologien auf den Großserieneinsatz.                 Wesentlich für die zukünftige Entwicklung sind auch die
Auch die Gesamtkosten der Leichtbaulösung spielen                     Material- und Bauteilsimulation sowie „Digital Mainte-
natürlich eine wesentliche Rolle.                                     nance“, also die digitale Wartung und Instandhaltung.
                                                                      Bereits heute gibt es hier starke Verknüpfungen von
Einiges davon lässt sich in andere Industrien adaptieren,             Leichtbau und Materialentwicklung mit dem Feld der
zum Beispiel im Maschinen- und Anlagenbau – wenn                      künstlichen Intelligenz. „Digitale Zwillinge“ simulieren
sich dadurch die Energieeffizienz und Verfahrensge-                   den Verschleiß-Status eines Bauteils digital und revolu-
schwindigkeit steigern lassen. Auch für die Bauwirtschaft             tionieren so die Wartung, zum Beispiel von Flugzeug-
bietet der Leichtbau großes Potential, beispielsweise                 Komponenten. Eine punktgenaue und bedarfsgerechtere
ermöglicht der Einsatz von textil- bzw. carbonbewehrtem               digitale Wartung kann die Sicherheit erhöhen und gleich-
Beton Volumen und Gewicht einzusparen. Moderne                        zeitig den dafür erforderlichen Aufwand reduzieren.
Leichtbauwerkstoffe kommen nicht nur in neu errichteten
Gebäuden, sondern auch bei der Sanierung von Bestands-                Ohne die Simulation von Werkstoffen, Materialien und
gebäuden zum Einsatz. Jeder kennt auch Beispiele aus                  Prozessen können Sie heute kaum noch wirtschaftlich
dem Sport oder aus dem privaten Umfeld: Moderne E-                    erfolgreich sein. Besonders in diesem Bereich wird zu-
Bikes, Rennräder, Tennisschläger. Leichtbaumateriali-                 künftig das Quantencomputing große Fortschritte möglich
en sind schon jetzt allgegenwärtig. Bereiche, in denen                machen, denn aktuell werden für die Materialentwicklung
sie heute noch nicht präsent sind, werden mit großer                  nur wenige Elemente des Periodensystems genutzt. Ein
Wahrscheinlichkeit bald folgen – dank innovativer                     Quantencomputer hingegen könnte auf atomarer Ebene
Materialien und neuer Produktionsverfahren.                           komplett neue Materialien konstruieren, die exakt den

» Wir müssen kontinuierlich neues Wissen aufbauen und dieses
auch weiterhin kontinuierlich in die Märkte transferieren. Es gilt, mit
innovativen Materialien, Prozessen und Produkten den Leichtbau
der Zukunft zu gestalten.«
            Professor Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

Welchen Vorteil kann die Digitalisierung in Wirtschaft                Anforderungen einer speziellen Anwendung gerecht
und Wissenschaft in diesem Kontext bringen?                           werden – unter Nutzung des gesamten Periodensystems.
                                                                      Sie sehen, das Potential ist immens. Auch wenn das
Wie in vielen anderen Bereichen ermöglicht die Digitali-              aktuell noch „Zukunftsmusik“ sein mag, ist Nordrhein-
sierung auch im Leichtbau innovative Prozesse mit                     Westfalen auch in diesen Bereichen schon sehr aktiv.
deutlich höherer Effizienz und neuen Produktionsver-
fahren. Ein eindrucksvolles Beispiel ist der 3D-Druck.                Auch im Bereich der Prozessteuerung sind viele Poten-
Vor wenigen Jahren wurde er insbesondere zur Herstellung              tiale für den Einsatz künstlicher Intelligenz zu finden.
von Prototypen eingesetzt. Mittlerweile kommt das                     Prozesse, die – mittels KI – selbstoptimierend auf sich
Verfahren bereits in der Serienproduktion für kleinere                ändernde Werkstoff- und Prozessparameter reagieren,
Stückzahlen zum Einsatz. Gerade entsteht in Nordrhein-                werden hier die Effizienz ganzer Wertschöpfungsketten
Westfalen das erste Wohngebäude aus einem 3D-                         deutlich steigern.
Drucker. Die Material- und Verarbeitungsqualität vieler
3D-Drucker ist mittlerweile auf einem so hohen Niveau,                NRW ist in Bezug auf das Thema Leichtbau sowohl
dass selbst Hochleistungs-Bauteile für den Aerospace-                 industriell als auch wissenschaftlich sehr gut aufgestellt
Sektor gedruckt werden können.                                        – sowohl in den Bereichen Materialien und Werkstoffe
                                                                      als auch deren Verarbeitung. Wo sehen Sie die zentralen
Auch in den „klassischen“ Produktionsprozessen ist die                Herausforderungen für die Zukunft?
Digitalisierung längst angekommen. Um wettbewerbs-
fähig zu bleiben, wird die Vernetzung aller Prozesse immer            Nordrhein-Westfalen ist als Werkstoffland tatsächlich
wichtiger. Möchte man wirklich nachhaltige Innovationen               hervorragend aufgestellt. Materialinnovationen „Made
für die Anwendung schaffen, müssen sowohl Soft- als                   in NRW“ zeigen uns schon heute, was bei Recycling und
auch Hardware aufeinander abgestimmt und gleicher-                    Re-Use möglich ist. Neue Verfahren, wie z.B. die Warm-
maßen leistungsfähig sein. Besonders deutlich wird das                umformung für den extremen metallischen Leichtbau
bei den Sensoren, die die Daten erfassen, um Prozesse                 oder die Entwicklung flammgeschützter Materialien für

8NMWP-Magazin
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
©MWIDE NRW/F. Wiedemeier

die Elektromobilität, Bau-, Luft- und Raumfahrt, sowie        sprechpartner für Innovationsaktivitäten zu finden.
die Entwicklung künftiger Generationen von Batterie-          Mein Appell: Nutzen Sie die vorhandenen Netzwerke,
gehäusen werden wir mit der vorhandenen Man- und              um Innovationen mit den richtigen Partnern auf den
Womanpower in unserem Bundesland bewältigen. Hier             Weg zu bringen! Neben der exzellenten Industrie- und
können wir u.a. mit dem weiteren Ausbau der in Nordrhein-     Forschungslandschaft haben wir in Nordrhein-Westfalen
Westfalen vorhandenen Leichtbauzentren bzw. der Ko-           viele hervorragende Netzwerke und Cluster. Die Cluster
operationsansätze für eine integrierte Werkstoff-, Prozess-   NanoMikroWerkstoffePhotonik.NRW, automotiveland.
sowie Anwendungsentwicklung neue Lösungen finden.             nrw, Produktion.NRW und Kunststoffland NRW helfen
                                                              als Grenzgänger zwischen Wirtschaft und Wissenschaft
So geht es auch um Themen wie die CO2-neutrale Stahl-         dabei, den Technologietransfer zu stärken. Die Expertise
herstellung, zum Beispiel unter Verwendung von Wasser-        unserer Industrie und Forschung auf dem Gebiet des
stoff als alternative Energiequelle. Nordrhein-Westfalen      Leichtbaus ist international anerkannt. Unsere Spitzen-
ist ein hochtechnologisches Industrieland, das am effizien-   position und Erfolge sind aber keine Selbstverständlich-
testen und nachhaltigsten globale Herausforderungen           keit. Technologietransfer und Innovationen sind ganz
wie die Verringerung der CO2-Emission oder die Steige-        wichtige Faktoren: Wir müssen kontinuierlich neues
rung der Ressourceneffizienz durch innovative Ansätze         Wissen aufbauen und dieses auch weiterhin in die Märk-
erreichen kann.                                               te transferieren. Es gilt, mit innovativen Materialien,
                                                              Prozessen und Produkten den Leichtbau der Zukunft
So sind wir auf allen Ebenen unterwegs, von der Material-     zu gestalten. Wir brauchen die innovativen Köpfe, die
erzeugung – auch diese wollen wir CO2-neutral gestalten       innovativen Unternehmen. Wir brauchen Start-ups, die
– über Produktionsverfahren und Recycling hin zu um-          trotz aller Widrigkeiten weitermachen und ihre Visionen
weltschonenden, klimaneutralen Kreislaufwirtschafts-          und Ideen vorantreiben. Wir brauchen die Mutigen, die
Prozessen.                                                    aus ihrer „Comfort Zone“ herauskommen und etwas
                                                              Neues wagen.
Herr Prof. Pinkwart, was wünschen Sie sich in Bezug
auf Leichtbau von den Unternehmen und was von der             Herr Professor Pinkwart, Danke für das Gespräch.
Forschung für die Zukunft?

Gerade für kleine und mittlere Unternehmen im High-
Tech-Bereich ist es oftmals schwer, die passenden An-

Heft 02.2020                                                                                                       9
Leichtbau aus NRW Innovative Materialien und Verfahren zur CO2-Reduktion sowie Effizienzsteigerung und Ressourcenschonung - NMWP
NMWP im Gespräch

Quantencomputing macht
eine Vielzahl neuer
Materialien möglich
Leichtbau BW und der Cluster NMWP.NRW im Gespräch mit Professor
Dr. Heinz Voggenreiter, Direktor des Instituts für Werkstoff-Forschung
sowie des Instituts für Bauweisen- und Strukturtechnologie, beide am
Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), über Quantum
Computing als Gamechanger in der Materialsimulation für den Leichtbau.

Menschen entwickeln Materialien aufgrund ihrer Erfahrung,   Genau das ist der Grund. Das Zusammenwirken der
Quantencomputer können alle Elemente des Perioden-          Recheneinheiten Qubits im Quantencomputing ist sehr
systems für mögliche Kombinationen nutzen. Dadurch          ähnlich dem Zusammenwirken von Atomen und
steigt die Varianz an neuen Materialien deutlich an.        Molekülen in einem Material. Quantencomputer und
Das ist nach Meinung von Professor Dr.-Ing. Heinz           Material agieren vergleichbar. Deshalb ist es nahe-
Voggenreiter der eine Grund dafür, wie Quanten-             liegend, ein Materialproblem durch die Übersetzung
computing den Leichtbau voranbringen kann. Der              in den Algorithmus einer Software von einem Quanten-
andere ist die stark steigende Qualität in der Simulation   computer lösen zu lassen.
von Werkstoffen. „Quantencomputer und die Elemente in
einem Material agieren vergleichbar“, sagt Professor        Was unterscheidet Quantencomputer von herkömmli-
Voggenreiter, Direktor des Instituts für Bauweisen und      chen Rechnern in der Simulation von Materialen und
Strukturtechnologie und des Instituts für Werkstoff-        worin besteht aus Ihrer Sicht die Besonderheit dieser
Forschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raum-          Technologie?
fahrt, DLR, im Interview. Für Voggenreiter ist jetzt der
Zeitpunkt gekommen, um in das Materialdesign mittels        Quantencomputer rechnen mit Qubits, das sind alle
Quantencomputer einzusteigen. Baden-Württemberg             Werte zwischen 0 und 1, also viel mehr als herkömmliche
und Nordrhein-Westfalen sind die Hotspots dafür.            Computer, die lediglich die beiden Zustände 0 und 1
                                                            kennen. Qubits führen eine Fernbeziehung auf Quante-
Herr Voggenreiter, man hört immer wieder vom großen         nebene, sie stehen in Kontakt zueinander. Diese physi-
Potential des Quantencomputing und die Leichtbau-           sche Verschaltung macht hochgradig paralleles Rech-
Community geht davon aus, dass gänzlich neue Material-      nen möglich. Hochleistungsrechner arbeiten Schritt für
klassen mittels dieses Supercomputings entwickelt           Schritt sequentiell eine Aufgabe ab, Quantencomputer
werden können. Wie vage oder wahr ist diese Hoffnung?       parallelisieren Rechnerschritte. Das macht sie deutlich
                                                            schneller und wesentlich leistungsfähiger als andere
Vage war gestern, wahr ist heute. Denn mit zunehmen-        Rechnertechnologien.
der Leistung der Quantencomputer und deren Stabili-
tät konkretisiert sich derzeit der praktische Nutzen die-   Gibt es neben der Materialsimulation weitere Einsatz-
ser Technologie heraus. Wir sollten nicht mehr darüber      möglichkeiten für das Quantencomputing im Leichtbau
philosophieren, sondern jetzt damit anfangen, Quan-         und wie bringt die Technologie die Branche mit diesen
tencomputer für die Materialforschung zu nutzen. Der        Anwendungen weiter?
Zeitpunkt für den Einstieg ist gekommen.
                                                            Im Leichtbau gibt es zwei Ebenen, an die wir Quanten-
Quantencomputer können Moleküle simulieren. Macht           computing adressieren können. Das eine ist die Materi-
diese Möglichkeit die Technologie so interessant für        alsimulation selbst. Hier kann man über diese Techno-
das Materialdesign?                                         logie zum einen die Simulationsqualität steigern, etwa

10NMWP-Magazin
NMWP im Gespräch

Professor Dr. Heinz Voggenreiter, Direktor des Instituts für Werkstoff-Forschung sowie des Instituts für Bauweisen- und Strukturtechnologie,
beide am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

ein Material auf atomarer Ebene am Bildschirm desig-                    Wann können Unternehmen erste Materialsimulatio-
nen und das mit einer sehr hohen Qualität. Die andere                   nen mittels Quantencomputing machen?
Ebene erweitert unsere Erfahrungswelt, aus der heraus
wir Materialien entwickeln. Wenn heute jemand einen                     Es gibt heute schon Start-ups, die sich aus Forschungs-
neuen Leichtbauwerkstoff entwickeln möchte, macht                       einrichtungen ausgegründet haben und dies als Dienst-
das ein Aluminium- oder Titanspezialist. Alle Menschen                  leistung anbieten. In Deutschland ist das eine Ausgrün-
neigen dazu, neue Lösungen in alten Erfahrungen zu                      dung aus dem KIT mit Firmennamen Heisenberg Quantum

»Der Quantencomputer erlaubt uns quer durch unser Perioden-
system hindurch zu simulieren, welche Materialkombination für
diesen Fall die beste ist. [...]Die Bandbreite an möglichen neuen
Materialien steigt durch Quantencomputing deutlich an.«
 Professor Dr. Heinz Voggenreiter, Direktor des Instituts für Werkstoff-Forschung sowie des Instituts für Bauweisen- und Strukturtechnologie,
                                                                                 beide am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

finden. Der Quantencomputer erlaubt uns quer durch                      Simulations. Das junge Unternehmen entwickelt Quan-
unser Periodensystem hindurch zu simulieren, welche                     tenalgorithmen zur Voraussage von Moleküleigen-
Materialkombination für diesen Fall die beste ist. Die                  schaften für die Chemie- und Pharmaindustrie, mit der
Technologie kann Millionen Varianten durchspielen, die                  sich Simulationsergebnisse deutlich verbessern lassen
wir mit unserer Art, wie wir heute simulieren, nicht einmal             gegenüber herkömmlichen Methoden. Auch die Firma
ansatzweise schaffen. Die Bandbreite an möglichen                       1Qbit in Vancouver in Kanada geht diesen Weg und
neuen Materialien steigt durch Quantencomputing                         verschaltet die Welt der Materialien mit der des Quan-
deutlich an.                                                            tencomputings, um Materialprobleme zu simulieren.

Heft 02.2020                                                                                                                                  11
NMWP im Gespräch

Zurzeit fokussiert sich das in Richtung neuer Materialen                zwischen Wissenschaft und Wirtschaft der richtige Weg
für Batterien.                                                          ist, weil die Forscher verstehen müssen, was die Industrie
                                                                        braucht. Das müssen wir in unsere Forschungsarbeit
Quantencomputing scheint komplex, sind die Rechen-                      einfließen lassen um letztendlich eine Lösung zu finden,
ergebnisse für Unternehmen sehr teuer?                                  die wirklich hilft. Es ist für Deutschland als rohstoffarmes
                                                                        Land besonders wichtig, schneller und in besserer Qua-
Wir stehen erst am Anfang, daher sind solche Dienste                    lität Werkstoffe für unsere Produkte zu entwickeln. Das
ziemlich teuer. Zumal auch mit einer schier unvorstell-                 würde unsere Wettbewerbsposition stärken.
baren Datenmenge umgegangen wird. Die Daten müs-
sen organisiert, deren Qualität bewertet werden. All das                Welche Rollen spielen Baden-Württemberg und
führt dazu, dass Quantencomputing heute noch                            Nordrhein-Westfalen auf diesem Weg und wie ist die
aufwendig und komplex ist und daher viel Geld kostet.                   Ausgangslage dafür in diesen beiden Bundesländern?
Es macht daher keinen Sinn, sich als Unternehmen aus
dem Leichtbau einen Quantencomputer zu kaufen in                        Die beiden Länder spielen in Kombination eine ent-
der Hoffnung, besser als der Wettbewerb zu sein.                        scheidende Rolle in der Materialentwicklung mittels
                                                                        Quantencomputer und aufgrund deren besonderer
Sie haben von zwei Startups gesprochen, die Quanten-                    Bedingungen in den Bundesländern ist die Ausgangs-
computing als Dienstleistung anbieten. Ist das der                      lage dafür gut. Dies hat den einfachen Hintergrund,
richtige Weg für Unternehmen aus dem Leichtbau, um                      dass in den Ländern starke Leichtbau-Netzwerke be-
die Technologie zu nutzen?                                              stehen, die seit Jahren erfolgreich operieren. In NRW ist
                                                                        es das Cluster NanoMikroWerkstoffePhotonik.NRW
Der Königsweg führt über die Forschungseinrichtungen                    und in Baden-Württemberg die Leichtbau BW. In Nord-
in Deutschland. Denn die quantenbasierte Material-                      rhein-Westfalen ist der Hotspot für die Materialfor-
forschung ist noch so forschungsintensiv, dass es                       schung in Deutschland und in Baden-Württemberg sitzen
keinen Sinn macht, für einzelne Projekte aktiv zu                       die Firmen, die Forschungsergebnisse in Leichtbauweisen
werden. Am besten für Firmen ist es, wenn die sich in                   umsetzen können. Ich sehe darin das richtige Zusam-

»In Nordrhein-Westfalen ist der Hotspot für die Materialforschung
in Deutschland und in Baden-Württemberg sitzen die Firmen, die
Forschungsergebnisse in Leichtbauweisen umsetzen können.«
 Professor Dr. Heinz Voggenreiter, Direktor des Instituts für Werkstoff-Forschung sowie des Instituts für Bauweisen- und Strukturtechnologie,
                                                                                 beide am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

bestehende Forschungsverbünde einklinken. Einen                         menspiel passender Partner entlang der Prozesskette
solches wird es bald vom Fraunhofer-Institut im                         vom Labor in die Fabrik. In beiden Ländern sitzen zu-
Zusammenspiel mit IBM geben in Ehningen bei Stuttgart.                  dem die maßgeblichen Treiber des Quantencomputing
Ein anderer Forschungsverbund gründet sich dem-                         in Deutschland. Allen voran das Forschungszentrum
nächst am Forschungszentrum Jülich, wo die Quanten-                     Jülich in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg
computer von D-Wave stammen. An beiden Standorten                       das KIT in Karlsruhe. Ich denke daher: besser kann die
entstehen rund um die unterschiedlichen Quantencom-                     Konstellation für Materialdesign durch Quantencomputing
putertypen zur Technologie passende Forschungsver-                      nicht sein. Im Juni letzten Jahres haben wir vom DLR ein
bünde. Unternehmen können sich dort mit Use-Cases                       erstes Organisationstreffen mit den Schlüsselpartnern
einbringen, etwa mit der Entwicklung einer neuen Le-                    aus Wirtschaft und Wissenschaft organisiert. Daraus
gierung für den Leichtbau und der Fragestellung: was                    wurden Handlungsstränge für einen Dialog mit der
können wir dafür auf der Computerseite tun, um in der                   Politik abgeleitet, um Förderprogramme für quanten-
digitalen Materialentwicklung schneller und besser zu                   computerbasierte Materialforschung aufzubauen. Ein
werden? In den Verbünden können die Unternehmen                         erstes Programm wird schon im Herbst dieses Jahres
darauf Antworten finden, weil dort die Experten sind.                   aufgelegt werden.

Ist der Aufbau von Forschungsverbünden das nächste                      Herr Professor Voggenreiter, danke für das Gespräch.
Ziel, das Deutschland hinsichtlich der Materialsimulation
mit Quantencomputern erreichen sollte, um die Tech-                     
nologie in der Praxis nutzen zu können?

Ja. Zunächst müssen die Plattformen aufgebaut wer-
den, damit sich im zweiten Schritt Unternehmen mit
ihren Anwendungsfällen einbringen und man gemeinsam
möglichst schnell versucht, Ergebnisse in der Industrie
nutzbar zu machen. Ich denke, dass die Kooperation

12NMWP-Magazin
portal.nmwp.de – Das Portal
    für Schlüsseltechnologien

       NMWP-Portal: Der Innovations- und Erfolgsbeschleuniger für
   Nanotechnologie, Mikrosystemtechnik, Neue Werkstoffe und Photonik!
                            Profitieren Sie von den Möglichkeiten dieser interaktiven Plattform:

                           NETWORKING Vernetzen Sie sich mit anderen                                           Projekt-GruPPEN Richten Sie eine eigene
                           Akteuren im Bereich der Schlüsseltechnologien                                       Projekt-Gruppe ein und diskutieren Sie mit Experten
        er
                           und tauschen Sie Wissen und Erfahrungen aus.                                        der Branche.
                                                                                         Pr
             netzun                                                                           ojekte
  V

                 g

                           NEWS Lesen Sie die neuesten Nachrichten aus                                         ProduKTE & Dienstleistungen Präsentieren
                           der Branche und publizieren Sie zielgruppengenau                                    Sie der NMWP-Community Ihre innovativen
                           Ihre eigene Pressemitteilung.                              Pr
                                                                                                               Produkte und Dienstleistungen.
         News                                                                              odukte

                           BUSINESS MATCHMAKING Suchen und finden                                              KOMMUNIKATION Eine Auswahl an News und
                           Sie den richtigen Kooperationspartner z.B. für                                      Terminen wird zusätzlich über den NMWP-Newsletter
Busin

                      ng

                                                                                 Porta

                                                                                                       tion

                           Förderausschreibungen und Projekte.                                                 an eine Vielzahl von Akteuren kommuniziert.
                  aki

                                                                                                  ka

    ss                                                                               -K
                                                                                           om m uni
                 m
  e

         -Match
                                                                                   l

                           EVENTS Sehen Sie die wichtigsten Termine auf                                        ZIELGRUPPEngeNAUIGKEIT Das Portal adressiert
                           einen Blick. Bewerben Sie Ihre eigene Veranstaltung                                 Akteure aus dem Bereich der Schlüsseltechnologien
                                                                                 Zielgru

                                                                                                       gkeit

                           online. Auch die komplette Teilnehmerverwaltung            pp
                                                                                                               und minimiert Streuverluste.
                                                                                                  ui

        Events                                                                             engena
                           können Sie über das Portal organisieren.

                  Vernetzen Sie sich noch heute kostenlos: portal.nmwp.de

Heft 02.2020                                                                                                                                                        13
Highlight-Thema

Leichtbau „Made in NRW“
Innovative Materialien und Verfahren
für die Märkte von Morgen.

Der Leichtbau steht im Fokus der neuen Ausgabe des NMWP Magazins,
zu Recht wie wir finden. In diesen extrem herausfordernden Zeiten
hat sich die Rolle des Leichtbaus als einer der innovativsten Schlüssel-
technologien stetig manifestiert.

Ressourcenschutz, Material- und Energieeffizienz im            und Institute mit direktem Leichtbaubezug. Zahlreiche
Zusammenspiel mit intelligenter Funktionsintegration und       Weltmarktführer und Hidden Champions (über 6.800
Konstruktion verdeutlichen, nicht zuletzt vor dem Hinter-      werkstoffverarbeitende und -herstellende Unternehmen
grund des Green Deals, die enormen technologischen             mit rund 200 Mrd. Euro Umsatz) setzen starke innovative
und wirtschaftlichen Potentiale der Schlüsseltechnologie       Impulse und entwickeln in NRW die Leichtbautechnolo-
Leichtbau.                                                     gien und -produkte für die Märkte von morgen. Kurzum
                                                               – Angefangen bei Forschung und Entwicklung, Roh-
Leichtbau „made in NRW“ – weltweit Spitzenklasse               stoffherstellung und Verarbeitung über den Maschinenbau
Als das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stärkste       bis hin zum Recycling, bilden die NRW Leichtbauakteure
Bundesland ist Nordrhein-Westfalen ein Top-Player in der       materialübergreifend die komplette Wertschöpfungs-
internationalen Leichtbauszene und hat immense wirtschaft-     kette ab, welche in ihrer Größe und Dichte im europäi-
liche Bedeutung für den Industriestandort Deutschland.         schen Kontext einzigartig ist.

Am Wirtschaftsstandort NRW, dem Land der Materialien           Um auch zukünftig weltweit ganz vorne mitspielen zu
und Werkstoffe, sind die bundesweit größten Wert-              können, gilt es am Leichtbaustandort NRW wertschö-
schöpfungsketten in den Bereichen Stahl-, Aluminium-,          fungskettenübergreifend Ressourcen zu bündeln, ziel-
Chemie-, Kunststoffindustrie und Anlagenbau vertreten.         gerichtet Herausforderungen zu identifizieren, Lösungs-
40 % der deutschen Stahlproduktion ist made in NRW,            prozesse anzustoßen und den Leichtbaustandort NRW
drei der vier Primäraluminiumhütten Deutschlands haben         – seinem Stellenwert entsprechend – auf Bundesebene
ihren Standort in NRW und produzieren über 75 % der            stärker zu positionieren und zu vertreten.
gesamtdeutschen Hüttenproduktion. Mit rund 34 Mrd.
Umsatz stellt NRW rund ein Fünftel des Gesamtumsatzes          Vor diesem Hintergrund und basierend auf seiner lang-
der deutschen Kunststoffindustrie. Deutschlands einziger       jährigen Expertise im Leichtbau initiierte das Landes-
Carbonfaserhersteller beliefert von NRW aus die ganze Welt.    cluster NMWP.NRW den branchen- und werkstoffüber-
                                                               greifenden „Strategieworkshop Leichtbau“. Unter der
Eingebettet in eine exzellente Universitäts- und Forschungs-   Schirmherrschaft von Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister
landschaft existieren in NRW 68 Forschungsstandorte            für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie

14NMWP-Magazin
Highlight-Thema

                                                                                                                      © Fraunhofer ILT, Aachen, Germany / Volker Lannert
des Landes Nordrhein-Westfalen gestaltete NMWP ge-         Sinne einer Circular Economy, konsequent den
meinsam mit den Clustern kunststoffland NRW und            Recyclinganteil über das Schließen der Wertschöp-
ProduktionNRW den Strategieworkshop in einem exklu-        fungsketten zu maximieren.
siven, ausgewählten Kreis, mit namhafter industrieller   • Das Verständnis und Simulationsmöglichkeiten über
Beteiligung.                                               Werkstoffe/ Prozesse voranzutreiben. Neue Mög-
                                                           lichkeiten z.B. durch Quantencomputing zu integrie-
Im Rahmen des Workshops wurde ein gemeinsames              ren und neue digitale Prozesse voranzutreiben,
„Positionspapier Leichtbau“ erarbeitet und mit NRW         sowie auch bestehende Prozesse und Anlagen
Wirtschaftsminister Prof. Dr. Pinkwart beschlossen.        „smart zu machen“ (Retrofitting) und künstliche
Das „Positionspapier Leichtbau“ wurde von den Clustern     Intelligenz (KI) und selbstlernende Prozesse zu etab-
bei der Bundesregierung eingebracht, um die spezifi-       lieren.
schen Bedarfe und Herausforderungen der Leichtbau
Unternehmen aus NRW zielgerichtet in die Gestaltung      Im Technologietransfer-Programm Leichtbau, welches
und Entwicklung des „Technologietransfer-Programm        am 09.04.2020 vom BMWi auf den Weg gebracht wur-
Leichtbau“ (TTP LB) des Bundeswirtschaftsministeriums    de, wurden inhaltlich viele der zahlreichen Anregungen
zu verankern.                                            und Herausforderungen der NRW Leichtbauindustrie in
                                                         den fünf Förderlinien,
Unter anderem regten die Teilnehmer an:                  • Technologieentwicklung zur Stärkung der deutschen
• Den weiteren Ausbau der in NRW vorhandenen               Wirtschaft im Leichtbau
  Leichtbauzentren bzw. Kooperationsansätze für          • CO2-Einsparung und CO2-Bindung durch den Einsatz
  eine integrierte Werkstoff-, Prozess- sowie Anwen-       neuer Konstruktionstechniken und Materialien
  dungsentwicklung zu forcieren, um ganzheitlich         • CO2-Einsparung durch Ressourceneffizienz und
  integrierte Leichtbauwertschöpfungsketten in den         -substitution
  einzelnen Materialklassen, aber auch mit hybriden      • Demonstrationsvorhaben
  Systemen von Nanostrukturen bis hin zu fertigen        • Standardisierung
  Komponenten zu ermöglichen und zu stärken.             berücksichtigt.
• Durch Forschungsförderung und Aufbau von CO2
  armen und energieeffizienten Produktions-, Verar-      Vor dem Hintergrund Deutschlands Stellung als innova-
  beitungs- und Recyclingverfahren für Materialien       tiven Leitanbieter für den werkstoffübergreifenden Leicht-
  und Werkstoffe (z.B. durch CO2 freie/arme Stahler-     bau international zu festigen sowie Wettbewerbs- und
  zeugung durch die Verwendung von Wasserstoff           Zukunftsfähigkeit der Leichtbautechnologien made NRW
  anstelle von Kohlenstoff bei der Eisenerz-Reduktion)   nachhaltig zu sichern, hat der Cluster NMWP.NRW bereits
  die Material- und Werkstofferzeugung am Standort       zahlreiche innovative Projekte im Technologie-Transfer-
  Deutschland sichern.                                   programm Leichtbau auf die Schiene gebracht.
• Recycling und Re-Use Aspekte bereits bei der
  Materialentwicklung zu berücksichtigen und, im

Heft 02.2020                                                                                                    15
Leichtbau aus NRW

Leichte, flexible
und intelligente
Umformwerkzeuge
Leichtbau im Werkzeugbau? 3D-gedruckte Umformwerkzeuge?
Intelligenz im Werkzeug? Das Zentrum für Smart Production Siegen
(SmaPS) erforscht vollkommen neue Werkzeugkonzepte für eine
smarte, flexible und ressourceneffiziente Produktion.

                              Durch die zunehmende           Die Anfänge des Umformens gehen bis ins vierte Jahr-
                              Produktindividualisierung      tausend v. Chr. zurück [1]. Heute ist die Umformtechnik
                              und -komplexität in Kombi-     eine etablierte und weit verbreitete Fertigungstechnik,
                              nation mit immer kürzeren      die sowohl in der Massenproduktion als auch in der indi-
Produktlebenszyklen wird das Verlangen innerhalb der         vidualisierten Massenproduktion von Konsumartikeln
Fertigungstechnik nach agilen und flexiblen Produktions-     und Artikeln des täglichen Bedarfs Anwendung findet.
systemen immer größer. In der Umformtechnik nehmen
dabei die Formwerkzeuge als Bindeglied zwischen Halb-        Aus den funktionellen Anforderungen an den Umform-
zeug und Maschine eine Schlüsselposition ein. Während        prozess, den Materialfluss und ggf. die Temperatur
dort die Maschinen in den letzten Jahren eine deutliche      zu steuern, resultieren verschiedenste technische
Weiterentwicklung auch mit Methoden der Industrie 4.0        Anforderungen an das Umformwerkzeug. Zu den
erfahren haben, bleibt diese Entwicklung bei den Werk-       allgemeinen Anforderungen zählen eine sehr hohe
zeugen bisher zurück. Hinzu kommt, dass die Ressource        Maßhaltigkeit, verschleißfeste Oberflächen mit defi-
„Mensch“ von Steuerungssystemen bisher kaum genutzt          nierten tribologischen Eigenschaften, eine hohe Bruch-
wird. Das SmaPS setzt hier thematisch an und forscht         und Ermüdungsfestigkeit unter Berücksichtigung
und entwickelt in einem fachübergreifenden Team an           etwaiger Missbrauchslasten sowie eine große Steifig-
Projekten zur vernetzten Produktion, neuen Fertigungs-       keit [2]. Die Fertigung der hierfür benötigten, hoch-
techniken und Betriebsmitteln mit den Schwerpunkten:         spezialisierten Werkzeuge erfolgt zu einem großen
                                                             Anteil durch subtraktive Fertigungsverfahren. Diese
• Smarte Leichtbauwerkzeuge für die Fertigungstechnik        limitieren aufgrund von Fertigungsrandbedingungen
  (Prof. Dr.-Ing. Bernd Engel)                               die geometrische Gestaltungsfreiheit in der Konstruk-
• Bewegungserfassung Werker (Prof. Dr.-Ing. Martin           tion und treiben gleichsam die Werkzeugkosten mit
  Manns)                                                     jedem Bearbeitungsschritt erheblich. Darüber hinaus
• Additive Fertigung (Prof. Dr.-Ing. Tamara Reinicke)        basiert die Konstruktion der Werkzeuge oftmals auf
• Integration von Sensoren (Prof. Dr.-Ing. Haring Bolivar)   Erfahrungswissen, ohne exakte Kenntnis über die
• Smarte dezentrale Produktion (Prof. Dr. Volkmar Pipek)     Versagensgrenzen von Werkzeugelementen und über
                                                             die Wirkmechanismen zwischen Werkzeugeigenschaften
Umformen ist nach DIN 8580 definiert als die plastische      und Umformprozess. Sehr oft ist das genaue Last-
Änderung der Form eines festen Körpers unter Bei-            kollektiv nicht bekannt, das sich für die Umformtechnik
behaltung der Masse und des Stoffzusammenhaltes.             typisch über dem Umformvorgang ändert.
                                                                                                    Abbildung 1:
                                                                                                    Schematische
                                                                                                    Darstellung der
                                                                                                    Elemente eines
                                                                                                    intelligenten,
                                                                                                    flexiblen Leicht-
                                                                                                    bauwerkzeugs.

NMWP-Magazin
Abbildung 2: Werk-
                                               zeugflexibilitätslevel
                                               am Beispiel des
                                               Gesenkbiegens [3]

Als Folge sind die Umformwerkzeuge in der Regel
überdimensionierte, großvolumige und entsprechend
schwere Einzelstücke.

In einer Zeit, die durch Begriffe wie „Nachhaltigkeit“ und
„Ressourcenschonung“ geprägt wird, ist die heutige
Gestaltung von Umformwerkzeugen in zweierlei Hinsicht
problematisch: Einerseits benötigen die überdimen-                      SmaPS wird gefördert durch den Europäischen Fonds für
sionierten Werkzeuge selbst ein unnötig großes Werk-                    regionale Entwicklung im Rahmen des Förderprogramms
stoffvolumen und die subtraktive Fertigung verursacht eine              „EFRE.NRW 2014-2020“ des Ministeriums für Wirtschaft,
zusätzliche Verschwendung von Werkstoffvolumen.                         Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nord-
Aufgrund der energieintensiven Stahlerzeugung geht                      rhein-Westfalen, Förderkennziffer: 0200545
hiermit gleichsam eine beträchtliche Verschwendung
von CO2 einher. Andererseits müssen Umformwerk-
zeuge zwecks ihrer Funktionserfüllung bewegt, das                                                       Ansprechpartner:
heißt beschleunigt und verzögert, werden. Die notwendig                                                 Univ.-Prof. Dr.-Ing.
zuzuführende Bewegungsenergie ist dabei proportional                                                    Bernd Engel
zum Werkzeuggewicht.                                                                                    Universität Siegen,
                                                                                                        Institut für Produktions-
In diesem Kontext bietet der Leichtbau im Werkzeug-                                                     technik, Lehrstuhl für
bau ein enormes Potential zur Schonung von Ressour-                                                     Umformtechnik,
cen. Versteht man den Leichtbauansatz darüber hinaus                                                    Zentrum für Smart
nicht nur als Einsparung von Masse sondern vielmehr                                                     Production Siegen
als Gestaltungsprinzip belastungsangepasster Struktu-                                                   (SmaPS)
ren mit integrierten Funktionen, ergibt sich zukünftig
eine völlig neue Perspektive (vgl. Abb. 1).

Mittels Methoden der Topologieoptimierung entstehen
gewichtsreduzierte Werkzeugdesigns mit angepassten
Werkstoffkombinationen und Struktursteifigkeiten. Addi-
tive Fertigungsverfahren heben dabei die Gestaltungs-
restriktionen bedingt durch die subtraktive Fertigung                     Können Sie den QR-Code nicht lesen?
auf und erlauben gleichzeitig die Einbettung von Funk-                    Treten Sie mit mir unter www.portal.nmwp.de in Kontakt.
tionselementen wie Sensoren oder Aktoren. Diese
wiederum ermöglichen zusammen mit intelligenten
Regelungssystemen Verstellungen der mit dem Halb-
zeug in Kontakt befindlichen Werkzeugoberflächen mit                    Lehrstuhl für Umformtechnik, Universität Siegen
dem Ziel, definierte Flächenpressungen einzustellen,
Rückfederungen zu kompensieren oder gar eine Trans-                     Tätigkeitsschwerpunkte
formation ihrer geometriegebenden Kontur (vgl. Abb.                     •   Forschung & Entwicklung Biegeumformung
2). In Verbindung mit cyberphysischen Systemen wird                     •   Prototypenbau & Erprobung von neuen Werkzeug-
schlussendlich aus einem stumpfen, starren Werkzeug                         konzepten und Biegeverfahren
ein wesentliches Element einer intelligenten Fabrik.                   •   Prozessmodellierung

Literaturverzeichnis                                                    Branchen- und Technologiefelder 
1. E. Doege und B.-A. Behrens, Handbuch Umformtechnik,                  •   Automotive, Maschinen- und Anlagenbau
   Hannover: Springer, 2010.                                            •   Remote Production in der Umformtechnik
2. J. Cao, E. Brinksmeier, M. Fu, R. X. Gao, B. Liang, M. Merklein,     •   Umformwerkzeuge
   M. Schmidt und J. Yanagimoto, „Manufacturing of andvanced
   smart tooling for metal forming,“ CIRP Annals - Manufacturing        Wichtigste Regionen für die eigene Wertschöpfung
   Technology, pp. 605-628, 2019.                                       (Entwicklung/Produktion/Märkte)
3. C. Kuhnhen, J. Knoche, J. Reuter, S. Hassan Al-Maeeni, B.            •   Deutschland
   Engel, "Hybrid tool design for a bending machine", Procedia          •   Österreich
   CIRP, 14th CIRP Conference on Intelligent Computation in
   Manufacturing Engineering, Golf von Neapel, Italien 2020                             https://protech.mb.uni-siegen.de/uts/
   (akzeptiertes Manuskript)

Heft 02.2020                                                                                                                       17
Leichtbau aus NRW

Extremster Leichtbau –
Metall-Warmumformung
mit HDF
Wenn Bleche als Platinen in allen Festigkeitsklassen also auch aus
höchstfesten Materialien in Aluminium, Stahl, Messing, Titan usw. in
das gewünschte Produkt wirtschaftlich von Kleinserien bis zur
Massenfertigung geformt werden sollen, dann steht die HDF-Techno-
logie zum Einsatz bereit.

Die Verbesserung der Umformbarkeit von Metallen und         („Lösungsglühung“) und anschließend durch eine
Legierungen ist von entscheidender Bedeutung für die        (moderate) Wärmebehandlung feine „nanoskalige“
Fertigung komplexer Bauteile, insbesondere – aber           Ausscheidungen zu erzeugen (Zustand „T6“), nach der
nicht nur – für die Massenproduktion in der Automobil-      Bauteil-Umformung im zuvor weichen Zustand (Zustand
industrie. In der Vergangenheit lag der Schwerpunkt         „T4“). Dieser aushärtende Effekt ist allgemein für Al-Mg-Si
auf der Verbesserung der Kaltumformung, wie z. B. dem       (6xxx )-Legierungen für Kraftfahrzeugbauteile (z. B.
Tiefziehen komplexer Teile in einer mehrstufigen Pressen-   Karosseriebleche) und insbesondere für hochfeste Al-Cu
straße in mehreren Umformschritten oder dem innova-         2xxx- und Al-Zn-Mg-Cu 7xxx-Legierungen für Flugzeug-
tiven Hydroforming, um vor allem komplizierte Hohl-         bauteile bekannt. Diese Legierungen härten jedoch
körper in einem Schritt herzustellen. Diese Technologien    bereits bei Raumtemperatur (einige sogar relativ
sind allerdings begrenzt, weitgehend ausgereizt und         schnell) aus, was ihre Kaltumformbarkeit und damit
erreichen nicht die gewünschten Umformgrade und             Anwendung in innovativen Leichtbaukonstruktionen
Toleranzen bei den neuen hochfesten Werkstoffen. Diese      drastisch einschränken kann.
sind jedoch notwendig, um noch leichtere Komponenten
herstellen zu können. So wurden neue hochfeste Stähle       Umformen von extrem leichten metallischen Bauteilen
mit martensitischer Umwandlung entwickelt, die eine         In der Automobilindustrie gibt es schon immer den Bedarf
sehr hohe Festigkeit (bis zu 2.000 MPa) erreichen können.   für Technologien zur Fertigung von Bauteilen aus hoch-
Deren Umformprozess beinhaltet das Abschrecken des          festen Metallen und Legierungen, speziell auch geeignet
Materials von hohen (austenitischen) Temperaturen           für die Massenproduktion, um die Spirale der Gewichts-
(weit über 950°C), die erfolgreich mit dem Warmum-          zunahme überwinden und leichtere Autos zu bauen,
formen und Abschrecken in einem Fertigungsschritt,          um Kraftstoff und damit CO2 einzusparen. Im Segment
dem so genannten „Presshärten“ kombiniert werden. Heut-     der Automobil-Oberklasse sind Teil- und Voll-Aluminium-
zutage ist dies ein gängiges Verfahren zur Massenpro-       lösungen bereits in erheblichem Umfang realisiert. Die
duktion von Teilen in leichteren Automobilen aus Stahl.     Klein- und Mittelklassewagensegmente werden jedoch
                                                            aufgrund der höheren Material- und Produktionskosten
Bei Aluminium ist zwar keine martensitische Umwandlung      nach wie vor überwiegend aus Stahl gefertigt.
möglich, dennoch werden auch hier bei Legierungen
hohe Festigkeiten mit bis zu ca. 700 MPa – z.B. für Luft-   Eine geeignete Lösung für innovative Leichtbaukonst-
und Raumfahrtanwendungen – durch den Prozess der            ruktionen ist die Verwendung von leichten Materialien
Auflösung und Ausbildung feinster Teilchen (sog. „Aus-      wie hochfeste Aluminiumlegierungen, welche auch die
härtung“) erreicht. Beide Materialgruppen erfordern         z.T. hohen Anforderungen erfüllen können. Die heute
spezielle thermomechanische Behandlungen und Techno-        angewandten innovativen Technologien der Warmum-
logien, die Hochtemperatur-Glühung und Abschreck-           formung hochfester Stähle (z.B. Presshärten) erfüllen
prozesse umfassen. Für die hochfesten Aluminium-            zwar einige, aber noch nicht all diese Anforderungen.
legierungen sind spezielle Wärmebehandlungs- und            Ein Aspekt ist die Minimierung der Wandstärke durch
Abschreckverfahren erforderlich, um die kritischen Le-      die Verwendung von hochfesten Metallen und Legie-
gierungselemente zunächst in feste Lösung zu bringen        rungen, beispielsweise einer 22MnB5 Stahl-Legierung.

18NMWP-Magazin
Leichtbau aus NRW

                                                             Im Rahmen des NRW-Leitmarktprojekts „Lightnesss.NRW“ wird der
                                                             Nachweis der Herstellung eines Aluminium-Federbeindomes in der
                                                             Massenfertigung erbracht.

                                                             Es wurde gezeigt, dass die HDF Heiß-Gasumformung in
                                                             der Lage ist Bauteile aus hochfester Aluminiumlegie-
                                                             rung mit hoher Umformtiefe und guter Oberflächen-
                                                             qualität zu fertigen. Mit einer weiteren HDF-Entwicklung
                                                             eines zusätzlichen, aktivem Materialnachschub ist die
                                                             zukunftsbestimmende umweltschonende Fertigung
                                                             extremer metallischer Bauteilgeometrien wie die des
                                                             Federbeindoms möglich.

                                                                                      „Lightness.NRW“ ist ein NRW
                                                                                      Leitmarkt-Projekt aus dem
Hier kann die Wandstärke um ca. 50% reduziert werden         Themenfeld „Neue Materialien“ und befasst sich mit
– und dementsprechend das Gewicht. Andere Leichtbau-         der Warmumformung von hochfesten Metalllegierun-
lösungen wie Kohlefaserverstärkte Kunststoffe KFVK           gen für den extremen Leichtbau unter Einbindung der
(CFRP) werden heute für extremen Leichtbau in Flug-          gesamten Wertschöpfungskette von der Materialher-
zeugen und bei einigen Hochklasse- und z.B. Elektro-         stellung und -verarbeitung bis hin zum Recycling.
Fahrzeugen eingesetzt. Deren Verwendung für die Massen-
produktion hat jedoch Nachteile in Kosten, Umweltbe-
lastung, Wartung und Recycling und sind daher weniger
erfolgreich, als ursprünglich erwartet wurde.                                                 Ansprechpartner:

Daraus folgt, dass rentabler Leichtbau nur aus hochfesten                                     Dr.-Ing.
Metallen (d.h. Stahl- oder Aluminium-legierungen) auf                                         Peter Amborn
wirtschaftliche Art und Weise erreicht werden kann. Aller-                                    HoDforming GmbH
dings ist dazu mit der HDF-Technologie eine bessere Um-
formtechnologie verfügbar, um extrem dünne und hoch-
feste Materialien (wie z.B. 22MnB5-Bleche in 0,5 mm)
mit hoher Umformtiefe zu formen, wie dies bei heutigen
Kaltumformprodukten mit herkömmlichen Tiefzieh-
stählen möglich ist. Die Herausforderung zur Umfor-
mung von hochfesten Metall-Legierungen zur Fertigung
extrem leichter Bauteile umfasst zusätzliche Anforde-          Können Sie den QR-Code nicht lesen?
rungen, um für die Massenproduktion geeignet zu sein.          Treten Sie mit mir unter www.portal.nmwp.de in Kontakt.

Die HDF-Technologie
Die innovative HDF = Hot Die Forming „HoDforming“
Technologie ist eine optimale Umformtechnologie, um           HoDforming GmbH
alle Metalle und insbesondere anspruchsvolle Legie-
rungen aus Aluminium, Magnesium und Stahl vielseitig          Tätigkeitsschwerpunkte
und fast beliebig umzuformen. Alle Vorteile der erwei-        •   Forschung, Entwicklung, Design (R&D) im
terten Umformbarkeit können für extreme Leichtbau-                extremen metallischen Leichtbau
Konstruktionen umgesetzt werden. Die innovative               •   Kleinserien
Technologie ist in der Lage, extrem leichte Produkte auf      •   Machbarkeitsnachweise, Prototyping
effiziente Art zu realisieren, wie sie z.B. in der Automo-
bilindustrie relevant sind und das von der Antriebsart        Branchen- und Technologiefelder 
des Fahrzeugs völlig unabhängig, wie die Fertigung            •   Automotive, Luft- und Raumfahrt, Design, Interieur,
komplexer Geometrien in Kombination mit hochfesten                Motor-/Fahrrad usw.
Legierungen und neue Möglichkeiten zur Optimierung            •   Alle Metalle. Sinnvoll sind Metalllegierungen mit einem
der Crashtauglichkeit der Produkte.                               Schmelzpunkt oberhalb von 350 °C

Die Zykluszeit für die wichtigsten Automobilpro-              Wichtigste Regionen für die eigene Wertschöpfung
dukte beträgt weniger als 10 Sekunden für die Blech-          (Entwicklung/Produktion/Märkte)
umformung und weniger als 30 Sekunden für Hohlkörper.         •   NRW
Umformverhältnisse bis zu 200%, kleine Radien sowie           •   Deutschland
scharfe Kanten und Klasse A Oberfläche sind realisier-        •   Europa
bar. Die aktive Materialzuführung in die Kavität erlaubt
die Fertigung von „tailored blanks or tubes“ in einem                                            www.HoDforming.com
einfachen Prozess.

Heft 02.2020                                                                                                                 19
Sie können auch lesen