Hochschulzukunftsprogramm Rheinland-Pfalz - Potenziale Herausforderungen Chancen - rlp.de

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Hochschulzukunftsprogramm
Rheinland-Pfalz

 Potenziale • Herausforderungen • Chancen

 Empfehlungen
1

      Vorwort                                                                                      2

1.    Hochschulen als zentrale Akteure in Wissenschaft und Gesellschaft                            4

2.    Potenziale und Herausforderungen                                                             6

2.1   Hochschulsystem Rheinland-Pfalz                                                               7
2.2   Studium und Lehre                                                                            12
2.3   Forschung, wissenschaftlicher Nachwuchs, Innovation und Transfer                             16
2.4   Governance und Finanzierung                                                                  20
2.5   Internationalisierung                                                                        22
2.6   Digitalisierung                                                                              22
2.7   Gleichstellung                                                                               24
2.8   Fazit: Potenziale für Rheinland-Pfalz                                                        25

3.    Handlungsfelder                                                                          26

3.1   Studium und Lehre                                                                            26
      3.1.1 — Attraktive Lehrprofile bilden und regionale Bedarfe berücksichtigen                  27
      3.1.2 — Durchlässigkeit erhöhen und Studienformate flexibilisieren                           29
      3.1.3 — Qualität als Wettbewerbsvorteil weiterentwickeln                                     31
      3.1.4 — Lehrerbildung gemeinsam und evidenzbasiert auf hohem Niveau weiterentwickeln         32

3.2   Forschung, wissenschaftlicher Nachwuchs, Innovation und Transfer                             33
      3.2.1 — Weitere Forschungspotenziale an Universitäten heben                                  34
      3.2.2 — Strategische Forschungsförderung ausbauen                                            36
      3.2.3 — Angewandte Forschung und Transfer an Fachhochschulen fördern                         37
      3.2.4 — Nachwuchs unter Beteiligung der Fachhochschulen qualifizieren                        38
      3.2.5 — Wissenschaftlichen Nachwuchs an Universitäten systematisch in den Blick nehmen       39

3.3
  Governance und Finanzierung                                                                      40
  3.3.1 — Gemeinsame Zielvereinbarungen von Land und Hochschulen
		        zur Hochschulentwicklung abschließen                                                     41
  3.3.2 — Selbststeuerungsfähigkeit erhöhen                                                        41
  3.3.3 — Hochschulfinanzierung weiterentwickeln                                                   43
  3.3.4 — Dialog über den Hochschulbau führen                                                      45

3.4   Verbünde und Hochschulregionen als Chance                                                    45

4.    Executive Summary: Empfehlungen zur kooperativen Weiterentwicklung
      des Wissenschaftsstandortes Rheinland-Pfalz                                              50

      Anhang                                                                                   54
2                                                                                                           vo rwo rt

                                             Vorwort
Das rheinland-pfälzische Ministerium für Wissenschaft,         zu einzelnen Hochschulen, hinsichtlich derer die
Weiterbildung und Kultur (MWWK) hat im April 2017 eine         Kommission signifikante Potenziale erkennt, die noch
Expertenkommission ins Leben gerufen und sie beauf-            nicht ausgeschöpft werden.
tragt, eine Gesamtbetrachtung des Hochschulsystems
in Rheinland-Pfalz vorzunehmen und Empfehlungen                Die Expertenkommission nahm ihre Arbeit am 24. April
zu seiner Weiterentwicklung zu formulieren. Die Be-            2017 auf und tagte insgesamt sieben Mal. Um ihren
trachtung soll die Grundlage für das Hochschulzukunfts­        Auftrag angemessen bewältigen zu können, wurden
programm bilden, welches das Land und die staatlichen          vier Arbeitsgruppen gebildet:
Hochschulen1 in einem dialogorientierten Prozess
entwickeln werden. Dabei sollen Ziele, Leitlinien und          1. Studium und Lehre, Lehrerbildung, Diversity
Entwicklungsperspektiven für das Hochschulsystem               2. Forschung und Entwicklung, Nachwuchs­förderung
definiert werden, die ihren Niederschlag in länger­fristigen   3. Internationalisierung, Innovation in der Region,
Vereinbarungen zwischen dem Land und den Hoch-                    Kooperationen, Transfer
schulen finden. Das Hochschulzukunftsprogramm zielt            4. Governance, Kommunikationsstrategien, Hochschul-
darauf ab, neue Dynamiken für das Wissenschaftsland               landkarte Rheinland-Pfalz, Campus Management
Rheinland-Pfalz zu entfalten, die internationale Leistungs-
und Wettbewerbsfähigkeit des Hochschul­systems weiter          Als zentrale Datenbasis fungierten schriftliche Selbstbe-
zu erhöhen und die Attraktivität von Rheinland-Pfalz als       richte der elf Hochschulen und des MWWK sowie eigens
Studienort und Wissenschafts­standort zu steigern.             für die Kommission bereitgestellte Informationen, die
                                                               wesentliche Daten zu den Rahmenbedingungen und zur
Der Kommission gehörten 15 Expertinnen und Exper-              Struktur des rheinland-pfälzischen Hochschulsystems
ten2 aus unterschiedlichen Bereichen des Hochschul-            zusammenfassen. Vertieft und reflektiert wurden diese
und Wissenschaftssystems an. Kommissionsmitglieder             Informationen in einer Reihe von Gesprächen mit den
waren oder sind u. a. tätig für die Hochschulrektoren­         Hochschulleitungen aller elf rheinland-pfälzischen
konferenz, die Deutsche Forschungsgemeinschaft                 Hochschulen, mit Vertreterinnen und Vertretern der
(DFG), die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz des               Spiegelarbeitsgruppen der rheinland-pfälzischen Landes­-
Bundes und der Länder (GWK) sowie für außeruniver-             hochschulpräsidentenkonferenz, mit dem Wissen-
sitäre Forschungseinrichtungen. Den Kommissions-               schaftsminister Professor Dr. Konrad Wolf und Mitarbei-
vorsitz übernahm Herr Professor Dr. Holger Burckhart,          terinnen und Mitarbeitern des MWWK. Im Rahmen von
Rektor der Universität Siegen und Vizepräsident für            Vor-Ort-Besuchen aller elf Hochschulen fanden jeweils
Lehre und Studium, Lehrerbildung und Lebenslanges              Gespräche mit der Präsidentin bzw. den Präsidenten, den
Lernen der Hochschulrektorenkonferenz und Vorstand             Senatorinnen und Senatoren sowie den Dekaninnen und
der europäischen Rektorenkonferenz (EUA). Die Ex-              Dekanen statt.
pertenkommission wurde von einer Geschäftsstelle
unterstützt.                                                   Auch mit zentralen Interessensvertretungen aus wich-
                                                               tigen Gesellschaftsbereichen wurde ein Dialog geführt.
                                                               Hierzu zählen Vertreterinnen und Vertreter der Landes­
Betrachtete Institutionen, Datengrundlage                      AStenKonferenz, der Landeskonferenz der Hochschul-
und Vorgehensweise                                             frauen in Rheinland-Pfalz, der Hochschulräte und
                                                               Hochschulkuratorien sowie des Hauptpersonalrates
Die Beratungen der Expertenkommission konzentrieren            für das MWWK. In den Dialog eingebracht haben sich
sich auf Empfehlungen zur strategischen Ausrichtung            dankenswerterweise überdies Vertreterinnen und Ver-
und zur Weiterentwicklung des vom Land verantworteten          treter der rheinland-pfälzischen Industrie- und Handels-
staatlichen Hochschulsystems in seiner Gesamtheit.3            kammern, der rheinland-pfälzischen Handwerkskam-
Analyse und Bewertung der einzelnen Hochschulen                mern und der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz,
wurde nur insofern vorgenommen, als daraus Rück-               der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz-Saarland der
schlüsse für das Gesamtsystem gezogen werden konnten.          Bundesagentur für Arbeit, der Landesvereinigung
Überdies finden sich im Empfehlungsteil Aussagen               Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz, des Landes-
vo rwo rt                                                                                                      3

verbandes der Freien Berufe Rheinland-Pfalz e. V., des      Merkmale und Potenziale sowie der zentralen Heraus-
Landes­verbandes Einzelhandel Rheinland-Pfalz e. V.,        forderungen. Kapitel 3 als Herzstück dieses Empfeh-
des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes               lungsberichts benennt relevante Handlungsfelder und
Rheinland-Pfalz, des Deutschen Gewerkschaftsbundes          Empfehlungen für die Weiterentwicklung des Systems,
Rheinland-Pfalz/Saarland und der Gewerkschaften             die in Kapitel 4 noch einmal zusammenfassend darge-
IG BCE Landesbezirk Rheinland-Pfalz/Saarland,               stellt werden. Zudem identifiziert die Kommission mit
IG Metall Bezirk Mitte, ver.di Landesbezirk Rheinland-      den Themen Internationalisierung, Digitalisierung und
Pfalz-Saarland sowie der GEW Rheinland-Pfalz.               Gleichstellung drei Querschnittsaufgaben, die in allen
                                                            Handlungsfeldern konsequent mitgedacht werden
Alle Gespräche und Besuche zeichneten sich durch ein        müssen. Die hierbei identifizierten Potenziale und
großes Interesse der beteiligten Personen, die Bereit-      Herausforderungen sowie ausgewählte Empfehlungen
schaft zur Mitwirkung sowie eine durchweg offene, sach-     für diese Querschnittsthemen werden in den Kapiteln
bezogene und konstruktive Atmosphäre aus, die in ganz       2.5 bis 2.7 beschrieben.
wesentlichem Maße zu einer substantiellen Einschätzung
der aktuellen Verfasstheit des Hochschulsystems in
Rheinland-Pfalz und entsprechenden Formulierungen
von Empfehlungen geführt haben. Die Kommission
würdigt dies ausdrücklich und dankt allen Beteiligten für
ihre Kooperationsbereitschaft und ihren zum Ausdruck
gebrachten hohen Gestaltungswillen, für die mit den
Gesprächen verbundenen inhaltlichen Vorbereitungen
sowie den durchweg freundlichen Empfang an den
einzelnen Hochschulstandorten. In diesem Zusammen-
hang dankt die Kommission auch für die schriftlichen
Statements, die seitens einiger Senate im Nachgang zu
den Hochschulbesuchen formuliert wurden sowie für
die weiteren schriftlichen Einlassungen, die seitens
verschiedener Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmer
in den Prozess gegeben wurden. Ein besonderer Dank
richtet sich zudem an die rheinland-pfälzische Landes-
hochschulpräsidentenkonferenz und an diejenigen
Personen, die eigens anlässlich der Arbeit der Experten­
kommission vier Spiegel­arbeitsgruppen ins Leben
gerufen und ebenfalls entsprechende Ergebnis­papiere
erarbeitet haben. Alle verfassten Materialien und
Einschätzungen haben Eingang in die Beratungen der
Expertenkommission gefunden. Eine Übersicht zu den
stattgefundenen Gesprächen findet sich im Anhang.

Aufbau des Berichts

In Kapitel 1 wird zunächst auf die gesamtgesellschaft­
liche Bedeutung der Hochschulen sowie auf die Heraus-
forderungen eingegangen, denen sich das Wissenschafts-
und Hochschulsystem aktuell zu stellen hat. Kapitel 2
umfasst eine Analyse der für das rheinland-pfälzische
Wissenschaftssystem besonders herauszustellenden
4                                                                        HOCHSCHULEN ALS ZENTRALE AKTEURE

                      1.
           Hochschulen als zentrale
           Akteure in Wissenschaft
              und Gesellschaft
Wissenschaft bewegt sich stets an der Grenze zwischen        Regionen ohne Wissenschaft verlieren den Anschluss
Tradition, Gegenwart und Zukunft – so sind Analyse           an globale Entwicklungen und sind nicht nur in ihrer
und Reflexion ebenso wichtig wie Vision und Innovation.      wirtschaftlichen und kulturellen Dynamik benachteiligt,
Nicht erst mit der Globalisierung und Digitalisierung        sondern auch in Bezug auf ihre Bevölkerungsentwick-
zeigt sich die enorme Bedeutung wissenschaftlich             lung. Dabei ist aktuell der demografische Wandel – und
fundierten Wissens als Basis für kritische Beobachtung       die mit ihm verbundenen Migrationen auch hin zu den
wie innovative Impulse.                                      Metropolregionen – eine bedeutende Herausforderung.
                                                             Er konfrontiert auch Deutschland mit einer Vielzahl von
Wissenschaft ist Motor für Bildung, Gesundheit, Kultur       Veränderungen und weist dem Bildungssystem weit-
und Wirtschaft. Die Hochschulen sind die zentralen Ak-       reichende, auch gesellschaftsstrukturierende Aufgaben
teure einer wissensgetriebenen Gesellschaft, sie sind Orte   zu.5 Einen wichtigen Beitrag zum Erhalt unseres Wohl-
des Entwickelns, Innovierens, Erprobens von Wissen,          stands liefern exzellent ausgebildete Fachkräfte, die
sie sind mitverantwortlich für Kultur, Demokratie und        zunehmend auf höhere Anforderungsprofile von Seiten
sozialen Wohlstand als sie junge Persönlichkeiten mit        potenzieller Arbeitgeber treffen. Auch Rheinland-Pfalz
hohem Fachwissen für die Gesellschaft der Zukunft aus-       droht mittelfristig ein Mangel dieser Fachkräfte.6 Dies
bilden und eben dadurch diese Zukunft wesentlich mit-        hat nicht nur zur Folge, dass vorhandene und künftige
bestimmen. Nicht erst seit der Globalisierung, sondern       Stellen nicht besetzt werden können, sondern auch, dass
schon immer waren Hochschulen ein entscheidender             Innovationspotenziale durch Gründungen und selbst-
Träger von Internationalität in regionalen Kontexten.        ständige Tätigkeiten verloren zu gehen drohen. Einer
                                                             Abwanderung von qualifizierten Menschen ist daher in
Grundsätzlich übernehmen Hochschulen in allen                jedem Fall entgegenzuwirken.
Regionen vielfältig Verantwortung.4 Sie sind Garant für
eine qualitativ hochwertige Ausbildung – regional wie        Innovationspotenziale sind heute – neben der Globali-
international – und generieren durch Forschung               sierung und damit internationaler Anschlussfähigkeit –
Erkenntnisgewinne, die sowohl regional relevant sind als     eng mit der Digitalisierung verbunden. Im Zuge der
auch internationalen Standards genügen. Hochschulen          Digitalisierung verändern sich derzeit Wirtschaft,
legen die Grundlagen für anwendungsnahe Produkt-             Arbeitswelt und Gesellschaft mit einer extrem hohen
entwicklung und Innovation und stimulieren damit auch        Dynamik. Kaum ein Wirtschaftssektor wird vom Wandel
die regionale Wirtschaft. Nicht zuletzt sind sie häufig      unberührt bleiben.7 Die auf dem Arbeitsmarkt nachge-
bedeutende Arbeitgeber und beeinflussen aktiv die Ent-       fragten Qualifikationen und erforderlichen Kompetenz-
wicklung von Städten und Regionen. Die Differenzierung       profile werden sich verändern und es werden neue Berufe
des Hochschulsystems trägt der Vielfalt dieser Aufgaben      und Kompetenzprofile entstehen. Dies bietet einerseits
gerade in Deutschland hervorragend Rechnung, zumal           große Chancen für Innovation, es stellt Deutschland und
sich die Hochschulen auch der beruflichen Bildung als        seine Regionen aber auch vor große und je spezifische
Kooperationspartner stets offen gegenüber zeigen. Sie        Herausforderungen, wie z. B. Anpassungen in der Wirt-
unterstützen damit das duale (Aus-)Bildungssystem,           schaftsstruktur, am Arbeitsmarkt und im Bildungs- und
eine deutsche Kernmarke, welche einer Vielzahl junger        Hochschulsystem. Die Politik ist herausgefordert, die
Menschen eine Ausbildung nach seinen oder ihren              dafür notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Talenten ermöglicht.                                         Die Hochschulen stehen vor der Aufgabe, ihre Studieren-
Hochschulen als zentrale Akteure                               5

den dazu zu befähigen, neben grundständigem Wissen
um das Phänomen Digitalisierung in all seinen Facetten,
eine aktive Rolle in digitalisierten, sich stetig verändern-
den Arbeitswelten einzunehmen und die Gesellschaft
verantwortlich mitzugestalten. Zudem können die Hoch-
schulen einen wesentlichen Beitrag zur Untersuchung
der anstehenden Probleme, zur Lösung der Anpassungs-
probleme und zur Nutzung der sich neu eröffnenden
Chancen leisten.

Will Rheinland-Pfalz auch in Zukunft nicht den Anschluss
an die dynamischen Veränderungen verlieren, welche
die Globalisierung und Digitalisierung ebenso mit sich
bringen wie die demografischen Entwicklungen, gilt
es einige Grundsatzentscheidungen in Bezug auf die
Wissenschaftsregion Rheinland-Pfalz zu fällen, hierbei
bewährte Projekte zukunftssicher und nachhaltig zu
gestalten, zu Innovationen zu ermuntern und damit
die Konkurrenzfähigkeit des Landes insgesamt zu unter-
stützen. Das Land hat diesen Prozess eingeleitet und
will ihn im Dialog mit seinen Hochschulen als Hoch-
schulzukunftsprogramm entwickeln.
6                                                                       P OTENZIALE UND HERAUSFORDERUNGEN

                             2.
                       Potenziale und
                     Herausforderungen

Rheinland-Pfalz steht in den kommenden Jahren vor            Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz kann sich
der Herausforderung, in allen seinen Regionen weiter-        zu den Top 15 der großen medizinführenden Hochschu-
hin attraktive Lebensbedingungen für seine Bevölke-          len bundesweit zählen und die Technische Universität
rung zu schaffen. Gemessen an seiner Einwohnerzahl           Kaiserslautern findet zunehmend Anschluss an die Gruppe
ist Rheinland-Pfalz das siebtgrößte Bundesland und           der führenden technischen Universitäten ihrer Größe.
gehört als Flächenland zu den dichter besiedelten
Bundesländern.8 Die meisten seiner Einwohnerinnen            Auch die um die Jahrtausendwende vorgenommene
und Einwohner leben allerdings in den ländlichen bzw.        Reorganisation der Fachhochschule Rheinland-Pfalz
nicht-urbanen Gebieten in Hunsrück, Pfalz, Westerwald        in sieben eigenständige Hochschulen ist als weitere
und Eifel; nur jede sechste Einwohnerin bzw. jeder           wichtige strukturelle Veränderung zu betrachten. Die
sechste Einwohner lebt in einer der Großstädte, vor          Fachhochschulen haben ihre Freiheitsgrade in den
allem entlang des Rheins in Mainz und Ludwigshafen.          vergangenen Jahren u. a. genutzt, um sich durch ihre
Zudem ist Rheinland-Pfalz in erster Linie ein von            Studienangebote mit hoher beruflicher Relevanz und
klein- und mittelständischen Unternehmen geprägtes           den praktischen Bezug ihrer fachhochschultypischen
Bundesland, die abseits der größeren Metropolen ihren        Forschungs- und Transferaktivitäten zu Innovations-
Sitz haben.                                                  motoren und Vernetzungsinstanzen insbesondere in
                                                             ihrem regionalen Umfeld zu etablieren. Mit teilweise
Die Landesregierung Rheinland-Pfalz und die Hoch-            mehreren Standorten übernehmen sie eine besondere
schulen des Landes haben in den vergangenen Jahren           Rolle für die regionale Weiterentwicklung gerade auch in
bereits eine Vielzahl von Weichenstellungen vorge-           wirtschaftsschwachen Gebieten. Mit ihrer Innovations-
nommen, um diese Herausforderungen erfolgreich               strategie hat die Landesregierung schließlich Potenzial-
zu bewältigen: Als eines der ersten Bundesländer hat         bereiche, Handlungsfelder und Maßnahmen identifi-
Rheinland-Pfalz seine Hochschulen bereits 1996 für           ziert, um im Zusammenspiel zwischen Wissenschaft
beruflich Qualifizierte geöffnet und seitdem das Prinzip     und Wirtschaft die künftige Wettbewerbsfähigkeit ihrer
der Durchlässigkeit zwischen akademischer und                Regionen zu stärken.
beruflicher Bildung, auch im Sinne lebensbegleitenden
Lernens konsequent weiterentwickelt. Um eine hohe            Mit ihren Empfehlungen setzt die Kommission bei den
Qualität von Studium und Lehre sicherzustellen und die       genannten sowie weiteren Potenzialen des rheinland-
Steuerungsfähigkeit der Hochschulen zu stärken, hat das      pfälzischen Hochschulsystems an, die im folgenden
Land die Einführung von hochschulweiten Qualitäts-           Kapitel näher beschrieben werden und benennt Um-
sicherungssystemen in Form der Systemakkreditierung          stände, die aus ihrer Sicht eine optimale Nutzung dieser
gefördert. 2008 startete das Land die Forschungs-            Chancen bislang behindern.
initiative Rheinland-Pfalz und löste damit eine Dynamik
aus, die u. a. die Beteiligung an der Exzellenzinitiative,
die Entstehung zahlreicher Sonderforschungsbereiche
und die Herausbildung von Forschungsprofilen unter-
stützte.
P otenziale und Herausforderungen                                                                                  7

2.1 Hochschulsystem                                             national forschungsstarke Universität mit Forschungs-
    Rheinland-Pfalz 9                                           schwerpunkten insbesondere in der Teilchen- und
                                                                Hadronenphysik, den Materialwissenschaften und der
Das rheinland-pfälzische Hochschul- und Wissenschafts-          Translationalen Medizin sowie u. a. in den Historischen
system setzt sich zusammen aus vier Universitäten,              Kulturwissenschaften und im Medienbereich. Ihr ist es
sieben Fachhochschulen, neun weiteren Hochschulen               gelungen, in den letzten Jahren drei international her-
zum Teil in freier Trägerschaft sowie 28 außeruniversi­         ausragende Wissenschaftler auf renommierte Alexander
tären Forschungseinrichtungen, davon etwa die Hälfte            von Humboldt-Professuren zu berufen. Seit 2012 konnte
in Förderung durch Bund und Land. Hinzu kommt die               die Universität neun neue DFG-Sonderforschungs­
ebenfalls in Rheinland-Pfalz verortete, von Bund und            bereiche und drei DFG-Graduiertenkollegs als Sprecher­
Ländern getragene Deutsche Universität für Verwaltungs­-        universität bzw. Mitantragstellerin hinzugewinnen. Auch
wissenschaften Speyer. Es fällt auf, dass sich insbeson-        bei den hochrangigen Förderungen des Europäischen
dere die Universitäten in ihren Profilen deutlich unter­        Forschungsrats ist sie erfolgreich, wie aktuell zwölf
scheiden. Innerhalb von Rheinland-Pfalz lassen sich             ERC-Grants belegen. Im Rahmen der Exzellenzinitiative
die elf staatlichen Universitäten und Fachhochschulen           von Bund und Ländern werden ein Exzellenzcluster im
vier Regionen zuordnen:                                         Bereich der fundamentalen Wechselwirkungen und der
                                                                Struktur der Materie (PRISMA) und eine gemeinsam mit
                                                                der Technischen Universität Kaiserslautern betriebene
Region Rheinhessen                                              Exzellenz-Graduiertenschule im Bereich der Materialfor-
                                                                schung „MAterials Science IN MainZ“ (MAINZ) gefördert;
In der Region Rheinhessen sind die Johannes Gutenberg-          im Rahmen der Exzellenzstrategie von Bund und Ländern
Universität Mainz, die Hochschule Mainz, die Technische         hat die Universität aktuell den Vollantrag für das
Hochschule Bingen sowie die Hochschule Worms ver­ortet.         Exzellenzcluster PRISMA+ gestellt. Enge Kooperationen
In Mainz sind daneben zahlreiche außer­universitäre For-        bestehen mit außeruniversitären Forschungseinrichtun-
schungseinrichtungen angesiedelt, u. a. die Max-Planck-         gen mit hohem internationalen Renommee, wie bspw. den
Gesellschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helm-            Max Planck-Instituten für Chemie und Polymer­forschung
holtz-Gemeinschaft und die Leibniz-Gemeinschaft.                sowie dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum
                                                                als einem von bundesweit acht Forschungsmuseen der
Mit rund 32.600 Studierenden (WS 2016/2017) gehört die          Leibniz-Gemeinschaft. Mit dem Helmholtz-Institut
Johannes Gutenberg-Universität Mainz zu den größ-               „Translationale Onkologie“ an der Universitätsmedizin
ten Hochschulen bundesweit. Sie ist Mitglied im Hoch-           entsteht gegenwärtig die zweite enge Kooperation der
schulverbund U15, dem sich 15 traditionsreiche, medizin­        Helmholtz-Gemeinschaft mit der Johannes Gutenberg-
führende und forschungsstarke Universitäten mit                 Universität Mainz. Bereits im Jahr 2009 wurde das
umfassendem Fächerspektrum zusammengeschlossen                  „Helmholtz-Institut Mainz“ als bundesweit erstes seiner
haben. Als größte Ausbildungsstätte in Rheinland-Pfalz          Art gegründet.
– etwa ein Viertel der Studierenden in Rheinland-Pfalz
ist hier eingeschrieben – ist sie die einzige Volluniversität   Die Hochschule Mainz zählt mit rund 5.400 Studieren-
des Landes mit Studienangeboten in nahezu allen akade-          den (WS 2016/2017) zu den mittelgroßen Fachhochschulen
mischen Disziplinen, mit Ausnahme der ingenieurwis-             in Rheinland-Pfalz. Sie bietet stark interdisziplinär
senschaftlich-technischen Fächer und der Tier­medizin.          angelegte Studiengänge an, die in drei Fachbereichen
Der Hauptcampus befindet sich ebenso wie der Medizin­           Gestaltung, Technik und Wirtschaft organisiert sind und
campus innerstädtisch, hinzu kommt der 130 km von               je nach gewählter Studienform unterschiedliche Grade
Mainz entfernte Standort in Germersheim, einer der              der Verzahnung mit der Praxis ermöglichen. „Informa-
größten Ausbildungsstätten für Dolmetschen und                  tionstechnik und Kommunikation“ und „Material und
Übersetzen. Eine bundesweite Besonderheit der Univer-           Werkstoffe in Architektur, Bauingenieurwesen und
sität Mainz stellt die Integration einer Musik- und             Gestaltung“ sind wichtige Schwerpunktbereiche in der
einer Kunsthochschule dar. Die Johannes Gutenberg-              Forschung. Kooperationsbeziehungen mit der benach-
Universität Mainz versteht sich als national wie inter-         barten Johannes Gutenberg-Universität Mainz existieren
8                                                                        P otenziale und Herausforderungen

teils projektbezogen, teils in institutionalisierter Form.    Kaiserslautern, Pirmasens und Zweibrücken. In der
Die Hochschule Mainz hat die Geschäftsführung des             Süd- und Vorderpfalz finden sich der Campus Landau
Mainzer Zentrums für Digitalität in den Geistes- und          der Universität Koblenz-Landau, der zur Johannes
Kulturwissenschaften übernommen, einem Netzwerk               Gutenberg-Universität Mainz zugehörige Standort
zur Bündelung der digitalen Kompetenzen an den beiden         Germersheim sowie die Hochschule Ludwigshafen.
Hochschulen in Mainz sowie weiteren außeruniversitären
Einrichtungen am Wissenschaftsstandort Mainz.                 Die Technische Universität Kaiserslautern ist die
                                                              einzige technisch-ingenieurwissenschaftlich ausgerich-
Mit rund 2.600 Studierenden (WS 2016/2017) ist die            tete Universität in Rheinland-Pfalz. Insgesamt 14.400
Technische Hochschule Bingen die kleinste der                 Studierende waren im Wintersemester 2016/2017 ein-
rheinland-pfälzischen Hochschulen. Ihr technisches            geschrieben; darunter rund 4.000 Fernstudierende des
Profil bildet sich in den zwei Fachbereichen „Life Sciences   Distance and Independent Studies Center, welches die
and Engineering“ sowie „Technik, Informatik und               Technische Universität bundesweit zu einem der größten
Wirtschaft“ ab. Es werden derzeit ca. 30 Studien­gänge im     Anbieter von Fernstudiengängen macht. Neben Studien­
Bereich der Ingenieur- und Naturwissen­schaften angebo-       gängen in den Ingenieur- und Naturwissenschaften so-
ten, die je nach Studiengang zum Teil auch ausbildungs-       wie der Informatik und Mathematik bietet die Universität
bzw. berufsintegrierend angelegt sind oder eine vertiefte     seit einigen Jahren auch sozial- und wirtschaftswissen-
Praxisphase vorsehen. Die fachlichen Schwerpunkte             schaftliche Studiengänge an. Die Technische Universität
in der angewandten Forschung lassen sich unter den            Kaiserslautern hat vor allem in den vergangenen Jahren
Themen Energie und Mobilität, Agrar­wissenschaften            bedeutsam an Forschungsstärke gewonnen; hierfür
und Umwelt sowie Informatik zusammenfassen.                   sprechen u. a. die wachsende Zahl an Sonderforschungs-
                                                              bereichen und ERC-Grants. Sie sind das Ergebnis einer
Die Hochschule Worms gehört mit etwa 3.600 Studie-            Forschungsstrategie, die insbesondere auf die Ver-
renden (WS 2016/2017) ebenfalls zu den kleinen Fach-          netzung der Ingenieur- mit den Naturwissenschaften
hochschulen des Landes. Sie zeichnet sich mit ihren           abstellt; mit Forschungszentren und -schwerpunkten
Studiengängen in den drei Fachbereichen Informatik,           u. a. in der mathematischen Modellierung für die Natur-
Touristik / Verkehrswesen und Wirtschaftswissenschaf-         und Ingenieurwissenschaften, im Bereich der Optik und
ten durch eine hohe berufliche Relevanz aus. Zahlreiche       Materialwissenschaften sowie der Nutzfahrzeugtechno-
Studienangebote sind als duale Studienangebote mit            logie. Die Technische Universität Kaiserslautern verfügt
Kooperationspartnern aus der Wirtschaft studierbar.           an ihrem Standort über ein leistungsfähiges Umfeld
Bemerkenswert ist der hohe Anteil ausländischer               außeruniversitärer Forschungseinrichtungen, mit denen
Studierender an der Hochschule Worms mit rund 20 %.           in vielen Bereichen thematische Anknüpfungspunkte
Auch der Anteil der Studierenden, die während des             bestehen und die für eine Vielzahl gemeinsamer Koope-
Studiums für ein Studium oder Praktikum ins Ausland           rationen genutzt werden. Der intensive Austausch der
gehen, fällt – gemessen an der Größe der Hochschule –         Fraunhofer-Institute in Kaiserslautern mit den beiden
vergleichsweise hoch aus. Zudem verfügt sie über eine         Hochschulen und die gute Kooperation mit der Wirt-
eigene Beratungsstelle „E-Learning und Mediendidaktik“.       schaft ist seit Januar 2016 in einem Leistungszentrum
Geographisch liegt die Hochschule im südlichen Teil           institutionalisiert. Seine Bezeichnung „Simulations- und
Rheinhessens mit einer räumlichen Nähe zu den Regionen        Software-basierte Innovation“ dokumentiert wissen-
Rhein-Neckar und der Pfalz.                                   schaftliche Stärken, die der Standort Kaiserslautern in
                                                              den vergangenen beiden Jahrzehnten herausgebildet
                                                              hat. Gemeinsam mit der Johannes Gutenberg-Universität
Region Pfalz                                                  Mainz betreibt die Technische Universität Kaiserslautern
                                                              die im Rahmen der Exzellenzinitiative geförderte
In der Region Pfalz sind ebenfalls mehrere Hochschulen        Graduiertenschule MAINZ.
beheimatet. Hierzu gehören die in der Westpfalz gelegene
Technische Universität Kaiserslautern und die Hoch-           Die Hochschule Kaiserslautern bildet derzeit etwa
schule Kaiserslautern mit ihren Standorten in                 6.100 Studierende (WS 2016/2017) an den drei Standorten
P otenziale und Herausforderungen                                                                               9

Kaiserslautern, Pirmasens und Zweibrücken aus. Von der     bildungsstätten im Lehramtsbereich. Gemäß ihrem
Tradition der Ingenieursausbildung kommend, hat die        Leitbild ist die Universität insbesondere in der Bildungs-
Hochschule ihren fachlichen Fokus auf die Bereiche         forschung, der Erforschung menschlicher Kultur und
Technik, Wirtschaft, Gestaltung und Gesundheit sowie       Gesellschaft sowie in einer breit angelegten Umwelt­
die Informatik als Querschnittsthema ausgebaut. Alle       forschung aktiv. Der Standort Landau beheimatet neben
der etwa 50 Studiengänge werden auch als duales            der Bildungsforschung als besonderes Profil die Psycho­
Studienmodell (sog. KOSMO-Modell) angeboten. Ihre          logie und die Erziehungswissenschaften. Die empirische
Forschungsschwerpunkte hat die Hochschule u. a. in         Bildungsforschung besitzt eine lange Tradition, die
verschiedenen technischen Bereichen sowie bei nach-        sich etwa im Zentrum für empirische pädagogische
haltigen Produkten und Dienstleistungen. Mit der           Forschung zeigt sowie eine ausgeprägte systematische
Technischen Universität Kaiserslautern unterhält die       Nähe zu Schulen, die u. a. in Campus-Schule-Netzwerken
Hochschule Kaiserslautern im Bereich des Wissens- und      gepflegt wird. Forschungsschwerpunkte der Erziehungs-
Technologietransfers eine enge Zusammenarbeit, bspw.       wissenschaften liegen u. a. in den Bereichen „Erziehung
über das Kooperationsprojekt „Offene Digitalisierungs-     und Bildung unter Bedingungen der Heterogenität“,
allianz für die Pfalz“. Herauszustellen ist zudem der      „Bildungsprozesse im Kontext von Organisationen“
erfolgreiche gemeinsame Verbundantrag im Rahmen der        sowie „Normativität in Wissenschaft und Lebenswelt“.
Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“.

Die Hochschule Ludwigshafen gehört mit rund 4.300          Region Koblenz
Studierenden (WS 2016/2017) zu den kleineren Fachhoch­-
schulen des Landes. Bis 1991 bildete sie mit der Fach-     Im Norden von Rheinland-Pfalz befinden sich der
hochschule Worms eine gemeinsame Abteilung, 2008           Hochschulstandort Koblenz der Universität Koblenz-
fusionierte die Hochschule Ludwigshafen mit der            Landau sowie die Hochschule Koblenz mit Standorten
Evangelischen Fachhochschule Ludwigshafen. Seitdem         in Koblenz, Remagen und Höhr-Grenzhausen.
weist die Hochschule Schwerpunkte in den Bereichen
Betriebswirtschaftslehre sowie Sozial- und Gesundheits-    Das Profil des Standorts Koblenz der Universität
wesen auf. Mit dem dualen Bachelorstudiengang Hebam-       Koblenz-Landau zeichnet sich neben der Lehramts-
menwesen weist sie zudem eine regionale Besonderheit       ausbildung insbesondere durch die forschungsstarke
auf. Darüber hinaus unterhält die Hochschule ein Regio-    Informatik und die Mathematik aus. Daneben profiliert
nalbüro der Initiative „Arbeiterkind.de“, um Studierende   sich u. a. das Zentrum für Lehrerbildung durch vielfältige
aus nicht-akademischen Elternhäusern für ein Studium       Kooperationen mit Schulen. Im Bereich des Gewässer-
an den Hochschulen in Rheinland-Pfalz zu gewinnen.         schutzes sind insbesondere die Naturwissenschaften mit
                                                           der Region durch Kooperationen vernetzt, was sich bspw.
Die Universität Koblenz-Landau ist in Forschung            in der biologisch-ökologischen Station Bettenfeld zeigt.
und Lehre in zwei verschiedenen Regionen in Rhein-
land-Pfalz präsent, in der Pfalz und in der Mittelrhein­   Die Hochschule Koblenz ist mit rund 9.200 Studie-
region. Hochschulleitung und -verwaltung sind in Mainz     renden (WS 2016/2017) die größte Fachhochschule des
angesiedelt. Entstanden 1990 aus der Erziehungswissen­     Landes Rheinland-Pfalz. Die Zahl der Studierenden ist in
schaftlichen Hochschule Rheinland-Pfalz, bildet die        den vergangenen Jahren stark angestiegen. Das Studien-
Universität derzeit etwa 16.500 Studierende aus (WS        angebot der Hochschule umfasst technische, wirtschafts-
2016/2017), die jeweils zur Hälfte an den Standorten       und sozialwissenschaftliche Disziplinen und bildet
in Koblenz und Landau studieren. Inhaltlich profiliert     damit eine sehr gute Ausgangsbasis für interdisziplinäre
sich die Universität Koblenz-Landau unter dem Leitbild     Studienangebote. Der Standort in Höhr-Grenzhausen
„Mensch – Bildung – Umwelt“. Der Schwerpunkt der           ist ausgewiesen für Studiengänge im Bereich der Künste
Universität liegt in Studium und Lehre auf der Lehramts­   von Keramik und Glas. Im Bereich der Forschung sind
ausbildung. Als einzige Universität des Landes bietet      vor allem zwei Schwerpunkte zu nennen: „Analytische
sie Lehramtsstudiengänge für alle Schularten an und        Bildgebung“ und „Bildung, Sozialpolitik und Soziale
ist auch bundesweit eine der größten deutschen Aus-        Arbeit im Kontext demografischen Wandels“. Instituti-
10                                                                     P otenziale und Herausforderungen

onalisierte Kooperationen bestehen mit der Universität     Gesundheit, Informatik, Technik, Umwelt, Recht und
Koblenz-Landau u. a. im Bereich von gemeinsamen            Wirtschaft an. Der Umwelt-Campus Birkenfeld ist derzeit
Studiengängen, z. B. im Rahmen des Masterstudiengangs      der einzige sogenannte Zero Mission Campus in Europa.
„Ceramic Science and Engineering“.                         Die Hochschule erzielt im Vergleich mit den anderen
                                                           rheinland-pfälzischen Fachhochschulen die höchsten
                                                           Drittmitteleinnahmen, die insbesondere durch Projekte
Region Trier                                               zur nachhaltigen Entwicklung eingeworben werden.
                                                           Ein weiterer Forschungsschwerpunkt beschäftigt sich
In der Region Trier befinden sich die Universität Trier    mit Herausforderungen in der Medizin-, Pharma- und
sowie die Hochschule Trier mit ihren drei Standorten in    Biotechnologie. Der Standort Idar-Oberstein widmet sich
Trier, Birkenfeld und Idar-Oberstein.                      dem Thema Edelstein- und Schmuckdesign.

Die Universität Trier verfügt traditionell über ein
ausgeprägtes geistes- und gesellschaftswissenschaft­       Regionale Verbünde
liches Profil. Schwerpunkte finden sich insbesondere im
Bereich Geschichte, Rechtswissenschaften, Erziehungs-      Geographisch betrachtet liegen viele der rheinland-
und Bildungswissenschaften, Sprachen, Wirtschafts­         pfälzischen Hochschulen in der Nähe der Landesgrenzen
wissenschaften, Mathematik und Informatik, Geowissen-      und damit teilweise auch in direkter Nachbarschaft und
schaften und Geographie sowie Psychologie. Die klinisch    Konkurrenz zu Hochschulen der benachbarten Bundes-
orientierte Psychologie und die Raum- und Umweltwis-       länder (Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Württem-
senschaften zählen zu den größten Einrichtungen ihrer      berg, Saarland), zum Teil auch an den Grenzen zu einigen
Art in Deutschland. Rund 13.200 Studierende waren          Metropolregionen (Rhein-Neckar, Rhein-Main-Gebiet,
im Wintersemester 2016/2017 eingeschrieben mit momen-      Oberrhein). Hinzu kommen die nahen Außengrenzen
tan rück­läufiger Tendenz. An der Universität befinden     zu Frankreich, Luxemburg und Belgien.
sich das Forschungs­zentrum „Europa – Strukturen langer
Dauer und Gegenwartsprobleme“ und das Trier Center         Den Herausforderungen und Chancen, die sich aus dieser
for Digital Humanities, ein Kompetenzzentrum für           Situation ergeben, begegnen die rheinland-pfälzischen
elektronische Erschließungs- und Publikationsverfahren     Hochschulen durch Kooperationen und Verbünde mit
in den Geisteswissenschaften. Enge Kooperation besteht     den angrenzenden Hochschulsystemen. Mit den benach-
zudem mit dem Leibniz-Zentrum für Psychologische           barten hessischen Universitäten in Frankfurt/Main und
Informa­tion und Dokumentation (ZPID) in Trier. Heraus-    Darmstadt hat sich die Johannes Gutenberg-Universität
zuheben sind des Weiteren das Institut für Arbeitsrecht    Mainz im Jahr 2015 zu einer strategischen Allianz der
und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Union           Rhein-Main-Universitäten zusammengeschlossen, von
(IAAEU) und das Institut für Rechtspolitik (IRP), das      der sich die Hochschulen eine bessere Zusammenarbeit
Mitveranstalter der renommierten Bitburger Gespräche       und Wettbewerbsvorteile in den Bereichen von Forschung,
ist. An der Universität ist zudem die landesweit erste     Lehre und wissenschaftlicher Weiterbildung erwarten. Die
DFG-Kolleg­forschergruppe zur russischsprachigen Lyrik     Technische Universität Kaiserslautern und die Universität
ansässig. Die Universität Trier ist gemeinsam mit der      Trier sind Mitglieder der Universität der Großregion
Hochschule Trier Gesellschafterin des Innovations-         (UniGR) zusammen mit Partneruniversitäten in Luxem-
und Gründer­zentrums Region Trier GmbH, das innova-        burg, Belgien und Frankreich (Lothringen). Die Universität
tive, technologieorientierte Unternehmensgründungen        Koblenz-Landau ist über den Standort Landau Mitglied
unterstützt.                                               der Trinationalen Metropolregion Oberrhein, der auch
                                                           Hochschulen aus der Schweiz und Frankreich angehören.
Die Hochschule Trier ist mit rund 7.800 Studierenden
(WS 2016/2017) die zweitgrößte rheinland-pfälzische        Um sich im Wettbewerb um Ideen, Talente, Wachstum
Fachhochschule. Sie ist an Standorten in Trier,            und Beschäftigung zu behaupten und den gesellschaft-
Idar-Oberstein und Birkenfeld angesiedelt und bietet ein   lichen und technologischen Wandel mitgestalten zu
breites Fächerspektrum in den Bereichen Gestaltung,        können, sind Bildungs- und Forschungseinrichtungen
P otenziale und Herausforderungen                                                                                11

einer Region zunehmend vor die Aufgabe gestellt, sich        länder bildet die Zentralstelle den ZFH-Fernstudienver-
strategisch in wichtigen Themenfeldern mit Wirtschaft        bund und kooperiert länderübergreifend mit weiteren
und Gesellschaft zu verzahnen. Eine solche Verzahnung        Hochschulen aktuell in Bayern, Berlin, Brandenburg
von Hochschulen, Forschungseinrichtungen, regio-             und Nordrhein-Westfalen. Mit über 6.100 Fernstudie-
nalen Unternehmen, Kammern und Verbänden sowie               renden, davon 3.500 aus Rheinland-Pfalz und mehr als
öffentlichen Dienstleistern erfolgt in Rheinland-Pfalz       70 Fernstudienangeboten, darunter 51 Studiengänge mit
bereits seit einigen Jahren mit Unterstützung des Landes     akademischem Abschluss, ist der ZFH-Verbund einer der
über den Aufbau von regionalen Wissens- und Inno-            größten Fernstudienanbieter im Fachhochschulbereich.10
vationsallianzen an den vier Universitätsstandorten
Mainz, Kaiserslautern, Koblenz und Trier. In diesen          Der Virtuelle Campus Rheinland-Pfalz (VCRP) ist
Allianzen haben sich Akteure aus Forschung, Wirtschaft       eine gemeinsame wissenschaftliche Einrichtung der
und öffentlichen Stellen sowie Gesellschaft zusammen­        Universitäten und der Fachhochschulen des Landes
geschlossen, um ihr Know-how zu teilen, die Basis            Rheinland-Pfalz. Er hat sich zum Ziel gesetzt, insbeson-
regionaler Forschungskooperationen zu verbreitern,           dere hochschulübergreifende E-Learning-Aktivitäten an
den Wissens- und Technologietransfer vor Ort und das         den Hochschulen in Rheinland-Pfalz zu initiieren und
regionale Marketing zu verbessern. Alle vier Wissens-        zu koordinieren. Er deckt dabei ein Aufgabenspektrum
und Innovationsallianzen haben im Rahmen ihrer               ab, das die folgenden Felder umfasst: bildungstechnolo-
Weiterentwicklungskonzepte Ziele und Maßnahmen               gischer Service und Support (wie bspw. ein landesweites
formuliert. Diese Ziele folgen der Überzeugung, dass         Learning-Management-System), zentrale landesweite
eine erfolg­reiche Regionalentwicklung immer stärker         E-Learning-Qualifikation von Hochschullehrenden
davon abhängt, ob es gelingt, gewachsene Fähigkeiten,        (E-Cademy) sowie Koordination und Vernetzung von
traditionelle Branchen und Potenziale einer Region           hochschulübergreifenden Projekten und E-Learning-
mit neuen Technologien, intelligenten Methoden und           Initiativen. Er arbeitet dabei eng mit den E-Learning-
Zukunftsthemen zu verbinden.                                 Unterstützungseinheiten der Hochschulen zusammen.
                                                             Für Studierende stellt das Webportal des Virtuellen
                                                             Campus Rheinland-Pfalz Informationen rund um das
Landesweite, hochschulübergreifende                          Studium bereit. Der VCRP hilft bei der Suche nach
wissenschaftliche Einrichtungen                              aktuellem, online verfügbarem und für das Studium
                                                             nutzbarem Lernmaterial.
Unter der Dachmarke Duale Hochschule Rheinland-
Pfalz (DHR) sind alle ausbildungs- und praxisintegrierten    Der Hochschulevaluierungsverbund Südwest e. V.
Studiengänge der rheinland-pfälzischen Hochschulen           wurde 2003 gegründet. Der Verbund ist ein Zusammen-
zusammengefasst. Die Geschäftsstelle der Dualen Hoch-        schluss von Hochschulen, die durch ihre Mitgliedschaft
schule Rheinland-Pfalz ist in Mainz angesiedelt. Sie dient   dem Bestreben nach Sicherung und Weiterentwicklung
als Serviceeinrichtung und ist u. a. Ansprechpartnerin       einer hohen Qualität in Forschung, Studium und Lehre
für Studienbewerberinnen und Studienbewerber oder für        Ausdruck verleihen. Ziel des Hochschulevaluierungs­
Unternehmen, die eine Kooperation im Rahmen eines            verbundes ist die Qualitätsentwicklung und Qualitäts­
dualen Studiengangs anstreben.                               sicherung in den Fächern, Fachbereichen und Einrich-
                                                             tungen an den einzelnen Hochschulen. Evaluierung
Die Zentralstelle für Fernstudien an Fachhochschu-           in diesem Sinne soll primär der Unterstützung und
len (ZFH) ist eine zentrale wissenschaftliche Einrichtung    Fortentwicklung der Fächer und Einrichtungen dienen
des Landes Rheinland-Pfalz mit Sitz an der Hochschule        und dazu beitragen, hochschulübergreifend gemeinsame
Koblenz. Seit ihrer Gründung im Jahr 1995 fördert und        Qualitätsstandards zu generieren.
unterstützt die ZFH die Entwicklung und Durchführung
von Fernstudien an Fachhochschulen auf der Grundlage
eines Staatsvertrages der Länder Rheinland-Pfalz, Hessen
und Saarland. Gemeinsam mit den 13 Hochschulen für
angewandte Wissenschaften der drei beteiligten Bundes-
12                                                                      P otenziale und Herausforderungen

2.2 Studium und Lehre                                        expandiert. Während im Wintersemester 2005/2006 rund
                                                             102.000 Studierende verzeichnet wurden, studierten
                                                             im Wintersemester 2016/2017 etwas mehr als 122.000
Studienangebot                                               Studierende an den Hochschulen.13 Die Zuwachsraten
                                                             von knapp 20 % liegen aber unter den Vergleichswerten
Studieninteressierte können aus der Vielfalt von über        anderer deutscher Flächenländer.14 Insgesamt hat sich
1.000 Studiengängen in Rheinland-Pfalz auswählen,            der Anteil der Studierenden in Rheinland-Pfalz an den
diese bilden etwa 5,7 % aller in Deutschland angebotenen     Gesamtstudierenden in Deutschland von 5,10 % in 2010
Studiengänge ab.11 Gleichzeitig liegt der Anteil der         auf 4,40 % in 2015 verringert.15
Studierenden in Rheinland-Pfalz an der Gesamtzahl der
Studierenden in Deutschland bei etwa 4,4 %.12                Eine der zentralen Herausforderungen für das Land
                                                             Rheinland-Pfalz ist die demografische Entwicklung und
Betrachtet man das Fächerprofil der Studienangebote der      damit auch die Rekrutierung von Studierenden. Insbe-
rheinland-pfälzischen Universitäten, so ist im bundes­       sondere in ländlichen Räumen, dem Einzugsgebiet der
weiten Vergleich eine auffällig hohe Konzentration in den    rheinland-pfälzischen Hochschulen, wird die Bevölke-
Geisteswissenschaften und in der Fächergruppe Rechts-,       rung in den kommenden Jahrzehnten abnehmen. Gerade
Wirtschafts- und Sozialwissenschaften festzu­stellen. Ins-   die für das Hochschulsystem relevante Gruppe der unter
besondere die Universität Trier und die Johannes Guten-      20-Jährigen bis 2035 wird landesweit je nach Szenario um
berg-Universität Mainz tragen – u. a. mit einer Vielzahl     11,2 bis 16,1 % schrumpfen.16 Hinzu kommt die Tendenz
von Angeboten in kleinen Fächern – zu diesen Schwer-         zur Abwanderung von Studieninteressierten: 2014 war das
punkten bei. Hinzu kommt, dass mit Blick auf die Univer-     Studierendenwanderungssaldo erstmals negativ und ist es
sitäten des Landes nur an der Technischen Universität        seitdem geblieben. Zum Wintersemester 2016/2017 hatten
Kaiserslautern ein Studium in den Ingenieurwissenschaften    sich rund 6.400 mehr Studierende mit rheinlandpfälzischer
möglich ist. Das Angebot der Universität Koblenz-Landau      Hochschulzugangsberechtigung für ein Studium in einem
wird besonders durch die Lehrer­bildung geprägt.             anderen Bundesland eingeschrieben als umgekehrt.
                                                             Die meisten wanderten nach Nordrhein-Westfalen und
Die sieben rheinland-pfälzischen Fachhochschulen             Baden-Württemberg ab. 17 Dies wirkt sich auch auf
decken mit ihren Studienangeboten nahezu alle Fächer­        die Gesamtzahl der Studierenden aus.
gruppen mit Ausnahme der Fächergruppen Geistes-
wissenschaften und Sport ab. Einhergehend mit der            Bemerkenswert ist ebenfalls, dass die Hochschulen in
Diskussion über die Akademisierung der Gesundheits-          Rheinland-Pfalz bei der bundesweiten Entwicklung
fachberufe haben sich in den letzten Jahren Studien­         steigender Zahlen an internationalen Studierenden eine
angebote im Bereich der Gesundheitswissenschaften            geringere Dynamik aufweisen. So stieg die Anzahl der
an den Fachhochschulen etabliert. An den Fachhoch-           Bildungsausländerinnen und -ausländer von 2011 bis
schulen überwiegen Bachelorprogramme mit einer               2016 nur wenig an (2011: 8.554; 2016: 9.076), Hochschulen
hohen beruflichen Relevanz, zum Teil auch sehr spezia-       in anderen Ländern konnten deutliche Zugewinne
lisiert und kleinteilig. Im Masterbereich finden sich aus-   verzeichnen (deutschlandweit 2010: 184.960, 2016:
gewogene methodisch-wissenschaftliche Vertiefungen           251.542).18 Nur zwei Länder weisen einen geringeren
bzw. interdisziplinäre Programme. Insgesamt zeigt sich       Anteil an internationalen Studierenden auf als Rhein-
eine über die verschiedenen Hochschularten ausgewogene       land-Pfalz. Die Kommission sieht in der Gewinnung aus-
Verteilung von Studiengängen mit Wissenschafts- und          ländischer Studierender – auch mit Blick auf mögliche
Forschungsbezug bzw. Anwendungs- und Praxisbezügen.          Fachkräfteengpässe – ein in Rheinland-Pfalz noch zu
                                                             wenig genutztes Potenzial. Ziel sollte es daher sein,
                                                             den rheinland-pfälzischen Anteil der Bildungsaus­
Entwicklung Studierendenzahlen                               länderinnen und -ausländer von 7,5 % auf den Durch-
                                                             schnittswert aller Länder von 9,1 % zu erhöhen (absolut
Das Hochschulsystem in Rheinland-Pfalz ist in den            +2.000 Studierende). Der Kommission ist bewusst, dass
letzten Jahren wie in vielen anderen Bundesländern           dies sehr ambitioniert ist.19
P otenziale und Herausforderungen                                                                                  13

Aussagen zur künftigen Studierendenentwicklung sind         Für Unter­stützungsmaßnahmen in der Studienein­-
erfahrungsgemäß schwer zu treffen. Vorhersagen der          gangs­phase, zur Entwicklung neuer berufsbegleitender
Kultusministerkonferenz und des Centrums für Hoch-          Studien­gänge und für die Entwicklung von Anerken­
schulentwicklung legen die Vermutung nahe, dass die         nungs­verfahren können Mittel des Europäischen Sozial­
Zahl der Studierenden mittelfristig zurückgehen wird,       fonds beantragt werden, die vom Land kofinanziert
wenn Land und Hochschulen keine entgegenwirkenden           werden.
Maßnahmen ergreifen. Attraktive Studienangebote,
eine durchgängig hohe Qualität von Studium und Lehre
– didaktisch, methodisch wie organisatorisch – und ein      Duales Studium
gutes und systematisches Übergangsmanagement in die
hochschulische und gesamtgesellschaftliche Arbeitswelt      Duale Studiengänge verbinden die Theorievermittlung
sind aus Sicht der Kommission sinnvolle Ansatzpunkte.       durch die Hochschule mit beruflicher Praxis. Ihre kon-
Zur Steigerung des Anteils internationaler Studierender     kreten Angebotsformen reichen von praxisintegrierten
sind englischsprachige Studiengänge auszubauen.             Studiengängen, welche die Lernorte Hochschule und
                                                            Betrieb miteinander verbinden, über ausbildungs­
Es liegt im Interesse des Landes, das Studieninteresse      integrierte Studiengänge, die eine berufliche Ausbildung
junger Menschen weiter zu fördern, die jungen Menschen      mit einem Studium verzahnen und den Absolventinnen
auf die Vielfalt der Bildungswege hinzuweisen, die es       und Absolventen somit zwei Abschlüsse ermöglichen.
durchlässig zu gestalten gilt und deren Bildungspoten­
ziale optimal zu entfalten. Die Kommission begrüßt,         Duale Studiengänge in Rheinland-Pfalz werden seit 2008
dass Land und Hochschulen hierzu bereits einige ziel­       über eine landeseigene Servicestelle vermarktet. Im Ge-
gerichtete Aktivitäten durchführen.                         gensatz etwa zu Baden-Württemberg wurde kein eigener
                                                            Hochschultyp für diese Angebotsform gebildet. Viel-
                                                            mehr werden unter der Dachmarke „Duale Hochschule
Offene Hochschule                                           Rheinland-Pfalz“ die dualen Studiengänge zusammen-
                                                            gefasst. Sowohl die Anzahl der dualen Studiengänge als
Bei der Öffnung der Hochschulen für Studieninteressierte    auch die der Studierenden wächst seit Jahren stetig: Seit
ohne Abitur nimmt Rheinland-Pfalz eine Vor­reiterrolle      dem Winter­semester 2008/2009 hat sich die Zahl der
ein. Bereits 1996 war der Zugang unter bestimmten Vor-      dualen Studiengänge an den staatlichen Hochschulen
aussetzungen möglich. Die Zahl der beruflich qualifizier-   von 16 auf 66 Studiengänge im Wintersemester 2016/2017
ten Studierenden ist seit dem Inkrafttreten des letzten     vervierfacht. Die Zahl der dual Studierenden hat sich in
Öffnungsschritts im Jahr 2010 von rund 890 auf fast         dem genannten Zeitraum von 682 auf 2.500 mehr als ver-
2.700 im Jahr 2016 gestiegen. Der Anteil dieser Gruppe an   dreifacht. Dies entspricht im Wintersemester 2016/2017
den Studierenden insgesamt wuchs im selben Zeitraum         etwas mehr als 2 % aller Studierenden an den staatlichen
von 0,8 % auf 2,2 %.20 Erst kürzlich startete mit „Lehre    Hochschulen des Landes.21
plusHS“ ein Pilotprojekt zwischen der Hochschule
Kaiserslautern, der Handwerkskammer der Pfalz und der
Berufsbildenden Schule in Kaiserslautern. Im Rahmen         Qualität der Lehre
der Kooperation können Auszubildende bestimmter
Berufe Lehrveranstaltungen der Hochschule besuchen.         Eine hohe Qualität von Studium und Lehre ist ein zent-
Die im Projekt erworbenen Leistungen werden sowohl          rales Anliegen der Hochschulen und des Landes. Auch
für ein mögliches späteres Studium, als auch für die        wenn die Kommission die Qualität der verschiedenen
Meisterprüfung anerkannt.                                   Studienangebote im Rahmen dieses Berichts nicht eva­-
                                                            luiert hat, bleibt festzuhalten, dass das Land und die Hoch-
Das Land stellt für die Jahre 2016 bis 2020 den Hoch­       schulen zahlreiche Aktivitäten unternommen haben,
schulen über 12 Millionen Euro aus dem Hochschul­pakt       um die Qualität der Lehre zu fördern. Insgesamt verfügt
zur Verfügung, um die Durchlässigkeit zwischen              Rheinland-Pfalz hier über eine sehr gute Ausgangspositi-
akademischer und beruflicher Ausbildung zu erhöhen.         on. Auf einige Punkte sei hier gesondert hingewiesen:
14                                                                         P otenziale und Herausforderungen

Zu den besonders zu erwähnenden Aktivitäten gehört             Die Hochschulen des Landes haben mit teilweise erhebli-
bspw. die Gründung des Hochschulevaluierungsver-               chen Anstrengungen zahlreiche Maßnahmen entwickelt,
bunds Südwest mit seinen zahlreichen hochschuldidakti-         die auf die Verbesserung von Studienerfolg und die
schen Weiterbildungsangeboten und Evaluierungen (s. o.).       Reduzierung von Studienabbrüchen fokussieren.22
Aber auch einzelne Hochschulen haben bundesweit be-            Finanziert werden diese Maßnahmen aus Programmen
achtete und anerkannte Leistungen erbracht. Zum Beispiel       des Bundes und des Landes (Qualitätspakt Lehre, Offene
hat die Johannes Gutenberg-Universität Mainz mit ihrem         Hochschule, Hochschulpakt). Für den Qualitätspakt
Gutenberg Lehrkolleg eine Einrichtung geschaffen, die es       Lehre des Bundes und der Länder haben fast alle Hoch-
fachbereichsübergreifend ermöglicht, Lehre und akade-          schulen Konzepte vorgelegt, von denen sechs erfolgreich
mische Lehrkompetenz sowie die Studien­strukturen und          waren. Sie konnten in beiden Förderperioden über
Lernbedingungen permanent weiterzuentwickeln.                  80 Millionen Euro einwerben, nahezu die doppelte
                                                               Summe der in Rheinland-Pfalz eingeworbenen Mittel
Des Weiteren hat sich das Zentrum für Qualitätssiche-          im Rahmen der Exzellenzinitiative.
rung und -entwicklung (ZQ) als zentrale Einrichtung
der Johannes Gutenberg-Universität Mainz in den ver-           Im Rahmen des Hochschulpaktes von Bund und Ländern
gangenen Jahren in mehrfacher Weise deutschlandweit            unterstützt das Land darüber hinaus die Hochschulen in
führend bei der Entwicklung von Qualitätssicherungs-           ihrem Bemühen, die Qualität der Lehre zu steigern, inno-
und Qualitätsentwicklungsprozessen hervorgetan.                vative Lehr- und Lernformate einzuführen, die Durchläs-
Später war die Universität bundesweit die erste Hoch-          sigkeit zu erhöhen und den Studienerfolg zu erhöhen.
schule, die den Prozess der Systemakkreditierung               45 der insgesamt 92 Projekte werden in der Programmlinie
erfolgreich durchlaufen hat. Heute ist sie eine von            zur Steigerung der Qualität in Studium und Lehre geför-
vier Hochschulen bundesweit, die im Rahmen einer               dert. Das Fördervolumen beträgt allein in dieser Linie fast
Experimentierklausel alternative Verfahren der                 30 Millionen Euro. Das ZQ wurde als Geschäftsführung
Qualitäts­sicherung entwickeln und erproben soll.              des Hochschulevaluierungsverbundes Süd-West e. V. mit
                                                               der Begleitung der im Hochschulpakt geförderten Projekte
Mit dem ZQ existiert eine Institution mit einem sehr breiten   beauftragt. Es organisiert in Abstimmung mit dem MWWK
Tätigkeitsspektrum, von dem seit vielen Jahren auch            und den Hochschulen Workshops zur Vernetzung der
die gesamte Hochschullandschaft in Rheinland-Pfalz             Initiativen an den einzelnen Hochschulen, um Synergie­
profitiert. Hierzu gehören u. a. die Durchführung von          effekte zu nutzen und Erfahrungen weiterzugeben. Über-
Evaluationen im Hochschulbereich, die Beratung von             geordnetes Ziel ist es, die besonderen Gelingensbedingun-
Fächern, Fachbereichen und Einrichtungen im Hinblick           gen und Transferpotenziale zu identifizieren, die Projekte
auf Strukturfragen, wie auch eigene Forschungsaktivitä-        wissenschaftlich zu begleiten und durch vorhandene
ten in der Wissenschafts- und Hochschulforschung.              Expertise bedarfsorientiert zu unterstützen.

Die Mehrzahl der Hochschulen hat zwischenzeitlich den          Bereits seit 2005 verleiht das Land Rheinland-Pfalz
Weg zur Systemakkreditierung eingeschlagen. Unter              zudem einen Landeslehrpreis. Auf der Basis von
den Universitäten sind Mainz und Kaiserslautern system­        Studierendenbefragungen zeichnet der „Lehrpreis
akkreditiert, in Trier begann das Verfahren 2017; an der       Rheinland-Pfalz“ herausragende Lehrleistung von
Universität Koblenz-Landau befindet sich die System­           Hoch­schullehrerinnen und Hochschullehrern aus.
akkreditierung in Planung. Unter den Fachhochschulen
sind die Hochschulen Kaiserslautern und Trier system­          Die Betreuungsrelation an rheinland-pfälzischen
akkreditiert, die Hochschule Worms befindet sich im            Hochschulen23 hat sich trotz steigender Studierenden-
laufenden Verfahren. Die Hochschule Koblenz hat sich           zahlen in den letzten Jahren positiv entwickelt: Die
gegenwärtig für die Fortführung der Programmakkredi-           Betreuungs­relation der Studierenden bezogen auf das
tierung entschieden, die sich für die Hochschule bewährt       wissenschaftliche Hochschulpersonal in allen Fächer-
hat. An den Hochschulen Bingen, Mainz und Ludwigs­             gruppen (einschließlich der zentralen Einrichtungen) lag
hafen dauert der Entscheidungsprozess hinsichtlich             bei den rheinland-pfälzischen Universitäten im Jahr 2015
einer Systemakkreditierung noch an.                            bei 15,8 (2005: 17,0) und damit nur noch wenig über dem
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