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Let’s talk Let’s talk Culture & Let’s talk Technology Let’s talk Let’s talk Ein White Paper zu kreativen Impulsen für digitale Anwendungen in Kunst und Kultur.
Culture & Technology Dank an: Jerome Becker, Gustaaf Dekking, Josef Dorninger, Paul Feigelfeld, Eva Fischer, Sean Green, Martin Grödl, Fredrik Hellberg, Natalie Kane, Bob Ketting, Ben Kidd, Peter Kollreider, Stefan Lechleitner, Lara Lesmes, Severin Matusek, Konstantin Mitgutsch, Matthias Moroder, Marion Müller, Bika Rebek, Moritz Resl, Agustin Schang, Tobias Schererbauer, Stefanie Schmitt, Stephan Schwingeler, Sabine Seymour, Cornelia Sollfrank, Barnaby Steel, Olga Tykhonova, Merel van Helsdingen, Ein White Paper zu kreativen Impulsen Sofia Widmann, Marlies Wirth für digitale Anwendungen in Kunst und Kultur.
Inhalt Eine reibungslose Visitor Journey Essay von Sofia Widmann und Olga Tykhonova 34 Spielerisch mit Maschinen lernen 39 Inklusive Wissensvermittlung 39 Keine Barrieren, keine Grenzen Essay von Sabine Seymour 40 Audio-Storytelling neu gedacht 4 Intro Interview mit Peter Kollreider Der öffentliche Raum als Museum 44 47 Culture & Technology Augmented Listening 47 Kreative Impulse für digitale Anwendungen in Kunst und Kultur 4 The Culture & Technology Podcast 6 48 Archiving & Documentation Archiving & Documentation 8 Research & Learning Kulturelle Güter archivieren und dokumentieren Kunstmäzenat der nächsten Generation 50 53 Research & Learning Collecting Digital Objects Forschung und Vermittlung in Kunst und Kultur 10 Podcast mit Natalie Kane und Marlies Wirth 53 Literatur im virtuellen Raum 13 Archiverse, oder: Der Humor der Archive Hijacking the System Essay von Paul Feigelfeld 54 Podcast mit Cornelia Sollfrank 13 Miniaturwesen, gescannt und skaliert 59 Spiel ins Spiel bringen Sammlungen in 3D 59 Essay von Konstantin Mitgutsch 14 „Kein Medium ist dem anderen überlegen“ Interview mit Stephan Schwingeler 18 60 Exhibition & Stage Design Gemeinsam Inhalte erarbeiten 21 Exhibition & Stage Design Screendesign als Vergrößerungsglas 21 Ausstellungen und Bühnen gestalten 62 „Die Offenheit einander zu helfen“ Design, das sich selbst entwirft 65 Interview mit Sean Green 22 The Architecture of Culture Podcast mit Bika Rebek und Agustin Schang 65 28 Visitor Experience Die Freiheit des digitalen Raums Interview mit Merel van Helsdingen 66 Visitor Experience Von der physischen zur virtuellen Gestaltung Geschichten erzählen und Erfahrungen gestalten 30 Interview mit Space Popular 72 Geschichten aus dem Museum 33 Mit Künstlicher Intelligenz zur Kunst 76 Art’s Role in Our New Extended Reality A Laboratory For Imagined Futures Podcast mit Eva Fischer und Barnaby Steel 33 Podcast mit Ben Kidd und Stefanie Schmitt 76
Let’s talk: Diversität statt Technologiebasierte Anwendungen erleichtern schon jetzt viele Vorgänge in der Arbeit von Kultureinrichtungen. Sie werfen aber auch die grundlegende Frage auf, wie Daten strukturiert und auf- Culture & bereitet werden sollen, damit sie für Prozesse des maschinellen Monopole Lernens auswertbar sind. Angesichts des „rasant steigenden Daten- volumens“ definiert die Gesellschaft für Informatik „Data Literacy“ als Schlüsselkompetenz für das 21. Jahrhundert; sie umfasst „die Fähigkeiten, Daten auf kritische Art und Weise zu sammeln, zu verwalten, zu bewerten und anzuwenden“. Hier schließen sich Technology Fragen des Open Access an, also der Zugänglichmachung bzw. Präsentationsform der gesammelten Daten. Weniger als zehn Personen stehen an der Spitze der FAANG Companies (Facebook, Amazon, Apple, Netflix, Google), die die digitale Infrastruktur der Gegenwart ausmachen. Diesen Monopolen gilt es durch Diversität zu begegnen. Die Initiative „Digitaler Humanismus“ der Stadt Wien arbeitet an der Stärkung und Verbrei- tung positiver gesellschaftlicher Werte und Visionen durch und mit neuen Technologien. Hochwertige digitale Lösungen aus Wien 4 5 sollen weltweit für Fairness, Transparenz, Sicherheit und Selbst bestimmung stehen. Wien soll die Stadt sein, in der digitale Lösungen Kreative Wien ist weltweit für sein kulturelles Erbe, seine Museen, Konzert- häuser und Theater bekannt. In kaum einer anderen Stadt ist entwickelt und umgesetzt werden, die auf nachhaltige und inklu- sive Weise den Menschen nutzen – entlang eines neuen digitalen Impulse für die kulturelle Erlebnisdichte derart ausgeprägt. Von der Stadt zu sprechen, meint dabei zugleich den physischen Ort wie auch die Humanismus. Kunst kann hier die Aufgabe übernehmen, vermeintlich objekti digitale Menschen, die ihn prägen und weiterentwickeln – seit geraumer Zeit zunehmend im Digitalen, was die Reichweite und das Innovations ven „Entscheidungen“ der Maschine durch Störung bzw. Inter- vention beizukommen und der Unübersichtlichkeit neuer Medien Anwendun- potenzial ungleich vergrößert. Nicht erst seit der Pandemie beschäf tigen sich Kultureinrichtungen vermehrt mit der Frage, wie sie mittels aktiver Kompetenzbildung die Stirn zu bieten. gen in Kunst ihre Angebote mithilfe digitaler Lösungen erweitern und neue Ziel- gruppen ansprechen können. Hieraus eröffnen sich Geschäfts und Kultur felder für Kreativschaffende und Startups mit Fokus auf digitale Technologien: von Software fürs Ticketing über die Nutzung von Kreatives 2020 vollzogen viele Kulturschaffende und Kultureinrichtungen die schlagartig erforderlich gewordene Migration in den virtuellen Virtual und Augmented Reality für Ausstellungen und Performances bis hin zu neuen Vermittlungsformen durch Gamification. Potenzial Raum zunächst auf eigene Kosten. In der Hoffnung, ihre Bühne und ihr Publikum nicht zu verlieren, erreichten sie dabei oftmals im digitalen Personen, die ohne diese dezentralen Artikulationsmedien nie von ihnen Kenntnis erlangt hätten. Hier bedarf es nachhaltiger Be- Raum strebungen, um diese zunächst als Zusatzleistungen wahrgenom- Entwicklung Wodurch entstehen Dialog und emotionale Beteiligung des Publikums? Welche digitalen Lösungen machen kulturelles Erbe er- menen Angebote langfristig als neue Spielwiese zu etablieren. Haben die letzten beiden Jahre vor allem zur Exploration innovativer fahrbar und verständlich? Wie werden Kultureinrichtungen und Sammlungen für Forschende und Lernende besser zugänglich? dessen beigetragen, was online gezeigt, erzählt und erlebt werden kann, stellt sich zunehmend die Frage nach der Verschränkung Formate Wie eröffnen aktuelle Technologien neue Zielgruppen und von virtuellem und analogem Raum – und dem daraus resultierenden Intro Intro schaffen inklusive Erlebnisse? Und wie können digitale Strategien kreativen Potenzial. analoge Formate aufwerten? Durch den Einsatz von neuen Technologien entsteht im Zusam menspiel von Kreativwirtschaft – von Architektur und Design über Software- und Game-Entwicklung bis hin zur Musik – mit Kultur einrichtungen Innovation. Perspektiven Welche Möglichkeiten für den Einsatz kreativer, digitaler Technologien lohnen sich für Museen, Theater, Konzerthäuser und weitere Die Entwicklung innovativer Formate im Kulturbereich geht Hand in Hand mit dem Boom der „Experience Economy“ (Erlebnis für Culture & Kultureinrichtungen? Was ist denkbar in Bezug auf Forschung und Vermittlung, mit Perspektive auf das Publikumserlebnis, beim wirtschaft), in deren Zentrum nicht mehr Güter oder Dienstleistungen, sondern die Gestaltung von Erlebnissen steht. Zu den sicht- Technology Bewahren und Archivieren oder auch in der visuellen Gestaltung? Wo entstehen dabei neue Einnahmequellen für den Kulturbereich als barsten Entwicklungsbereichen an der Schnittstelle von Culture & auch Geschäftsfelder für Kreative? Technology gehört folglich das Publikumserlebnis (Visitor Experience, Das vorliegende White Paper Culture & Technology versteht S. 28); hinter den Kulissen optimieren indessen technologisch sich als Bestandsaufnahme. Ein Panoptikum aus lokalen und gestützte Verfahren den Betrieb. In enger Wechselbeziehung – und internationalen Anwendungsbeispielen für digitale Technologien kaum getrennt voneinander zu denken – stehen die Bereiche im Kulturbereich, Beiträgen und Interviews mit Expertinnen Forschung und Vermittlung (Research & Learning, S. 8), Archivierung und Experten soll inspirieren und sowohl Kreativunternehmen als und Dokumentation (Archiving & Documentation, S. 48) sowie auch Institutionen und Initiativen aus Kunst und Kultur Anregung Ausstellungsdesign und Bühnenbild (Exhibition & Stage Design, S. 60). für die Praxis geben.
Wiens reiche Tradition in Die Wirtschaftsagentur Wien beschäftigt sich seit 2019 mit dem Schwerpunkt Culture & Technology. In den Vorarbeiten zu dieser Publikation fanden zahlreiche Gespräche mit Akteurinnen und Kultur und Wissenschaft Vertretern der Szene in Wien statt. Ein zweitägiges Symposium, Vorträge von internationalen Expertinnen und Experten, Workshops und eine eigene Podcast-Reihe – The Culture & Technology begeistert und sichert die Podcast – inspirierten zu der vorliegenden Zusammenstellung an Inhalten und Beispielen. Stefanie Schmitt begleitet den Schwer- punkt Culture & Technology seit 2020 und hat u.a. die einleitenden Texte zu den Kapiteln dieses White Papers verfasst. Das White Paper bildet auch den Rahmen für einen Förder- schwerpunkt der Wirtschaftsagentur Wien: Mit einer konkret Basis für eine lebendige auf den Museumsbereich zugeschnittenen Förderung werden neu entwickelte Pilotanwendungen bei ihrer Umsetzung unterstützt. Außerdem sind Wiener Unternehmen eingeladen, neue Projekte und und demokratische Gesell- Prozesse im Bereich Culture & Technology – auch in Kooperation mit Kultureinrichtungen – in den laufenden Förderprogrammen der Wirtschaftsagentur Wien einzureichen. Gedacht als Impuls für schaft der Zukunft. Digitale 6 neue Geschäftsmodelle, Strategien, Services und Produkte in der Wiener Kreativwirtschaft, ist diese Publikation zugleich Kompass für die Entwicklung zukünftiger innovativer Beispiele und Sensorium Technologien eröffnen hier für den Status Quo in Wien und darüber hinaus. Elisabeth Noever-Ginthör gemeinsam mit Cornelia Lein, neue Möglichkeiten – auch Stefanie Schmitt, Alena Schmuck, Elisa Stockinger und Heinz Wolf in der Kreativwirtschaft. Informieren Sie sich, wie Sie digitale Technologien als Ihre Business-Chance The Culture & Wie verändern digitale Technologien Kunst und Kultur? Für unseren Culture & Technology Podcast laden wir führende Kuratorinnen, nützen können. Technology Wissenschaftler, Kunstschaffende und Kulturexpertinnen – vom Aus- stellungsdesign bis zur darstellenden Kunst – dazu ein, mit uns Podcast zu erkunden, wie Technologien die Zukunft kultureller Erlebnisse prägen und dabei neue Möglichkeiten eröffnen. Intro The Culture & Technology Podcast ist ein virtueller Salon – produziert von der Wirtschaftsagentur Wien gemeinsam mit Severin Matusek. Bisher zu Gast im Culture & Technology Podcast waren: Francesca Bria Shannon Mattern Paul Feigelfeld Bika Rebek Eva Fischer Agustin Schang Mavie Hörbiger Sabine Seymour Natalie Kane Stefanie Schmitt Ben Kidd Cornelia Sollfrank Julia Körner Barnaby Steel Aino Laberenz Xiaowei Wang Greg Lynn Marlies Wirth Peter Hanke The Culture & Wirtschafts- und Finanzstadtrat Technology Podcast der Stadt Wien
Research & Learning Die Zukunft des Lernens Wie kann Forschung und Vermittlung in Kulturinstitutionen mittels digitaler Technologien neu gedacht werden? Alternative Realitäten und Wodurch entstehen Dialog und emotionale Beteiligung des Publikums? Authentizität Welche digitalen Lösungen machen kulturelles Erbe erfahrbar und Digitale Objekte als verständlich? Performance Wie werden Kultureinrichtungen und Sammlungen für Forschende und Lernende besser zugänglich? Inklusive Plattformen und Welche digitalen Lösungen tragen zu einem neuen Verständnis von offener Zugang Kulturproduktion und ihren Bedingungen bei? Wodurch werden Kulturinstitutionen verstärkt als Plattformen für Forschung und Vermittlung wahrgenommen?
und Stephan Schwingeler auf den nächsten Seiten erklären. Kleine Tasks bzw. Aufträge helfen, die zerstreute Aufmerksamkeit zu fokussieren, indem sie zur aktiven Teilhabe anregen. Hybride Formate fordern die Besuchenden zu einer intensiveren Auseinan- dersetzung mit dem Gezeigten heraus, indem sie geschickt Verknüpfungen herstellen Research & Learning Die digitale Revolution hat nahezu alle Bereiche unserer Lebenswelt nachhaltig verändert – auch die Art und Weise, wie und wo wir uns Wissen aneignen. Zu Beginn hatte das World und mehrere Ordnungen des Erzählens gleichzeitig ansprechen. Der Grad der Gamifi- zierung hängt ebenso wie die ästhetische Gestaltung von der Zielgruppe und deren tech- nologischen Vorkenntnissen ab. Komplexere Abenteuer-Formate – z. B. nach dem Prinzip Wide Web den Charakter einer Sammlung, die der Schatzsuche oder Schnitzeljagd – schicken aus dem Bedürfnis entstand, Inhalte syste die Besuchenden auf eine Entdeckungsreise, matisch zu organisieren und per Hyperlink leicht die mit Elementen wie Antizipation, Über- von einer Information zur nächsten navigieren raschung und Staunen spielt. Die Dramaturgie zu können. Mit dem Web 2.0 entstanden inter- entspricht dabei jener von Step-by-Step- 10 11 aktive Formate sowie usergenerierte Inhalte. So änderte sich um die Jahrtausendwende der Umgang mit dem Archivcharakter des Inter- Narrativen (z. B. aufsteigende Levels), die an das Belohnungssystem im Gehirn appellieren. Die gestalterischen Parameter, die für die nets. Inzwischen haben wir uns daran gewöhnt, angestrebte Immersion nötig sind, variieren den Zugang zu Information und die zeitlich dabei stark. Unter Umständen kann eine und räumlich unbeschränkte Möglichkeit der abstrakte Visualisierung, die die Fantasie der Kommunikation mit unseren Mobilgeräten Besuchenden aktiv dazu herausfordert, in der Tasche zu tragen. das Fehlende zu ergänzen, stärkere emotionale Beteiligung hervorrufen als eine detailgetreue Zugleich stellt das Social Web mit seinen Replikation. Möglichkeiten aktiver Beteiligung vermehrt die Rolle von Bildungsinstitutionen, darunter Virtuelle Repräsentation: auch Museen, Theater oder Konzerthäuser, als von IRL zu URL traditionelle Träger von Wissen infrage. So geht es in der Bildungsvermittlung heute nicht In der Museumsbranche sind die Fortschritte mehr ausschließlich um Inhalte, sondern vor der Digitalisierung deutlich sichtbar. So allem auch um deren Form und Gestaltung: Wie werden Sammlungen und einzelne Objekte mit- Research & Learning Research & Learning lassen sich angesichts von Verschwörungs- hilfe von 3D- oder 360-Grad-Technologien erzählungen und Fake News analytische Kom- auf sehr anschauliche Weise erleb- und unter- Forschung und Vermittlung in Kunst und Kultur petenzen und Reflexionsvermögen fördern – suchbar – online, im Interface oder als beliebig und welcher Signale bedarf es, um als vertrau skalierbarer 3D-Druck. Theateraufführungen, enswürdige Quelle anerkannt zu werden? Konzerte und Performances erfordern in- Erfolgreiche Wissenschaftskommunikation stellt dessen für ihre virtuelle Übersetzung eine völlig die Verständlichkeit und den Dialog mit dem neue Dramaturgie: Interaktive Formate, die Publikum in den Fokus. Zum Beispiel jene der etwa auf Verzweigungsdramaturgien (Choose- Chemikerin und Science-Influencerin Mai Thi Your-Own-Adventure) setzen, erhöhen das 1 Nguyen-Kim, die unter anderem über ihre Gefühl von Präsenz und Live-Charakter. Unter Social Media-Kanäle niederschwellig Wissen dem Aspekt der langfristigen Verfügbarkeit vermittelt. stellt sich die Frage, wie performative Erlebnisse orts- und zeitungebunden erfahrbar werden Die Zukunft des (spielerischen) können. Existieren beispielsweise Artefakte oder Lernens multimediale (Re-)Produktionen, über die sich das ephemere Ereignis rückwirkend ver- Kultureinrichtungen müssen sich erst daran ge- mitteln ließe? wöhnen, ein „Nebenbei-Medium“ zu sein. Über Jahrhunderte waren sie gewohnt, die ex- Sinnliche Eindrücke hinterlassen klusive Aufmerksamkeit ihres Publikums zu genießen, doch nun wächst das Bedürfnis In Frankreich wurden im Jänner 2021 Gerüche nach Formaten, die durch die Praktiken und Geräusche zum kulturellen „Sinnes-Erbe“ des „Second Screen“ – also die Nutzung eines erklärt. Erlebnisse bleiben uns im Gedächtnis, zweiten Endgeräts parallel zum Computer wenn sie außergewöhnlich sind, sich oder TV-Bildschirm – nicht an Qualität verlieren, unterscheiden, emotional intensiv sind und den sondern vielmehr dazugewinnen: Die Körper involvieren, z. B. indem mehrere Interaktion über mehrere Kanäle intensiviert die Sinne gleichzeitig angesprochen werden – wie emotionale Beteiligung. Hier können Kultur bei Geruchserinnerungen. Bildschirme und institutionen von Erfahrungen aus dem Bereich Interfaces hingegen verwehren uns oft die taktile Gaming profitieren, wie Konstantin Mitgutsch Qualität eines Objekts.
Hybride Extended Reality-Installationen können die haptische Materialität einer Oberfläche zurückbringen; Virtual Reality-Anwendungen Literatur im virtuellen Raum über den Sehsinn die übrigen Sinne stimu- lieren: Befinden wir uns in einer virtuellen Er- fahrung am Bug eines Schiffes und hören das Rauschen des Meeres, vermeinen wir un- weigerlich auch den dazugehörigen Fahrt- Studio Brauneis & Poesie Media wind im Gesicht zu spüren. Inside Lieutenant Gustl verwandelt Arthur Schnitzlers Um eine Erinnerung nachhaltig im Gedächtnis Leutnant Gustl in ein räumliches Erlebnis. Mittels VR lädt zu verankern, ist gemeinsames Erinnern es das Publikum ein, ein fiktionalisiertes Wien um 1900 in Form von Erzählungen und Geschichten ent- zu erkunden. Das virtuelle Theater erlaubt Perspektiven- 1 scheidend. Dabei ist das Teilen von Erinne wechsel über die Beobachtung hinaus: Vom inneren rungen wesentlich für den Aufbau und den Erhalt Monolog zum Dialog zwischen Gustl (Lukas Watzl) und 2 sozialer Beziehungen. Die Formel „Weißt Du seinem „Schatten“ (Christoph Radakovits) wird die noch …?“ beschwört das gemeinsam Erlebte Handlung durch die Augen des Protagonisten erlebbar. herauf, stiftet Vertrautheit und emotionale Die räumliche Nähe – im gemalten Szenenbild der Verbundenheit. Kollektives Erzählen, wie es Künstlerin Deborah Sengl – lässt die literarischen Figuren 12 zum Beispiel beim YOUKI International Youth Media Festival 2021 durch ein Projekt von Nake ermöglicht wurde (S. 21), wirkt 13 „greifbar“ gegenwärtig werden. Inside Lieutenant Gustl bringt das Kulturgut Theater nicht nur dem technologieaffinen Publikum nahe, es dabei in zwei Richtungen: zur Stärkung des erschließt auch neue Zugänge zu Forschung und Vermitt- Zusammengehörigkeitsgefühls wie auch lung. So wurde es im Rahmen der Initiative „culture zur Verortung der eigenen Identität. connected“ des Bundesministeriums für Bildung, Wissen- 2 schaft und Forschung im Deutschunterricht eingesetzt. Das VR-Erlebnis ist selbst als künstlerisches Forschungs- Bits & Bytes festhalten projekt angelegt, um das Potenzial narrativer Extended Reality-Formate zu erkunden: Wie viel Text verträgt ein Wie lässt sich im Ausstellungskontext mit VR-Erlebnis? Löst sich das Empathie-Versprechen des Objekten umgehen, deren Charakteristika sich Mediums ein? Wie erzeugt man Präsenz und Handlungs- erst im Gebrauch erschließen? Anders als fähigkeit in einer virtuellen Umgebung? Und welche bei der Digitalisierung analoger Objekte sind Elemente von „Physical Storytelling“, das den ganzen die Parameter für digitale Objekte und deren Körper einbindet, helfen uns, eindrucksvollere Ge Träger, wie z. B. Speichermedien, Computer oder schichten zu erzählen? Konsolen, von Grund auf neu zu entwerfen. Research & Learning Research & Learning Es bedarf einer spezifischen Sprache der Be- insidelieutenantgustl.com, poesie.media schreibung, Clusterung und Kategorisierung; Modi des Erhalts und der Präsentation sind jeweils anhand des konkreten Falls zu entwickeln. Zudem ist der Gebrauch meist zeitlichen Beschränkungen unterworfen, Hijacking the System da Hard- und Software einer „natürlichen“ Vergänglichkeit unterliegen und – häufig uneindeutige – Lizensierungsverfahren durch- laufen werden müssen, ähnlich wie bei urheberrechtlich geschützten künstlerischen Mit Cornelia Sollfrank Inhalten. In dieser Folge unseres The Culture & Technology Für den erfolgreichen Aufbau von „Research Podcast ist Cornelia Sollfrank zu Gast. Als Pionierin der 1 Digitize Museum für Naturkunde © Thomas Rosenthal & Learning“-Strukturen sind langfristige Netzkunst und des Cyberfeminismus erkundete sie 1/2 © Studio Brauneis, Poesie Media, Deborah Sengl Perspektiven entscheidend: Ist das System in ihrer künstlerischen Arbeit bereits in den 1990er Jahren modular erweiterbar? Welchen Aufwand die Potenziale des damals noch neuen World Wide beansprucht die Pflege (zeitlich, personell, Web. Wie kann dieses genutzt werden, um Dinge anders finanziell)? Und welche Alternativen stehen zu machen? Bis heute stehen in ihrer Arbeit Themen zur Verfügung, wenn sich die verwendete im Fokus, die aktuell überaus relevant sind: digitale 2 ACMI Wonderland © Anne Moffat Software durch Updates verändert und Kulturen, Selbstorganisation durch neue Technologien einzelne Funktionen nicht mehr unterstützt und Daten als Werkzeug, das sowohl positiv als auch 3 werden? negativ genutzt werden kann. 3 © Cornelia Sollfrank The Culture & Technology Podcast Folge 8
dem Potenzial von spielerischer Interaktivität, Immersion und Struktur fragen, zeigen sich neue Möglichkeiten. Gamifizierte Konzerte Die Art, wie wir Musik hören, hat sich für viele in den letzten zehn Jahren durch Streaming- Als Friedrich Schiller prominent argumentierte, Dienste und die massive Verbreitung von dass wir nur da ganz Mensch sind, wo wir unscheinbaren Kopfhörern verändert. Konzert- spielen, nahm er das Spielen nicht wirklich besuche wirken dabei, bis auf den Einsatz ernst. Er distanzierte sich sogar ganz be- von Handy-Lichtern statt Feuerzeugen, noch wusst vom Spiel, wie es im wirklichen Leben wie vor 30 oder 40 Jahren. Aus einer im Gange ist und bezog sich in seiner Aus- spielerischen Perspektive stellt sich dabei die sage rein auf das Spiel der Gedanken und der Frage, wie das Publikum interaktiv ins Fantasie. Heute – 220 Jahre später – hat Geschehen eingreifen kann und welches fiktive sich dieser Habitus mitunter gehalten: Spiele Problem es dabei lösen könnte. Welche sind im Trend, Gamification findet sich in Spielmechanik könnte die Immersion vertiefen fast allen Apps und Videos, Games haben sogar und welche Technologie könnte noch tiefer in 14 15 die Musik- und Filmindustrie finanziell über- trumpft. Spiel ist und war Teil unserer Kultur, aber dürfen Spiele heute auch Teil unserer das Musikerlebnis eindringen? Was, wenn Sie sich im Konzert als Teil der Musik fühlen? Oder was, wenn Sie gar mitspielen können Hochkultur sein und auch in die edlen Hallen und dabei etwas Neues schaffen? Die Tatsache, unserer Kultureinrichtungen Einzug halten, dass wir uns das nicht vorstellen können, anstatt nur auf Bildschirmen in Kinderzimmern sollte gerade die Neugierde am Experiment stattzufinden? Natürlich nicht, würde Schiller dazu befeuern. Ähnlich erging es jenen, sagen, aber vielleicht übersieht er dabei eine die ein Secret Concert der Band Mando Diao besondere Kraft, die gerade spielerische besuchen wollten. Sie entschlüsselten wochen- Spiel ins Spiel Erfahrungen in unserem Jahrhundert bekom- lang Rätsel über den Veranstaltungsort, um am men haben. Tag des Konzerts in Schweden die Location im Wald zu entdecken. In den letzten Jahren wurde viel über das Potenzial von Spielen gesagt und die techno Spielerisches Museum logische Entwicklung hat neue Formen des digitalen, hybriden und virtuellen Spiels Museen haben bereits früh den Wert der 1 ermöglicht. Für den Kulturbereich lohnt Interaktivität erkannt. Das Publikum will etwas Research & Learning Research & Learning es sich, drei Aspekte des Spiels zu würdigen: aktiv erleben, probieren und sinnvolle Er seine Interaktivität, Immersion und Struktur. fahrungen machen. So konnte man Werke wie Jedes Spiel beinhaltet eine interaktive Heraus die Mona Lisa im Pariser Louvre mit dem forderung, die durch die Akteurinnen und Nintendo 3DS Audio Guide spielerisch suchen Akteure aktiv gelöst werden muss. Dabei und finden oder im Kunst- und Geschichts tauchen die Spielenden in die Narration, in museum in Genf durch eine AR-App die fehlen- Konstantin Mitgutsch über Gamification die Welt sowie das Ziel des Spiels ein und den Körperteile von Statuen erkennen. verlieren sich darin. Und letztlich wird die Aus einer spielerischen Perspektive wird es Lösung des fiktiven Problems als Feedback jedoch erst wirklich spannend, wenn die bringen an die Spielenden zurückgepasst. Spiele Magie des Spiels tatsächlich eingesetzt wird. sind dabei ein „magischer Zirkel“, in den man Gut, Sie kennen ziemlich wahrscheinlich für eine bestimmte Zeit eintritt und während- die Mona Lisa, aber kennen Sie auch den Garten dessen Raum und Zeit vergisst. Gamification des Louvre? Eben! Und genau den kann bedeutet dabei, dass man aus diesem Zauber man unter dem Titel „Mysteries at the Tuileries“ nur einzelne Bestandteile entnimmt und damit als Team in Form eines Mystery Adventure- reale Erfahrungen bereichert. Welche Magie Games erspielen. Dabei gelingt es zum einen, kann also das Spiel in kulturelle Bereiche Unentdecktes in die Aufmerksamkeit des bringen? Publikums zu bringen, aber auch wertvolle und freudvolle soziale Erfahrungen und Erinne- Bevor wir Bereiche in den Blick nehmen, die rungen zu erzeugen. im Kulturbereich bereits ihre Türen für spielerische Erfahr ungen geöffnet haben, wie Museen, Theater Der Film als schwieriges Spielfeld oder Veranstaltungen, klopfen wir vorab an die verschlossenen Türen von Konzerten, Ein Medium, das sich bereits beeindruckend 1 © Manuela Strametz Kinos oder Vortragssälen. Ein Konzert als lange erfolgreich gegen die spielerische Spiel zu erleben, erscheint wohl auf den ersten Übernahme wehrt, ist der Film. Bis auf einige Blick nur der „Generation Tik Tok“ sinnvoll, wenige Ausnahmen in den 1970er Jahren, die Konzerte ihrer Lieblingsstars bereits digital einem Experiment mit Publikumsbeteiligung besucht. Wenn wir aber auf einen zweiten auf Arte und semi-interaktiven Versuchen Blick dem Spiel eine Chance geben und nach wie Black Mirror: Bandersnatch auf Netflix, sind
Interaktive Spielräume Konstantin Mitgutsch Immersiv und spielerisch können Sie heute zum Beispiel auch im Van Gogh Museum in Spieleentwickler, Amsterdam den Blick des Künstlers auf die Welt Forscher & Autor durch interaktive Animationen seiner Bilder erleben. Dabei werden die Bilder selbst zur Spielfläche und das Spielziel ist es, in das Leben von Vincent van Gogh einzutauchen. Konstantin Mitgutsch ist ein österrei- Spannend ist dabei auch, wie sich unter- chischer Spieleentwickler, Autor schiedliche Felder in diesen Erfahrungen ver- und Forscher. Er promovierte in Erzie- mengen: Bildende Kunst, Technologie, hungswissenschaft in Wien, arbeitet Game-Design, Experience-Design, Tanz … Der als Forscher am Massachusetts Blick wird dabei auf die Spielenden als Institute of Technology in Boston und aktive Akteurinnen und Akteure gerichtet. Ein gründete 2014 die Game Design solches Experiment haben wir von Playful Agentur Playful Solutions. Sein Fokus Solutions für BMW zum Thema Data Analytics liegt auf transformativen Lernpro- durchgeführt und mit interaktivem visuellem zessen und dem sinnvollen Einsatz Raumdesign über Sensoren der Wiener Agentur von interaktiven Technologien in 2 17 Bildwerk und einem Game-Design des Studios Lost in the Garden ein ungewöhnliches Erlebnis geschaffen. Die Mitarbeitenden Veränderungsprozessen. erleben in einer spannenden Sci-Fi Story, wie man Data Analytics und KI (Künstliche Spiel und Film scheinbar schwer zu kombinieren. Intelligenz) kreativ zum Lösen von Problemen Was aber, wenn wir Filme, Kinos und die Zu einsetzen kann und was das mit ihrer Arbeits- schauenden neu denken? Was, wenn unsere realität zu tun haben kann. In einer Weiterent Handys nicht mehr störend klingeln, sondern wicklung dieses interaktiven Ansatzes, sinnvolle Werkzeuge zum Erleben der Filme in haben wir im Projekt TeamPLAY den Einsatz Kinos werden? Was, wenn VR und AR gerade des Handys als kollektives Steuerungsele- an diesen Orten ein sinnvolles Zuhause finden? ment im Spiel für Teams eingesetzt. Wenn Und was, wenn Sie das beste Filmerlebnis die digitale und reale Welt sinnvoll aufeinander- Ihres Lebens noch gar nicht hatten? Was, wenn treffen, können ungeahnte Formen der Theater, Film, Musik und Spiel sich ver Kollaboration und Kommunikation entstehen. mischen? Dass diese Vorstellung gar nicht so utopisch ist, zeigte der Cirque du Soleil mit In diesem Sinne soll neben dem Trend rund um Research & Learning Research & Learning seiner interaktiven Show „Toruk“. Dabei wurde Interaktivität, Spiel und Gamification nicht der Film Avatar neu interpretiert und das vergessen werden, dass diese Erfahrungen Publikum konnte durch die App vor dem Event einen Mehrwert bringen sollen. Sie sollen in die Geschichte eintauchen, während der nicht zum Marketing-Gag, zum Aufputz des Aufführung weitere Ebenen des Spiels sehen Langweiligen oder zum belanglosen Scherz und sogar die Visuals des Stücks selbst werden, sondern sie sollen uns – ganz im Sinne steuern – es wurde selbst Teil des Erlebnisses. von Schiller – noch mehr zu Menschen machen. Spiel ins Spiel zu bringen heißt, Span- nung, Geschichte, Struktur und aktives Tun mit Technologien aller Art so zu nutzen, dass wir sinnvolle Erfahrungen machen, die uns etwas bedeuten. 3/4 © Lea Fabienne Photography 2 © Playful Solutions 3 4
„Kein Medium Stephan Schwingeler Kunsthistoriker und Medien- ist dem anderen wissenschaftler Stephan Schwingeler ist Kunst- historiker und Medienwisseschaftler überlegen“ mit Fokus auf die Bereiche Bild- SIE BEFASSEN SICH ALS WISSENSCHAFTLER wissenschaft, Medienkunst und Com- UND KURATOR MIT COMPUTERSPIELEN puterspiele. Er ist Professor für SOWOHL ALS KUNST- ALS AUCH ALS VER- Medienwissenschaft an der HAWK MITTLUNGSFORM. WAS EMPFEHLEN SIE Hochschule für angewandte Wis- MUSEEN UND KULTURINSTITUTIONEN IM senschaft und Kunst Hildesheim an HINBLICK AUF DIE KURATIERUNG VON der Fakultät Gestaltung. Zuvor war Computerspiele im Kulturbereich AUSSTELLUNGEN UND DIE EINBEZIEHUNG er Professor für Game Design an VON DIGITALEN GAMES UND WEITEREN der media Akademie – Hochschule Interview mit Stephan Schwingeler geführt 18 von Jutta Scheibelberger 19 DIGITALEN MEDIEN? In meiner Forschung als Kunsthistoriker gibt es keinen Paragone, also keinen Wettstreit Stuttgart. Er arbeitet zudem als Kurator. der Künste. Ich gehe davon aus, dass keine Gattung, kein Material, kein Medium und keine Technik der anderen per se überlegen ist. Vor dem Hintergrund dieser Prämisse kann es für Museen und Kulturinstitutionen durchaus sinnvoll sein, digitale Spiele in Ausstellungen und Sammlungen zu integrieren. Computer- spiele, auch wenn sie außerhalb der Kontexte der „Artworld“ stehen, können etwas über den Status Quo der Gesellschaft sagen, in der sie entstanden sind. Es lassen sich zahlreiche Beispiele dafür finden, wie digitale Spiele im Museumskontext erscheinen können, zum Beispiel selbst als Exponat oder als Ver- Research & Learning Research & Learning mittler von Inhalten. Ich empfehle daher eine grundsätzliche Offenheit für dieses neue Medium, da es enormes Potenzial in sich birgt. WELCHE VORTEILE GIBT ES FÜR BESU- CHENDE, INTERAKTIVE INHALTE SPIELE- RISCH ZU ERSCHLIESSEN? Durch interaktive Einbindung des Publi kums kann ein Gefühl der Teilnahme und Teilhabe entstehen. Das kann mitunter fantas tische neue Erfahrungen mit sich bringen. SIE WAREN FÜR AUFBAU UND PFLEGE DER GAME-PLATTFORM UND DAUERAUSSTEL- 2 Habitat by Heleen Blanken with Naivi and Stijn van Beek 3 Adam Scarborough: The Democracy Machine! (2015) LUNG ZKM_GAMEPLAY IM INTERNATIONAL RENOMMIERTEN ZKM: ZENTRUM FÜR KUNST UND MEDIEN KARLSRUHE VERANT- WORTLICH. WELCHE ERKENNTNISSE GAB ES FÜR SIE BEI DIESEM PROJEKT? 1 Stephan Schwingeler © Kevin Momoh Interaktivität ist aus kuratorischer Sicht in jeglicher Hinsicht wesentlich aufwändiger in der Handhabung als die sogenannte Flach- ware, die am Nagel hängt und dort in der © ZKM, Foto: Elias Siebert Regel bleibt. Das bedeutet, eine Ausstellung zu kuratieren, die auf interaktive Inhalte setzt, braucht eine zeit- und personalintensive © Peter Tijhuis technische und kuratorische Betreuung. Und: Interaktivität ist nicht gleich Interaktivität, Computerspiel ist nicht gleich Computerspiel. Es gibt so viele Facetten und Unterschiede in 1
„Nicht jedes Game eignet sich für ein Gemeinsam Museum.“ Inhalte erarbeiten Stephan Schwingeler NAKE & YOUKI Wie kann man eine reizüberflutete Zielgruppe zum diesen Bereichen, dass die Exponate sorg- Mitmachen anregen? Das Team von NAKE Magazin hat fältig ausgesucht werden sollten. Nicht jedes für das YOUKI Filmfestival 2020 ein interaktives Game eignet sich für ein Museum. Daher Online-Angebot geschaffen, das junge Kreative dazu 1 braucht es Kuratorinnen und Kuratoren, die sich motivierte, Inhalte für das Festivalmagazin YOUKIzine (auch) in diesem Metier zuhause fühlen. 2 spielerisch mitzugestalten. Die digitalen Spaces auf Mozilla Hubs folgen dem Ansatz, das interaktive Potenzial WAS GILT ES BEI DER ARCHIVIERUNG VON räumlicher Begegnungen im Digitalen zu nutzen. Teilneh- DIGITALEN GAMES ZU BEACHTEN? mende können sich als Avatare durch die virtuelle Das ist ein ungelöstes Problem, an dem Umgebung bewegen, Rätsel lösen und sich mit ihren 20 zurzeit zu wenig gearbeitet wird. Setzt man auf physische Datenträger, auf Software oder auf Emulatoren? Ist es sinnvoll, alle Dateiversi- 21 Antworten in die YOUKI Redaktion einbringen. Die Inhalte entstehen also durch gemeinschaftliche Arbeit. Die Ergebnisse werden ihrem Format entsprechend onen zu erhalten? Wie gehen wir mit Online- archiviert. So stehen die im Spiel GLITCH ME! entstan- Spielen um, die von Millionen Spielenden gleich- denen 3D-Morphs als digitale Objekte weiterhin zeitig auf parallellaufenden Servern gespielt bereit und werden gemeinsam mit Inhalten unterschied- 2 werden? Es gibt in diesem Sinne kein „Artefakt“, lichster Art im YOUKIzine veröffentlicht. das man ins Regal stellen oder abspeichern könnte. Wie nachhaltig sind diese Lösungen? nake-mag.com, youki.at nake-mag.com/story/become-spaces-die-interaktive- All dies sind Fragen, die insbesondere in einigen online-redaktion/ Jahren eine Rolle spielen werden, wenn zukünftige Medienarchäologinnen und -archäo- logen zum Beispiel versuchen werden, eine veraltete Software-Version eines alten Spiels auf obsoleten Computern zum Laufen zu Screendesign als Vergrößerungsglas bringen. Research & Learning Research & Learning WELCHEN TECHNOLOGISCHEN ENT WICKLUNGEN BLICKEN SIE MIT SPANNUNG ENTGEGEN? Wild & Kunsthistorisches Ich bin gespannt, was Zuckerberg mit dem Metaverse vorhat. Das ist nicht unbedingt Museum Wien eine Entwicklung, der ich mit Freude entgegen- sehe, sondern eine, die ich eher kritisch Die gemalten Welten Pieter Bruegels sind ein sinnliches beäuge. 3 Erlebnis. Mit „Bruegel – Once in a Lifetime“ zeigte das Kunsthistorische Museum 2018/19 die bis dato umfang- reichste Ausstellung seiner Werke. Die begleitend von der Wiener Digitalagentur Wild gestaltete Website macht die dargestellten Szenarien digital erlebbar. Der virtu- elle Ausstellungsrahmen eröffnet Einblicke in Bruegels gemaltes Miniaturwunderland, wie es sonst nur das Vergrößerungsglas erlaubt. Im übersichtlichen Design bieten Animationen, Audio- und Video-Essays detail- reiche Perspektiven auf das Schaffen Bruegels und er- möglichen die Erkundung seines Œuvres entlang spezifischer Interessen: Interaktive Grafiken heben die 3/4 © KHM & We Are WILD GmbH 4 narrativen Elemente der bruegelschen Wimmelbilder hervor, Infrarot-Reflektogramme zeigen die inhaltliche Entwicklung der Gemälde in ihrer zeitlichen Dimension. 1/2 © Marion Müller/NAKE Funktionalität, ästhetische Gestaltung und spielerische Exploration vereinend, stellen sich Wild erfolgreich der Frage, wie sich der Vorgang des Entdeckens in Pixel übersetzen lässt und laden auf eine Reise ins Innere der Gemälde ein. bruegel2018.at, wild.as 3
„Die Offenheit einander zu helfen“ Interview mit Sean Green geführt von Elisabeth Noever-Ginthör 22 23 NEW INC wurde 2014 vom New Museum in New York City gegründet und ist der erste von einem Museum geführte Kultur-Inkubator mit dem Ziel, Innovation durch Zusammenarbeit in den Bereichen Kunst, Design und Technologie zu fördern. Über 540 Kreativschaffende Research & Learning Research & Learning haben bereits an dem Programm von NEW INC teilgenommen und Projekte mit Fokus auf aktuellen gesellschaftlichen und sozialen Herausforderungen entwi- ckelt. Schwerpunkt sind dabei Fragen des Datenschutzes, des Klimas, der Inklusion, aber auch der Bildung und unserer neuen Arbeitswelten. Wir haben mit Sean Green, NEW INC 1 Sean Green © GreysonTarantino Alumnus und Gründer von ARTERNAL, gesprochen, um mehr über den Kultur- Inkubator, seine Arbeit sowie über die Rolle der Kunst in unserem zunehmend digitalisierten Leben zu erfahren. 1
2 24 SEAN, MIT ARTERNAL BIETEN SIE DIGITALE LÖSUNGEN FÜR KUNSTGALERIEN, KUNST- BERATUNGSAGENTUREN UND AUKTIONS- HÄUSER – ZUM BEISPIEL DIGITALE CRM- (CUSTOMER RELATIONSHIP MANAGEMENT, ALSO KUNDENBEZIEHUNGSMANAGE- MENT), INVENTAR- UND FINANZ-TOOLS. WIE HAT SICH IHRE URSPRÜNGLICHE GESCHÄFTSIDEE WÄHREND IHRER ZEIT BEI NEW INC ENTWICKELT? WAS WAREN IHRE WICHTIGSTEN ERKENNTNISSE? Unsere ursprüngliche Geschäftsidee haben wir mehrmals weiterentwickelt. Mit i-beacon NFC-Technologie als Schwerpunkt haben wir Research & Learning 2014/15 bei NEW INC als ARTLOCAL damit begonnen, bessere Möglichkeiten zu finden, wie Menschen über iPhones mit Galerien und Museen interagieren können. Als es an der Zeit war, unsere Monetarisierungsstrategie zu besprechen, wurde uns klar, dass Galerien sich nicht so sehr um Besuchendenzahlen kümmern, sondern es vor allem um maximalen Umsatz geht. Deshalb haben wir unser Haupt- 3 augenmerk dann auf den Aufbau von persön- lichen Beziehungen gelegt. Zu diesem Zeit- punkt gab es noch kein CRM-Tool, das sich auf die Besonderheiten des Kunsthandels kon- zentrierte. 2016 haben wir bei unserem ersten Auftrag gelernt, dass intensive Recherche notwendig ist, um ein Produkt anbieten zu können, das den individuellen Bedürfnissen der 2/3/5/6 Courtesy New Museum and NEW INC Kundschaft gerecht wird. Außerdem wurde klar, wie wichtig die Zusammensetzung des 4 Courtesy New Museum and NEW INC Teams ist. Es ist nicht immer einfach, für eine bestimmte Aufgabe die richtigen Leute zu finden, aber wenn man es geschafft hat, macht es umso mehr Spaß, an Projekten zu arbeiten und ein Startup zu führen. Ein © Stephanie Mei-Ling © Photo KAUFMAN Unternehmen aufzubauen und Begeisterung für Unternehmertum zu verbreiten, braucht viel Energie. Deshalb sollte man sich mit den richtigen Leuten umgeben, denen man vertraut und die einen auch in harten Zeiten stützen. 4
„Von zentraler Bedeutung sind für uns die Vielfalt im Denken und die Diversität der Menschen.“ Sean Green 27 5 NEW INC LEGT GROSSEN WERT AUF SEINE Die Art und Weise, wie sie uns zum Nachdenken COMMUNITY VON KREATIVSCHAFFENDEN, anregt und gegenwärtige und vergangene UNTERNEHMERINNEN UND UNTERNEHMERN Ereignisse um uns herum einbezieht, kann nicht MIT UNTERSCHIEDLICHEM HINTERGRUND. genug geschätzt werden. Heute sind alle WIE HAT IHR UNTERNEHMEN VON DIESER ganz von NFTs (Non-fungible Tokens) besessen. COMMUNITY PROFITIERT? Ob man das Thema mag oder nicht, es Es gab einige wirklich talentierte Design- macht die Welt der Kunst für jüngere Genera schaffende für User Interfaces und User tionen in vielerlei Hinsicht interessanter. In Experience (UI/UX) und auch Leute, die wuss- einer zunehmend digitalen Welt habe ich das Research & Learning ten, wie man Probleme löst und über den Gefühl, dass Kunst, ob digital oder traditio- Tellerrand hinausschaut. Bei der Entwicklung nell, immer noch ein Bereich und ein Thema ist, unserer Software war es besonders lehrreich, das uns erdet und uns menschlich macht. kreative Köpfe zu unterstützen, die eine Pop-up- Galerie betreiben oder neue Interaktionen NEW INC BESCHREIBT SICH SELBST ALS für ein Produkt entwickeln, das sie auf den Markt EINE WERTEORIENTIERTE ORGANISATION. bringen wollen und das ähnliche Elemente IN WIEN WOLLEN WIR UNTER DEM MOTTO wie das unsere enthält. Die Offenheit und die „DIGITALER HUMANISMUS“ DIGITALE PRO- Bereitschaft, sich gegenseitig zu helfen, JEKTE UNTERSTÜTZEN, DIE UNS HELFEN, waren ein bereichernder Teil der Arbeit bei BESSER ZU INTERAGIEREN, ZU KOMMUNI NEW INC. Wir haben alle an unseren per- ZIEREN UND ZU LERNEN – UND SOMIT sönlichen Projekten gearbeitet, uns aber immer BESSER ZU LEBEN. WELCHE WERTE SIND Zeit für ein kurzes Gespräch genommen, FÜR IHR UNTERNEHMEN ENTSCHEIDEND? um einander zu helfen, zu beraten oder zu Von zentraler Bedeutung sind für uns die unterstützen. Vielfalt im Denken und die Diversität der Menschen, transparente Kommunikation, ein WELCHE ROLLE KANN DIE KUNST IM von Respekt und guter Stimmung geprägter HINBLICK AUF DIE VERÄNDERUNGEN IN Führungsstil, aber auch das Motto „Work hard UNSERER STÄNDIG STÄRKER DIGITALI- and play harder“. SIERTEN LEBENS- UND ARBEITSWELT SPIELEN? Die Kunst spielt eine unglaublich bedeu- tende Rolle in unserer digitalen Welt. Während der Pandemie überkam mich zum ersten Mal beim Betreten einer Galerie das Gefühl, dass in dieser trostlosen Zeit meine Seele dort wieder genährt wird. Kunst hat eine Wirkung auf das Gemüt, die schwer zu be- schreiben ist. Sie bringt Gefühle zum Vor- schein, die heilsam und stärkend sein können. 6
Visitor Experience 28 29 Storytelling in Kunst und Kultur Welche digitalen Tools machen Kultureinrichtungen zu besseren Geschichtenerzählerinnen? Emotion durch Partizipation Wie können Kulturangebote als immersive Erfahrungen Virtuell Nähe erzeugen inszeniert werden und damit emotionale Beteiligung schaffen? Eine vertrauenswürdige Wie lässt sich mittels digitaler Technologien eine nachhaltige Kommunikation mit dem Publikum aufbauen? Quelle sein Wie können aktuelle Technologien neue Zielgruppen erschließen und inklusive Erlebnisse schaffen? Wie lassen sich Kulturangebote in den eigenen vier Wänden erleben?
Projekt abgestimmte Strategien. Während sich die Zuständigkeiten von Dramaturgie, Presse und Öffentlichkeitsarbeit sowie pädago- gischer Arbeit immer mehr verschränken, wächst auch die Schnittmenge von Regie und kuratorischer Tätigkeit. Gleichzeitig ist die Inszenierung von Erfahrung immer vom Inhalt aus zu denken: Welche Geschichten können und wollen wir erzählen, um unser Publikum emotional zu aktivieren – nicht nur um einen Nicht weniger als 60 Mal verwendete Facebook- Anteil an der Aufmerksamkeitsökonomie zu Gründer Mark Zuckerberg bei der Prä reklamieren, sondern vor allem um gestaltend sentation seines „Metaverse“ im Oktober 2021 und identitätsbildend zur Gesellschaft beizu- das Wort „Experience“. Bereits 1998 machten tragen? die Autoren Joseph Pine und James Gilmore Visitor Experience mit dem Begriff „Experience Economy“ klar, Aus der Barriere ein Sprungbrett dass Erfahrungen einen unschätzbaren Marken- bauen wert besitzen. Sie argumentierten, dass das Ziel darin bestehe, erinnerungswürdige Erleb- Es lohnt sich, frühzeitig über Barrierefreiheit 30 31 nisse für die eigene Kundschaft zu kreieren. Im Idealfall gestaltet sich diese Erfahrung als transformierendes Ereignis – und diese im Virtuellen nachzudenken, denn häufig stellt sich erst in Versuchen mit einem Testpu- blikum heraus, dass neue Technologien Umwandlungsenergie fließt zusätzlich in den weit weniger intuitiv zu bedienen sind, als Apple- Wert des Dargebotenen ein. Einen ähnlichen Gründer Steve Jobs es einst versprach. Ansatz verfolgt die „Attention Economy“, in der Die Staatlichen Museen Berlin bieten etwa als die limitierte Ressource Aufmerksamkeit Pandemieformat „Führungen“ am Telefon zur Währung wird. Darauf reagiert auch die an und erwecken die Kunstwerke, basierend Kulturbranche und macht sich Strategien auf Beschreibungen für sehbehinderte des User Experience (UX)-Designs zunutze. Menschen, erzählend zum Leben. Auch das MAK – Museum für Angewandte Kunst Gutes UX-Design zeichnet sich unter anderem Wien setzt mit seinem digitalen Museumsguide durch intuitive Navigation aus: Ist das tech- auf narrative Hörstücke (S. 33). Bei Sonic nologiegestützte Erlebnis barrierefrei, einfach Traces kommt der räumliche Aspekt dazu: Die zu bedienen und mit klaren Markern der Augmented Reality-App hinterlässt an realen Orientierung versehen, verfolgt das Publikum Orten hörbare Spuren (S. 44). die Inszenierung gern bis zum Ende – ins- Geschichten erzählen und Erfahrungen gestalten besondere wenn der rote Faden der Geschichte Räumliche Grenzen überwinden: Visitor Experience Visitor Experience nachvollziehbar und die Story immersiv (hyper-)lokal & international oder gar interaktiv gestaltet ist. Mehr dazu im Text von Sofia Widmann und Olga Tykhonova Versuche, die Erlebnisqualität des Dar- (S. 34). gebotenen zu erhöhen, greifen bisweilen auf nostalgisch aufgeladene Formate zurück: Neue Formate durch interdiszipli- In einem Drive-In-Museum, wie es sich Wolf näre Zusammenarbeit Vostell schon vor 50 Jahren vorgestellt hat („Project for a Drive-in Museum“, 1970), Wie würde es aussehen, wenn Kultureinrich- transportiert das Autoradio die Geschichten tungen ihre eigenen TV-Shows entwickelten? zum Gesehenen. Und auch die Post kommt Ein Dschungel-Camp im Naturhistorischen vielerorts zum Einsatz: etwa als „Briefkasten- Museum, eine Casting-Show im Musikverein, theater“, oder in Form performativer Hybride, ein Dating-Format im Kriminalmuseum, oder die lokale Geografie und digitale Erfahrung eine Seifenoper auf Basis eines Bürgerlichen auditiv mithilfe einer Smartphone-App und Trauerspiels? physisch anhand eines postalisch zugestell- ten Starter-Kits verbindet. Um Kulturangebote als Erfahrungen zu insze- by Marshmallow Laser Feast © Peter Tijhuis nieren, bedarf es Expertisen in visueller Neben örtlich gebundenen Installationen – wie 1 Nxt Museum: Distortions in Spacetime Gestaltung, Programmierung, Psychologie und dem Animaker von OMAi (S. 39) – steigt Interaktionsdesign. Dem entspricht, dass die Nachfrage nach „Homebased Stories“, also Stellenausschreibungen im Kulturbereich ver- Erfahrungen für zu Hause. Diese funkti mehrt mit neuen Begriffen operieren. Der onieren für sich genommen, oder spinnen vor Zuwachs an Ausbildungsangeboten im Bereich Ort – etwa in einer Ausstellung oder Auf- Digitale Psychologie, welche unter anderem führung – ausgelegte Erzählfäden fort. Die die psychologischen Auswirkungen digitaler Praktiken des „Second Screen“, also der Technologien und Medien untersucht, zeigt, parallelen Bildschirmnutzung, sind dabei kein dass Social Media-Kanäle nicht nebenher be- Hindernis, sondern können vielmehr produktiv spielt werden können. Es erfordert präzise, in eine medienübergreifende Erzählung auf die jeweilige Institution bzw. das jeweilige integriert werden. Denn die Sehgewohnheiten 1
im virtuellen Raum begünstigen nicht-lineares Storytelling, das Unterbrechung, Ablenkung und Gleichzeitigkeit als Bestandteile der Insze- Geschichten aus dem Museum nierung bedient. Virtuelle Nähe aufbauen Online-Tourismus holt die Innenwelten von LWZ, Huangart & MAK Kultureinrichtungen in die eigenen vier Wände: Digitalisierte Architekturen beschwören die Der digitale MAK-Guide erzählt die Geschichten von 100 Erinnerung an einen früheren „echten“ Besuch ausgewählten Objekten des Museums für Angewandte herauf, inklusive der dazugehörigen Emotio- Kunst Wien und informiert u. a. über deren Hintergründe, nen. Virtuelle Besuche wecken die Sehnsucht historische und sozialpolitische Zusammenhänge und nach einer „realen“ Erkundung in möglichst Materialien. naher Zukunft, so zum Beispiel beim Artificial Die Web-App führt das Publikum mit Hörstücken Museum, das ästhetische Erfahrung mit und hochauflösenden Bildern durch das Angebot des konkreten GPS-Daten verknüpft (S. 47). Gleich- Museums. Vor Ort oder von zu Hause aus kann es so zeitig entstehen durch die Reichweite des Themenrundgänge absolvieren, sich durch das Haus Internets Verknüpfungen, die sich allein durch bewegen, gezielt Objekte suchen, Lieblingsstücke spei- analoge Mobilität womöglich nie ergeben hätten. Diese Vernetzung umfasst inhaltliche Zusammenhänge ebenso wie Arbeitskon- 33 chern und virtuell mit anderen teilen. Gestaltet und entwickelt wurde der Guide vom Wiener Design- und Animations-Studio LWZ mit der Digitalagentur Huangart. texte und länderübergreifende Teamarbeit. Die Was ist das Wichtigste bei der Gestaltung eines Aufhebung des physischen Raums bringt digitalen Museumsführers? „Das Zusammenspiel der ein eine ungekannte Beweglichkeit mit sich. Damit zelnen Disziplinen. Viele Museumsguides erfüllen nur 1 ändert sich auch das Publikum. Welche die technischen und inhaltlichen Anforderungen, haben Auswirkungen auf die Inhalte nimmt es, wenn aber erhebliche Schwächen darin, wie sich ein Guide statt physisch präsenten Personen ein anfühlt und aussieht“, so Stefan Lechleitner von Huangart. weltweites Publikum angesprochen wird? guide.mak.at, lwz.studio, huangart.at Beziehungsarbeit und Vernetzung 2 Das pandemiebedingte Fernbleiben von Gele- genheitspublikum hat die „Beziehungs- arbeit“ auf der Prioritätenliste von Kulturein Art’s Role in richtungen signifikant nach oben versetzt. Eine Möglichkeit zum Aufbau eines sympathi- Our New Visitor Experience Visitor Experience Extended Reality schen Expertinnen- und Experten-Images besteht in der Personalisierung: die Menschen hinter den Projekten sichtbar machen. Per- sönliche Geschichten und geteilte Momente sprechen uns mehr an als das abstrakte Mit Eva Fischer und Barnaby Konzept einer Institution. Das Auftreten vor Publikum will allerdings gelernt sein. Pro Steel fessionelle Unterstützung kann die Wirkung In unserer Wahrnehmung der Welt sind wir doch alle in vor der Kamera oder hinter dem Mikrofon unseren eigenen Köpfen gefangen – richtig? signifikant verbessern. Was wäre, wenn digitale Technologien uns helfen Erfolgreiche Content Curation lebt von der könnten, die Grenzen unseres Denkens und unserer Interaktion mit beteiligten Personen und In- Körper zu überwinden und uns Einblick in die Erlebnis- stitutionen, bezieht auch fremde Inhalte ein und welten anderer Lebewesen zu geben? Der Künstler verschafft durch Gastbeiträge einer großen Barnaby Steel und sein Studio Marshmallow Laser Feast Bandbreite an Stimmen Gehör. Voraussetzung laden uns mit ihren multisensorischen Installationen und dafür ist es, Online-Auftritte nicht in erster Virtual Reality Experiences genau dazu ein. Eva Fischer, Linie als Werbemaßnahme zu verstehen – viel die Kuratorin und Initiatorin des Wiener Festivals wertvoller ist es, persönliche Beziehungen 2 © NOUS Wissensmanagement GmbH für neue Medien, CIVA, unterhält sich in dieser Folge mit aufzubauen und das Gegenüber ernst zu Barnaby Steel darüber, wie VR uns helfen kann, Zugang nehmen. 2 zu einer Welt jenseits unserer Filterblasen zu finden. 2 © Barnaby Steel 1 © Huangart/Lwz The Culture & Technology Podcast Folge 2
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