Leseprobe - PIKON SAP Consulting
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SAP-Wissen aus erster Hand. Leseprobe Die Änderungen an SAP S/4HANA finden sich meist unter der Motor- haube. Die Autoren zeigen Ihnen in diesem Buch, wie Sie die Neue- rungen im Vertrieb nutzen. Am Beispiel von Retourenabwicklung und Cross-Company-Geschäften sehen Sie in dieser Leseprobe, wie Ihnen im Buch neue Funktionen und veränderte Einstellungen vorgestellt wer- den und das Zusammenspiel mit Produktion, Materialwirtschaft und Finanzwesen veranschaulicht wird. Am Ende der Leseprobe finden Sie die Einleitung und das vollständige Inhaltsverzeichnis des Buchs. »Retourenabwicklung« (Kapitel 12) »Cross-Company-Geschäfte« (Kapitel 15) »Einleitung« Inhaltsverzeichnis Die Autoren Alena Bauer, Fatjon Hoxha, Jochen Scheibler Vertrieb mit SAP S/4HANA – Das Praxishandbuch 752 Seiten, gebunden, Juli 2018 69,90 Euro, ISBN 978-3-8362-5968-2 www.sap-press.de/4519
Kapitel 12 Retourenabwicklung In diesem Kapitel erklären wir die betriebswirtschaftlichen Grundlagen einer Retourenabwicklung und deren Umsetzung in SAP S/4HANA. Dabei gehen wir auch auf die benutzerfreundlichere und vor allem schnellere er- weiterte Retourenabwicklung ein. Zum Vertrieb gehört auch eine rasche Bearbeitung von Kundenretouren. Wurde Falsches geliefert oder ist die Ware beschädigt, geht es um schnelle Schadensbegrenzung. Vor allem die Handhabung von Garantie- und Ku- 12 lanzfällen gehört zu den wichtigen Wettbewerbsvorteilen eines Unterneh- mens. Für eine schnelle Prüfung und Bearbeitung dieser Fälle ist jedoch eine effiziente Bearbeitung von Retouren unabdingbar. 12.1 Betriebswirtschaftliche Grundlagen Rücksendungen von Kunden gehören zu den eher unangenehmen Ereig- nissen im Vertriebsalltag. Gründe für Retouren können sein: 쐍 Es wurde die falsche Ware geliefert. 쐍 Die gelieferte Ware war schadhaft. 쐍 Der Kunde hat die falsche Ware bestellt. Nach dem Eingang der Retoure stellen sich folgende Probleme: 쐍 Identifikation des Materials 쐍 Bewertung des Materials 쐍 Verwendungsentscheidung 쐍 Gutschrift oder Ersatzlieferung für den Kunden Wenn die Ware aufbereitet wird, Ersatzteile ausgetauscht werden oder Ähn- liches, handelt es sich allerdings um eine Reklamation und nicht um eine Retoure (siehe dazu Kapitel 16, »Zentrale Reklamationsbearbeitung«). Bei einer erfolgten Rücksendung geht es zunächst darum, die richtige Mate- Identifikation rialnummer zu ermitteln. Über sie lässt sich feststellen, ob und wann die Ware geliefert worden ist. Vor allem bei der Rücksendung älterer Produkte, 335
12 Retourenabwicklung 12.2 Retourenabwicklung in SAP S/4HANA die meist ohne zusätzliche Dokumentation eintreffen, ist dies problema- sie direkt der geeigneten Entsorgung zuführen. Ist die Ware ohne größere tisch. Überarbeitung wieder verkaufsfähig, wird sie in den Bestand übernommen. Bewertung Der nächste Schritt besteht in der Bewertung des Materials. Lediglich dann, Schließlich kann das Produkt repariert werden. Die Abwicklung von Repa- wenn ein Produkt vom Kunden unmittelbar nach der Auslieferung zurück- raturen kann mithilfe der Komponente CS (Customer Service) vorgenom- geschickt wird und offenkundig kein Wertverlust eingetreten ist, kann es men werden. Diese verwendet Funktionen aus der Instandhaltungskompo- ohne Einschränkung in den bewerteten Lagerbestand übernommen wer- nente (sie ist Teil der Anwendung SAP Product Lifecycle Management, SAP den. Dieser Bestand wird dann zum Zeitpunkt der Wareneingangsbuchung PLM) und der Vertriebskomponente SD. mengen- und wertmäßig erhöht. Nach der Prüfung der Ware ist zu noch entscheiden, ob der Kunde eine Gut- Gutschrift oder schrift für die Retoure erhält. Eine andere Möglichkeit besteht in der Ersatz- Ersatzlieferung Wie ist aber zu verfahren, wenn der Warenwert gemindert ist? Wenn gewis- sermaßen eine B-Ware entstanden ist? In diesem Fall gibt es zwei Möglich- lieferung. Wichtig ist, dass der gesamte Retourenvorgang transparent und keiten: damit nachvollziehbar ist. 쐍 Zum einen können die Retourenprodukte unter einem eigenen Mate- rialstamm verwaltet werden. Dies führt aber schnell zu einer Vielzahl zu- 12.2 Retourenabwicklung in SAP S/4HANA sätzlicher Materialstämme. 12 쐍 Zum anderen kann man die Bestände eines Materials differenziert be- Für die Abwicklung von Retouren steht im SAP-Standard die Auftragsart RE Retourenauftrag werten. SAP S/4HANA bietet mit der Funktion Getrennte Bewertung die (Retourenauftrag) zur Verfügung. Retourenpositionen haben den Posi- Möglichkeit, Bestände unterhalb der Ebene Werk/Material über eigene tionstyp REN (Retourenposition). Über die Zuordnung der Einteilungsty- Bewertungssegmente unterschiedlich zu bewerten. Allerdings ist dann pen im Customizing wird der Einteilungstyp DN (Retoure) ermittelt. bei jeder Materialbewegung zu diesem Materialstamm das Bewertungs- Analog zur normalen Auftragsabwicklung (siehe Kapitel 7, »Terminauf- Retouren- segment mitzugeben. tragsabwicklung«) wird mit Bezug zum Retourenauftrag ein SD-Lieferbeleg anlieferung In der Praxis scheuen viele Unternehmen den Aufwand, den die Einfüh- mit der Lieferart LR (Retourenanlieferung) angelegt. Der Positionstyp in der rung und vor allem die Handhabung dieser Lösung verursachen. Letztlich Lieferung wird aus dem Auftrag übernommen. Im Customizing ist der Posi- ist von Fall zu Fall zu prüfen, welche Lösung mit vertretbarem Aufwand die tionstyp REN als »nicht relevant« für die Kommissionierung eingestellt. gewünschten Ergebnisse bringt. Unternehmen, die chargenpflichtige Pro- Für eine schnelle und einfache Abwicklung empfiehlt es sich, dass ein dukte herstellen, können die Differenzierung der Bestandsbewertung auch Kunde seine Retoure anmeldet. Dann können sowohl Retourenauftrag als über Chargen vornehmen. Zu jeder Charge kann ein eigenes Bewertungs- auch Retourenanlieferung schon in SAP S/4HANA erzeugt werden. Sendet segment mit einem Bewertungspreis angelegt werden. Somit bucht man der Kunde die entsprechenden Referenznummern mit, kann direkt der Wa- Retouren unter einer eigenen Charge ein und vergibt für diese Charge reneingang zum entsprechenden Beleg gebucht werden. einen eigenen Bewertungspreis. Der Kommissionierungsvorgang (die Rückmeldung der Pickmenge) findet Verwendungs- In der Regel wird das Material aber erstmal in einen gesperrten Bestand ein- beim Kunden statt. entscheid gebucht, um nach einer Überprüfung zu entscheiden, ob und wie das Mate- Der Einteilungstyp DN (Retoure) im Retourenauftrag führt in der Retouren- Retouren- rial zu bewerten ist. Dies erfolgt über einen sogenannten Verwendungsent- anlieferung über die Bewegungsart 651 zu einer Buchung in den Retouren- sperrbestand scheid. Folgende Möglichkeiten bieten sich an: sperrbestand. Dabei handelt es sich um einen unbewerteten Bestand. Aus 쐍 Verschrottung diesem Grund wird für diesen Materialbeleg kein Buchhaltungsbeleg er- 쐍 Einbuchen in den freien Bestand zeugt. Im Customizing der Komponente Materialwirtschaft (MM) gibt es zusätzliche Bewegungsarten, die für die Steuerung von Retouren eingesetzt 쐍 Reparatur werden können. Dazu gehört unter anderem die Bewegungsart 653. Diese Wegen einer möglichen Verschrottung ist es sinnvoll, die Ware gar nicht führt dazu, dass die Wareneingangsbuchung direkt in den frei verwendba- erst in den bewerteten, freien Bestand einzubuchen. Vielmehr sollte man ren Bestand erfolgt. In diesem Fall wird natürlich ein Buchhaltungsbeleg er- 336 337
12 Retourenabwicklung 12.2 Retourenabwicklung in SAP S/4HANA zeugt (Bestand an Bestandsveränderungen). Um diese Bewegungsart zu werden Erlöse (Nettowert der Position), Umsatzkosten (über die Konditi- nutzen, muss im SD-Customizing (Transaktion VOV6) ein neuer Eintei- onsart VPRS) und die Absatzmenge korrigiert. Allerdings ist es bei Gut- lungstyp angelegt werden. Am besten geschieht dies durch Kopie des Ein- schriften nicht immer sinnvoll, alle Werte zu korrigieren. teilungstyps DN. Dem neuen Einteilungstyp ordnet man die Bewegungsart Dabei sind im Wesentlichen zwei Fälle zu unterscheiden: 653 zu. Erlaubt man den neuen Einteilungstyp als Alternative, kann der An- 쐍 Rücksendung eines neuwertigen Produkts wender im Retourenauftrag durch Auswahl eines Einteilungstyps entschei- Der Kunde schickt ein neuwertiges Produkt zurück, z. B. wegen Überlie- den, ob in den Retourensperrbestand oder in den frei verwendbaren Be- ferung. In diesem Fall ist es sinnvoll, die Erlöse, Umsatzkosten und auch stand gebucht werden soll. die Absatzmenge zu korrigieren. Umbuchung in den Die Umbuchung vom Retourensperrbestand in den frei verwendbaren Be- frei verwendbaren 쐍 Rücksendung eines alten Produkts stand erfolgt über die Bewegungsart 453 in der Komponente MM (Trans- Bestand Der Kunde schickt ein altes Gerät zurück, z. B. im Zuge einer Verkaufsak- aktion MIGO_TR). tion, bei der Altgeräte in Zahlung genommen werden. Dann ist es sinn- Retourengutschrift Dem Kunden kann eine Gutschrift für die Retoure eingeräumt werden. voll, den Gutschriftsbetrag als negativen Erlös in CO-PA zu buchen. Die Dazu gibt es im Standard die Fakturaart RE (Retourengutschrift), bei der es Absatzmenge hingegen ist nicht zu korrigieren, und ebenso wenig ist es sich um eine auftragsbezogene Faktura handelt. In der Praxis wird man des- sinnvoll, die Umsatzkosten der laufenden Periode anzupassen. halb bei der Erfassung des Retourenauftrags immer eine Fakturasperre set- 12 zen. Diese kann abhängig vom Customizing der Auftragsart automatisch Im Customizing gibt es entsprechende Möglichkeiten, die betroffenen vom System vorgeschlagen werden. Erst wenn geklärt ist, dass eine Gut- Wertfelder abhängig von der Fakturaart von der Überleitung auszuschlie- schrift erfolgen soll, wird die Sperre manuell entfernt. Danach kann die ßen. Dies wird in Kapitel 13, »Gut- und Lastschriften«, vorgestellt. Gutschrift automatisch über den Fakturalauf erzeugt werden. Abbildung Des Weiteren ist es möglich, dem Kunden eine Ersatzlieferung zu schicken. Kostenlose 12.1 gibt einen Überblick über die Retourenabwicklung. Dazu sollte mit Bezug zum Retourenauftrag ein weiterer Auftrag mit der Lieferung Auftragsart Kostenlose Lieferung angelegt werden. Somit erscheint dieser Retourengutschrift Auftrag im Belegfluss des Retourenauftrags. Jeder Sachbearbeiter im Ver- Auftragsbezogene Retourenauftrag Fakturierung trieb kann erkennen, wie auf die Retoure reagiert wurde. Die Auftragsart Kostenlose Lieferung führt zu einem Positionstyp ohne Preisfindungsrele- Aufragsart: RE vanz und ohne Fakturarelevanz. Die kostenlose Lieferung könnte z. B. im Garantiefall eingesetzt werden. Garantielieferung PosTyp: REN Retourenlieferung Viele Unternehmen wollen jedoch den Aufwand für Garantielieferungen sowohl in der Finanzbuchhaltung als auch im Controlling gesondert aus- weisen. Um den Aufwand in der Finanzbuchhaltung auf ein Konto »Garan- tieaufwand« zu buchen, wendet man die gleiche Vorgehensweise an, wie sie für Musterlieferungen in Abschnitt 7.4.4, »Warenausgangsbuchung«, er- Umbuchung in den läutert wurde. Für einen Ausweis der Garantieaufwendungen in der Ergeb- Retourensperrbestand nis- und Marktsegmentrechnung (CO-PA) der Controlling-Komponente (CO) müssen wir die Ausführungen zur CO-PA-Schnittstelle aus Kapitel 5, Abbildung 12.1 Überblick über die Retourenabwicklung »Integration der Ergebnis- und Marktsegmentrechnung«, beherzigen. Dort haben Sie gesehen, dass im »normalen« Auftragsprozess sowohl Erlöse als Integration mit dem Über die Gutschrift wird ein Buchhaltungsbeleg erzeugt. Dieser enthält die auch Kosten aus der SD-Faktura in die Ergebnis- und Marktsegmentrech- Rechnungswesen »umgekehrte« Erlösbuchung: Umsatzerlöse und Mehrwertsteuer an Debi- nung übergeben werden. Bei einer kostenlosen Lieferung ist eine SD-Faktu- tor. Wie bei einer Faktura können auch bei einer Gutschrift Werte an die Er- ra nicht zwingend erforderlich, da es nichts zu belasten gibt. Andererseits gebnis- und Marktsegmentrechnung (CO-PA) übergeben werden. In CO-PA 338 339
12 Retourenabwicklung 12.2 Retourenabwicklung in SAP S/4HANA kommen ohne SD-Faktura auch keine Kosten in die Ergebnis- und Markt- 쐍 Herkunft segmentrechnung. Anwendbar bei Rohstoffen, die aus unterschiedlichen Ländern mit un- Dies wird dadurch gelöst, dass ein normaler Auftrag (z. B. ein Terminauf- terschiedlichen Preisen beschafft werden. Hier stellen die jeweiligen trag) mit einer preisrelevanten Position erfasst wird. Man ergänzt die auto- Länder die Bewertungsarten dar. matische Preisfindung um einen 100-%-Rabatt. Dieser Rabatt sollte in der 쐍 Charge Erlöskontenfindung auf das identische Konto gesteuert werden, das auch Anwendbar bei chargenpflichtigen Materialien. Hier stellt jede Charge für die Verkaufspreiskondition genutzt wird (z. B. Umsatzerlöse). Anschlie- eine Bewertungsart dar. ßend erfasst man Lieferung und Faktura. Durch die Faktura entsteht in der Zusätzliche Bewertungstypen und Bewertungsarten können im Customi- Finanzbuchhaltung die Buchung aus Abbildung 12.2. zing definiert werden. Bei getrennt bewerteten Materialstammsätzen exis- tiert unterhalb des Buchhaltungsbildes pro Bewertungsart ein weiteres Soll Haben Buchhaltungsbild mit einem eigenen Bewertungspreis. Der Bewertungs- Umsatz 100,00 EUR Umsatz 100,00 EUR preis auf dem übergeordneten Werksbild errechnet sich aus dem Durch- schnitt der Preise der einzelnen Bewertungsarten. Das Material CH1000, das wir auch für unser Systembeispiel in Abschnitt 12.3, »Beispiel einer Re- 12 tourenabwicklung«, verwenden, ist chargenpflichtig. Auf dem Buchhal- Abbildung 12.2 Buchung in der Garantiefaktura tungsbild des Materialstammsatzes (siehe Abbildung 12.3) wurde die ge- trennte Bewertung nach Chargen eingestellt. Der Erlös und der 100-%-Rabatt verrechnen sich zu null. In CO-PA werden der Erlös und der Rabatt an das gleiche Wertfeld übergeben. Sie gleichen sich aus und sind damit ergebnisneutral. Zusätzlich werden die Kosten für das Material (ermittelt aus der Konditionsart VPRS) an die Ergebnis- und Marktsegmentrechnung übergeben. Somit verschlechtert sich das Be- triebsergebnis in der Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (CO-PA) um die Kosten des gelieferten Materials. Der gewünschte Effekt ist eingetreten. Sollen die Kosten in CO-PA als Garantie- oder Kulanzkosten erkennbar sein, sollte in der Kundenauftragsposition ein spezieller Positionstyp verwendet werden, der dann zur Merkmalsableitung in CO-PA verwendet werden kann. Getrennte In Abschnitt 12.1, »Betriebswirtschaftliche Grundlagen«, haben wir darauf Bewertung hingewiesen, dass die Funktion Getrennte Bewertung dazu genutzt werden kann, unterhalb des Materials zusätzliche Bewertungssegmente einzufüh- ren. Dazu ist im Materialstamm auf dem Buchhaltungsbild das Feld Bewer- tungstyp zu pflegen. Der Bewertungstyp legt fest, nach welchen Kriterien die Bestände unterschieden werden sollen. Zu jedem Bewertungstyp gibt es unterschiedliche Bewertungsarten. Beispiele für Bewertungstypen und Be- wertungsarten sind: 쐍 Eigen-/Fremdfertigung Anwendbar auf Materialien, die sowohl in Eigenherstellung als auch in Fremdbezug beschafft werden. Der Materialbestand wird in zwei Bewer- Abbildung 12.3 Buchhaltungsbild auf Werksebene (Transaktion MM03) tungsarten (eigen, fremd) unterschieden. 340 341
12 Retourenabwicklung 12.3 Beispiel einer Retourenabwicklung Für das Material CH1000 wurde im Feld Bewertungstyp der Eintrag »X« Aus den Bestandswerten für die Chargen CH-01 (7.500,00 EUR) und CH-02 ausgewählt. Damit wurde die getrennte Bewertung nach Chargen aktiviert. (12.000,00 EUR) errechnet sich der Gesamtwert von 19.500,00 EUR für den Der Betrag im Feld Gleitender Preis (9,75 EUR) errechnet sich aus den unter- Gesamtbestand. Bei 2.000 Stück ergibt dies einen durchschnittlichen Be- geordneten Chargen. wertungspreis auf der Werksebene von 9,75 EUR (siehe Abbildung 12.3). Für das Material gibt es zwei Chargen. Der Bestand teilt sich zu je 1.000 Stück auf die Charge CH-01 und die Charge CH-02 auf. Abbildung 12.4 zeigt das Bewertungssegment für die Charge CH-01. Der Bewertungspreis bei die- ser Charge beträgt 7,50 EUR (siehe Eintrag im Feld Per.VPreis, periodischer Verrechnungspreis). 12 Abbildung 12.5 Buchhaltungsbild für die Bewertungsart CH-02 (Transaktion MM03) Die Funktion Getrennte Bewertung wird man in aller Regel nicht allein wegen der Retourenabwicklung einführen. Vielmehr geht es insgesamt um einen richtigen Ausweis der Bestandswerte. Abbildung 12.4 Buchhaltungsbild für die Bewertungsart CH-01 (Transaktion MM03) 12.3 Beispiel einer Retourenabwicklung Das Bewertungsbild für die Charge CH-02 zeigt einen Bewertungspreis von 12,00 EUR (siehe Abbildung 12.5). Dabei handelt es sich um den periodi- Nun wollen wir in einer kurzen Übersicht für das Material CH1000 eine schen Verrechnungspreis, also den gleitenden Durchschnittspreis mit der klassische Retourenabwicklung durchführen. Dabei durchlaufen wir fol- aktivierten Material-Ledger-Funktion. gende Schritte: 342 343
12 Retourenabwicklung 12.3 Beispiel einer Retourenabwicklung 1. Bestandsübersicht ermittelt. Der Nettowert des Retourenauftrags wird dem Kunden im Fall 2. Erfassung des Retourenauftrags einer Gutschrift gutgeschrieben. Es ist denkbar, bei einem Retourenauftrag spezielle Preise oder Konditionen (z. B. eine Bearbeitungsgebühr) zu ver- 3. Erfassung einer neuen Bewertungsart wenden. Diese Preise können in der Preisfindung (siehe Abschnitt 3.3, 4. Erfassung der Retourenanlieferung »Konditionen«) auch von der Auftragsart oder dem Positionstyp abhängig 5. Bestandsübersicht gemacht werden. In unserem Beispiel hat das System einen Gutschriftsbe- 6. Umbuchung in den frei verwendbaren Bestand trag von 15,00 EUR pro Stück ermittelt (siehe Spalte Betrag). 7. Erfassung der Retourengutschrift Bevor wir die Retourenanlieferung zum Auftrag erfassen, denken Sie daran, Schritt 3: dass unser Material chargenpflichtig ist. Außerdem wurde die Getrennte Be- Bewertungsart Schritt 1: Bevor wir einen Retourenauftrag erfassen, werfen wir wieder einen Blick anlegen Bestandsübersicht wertung für dieses Material aktiviert. Gehen wir für unser Beispiel davon auf die Bestandsübersicht. Im Werk 1000 Hamburg befinden sich 2.000 aus, dass es sich bei den Waren um Chargen mit relativ geringer Restlauf- Stück unseres Materials CH1000 im frei verwendbaren Bestand. Dieser ver- zeit handelt, die umgehend über Sonderangebote verkauft werden müssen. teilt sich auf die beiden Chargen CH-01 und CH-02 mit jeweils 1.000 Stück Ansonsten sind die Produkte aber in Ordnung. (siehe Abbildung 12.4 und Abbildung 12.5). Im nächsten Schritt legen wir einen Chargenstammsatz (CH-RE-01) und Schritt 2: Erfassen wir nun also den Retourenauftrag mit der Auftragsart RE. In Abbil- 12 Retourenauftrag eine eigene Bewertungsart für diese Charge an. In der Bewertungsart gehen dung 12.6 erkennen Sie, dass im Feld Fakturasperre die Option Gutschrift erfassen wir davon aus, dass die Produkte mit einem periodischen Verrechnungspreis prüfen ausgewählt ist. von 2,00 EUR bewertet werden können (siehe Feld Per.VPreis). Abbil- dung 12.7 zeigt die neue Bewertungsart. Abbildung 12.6 Retourenauftrag (Transaktion VA01) Das heißt, eine Fakturasperre ist gesetzt und verhindert zunächst das Anle- gen einer Gutschrift. Im Customizing zur Auftragsart kann hinterlegt wer- den, dass die Fakturasperre automatisch beim Anlegen gesetzt wird. Ebenso wird dort festgelegt, dass ein Auftragsgrund (in unserem Fall Retoure) zu erfassen ist. Die Auftragsmenge beträgt 100 Stück. Wie in der Spalte Ptyp zu erkennen, enthält die Position den Positionstyp REN (Retou- renposition). Über die Preisfindung werden die Konditionen im Auftrag Abbildung 12.7 Buchhaltungsbild der Bewertungsart CH-RE-01 (Transaktion MM03) 344 345
12 Retourenabwicklung 12.3 Beispiel einer Retourenabwicklung Schritt 4: Der nächste Schritt besteht in der Erfassung der Retourenanlieferung). In erfolgt. Auch die Bestandsübersicht wurde durch die Umbuchung aktuali- Retouren- der Lieferung wird die Charge erfasst. Aus dem Chargenstammsatz wird die siert. Der Bestand für unsere Charge CH-RE-01 liegt nun im frei verwendba- anlieferung Bewertungsart ermittelt. ren Bestand. Schritt 5: Die Wareneingangsbuchung zur Retourenanlieferung bucht das Material Da der Kunde eine Gutschrift erhalten soll, ist im letzten Schritt die Fak- Schritt 7: Gutschrift Bestandsübersicht in den Retourensperrbestand ein. turasperre aus dem Retourenauftrag zu entfernen und die Retourengut- Schritt 6: Der Retourenbestand wurde für die Charge CH-RE-01 um 100 Stück erhöht. schrift zu erstellen. Für unseren gesamten Ablauf ergibt sich damit ein Be- Umbuchung Im nächsten Schritt erfolgt die Umbuchung in den frei verwendbaren Be- legfluss, wie er in Abbildung 12.9 gezeigt wird. stand. Diese Buchung geht über eine Umbuchung in der Komponente MM vonstatten. Dazu steht die Bewegungsart 453 zur Verfügung. Abbildung 12.8 zeigt den Materialbeleg der Umbuchung. 12 Abbildung 12.8 Anzeige des Materialbelegs der Umbuchung in den frei verwendbaren Bestand (Transaktion MB03) Mit diesem Vorgang erfolgt die Umbuchung in einen bewerteten Bestand. Abbildung 12.9 Belegfluss der Retourenabwicklung Damit wird zu diesem Materialbeleg ein Buchhaltungsbeleg Bestand an Be- standsveränderungen erzeugt. Dieser erhöht den Bestand und schreibt die Die Umbuchung aus dem Retourensperrbestand in den frei verwendbaren Bewertungsart im Materialstamm fort. Die Bewegung wird mit dem Bewer- Bestand erfolgte ohne Bezug zum Retourenauftrag; sie ist damit nicht im tungspreis aus der Bewertungsart CH-RE-01 (2,00 EUR) bewertet. Es sei an Belegfluss enthalten. Die Buchung Umsatz und Ausgangssteuer an Debitor dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die geschilderte Vorgehensweise zu erfolgt in der Finanzbuchhaltung. Welche Werte wurden jedoch über unse- Abstimmdifferenzen zwischen Finanzbuchhaltung und Ergebnis- und re Gutschrift an die Ergebnis- und Marktsegmentrechnung übergeben? Die Marktsegmentrechnung (CO-PA) führen kann. Dies ist dann der Fall, wenn Korrektur der fakturierten Menge, der Erlöse und der Umsatzkosten wer- die Einbuchung in den unbewerteten Retourenbestand und die Um- den in der Ergebnis- und Marktsegmentrechnung mit der Gutschrift er- buchung in den bewerteten Bestand in verschiedenen Buchungsperioden zeugt. 346 347
12 Retourenabwicklung 12.4 Erweiterte Retourenabwicklung für Kundenretouren Ermittlung des Bei der Korrektur der Umsatzkosten können wir einen weiteren Effekt un- Möglichkeiten bei der Abwicklung für Kundenretouren und deren weitere Bewertungspreises serer Abwicklung über die getrennte Bewertung beobachten. In der Gut- Verarbeitung eingehen. schrift wird der Bewertungspreis des Materialstamms (9,75 EUR, siehe Ab- Die erweiterte Retourenabwicklung bietet folgende Funktionen: bildung 12.3) und nicht der untergeordneten Bewertungsart CH-RE-01 쐍 Kundenretourenaufträge erstellen ermittelt. Wie ist das zu erklären? Die Ursache liegt darin, dass es sich bei unserer Gutschrift um eine auftragsbezogene Gutschrift handelt. Dabei 쐍 Materialinspektionen erfassen wird die Faktura rein auf Basis des Auftrags erstellt. 쐍 logistische Folgeaktionen erfassen Im Auftrag war jedoch die Charge noch nicht festgelegt. Aus diesem Grund 쐍 Rückerstattung oder Ersatzlieferung anlegen zieht das System hier den Bewertungspreis des Materials (9,75 EUR). Hätte 쐍 den kompletten Retourenprozess überwachen man bereits im Auftrag die Charge festgelegt, wäre der Bewertungspreis aus Das notwendige Customizing für die erweiterte Retourenabwicklung für Customizing dem Bewertungssegment der Charge ermittelt worden. Kundenretouren befindet sich im Menüpfad Vertrieb. Alternativ kann das Lieferbezogene Eine andere Möglichkeit für die richtige Korrektur der Umsatzkosten in der Customizing auch unter dem Menüeintrag Logistik Allgemein vorgenom- Gutschrift Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (CO-PA) besteht darin, statt der auf- men werden, der zusätzlich noch die Einstellungen für Lieferantenretouren tragsbezogenen Gutschrift eine lieferbezogene Gutschrift im Customizing umfasst. Um die Standardauftragsart RE2 Erw. Retoure für die Abwicklung anzulegen. Auch dann wird in der Faktura der Bewertungspreis aus dem Be- 12 nutzen zu können, muss diese im Customizing aktiviert werden (siehe Ab- wertungssegment der Charge gezogen, da diese spätestens im Lieferbeleg bildung 12.10). definiert werden muss und damit automatisch in die Faktura übergeben wird. Wichtige Entschei- Dieses Beispiel zeigt wieder die Gestaltungsspielräume bei der Nutzung dungsfaktoren von SAP S/4HANA. Im Zusammenhang mit der getrennten Bewertung sind bei der Einführung bzw. bei der Weiterentwicklung und Optimierung der Prozesse und des Customizings folgende Fragen zu beantworten: 쐍 Ist eine differenzierte Bewertung von retournierten Materialien notwen- dig? 쐍 Zu welchem Zeitpunkt wird die Bewertungsart vergeben (Retourenauf- trag oder Retourenanlieferung)? 쐍 Welche Werte in der Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (Erlöse, Um- Abbildung 12.10 Aktivierung der Kundenretourenauftragsart (Transaktion SPRO) satzkosten, Absatzmengen) sind zu korrigieren? 쐍 Mit welchem Wertansatz sind diese Werte zu korrigieren (z. B. mit dem Für die Erstellung der Gutschrift muss zusätzlich im Customizing auch eine Wert der retournierten Charge, dem Durchschnittswert des Material- Auftragsart für die Gutschriftsanforderung aktiviert werden. Im Standard stamms oder der ursprünglich gelieferten Charge)? ist dies für die erweiterte Retourenabwicklung die Auftragsart GA2. Ebenfalls im Customizing können Sie Retourengründe (siehe Abbildung 12.11) und Rückerstattungsschlüssel (siehe Abbildung 12.12) definieren. 12.4 Erweiterte Retourenabwicklung für Kundenretouren Diese können anschließend in der Preisfindung für die Rückerstattung ge- nutzt werden. In SAP S/4HANA stehen seit dem Release 1610 die Funktionen der erweiter- Mit dem Rückerstattungsschlüssel (siehe Abbildung 12.12) können Sie an- ten Retourenabwicklung initial zur Verfügung. Diese unterstützt die Ab- schließend in der Preisfindung der Gutschriftsanforderung (bzw. in der wicklung des gesamten Retourenprozesses, sowohl für Kunden- als auch Gutschrift) Abschläge vom normalen Verkaufsnettopreis für die Rück- für Lieferantenretouren. Wir möchten schwerpunktmäßig aber nur auf die erstattung definieren. 348 349
12 Retourenabwicklung 12.5 Beispiel einer erweiterten Retourenabwicklung 1. Erfassung des Kundenretourenauftrags 2. Erfassung der Retourenanlieferung 3. Materialinspektion im Lager 4. Rückerstattung für Kundenretoure 5. Kundenretourenübersicht Wir erfassen einen Retourenauftrag mit der Auftragsart RE2. Dabei kann Schritt 1: Abbildung 12.11 Definition der Retourengründe (Transaktion SPRO) der Retourenauftrag mit Bezug oder ohne Bezug zu einem vorherigen Kun- Kundenretou- renauftrag erfassen denauftrag oder einer Rechnung erfasst werden. Für eine bessere Übersicht legen wir einen Retourenauftrag ohne Bezug an. Aufgrund der Funktionali- tät der erweiterten Retourenabwicklung hat der Kundenauftrag eine zu- sätzliche Registerkarte Retouren (siehe Abbildung 12.13). Darauf erfassen wir die Materialnummer, die zurückgesendete Menge und den Retouren- grund. 12 Abbildung 12.12 Definition des Rückerstattungsschlüssels (Transaktion SPRO) Die Preisfindung der Gutschriftsanforderung nehmen Sie im Vertriebs- Customizing unter dem Menüeintrag Preisfindung vor. Es empfiehlt sich, eine eigene Konditionsart mit entsprechender Zugriffsfolge anzulegen. Für die Untersuchung der zurückgesendeten Ware oder der Inspektion des Materials beim Kunden vor Ort definieren Sie im Customizing der erweiter- ten Retourenabwicklung Inspektionsschlüssel. Die Inspektionsergebnisse dienen dazu, die Folgeaktionen und die Rückerstattung zu steuern. Für logistische Folgeaktionen werden im Standard verschiedene Schlüssel ausgeliefert, die im Customizing aktiviert werden können. Auf Basis dieser Folgeaktionsschlüssel und der Steuerung der Rückerstattung wird die auto- matische Erstellung der erforderlichen Folgebelege gesteuert. Einen Einblick in die Funktionalitäten der erweiterten Retourenabwicklung geben wir im nachfolgenden Beispiel. Die Bedeutung der jeweiligen Folge- aktivität finden Sie übersichtlich in der Customizing-Dokumentation der erweiterten Retourenabwicklung. Abbildung 12.13 Kundenretourenauftrag anlegen (Transaktion VA01) Handelt es sich um eine ungeplante Retoure, d. h., sendet der Kunde die 12.5 Beispiel einer erweiterten Retourenabwicklung Ware unangekündigt zurück, können Sie das Kennzeichen Material erhal- Der Kunde 1025, Karl Müller GmbH, avisiert eine Retoure für ein Bücher- ten setzen. In diesem Fall wird automatisch ein Wareneingang in den Re- regal mit der Materialnummer W0004711. Die Ware befindet sich beim tourensperrbestand über eine Retourenanlieferung gebucht. Dieser Beleg Kunden. Im Zuge des Beispiels durchlaufen wir folgende Schritte: muss aber nicht mehr bearbeitet werden. In unserem Beispiel setzen wir 350 351
12 Retourenabwicklung 12.5 Beispiel einer erweiterten Retourenabwicklung dieses Kennzeichen nicht. Wir erfassen aber eine Folgeaktion (Eingang in Werk) und legen den Schlüssel für die Rückerstattungssteuerung (Über Gutschriftsanforderung) fest. Durch die Auswahl der Folgeaktion Eingang in Werk wird im Hintergrund automatisch der Beleg für die Retourenanlieferung erzeugt. Im Feld Rücker- stattungssteuerung (Rückerst.-St.) wählen wir die Option Über Gutschrifts- anforderung. Damit wird festgelegt, dass die Fakturierung über eine Gut- schriftsanforderung erfolgt (alternativ dazu wäre es auch möglich, eine Faktura direkt mit Bezug zum Retourenauftrag zu erzeugen). Schritt 2: Im nächsten Schritt erfassen wir den Wareneingang für zurückgelieferte Retourenan- Waren in unserem Werk (siehe Abbildung 12.14). lieferung erfassen Die Wareneingangsbuchung des Materials erfolgt in den Retourensperrbe- stand für die anschließende Materialinspektion im Lager. 12 Abbildung 12.15 Erfassung der Materialinspektion im Lager (Transaktion MSR_INSPWH) Auf Basis des Inspektionsergebnisses können Sie die entsprechenden logis- tischen Folgeaktionen sowie die Rückerstattung für die Kundenretoure be- stimmen (siehe Abbildung 12.16). Abbildung 12.14 Bearbeitung der Retourenanlieferung (Transaktion VL02N) Schritt 3: Die Ergebnisse der Inspektion der im Lager eingegangenen Ware werden in Materialinspektion der Transaktion MSR_INSPWH erfasst. Im Einstiegsbildschirm können wir erfassen den gewünschten Vorgang für die weitere Verarbeitung selektieren. In dieser Funktion (siehe Abbildung 12.15) erfassen wir das Inspektionser- gebnis. Es werden ein Inspektionsschlüssel, ein Kommentar zur Inspektion, ein Inspektionsdatum und der Name des Prüfers dokumentiert. Abbildung 12.16 Erfassung logistischer Folgeaktionen und des Rückerstattungs- schlüssels (Transaktion MSR_INSPWH) 352 353
12 Retourenabwicklung 12.5 Beispiel einer erweiterten Retourenabwicklung Wir wählen die Folgeaktion 0005 An Lieferanten ausliefern aus. Über diese Folgeaktion wird die Integration mit der Komponente MM gesteuert. Dort wird mithilfe der gleichen Funktion (erweiterte Retourenabwicklung) die Rücksendung der Ware an unseren Lieferanten gesteuert. Darauf wollen wir an dieser Stelle aber nicht im Detail eingehen. Schritt 4: Im nächsten Schritt legen wir über die Transaktion MSR_CRD die Rück- Erstellung der erstattung für den Kunden fest und erfassen die Gutschriftsanforderung. Rückerstattung Dieser Schritt kann auch vor der Materialinspektion durchgeführt werden. Da aber häufig der Rückerstattungsbetrag vom Inspektionsergebnis ab- hängt, führen wir diesen Schritt anschließend durch (siehe Abbildung 12.17). 12 Abbildung 12.18 Preiselemente der Gutschriftsanforderungsposition Abbildung 12.17 Rückerstattung für Kundenretouren anlegen (Transaktion VA01) (Transaktion MSR_CRD) Im Einstiegsbildschirm der Transaktion MSR_CRD selektieren wir den Retourenauftrag (Belegnummer: 60000009). Durch die Wahl der Rück- erstattungssteuerung im Retourenbeleg wird die Erstellung einer Gut- schriftsanforderung festgelegt. Es erscheint dazu die Schaltfläche Gut- schriftsanforderung anlegen, über den wir den Beleg erzeugen. In den Konditionen der Positionen hat die neue Preisfindung die Kondi- tionsart ZR01 gefunden. Abhängig vom Retourengrund und dem Rück- erstattungsschlüssel erfolgt in unserem Beispiel ein Abschlag für den Kun- den von 10 % (siehe Abbildung 12.18). Abbildung 12.19 Detailbaum der Retourenübersicht für Kundenretouren vor Schritt 5: Einen Überblick über den Retourenprozess, die Belege und deren Status be- Erstellung der Gutschrift (Transaktion MSR_TRC_C) Überwachung des kommen Sie in der Transaktion MSR_TRC_C. Retourenprozesses Nach Selektion des relevanten Retourenauftrags sind im Detailbaum alle Nach der Erstellung der Gutschrift (Belegnummer 90000859), die wir hier erzeugten Belege sowie der jeweilige Status der logistischen Folgeaktionen nicht mehr explizit aufführen, erscheint dieser Beleg ebenfalls in der Über- und der Rückerstattung angezeigt. Im Beispiel wurde die Gutschriftsanfor- sicht (siehe Abbildung 12.20). Über die Schaltfläche Belegerstellung neu derung erstellt, die Gutschrift noch nicht (siehe Abbildung 12.19). starten kann die Erstellung von Belegen angestoßen werden, die automa- tisch nicht erzeugt werden konnten, weil Fehler (z. B. fehlende Stammda- ten) beim Versuch der automatischen Erstellung aufgetreten sind. 354 355
12 Retourenabwicklung Abbildung 12.20 Detailbaum der Retourenübersicht für Kundenretouren nach Erstellung der Gutschrift (Transaktion MSR_TRC_C) 356
Kapitel 15 Cross-Company-Geschäfte In diesem Kapitel lernen Sie, wie man den Vertrieb von Produkten abwi- ckelt, wenn ein Konzern in mehrere selbstständige Einheiten aufgegliedert ist. Diese Unternehmen haben unterschiedliche Organisationseinheiten, wollen sich aus Vertriebssicht aber gegenseitig unterstützen. In Zeiten des globalen Wettbewerbs unterliegen die Organisationsstruktu- ren von Unternehmen einem ständigen Wandel. Steuerliche, organisatori- sche und rechtliche Gründe führen dazu, dass innerhalb eines Konzerns mehrere rechtlich selbstständige Einheiten entstehen, die Geschäfte unter- einander abwickeln. Vertriebs- und Servicegesellschaften spezialisieren sich auf den Absatz in unterschiedlichen Märkten, während sich produzie- 15 rende Einheiten auf die Entwicklung und die Herstellung der Produkte kon- zentrieren. Gerade die Prozesse zwischen Unternehmen eines Konzerns sollten effizient, einfach und transparent sein. Gleichzeitig müssen die An- forderungen an das Controlling erfüllt werden. Mithilfe einer integrierten Standardsoftware ist dieses Ziel erreichbar. Aber auch hier gilt grundsätz- lich: Selbst mit der besten Software lässt sich nicht jede Struktur abbilden. Im Folgenden zeigen wir Gestaltungsspielräume für die Entwicklung von Cross-Company-Prozessen. 15.1 Betriebswirtschaftliche Grundlagen Konzerne sind oft in mehrere rechtlich selbstständige Einheiten unterglie- Zwei Geschäfts- dert. Zwischen diesen Einheiten bestehen häufig vielfältige Kunden- und modelle Lieferantenbeziehungen, d. h., die einzelnen Gesellschaften kaufen und verkaufen einander Produkte und Dienstleistungen. Wir wollen dabei zwei Geschäfte unterscheiden: 쐍 Verkauf an Endkunden Dabei kauft ein Endkunde außerhalb des Konzerns Produkte bei einer Konzerngesellschaft, der Vertriebsgesellschaft. Die Lieferung erfolgt je- doch direkt aus dem Bestand einer anderen Konzerneinheit, der Produk- tionsgesellschaft. Die Vertriebsgesellschaft berechnet die Ware an den 381
15 Cross-Company-Geschäfte 15.2 Cross-Company-Konzept in SAP S/4HANA Endkunden, während die Produktionsgesellschaft die Ware direkt an den Endkunden stellt. Dieser Prozess entspricht dem klassischen Strecken- den Endkunden liefert und eine interne Rechnung an die Vertriebsge- geschäft (siehe Kapitel 8, »Streckenauftragsabwicklung«). sellschaft stellt. Auch der Prozess der internen Beschaffung lässt sich als konventioneller Interne Beschaffung 쐍 Konzerninterne Beschaffung Liefervorgang abbilden. Dieser wird anschaulich in Abbildung 15.2 wieder- Dabei sind Kunde und Lieferant jeweils Unternehmen eines Konzerns. gegeben. Der Kunde bestellt die Ware, und diese wird vom Lieferanten geliefert und berechnet. Der Kunde wird Eigentümer und führt die Ware in sei- Vertriebsgesellschaft Produktionsgesellschaft nem Bestand. Anschließend verbraucht er die Ware als Rohstoff oder (Buchungskreis 2000) (Buchungskreis 1000) Komponente in der eigenen Produktion oder verkauft diese als Handels- ware weiter. Verkauf an Beide Vorgänge sind eigentlich »normale« Verkaufsvorgänge. Grundsätz- 1. Bestellung 2. Kundenauftrag Endkunden lich könnte man demnach diese Vorgänge auch als »normalen« Vertriebs- LF: Produktionsgesellschaft AG: Vertriebsgesellschaft prozess abbilden. Abbildung 15.1 zeigt den Prozess Verkauf an Endkunden 4. Wareneingang 3. Lieferung innerhalb eines Konzerns als konventionellen Vertriebsprozess. WE: Vertriebsgesellschaft 6. Eingangsrechnung 5. Faktura Vertriebsgesellschaft Produktionsgesellschaft KR: Produktionsgesellschaft RG: Vertriebsgesellschaft (Buchungskreis 2000) (Buchungskreis 1000) 1. Kundenauftrag 15 AG: Endkunde LF: Lieferant WE: Warenempfänger RG: Regulierer AG: Auftraggeber KR: Kreditor 2. Bestellung 3. Kundenauftrag LF: Produktionsgesellschaft AG: Vertriebsgesellschaft Abbildung 15.2 Interne Beschaffung (konventionell) 4. Lieferung WE: Endkunde Dabei wird in der Vertriebsgesellschaft eine Bestellung erfasst. Lieferant ist die Produktionsgesellschaft, die bei sich einen Kundenauftrag (Auftragge- 6. Eingangsrechnung 5. Faktura KR: Produktionsgesellschaft RG: Vertriebsgesellschaft ber: Vertriebsgesellschaft) erfasst. Über eine Lieferung wird die Warenliefe- rung in SAP abgebildet. In der Vertriebsgesellschaft verbucht man den Wa- 7. Faktura reneingang. In der Produktionsgesellschaft wird eine Rechnung gestellt, die RG: Endkunde in der Vertriebsgesellschaft zu einer Eingangsrechnung führt. AG: Auftraggeber WE: Warenempfänger KR: Kreditor LF: Lieferant RG: Regulierer Abbildung 15.1 Verkauf an Endkunden (konventionell) 15.2 Cross-Company-Konzept in SAP S/4HANA Die Vertriebsgesellschaft erfasst in diesem Prozess zunächst den Kunden- In Teil I, »Grundlagen des Vertriebs mit SAP S/4HANA«, haben wir unter an- auftrag vom Endkunden, erzeugt dann eine Bestellung und leitet diese an derem die Bedeutung der unterschiedlichen Organisationsstrukturen in die Produktionsgesellschaft weiter. Dort wird ein Kundenauftrag (Auftrag- SAP S/4HANA beschrieben. Für die Abwicklung von Cross-Company-Pro- geber: Vertriebsgesellschaft) angelegt. Die Auslieferung an den Endkunden zessen rücken die folgenden Objekte in den Mittelpunkt: erfolgt über einen Lieferbeleg. Mit Bezug zu dieser Lieferung erfolgt die Fak- 쐍 Buchungskreis turierung an die Vertriebsgesellschaft, die abschließend die Rechnung an 쐍 Vertriebsbereich 쐍 Werk 382 383
15 Cross-Company-Geschäfte 15.2 Cross-Company-Konzept in SAP S/4HANA Die in Abschnitt 15.1, »Betriebswirtschaftliche Grundlagen«, beschriebenen Im Buchungskreis der Vertriebsgesellschaft (Buchungskreis 2000) wird ein Schritt 1: Abläufe werden im SAP-System durch folgende Szenarien abgebildet: Kundenauftrag (Auftragsart TA, Positionstyp TAN) erfasst. In der Position Cross-Company- Auftrag des Kundenauftrags wird jedoch ein Auslieferwerk ermittelt, das dem Bu- 쐍 buchungskreisübergreifender Verkauf (Verkauf an Endkunden) chungskreis der Produktionsgesellschaft zugeordnet ist. Die Versandstelle 쐍 buchungskreisübergreifende Umlagerung (konzerninterne Beschaf- gehört ebenfalls zu dem Werk der Produktionsgesellschaft. Über die Preis- fung) findung wird in diesem Auftrag zusätzlich die Konditionsart PI01 (interner Verrechnungspreis) ermittelt. Im Auftrag ist diese Kondition statistisch 15.2.1 Buchungskreisübergreifender Verkauf und beeinflusst den Auftragswert nicht. Sie stellt lediglich den Verrech- nungspreis der Produktionsgesellschaft an die Vertriebsgesellschaft als zu- Die oben genannten Szenarien ermöglichen eine wesentlich schlankere Ab- sätzliche Information dar. Da als Auslieferwerk der Position direkt das Werk bildung von Cross-Company-Prozessen als die in Abbildung 15.1 und in Ab- der Produktionsgesellschaft erfasst wurde, erfolgt die Bedarfsübergabe un- bildung 15.2 beschriebene »konventionelle« Vorgehensweise. Beschäftigen mittelbar in dieses Werk. Auch die Verfügbarkeitsprüfung prüft gegen die wir uns zunächst mit dem Szenario des buchungskreisübergreifenden Ver- Bestände bzw. die geplanten Zu- und Abgänge im Produktionswerk. Da- kaufs. durch kann sowohl die Bestellung in der Vertriebsgesellschaft als auch der Abbildung 15.3 gibt hierzu einen Überblick. Im Folgenden werden wir die Kundenauftrag in der Produktionsgesellschaft entfallen. Im Vergleich zu dort gezeigten Schritte näher vorstellen: Abbildung 15.1 hat Abbildung 15.3 deshalb zwei Prozessschritte weniger. 1. Erfassen des Cross-Company-Auftrags im verkaufenden Buchungskreis Auch erhält der Sachbearbeiter, der den Auftrag anlegt, sofort eine aktuelle 2. Erfassen der Lieferung im produzierenden Buchungskreis Information über die möglichen Liefertermine. Dies wäre bei einer konven- tionellen Abwicklung ebenfalls nicht möglich, zumindest nicht auf der 15 3. Externe Faktura im verkaufenden Buchungskreis Basis der dispositiven Situation im Lieferwerk. 4. Interne Faktura im produzierenden Buchungskreis Mit Bezug zum Kundenauftrag in der Vertriebsgesellschaft wird dann im Schritt 2: 5. Eingangsrechnung im verkaufenden Buchungskreis Lieferung Werk der Produktionsgesellschaft (Buchungskreis 1000) ein Lieferbeleg in SAP S/4HANA erzeugt. Dieser unterscheidet sich zunächst nicht von der Lie- ferungsbearbeitung im normalen Auftragsprozess (siehe Kapitel 7, »Ter- Vertriebsgesellschaft Produktionsgesellschaft (Buchungskreis 2000) (Buchungskreis 1000) minauftragsabwicklung«). Allerdings stellt sich bei dieser Lieferung die Frage nach der Ermittlung des Vertriebsbereichs (Kombination aus Ver- kaufsorganisation, Vertriebsweg, Sparte). Normalerweise wird der Vertriebs- 1. Kundenauftrag 2. Lieferung AG: Endkunde WE: Endkunde bereich aus dem Kundenauftrag übernommen. Bei einer buchungskreis- übergreifenden Lieferung ist dies nicht möglich, da der Kundenauftrag in 3. Faktura einem anderen Buchungskreis liegt. Deshalb wird der Vertriebsbereich aus RG: Endkunde dem Customizing ermittelt. Jedem (Liefer-)Werk wird ein Vertriebsbereich für die interne Verrechnung zugeordnet. Abbildung 15.4 zeigt die Customi- 5. Eingangsrechnung 4. Interne Verrechnung KR: Produktionsgesellschaft RG: Vertriebsgesellschaft zing-Einstellungen. Dort ist dem Werk 1000 der Vertriebsbereich 1000/10/ 00 zugeordnet. Nur wenn diese Einstellung vorhanden ist, kann aus diesem Werk bu- chungskreisübergreifend verkauft werden. Der Vertriebsbereich in der Pro- AG: Auftraggeber RG: Regulierer WE: Warenempfänger KR: Kreditor duktionsgesellschaft wird demzufolge abhängig vom Werk der zugrunde liegenden Lieferung ermittelt: Wird also im Werk 1000 eine Lieferung für Abbildung 15.3 Buchungskreisübergreifender Verkauf einen Auftrag aus einem anderen Buchungskreis erfasst, wird in dieser Lie- ferung der Vertriebsbereich 1000/10/00 ermittelt. 384 385
15 Cross-Company-Geschäfte 15.2 Cross-Company-Konzept in SAP S/4HANA Interessant dagegen ist der Exportfall. Dann ermittelt das System das Steu- erkennzeichen abhängig von folgenden Kriterien: 쐍 Abgangsland 쐍 Empfangsland 쐍 Steuerkennzeichen Debitor 쐍 Steuerkennzeichen Material Abbildung 15.4 Customizing-Einstellungen zur Ermittlung des Vertriebsbereichs Das Abgangsland wird dabei aus dem Lieferwerk ermittelt. Für die externe in der buchungskreisübergreifenden Lieferung (Transaktion OVV9) Faktura ist das im Exportfall aber problematisch. Nehmen wir an, unsere Vertriebsgesellschaft hat ihren Sitz in England und die Produktionsgesell- Schritt 3: Im Unterschied zur »normalen« Auftragsabwicklung werden im Szenario schaft ihren Sitz in Deutschland. Die englische Vertriebsgesellschaft ver- Externe Faktura des buchungskreisübergreifenden Verkaufs zwei Fakturen mit Bezug zur Lie- kauft an einen Kunden in England, und zwar buchungskreisübergreifend ferung angelegt. Zunächst wird die externe Faktura (Fakturaart F2) im Bu- aus dem Werk der Produktionsgesellschaft in Deutschland. Wird das Ab- chungskreis der Vertriebsgesellschaft erzeugt. Über diese fakturiert die Ver- gangsland jetzt aus dem Lieferwerk ermittelt, so ist dies Deutschland. Für triebsgesellschaft die Lieferung an den Endkunden. Die Erlöse werden in die externe Faktura ergäbe sich folgende Situation: der Finanzbuchhaltung gebucht und an die Ergebnis- und Marktsegment- 쐍 Abgangsland: Deutschland (aus Lieferwerk) rechnung übergeben (siehe Kapitel 5, »Integration der Ergebnis- und Markt- segmentrechnung«). Allerdings werden die Kosten in der Ergebnisrech- 쐍 Empfangsland: England (aus dem Debitorenstamm des Kunden) nung hier in der Regel nicht aus dem Verrechnungspreis VPRS ermittelt, In diesem Fall müsste das System einen Mehrwertsteuersatz von 0 % ermit- 15 denn dieser spiegelt bekanntlich den Bewertungspreis in der Produktions- teln, da Lieferungen innerhalb der Europäischen Union unter bestimmten gesellschaft und damit die Planherstellungskosten aus Sicht eines anderen Voraussetzungen (der Kunde muss über eine Umsatzsteuer-Identifika- Buchungskreises wider. Die Kosten in CO-PA werden daher häufig über die tionsnummer verfügen) von der Umsatzsteuer befreit sind. Tatsächlich gilt Konditionsart PI01 (interner Verrechnungspreis) ermittelt. Dies ist der dies aber nur für die Verrechnung der Produktionsgesellschaft in Deutsch- Preis, den die Vertriebsgesellschaft an die Produktionsgesellschaft zahlt. land an die Vertriebsgesellschaft in England. Die englische Vertriebsge- Aus Sicht der Vertriebsgesellschaft stellt die Konditionsart PI01 also die sellschaft dagegen liefert innerhalb eines Landes an einen Kunden in Eng- Kosten des Umsatzes dar. Die Konditionsart PI01 ist somit im Customizing land – auch wenn die Ware direkt geliefert wird. Dieser Vorgang, und damit der Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (siehe Kapitel 5) dem Wertfeld die externe Faktura, unterliegt normalerweise der Umsatzsteuer. Für die- Umsatzkosten zugeordnet. Auf diese Einstellung kommen wir im vierten sen Fall sieht das System die Möglichkeit vor, das Abgangsland aus der Ver- Schritt unseres Szenarios zurück. kaufsorganisation im Kundenauftrag zu ermitteln. Dazu ist ein sogenannter User Exit im Programm MV45AFZZ vorgesehen. Die genaue Vorgehenswei- Exkurs: Umsatzsteuer bei Cross Company und Export se können Sie SAP-Hinweis 10560 entnehmen (weitere wichtige Informa- Besonderheiten gibt es in der Cross-Company-Abwicklung auch bei der Er- tionen zur Verwendung von User Exits finden Sie in SAP-Hinweis 381348). mittlung des richtigen Mehrwertsteuerkennzeichens. Im Inlandsgeschäft Damit ist England sowohl das Abgangs- als auch das Empfangsland für die ist dies unkritisch: Sind Endkunde, Vertriebsgesellschaft und Produktions- externe Faktura, und die Umsatzsteuer wird entsprechend ermittelt. gesellschaft in einem Land angesiedelt, sind beide Vorgänge (externe sowie An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass in der Praxis die korrekte Er- interne Faktura) umsatzsteuerpflichtig. Der Mehrwertsteuersatz hängt mittlung der Umsatzsteuer, vor allem im Exportfall, immer mit den zustän- dann nur am Steuerkennzeichen des Debitors und des Materials. Allerdings digen Behörden zu klären ist. Dies gilt vor allem bei EU-Dreiecksgeschäften. gibt es die Möglichkeit, mit den Finanzbehörden zu vereinbaren, dass die Ein solches Geschäft liegt z. B. dann vor, wenn die Vertriebsgesellschaft im interne Faktura von der Umsatzsteuerpflicht ausgenommen wird (umsatz- Ausland über den beschriebenen Cross-Company-Ablauf aus einem deut- steuerliche Organschaft innerhalb eines Konzerns). schen Produktionswerk an einen Kunden verkauft, der seinen Sitz weder 386 387
15 Cross-Company-Geschäfte 15.2 Cross-Company-Konzept in SAP S/4HANA im Land der Vertriebsgesellschaft noch im Land der Produktionsgesell- Die interne Faktura erzeugt einen Buchhaltungsbeleg im liefernden Bu- schaft hat. In diesen Fällen muss die Ermittlung des Steuerkennzeichens chungskreis. Dieser enthält die Erlösbuchung Debitorenkonto an Umsatzer- von weiteren Bedingungen abhängig gemacht werden. Je nach Anforde- löse und Mehrwertsteuer. Genau wie in der externen Faktura erfolgt eine rung können diese in dem angesprochenen User Exit (MV45AFZZ) oder Fortschreibung der Ergebnis- und Marktsegmentrechnung (CO-PA) im lie- aber durch Bedingungen und Übernahmeroutinen (Transaktion VOFM) im fernden Buchungskreis. Übergeben werden die geplanten Erlöse sowie die Rahmen der Kopiersteuerung hinterlegt werden. Sie sehen die Umsatz- Planumsatzkosten. Die Ermittlung der Erlöse basiert auf der Konditionsart steuerermittlung auch im Systembeispiel in Abschnitt 15.3, »Beispiel für PI01 und damit auf dem Preis, den der verkaufende Buchungskreis an den den buchungsübergreifenden Verkauf«. liefernden Buchungskreis bezahlen muss. In Schritt 3 (externe Faktura) Schritt 4: Ebenfalls mit Bezug zur Lieferung wird die interne Faktura (Fakturaart IV) haben Sie jedoch gesehen, dass diese Konditionsart dem Wertfeld Umsatz- Interne Faktura im produzierenden Buchungskreis erzeugt. In dieser Faktura ist die Kon- kosten im CO-PA-Customizing zugeordnet ist. Um zu erreichen, dass die ditionsart PI01 nicht mehr statistisch, vielmehr dient sie jetzt der Er- Konditionsart PI01 in der internen Faktura dem Wertfeld Erlöse zugeordnet mittlung des Fakturawertes. Der Vertriebsbereich wird aus der Lieferung wird, sind Ergänzungen im CO-PA-Customizing notwendig. Dabei wird ab- übernommen. In unserem Fall wird der Vertriebsbereich 1000/10/00 hängig von der Fakturaart (IV – interne Verrechnung) der Wert der Konditi- übergeben (siehe Schritt 2). Eine weitere Besonderheit besteht in der Er- on PI01 in das Wertfeld Erlöse fortgeschrieben. Die Umsatzkosten werden mittlung des Regulierers und des Rechnungsempfängers. Beide werden »ganz normal« aus der Konditionsart VPRS (Bewertungspreis des Material- im Standardablauf (Terminauftragsabwicklung, bei der verkaufender und stamms des liefernden Werkes) ermittelt. produzierender, d. h. liefernder, Buchungskreis identisch sind) aus dem Kommen wir damit zu Schritt 5, der Verbuchung der Eingangsrechnung im Schritt 5: Kundenauftrag übernommen. Dies ist bei der internen Verrechnung verkaufenden Buchungskreis. Im »normalen« Einkaufsprozess (Bestellan- Eingangsrechnung nicht möglich: Als Rechnungsempfänger und Regulierer fungiert die Ver- forderung, Bestellung, Wareneingang, Rechnung) wird die Eingangsrech- 15 triebsgesellschaft und nicht der Endkunde. Also ist für die Vertriebsgesell- nung über die Rechnungsprüfung in der Anwendung Materialwirtschaft schaft ein entsprechender Geschäftspartner im Buchungskreis der Pro- (MM) mit Bezug zu Bestellung und Wareneingang verbucht. Im konventio- duktionsgesellschaft zu verwenden. Auch dieser Stammsatz wird über das nellen Ablauf (siehe Abbildung 15.1) würde dies deckungsgleich erfolgen. Da Customizing ermittelt, indem jeder Verkaufsorganisation ein entspre- aber im Szenario des buchungskreisübergreifenden Verkaufs Bestellung und chender Geschäftspartner zugeordnet wird (siehe Abbildung 15.5). Wareneingangsbuchung in der Vertriebsgesellschaft entfallen, ist diese Funktion hier nicht einsetzbar, weshalb die Rechnung direkt in der Finanz- buchhaltung als Kreditorenbeleg zu erfassen ist. Der Buchungssatz lautet dann Aufwandskonto (z. B. Wareneinsatz oder Verbrauch Handelsware) und Vorsteuer an Kreditorenkonto. Auch dieser Schritt lässt sich automatisieren. Dabei kommt die Komponen- Automatisierung te ALE (Application Link Enabling) der SAP-Software zum Einsatz. Es han- durch ALE Abbildung 15.5 Zuordnung einer Kundennummer zur Verkaufsorganisation delt sich dabei um ein generelles Werkzeug zur Verteilung von Daten. Mit- (Transaktion OVVA) hilfe der ALE-Werkzeuge lassen sich folgende Aktivitäten steuern: Abhängig von der Verkaufsorganisation im Kundenauftrag wird der Debi- 쐍 Daten an eine Integrationsplattform (z. B. SAP Exchange Infrastructure) torenstammsatz der internen Faktura ermittelt. In unserem Beispiel (siehe zur Übermittlung an andere Systeme oder Unternehmen übergeben Abbildung 15.5) heißt das: Wenn in der Verkaufsorganisation 2000 ein Kun- (siehe Kapitel 25, »Unternehmensübergreifende Auftragsabwicklung«) denauftrag mit buchungskreisübergreifendem Verkauf angelegt wird, 쐍 Daten an ein EDI-(Electronic-Data-Interchange-)Subsystem zur Versen- dann wird in der zugehörigen internen Faktura (Buchungskreis 1000) der dung von EDI-Nachrichten übergeben Debitor 13000 (Sales Company UK) über das Customizing ermittelt. 쐍 Daten von einem EDI-Subsystem empfangen und verarbeiten 쐍 Daten zwischen verschiedenen SAP-Systemen austauschen 388 389
15 Cross-Company-Geschäfte 15.2 Cross-Company-Konzept in SAP S/4HANA 쐍 Daten zwischen Mandanten austauschen 쐍 Ermittlung einer kostenrechnungsrelevanten Zusatzkontierung (Kos- 쐍 Aktivitäten innerhalb eines Mandanten anstoßen tenstelle, Projekt, Innenauftrag); diese Zuordnung muss dann vorge- nommen werden, wenn es sich bei dem Aufwandskonto um eine Kos- IDocs Als Basis für den Datenaustausch dienen sogenannte Zwischendateien, die tenart handelt – nicht jedes Aufwandskonto ist zwingend auch als IDocs genannt werden. Das Kürzel IDoc steht für Intermediate Document. In Kostenart angelegt. unserem Beispiel wird über die Nachrichtenfindung in der internen Faktura 쐍 Ermittlung des Vorsteuerkennzeichens eine Nachrichtenart mit dem Typ ALE ermittelt. Diese initiiert das Anlegen 쐍 Ermittlung von Programmparametern für die Durchführung der Bu- eines IDocs mit dem IDoc-Typ INVOICE. Diese Datei enthält sämtliche Daten der Faktura. Dazu gehören Kopfdaten wie der Regulierer, der Rechnungs- chung (siehe Abbildung 15.7) empfänger oder die Zahlungsbedingungen. Genauso enthalten sind Positi- onsdaten wie Material, Menge, Preise und Konditionen. Es werden jedoch nur die Konditionen in das IDoc übergeben, für die im Kalkulationsschema das Druckkennzeichen gesetzt wurde. Dieses dient normalerweise der Drucksteuerung auf dem Fakturaformular. Ist das Kennzeichen gesetzt, wird die Kondition auf dem Formular gedruckt. Dieses Kennzeichen ist also auch für die Erstellung der IDoc-Datei bei der Ausgangsrechnung zuständig. Eingangs- Sobald die Zwischendatei erzeugt ist, wird in Financial Accounting eine so- verarbeitung genannte Eingangsverarbeitung für diese Datei gestartet. Somit dient die- ses IDoc gleichermaßen als Eingangs- und als Ausgangsdatei. Dabei wird 15 auf Basis der Rechnungsdaten die Eingangsrechnung in der Finanzbuchhal- tung gebucht – vorausgesetzt, dass entsprechende Customizing-Einstellun- gen in Financial Accounting vorgenommen worden sind. Die wichtigsten Einstellungen wollen wir kurz aufzählen: 쐍 Ermittlung des Kreditorenstamms für den liefernden Buchungskreis 쐍 Ermittlung des Aufwandskontos für die Verbuchung (siehe Abbildung 15.6); dabei wird abhängig vom Materialstamm ein Sachkonto ermittelt. Abbildung 15.7 Eingangsparameter im Customizing von Financial Accounting zur automatischen Verbuchung der Eingangsrechnung im verkaufenden Buchungskreis (Transaktion OBCE) Sind diese Parameter gepflegt, wird mit der Verbuchung der Ausgangsrech- nung in der Produktionsgesellschaft automatisch die Verbuchung der Ein- gangsrechnung in der Vertriebsgesellschaft initiiert. Um eine gewisse Kon- trolle im verkaufenden Buchungskreis zu haben, kann der Beleg mit einer Zahlsperre versehen werden. In diesem Fall muss der Sachbearbeiter in der Kreditorenbuchhaltung diese Sperre erst entfernen, bevor die Zahlung er- Abbildung 15.6 Ermittlung des Sachkontos bei der automatischen folgen kann. Verbuchung der Eingangsrechnung im verkaufenden Buchungskreis (Transaktion SPRO • Sachkonten für EDI-Verfahren zuordnen) 390 391
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