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Gemeinsam zu Diagnose und Therapie Dezember 2019 Interview: Prof. Lerche, Forschungsverbund TREAT-ION Portrait: Forschungsverbund mitoNET Paper of the Month: Artificial intelligence in nephropathology * SSBP1 mutations cause mtDNA depletion underlying a complex optic atrophy disorder * Management of Tamm-Horsfall Protein for Reliable Urinary Analytics * Mutations in SMARCB1 and in in other Coffin-Siris syndrome genes lead to various brain midline defects Liebe Leserinnen und Leser, Verbünde (aktuelle Förderung) seit 2003 fördert das Bundesministeri- der Koordinierungsstelle gewählt. Frau Netzwerk für Menschen mit Erkrankungen mit um für Bildung und Forschung (BMBF) Franke-Rupp wird weiterhin die Koordi- gestörter DNA Reparatur (ADDRess) Prof. Dr. med. Christian Kratz Forschungsverbünde für seltene Erkran- nierungsstelle managen, mit Verstärkung Medizinische Hochschule Hannover kungen an der Schnittstelle zwischen durch Frau Dr. Corinna Schultheis. Be- Grundlagenforschung und Klinik. Das Pro- sonderer Dank gilt an dieser Stelle Prof. Erforschung von autoimmunen Enzephalitiden gramm ist äußerst erfolgreich: die bislang Christoph Klein, der als Koordinator des (CONNECT GENERATE) PD Dr. med. Frank Leypoldt geförderten Forschungsverbünde haben PID-NET von 2011 – 2019 auch Sprecher Universitätsklinikum Kiel entscheidend zum Fortschritt in ihrem je- der Koordinierungsstelle war und in dieser weiligen Gebiet beigetragen und sind inter- Zeit hervorragende Arbeit geleistet hat. Deutsches Netzwerk für die Erforschung und national äußerst sichtbar und anerkannt. Therapieoptimierung von Patienten mit Multi- In der aktuellen Ausgabe erhalten Sie Organ-Autoimmunerkrankungen (GAIN) Prof. Dr. med. Bodo Grimbacher Einige Verbünde haben 2019 die Höchst- Einblick in die Arbeit der Forschungs- Universitätsklinikum Freiburg dauer von drei Finanzierungsperioden verbünde Treat-ION und mitoNET sowie erreicht und wurden daher in die „Verste- Kurzzusammenfassungen aktueller Pub- Deutsches Netzwerk für RASopathieforschung tigung“ entlassen. Wir wissen alle, wie likationen aus den Verbünden. (GeNeRARe) Prof. Dr. med. Martin Zenker schwierig dieser Prozess der Verstetigung Universitätsklinikum Magdeburg ist und wollen die Alumni-Verbünde weiter Auch auf internationaler Ebene hat sich begleiten und aus der post-BMBF-Phase einiges getan. So hat das Thema seltene Translationales Netzwerk zu hereditären berichten lassen. Erkrankungen nun erstmals Erwähnung intrahepatischen Cholestasen (HIChol) Prof. Dr. med. Verena Keitel-Anselmino gefunden sowohl in einer politischen Er- Universitätsklinikum Düsseldorf Wo etwas endet, beginnt etwas Neu- klärung der Vereinten Nationen über die es: für die Förderperiode 2019 bis 2022 universelle Grundversorgung (Universal Deutsches Netzwerk für mitochondriale werden wieder 11 Forschungsverbünde Health Coverage, UHC), als auch im Erkrankungen (mitoNET) neu oder weiter gefördert. Diese sind Jahresbericht 2019 des Büros des Hoch- Prof. Dr. med. Thomas Klopstock Universitätsklinikum München (LMU) in der rechten Spalte aufgeführt; unter kommissars für Menschenrechte der UN www.research4rare.de stellen sie sich vor. (OHCHR) an den UN-Wirtschafts- und So- Entwicklung von Früherkennungs- und Behand- zialrat (ECOSOC). Dies gibt den Lobbyor- lungsstrategien für junge Menschen mit Prädispo- Ein Novum: das mitoNET ist nach drei ganisationen, die wesentlich zu diesem Er- sition für myeloische Neoplasien (MyPred) Dr. med. Miriam Erlacher Jahren Förder-Pause „wiedereingestie- folg beigetragen haben, die Möglichkeit, Universitätsklinikum Freiburg gen“ und erhält seit Mai 2019 BMBF-Fi- die Rechte von Menschen mit seltenen nanzierung für die dritte Förderperiode. Erkrankungen im Gesundheitswesen Netzwerk für frühkindliche zystische Das Beispiel gibt Hoffnung für andere Ver- verstärkt einzufordern. Nierenerkrankungen (NEOCYST) bünde, die ihre drei Förderperioden noch Prof. Dr. med. Martin Konrad Universitätsklinikum Münster nicht ausgeschöpft haben. Diese sowie weitere spannende Entwick- lungen stellen wir Ihnen heute in unserem Netzwerk für die seltene Nierenerkrankung Weitere hervorragende Nachrichten: Newsletter vor. Idiopathische FSGS (STOP-FSGS) Unsere Koordinierungsstelle für die For- Prof. Dr. med. Marcus Moeller Universitätsklinik RWTH Aachen schungsverbünde für seltene Erkrankun- Mit den besten Grüßen, gen (Research4Rare) wird vom BMBF Translationale Forschung zur hereditären für weitere drei Jahre gefördert, vom spastischen Paraplegie (TreatHSP.net) 01.10.2019 bis 30.09.2022. Beim Jahres- PD Dr. med. Rebecca Schüle treffen der Forschungsverbünde im April Universitätsklinikum Tübingen 2019 wurde Prof. Thomas Klopstock, der Neue Therapien für neurologische Ionenkanal- Koordinator des mitoNET, zum neuen und Transporterstörungen (Treat-ION) Sprecher des Sprecherrats und Leiter Ihr Prof. Dr. Thomas Klopstock Prof. Dr. med. Holger Lerche Universitätsklinikum Tübingen Research for Rare ist das Netzwerk der Forschungsverbünde für seltene Erkrankungen. Gefördert wird das Netzwerk vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Im Zentrum der wissen- schaftlichen Aktivitäten der Verbünde steht der von einer seltenen Erkrankung betroffene Patient. Unter www.research4rare.de finden Sie weitere Informationen.
2 Interview Neue Therapien für neurologische Ionenkanal- und Transporterstörungen (Treat-ION) Herr Professor Lerche, was sind Ionenka- 4-Aminopyridin, ein bereits zugelassenes nal- und Transporterstörungen? Arzneimittel, das spezifisch diese Gruppe Bei Ionenkanälen und Transportern handelt von Kanälen blockiert. Wir haben mit der es sich um Proteine in den Zellmembranen Therapie bei einzelnen Patienten begonnen. von Nervenzellen, die für den Ionenaus- Einige der bislang behandelten Patienten tausch über die Membran und somit für die mit häufigen Anfällen, die auf herkömmliche elektrische Erregbarkeit der Zellen verant- Antiepileptika nicht ansprachen, wurden an- wortlich sind. Defekte in Genen, die für Ka- fallsfrei. Fast alle Patienten verbesserten näle oder Transporter kodieren, können den sich hinsichtlich Aufmerksamkeit, Motorik, Ionenfluss über der Membran verändern, Sprache und sozialer Interaktion. Wir ha- dadurch die elektrische Erregbarkeit der ben ganz ähnliche Prinzipien bei anderen Nervenzellen beeinflussen und eine erhöh- Ionenkanaldefekten entdeckt, denen wir in te oder verminderte Erregbarkeit einzelner dem neuen Verbund nachgehen werden. Nervenzellen, Nervenzellgruppen oder gan- zer Netzwerke auslösen. Solche Störungen Was planen Sie in der neuen Förderpe- Prof. Dr. Holger Lerche können zu neurologischen Erkrankungen riode? Koordinator Treat-ION, Universitätsklinikum Tübingen führen, wie genetisch bedingten Epilepsi- Mit dem neuen Förderprojekt Treat-ION en, Migräne, Autismus oder episodischen erhoffen wir uns mit einem Netzwerk und chronischen Ataxien. Aufgrund grund- ren, welche ein neues Krankheitsspektrum aus Klinikern und Wissenschaftlern in sätzlich verwandter pathophysiologischer innerhalb der Gruppe der entwicklungsbe- ganz Deutschland seltene neurologische Mechanismen dieser Erkrankungen gelten dingten und epileptischen Enzephalopathien Ionenkanal- und Transportererkrankungen oft ähnliche therapeutische Prinzipien, die definieren. Diese schweren frühkindlichen früher zu erkennen und daher auch früher krankheitsübergreifend angewendet werden Epilepsien sind mit Entwicklungsstörungen, behandeln zu können. Das Hauptziel dieser können. Intelligenzminderung und weiteren neu- Förderperiode ist es, die Kenntnisse aus ropsychiatrischen Symptomen verbunden. genetischen und pathophysiologischen Stu- Wie viele Menschen sind davon betroffen? dien für noch mehr individualisierte Thera- Die sogenannten Kanalopathien sind sehr Interessanterweise konnten wir für die be- piemöglichkeiten zu nutzen. Mit Hilfe von seltene Erkrankungen und weisen geschätzt troffenen Patienten einen Genotyp-Phäno- Zell-, Tier- und humanen Modellen möchten eine Prävalenz von 35:100.000 auf, wir spre- typ-Zusammenhang herstellen. Die von uns wir neue verfügbare Behandlungsmöglich- chen also von annähernd 30.000 Betroffe- gefundenen KCNA2-Mutationen beeinträch- keiten zum einen gezielt in Datenbanken nen in Deutschland. Die betroffenen Patien- tigen die Funktionalität des Kaliumkanals auf suchen (nicht alle solche Therapien liegen ten und ihre Familien leiden dabei unter einer unterschiedliche Arten: Bei einigen Patien- auf der Hand, es gibt aber viele Medika- hohen Krankheitsbelastung. Die Symptome ten ist der Kaliumfluss stark eingeschränkt. mente, deren spezifische Wirkung man der Patienten reichen von vorübergehen- Diese Patienten zeigten eine milde geistige über Datenbanken herausfinden kann), den oder permanent andauernden Gang Behinderung und entwickelten ab dem Klein- und zum zweiten diese Medikamente in störungen, schwerer Parese, Episoden mit kindalter fokale epileptische Anfälle, die sich Experimenten testen. Der Fokus liegt auf zu- Bewusstseinsverlust, epileptischen Anfällen bis zum Jugendalter meist wieder verlor. Die gelassenen und damit bereits verfügbaren bis hin zu schweren Schmerzen. zweite Gruppe von Patienten zeigte hinge- Medikamenten. Vorteil dieses sogenannten gen eine stark gesteigerte Kanalfunktion, „drug repurposing“ ist es, dass wir von dem Sie haben von 2011-2015 bereits einen welche mit anhaltender generalisierter Epi- bereits vorhandenen Wissen über solche Forschungsverbund zu Ionenkanaler- lepsie mit früherem Beginn sowie schwe- Medikamente profitieren können. krankungen mit BMBF-Förderung gelei- reren Entwicklungsproblemen einhergeht. tet. Was haben Sie bisher erreicht? Eine dritte Gruppe trägt Mutationen, die Im letzten Forschungsverbund konnten wir sowohl einen Funktionsverlust, als auch ei- eine Reihe weiterer Gene identifizieren, in nen Funktionsgewinn bewirkten; sie zeigten denen Mutationen genetische Epilepsien interessanterweise den schwersten Phäno- Kontakt: verursachen. Durch funktionelle Untersu- typ mit schweren Entwicklungsproblemen, Prof. Dr. Holger Lerche chungen der unterschiedlichen Gendefekte generalisierten und fokalen Epilepsien mit Zentrum für Neurologie konnte der pathophysiologische Mechanis- teilweise neonatalem Beginn. Hertie-Institut für klinische Hirnforschung mus defekter Ionenkanäle besser verstan- Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Epilep- den werden und Hinweise auf Therapie Hat Ihnen die bisherige Arbeit geholfen, tologie optionen geben. Ein Beispiel hierfür ist das die Erkrankungen besser zu verstehen? Universitätsklinikum Tübingen Gen KCNA2, welches für den spannungsab- Aus unseren Erkenntnissen ergibt sich un- Hoppe-Seyler-Straße 3, 72076 Tübingen hängigen Kaliumkanal KV1.2 kodiert. In die- mittelbar eine neue, individuelle Therapie- Tel: +49 7071 29 80466 sem Kanal konnten wir mehrere Mutationen möglichkeit für die schwerer betroffenen Fax +49 7071 29 4488 identifizieren und funktionell charakterisie- Patienten mit gesteigerter Kanalfunktion: E-Mail: holger.lerche@uni-tuebingen.de
3 Portrait Deutsches Netzwerk für mitochondriale Erkrankungen “Any symptom, any organ, any age” Derzeit wird zudem an einem globalen Re- gister gearbeitet (Förderung über das E-Ra- Dieses Zitat von A. Munnich (1996) beschreibt re-Projekt GENOMIT). die extreme Heterogenität und Komplexität mitochondrialer Erkrankungen am besten: Die mitoNET-Biomaterialbank, angesiedelt es kann jedes Organ in jedem Alter betroffen an der TU München, enthält bereits über sein, es gibt eine unzählige Vielfalt an Symp- 7.500 Proben. Auch diese soll mit einem tom-Konstellationen. global repository verknüpft werden, um das Wissen über die diversen mitochondrialen Zu den klassischen mitochondrialen Erkran- Erkrankungen und der ihnen zugrundeliegen- kungen zählen die Chronisch Progressive den Mechanismen noch besser erforschen Externe Ophthalmoparese (CPEO), die mit zu können. hängenden Augenlidern und einer Schwäche der äußeren Augenmuskeln einhergeht, die Im Teilprojekt mitoGENE wurden in den letz- Lebersche Hereditäre Optikus-Neuropathie Prof. Dr. Thomas Klopstock ten Jahren mittels Exomsequenzierung mehr (LHON), die zur Sehminderung bis hin zur Koordinator mitoNET, Universitätsklinikum München als 40 neue Krankheitsgene identifiziert. In Erblindung führt sowie die Mitochondriale der neuen Förderphase sollen mittels RNA- Enzephalomyopathie mit Laktat-Azidose und und Whole Genome-Sequenzierungen wei- Schlaganfall-ähnlichen Ereignissen (MELAS), Insgesamt finden sich somit unter dem Ober- tere Gendefekte erkannt und damit die dia- eine schwere multisystemische Erkrankung. begiff der mitochondrialen Erkrankungen mehr gnostische Unsicherheit bei den betroffenen als 300 einzelne Syndrome, jedes für sich ge- Patienten gelöst werden. Diese klassischen Erkrankungen beruhen nommen selten, zusammen aber ca. 1 von auf Mutationen der mitochondrialen DNA 4.000 Menschen betreffend. Weitere Teilprojekte in der neuen Förderpha- (mtDNA) selbst. Von den ca. 1.500 Proteinen, se beschäftigen sich mit der funktionellen die für Struktur und Funktion der Mitochondri- Das seit 2009 etablierte Verbundprojekt Validierung gefundener Sequenzvarianten, en erforderlich sind, sind aber nur 13 mtDNA- mitoNET hat sich zum Ziel gesetzt, die Grund- mit der Untersuchung molekularer Pathome- codiert. Die überwiegende Zahl an Eiweißen lagenforschung zu mitochondrialen Erkran- chanismen mittels Proteomics, mit der Identi- wird nukleär codiert und die entsprechenden kungen weiter voranzutreiben und eine bes- fikation möglicher Biomarker über Metabolo- Proteine dann über einen speziellen Mecha- sere Diagnostik und Therapie mitochondrialer mics, sowie mit der Evaluation von tragbaren nismus in die Mitochondrien importiert. Derzeit Erkrankungen zu erreichen. Aktivitätsmonitoren als neue Endpunkte für sind bereits mehr als 300 nukleäre Gendefekte klinische Studien. identifiziert, die größtenteils einem autosomal Förderung durch das BMBF rezessiven Erbgang folgen. Das Bundesministerium für Bildung und For- Die Forschungsergebnisse des Netzwerks schung (BMBF) hatte das mitoNET zunächst wurden in bisher über 150 Publikationen im Zeitraum 2009 – 2015 gefördert. Durch veröffentlicht. Das mitoNET hat in den letz- seine sehr gute Verstetigung nach 2015 ist ten Jahren wesentlich zu Fortschritten der es dem Netzwerk gelungen, 2019 erneut im mitochondrialen Medizin beigetragen. Auch Förderprogramm des BMBF zu translations- in Zukunft ist das Ziel, die Diagnostik und orientierten Verbundvorhaben im Bereich der Therapie mitochondrialer Erkrankungen zu seltenen Erkrankungen aufgenommen zu wer- verbessern und das Leben der betroffenen den. Zur nachhaltigen Entwicklung des Netz- Patienten zu erleichtern. werks außerhalb der Förderung durch das BMBF trug u.a. der eigens gegründete Verein mitoNET e.V. mit seinen Fördermitgliedschaften sowie die Einwerbung von EU-Drittmitteln für das Projekt GENOMIT bei, das auf internationalem Kontakt: Level ähnliche Ziele wie das mitoNET verfolgt. Prof. Dr. Thomas Klopstock Friedrich-Baur-Institut In der jetzigen dritten Förderphase (2019- an der Neurologischen Klinik und Poliklinik 2022) mit sieben Teilprojekten kann das Klinikum der Universität München mitoNET auf seine bewährte Infrastruktur Ziemssenstraße 1a, 80336 München und weitreichende Vor-Ergebnisse aufbauen: Tel.: +49 089 4400-57400 u. a. wurde ein Patientenregister aufgebaut, E-Mail: thomas.klopstock@med.uni-muenchen.de das mittlerweile über 1.500 Patienten enthält, Web: www.mitoNET.org inklusive Verlaufsdaten.
4 Aus den Verbünden Preisverleihung an Teams des CMT-NET Für jüngste Erfolge in der Erforschung einer seltenen Erkran- kung des peripheren Nervensystems erhielten Dr. rer. nat. Robert Fledrich und Dr. med. Ruth Martha Stassart von der Universität Leipzig den Dr. Holger Müller Preis 2018 Die im BMBF-Forschungsverbund Charcot-Marie-Tooth engagierten Targeting myelin lipid metabolism as a potential therapeutic Wissenschaftler Dr. rer. nat. Robert Fledrich (Institut für Anatomie strategy in a model of CMT1A neuropathy der Universität Leipzig und Max-Planck-Institut für Experimentelle Fledrich R, Abdelaal T, Rasch L, Bansal V, Schütza V, Brügger Medizin) und Dr. med. Ruth Martha Stassart (Oberärztin der Abtei- B, Lüchtenborg C, Prukop T, Stenzel J, Rahman RU, Hermes D, lung Neuropathologie der Universität Leipzig und Max-Planck-Insti- Ewers D, Möbius W, Ruhwedel T, Katona I, Weis J, Klein D, Martini tut für Experimentelle Medizin) und ihre Teams haben eine mögliche R, Brück W, Müller WC, Bonn S, Bechmann I, Nave KA, Stassart Behandlung der Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung, kurz CMT1A, RM, Sereda MW. entdeckt. Die Krankheit galt bislang als unheilbar. Nat Commun. 2018 Aug 2;9(1):3025 Etwa 30.000 Patienten leiden in Deutschland an der Charcot-Ma- rie-Tooth-Erkrankung. Sie ist die häufigste vererbliche Erkrankung des peripheren Nervensystems, gilt aber mit einer Häufigkeit von 1:5000 als seltene Erkrankung. Aufgrund eines Gendefektes (der Verdopplung des Gens für das periphere Myelinprotein „PMP22“) entwickeln die betroffenen Patienten eine langsam fortschreitende Nervenschädigung, die zu Gehschwierigkeiten bis hin zur Rollstuhl- gebundenheit und zu Sensibilitätsstörungen wie Taubheit, Kribbeln und Schmerzen führt. Die ersten Symptome können bereits im Kindesalter auftreten. Obwohl der zugrundeliegende Gendefekt der CMT1A Erkrankung bereits seit 25 Jahren bekannt ist, sind die Erkrankungsmechanismen nach wie vor wenig verstanden und therapeutische Optionen für Patienten bisher nicht verfügbar. In ihrer aktuellen Forschungsarbeit fanden die Leipziger Wissen- schaftler Dr. Fledrich und Dr. Stassart mit Hilfe von genetisch veränderten Nagetiermodellen heraus, dass die Gliazellen des peripheren Nervensystems, die Schwannzellen, in der CMT1A Erkrankung während der Entwicklung einen Defekt des Fettstoff- wechsels aufweisen. Schwannzellen ummanteln normalerweise die Nervenfasern mit einer fettreichen Isolationsschicht, dem Myelin, was die schnelle Weiterleitung elektrischer Impulse sicherstellt. In der CMT1A Erkrankung, so konnten die Wissenschaftler nun zeigen, ist die Myelinproduktion in Folge des defekten Fettstoff- wechsels gestört, was zu einer Beeinträchtigung der Nervenfunktion führt. In Experimenten mit an CMT1A erkrankten Ratten konnten Fledrich und Stassart nachweisen, dass sich die Myelinproduktion der Schwannzellen durch Verabreichung von Lecithin verbessern lässt. Lecithin ist ein Nahrungsergänzungsmittel und wird aus Soja oder Eigelb gewonnen. Die Wissenschaftler arbeiten nun daran, die neu gewonnenen Erkenntnisse aus dem CMT1A Tiermodell für Patienten nutzbar zu machen. Die Ergebnisse der Studie sind sehr vielversprechend und lassen sich möglicherweise auch auf andere ähnliche Erkrankungen übertragen.
5 Aus den Verbünden Paper of the Month Jeden Monat kürt Research for Rare eine Publikation aus dem Kreis der Forschungsverbünde und verfasst eine Kurzzusammenfassung. Diese können Sie gesammelt hier einsehen: Paper Paper of the Month Oktober 2019 Paper of the Month September 2019 Artificial intelligence in nephropathology SSBP1 mutations cause mtDNA depletion underlying a com- Nature Reviews Nephrology 2019 Oct 9. [Epub ahead of print] plex optic atrophy disorder Peter Boor The Journal of Clinical Investigation 2019 Sep 24. [Epub ahead of print] Del Dotto V, Ullah F, Di Meo I, Magini P, Gusic M, Maresca A, Caporali L, Pa- Der diskutierte Aufsatz wurde im Rahmen des Forschungsverbunds lombo F, Tagliavini F, Baugh EH, Macao B, Szilagyi Z, Péron C, Gustafson MA, STOP-FSGS erarbeitet. Die Nephropathologie ist ein komplexes, Khan K, La Morgia C, Barboni P, Carbonelli M, Valentino ML, Liguori R, Shashi hochtechnisches und diagnostisch anspruchsvolles Spezialfach V, Sullivan JA, Nagaraj S, El-Dairi M, Iannaccone A, Cutcutache I, Bertini E, der Pathologie und eine entscheidende Komponente für Diagno- Carrozzo R, Emma F, Diomedi-Camassei F, Zanna C, Armstrong M, Page MJ, severfahren in der Nephrologie. Die Nephropathologie befasst sich Boesch S, Wortmann SB, Kopajtich R, Stong N, Sperl W, Davis E, Copeland WC, hauptsächlich mit einer großen Anzahl verschiedener seltener bis Seri M, Falkenberg M, Prokisch H, Katsanis N, Tiranti V, Pippucci T, Carelli V. sehr seltener Krankheiten, für die es eine Reihe quantitativer und semi-quantitativer Scoringsysteme gibt. Diese Systeme sollen die Das “Single strand binding protein 1“ (SSBP1) ist ein Schlüssel- Vorhersagekraft in Bezug auf den Krankheitsverlauf oder die Be- protein für die Replikation der mitochondrialen DNA (mtDNA). handlungsentscheidungen verbessern, stellen jedoch einen zusätz- Zusammen mit der DNA-Polymerase POLG und der Helikase lichen Arbeitsaufwand für die abnehmende Anzahl von Nephropa- Twinkle bildet es das „minimale“ Replisom. Die Komponenten des thologen dar und haben häufig eine schlechte Reproduzierbarkeit, mitochondrialen Replisoms sowie der „salvage pathways“, die eine die ihre Nützlichkeit einschränkt. ausgewogene Verfügbarkeit von Nukleotiden gewährleisten, haben Die jüngsten Technologieentwicklungen (z.B. whole slide scanner, eine zweifache Bedeutung. Rechenpower und Speicherkapazität) ermöglichen eine effektive Erstens sind diese Proteine für die Replikation von mtDNA ver- Digitalisierung der Pathologie - weg von den Mikroskopen hin zu antwortlich, eine in den letzten Jahren viel diskutierte Aufgabe, Computerbildschirmen und vollständig digitalen Arbeitsabläufen. und stellen somit entscheidende Faktoren für die Biologie dieser Dies eröffnet enorme Möglichkeiten für die digitale Bildanalyse. Organellen dar. Und zweitens hat sich in den letzten 3 Jahrzehnten Besonders vielversprechend für die Pathologiediagnostik sind herausgestellt, dass die meisten dieser Proteine auch humanpatho- hierbei Entwicklungen der künstlichen Intelligenz und vor allem logische Bedeutung haben. Demnach haben Mutationen in diesen das Deep Learning. Genen das Potenzial, die mtDNA-Replikation zu beeinträchtigen, In dem hervorgehobenen Artikel erörtert der Autor die jüngsten was zur Depletion mitochondrialer DNA führt und meist sehr schwe- Entwicklungen bei der Anwendung von Deep Learning in der re und tödliche Erkrankungen des Kindesalters hervorruft. Nephropathologie. Die Grundkonzepte des Deep Learning und Ebenso können allelische Mutationen in den gleichen Genen mit insbesondere die für die Bilder verwendete Rechenarchitektur, die der Zeit auch zu einer Anhäufung von mtDNA-Fehlern in post-mito- sogenannten Convolutional Neural Networks, werden diskutiert. tischem Gewebe führen, insbesondere zu multiplen mtDNA-De- Eine beispielhaft aufgeführte Anwendung ist die Automatisierung letionen in Muskeln und im Gehirn. Bei solchen Erkrankungen von Routineaufgaben in der quantitativen Pathologie. Dies könnte handelt es sich um spät einsetzende Phänotypen, die von einer zukünftig eine erhebliche Zeitersparnis erzielen sowie eine repro- chronisch-progressiven externen Ophthalmoplegie (CPEO) domi- duzierbare quantitative Pathologie als Grundlage für die aus der niert werden und unter Umständen auch mit einer Multisystembe- Gewebehistologie abgeleitete Präzisionsmedizin bereitstellen. Es teiligung verbunden sein können. werden auch andere Anwendungen besprochen, wie die Vorher- Obwohl SSBP1 eines der ersten untersuchten Schlüsselproteine sage molekularer Veränderungen (in der Onkopathologie), die für ist, fehlte es seit rund 30 Jahren in der Liste der Gene, die mit Pathologen bisher nicht möglich waren. den mitochondrialen Erkrankungen aus der Gruppe der „mtDNA Die gegenwärtig noch zahlreichen Einschränkungen in diesem maintenance defects“ assoziiert sind. Die vorliegende Arbeit (und neuen Forschungsbereich werden ebenfalls angesprochen. Dazu weitere Veröffentlichungen in der gleichen Journal-Ausgabe) zeigt, zählen auch die mangelnde Erklärbarkeit der Modelle und die feh- dass eine Erkrankung aus dem Formenkreis der Optikus-Atro- lenden annotierten Datensätze zum Trainieren und Entwickeln von phien sowie eine Transplantations-pflichtige Niereninsuffizienz Deep Learning-Modellen. Der Bildungsbedarf für eine neue Ge- bei Erwachsenen mit dominanten und bei Kindern mit rezessiven neration von Pathologen wird diskutiert. SSBP1-Mutationen auftreten kann. Schließlich fasst der Aufsatz die künstliche Intelligenz in der digi- Die aktuelle Studie wurde in internationaler Zusammenarbeit und talen Pathologie als bahnbrechende Entwicklung zusammen, die mit mitoNET-Partnern durchgeführt. Die Forschungsarbeit umfass- die Art und Weise, wie Pathologie durchgeführt wird, verändern te Untersuchungen von Patienten-Geweben und Fibroblasten-Zellli- wird. Diese Methode bleibt dennoch, wie auch andere Techniken nien, sowie in-vitro-Experimente. Die Autoren verdeutlichen mit den (z.B. die molekulare Pathologie) ein Teil der Pathologie und kann Ergebnissen, dass die identifizierten SSBP1-Mutationen zu einer nur von oder zusammen mit Pathologen angewendet und inter- reduzierten Effizienz der mtDNA-Replikation und einer teilweisen pretiert werden. mtDNA-Depletion führen. Dies bedingt in den meisten Fällen eine funktionelle Beeinträchtigung der Mitochondrien. Kommentar von: Kommentar von: Prof. Dr. Peter Boor, Universitätsklinikum Aachen Dr. Holger Prokisch, Technische Universität München
6 Aus den Verbünden Paper of the Month August 2019 Paper of the Month Juli 2019 Management of Tamm-Horsfall Protein for Reliable Urinary Mutations in SMARCB1 and in other Coffin-Siris syndrome Analytics genes lead to various brain midline defects Xu X, Barreiro K, Musante L, Kretz O, Lin H, Zou H, Huber TB, Holthofer H Filatova A, Rey LK, Lechler MB, Schaper J, Hempel M, Posmyk R, Proteomics Clin Appl. 2019 Aug 19 [Epub ahead of print] Szczaluba K, Santen GWE, Wieczorek D, Nuber UA Nat Commun. 2019 Jul 4;10(1):2966. Im Urin enthaltene extrazelluläre Vesikel (uEVs) sind kleine (30– 400nm im Durchmesser), von einer Phospholipid–Doppelmembran Das Coffin-Siris-Syndrom ist eine vermutlich viel zu selten diag- umgebene Strukturen, die aktiv von allen Zelltypen des Nephrons nostizierte, komplexe Entwicklungsstörung mit unterschiedlichen und der ableitenden Harnwege sezerniert werden. Sie haben ihren Symptomen und verschiedenen zugrundeliegenden genetischen Ursprung entweder im endosomalen Kompartiment oder direkt von Veränderungen, die spontan auftreten. Typisch sind eine generelle Evaginationen der Zellmembran. Die Vielzahl unterschiedlicher Verzögerung der Entwicklung, eine Minderung der Intelligenz und uEVs, die man im Urin nachweisen kann, stellen eine Moment- ein reduziertes Sprachvermögen. Die Betroffenen zeigen auch aufnahme pathophysiologischer Prozesse in der Niere und im körperliche Auffälligkeiten: Sie sind klein, haben unter anderem gesamten Körper dar, da EVs in der Niere aus der systemischen dichte Augenbrauen, einen breiten Nasenrücken, tief angesetzte Blutzirkulation gefiltert werden. Ohren, einen breiten Mund und charakteristische Veränderungen Somit stellt die Analyse der uEVs einen vielversprechenden Ansatz an den Finger- und Zehennägeln. Viele Betroffene leiden auch dar, um dynamische molekulare Informationen zu frühen patholo- unter Epilepsie, haben Augen- oder Herzprobleme oder andere gischen Veränderungen unterschiedlicher (renaler) Erkrankungen, organische Symptome. Voraussagen zu ihrem Verlauf oder dem Ansprechen auf Therapie Professorin Ulrike Nuber von der TU Darmstadt hat anhand eines zu erlangen. In diesem Zusammenhang hat eine Arbeitsgruppe Mausmodells gezeigt, welche strukturellen Veränderungen bei des STOP-FSGS Konsortiums ein robustes, standardisiertes Pro- dieser Entwicklungsstörung im Gehirn möglich sind und zusammen tokoll zur Isolation von uEVs etabliert, da ein solches bislang nicht mit klinischen Kollegen nachgewiesen, dass solche Veränderun- verfügbar war. gen auch tatsächlich bei den Betroffenen vorhanden sind, und Insbesondere Tamm–Horsfall Protein (THP; Uromodulin), das häu- zwar in unterschiedlichem Ausmaß. Das von dem Forscherteam figste und glykanreiche Glykoprotein im Urin, kann eine große Men- zusammen mit dem BMBF-geförderten Forschungsnetzwerk Chro- ge von uEVs binden. THP stellt daher eine störende Kontamination matin-Net erarbeitete Wissen wird helfen, die klinische Diagnose- bei der Durchführung von Urinanalysen dar. In der vorliegenden stellung zu verbessern und liefert möglicherweise Ansatzpunkte Studie wurden uEVs mittels hydrostatischer Filtrationsdialyse (HFD) für eine Behandlung. isoliert und mit einer definierten Harnstofflösung behandelt, um die Nuber wollte mit dem Mausmodell klären, was genau passiert, Freisetzung von uEVs zu optimieren. Dieses Protokoll garantiert wenn ein Gen verändert wird, dessen Protein-produkt zu einem gegenüber gängigen Verfahren eine Anreicherung von isolierten Komplex gehört, der die DNA für das Ablesen der Gene freiräumt. uEVs, wobei gleichzeitig die Kontamination signifikant reduziert Es war bekannt, dass Mutationen in diesem Gen zu Krebs und wurde, wie transmissions-elektronenmikroskopische, Western Entwicklungsstörungen führen können. Nuber und ihr Team beob- blot und Proteom-Analysen zeigten. achteten, dass Mäuse, bei denen die Aktivität des SMARCB1-Gens Laut der Autoren erfüllt das Verfahren die Anforderungen eines in Gehirnstammzellen gedrosselt ist, markante Verände-rungen im klinischen Forschungslabors und erlaubt eine schnelle und einfache Gehirn zeigten. Zum einem war das Gehirn der Tiere viel zu klein, Probenaufarbeitung zur weiteren Analyse. Das Management der zum anderen zeigte es auffällige Mittelliniendefekte. Bei vielen THP Kontamination kann einfach in jeglichen uEVs Isolierungspro- Mäusen waren etwa die Nervenfaserbündel, die rechte und linke zess integriert werden und bietet erhebliche Vorteile bei verschie- Gehirnhälfte miteinander verbinden, unterentwickelt oder fehlten densten nachfolgenden Analyseverfahren. ganz. Viele Mäuse hatten zudem krankhafte Veränderun-gen im In Anbetracht der zunehmenden Bedeutung von uEVs als Biomar- Kleinhirn und in der Mitte des Vorderhirns. Außerdem war die Struk- ker renaler und systemischer Erkrankungen ist das hier im Detail tur, welche die Gehirnflüssigkeit produziert, zu groß. beschriebene Protokoll von breitem Interesse. Da SMARCB1-Mutationen bereits als krankheitsverursachende Veränderung beim Coffin-Siris-Syndrom bekannt sind, bat Nuber Professor Dagmar Wieczorek, Direktorin des Instituts für Human- genetik an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und Pro- jektleiterin im Chromatin-Net, sowie weitere Wissenschaftler, die MRT-Scans von Betroffenen noch einmal mit Blick auf die neuen Erkenntnisse auszuwerten. Die detaillierte Analyse zeigte, dass die Betroffenen ein ähnliches Spektrum an strukturellen Verände- rungen aufweisen, was in diesem Ausmaß vorher nicht bekannt gewesen ist. Durch die Erkenntnisse aus dem Mausmodell wissen die Ärzte nun, nach was sie auf den MRT-Scans genau suchen müssen. Dies ist ein ganz wichtiges Zusatzwissen für die Diagnostik. Die Mäuse mit der gedrosselten Aktivität des SMARCB1-Gens sind auch ein wichtiges Tiermodell, um mögliche Therapieansätze zu testen. Kommentar: PD. Dr. Oliver Kretz, Universitätsklinikum Hamburg Der Text ist mit freundlicher Genehmigung auf Basis einer Pressemit- teilung der TU Darmstadt entstanden.
7 Neueste Entwicklungen INTERNATIONAL Aufnahme seltener Erkrankungen in den Jahresbericht an den Mit Prof. Dr. Dres. H.c. Paul Kirchhof und Prof. Dr. Christiane ECOSOC und in die politische Erklärung der Vereinten Natio- Woopen konnten renommierte Experten aus den Bereichen Ver- nen über die universelle Grundversorgung (Universal Health fassungsrecht und Ethik als Unterstützer gewonnen werden. Key- Coverage, UHC) note Speakerin war die bekannte britische Kinderrechtsaktivistin Das Büro des Hochkommissars für Menschenrechte der Vereinten Dr. Gerison Lansdown. Nationen (OHCHR) hat in seinem 2019 veröffentlichten Jahres- Ein wichtiges Resultat der Tagung war die Ausarbeitung eines Plä- bericht an den Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen doyers für die Achtung der Rechte kranker Kinder, in dem konkrete (ECOSOC) auf Menschen hingewiesen, die mit einer seltenen Forderungen an Gesellschaft und Politik formuliert werden. Die Er- Krankheit leben. gebnisse der Konferenz sollen zudem in einem Tagungsband ver- Am 23. September wurde nun erstmals in einer politischen Erklärung öffentlicht werden. Sämtliche Vorträge wurden videoaufgezeichnet der Vereinten Nationen angeregt, Menschen mit einer seltenen und stehen auf der Website www.kranke-kinder-haben-rechte.de Erkrankung in die allgemeine Gesundheitversorgung aufzunehmen. zur Verfügung. Yann Le Cam, Chief Executive Officer of EURORDIS-Rare Diseases Dr. Carolin Ruther, Dr. v. Haunersches Kinderspital am Klinikum der Uni- Europe, betont: “This is the most important health-related text in versität München the 15 years of the 2030 Agenda for Sustainable Development. It reinforces and creates a dynamic in almost all countries in the world to increase the percentage of the population (including people with Kommission Seltene Erkrankungen der Deutschen Gesell- rare diseases) benefitting from health coverage, to enlarge the list of schaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) care services covered, and to increase the percentage of healthcare Die DGKJ hat im März 2019 eine Kommission Seltene Erkran- expenses covered by public resources. The declaration gives us kungen berufen, die sich sich mit dem besonderen Aspekt der the most robust grounds to date to move towards a UN resolution Seltenen Erkrankungen in der Kinder- und Jugendmedizin befasst. on rare diseases.” Mitglieder sind: Prof. Dr. Reinhard Berner (Dresden), Prof. Dr. Helge Zur Stellungnahme von EURORDIS, Rare Diseases International und dem Hebestreit (Würzburg), Prof. Dr. Georg Hoffmann (Heidelberg) und NGO Committee for Rare Diseases Prof. Dr. Heiko Krude (Berlin), Sachverständige: Prof. Dr. Dagmar Wieczorek (Düsseldorf). BUNDESWEIT Bericht von der Nationalen Konferenz zu Seltenen Erkran- Der Koalitionsvertrag der Bundesregierung betont: kungen (NAKSE) der ACHSE e.V., 26./27.9.2019 „Wir werden Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich verankern. ACHSE, der Dachverband von und für Menschen mit Seltenen Kinder sind Grundrechtsträger, ihre Rechte haben für uns Verfas- Erkrankungen, und die Zentren für Seltene Erkrankungen haben sungsrang. Wir werden ein Kindergrundrecht schaffen.“ auf ihrer Konferenz im September 2019 die Patientenseite, Me- dizin, Wissenschaft, Forschung und Industrie erfolgreich zusam- Am 29. & 30. April 2019 fand in Tutzing am Starnberger See der mengebracht. 1. Deutsche Kindergesundheitsgipfel als Expertentagung zur Es ist vorgesehen, diese Konferenz in zwei Jahren zu wieder- Bedeutung der Kinderrechte für die Kindermedizin statt. Ausge- holen, um die Vernetzung weiter zu fördern und den Anliegen richtet wurde die Tagung von der Akademie für Politische Bildung und Bedürfnissen von Menschen mit seltenen Erkrankungen an gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der 37 deutschen Forschung, Medizin und Pflege weiterhin eine Plattform zu bieten. Universitätskinderkliniken sowie in Kooperation mit der National Zur Konferenzbroschüre Coalition Deutschland. Die Veranstaltung griff das Vorhaben der Bundesregierung auf, die Kinderrechte in dieser Legislaturperiode im Grundgesetz zu ver- ankern. Betroffen von dieser Verfassungsänderung wäre auch die Kindermedizin, die infolge des Strukturwandels im Gesundheitswe- sen derzeit vor großen Herausforderungen steht. Die zunehmende Ökonomisierung des Medizinsystems bedroht nicht nur eine kind- gerechte medizinische Versorgung auf hohem Niveau, sondern erschwert auch die Achtung und Umsetzung von Kinderrechten im klinischen Alltag. Im Mittelpunkt des 1. Deutschen Kindergesundheitsgipfels stand daher die Frage nach den konkreten Folgen der geplanten Grund- gesetzänderung insbesondere für eine Verbesserung der Situation kranker Kinder in unserer Gesellschaft. Die Schirmherrschaft hatte die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, Sabine Weiss, MdB, übernommen.
8 Informationen Veranstaltungen Publikationen Ausschreibung „Pre-clinical research ERN-Webinars zu seltenen neurologi- RE(ACT) Congress and IRDiRC Confe- to develop effective therapies for rare schen und neuromuskulären Erkran- rence: International Congress of diseases“ kungen (organisiert von den ERNs RND Research on Rare and Orphan Diseases und EuroNMD) 11.-14.3.2020, Berlin Ausschreibung „Networking Support Scheme“ 5. Rare Disease Symposium der Eva The 10th European Conference on Rare Luise und Horst Köhler Stiftung. Digita- Diseases & Orphan Products – ECRD Musterdatensatz 2020 zur Kodierung lisierung: Chance oder Risiko? 15./16.5.2020, Stockholm von Seltenen Erkrankungen 27./28.2.2020, Berlin IRDiRC-Report: State of Play of Research in the Field of Rare Diseases: 2015-2018 Bisher geförderte Verbünde Ichthyosen (NIRK) Netzwerk für Neurologische und Die folgenden Verbünde wurden im Zeit- Prof. Dr. Heiko Traupe, Ophthalmologische Ionenkanalerkran- raum 2003 bis 2019 in einer oder mehreren Universitätsklinikum Münster kungen (IonNeurONet) Förderperioden vom Bundesministerium für Prof. Dr. Holger Lerche, Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Imprinting-Erkrankungen (Imprinting) Universitätsklinikum Tübingen Nähere Informationen erhalten Sie unter Prof. Dr. Bernhard Horsthemke, www.research4rare.de/alumni Universitätsklinikum Essen Neuronale Ceroid-Lipofuszinose (NCL 2 TREAT) Autoinflammatorische Syndrome bei Kognitive chromatinbedingte Stö- Prof. Dr. Braulke, Kindern und Jugendlichen (AID-NET) rungen (CHROMATIN-NET) Universitätsklinikum Hamburg - Eppendorf Prof. Dr. Johannes Roth, Prof. Dr. André Reis, Universitätsklinikum Münster Universitätsklinikum Erlangen Primäre Immundefekte (PID-NET) Prof. Dr. Christoph Klein, Charcot-Marie-Tooth (CMT-NET) Kongenitale uro-rektale Malformatio- Universitätsklinikum München (LMU) Prof. Dr. Michael W. Sereda, nen (CURE Net) Universitätsmedizin Göttingen (UMG) Dr. E.Jenetzky (DKFZ), PD Dr. H.Reutter Sarkome (TranSarNet) (Uniklinikum Bonn), N.Schwarzer (SOMA e.V.) Prof. Dr. Heribert Jürgens, Craniofaziale Entwicklungsstörungen Universitätsklinikum Münster (FACE), Prof. Dr. Bernhard Zabel, Leichtketten-(AL-) Amyloidose Universitätsklinikum Freiburg (GERAMY) Skelettdysplasie-Netzwerk (Skelnet) PD Dr. Stefan Schönland, Prof. Dr. Bernhard Zabel Deutsches Netzwerk für erbliche Bewe- Universitätsklinikum Heidelberg Universitätsklinikum Freiburg gungsstörungen (GeNeMove) Prof. Dr. J.B. Schulz, Leukodystrophien (Leukonet) Störungen der somatosexuellen Diffe- Universitätsklinikum Göttingen Prof. Dr. Volkmar Gieselmann, renzierung und Intersexualität Universität Bonn PD Dr. Ute Thyen, Dystonien (DYSTRACT) Universitätsklinikum Lübeck Prof. Dr. Jens Volkmann, Motoneuronerkrankungen (MND-Net) Universitätsklinikum Würzburg Prof. Dr. Albert Ludolph, Prof. Dr. Jochen Systemische Sklerodermie Weishaupt, Universitätsklinikum Ulm Prof. Dr. Thomas Krieg, Epidermolysis bullosa (EB-Net) Universitätsklinikum Köln Prof. Dr. Leena Bruckner-Tuderman, Muskeldystrophien (MD-NET) Universitätsklinikum Freiburg Prof. Dr. Maggie Walter, Zelluläre Verfahren für seltene Lunge- Universitätsklinikum München (LMU) nerkrankungen (CARPuD) Erbliche Netzhauterkrankungen (HOPE) Prof. Dr. Ulrich Martin, Prof. Dr. Bernd Wissinger, Mitochondriale Erkrankungen (mitoNET) Medizinische Hochschule Hannover Universitätsklinikum Tübingen Prof. Dr. Thomas Klopstock Universitätsklinikum München (LMU) Erbliche Stoffwechselstörungen Impressum und Kontakt: (METABNET), Prof. Dr. Udo Wendel, Netzwerk für angeborene Störungen Universitätsklinikum Düsseldorf der Blutbildung (bmfs) Koordinierungssstelle der Forschungsverbünde Prof. Dr. Karl Welte, Medizinische Hoch- für seltene Erkrankungen Genetische Modifikation des CTR-Gens schule Hannover Friedrich-Baur-Institut an der Neurologischen bei CF (GALENUS) Klinik und Poliklinik Prof. Dr. Joseph Rosenecker, Klinikum der Universität München Ziemssenstraße 1a, 80336 München Universitätsklinikum München (LMU) Tel.: +49 089 4400-55126 E-Mail: Katja.Franke@med.uni-muenchen.de www.research4rare.de
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