Liederabend Anna Prohaska - Konzerthaus Dortmund

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Liederabend Anna Prohaska - Konzerthaus Dortmund
Liederabend
Anna Prohaska
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         Anna Prohaska

         Abo: Liederabend

         In unserem Haus hören Sie auf allen Plätzen gleich
         gut – leider auch Husten, Niesen und Handyklingeln.
         Ebenfalls aus Rücksicht auf die Künstler*innen bitten wir
         Sie, von Bild- und Tonaufnahmen während der Vorstellung
         abzusehen. Wir danken für Ihr Verständnis!

2,50 €
Liederabend Anna Prohaska - Konzerthaus Dortmund
Versuchung

                                                                   Maurice Ravel
    Anna Prohaska Sopran                                           ›Air de feu‹ aus »L’enfant et les sortilèges« (1924)

    Julius Drake Klavier                                           Igor Strawinsky (1882 – 1971)
                                                                   ›Pastorale‹ (1907)

                                                                   Hugo Wolf (1860 – 1903)
    Der Garten Eden – Paradise lost                                ›Die Spröde‹ aus »Goethe-Lieder« (1889)
                                                                   ›Die Bekehrte‹ aus »Goethe-Lieder« (1889)
    Morgen im Paradies
                                                                   Aribert Reimann (*1936)
    Maurice Ravel (1875 – 1937)                                    ›Gib mir den Apfel‹ aus »Kinderlieder« (1961)
    ›Trois beaux oiseaux du paradis‹ aus »Trois chansons« (1915)
                                                                   Benjamin Britten (1913 – 1976)
    Olivier Messiaen (1908 – 1992)                                 ›A poison tree‹ aus »Songs and proverbs of
    ›Bonjour toi, colombe verte‹ aus »Harawi« (1945)               William Blake« op. 74 (1965)

    Jean-Yves Daniel-Lesur (1908 – 2002)                           Hans Pfitzner (1869 – 1949)
    ›Ce qu’Adam dit à Ève‹ aus »Clair comme le jour« (1945)        ›Röschen biss den Apfel an‹ aus »Alte Weisen« op. 33 (1923)

    Claude Debussy (1862 – 1918)                                   Johannes Brahms (1833 – 1897)
    ›Apparition‹ aus »Quatre chansons de jeunesse« (1884)          ›Salamander‹ aus »Fünf Lieder« op. 107 (1888)

                                                                    – Pause ca. 20.50 Uhr –

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Verbannung – Exodus                                   Irdisches Leben

    Sergej Rachmaninow (1873 – 1943)                      Hanns Eisler (1898 – 1962)
    ›A-u!‹ aus »Sechs Romanzen« op. 38 (1916)             ›Jeden Morgen, mein Brot zu verdienen‹ aus
                                                          »Fünf Elegien« (1943)
    Charles Ives (1874 – 1954)                            ›Diese Stadt hat mich belehrt‹ aus »Fünf Elegien« (1943)
    ›Evening‹ aus »114 Songs« (1921)
                                                          Gustav Mahler (1860 – 1911)
    Henry Purcell (1659 – 1695)                           ›Das irdische Leben‹ aus »Lieder aus des
    ›Sleep, Adam‹ (1683)                                  Knaben Wunderhorn« (1893)

    Franz Schubert (1797 – 1828)                          George Crumb (1929 – 2022)
    ›Auflösung‹ D 807 (1824)                              ›Wind elegy‹ aus »Three early songs« (1947)
    ›Abendstern‹ D 806 (1824)
                                                          Leonard Bernstein (1918 – 1990)
    Robert Schumann (1810 – 1856)                         ›Silhouette (Galilee)‹ (1951)
    ›Jetzt sank des Abends gold’ner Schein‹ aus
    »Das Paradies und die Peri« op. 50 (1843)              – Ende ca. 21.50 Uhr –
    ›Warte, warte, wilder Schiffmann‹ aus »Liederkreis«
    op. 24 (1840)

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8
Paradise lost                                                                      du paradis‹ – zutiefst irritiert von »dem grauenhaften Enthusiasmus der jungen
An einem Abend ins Paradies und wieder zurück                                      Leute«, wie er an einen Freund schrieb.

Elysium, die Insel der Seligen, der Garten der Hesperiden, Kythera, Arkadien,      Seit der Vertreibung aus dem Paradies ist das Böse Teil des menschlichen Le-
das Goldene Zeitalter, der Garten Eden – das Bild vom Paradies findet sich in      bens, die Geschichte von Adam und Eva Vorbild vieler Erzählungen über Liebe
vielfachen Ausformulierungen. Es gilt als Urbild einer vollendeten Heilsordnung,   und Tod. Olivier Messiaen ließ sich 1945 zu seinem Liederzyklus »Harawi – Chant
und mit seinem Verlust beginnt nicht nur die Geschichte der Sehnsucht nach         d’amour et de mort« von Volksliedern aus den Anden inspirieren: »Mit anderen
seiner Wiedergewinnung, sondern auch die Geschichte des Menschen: als ver-         Worten, es ist die Geschichte von ›Tristan und Isolde‹«, schrieb er über seine
gängliche Existenz in der Zeit, einem schmerzvollen, auf Erlösung hoffenden        Sammlung.
Dasein in einer gottlos erscheinenden Welt oder als Versuch, sich von allen
transzendenten Instanzen hin zu einem unabhängigen menschlichen Bewusst-           In Jean-Yves Daniel-Lesurs ›Ce qu’Adam dit à Ève‹ wird die gesamte Natur zum
sein zu emanzipieren. In den Künsten wurde dieses spannungsvolle Verhältnis        Spiegel des Liebesgeflüsters von Adam und Eva, und Claude Debussys ›Appa-
immer wieder thematisiert und durchaus kontrovers diskutiert. Anna Prohaska        rition‹ aus dem Jahr 1884 ist die sinnlich-flirrende Erinnerung an den »heiligen
und Julius Drake nehmen in ihrem aktuellen Projekt »Paradise lost« den Ver-        Tag« des ersten Kusses.
lust des Paradieses, wie er im Buch Genesis geschildert wird, zum Ausgangs-
punkt einer stilistisch bemerkenswert vielseitigen Reise durch das französische,
englische, deutsche und amerikanische Liedrepertoire. Von Henry Purcell bis        Versuchung
Aribert Reimann entfalten sie ein beeindruckendes Kaleidoskop im Spannungs-        Lieder über allzu Menschliches
feld von Utopie und Realität, Verführung und Widerstehen, Liebe und Liebes-
schmerz, ein assoziationsreiches Nachdenken aber auch über Verantwortung               Genesis 3,4
und Verfehlung, Natur und Zivilisation.                                                »Darauf sagte die Schlange zur Frau: Nein, ihr werdet nicht sterben. Gott
                                                                                       weiß vielmehr: Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet
                                                                                       wie Gott und erkennt Gut und Böse.«
Ein Morgen im Paradies
Lieder von Liebe und Natur                                                         Nicht nur zu einem »Spiel mit dem Feuer« lässt sich das Kind in Ravels Einakter
                                                                                   »L’enfant et les sortilèges« aus dem Jahr 1924 hinreißen, sondern es stellt mit
     Genesis 2,8 – 9
     »Dann legte Gott, der Herr, in Eden, im Osten, einen Garten an und setzte
     dorthin den Menschen, den er geformt hatte. Gott, der Herr, ließ aus dem
     Ackerboden allerlei Bäume wachsen, verlockend anzusehen und mit köst-
     lichen Früchten, in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und
     den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.«

Eine Frau wartet auf ihren Mann, der für Frankreich in den Krieg gezogen ist.
Doch an seiner Stelle erscheinen drei Paradies-Vögel in den Farben Blau, Weiß
und Rot. Der blaue bringt die Erinnerung an die Augen des Geliebten, der weiße
an das glänzende Weiß der Stirn, der rote an das Herz des Gefallenen. Kurz           Genuss auch außerhalb der Konzerte. Reservierungen unter RestaurantStravinski.de
nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs schieb Maurice Ravel ›Trois beaux oiseaux

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seiner Ungezogenheit den gesamten Haushalt seiner Familie auf den Kopf und        als sehr viel mehr als nur ein neckisches »Kinderlied«, wie der Zyklustitel ver-
lässt seine Aggressionen schließlich auch noch an unschuldigen Tieren aus mit     muten lassen könnte. Welche Konsequenzen der Biss in einen Apfel haben kann,
dem triumphierenden Ausruf: »Ich bin böse und frei!«                              zeigen Benjamin Britten im aufgestauten Zorn seiner William-Blake-Vertonung
                                                                                  ›A poison tree‹ von 1965 und Hans Pfitzner voller bitterer Ironie in seiner »Alten
Jenseits von Sprache beschwört Igor Strawinsky in seinem 1907 auf dem Land-       Weise« ›Röschen biss den Apfel an‹ über einen verlorenen Zahn aus dem Jahre
sitz seiner Familie im ukrainischen Ustilug komponierten Lied ohne Worte ›Pas-    1923. Johannes Brahms lässt dagegen einen Salamander voller Genuss die Glut
torale‹ mit archaischen A-u-Vokalisen über Bordunbässen und einer ausge-          der Liebe auskosten.
zierten Schalmeien-Melodie eine arkadische Idylle jenseits von Zeit und Raum.
Hugo Wolf zeigt dagegen in seinen Goethe-Vertonungen eine spröde Schäferin,
die zunächst alle Verehrer abblitzen lässt, bis sie sich dem betörenden Flöten-   Verbannung – Exodus
spiels Damons doch nicht mehr entziehen kann und sich bekehren lässt.             Lieder in Vertreibung und Einsamkeit

Mit dem Genuss des Apfels vom Baum der Erkenntnis ging der Sündenfall ein-            Genesis 3,24
her, und so erscheint Aribert Reimanns 1961 komponiertes ›Gib mir den Apfel‹          »Er vertrieb den Menschen und stellte östlich des Gartens von Eden die
                                                                                      Cherubim auf und das lodernde Flammenschwert, damit sie den Weg zum
                                                                                      Baum des Lebens bewachten.«

                                                                                  Von brennendem Verlangen und tiefer Verstörung erzählt die Romanze ›A-u!‹ Ser-
                                                                                  gej Rachmaninows. Die Verheißungen des Himmels und die Qualen der Hölle
                                                                                  verbinden sich in diesem mit expressiver Emphase bis zu dem finalen »A-u!«-Ruf
                                                                                  sich aufschwingenden Lied aus dem Jahre 1916. Mit dem Gesang der Nach-
                                                                                  tigall tauchte dagegen Charles Ives 1921 zu einigen wenigen dem Epos »Paradi-
                                                                                  se lost« des Engländers John Milton entnommenen Zeilen in seiner Miniatur
                                                                                  ›Evening‹ in eine atmosphärische Poesie der Klänge ein, bevor Henry Purcell
                                                                                  den schlafenden Adam in ›Sleep, Adam‹ mit wunderschönen Klängen weckt,
                                                                                  damit er die Frau, die Gott für ihn geschaffen hat, anschaue. Das Ende des
                                                                                  1688 komponierten Liedes ist allerdings von einer Zögerlichkeit, welche die Ver-
                                                                                  bannung aus dem Paradies bereits ahnen lässt.

                                                                                  In Franz Schuberts ›Auflösung‹ D 807 aus dem Jahr 1824 macht sich das lyrische
                                                                                  Ich zum Zentrum der Welt und beschwört über einem fast 50 Mal wiederholten
                                                                                  Arpeggio-Motiv in einer ekstatischen Anrufung ihren Untergang, während ›Abend-
                                                                                  stern‹ D 806 aus dem gleichen Jahr ein nachdenkliches Gebet ist – gerichtet an
                                                                                  den Abendstern, der mit Venus und Eva genauso assoziiert wird wie mit der Got-
                                                                                  tesmutter Maria. Verbinden sich für uns heute mit dem Land Syrien vor allem
                                                                                  Krieg, Gewalt, Verfolgung und Flucht, so hat Robert Schumann es 1843 in seinem
                                                                                  Oratorium »Das Paradies und die Peri« op. 50 über das Kind eines gefallenen En-
                                                                                  gels und einer Sterblichen als das beschworen, für das es einst stand: Das Land

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zwischen Euphrat und Tigris, zwei der aus dem Garten Eden entspringenden
     Ströme aus Milch und Honig, ein Paradies auf Erden voller blühender Rosen und
     reicher Früchte. In ›Warte, warte, wilder Schiffmann‹ aus dem im Liederjahr
     1840 entstandenen »Liederkreis« op. 24 erscheint dagegen Eva erneut als Ur-
     Botin allen Unglücks: »Alles Unheil brachten Äpfel! Eva bracht’ damit den Tod.«

     Irdisches Leben
     Lieder von der (Hölle auf) Erden

         Genesis 3,17
         »Zu Adam sprach er: Weil du auf deine Frau gehört und von dem Baum
         gegessen hast, von dem zu essen ich dir verboten hatte: So ist verflucht der
         Ackerboden deinetwegen. Unter Mühsal wirst du von ihm essen alle Tage
         deines Lebens.«

     Für Bertolt Brecht lauerten die in der Schlange versinnbildlichte Macht des Bö-
     sen und die verführerischen Hinterhältigkeiten der modernen Welt unter ande-
     rem an einem Ort wie Hollywood. Mit seiner Vertonung von Brechts »Holly-
     wood-Elegien« aus der Zeit zwischen 1942 und 1947 warf Hanns Eisler einen
     ebenso schonungslosen Blick hinter die glitzernde Fassade der amerikanischen
     Traumfabrik mit der Erkenntnis: Für die Mittellosen liegt das Paradies in der Höl-
     le. Und auch in Gustav Mahlers düsterem Lied ›Das irdische Leben‹ aus den in
     den 1890er-Jahren entstandenen »Wunderhorn-Liedern« gestaltet sich dieses
     als unerbittlich, hart und grausam: Bevor die Mutter das Korn endlich zu Brot
     verarbeiten konnte, ist das hungrige Kind gestorben.

     George Crumb war erst 17 Jahre alt, als er mit den »Three early songs« seine
     erste Liedsammlung komponierte. Die ›Wind elegy‹ ist eine sanfte Klage über
     den Verlust eines Geliebten. Mit ›Silhouette (Galilee)‹ schließt sich am Ende der
     Kreis: Zu einem alten libanesischen Volkslied zeichnete Leonard Bernstein 1951
     Szenen einer Natur, in der sich der Mensch unschuldig und unbefangen zwischen
     allen anderen Kreaturen bewegt – wie im Paradies.

     Mit Liedern aus vier Jahrhunderten haben uns Anna Prohaska und Julius Drake
     auf eine Reise rund um die Welt genommen, auf der Suche nach einem Paradies,
     das – wie Heinrich Kleist es formulierte – vielleicht doch »von hinten irgendwo
     wieder offen ist«.

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Maurice Ravel                                                                          Oiseau vermeil du Paradis,             Hochroter Vogel aus dem Paradies,
›Trois beaux oiseaux du paradis‹            ›Drei schöne Vögel aus dem Paradies‹       Que portez-vous ainsi?«                Was bringst du also mit?«
(Text: Maurice Ravel)
                                                                                       »Un joli cœur tout cramoisi            »Ein schönes Herz, ganz scharlachrot
Trois beaux oiseaux du Paradis              Drei schöne Vögel aus dem Paradies,        (Ton ami z-il est à la guerre).«       (Dein Liebster ist im Krieg).«
(Mon ami z-il est à la guerre)              (Mein Liebster ist im Krieg)               »Ha! Je sens mon cœur qui froidit...   »Ach! Ich fühle, wie mein Herz erfriert...
Trois beaux oiseaux du Paradis              Drei schöne Vögel aus dem Paradies         Emportez-le aussi.«                    Nehmt auch das mit.«
Ont passé par ici.                          Sind hier vorbeigeflogen.

Le premier était plus bleu que le ciel,     Der erste war blauer als der Himmel,       Olivier Messiaen
(Mon ami z-il est à la guerre)              (Mein Liebster ist im Krieg)               ›Bonjour toi, colombe verte‹           ›Sei gegrüßt, grüne Taube‹
Le second était couleur de neige,           Der zweite hatte die Farbe von Schnee,     (Text: Olivier Messiaen)
Le troisième rouge vermeil.                 Der dritte war leuchtend rot.
                                                                                       Bonjour toi, colombe verte,            Sei gegrüßt, grüne Taube,
»Beaux oiselets du Paradis,                 »Schöne Vöglein aus dem Paradies,          Retour du ciel.                        Zurück vom Himmel.
(Mon ami z-il est à la guerre)              (Mein Liebster ist im Krieg)               Bonjour toi, perle limpide             Sei gegrüßt, klare Perle,
Beaux oiselets du Paradis,                  Schöne Vöglein aus dem Paradies,           Départ de l’eau.                       Dem Wasser entstiegen.
Qu’apportez par ici?«                       Was bringt ihr hierher mit?«               Étoile enchaînée,                      Verbundener Stern,
                                                                                       Ombre partagée,                        Gemeinsamer Schatten,
»J’apporte un regard couleur d’azur         »Ich bringe dir einen azurblauen Blick     Toi, de fleur, de fruit,               Du, aus Blume, Frucht,
(Ton ami z-il est à la guerre)«;            (Dein Liebster ist im Krieg)«;             De ciel et d’eau,                      Himmel und Wasser,
»Et moi, sur beau front couleur de neige,   »Und ich gebe auf die schöne weiße Stirn   Chant des oiseaux.                     Gesang der Vögel.
Un baiser dois mettre, encore plus pur.«    Einen Kuss, noch reiner als Schnee.«       Bonjour, d’eau.                        Sei gegrüßt, vom Wasser.

»Oiseau vermeil du Paradis,                 »Hochroter Vogel aus dem Paradies
(Mon ami z-il est à la guerre)              (Mein Liebster ist im Krieg)               Jean-Yves Daniel-Lesur
                                                                                       ›Ce qu’Adam dit à Ève‹                 ›Was Adam zu Eva sagt‹
                                                                                       (Text: Claude Roy, 1915 – 1997)

                                                                                       Je caresse avec toi                    Ich streichle mit dir
                                                                                       Le plumage du jour                     Das Gefieder des Tages
                                                                                       La transparence du matin               Die Transparenz des Morgens
                                                                                       Le soleil dans tes yeux                Die Sonne in deinen Augen
                                                                                       Et ses tendres détours                 Und ihre sanften Brechungen
                                                                                       L’odeur des myrtes et du thym          Der Duft nach Myrte und Thymian
                                                                                       Le sable est velouté                   Der Sand ist samtweich
                                                                                       Comme un chat qui ronronne             Wie eine Katze, die schnurrt
                                                                                       Je tiens le ciel dans ma main          Ich halte den Himmel in meiner Hand

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La mer chante à mi-voix                  Das Meer singt halblaut                   L’archet aux doigts,                     Die Hand am Bogen,
Sa plainte monotone                      Seine monotone Klage                      Dans le calme des fleurs vaporeuses,     Ruhig vom Hauch umgossen der Blumen,
Un oiseau hésite en chemin               Ein Vogel zögert auf dem Weg              Tiraient de mourantes violes             Zogen aus dem Sehnen sterbender Geigen
Je te caresse doucement                  Ich streichle dich sanft                  De blancs sanglots                       Weiße Seufzer,
Au creux de bras couleur d’aurore        In der morgenroten Armbeuge               Glissant sur l’azur des corolles.        Die aufs Blau der Kronen flossen.
La mer imite Eve et Adam                 Ahmt das Meer Eva und Adam nach           C’était le jour béni                     Es war der Tag, den mir
Le flux et reflux du sang                Flut und Ebbe des Bluts                   De ton premier baiser.                   Dein erster Kuss geweiht.
Du sang tendre et sonore                 Des zarten und volltönenden Bluts         Ma songerie aimant                       Mein Sinnen, mich zu martern
La mer imite la chanson du cœur          Das Meer ahmt das Lied des Herzens nach   À me martyriser                          Immer gleich geneigt,
Qui s’avance à tâtons                    Das tastend vorankommt                    S’enivrait savamment                     Berauschte mit Bedacht sich
Dans la fraicheur d’une saison           In der Kühle einer Jahreszeit             Du parfum de tristesse                   An dem Duft von Traurigkeit,
Où le ciel et les flots                  Da Himmel und Fluten                      Que même sans regret                     Der einem Traum, hat ihn
Paissent mille moutons                   Tausend Schafe weiden                     Et sans déboire laisse                   Das Herz gepflückt, entsteigt,
Où le ciel et la mer répètent            Da Himmel und Meer wiederholen            La cueillaison d’un rêve                 Selbst wenn es Kummer nicht
Que je t’aime                            Dass ich dich liebe                       Au cœur qui l’a cueilli.                 Noch Bitternis gekränkt.
Je dessine du bout des doigts            Zeichne ich mit Fingerspitzen             J’errais donc, l’œil rivé                Ich schweifte denn, den Blick
La tiédeur assoupie                      Die ruhige Wärme                          Sur le pavé vieilli                      Aufs alte Pflaster eingesenkt,
De la première épaule                    Der ersten Schulter nach                  Quand avec du soleil aux cheveux,        Als in der abendlichen Gasse,
Ton corps et ses méandres                Deinen Körper und seine Windungen         Dans la rue et dans le soir,             Sonnenlicht im Haar,
Et ses tièdes parois                     Und seine warmen Wände                    Tu m’es en riant apparue                 Du mir erschienst mit lachendem Gesicht:
Et tu gémis un peu                       Und du stöhnst ein wenig                  Et j’ai cru voir la fée                  Ich hab geglaubt, die Fee
Lorsque ma main te frôle                 Wenn meine Hand dich streift              Au chapeau de clarté                     Im Strahlenkranz zu schauen,
Puis nous marchons tous deux             Dann gehen wir beide zusammen             Qui jadis sur mes beaux sommeils         Die einst auf des verwöhnten Kindes
Dans les chemins du jour                 Auf den dämmrigen Wegen                   D’enfant gâté passait,                   Schönen Schlummerauen hinschwebte,
Le cerisier vers nous                    Der Kirschbaum neigt                      Laissant toujours de ses mains           Nimmermüde aus kaum verschloss’nen
Abaisse ses rameaux                      Seine Zweige zu uns                       Mal fermées neiger de blancs bouquets    Händen schneeweiße Sträuße
Le monde est clair et rond               Die Welt ist hell und rund                D’étoiles parfumées.                     Duftiger Sterne zu verschwenden.
Comme le mot amour                       Wie das Wort Liebe
Entre l’arbre et le ciel et les fleurs   Zwischen Baum und Himmel und Blumen
Les animaux.                             Die Tiere.                                Maurice Ravel
                                                                                   ›Air de feu‹                             ›Feuer-Arie‹
                                                                                   (Text: Colette, 1873 – 1954)
Claude Debussy
›Apparition‹                             ›Erscheinung‹                             Arrière! Je réchauffe les bons,          Zurück! Ich wärme die Guten,
(Text: Stéphane Mallarmé, 1842 – 1898)                                             Mais je brûle les méchants!              Doch ich brenne die Schlechten!
                                                                                   Petit barbare imprudent, tu as insulté   Kleiner unvorsichtiger Barbar, du hast
La lune s’attristait.                    Der Mond verging vor Trauer.              À tous les Dieux bienveillants,          Alle wohlwollenden Götter beleidigt,
Des séraphins en pleurs rêvant,          Seraphim in Tränen träumend,              Qui tendaient entre le malheur et toi    Die zwischen dich und das Unglück

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La fragile barrière!                              Das schwache Gatter zu setzen suchten!   Aribert Reimann
Ah!                                               Ach!                                     ›Gib mir den Apfel‹
Tu as brandi le tisonnier,                        Du hast das Schüreisen geschwungen,      (Text: Werner Reinert, 1922 – 1987)
Renversé la bouilloire,                           Den Kessel umgeworfen,
Éparpillé les allumettes, gare!                   Die Zündhölzer verstreut, gib Acht!      Gib mir den Apfel                       Gib mir das Pferdchen
Gare au feu dansant!                              Hüte dich vor dem tanzenden Feuer!       Ich gebe dir die Feige                  Ich gebe dir die Wolke
Tu fondrais comme un flocon                       Auf seiner scharlachroten Zunge          Die Feige ist saftig                    Die Wolke ist heiter
Sur sa langue écarlate! Ah!                       Zerschmilzt du wie eine Flocke! Ach!     Die Feige ist süß.                      Die Wolke ist zart.
Gare!                                             Gib Acht!
Je réchauffe les bons!                            Ich wärme die Guten!
Gare!                                             Gib Acht!                                Benjamin Britten
Je brûle les méchants!                            Ich brenne die Bösen!                    ›A poison tree‹                         ›Ein vergifteter Baum‹
Gare!                                             Gib Acht!                                (Text: William Blake, 1757 – 1827)
Ah!                                               Ach!
Gare à toi!                                       Gib auf dich Acht!                       I was angry with my friend:             Ich war wütend auf meinen Freund:
                                                                                           I told my wrath,                        Ich sprach über die Wut,
                                                                                           My wrath did end.                       Und sie verrauchte.
Hugo Wolf                                                                                  I was angry with my foe:                Ich war wütend auf meinen Feind:
›Die Spröde‹                                      ›Die Bekehrte‹                           I told it not,                          Ich sprach nicht darüber,
(Text: Johann Wolfgang von Goethe, 1749 – 1832)   (Text: Johann Wolfgang von Goethe)       My wrath did grow.                      Und sie wuchs.

An dem reinsten Frühlingsmorgen                   Bei dem Glanz der Abendröte              And I water’d it in fears,              Ich goss sie mit Furcht,
Ging die Schäferin und sang,                      Ging ich still den Wald entlang,         Night & morning                         Am Abend und Morgen
Jung und schön und ohne Sorgen,                   Damon saß und blies die Flöte,           With my tears;                          Mit meinen Tränen;
Dass es durch die Felder klang,                   Dass es von den Felsen klang,            And I sunned it with smiles,            Und ich besonnte sie mit Lächeln
So la la! Lerallala.                              So la la!…                               And with soft deceitful wiles.          Und mit trügerischer sanfter List.

Thyrsis bot ihr für ein Mäulchen                  Und er zog mich zu sich nieder,          And it grew both day and night,         Und so wuchs sie tags und nachts,
Zwei, drei Schäfchen gleich am Ort,               Küsste mich so hold, so süß.             Till it bore an apple bright.           Bis sie einen leuchtenden Apfel trug,
Schalkhaft blickte sie ein Weilchen;              Und ich sagte: Blase wieder!             And my foe beheld                       Und mein Feind bemerkte
Doch sie sang und lachte fort,                    Und der gute Junge blies,                It shine,                               Dessen Glanz,
So la la! Lerallala.                              So la la!…                               And he knew that it was mine.           Und er wusste, dass es meiner war.

Und ein Andrer bot ihr Bänder,                    Meine Ruh ist nun verloren,              And into my garden stole                So stahl er sich in meinen Garten,
Und der Dritte bot sein Herz;                     Meine Freude floh davon,                 When the night had                      Als die Nacht
Doch sie trieb mit Herz und Bändern               Und ich hör vor meinen Ohren             Veil’d the pole,                        Sternenlos war,
So wie mit den Lämmern Scherz,                    Immer nur den alten Ton,                 In the morning glad I see               Und am Morgen sah ich froh
Nur la la! Lerallala.                             So la la! Lerallala.                     My foe outstretch’d beneath the tree.   Den Feind unter dem Baum liegen.

22                                                                                                                                                                  Texte
Hans Pfitzner                             Johannes Brahms                        Charles Ives
›Röschen biss den Apfel an‹               ›Salamander‹                           ›Evening‹                                   ›Abend‹
(Text: Gottfried Keller, 1819 – 1890)     (Text: Carl von Lemcke, 1831 – 1913)   (Text: John Milton, 1608 – 1674)

Röschen biss den Apfel an,                Es saß ein Salamander                  Now came still evening on,                  Nun nahte der stille Abend heran,
Und zu ihrem Schrecken                    Auf einem kühlen Stein,                And twilight gray had in her sober livery   Und das graue Zwielicht kleidete alle Dinge
Brach und blieb ein Perlenzahn            Da warf ein böses Mädchen              All things clad; silence accompanied;       In seine nüchterne Tracht; Stille ging einher;
In dem Butzen stecken.                    Ins Feuer ihn hinein.                  For the beast and bird,                     Denn Tiere und Vögel schlichen fort,
                                                                                 They to their grassy couch,                 Diese zu ihrer grasbedeckten Ruhestatt,
Und das gute Kind vergaß                  Sie meint’, er soll verbrennen,        These to their nests were slunk,            Jene in ihre Nester,
Seine Morgenlieder;                       Ihm ward erst wohl zu Mut,             All but the wakeful nightingale;            Alle außer der schlaflosen Nachtigall;
Tränen ohne Unterlass                     Wohl wie mir kühlem Teufel             She all night long                          Sie sang die ganze Nacht lang
Perlten nun hernieder.                    Die heiße Liebe tut.                   Her amorous descant sung;                   Ihren verliebten Kontrapunkt;
                                                                                 Silence is pleased…                         Die Stille ist erfreut…

Sergej Rachmaninow
›Ay!‹                                     ›A-u!‹                                 Henry Purcell
(Text: Konstantin Balmont, 1867 – 1942)                                          ›Sleep, Adam‹                               ›Schlafe, Adam‹
                                                                                 (Text: Anonymus)
Твой нежный смех был                      Dein sanftes Lachen war
Сказкою изменчивою,                       Ein launenhaftes Märchen,              Sleep, Adam, sleep, and take thy rest;      Schlafe, Adam, schlafe und ruh dich aus;
Он звал как в сон зовёт                   Es ruft mich durch die Klänge der      Let no sad thoughts                         Kein trauriger Gedanke
Свирельный звон.                          Flöte aus dem Traum.                   Possess thy breast;                         Soll dein Herz ergreifen;
И вот венком, стихом тебя                 Jetzt krönt meine Girlande             But when thou wak’st,                       Doch wenn du erwachst,
увенчиваю. Уйдём,                         Der Poesie dich.                       Look up and see                             Dann schau auf und sieh,
бежим вдвоем                              Lass uns gehen, laufen,                What thy creator hath done for thee:        Was dein Schöpfer für dich getan hat:
на горный склон.                          In die Berge!                          A creature                                  Aus deiner Seite wurde
                                                                                 From thy side is ta’en, who                 Ein Geschöpf genommen, das einen
Но где же ты?                             Aber wo bist du?                       Till thou wak’st she wants a name;          Namen braucht, bis du erwachst;
Лишь звон вершин позванивает              Nur die Flöte klingt von oben...       Flesh of thy flesh,                         Fleisch von deinem Fleisch,
Цветку цветок                             Eine Blume entzündet an der nächsten   Bone of thy bone,                           Knochen von deinem Knochen,
Средь дня зажег свечу.                    Die Kerze der Mittagszeit an.          A mate most fit for thee alone.             Eine Gefährtin, die nur dir allein taugt.
И чей-то смех все в                       Und jemandes Lachen ruft mich          Wake, Adam, wake,                           Wach auf, Adam, wach auf,
Глубь меня заманивает.                    Aus der Tiefe.                         To embrace thy bride,                       Um deine Braut zu küssen,
                                                                                 Who is newly risen from thy side;           Die aus deiner Seite neu erstanden ist;
Пою, ищу,                                 Ich singe, ich suche,                  But in the midst of thy delights beware     Doch bei all deinem Entzücken hüte dich,
Ау! Ау!                                   A-u! A-u!                              Lest her enticements                        Dass ihre Verlockungen
Кричу                                     Ich weine.                             Prove thy snare.                            Sich nicht als Falle für dich erweisen.

24                                                                                                                                                                  Texte
Franz Schubert                          Robert Schumann                            Meine Schmerzen niederschreib.            Für die Mittellosen
›Auflösung‹                             ›Jetzt sank des Abends gold’ner Schein‹                                              Ist das Paradies die Hölle.
(Text: Johann Mayrhofer, 1787 – 1836)   (Text: nach Thomas Moore, 1779 – 1852)     Ei, mein Lieb, warum just heute
                                                                                   Schaudert dich, mein Blut zu sehn?
Verbirg dich, Sonne,                    Jetzt sank des Abends gold’ner Schein      Sahst mich bleich und herzeblutend        Gustav Mahler
Denn die Gluten der Wonne               Auf Syriens Rosenland herein,              Lange Jahre vor dir stehn!                ›Das irdische Leben‹
Versengen mein Gebein;                  Wie Glorienschimmer hing die Sonn                                                    (Text: hg. von Clemens Brentano, 1778 – 1842,
Verstummet Töne,                        Über dem heil’gen Libanon.                 Kennst du noch das alte Liedchen          und Achim von Arnim, 1781 – 1831)
Frühlings Schöne                        Es ragt in Wintermajestät                  Von der Schlang im Paradies,
Flüchte dich,                           Sein Haupt, vom ew’gen Schnee beglänzt,    Die durch schlimme Apfelgabe              Mutter, ach Mutter! Es hungert mich,
Und lass mich allein!                   Indes der Sommer schläft bekränzt          Unsern Ahn ins Elend stieß?               Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
                                        Am Fuß auf einem Blumenbeet.                                                         Warte nur, mein liebes Kind!
Quillen doch aus allen Falten           Die aus der Höhe konnte schaun                                                       Morgen wollen wir ernten geschwind.
Meiner Seele liebliche Gewalten;        Herab auf all die Zauberaun,               Hanns Eisler
Die mich umschlingen,                   Wie schön erschien ihr nicht die Welt,     ›Jeden Morgen, mein Brot zu verdienen‹    Und als das Korn geerntet war,
Himmlisch singen –                      Das rege Leben rings erhellt,              (Text: Bertolt Brecht, 1898 – 1956)       Rief das Kind noch immerdar:
Geh unter Welt, und störe               Der Gärten Pracht, der Wellen Schimmern,                                             Mutter, ach Mutter! Es hungert mich,
Nimmer die süßen                        An ihren Ufern gold’ne Früchte,            Jeden Morgen, mein Brot zu verdienen,     Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
Ätherischen Chöre!                      Die schöner noch im Sonnenlichte,          Geh ich zum Markt,                        Warte nur, mein liebes Kind,
                                        Und dann das tausendstimm’ge Rufen,        Wo Lügen verkauft werden.                 Morgen wollen wir dreschen geschwind.
                                        Das alte Schäferrohr, das Summen           Hoffnungsvoll
›Abendstern‹                            Der Bienen im gelobten Land,               Reihe ich mich ein unter die Verkäufer.   Und als das Korn gedroschen war,
(Text: Johann Mayrhofer)                Die schwärmen über Blumenfelder,                                                     Rief das Kind noch immerdar:
                                        Und Jordan, dein beglückter Strand                                                   Mutter, ach Mutter! Es hungert mich,
Was weilst du einsam an dem Himmel,     Und deine nachtigallenreichen Wälder!      ›Diese Stadt hat mich belehrt‹            Gib mir Brot, sonst sterbe ich.
O schöner Stern, und bist so mild?                                                 (Text: Bertolt Brecht)                    Warte nur, mein liebes Kind,
Warum entfernt                                                                                                               Morgen wollen wir backen geschwind.
Das funkelnde Gewimmel                  ›Warte, warte, wilder Schiffmann‹          Diese Stadt hat mich belehrt,
Der Brüder sich von deinem Bild?        (Text: Heinrich Heine, 1797 – 1856)        Paradies und Hölle können                 Und als das Brot gebacken war,
»Ich bin der Liebe treuer Stern,                                                   Eine Stadt sein.                          Lag das Kind auf der Totenbahr.
Sie halten sich von Liebe fern.«        Warte, warte, wilder Schiffmann,
                                        Gleich folg ich zum Hafen dir;
So solltest du zu ihnen gehen,          Von zwei Jungfraun nehm ich Abschied,      George Crumb
Bist du der Liebe, zaudre nicht!        Von Europa und von Ihr.                    ›Wind elegy‹                              ›Wind-Elegie‹
Wer möchte denn dir widerstehen?                                                   (Text: Sara Teasdale, 1884 – 1933)
Du süßes eigensinnig Licht.             Blutquell, rinn aus meinen Augen,
»Ich säe, schaue keinen Keim,           Blutquell, brich aus meinem Leib,          Only the wind knows he is gone,           Nur der Wind weiß, dass er fort ist,
Und bleibe trauernd still daheim.«      Dass ich mit dem heißen Blute              Only the wind grieves,                    Nur der Wind trauert,

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The sun shines,                             Die Sonne scheint,
                                                                                                                                                                The fields are sown,                        Die Felder sind eingesät,
                                                                                                                                                                Sparrows mate in the eaves;                 Spatzen balzen in den Dachrinnen;
                                                                                                                                                                But I heard the wind                        Aber ich hörte den Wind
                                                                                                                                                                In the pines he planted                     In den Kiefern, die er gepflanzt hat,
                                                                                                                                                                And the hemlocks overhead,                  Und oben in den Tannen,
                                                                                                                                                                »His acres wake,                            »Seine Felder erwachen,
                                                                                                                                                                For the year turns,                         Denn das Jahr beginnt,
                                                                                                                                                                But he is asleep«, it said.                 Doch er schläft«, sagte er.

                                                                                                                                                                Leonard Bernstein
                                                                                                                                                                ›Silhouette (Galilee)‹                      ›Silhouette (Galiläa)‹
                                                                                                                                                                (Text: Leonard Bernstein)

                                     Rebecca Horn, Zen of Raven, 2008 · Rabenfedern, Motor, Stahl · Privatbesitz, Foto: Karin Weyrich, © Bildrecht Wien, 2022
                                                                                                                                                                A last little bird on a                     Ein letzter kleiner Vogel
                                                                                                                                                                Palm feather riding,                        Reitet auf einem Palmwedel,
                                                                                                                                                                Black and clean in the afterglow.           Schwarz und sauber im Abendrot.
                                                                                                                                                                A lone little girl in the                   Ein einsames kleines Mädchen
                                                                                                                                                                Olive grove hiding,                         Versteckt sich im Olivenhain,
                                                                                                                                                                Crooning soft as the sun sinks low: oo,     Leise summend beim Sonnenuntergang: uh,
                                                                                                                                                                Hu! ’rrfah!                                 Hu! ’rrfah!
                                                                                                                                                                An old little jeep through the              Ein alter kleiner Geländewagen
                                                                                                                                                                Mountains crawling,                         Kriecht durch die Berge,
                                                                                                                                                                Tough and tiny against the sun,             Grob und winzig gegen das Sonnenlicht,
                                                                                                                                                                A young Arab shepherd                       Ein junger arabischer Hirte
                                                                                                                                                                Upon his knees falling,                     Fällt auf seine Knie,
      SALZBURGER FESTSPIELE                                                                                                                                     Allah, Allah, the day is done, ee,ee, ee,   Allah, Allah, der Tag ist vorüber, ee, ee, ee,

     18. JULI — 31. AUGUST 2022                                                                                                                                 Hee! ’rrfah!
                                                                                                                                                                The boys in the dark
                                                                                                                                                                                                            Hee! ’rrfah!
                                                                                                                                                                                                            Die Jungen kommen in
                                                                                                                                                                Olive groves assemble,                      Dunklen Olivenhainen zusammen,
                                                                                                                                                                Hand in hand in a dancing ring,             Hand in Hand in einem Tanzreigen,
           www.salzburgfestival.at
                                                                                                                                                                Their eyes to the sun,                      Ihre Augen zur Sonne
                                                                                                                                                                And their lips atremble,                    Und ihre Lippen zitternd,
                                                                                                                                                                Drunk with love                             Trunken von der Liebe
                                                                                                                                                                And the chant they sing:                    Und dem Lied, das sie singen:
                                                                                                                                                                Walad ela ’Una, Norkod taht el zetuna!      Walad ela ’Una, Norkod taht el zetuna!
                                                                                                                                                                Ah! Ha! ’rrfah!                             Ah! Ha! ’rrfah!

26                                                                                                                                                                                                                                                 Texte
30
Anna Prohaska                                                                        Anna Prohaskas Aufnahmen und Musikvideos führten 2013 zu der Dokumen-
                                                                                     tation »The fabulous world of Anna Prohaska«. Auf ihre ersten Solo-CDs »Sirène«
Die mehrfach ausgezeichnete österreichisch-englische Sopranistin Anna Pro-           (2011), »Enchanted forest« (2013) und »Behind the lines« (2014) für die Deut-
haska debütierte 18-jährig an der Komischen Oper Berlin als Flora in Brittens        sche Grammophon folgten drei Alben für Alpha Classics, die ebenfalls die
»The Turn of the Screw« und bald darauf an der Staatsoper Unter den Linden,          Spitze der Klassik-Charts erreichten: »Serpent & Fire« mit Il Giardino Armoni-
mit der sie seit ihrem 20. Lebensjahr häufig zusammenarbeitet. Seither hat eine      co, »Paradise lost« mit Julius Drake und »Bach: Redemption« mit der Lautten
außergewöhnliche internationale Karriere sie an einige der bedeutendsten Opern-      Compagney.
häuser der Welt und zu herausragenden Orchestern geführt.

Anna Prohaska gastierte u. a. am Theater an der Wien, der Mailänder Scala,           Anna Prohaska im Konzerthaus Dortmund
dem Royal Opera House Covent Garden, der Opéra Paris, der Staatsoper Ham-            Mit drei dramaturgisch ausgefeilten Liederabenden hat Anna Prohaska ihre
burg, der Bayerischen Staatsoper, beim »Festival d’Aix-en-Provence« und bei          Zeit als »Junge Wilde« am Konzerthaus gestaltet, die 2015 endete. Nach drei
den »Salzburger Festspielen«.                                                        Porträtkonzerten in der Saison 2015/16 war die Sopranistin zuletzt 2017 in Lige-
                                                                                     tis »Le Grand Macabre« in Dortmund zu erleben.
2020 /21 gab sie ihr Rollendebüt als Vitellia (»La clemenza di Tito«) bei den
»Salzburger Festspielen«, sang Ännchen (»Der Freischütz«) an der Bayerischen
Staatsoper und Merab (»Saul«) am Theater an der Wien. Anna Prohaska ist
derzeit Artist in Residence im Konzerthaus Berlin, wo sie u. a. in Pergolesis Sta-
bat Mater mit Philippe Jaroussky unter Andrea Macron zu hören war. Weitere
Höhepunkte bildeten Brittens »Les Illuminations« mit dem Mahler Chamber Or-
chestra in der Elbphilharmonie, ein Konzert mit Werken von Haydn und Mozart
unter Ádám Fischer am Teatro del Maggio Musicale in Florenz und Auftritte mit
dem NDR Elbphilharmonie Orchester unter Alan Gilbert.

Höhepunkte der letzten Zeit umfassen Produktionen für die Staatsoper Unter
den Linden, darunter Susanna (»Le nozze di Figaro«) unter Daniel Barenboim,
Aricie (»Hippolyte«) und »Das Paradis und das Peri« unter Sir Simon Rattle, die
Titelrolle in »Orfeo ed Euridice« und Anna Reich (»Die lustigen Weiber von Wind-
sor«). An der Bayerischen Staatsoper sang Anna Prohaska das Ännchen, am
Teatro del Maggio Musicale Fiorentino die Titelrolle in Glucks »Orphée et Eury-
dice« unter Daniele Gatti und am Teatro Nuovo Giovanni da Udine Susanna
(»Le nozze di Figaro«). Sie ist Artist in Residence 2021/22 bei der Kammeraka-
demie Potsdam und ging auf Tournee mit dem Ensemble Il pomo d’oro. Die Pre-
miere ihres Programms »Witch of Endor« mit Nicholas Altstadt und Francesco
Corti fand bei den »Berliner Festspielen« statt. Vor kurzem erschien Anna Pro-
haskas neues Album »Celebration of life in death« mit dem La Folia Barock-
orchester bei Alpha. Nächste Projekte führen sie zurück ans Royal Opera House,
zum »Festival d’Aix-en-Provence« und zur Staatsoper Unter den Linden.

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Julius Drake                                                                      Seit 2009 ist er Künstlerischer Leiter des »Machynlleth Festivals« in Wales. Julius
                                                                                    Drakes besonderes Interesse am Kunstlied hat dazu geführt, dass ihn die Wigmore
  Der in London lebende Pianist Julius Drake hat sich auf Kammermusik speziali-     Hall in London, die BBC und das Concertgebouw in Amsterdam dazu einluden,
  siert und arbeitet mit vielen weltberühmten Künstlerinnen und Künstlern zusam-    ganze Liederabend-Reihen zu gestalten. Julius Drake ist ein engagierter Päda-
  men, sowohl in Konzerten wie auch bei Aufnahmen. Er tritt regelmäßig in allen     goge und Professor für Klavier-Vokalbegleitung an der Kunstuniversität Graz in
  bedeutenden Musikzentren und Festivals auf; so gab er in den letzten Jahren       Österreich und Professor of Collaborative Piano an der Guildhall School of Music
  Konzerte bei den Festivals in Aldeburgh, Edinburgh, Salzburg, Schwarzenberg       and Drama in London. Er wird regelmäßig zu Meisterklassen eingeladen, u. a. in
  und Tanglewood, in der Carnegie Hall und im Lincoln Center in New York, im        Aldeburgh, Basel, Toronto, Utrecht und am Schubert-Institut in Baden bei Wien.
  Châtelet und Musée du Louvre in Paris, La Scala Milan, Teatro de la Zarzuela in
  Madrid, im Concertgebouw Amsterdam, in der Kölner Philharmonie, im Musikver-      Unter den zahlreichen Aufnahmen, die Julius Drake eingespielt hat, finden sich
  ein und Konzerthaus in Wien sowie in der Wigmore Hall und bei den »BBC Proms«     eine hoch gelobte Reihe mit Gerald Finley für Hyperion, von der einige CDs mit
  in London. Von 2000 bis 2003 war Julius Drake Direktor des »Perth International   dem »Gramophone Award« ausgezeichnet wurden, ferner preisgekrönte Auf-
  Chamber Music Festivals« in Australien; ferner war er Musikalischer Leiter von    nahmen mit Ian Bostridge für EMI, etliche Liederabende für das Label »Wigmore
  Deborah Warners Inszenierung von Janáčeks »Tagebuch eines Verschollenen«,         Live« u. a. mit Lorraine Hunt Lieberson, Ian Bostridge, Matthew Polenzani, Joyce
  die in München, London, Dublin, Amsterdam und New York gastierte.                 DiDonato, Christopher Maltman und Alice Coote, französische Oboensonaten
                                                                                    mit Nicholas Daniel für Virgin Classics, englische Lieder mit Bejun Mehta für Har-
                                                                                    monia Mundi sowie das »Poetische Tagebuch« mit Christoph Prégardien, das
                                                                                    2016 den »Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik« gewann. Unter Julius
                                                                                    Drakes neuesten CDs finden sich eine weithin gelobte Aufnahme von Janáčeks
        Jetzt das                                                                   »Tagebuch eines Verschollenen« mit dem schottischen Tenor Nicky Spence für
       Programm                                                                     Hyperion, die 2020 einen »Gramophone Award« und einen »BBC Music Maga-
        2022 / 23
       entdecken!                                                                   zine Award« gewann, sowie »Paradise lost« mit Anna Prohaska (Alpha). Fer-
                                                                                    ner hat er 2020 die Gesamtaufnahme der Lieder von Franz Liszt für Hyperion
                                                                                    abgeschlossen. Die zweite CD in dieser Reihe, mit Angelika Kirchschlager, hat
                                                                                    2012 den »BBC Music Magazine Award« gewonnen. Jüngere Projekte waren eine
                                                                                    Konzertreihe zum Beethovenjubiläum im 92nd Street Y in New York sowie eine
                                                                                    Reihe von Mahler-Abenden am Concertgebouw in Amsterdam und eine zweijäh-
                                                                                    rige Konzertreihe im Pierre Boulez Saal in Berlin. Julius Drake gab ferner Lieder-
                                                                                    abende an der Scala in Mailand mit Aleksandra Kurzak, in der Wigmore Hall mit
                                                                                    Alice Coote, in Barcelona mit Sarah Connolly, bei der »Schubertiade Schwar-
                                                                                    zenberg« mit Christoph Prégardien und Ian Bostridge. 2021 trat er mit Gerald

        Wo das Herz                                                                 Finley bei den »Salzburger Festspielen« und beim »Edinburgh Festival« auf.

        ganz Ohr ist.
                                                                                    Julius Drake im Konzerthaus Dortmund
                                                                                    Kammermusik mit Bratschist Antoine Tamestit und Mezzosopranistin Christian-
konzerthaus-dortmund.de                                                             ne Stotijn führte Julius Drake 2011 zum ersten Mal ins Konzerthaus. 2014 kehrte
                                                                                    er mit Ian Bostridge und einem Schubert-Liederabend zurück.

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               Unsere Tipps für Ihren nächsten Konzertbesuch

                              Lieder und Balladen
Mit Schuberts »Winterreise« legte Julian Prégardien 2018 ein beeindruckendes
Konzerthaus-Debüt voller emotionaler Seelenklänge vor. Das Schaffen des
Wiener Liederfürsten ist zu einem Schwerpunkt des Tenors geworden. Zurück in
Dortmund widmet er sich einigen der schönsten Lieder und Balladen Schuberts.

                          Sa 29.10.2022 20.00 Uhr

                                Shooting Star
Mit 27 Jahren europaweit jüngste Generalmusikdirektorin und mit 33 als »Di-
rigentin des Jahres« ausgezeichnet: Joana Mallwitz gehört zu den großen Ta-
lenten der jungen Generation. Bei ihrem Konzerthaus-Debüt stellt sie Brittens
spätromantisch anmutende Serenade für Tenor, Horn und Streicher Schuberts
          »Tragischer« Sinfonie und der »Unvollendeten« gegenüber.

                          So 06.11.2022 16.00 Uhr

                                  Der Messias
Händels großes Meisterwerk, das längst nicht nur für sein »Halleluja« berühmt
ist, kommt in der Saison 2022/23 wieder einmal auf die Konzerthaus-Bühne:
Am Pult steht mit Ton Koopman eine Koryphäe der historischen Aufführungspra-
xis, der neben seinem Amsterdam Baroque Orchestra & Choir herausragende
                       Solistinnen und Solisten mitbringt.

                         Mo 12.12.2022 20.00 Uhr

                                                                   Termine
Texte Anne do Paço

Fotonachweise
S. 08 © Marco Borggreve
S. 16 © Marco Borggreve
S. 30 © Marco Borggreve

Herausgeber KONZERTHAUS DORTMUND
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T 0231 – 22 696 200, www.konzerthaus-dortmund.de

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Dr. Raphael von Hoensbroech

Redaktion Marion Daldrup, Ann-Kristin Zoike

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Anzeigen Marion Daldrup, T 0231 – 22 696 213

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