Lokales Planungsdokument 2021
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Stand: 30.10.2020 Lokales Planungsdokument 2021 für den dezentralen Planungsprozess im SGB II des Jobcenters Mülheim an der Ruhr Inhalt: A. Finanzielle und personelle Ausstattung des Jobcenters B. Prioritäre Ziele und Themen des Jobcenters 2021 C. Rahmenbedingungen in Zeiten der Corona-Pandemie D. Geplante Handlungsansätze zu den Schwerpunktthemen der Steuerung 1. Langzeitarbeitslosigkeit und Langzeitleistungsbezug vermeiden und verringern (einschl. soziale Teilhabe und Coaching) 2. Gleichberechtigte Förderung und Integration von Frauen und Männern verbessern 3. Menschen mit Migrationshintergrund in Arbeit und Ausbildung integrieren (einschl. geflüchtete Menschen) 4. Digitalisierung optimieren 5. Weiteres lokales Schwerpunktthema des Jobcenters E. Ausschöpfung interner Potentiale
A. Finanzielle und personelle Ausstattung des Jobcenters Budget (EGT, VWT, Umschichtungen): Für das Jahr 2021 steht ein Budget von 37.755.247,00 Euro zur Verfügung. Das Budget setzt sich zusammen aus Leistungen zur Eingliederung in Arbeit in Höhe von 19.145.160,001 Euro (Steigerung um 0,63 % zum Vorjahr) und Verwaltungskosten in Höhe von 18.610.087,00* Euro (Steigerung um 2,2 % zum Vorjahr). Umschichtungen sind für das Jahr 2021 nicht geplant. Personal (derzeitige Personalsituation, geplante Veränderungen, Betreuungsschlüssel2): Im Soll-Ist-Vergleich stehen derzeit im Jobcenter Mülheim an der Ruhr 230,7 Soll-VZÄ einem Ist von 197,5 VZÄ gegenüber. Hierunter fallen in den Bereichen Leistungsgewährung (LG), Casemanagement (CM) und Akquise- und Vermittlungsservice (AVS): LG CM AVS 83,80 SOLL VZÄ 68,53 10,00 davon 18,8 U25 Anzahl unbesetzter Stellen 22,5 10,41 3,0 (VZÄ Stand 07.10.2020) Fluktuation 21,89 % 4% 0% (Stand 01.10.2020) Ü 25 1: 171 Betreuungsschlüssel (Soll) 1:171 ./. U 25 1:160 Langzeiterkrankte 2020 2 2 0 Im Zuge einer laufenden Organisationsuntersuchung durch externe Sachverständige, namentlich die gfa | public GmbH aus Berlin, wird auch die Personalausstattung untersucht. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt der Untersuchung wird empfohlen im Leistungs- sowie Ein- gliederungsbereich neue Stellen zu schaffen (siehe dazu auch Punkt D.5 „Weiteres lokales Schwerpunktthema des JC 2021“). 1 Gem. Schreiben des BMAS vom 20.10.2020 2 Bezogen auf das Verhältnis BGs bzw. ELB zu Mitarbeitenden 2
B. Prioritäre Ziele und Themen des Jobcenters 2021 Bitte benennen Sie kurz Ihre konkreten geschäftspolitischen Ziele für 2021, sortiert nach der Priorität (max. 5). 1. Organisationsuntersuchung des Jobcenters durch externe Sachverständige – Umsetzung der gutachterlichen Bewertungen und Empfehlungen 2. Zielsteuerung trotz Corona 3. Abbau von Langzeitleistungsbeziehenden einschließlich sozialer Teilhabe 4. Vermittlung – unter besonderer Berücksichtigung von Frauenerwerbstätigkeit 5. Digitalisierung 3
C. Rahmenbedingungen in Zeiten der Corona-Pandemie (Herausforderungen, wie Struktur der Leistungsbezieher, Aufnahmefähigkeit/Bedarfe des Arbeitsmarktes, Maßnahmeinhalte/-formate) Struktur der Leistungsbeziehenden Im Bezugsmonat Juni 2020 lebten 21.117 Personen in einer von 9.906 Bedarfsgemein- schafen im Kontext des zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) in Mülheim an der Ruhr (Daten der Bundesagentur für Arbeit mit dreimonatiger Wartezeit). Das entspricht 2,13 Personen pro Bedarfsgemeinschaft. Die SGB II-Quote liegt bei 15,8 Prozent. Insgesamt ist die Entwicklung im Bezugsmonat Juni 2020 zum Vorjahresmonat noch positiv, weil 367 Personen weniger in einer um 128 niedrigeren Anzahl von Bedarfsge- meinschaften beim Jobcenter Mülheim gemeldet sind. In der zweiten Jahreshälfte 2019 konnten von Juli an im Vergleich zum Dezember 590 erwerbsfähige Leistungsberechtigte (ELB) mehr ihren Leistungsbezug beenden als sie aufnehmen mussten und damit 375 Bedarfsgemeinschaften und 728 Personen mehr unabhängig von Leistungen des zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) leben. Der Ver- gleich der Werte aus Juni 2020 mit den Werten aus Dezember 2019 zeigt die Auswir- kungen der Pandemie, die ab März drastische Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage und damit auf den Arbeitsmarkt hatte: In diesem Zeitraum stiegen die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften um 308 und die Anzahl der Personen um 466. Die Vermögens- prüfung und die Anwendung der lokal angemessenen Kosten der Unterkunft wurden gemäß gesetzlicher Änderung faktisch ausgesetzt, was sicherlich zu einem vermehrten Zugang ins SGB II geführt hat, sofern kein Anspruch auf bedarfsdeckendes Arbeitslo- sengeld I und Kurzarbeitergeld vorhanden war. Sowohl im Vergleich zum Vorjahresmonat als auch zum Dezember 2019 hat die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften mit Kindern anteilig abgenommen, während die ohne antei- lig zunahmen: 5.118 Single-Bedarfsgemeinschaften bedeuten einen Anteil von 51,7 Prozent an allen Bedarfsgemeinschaften, der im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen mit 53,6 Prozent niedrig ist. Ein Jahr zuvor lag dieser Anteil in Mülheim noch bei 50,9 Prozent. Auch der Anteil der Partner-Bedarfsgemeinschaften ohne Kinder ist im Vergleich zum Landes- schnitt mit 8,5 Prozent (9,3 Prozent für NRW) niedrig, aber von Juni 2019 an um 0,3 Prozentpunkte gestiegen. Im Gegensatz dazu ist der Anteil der Partner-Bedarfsgemein- schaften mit Kindern um 0,4 Prozentpunkte gesunken, der der Alleinerziehenden-Be- darfsgemeinschaften um 0,6 Prozentpunkte. Trotzdem liegt der Anteil der Bedarfsge- meinschaftstypen mit Kindern über dem Landesschnitt. Während der Pandemieeinschränkungen ist die Zahl der Alleinerziehenden-Bedarfs- gemeinschaften nur leicht gestiegen, trotz Schließungen von Schulen und Kindergärten. Im Vergleich zum Dezember ist deren Zahl sogar um 8 gesunken. Die Anzahl der Single-Bedarfsgemeinschaften ist im Vergleich zum Dezember 2019 um 249 (+ 5,1 Prozent), die der Partner-Bedarfsgemeinschaften ohne Kinder um 46 (+ 5,8 Prozent) gestiegen. Da diese Veränderungen der Anteile der Bedarfsgemeinschaftstypen nicht nur während der Monate von Dezember 2019 bis Juni 2020, sondern im Vergleich zum Vorjah- resmonat beobachtbar sind, lassen sie sich nicht zwangsläufig dem Pandemiegesche- hen zuordnen, sondern anderen Entwicklungen wie dem demographischen Wandel und der Integrationsarbeit des Jobcenters Mülheim an der Ruhr. 4
Die Veränderungen der Bedarfsgemeinschaftstypen spiegeln sich auch in der Entwick- lung der Zahl der Kinder unter 18 Jahren, die seit Dezember 2019 um 4 Personen ge- sunken sind. Im Rahmen der allgemeinen demographischen Entwicklung werden auch die von SGB II-Leistungen abhängigen Personen älter. Im Vergleich zum Vorjahresmonat nahm die Zahl der Personen über 55 Jahre um 4,5 Prozent (+110) auf 2.574 Personen zu, von denen 2.380 erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind. Der Anteil der ausländischen Personen im SGB II ist schon vor der Pandemie stetig ge- stiegen von 45,9 Prozent im Vorjahresmonat auf 47,1 Prozent im Juni 2020, durch die Pandemie sind sie auch stärker betroffen. Ihre Zahl stieg seit Dezember 2019 um 2,6 Prozent, die der deutschen Personen im SGB II-Bezug, deren Zahl vor der Pandemie rückläufig war, um 2 Prozent. In den Bedarfsgemeinschaften leben im Juni 2020 14.091 erwerbsfähige Leistungsbe- rechtigte, also 1,42 pro Bedarfsgemeinschaft. Seit Dezember 2019 stieg die Anzahl der männlichen ELB um 5,3 Prozent (+340), die der weiblichen um 2,3 Prozent (+165). Diese Entwicklung ist nicht rein auf die Pandemie zurückzuführen: im Vorjahresmonats- vergleich sank die Zahl der weiblichen ELB stärker als die der männlichen. Im Gegensatz zu den Personen ist unter den ELB seit Dezember 2019 die Zahl derer mit deutscher Staatsangehörigkeit stärker gestiegen (3,8 Prozent; +265) als die Zahl derer mit einer ausschließlich ausländischen Staatsangehörigkeit (3,7 Prozent; +241). Das lässt darauf schließen, dass Bedarfsgemeinschaften mit ausländischen Personen mehr Kinder oder vom Leistungsbezug ausgeschlossene Personen beheimaten. Im Juni 2019 reichte das Arbeitslosengeld I 220 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zur Bestreitung des Lebensunterhalts nicht aus, sodass sie zusätzlich aufstockend Leistungen aus dem SGB II erhielten. Die Zahl der „Aufstocker“ stieg im Juni 2020 auf 278 Personen, eine Steigerung von 26,4 Prozent. Im Zeitraum von Dezember 2019 bis Juni 2020 ist deren Anzahl sogar um 54,4 Prozent gestiegen und somit deutlicher als die Arbeitslosenzahlen im SGB III im Vergleichszeitraum (+34,3 Prozent). Im Mai 2020 erhielten 2.866 abhängig beschäftigte Erwerbstätige zusätzliche Leistun- gen nach dem SGB II, ein Anteil von 20,4 Prozent an allen ELB. Im Juni 2019 war der Anteil noch 3 Prozentpunkte höher. Betrachtet man die 12 Monate von Juni 2019 bis Mai 2020, so ist in diesem Zeitraum die Zahl der Leistungsbezieher mit zusätzlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit um 484 Personen gesunken. Allein in der zweiten Hälfte des betrachteten Zeitraums ist deren Zahl (zwischen Dezember 2019 und Mai 2020) um 400 der 484 Personen gesunken – also somit während der pandemiebe- dingten Einschränkungen und ihren Folgen. Der Bestand der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit Einkommen aus selbststän- diger Arbeit ist in Mülheim niedrig. Ein Prozent aller erwerbsfähigen Leistungsberech- tigten ging im Dezember 2019 einer selbstständigen Beschäftigung nach. Dieser Anteil erhöhte sich für Mai 2020 um 0,1 Prozentpunkte (+20) auf 156. Im Vorjahr lag die Zahl höher. Demnach wurden zum einen Selbstständigkeiten aufgegeben, zum anderen fand ein häufiger, andauernder Zugang ins SGB II noch nicht statt. Im Juni 2020 befanden sich 10.439 Langzeitleistungsbezieher im Leistungsbezug nach SGB II. Die Zahl konnte im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,8 Prozent (-187) ver- ringert werden. Ihr Anteil an den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten blieb relativ konstant bei 74,1 Prozent (Vorjahr: 74,4 Prozent). Eine Verweildauer von mindestens vier Jahren hatten im Juni 2020 52,5 Prozent aller erwerbsfähigen Leistungsberechtig- 5
ten und befanden sich damit bereits im verfestigten Leistungsbezug, im Vorjahresmonat lag deren Anteil bei 50,8 Prozent. Kundensteuerung und Erreichbarkeit von Kunden Im April 2020 wurde das Jobcenter aufgrund der bestehenden Pandemie zunächst für persönliche, physische Kundenkontakte geschlossen. Die Mitarbeiterinnen und Mitar- beiter wurden bis zum 13.05.2020 in einer 6 Tage Woche im „Schichtdienst“ in zwei zeitlich unabhängigen Gruppen („Schichten“) eingesetzt, die nicht zeitgleich physisch anwesend waren. Hierdurch sollte erreicht werden, dass im Falle eines positiven Test- ergebnisses einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters die Handlungsfähigkeit des Job- centers weiterhin gegeben ist. Kundenkontakte waren in dieser Zeit nur schriftlich oder telefonisch möglich. Seit dem 13.05.2020 finden notwendige persönliche Vorsprachen im Jobcenter auch wieder mit der Möglichkeit der physischen Anwesenheit statt. Termine werden verge- ben, wenn eine Klärung von Angelegenheiten nicht auf anderem Wege wie z.B. telefo- nisch oder schriftlich erfolgen kann. Um eine mögliche Ansteckungsgefahr zu minimie- ren, erfolgen auch neue Wege des Kundenkontaktes: Es finden vorher terminierte Be- ratungsgespräche per Telefon statt. Im Casemanagement wird dazu in der Regel mit Rechtsfolgenbelehrung eingeladen. Weiterhin erfolgen Kundenkontakte außerhalb der Dienstgebäude. Es herrscht faktisch wieder „Normalbetrieb“ im Jobcenter – mit verändertem Zugang zu den Kunden. Einschränkungen von Corona sind nicht mehr relevant für die Arbeit. Es gibt keine Einschränkung in der Leistungsfähigkeit. Die Rückkehr zu einem normalen Betrieb im Jobcenter ermöglichte es ab Mitte Juni 2020 auch, die Organisationsunter- suchung mit Terminen vor Ort über teilnehmende Beobachtung in den operativen Be- reichen fortzuführen (siehe dazu auch die Ausführungen unter Punkt D.5). Situationen sollten von der Organisationsberatungsfirma erlebt werden, wie sie im Arbeitsalltag all- gemein anfallen. Interessant waren dafür sowohl Einzelgespräche und -situationen wie auch der Eindruck der Kundenflüsse unter Beibehaltung der Regelungen des Infekti- onsschutzes. Dies diente dem Beratungsunternehmen dazu, Eindrücke aus dem Ar- beitsalltag im Jobcenter zu sammeln. Im Rahmen der Zwischenergebnisse kommt die Organisationsberatungsfirma zu dem Ergebnis, dass die Erreichbarkeit (persönlich, telefonisch, per E-Mail) insbesondere der Leistungssachbearbeitung aus Kundensicht sehr bürgerfreundlich gestaltet ist. Insbesondere die gute Kommunikation mit den Kun- den (in Leistungsfragen) sei eine große Stärke des Hauses. Aufnahmefähigkeit/Bedarfe des Arbeitsmarktes Zu Beginn der Pandemie geriet der Arbeitsmarkt branchenübergreifend erheblich unter Druck und ist weiterhin als angespannt zu beschreiben, wenngleich sich leichte Zeichen der Erholung zeigen. Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stabilisieren sich sukzessive, liegen jedoch deutlich unter den Vorjahreswerten und die wirtschaftliche Aktivität bleibt gedämpft (vgl. IAB-Prognose 2020/21). Risiken in Bezug auf das weitere Infektionsgeschehen verbleiben und die Corona-Pandemie wird auch in 2021 nachhaltig den regionalen Arbeitsmarkt und dessen Aufnahmefähigkeit beeinflus- sen – ergänzend zu den lokalen Einflussfaktoren, die bereits vor der Pandemie die Wirtschaftsentwicklung in Mülheim an der Ruhr gekennzeichnet haben. Mülheim an der Ruhr ist ein branchenvielfältiger Wirtschafts- und Investitionsstandort, der durch den anhaltenden Strukturwandel geprägt wird. Wenngleich es gelungen ist, Mülheim an der Ruhr zu einem Wissenschafts- und Forschungsstandort zu etablieren, 6
so bleiben jedoch die zentralen Herausforderungen für die bestehende Unternehmens- struktur die Globalisierung, Internationalisierung und Digitalisierung, die bereits Struk- tur- und Personalanpassungen in größerem Umfang zur Folge hatten und die pande- miebedingt teilweise verstärkt bzw. beschleunigt werden. Darüber hinaus verfügt Mülheim an der Ruhr weiterhin über kein ausreichendes Ange- bot an planerisch gesicherten Gewerbeflächen, was die wirtschaftliche Entwicklung zu- sätzlich hemmt und Gewerbeneuansiedlungen erheblich einschränkt und – im Vergleich zu den unmittelbaren Nachbarstädten – einen wesentlichen Wettbewerbsnachteil dar- stellt. Die politische Entscheidung über mögliche weitere Gewerbeflächen auf der Grundlage einer gemeinsamen Bewertungsmatrix wurde von den politischen Gremien im Herbst 2020 vertagt. Ferner soll die Wirtschaftsförderung neu aufgestellt werden. Insgesamt belief sich zum Stichtag 31.03.2020 die Anzahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter auf 59.646, was eine leichte Steigerung um 0,2% zum Vorjahresquartal bedeutet (Statistik der Bundesagentur für Arbeit, September 2020). Im Schwerpunkt verteilen sich diese nach Wirtschaftszweigen wie folgt: 52,2 % auf den Dienstleistungs- sektor, 30,1 % auf das Verarbeitende Gewerbe, und 17,7 % auf die Sektoren Handel, Verkehr und Gastgewerbe. Im regionalen Vergleich verfügt Mülheim an der Ruhr damit immer noch über einen ausreichenden Branchenmix, der auch typische Beschäfti- gungsmöglichkeiten für erwerbsfähige Leistungsberechtigte im SGB II bietet. Im Verarbeitenden Gewerbe setzt sich jedoch – auch durch die Corona-Krise verstärkt – der negative Trend fort. Mit Stichtag 31.03.2020 konstatierte die Bundesagentur für Arbeit für Mülheim an der Ruhr ein Minus von 37,2% (- 4.579 Personen) sozialversiche- rungspflichtig Beschäftigter im Vergleich zum Vorjahresquartal. Aufgrund pandemiebe- dingter Auftragsrückgänge und Umsatzverluste beantragte bspw. die Friedrich Wilhelms-Hütte Eisenguss GmbH ein Schutzschirmverfahren und zum Jahresende soll die Schließung der Eisengusssparte erfolgen. In der Konsequenz bedeutet dies den Verlust weiterer Stellen in der Metallbranche; und diese können mit hoher Wahrschein- lichkeit – aufgrund der generellen Entwicklung in der Metall- und Stahlindustrie – weder vor Ort noch in den angrenzenden Städten kompensiert werden. Darüber hinaus ist ein Beschäftigungsrückgang im Bereich Einzelhandel zu konstatie- ren. Bereits vor der Corona-Krise manifestierte sich diese Entwicklung durch den Weg- fall eines Real-Marktes, die zunehmende Schließung von Einzelhändlern in der Innen- stadt (u.a. C&A-Filiale) und in kleineren Gewerbegebieten in den Stadtteilen. Durch den Leerstand und die damit fehlende Standortattraktivität sinkt auch das Interesse vom Handel sich dort neu anzusiedeln. Erste Planungen zur Umwidmung in Bürogebäude sind fraglich, weil durch die Pandemie viele Unternehmen den Anteil an Home-Office- Zeiten erhöht haben und damit der Bedarf an Büroflächen sinkt. Innerhalb Mülheims sinken somit auch in diesem SGB II-typischen Berufsfeld die Vermittlungsoptionen für erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Auch das Hotel- und Gaststättengewerbe ist im besonderen Maße von den Auswirkun- gen der Corona-Pandemie betroffen. Hier hat es verstärkt Kündigungen gegeben, aber im Jahresverlauf – nach den ersten Lockerungen für diese Branche Mitte Mai – waren auch wieder Neueinstellungen zu verzeichnen. In der Regel werden zurzeit jedoch kaum Vollzeitarbeitsverträge geschlossen. 7
Aktuell verlagert die bundesweit tätige Autowerkstatt-Kette pitstop ihren Hauptsitz an den Flughafen Essen-Mülheim. Das Autohaus Bernds eröffnet in Mülheim-Speldorf. Neben den Ansiedlungen im Kfz-Bereich erleben die Mitarbeitenden des Jobcenters zurzeit ein erhöhtes Stellenangebot in den Bereichen Sicherheitsdienst, Lager und Lo- gistik, (Gebäude-) Reinigung sowie in den Gesundheits- und Sozialberufen – insbeson- dere Erzieher und Erzieherinnen bzw. Pflegefachkräfte. Die Corona-Krise hat darüber hinaus eine (zeitlich begrenzte) Nachfrage für Unterstützungskräfte in den Kindertages- einrichtungen bewirkt, damit die Hygienestandards eingehalten werden können. Die wahrgenommene Erhöhung der Stellenangebote kann jedoch nicht darüber hin- wegtäuschen, dass die gemeldete Arbeitskräftenachfrage insgesamt zurückgegangen ist. Diese ist zwar – nach dem pandemiebedingten Einbruch – stabil, jedoch wenig dynamisch. Laut Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit (BA-X) liegt der Indikator im September 2020 bei 94 Punkten und unterschreitet somit den Vorjahreswert deutlich um 30 Punkte. Der Bestand an gemeldeten Stellen fiel somit übergreifend geringer aus als im Vorjahreszeitraum und betrifft insbesondere Zeitarbeitsunternehmen und das Verarbeitende Gewerbe. Die Neueinstellungsdynamik bewegt sich somit weiterhin un- terhalb des Vorkrisenniveaus und birgt hierdurch die Gefahr der Verfestigung von Ar- beitslosigkeit – insbesondere im Rechtskreis des SGB II. Ohne weitere Gewerbeneuansiedlungen mit entsprechenden Stellen und dem Wegfall von Stellen in den o.g. Bereichen gilt es, die Mobilität der erwerbsfähigen Leistungsbe- rechtigten (ELB) zu unterstützen bzw. zu erhöhen. Bereits in 2019 hatte Mülheim an der Ruhr mehr Auspendler (44.995) als Einpendler (41.851). Darüber hinaus sind verstärkt Qualifizierungen anzubieten, die abgeschlossen sein sollten, wenn der Arbeitsmarkt wieder aufnahmefähiger ist. Eine begrenzte Arbeitskräftenachfrage lässt es ferner not- wendig erscheinen, die Matching-Effizienz zu erhöhen und zielgerichtet beschäfti- gungsbegleitende Hilfen in den Fokus zu rücken. Maßnahmeinhalte/-formate Die größte Herausforderung in der Corona-Pandemie besteht für Maßnahmeninhalte und -formate zweifelsohne darin, Maßnahmen zu konzipieren und umzusetzen, die ei- nerseits nicht zwingend auf physische Anwesenheit abstellen, jedoch zugleich die glei- chen gesetzlichen Förderziele (bspw. Stabilisierung in einer Beschäftigungsaufnahme, Verringerung oder Beseitigung von Vermittlungshemmnissen um nur einige zu nennen) im Fokus haben. Enorm wichtig ist es, unterschiedliche Zielgruppen gut zu erreichen und ihnen eine bedarfsgerechte Unterstützung zukommen zu lassen. Durch die Corona-Pandemie haben sich insbesondere die ungleichen Integrationschancen weiter verschärft. Gerade Frauen leisten vermehrt Erziehungs- und Betreuungsarbeit und sind besonders beansprucht. Um alten Rollenbildern entgegenzuwirken, sind hier Maßnah- men wichtig, die die gesamte Bedarfsgemeinschaft mit einbeziehen. Gemeinsam mit den Trägern ist es in Müllheim an der Ruhr gelungen, arbeitsmarktpoli- tische Maßnahmen in alternativer Form durch- und vor allen Dingen fortzuführen. Ins- besondere durch die Bemühungen und Flexibilität der Träger ist die zügige Umstellung der Maßnahmeformate auf hybride Formate mit Erfolg zustande gekommen. Dies er- möglichte zum einen die vergleichsweise nahtlose inhaltliche Fortführung der Maßnah- men und damit Aktivierung, Stabilisierung und „Qualifizierung“ der Klienten im Hinblick auf das Maßnahmeziel; und zum anderen bestand so ein nur sehr vereinzelter Bedarf 8
auf Inanspruchnahme der nachrangigen Leistungen nach dem Sozialdienstleister-Ein- satzgesetz (SodEg). Gleichzeitig konnte das Jobcenter der Trägerlandschaft in Mülheim an der Ruhr Planungs- und wirtschaftliche Sicherheit bieten, um die Träger in ihrer Vielfalt am Markt zu halten und weiterhin davon profitieren zu können. D. Geplante Handlungsansätze zu den Schwerpunktthemen der Steuerung D.1 Langzeitarbeitslosigkeit und Langzeitleistungsbezug vermeiden und verringern (einschl. soziale Teilhabe und Coaching) Welche Handlungsbedarfe sehen Sie? Laut Prognose der „Altersstrukturbedingten Veränderungen der LZB Mai 2021 gegenüber LZB Mai 2020“, die im Rahmen der Planungsunterlagen zur Verfügung gestellt wurden, gibt es weder Auffälligkeiten von Jugendlichen bei den Übertritten in den Bestand an Langzeit- leistungsbeziehenden noch bei Abgängen von Älteren aus dem Langzeitleistungsbezug. In der Gruppe der Jobcenter im Vergleichstyp IIIc (Städte bzw. (hoch-)verdichtete Land- kreise überwiegend im Agglomerationsraum Rhein-Ruhr mit sehr geringer Arbeitsplatz- dichte, geringer saisonaler Dynamik bei gleichzeitig hohem Beschäftigungspotenzial in einfachen Tätigkeiten und hohem Migrantenanteil) weicht Mülheim an der Ruhr bezogen auf die Veränderung in der Entwicklung grundsätzlich nicht ab. Die Veränderung des Be- standes an Langzeitleistungsbeziehenden liegt im Monat Juni 2020 (Daten der Bunde- sagentur für Arbeit mit dreimonatiger Wartezeit) in Mülheim an der Ruhr mit -1,8 Prozent im Durchschnitt der Vergleichsgruppe. Die durchschnittliche Zugangsrate der Langzeitleis- tungsbeziehenden beträgt 1,9 Prozent und damit 0,1 Prozentpunkte mehr als der Durch- schnitt der Vergleichsgruppe IIIc mit 1,8 Prozent. Die durchschnittliche Abgangsrate in Mülheim an der Ruhr liegt mit 2,1 Prozent ebenfalls 0,1 Prozentpunkte über dem Durch- schnitt der Vergleichsgruppe von 2,0 Prozent. Die Integrationsquote des Jobcenters in Mülheim an der Ruhr liegt mit 15,6 Prozent knapp unter dem Durchschnitt der Vergleichs- gruppe IIIc von 15,9 Prozent. Allerdings weicht die Aktivierungsquote in Höhe von 7,2 Pro- zent vom Durchschnitt der Vergleichsgruppe mit 9,0 Prozent deutlich ab. Betrachtet man die Jahresfortschrittswerte der Integrationen bis zum o.g. Berichtsmonat wurden in der Vergleichsgruppe IIIc 38.036 Menschen in den Arbeitsmarkt integriert. 54 % davon sind Langzeitleistungsbeziehende (n = 20.541). In Mülheim an der ist der Anteil Langzeitleistungsbeziehender an den Integrationen etwas höher: insgesamt 919 Menschen wurden in den Arbeitsmarkt integriert, 58 % davon sind Langezeitleistungsbeziehende (n = 533). Für Mülheim an der Ruhr ergeben sich daher Handlungsbedarfe bezüglich folgender Steuerungsgrößen: - Veränderung des durchschnittlichen Bestandes an Langzeitleistungsbeziehenden, - Anteil von Langzeitleistungsbeziehenden an allen Integrationen, - Aktivierungsquote von Langzeitleistungsbeziehenden. Was wollen Sie in 2021 konkret erreichen? 1. Eine Erhöhung des durchschnittlichen Bestandes an Langzeitleistungsbeziehenden in 2021 gegenüber 2020 soll den Empfehlungen des MAGS entsprechend grundsätzlich ver- 9
mieden und der durchschnittliche Bestand an Langzeitleistungsbeziehenden verringert werden. Die Erwartungshaltung des MAGS wird im Jobcenter grundsätzlich geteilt. Im Rahmen einer möglichst realistischen Einschätzung wird immerhin eine geringe Verände- rung von 0,4 % prognostiziert. 2. Vorbehaltlich der Entwicklungen der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes wird angestrebt, dass in 2021 der Anteil der Integra- tionen Langzeitleistungsbeziehender 58 % von allen Integrationen erwerbsfähiger Leistungsberechtigter beträgt – dies entspricht dem Anteil im Betrachtungsmonat Juni 2020 (t-3). Beschäftigung begleitende Leistungen sollen dabei unterstützen. 3. Ausgehend vom Bedarf, die Aktivierungsquote zu steigern und damit die Beschäfti- gungsfähigkeit der Langzeitleistungsbeziehenden durch aktivierende Eingliederungsmaß- nahmen zu erhalten, soll die Aktivierungsquote auf den aktuellen Durchschnitt der Ver- gleichsgruppe IIIc (Betrachtungsmonat Juni 2020 (t-3): 9,0 %) angehoben werden. Welche Handlungsansätze/Aktivitäten haben Sie geplant? Zu 1.: - Einrichtung von 80 neuen Stellen nach § 16i SGB II in 2021 - Überführung der 16i-Beschäftigungsverhältnisse vom 2. in den 1. Arbeitsmarkt – mög- lichst bedarfsdeckend und vorrangig in der freien Wirtschaft - Übergang in einen Folgearbeitsvertrag von Klienten nach § 16i SGB II, deren für zwei Jahre befristete Arbeitsverträge in 2021 enden – entweder beim selben Arbeitgeber, bei einem anderen Arbeitgeber mit degressiver Förderung oder Übergang vom 2. in den 1. Arbeitsmarkt. Damit diese Klienten nicht Gefahr laufen, nach 2 Jahren von Arbeitgebern wegen fehlender Förderung wieder entbunden zu werden, soll eine enge Verzahnung mit dem Coaching vor Ort (hier: JobSupport) erfolgen, um bei ersten Anzeichen für einen dro- hendem Verlust der Arbeit zeitnah intervenieren zu können. Darüber hinaus sollen die Coaches aus JobSupport die Möglichkeiten der Weiterbildungen im Rahmen von § 16 i SGB II für berufsrelevante Qualifizierung intensiv nutzen. - Überführung von geringfügiger Beschäftigung in sozialversicherungspflichtige, möglichst bedarfsdeckende Beschäftigung - Vermeiden von Langzeitleistungsbezug mittels frühzeitiger Integration durch Einführung eines eigenständigen Soll-Prozesses für das Profiling im Bereich des Akquise- und Ver- mittlungsservice, Zielpunkt.Job im Rahmen der Organisationsuntersuchung (siehe Punkt D.5). Zu 2. - Bereitschaft zur Aufnahme von Zeitarbeit bei Langzeitleistungsbeziehenden erhöhen, um Arbeitsmarktnähe bzw. einen Einstieg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen - Nachvermittlung in Ausbildung bis Februar 2021 - verstärkte Integration von Erziehenden - Integration der 2. Person in der Bedarfsgemeinschaft Zu 3. - Aktivierung von Klienten mit einer Arbeitslosigkeit von weniger als 4 Jahren insbesondere durch Teilnahme an niederschwelligen Maßnahmen, um Langzeitarbeitslosigkeit und ver- festigtem Leistungsbezug entgegenzuwirken. 10
- Verknüpfung von Maßnahmen hin zu Förderketten zur Steigerung der Zahl der Langzeit- leistungsbeziehenden in einer Maßnahme der aktiven Arbeitsförderung – kombiniert mit einem entsprechenden Übergangsmanagement kann damit der Einstieg in den 1. und 2. Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Die Verweildauer soll den individuellen Bedarfen entspre- chen und ein Wechsel zwischen den Maßnahmen möglichst flexibel erfolgen können. - Anstreben eines Anteils an Langzeitleistungsbeziehenden in aktivierenden Maßnahmen, der mindestens dem Anteil Langzeitleistungsbeziehender an den erwerbsfähigen Leistungsbeziehenden entspricht. - Aktivierung, Qualifizierung und Integration von Erziehenden im verfestigten Leistungsbe- zug (mindestens 4 Jahre) mit Kindern, bei denen das jüngste Kind - im Grundschulalter ist, in Teilzeit - eine weiterführende Schule besucht, in Vollzeit und auch um Langzeitleistungsbezug bei Kindern über die Vorbild- bzw. Rollenfunktion der Erziehenden zu verhindern. - Erhöhung der individuellen Eingliederungschancen Langzeitleistungsbeziehender durch Qualifizierung – zur Vorbereitung für einen Einstieg in den Arbeitsmarkt, um die „Überbrü- ckungszeit“ zu nutzen bis sich der Arbeitsmarkt erholt hat. - Belegung von Arbeitsgelegenheiten vorrangig durch Single-Bedarfsgemeinschaften im Langzeitleistungsbezug – hier auch mit dem Aspekt der sozialen Teilhabe, um möglichen Isolierungstendenzen während der Corona-Pandemie und damit einhergehenden seeli- schen und psychischen Beeinträchtigungen entgegenzuwirken. Perspektivisch ist für das Jahr 2022 geplant, Arbeitsgelegenheiten für psychisch Erkrankte zu konzipieren. Vor dem Hintergrund des aktuellen Pandemiegeschehens ist voraussichtlich bis Ende März 2021 davon auszugehen, dass klassische Aktivierungsfelder wie z.B. Arbeitsgelegenheiten nach § 16d SGB II kaum belegt werden, da sie aufgrund der Wahrnehmung gesundheitli- cher Risiken von den Teilnehmenden gemieden werden. Ab April 2021 ist in der Annahme eines abschwächenden Infektionsrisikos eine zunehmende Belegung von Arbeitsgelegen- heiten zu erwarten. Hier sollte dann vorrangig die o.g. Zielgruppe der Single-Bedarfsge- meinschaften in den Blick genommen werden. Arbeitsgelegenheiten sind das wirkungs- vollste Aktivierungsinstrument für sehr arbeitsmarktferne Klienten – dies belegen Erfahrun- gen im Rahmen der Klientengewinnung zur Besetzung der Stellen nach § 16i SGB II. Bedarfsdeckende Integrationen von Langzeitleistungsbeziehenden werden durch das neu vorgelegte „Schlüssige Konzept zur Ermittlung angemessener Kosten der Unterkunft für das Gebiet der Stadt Mülheim an der Ruhr“ der InWIS Forschung & Beratung GmbH vom Juni 2020 beeinflusst, da sich eine neue Mietobergrenze ergeben hat, die nun seit dem 01.08.2020 zu berücksichtigen ist. Voraussichtlich werden auch mit Integration in Arbeit weniger Menschen aus dem Leistungsbezug fallen. Dies ist vom Jobcenter nicht beein- flussbar. Insbesondere im vorrangigen Bereich der Zielgruppe (Helfertätigkeiten) ist die Bedarfsdeckung und damit die Beendigung des Leistungsbezuges eher unwahrscheinlich. Wer sind Ihre Kooperationspartner? Agentur für Arbeit Oberhausen/Mülheim an der Ruhr verschiedene Akteure im Dezernat für Bildung, Soziales, Jugend, Gesundheit, Sport und Kultur Kreishandwerkerschaft Mülheim an der Ruhr – Oberhausen 11
ausgewählte Mitglieder des Beirats des Jobcenters im Rahmen einer Unterarbeitsgruppe zur Besetzung von Stellen nach §16i SGB II UnternehmerVerband Mülheimer Wirtschaft Freie Träger der Wohlfahrtspflege Job.Service GmbH D.2 Gleichberechtigte Förderung und Integration von Frauen und Männern verbessern Welche Handlungsbedarfe sehen Sie? Auffällig ist, dass nur ein Drittel der Integrationen der ELB auf die Gruppe der weiblichen ELB entfallen. Im November 2019 konnten 168 Männer und 88 Frauen in sozialversiche- rungspflichtige Beschäftigungen integriert werden. Dabei ist der Anteil der weiblichen ELB gegenüber den männlichen ELB leicht höher. Ob die für 2020 geplanten Maßnahmen für eine gleichberechtigte Förderung von Frauen und Männern erfolgreich waren, kann pandemiebedingt insofern nicht gesichert beurteilt werden, da die veränderte Form der Umsetzung möglicherweise die angestrebte Zielerrei- chung bzw. erwarteten Wirkungen beeinflusste. Die Berufswahlorientierung in vermeintlich frauenuntypischen Berufen gelingt allgemein zunehmend erfolgreich bei der Studienwahl, so dass der Anteil von Frauen in MINT-Studi- engängen steigt. In der täglichen Beratungspraxis zeigt sich demgegenüber, dass die Be- rufswahlüberlegungen von Frauen bezogen auf Ausbildung und auf Erwerbstätigkeit, die über geringere Bildungsabschlüsse als die Hochschulzugangsberechtigung verfügen, sich eher an den ihnen bekannten frauentypischen tradierten Berufsbildern orientieren. So ist die medizinische Fachangestellte und die Kauffrau für Bürokommunikation bei den Schul- abgängerinnen nach wie vor unter den TOP 10 der angestrebten Ausbildungsberufe. Damit die Vereinbarkeit von Familienleben und Beruf gelingt, müssen schon für die Mög- lichkeit der Teilnahme an Maßnahmen auch für Kinder U3 und Kinder im Grundschulalter ausreichend Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stehen und Kindern von SGB II-Emp- fängerinnen und Empfängern schon vor Arbeitsaufnahme zugänglich gemacht werden. Was wollen Sie in 2021 konkret erreichen? Wie schon in den Jahren zuvor bleibt es bezogen auf die ELB erklärtes Ziel, dass bedarfs- deckende Integrationen gesteigert werden, um den Leistungsbezug zu beenden. Hierzu ist es erforderlich, dass Frauen sich auch Berufsfelder erschließen, die ihnen eine existenzsi- chernde Beschäftigung ermöglichen. Frauen sollen prozentual im Vergleich zu den männlichen ELB deutlich stärker in den 1. Arbeitsmarkt integriert werden als bisher. Insbesondere den Ausbildungsplatzsuchenden sollen (bezogen auf längerfristige nachhal- tige Integrationen) entsprechend erweiterte Perspektiven bei der Ausbildungssuche aufge- zeigt werden. Es wird die Möglichkeit geprüft, ob mit dem Amt für Kinder, Jugend und Schule eine ver- bindliche Absprache getroffen werden kann, zuverlässig ein bestimmtes Kontingent an (Kita)Betreuungsplätzen in Verbindung mit Arbeitsaufnahmen in Anspruch nehmen zu kön- nen. Dies soll durch die Möglichkeit eines „Einkaufs“ von Betreuungsplätzen über eine 12
verlässliche Finanzierungszusage gem. § 16a SGB II erfolgen, um dem Amt für Kinder, Jugend und Schule Planungssicherheit zu geben und das fiskalische Risiko zu minimieren. Es wird eine eigene Stelle „Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt“ (BCA) mit mindestens einem halben Anteil einer Vollzeitstelle eingerichtet, die aller Voraussicht nach Anfang 2021 in das Ausschreibungsverfahren gehen wird. Mit der Implementierung der neuen BCA soll eine verstärkte Sensibilisierung der Mitarbeitenden hinsichtlich der Notwendigkeit der Zuweisung in die entsprechenden Angebote, der angepassten Stellenakquise und bei der Planung von neuen Maßnahmen erfolgen. Mit daraus resultierenden Wirkungen ist erst nach Besetzung der Stelle zu rechnen. Welche Handlungsansätze/Aktivitäten haben Sie geplant? Die bestehende Vermittlungsmaßnahme nur für Frauen (An(n)A – Aktiv in Arbeit) hat sich bewährt und wird auch in 2021 fortgesetzt werden. Hier hat sich gezeigt, dass das Aufbre- chen geschlechterspezifischer Berufswahlmuster gelingt, wenn Maßnahmeangebote so- wohl den Rahmen als auch methodische Ansätze (beispielsweise genderneutrales Coaching, Reframing, Berücksichtigung von Resilienzfaktoren, Erleben von Selbstwirksam- keit) bieten, die es den Teilnehmerinnen ermöglichen, sich alternative Berufsfelder zu er- schließen. Auf Grund dieser Erfahrungen sollen die Vermittlungsmaßnahmen mit einer hohen Platz- zahl so ausgeschrieben werden, dass sie einzelne zielgruppenspezifische Lose, hier zum Beispiel für die Vermittlung von Frauen erhalten. Bezogen auf die Vereinbarkeit von Familienleben und Beruf sollen verstärkt Teilzeitstellen für männliche und weibliche Bewerber akquiriert werden (2. Person in der BG). Die Veranstaltungen im U25-Haus sollen verstärkt gendertypische Aspekte der Orientie- rung bei der Ausbildungssuche enthalten. Mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen? Trägern von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen Amt für Kinder, Jugend und Schule Agentur für Arbeit Gleichstellungsstelle der Stadt Mülheim an der Ruhr D.3 Menschen mit Migrationshintergrund in Arbeit und Ausbildung integrieren (einschl. geflüchtete Menschen) Welche Handlungsbedarfe sehen Sie? Durch eine langfristige Stellenvakanz im Bereich Statistik und Controlling waren keine diffe- renzierten Auswertungen zu den Integrationsfortschritten der Zielgruppe der Geflüchteten im SGB II möglich. Mit der Nachbesetzung dieser Stelle in 08/2020 und der geplanten Wie- derbesetzung der zweiten Stelle „Integrationsfachkraft für Geflüchtete im SGB II“ wird die ursprünglich für 2020 vorgesehene Planung in 2021 aufgegriffen. Ausgehend von dem „G.I.B. Kurzbericht 1/2019 – Analysen zum SGB II. Kundenstrukturen der NRW-Jobcenter. Eine Typisierung“ liegen Jobcenter, die dem sogenannten Cluster 5 zugeordnet werden, zwar bezogen auf die problematischen Zielgruppen bei den Geflüch- teten im NRW-Durchschnitt, allerdings bei den U25-jährigen im oberen Bereich. Insofern 13
liegt ein Fokus auf den Geflüchteten U25, um sowohl einem verfestigten Langzeitleistungs- bezug vorzubeugen als auch Voraussetzungen für möglichst nachhaltige Integrationen zu schaffen. Hier gelingt es bisher nicht durchgängig, nahtlose Förderketten im Spracherwerb und sofortige adäquate Anschlusslösungen sicher zu stellen. Hinzu kommt die Herausfor- derung, Geflüchteten, die im Herkunftsland glaubhaft über ein hohes Bildungsniveau ver- fügt haben, dies hier aber nicht nachweisen können, den Zugang zu Ausbildung oder ab- schlussbezogener Qualifizierung zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. Voraussetzung für eine zielführende Integration ist es, Sprachförderangebote bei Bedarf systematisch zu nutzen, Fähigkeiten und Kompetenzen frühzeitig zu erkennen, realistische Berufswege aufzuzeigen und passgenaue Qualifizierungen zu ermöglichen. Diese Qualifi- zierungsbedarfe und die Vielfältigkeit der Bildungsbiografien erfordern besondere Aufmerk- samkeit und einen beraterischen und vermittlerischen Ansatz, der Zeit in Anspruch nimmt. Dabei kommt der Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an Akteuren im Rahmen der Umset- zung der Landesinitiative „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit" eine besondere Bedeu- tung zu. Was wollen Sie in 2021 konkret erreichen? Ziel auf der Ebene der Leistungsberechtigten ist der Erwerb einer möglichst hohen Sprach- kompetenz als Voraussetzung für die nachhaltige Vermittlung in Ausbildung. Die Landesförderung „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“ soll dazu beitragen, dass mehr Transferleistungsbeziehende im Alter von 18 bis 27 Jahren, insbesondere aus dem Rechtskreis des Asylbewerberleistungsgesetzes, ihren Lebensunterhalt selbständig be- streiten können. Möglichst vielen Menschen sollen unbürokratisch neue Integrationschan- cen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt eröffnet werden. Dies ist über die Beantragung von Förderbausteinen möglich. In Mülheim an der Ruhr sind Unterstützungsmöglichkeiten über ein individuelles Coaching, einen Kurs für den nachträglichen Erwerb eines Haupt- schulabschlusses mit integrierter Sprachförderung und Kurse zur Stärkung der Kompetenz „Lernen lernen“ geplant. Welche Handlungsansätze/Aktivitäten haben Sie geplant? In 2021 soll ein Übergangs- und Absolventenmanagement bei Sprachkursen U25 einge- richtet werden – alle Sprachkursteilnehmenden erhalten eine Anschlusslösung. Hierzu sind folgende Aktivitäten geplant: - Analyse der Anzahl, der persönlichen Möglichkeiten und der Sprachkursverläufe; - Begleitung des Prozesses für Geflüchtete U25 durch die „Integrationsfachkraft für Geflüchtete im SGB II U25“. Es wird eine Beobachtung und Begleitung der Sprachkursteilnehmenden U25 eingerichtet, die zum Ziel haben, durchgängig eine nahtlose Förderkette von Sprachkursen und unmit- telbaren Anschlusslösungen, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind, sicher zu stellen. Dabei beziehen sich Beobachtung und Begleitung auf - die operative Ebene im Casemanagement, - die Schnittstelle zu den Trägern der Sprachkurse für Menschen unter 27 u.a. durch ein Beratungsangebot im Rahmen einer Sprechstunde bei den entsprechenden Sprachkursträ- gern zu ausbildungs-und arbeitsmarktrelevanten Fragestellungen, - das Bereitstellen von differenzierten nahtlosen Anschlusslösungen für die Zielgruppe. Darüber hinaus soll ein kultursensibles Maßnahmeangebot für geflüchtete Frauen ge- schaffen werden, das sowohl ein Sprachtraining als auch eine Aktivierung für geflüchtete 14
Frauen beinhaltet. Dieses Angebot soll so ausgerichtet sein, das es auch Frauen mit Mig- rationshintergrund erreicht, die an den bisherigen kommunalen und arbeitsmarktlichen An- geboten nicht partizipieren konnten. Im Rahmen der Landesinitiative „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“: - Unterstützung geflüchteter Menschen im Alter zwischen 18 unter 27 Jahren bei der In- tegration in Ausbildung und Arbeit bereits vor dem Einmünden in den Bezug von SGB II- Leistungen. - Eröffnung neuer Integrationschancen auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. - Vermeidung von Hilfebezug. Wer sind Ihre Kooperationspartner? Zentrale Kooperationspartner sind die Träger der vom BAMF finanzierten Sprachkurse. Sozialamt und Kommunales Integrationszentrum im Rahmen der Landesinitiative „Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“. D.4 Digitalisierung optimieren Ausgangssituation (Stand der Digitalisierung, intern, externer online-Zugang, Softwarehersteller) Die Digitalisierung wird in der Verwaltung an zentraler Stelle außerhalb des Fachbereiches durch eine Projektgruppe Team für Digitalisierung forciert. Corona hat die Notwendigkeit zur Digitalisierung massiv vorangetrieben. Bereits beste- hende Bedarfe wurden so noch offensichtlicher: Im Kundenkontakt ohne physische Anwe- senheit sind Informationen beispielsweise zu Maßnahmeangeboten, zu Arbeitgebern ohne visualisierte Darstellung insbesondere Kunden und Kundinnen gegenüber, die sich nicht verhandlungssicher in deutscher Sprache verständigen können, nicht adressatengerecht zu vermitteln. Arbeitgeber haben sich zunehmend darauf eingestellt, dass erste Bewerberrun- den online-basiert erfolgen. Im Rahmen arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen hat E-Learning in Zeiten von Corona ent- scheidende Vorteile: Diesen digitalen Lernformen kommt in der Corona-Pandemie eine zentrale Bedeutung zu. Solange das Gebot des Abstandhaltens gilt, ist das gemeinsame Lernen vor Ort schwierig. Präsenzveranstaltungen mit mehreren Teilnehmern sind mit An- steckungsrisiken verbunden, die sich auch mit Vorkehrungsmaßnahmen wie z. B. größeren Sitzabständen nicht vollständig ausschließen lassen. Daher können entsprechende Maß- nahmen und Seminare gegenwärtig kaum oder nur sehr begrenzt durchgeführt werden. Demgegenüber bietet Online-Learning den Vorteil, dass jeder und jede für sich allein lernen kann, ohne persönlichen Kontakt zu einem Trainer oder anderen Kursteilnehmern haben zu müssen. Dennoch können sich alle Beteiligten über Lernplattformen austauschen. Ein wei- terer Vorteil: Das Lernen kann unabhängig von Ort und Zeit stattfinden. So können Kurs- teilnehmer beispielsweise im Homeoffice digital lernen und hierfür Zeiten nutzen, die etwa mit der Kinderbetreuung vereinbar sind. Technologiegestütztes Lernen ermöglicht einen globalen Bildungsmarkt. Besonders durch offene Bildungsangebote entstehen so neue Zu- gangsoptionen. Jedoch bedeutet dies leider nicht immer, dass auch mehr Bildungschancen für Menschen aus benachteiligten Regionen entstehen. Hier sind die Medienkompetenz und der Zugang zum Internet entscheidend. 15
Was wollen Sie in 2021 konkret erreichen? Für das Jahr 2021 ist die Einführung eines Dokumentenmanagementsystems geplant. Die Bewerbungsfrist im Zuge des Vergabeverfahrens ist bereits verstrichen, derzeit werden die eingegangenen Bewerbungen auf Geeignetheit hin überprüft. Begleitet wird dieser Prozess durch den Berater Zöller & Partner GmbH. Januar 2021 soll die Auswahl verkündet, und so dann das weitere Vorgehen den Pilotämtern, hier partizipiert auch das Jobcenter, bekannt gegeben werden. Für 2021 ist die Einführung des Onlineantrages zum Arbeitslosengeld II vorgesehen. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen der kostenfreien Nachnutzung über den IT-Dienstleister ekom 21. Die technischen Möglichkeiten hierfür wurden bereits geschaffen, derzeit befindet sich der von der ekom21 übersandte Vertrag in der rechtlichen Prüfung. Eine finale Online- stellung des Antrages durch ekom21 wird für 2021 avisiert. Im Rahmen veränderter Kundenkontakte wird die Möglichkeit geprüft, zukünftig Videokon- takte nutzen zu können. Hier liegt die Herausforderung darin, den Leistungsberechtigten den adäquaten Umgang zu vermitteln und ihnen eine entsprechende Infrastruktur im Job- center (z.B. in der Eingangszone, im Bewerberzentrum) zur Verfügung zu stellen. Sowohl bezogen auf die Mitarbeitenden als auch bezogen auf die Leistungsberechtigten müssten die technischen Voraussetzungen sowie die erforderliche Ausstattung mit Hardware ge- schaffen und die Mitarbeitenden in der Methode einer ressourcen- und zielorientierten Be- ratung über das Telefon und durch Video-Gespräche geschult werden. Mittelfristiges Ziel ist es, auf eine verlässliche hybride Form im Kundenkontakt umzusteu- ern. Die hypothetischen Wirkungen liegen in einer höheren Flexibilität in der Kundenan- sprache, einer besseren Erreichbarkeit von Leistungsberechtigten, die Termine im Job- center nicht zuverlässig einhalten (können), einer höheren Flexibilität in der Organisation im Jobcenter mit mehreren Standorten und einer Reduzierung der Rüstzeiten von Mitarbeiten- den. Im Rahmen der Digitalisierung arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen werden Verdingungs- unterlagen überarbeitet werden müssen, um die aktuellen Herausforderung annehmen zu können. Gleichzeitig ist der Frage nachzugehen, inwieweit die Kundinnen und Kunden in der Lage sind, sich sicher „online“ zu präsentieren, damit Maßnahmen die gleiche Effekti- vität wie vor Corona erreichen. Es sind daher Maßnahmen zu konzipieren, die zunächst einmal die Fähigkeit herstellen, sich auf digitalen Plattformen sicher und ohne Hemmnisse zu bewegen. Welche Handlungsansätze/Aktivitäten haben Sie geplant? Durch das Jobcenter selbst angestoßen, soll Videotelefonie in den Arbeitsalltag implemen- tiert werden. Da die derzeitige Telefonanlage weder für externe, noch für interne Videote- lefonie ausgelegt ist, soll es für interne Videokonferenzen eine webbasierte Anwendung geben, während für externe Videokonferenzen nach derzeitigem Planungsstand auch wei- terhin nur über bekannte Web-Anwendungen möglich sein werden. Auch in diesem Verfah- ren liegt die Federführung der Umsetzung nicht beim Jobcenter sondern beim hiesigen Amt für zentrale Dienste. Mit welchen Partnern arbeiten Sie zusammen? Referat I.1 Projekte – Team Digitalisierung – Stadtverwaltung Mülheim an der Ruhr Amt 10 – Zentraler Service – Stadtverwaltung Mülheim an der Ruhr ekom 21 Träger arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen 16
D.5 Weiteres lokales Schwerpunktthema des JC 2021 Unter B. haben Sie Ihre prioritären Ziele und Themen für 2021 benannt. Bitte stellen Sie im Folgenden das wichtigste Schwerpunktthema Ihres JC für 2021 dar, welches nicht bereits unter D.1 bis D.4 benannt wurde. Organisationsuntersuchung des Jobcenters durch externe Sachverständige – Umsetzung der gutachterlichen Bewertungen und Empfehlungen Was ist der Anlass für Ihre Wahl und wie ist die Ausgangslage? Die Stadt Mülheim an der Ruhr hat im Rahmen der dritten Stufe des Stärkungspaktes über die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen eine Organisationsuntersuchung des Jobcenters an externe Sachverständige, namentlich die gfa | public GmbH aus Berlin, ver- geben. Die Berliner Organisationsberatungsfirma ist seit zehn Jahren in der Beratung von kommunalen Jobcentern und im Jahr 2020 in einer Untersuchung sowohl gutachterlich als auch konzeptionell in Workshops vor Ort im Jobcenter Mülheim an der Ruhr tätig. Die Organisationsuntersuchung soll sicherstellen, dass das Jobcenter zukunftsfähig aufge- stellt ist – das heißt nicht zuletzt die Leistungsfähigkeit zu erhalten und auszubauen. Ziel des Vorhabens ist es, die Ursachen für die verbesserten, aber immer noch nicht zufrieden- stellenden Integrationsergebnissen zu untersuchen. Dazu gehört, die Kernprozesse zu analysieren, Optimierungspotenziale unter Beachtung der Möglichkeiten der Digitalisierung aufzuzeigen und Umsetzungsvorschläge zu unterbreiten, die mit konkreten Maßnahmen unterlegt sind. Im Ergebnis wird eine Struktur vorgeschlagen, die ermöglicht, dass das Job- center an den vier Standorten effektiv und effizient arbeitet – die Form dieser Arbeit ist Teil der Untersuchung. Die Untersuchung verläuft ergebnisoffen und unterteilt sich in die Aufgabenbereiche Perso- nal- und Organisationsuntersuchung, Prozessanalyse samt Optimierungsvorschlägen ins- besondere für die Bereiche Vermittlung, Fallmanagement und Arbeitgeberberatung, Ana- lyse der Schnittstellen innerhalb des Jobcenters aber auch zu anderen Fachbereichen der Verwaltung. Ergänzend dazu wird die gfa | public GmbH die Aufbauorganisation des Job- centers gutachterlich überprüfen und eine Bewertung unterschiedlicher Organisationsmo- delle hinsichtlich der Chancen und Risiken für eine gute Aufgabenwahrnehmung im SGB II vornehmen. Die Mitarbeitenden und Führungskräfte sollen bestmöglich in den Optimierungs- und Ver- änderungsprozess einbezogen werden. Daher haben seit Mai viele Mitarbeitende der ope- rativen Ebene an der Ist-Erhebung der Organisationsuntersuchung in Interviews, Gesprä- chen während der teilnehmenden Beobachtung oder auch in Prozess-Workshops mitge- wirkt. Die Führungskräfterunde arbeitet fast wöchentlich im Projektkontext der Organisati- onsuntersuchung an den Soll-Konzepten (Führung und Steuerung, Finanzen/Personal, Schnittstellen und Ablauforganisation). So sollten zunächst einige Richtungsentscheidun- gen getroffen werden und das Jobcenter auch während der Organisationsuntersuchung arbeitsfähig bleiben. Mitte August hat die gfa | public GmbH die Zwischenergebnisse in der Projektgruppe u.a. unter Beisein vom Dezernenten, dem Personalrat und der Gemeindeprüfungsanstalt NRW präsentiert. Ein weiterer Termin zur Präsentation der Zwischenergebnisse hat Ende Augst im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Stadt Mülheim an der Ruhr stattge- funden. 17
Was wollen Sie konkret erreichen? Die Zwischenergebnisse zeigen, dass es sowohl bei den Rahmenbedingen im Jobcenter, als auch bei fachlichen und steuerungsrelevanten Themen Entwicklungspotenziale gibt. Dabei ist zu beachten, dass die in der Zwischenergebnispräsentation dargelegten Befunde nicht gleichbedeutend mit den finalen Empfehlungen und Soll-Konzepten am Ende des Projektzeitraums sind. Einige Befunde können erst im Laufe des Projekts und spätestens bei der Berichterstattung zu den finalen Ergebnissen aufgegriffen werden und liegen aktuell noch nicht vor. Am Ende des Projektes sollen die groben zukünftigen Ausrichtungen in den jeweiligen Themenbereichen feststehen – und wo möglich bereits konkrete inhaltliche Ausarbeitungen vorliegen. Anfang November 2020 soll ein Maßnahmenplan erarbeitet werden, der die für relevant befundenen gutachterlichen Empfehlungen der gfa | public GmbH für die weitere Organisationsentwicklung im Jobcenter beschreibt. Ergänzend dazu wird die gfa | public GmbH die Aufbauorganisation des Jobcenters gutachterlich überprüfen und eine Bewer- tung unterschiedlicher Organisationsmodelle hinsichtlich der Chancen und Risiken für eine gute Aufgabenwahrnehmung im SGB II vornehmen. Am 12.11.2020 wird die gfa | public GmbH ihre Ergebnisse in der Projektgruppe u.a. unter Beisein vom vormaligen Dezernen- ten und nun Oberbürgermeister, dem Personalrat und der Gemeindeprüfungsanstalt NRW präsentieren. Am 24.11.2020 ist im Verwaltungsvorstand die Ergebnispräsentation und Beratung zum weiteren Vorgehen geplant. Welche Aktivitäten haben Sie geplant? Weiterarbeit mit den Bewertungen und Empfehlungen des Maßnahmeplans aus der gut- achterlichen Bewertung der Organisationsberatungsfirma gfa | public GmbH für die weitere Organisationsentwicklung: u.a. - Erstellung eines Konzepts zur fachlichen Führung und Anleitung (Fachaufsichtskonzept). - Aktualisierung von Fachkonzepten analog zur Optimierung der Geschäftsprozesse. - Anpassung von Geschäftsprozessen im Rahmen der Ablauforganisation – insbesondere des Fachkonzepts der Sozialraumorientierung: Erweiterung der Kundenkategorien um Förderziele als weiteres strukturierendes Element im Rahmen der Fallsteuerung, ein- schließlich aller Anpassungen der damit einhergehenden Änderungen für Kern- und Stütz- prozesse und ihrer Instrumente und den Standards zur Kontaktdichte. - Schaffung von Stellen und Akquisition von Personal im Rahmen einer Erhöhung der Stel- lenauslastung von 85 auf 100 %. - Umsetzung der Veränderungen in der Aufbauorganisation unter Einbezug des gutachterli- chen Vorschlags. - ggf. Änderung des Organisationsmodells nach dem gutachterlichen Vorschlag. - Kommunikation innerhalb und außerhalb der Organisation zu den geplanten Organisati- onsveränderungen. Die Bewertungen und gutachterlichen Empfehlungen der gfa | public GmbH liegen noch nicht abschließend vor. Tendenziell ist bereits an den vorgenannten „Aktivitäten“ des Maß- nahmeplans der Organisationsberatungsfirma erkennbar, dass sich Auswirkungen auf die geplanten Handlungsansätze zu den Schwerpunktthemen der Steuerung unter D. ergeben werden. Schon einzelne Aspekte des Maßnahmeplans wie z.B. Erstellung eines Konzeptes 18
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