Älter werden im Sprengelkiez - Ausgabe 2
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Ausgabe 2 | 2020 Älter werden im Sprengelkiez Unser Kiez für Senior*Innen: Corona und Politik im Kiez Was wird gebraucht? wie weiter! (S. 12) (S. 3) (S. 8)
Editorial Liebe Freunde, Kiezbote Infos • nächster Redaktionsschluss: 20.10.2020 Das Leben in Berlin und besonders im Sprengelkiez …• nächster Erscheinungstermin: 04.11.2020 nimmt langsam aber sicher wieder seinen gewohnten • den Kiezboten findet ihr u. a. in der Beuth Hoch- Lauf. Ist Corona jetzt vorbei? Wie geht es nun weiter? schule für Technik, in der Schiller-Bibliothek, im Darüber berichtet Herr Dallman auf den Seiten 8 und 9. Nachbarschaftsladen und in vielen Cafés im Kiez Auf Seite 9 nutzt Herr Rennert die Gelegenheit, um KIEZREDAKTEURE GESUCHT! zu verdeutlichen, dass der Kiezbote keine einzige, bestimmte Meinung vertritt. Er ist ein Kommunikati- onskanal für alle Menschen im Sprengelkiez. Die daraus INHALT folgenden Auseinandersetzungen gehören dazu, sollen jedoch konstruktiv bleiben. Seniorenarbeit stärken im Sprengelkiez 3 Unser Kiez für Senior*Innen 4-6 Wir widmen diese Ausgabe der Zeitung den Senioren. Sie machen einen großen Anteil der Bevölkerung im Verdrängung und Gentrifizierung hautnah 7 Kiez aus und sind an vielen Projekten beteiligt. Auf den Corona und wie weiter! 8-9 Seiten 3 bis 6 berichtet Herr Rennert über die aktuellen Aktivitäten für und mit Senioren. Alle Interessierten Halleyscher Komet und Schweinegrippe 10-11 sind herzlich eingeladen mitzuwirken. Leserbrief zu 2 Artikeln im letzten Kiezboten 11 Die Frage der Gentrifizierung bleibt aktuell. Kann man Politik im Kiez 12-13 nach 50 Jahren einfach so aus der Wohnung geworfen werden? Die traurige Geschichte von Frau D. auf Seite 7 Täuscht der Eindruck - das Bezirksamt gibt uns die Antwort auf diese Frage. verschauckelt das Himmelbeet? 14 Was hat der Halleysche Komet mit der Schweinegrippe und dem Coronavirus zu tun? Das erklärt uns Herr Aminata und Fritz - Bei den Massai 15 Herde auf Seite 10. Das Klima und der Kiez 16 Viele von uns behaupten, nichts mit Politik am Hut zu Wieder Müllsammelaktionen im Sprengelkiez 16 haben. Dabei beeinflussen politische Aktivitäten und Entscheidungen viele zivilgesellschaftliche Prozesse und somit auch unser Leben im Kiez. Auf den Seiten 12 und 13 bekommen wir einen Überblick. Namentlich gegenzeichnete Artikel müssen Was ist jetzt mit dem Himmelbeet? Gibt es endlich ein nicht mit der Meinung der Redaktion und Ersatzgelände? Ist der jetzige Standort gesichert? Oder des Herausgebers übereinstimmen. ist die Befürchtung von Herrn Rennert, dass das Bezirk- samt das Himmelbeet "verschaukelt" begründet? Mehr dazu auf Seite 14. IMPRESSUM Titelfoto: Und zu guter Letzt: Der runde Tisch im Sprengelkiez Foto: Claudia Schwarz · Motiv: Seniorenarbeit im Sprengelkiez setzt sich mit der Thematik "Klima und der Kiez" ausei- nander und lädt zur Informations- und Diskussionsver- Redaktion: Narcisse Djakam, Werner Frantz, Oliver H. Herde, Gerhard Hage- anstaltung am 16.09. ein. Dabei steht das Heizkraftwerk meier, Hans-Georg Rennert, Claudia Schwarz, Santiago Calderon, Moabit im Mittelpunkt. Sarah Buck, Siemen Dallman, Inka Benthin, Matthias Ohliger Satz und Gestaltung: Wir wünschen euch, eurer Familie und uns allen, dass iNTEgRiTUDE e. V. · Sprengelstraße 15 · 13353 Berlin wir gesund und wohlbehalten bleiben. Kontakt zur Redaktion: redaktion@kiezbote.org Herzlichst Herausgeber: euer Narcisse Djakam iNTEgRiTUDE e. V. · www.integritude.org · www.kiezbote.org www.integritude.org 2
Kiezstimmen Seniorenarbeit ken mit der Seniorenvertretung Mitte. Achten Sie auf Ankündigungen und Einladungen – alle stärken im Interessierte sind willkommen! Haben Sie Fragen – dann wenden Sie sich an mich: Sprengelkiez Hans – Georg Rennert / Gemeinsam im Stadtteil e.V. – SprengelHaus; Tel. 45 02 85 24 oder rennert@gisev.de Neu ab September: Senioren-Salon donnerstags 14.30 – 16.00 Uhr Seit dem 03.09. gibt es jede Woche donnerstags einen „Senioren-Salon“ in der Sprengelstraße 15 im 2. OG im Hinterhaus. Hier können Sie in einem ungezwungenen Rahmen Fragen zum „Äl- ter werden im Sprengelkiez“ – aber auch andere Teilnehmende des Kiezspaziergangs zum Durchgangsverkehr am 19.08 wichtige Themen, die Sie interessieren, bespre- chen. Regelmäßig wird jeden 4. Donnerstag im Der Sprengelkiez ist ein junger Kiez. Aber gut 2500 Monat Sibylla Dittrich, die im Kiez wohnt und in der 17000 Einwohner*innen sind 55 Jahre und älter. der Seniorenvertretung Mitte aktiv ist, dabei sein. Doch wo gibt es Aktivitäten und Angebote für ältere Schauen Sie vorbei! Wir treffen uns im 2. OG im Nachbarn und Nachbarinnen? Nur in den evangeli- Hinterhaus; Zugang über den Fahrstuhl. Weitere schen und katholischen Kirchengemeinden und in der Informationen bei Hans – Georg Rennert. Sprengelstraße 15 bei Fit4Age und im SprengelHaus. Der Bezirk wünscht sich „lebenswerte Nachbarschaft für ältere Menschen“. So werden seit Jahresanfang 2020 jährlich 30.000 € für „Seniorenarbeit stärken“ im SprengelHaus aus dem Bezirkshaushalt bereitgestellt. Doch kaum hatte Gemeinsam im Stadtteil e.V. mit ent- sprechenden Aktivitäten begonnen, kam Corona, und das öffentliche Leben und soziale Miteinander waren lahmgelegt. Nun haben die Aktivitäten unter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln vorsichtig wieder begonnen. Wichtig dabei: manchmal geht es um Fra- gen, die besonders Senior*innen betreffen, doch wir wollen mit den Aktivitäten möglichst Menschen aus verschiedenen Generationen (und Kulturen) anspre- chen. Was haben wir vor? Informationen zum Älter Werden im Kiez weiterge- ben, z.B. durch Veranstaltungen zu „Seniorensicher- heit“ oder eine Aktualisierung der Broschüre zu Seni- orenangeboten im Kiez. Austausch und Begegnung fördern, z.B. mit Erzählca- fés mit Menschen aus dem Kiez Selbstorganisation stärken, z.B. durch Zusammenwir- Texte: Hans-Georg Rennert, Bild: Matthias Ohliger 3
Kiezleben Unser Kiez für Senior*Innen: was wird gebraucht? Die SVM vertritt Bürger*Innen über 60 Vertreter der SVM im Gespräch wählte Interessensvertretung der Menschen ab 60 im Bezirk. Bürger*Innen über 60 können sich wählen las- Was benötigen unsere Seniorinnen und Senioren im sen, mit dem Ziel die „gesellschaftliche Teilhabe und Kiez? Was sind die aktuell dringendsten Themen? Wir Mitwirkung in allen Lebensbereichen“ älterer Men- haben mit Sibylla Dietrich und Ursula Wenzel, zwei schen zu verstärken. Die SVM hat hierfür ein gesetzlich Vertretern der Senior*Innenvertretung Mitte (SVM), festgelegtes Mitwirkungsrecht, d.h. die Vertreter*Innen gesprochen. haben zwar nicht das Recht abzustimmen, aber ein Rederecht in der BVV und wirken in zahlreichen Aus- Sibylla Dittrich verbrachte schon ihre Kindheit im schüssen mit. So wird sichergestellt, dass bei Entschei- Sprengelkiez, war ein Berufsleben lang im Kiez Lehre- dungen in der BVV auch immer der Blickwinkel von rin. Sie lebt inzwischen wieder im Haus ihrer Kindheit. älteren Menschen zur Sprache kommt. Hierbei sollen Sie wurde 2017 in die SVM gewählt. alle älteren Menschen Berücksichtigung finden, egal ob noch fit und sehr aktiv oder pflegebedürftigen und Ursula Wenzel wohnt als geborene Berlinerin seit fast weniger mobil. 60 Jahren im Bezirk. Sie ist im Kiez seit 2013 aktiv, nicht nur als Mitglied der SVM, sondern auch am run- SMV im Internet: https://www.berlin.de/ba-mitte/ den Tisch „Älter werden im Sprengelkiez “. politik-und-verwaltung/aemter/amt-fuer-sozia- les/seniorenvertretung/ Die Senior*Innenvertretung Mitte (SVM) ist die ge- 4
Kiezleben Wir haben heute über die wichtigsten wenn andere Menschen an einen denken, ein warmes Themen der SVM gesprochen, insbe- Wort ist nicht zu unterschätzen. Auch wenn jetzt die sondere im Zusammenhang im Spren- Lockerungen zunehmen, bleiben noch einige Proble- gelkiez. Hauptsächlich sprachen wir me bestehen. über Mobilität und Teilhabe an öffent- lichen Angeboten. Nachwievor ist das beherrschende Der durch die Pandemie ausgelöste Digitalisierungs- Thema Corona. Denn die Einschränkungen, die durch schub lässt gerade viele ältere Menschen außen vor. die Corona Pandemie notwendig wurden, haben be- Zudem werden häufig für Onlinedienste Kreditkar- sondere Auswirkungen für ältere Menschen. ten benötigt, die bei einer niedrigen Rente nicht zu bekommen sind. Hier fordert die SVM eine Öffnung Zusammengefasst lassen sich diese Forderungen an die der Angebote, so dass sie auch für Menschen ohne In- Politik formulieren: ternetzugang und Kreditkarten zugänglich sind. Kon- zeptideen liegen vor. So könnten Zeitfensterkarten für • Angebote im öffentlichen Bereich auch für Zoo- oder Museumsbesuche beispielsweise auch per Menschen ohne Internet, z.B. per Telefon Telefon erhältlich sein. Auch denkbar ist, feste Zeiträu- zugänglich halten (Zoo, Schwimmbäder, Mu- me festzulegen, in denen lediglich Menschen ab einem seen u.ä.) bestimmten Alter Zugang zu einer Einrichtung be- • Einkaufsmöglichkeit in fußläufiger Entfer- kommen, so dass die Reservierung eines spezifischen nung im Kiez erhalten Zeitfenstertickets hinfällig würde. • Zuverlässigkeit und Takt des 142er Busses verbessern, auch sonntags Einkaufen im Sprengelkiez wenn EDEKA schließt • vermehrte öffentliche Sitzmöglichkeiten im Kiez einrichten Wenn der EDEKA in der Sprengelstraße für die Bau- • Parksituation erleichtern und Falschparken maßnahmen geschlossen wird, gibt es keinen vollwer- ahnden, um Straßenübergänge für mobili- tigen Ersatz in fußläufiger Entfernung. Der nächste, tätseingeschränkte Bürger zugänglich zu hal- normalpreisige Supermarkt mit vollem Sortiment ist ten der ALDI am Friedrich-Krause-Ufer, für mobilitäts- • Parkhaus der Beuth-Hochschule nutzen, um eingeschränkte Mitmenschen praktisch nicht zu er- Parksituation im Kiez zu entschärfen reichen. Hier ist die dringende Bitte der SVM, einen • Auto als wichtiges Verkehrsmittel für Ersatz zu bewirken. Ein Vorschlag ist die Einrichtung Senior*Innen in lokalen Verkehrskonzepten eines Interims-Kaufladens, beispielsweise in der frei berücksichtigen gewordenen Lokalität Torstraße Ecke Sprengelstraße. Auch wurde die Bitte an EDEKA gerichtet, zumindest eine rudimentäre Einkaufsmöglichkeit aufrecht zu er- Lockdown für Senior*Innen mitdenken halten. Die durch den Lockdown vorgesehenen Kontaktein- Mobil im Kiez schränkungen treffen gerade alleinstehende, ältere Menschen besonders hart. Auch wirkt sich eine redu- Die Bewegung gerade von mobilitätseingeschränkten zierte Aktivität für ältere Menschen viel gravierender Menschen wird im Kiez teilweise stark durch unzuläs- aus als für jüngere. Sehr positiv erlebt wurde das En- sig geparkte Autos erschwert. Die meisten Bordsteine gagement der Nachbarn während Corona. Zahlreiche an Straßenecken im Kiez sind extra abgesenkt, damit Aushänge mit Hilfsangeboten für Einkäufe u.ä. waren auch Menschen mit Gehschwierigkeiten, Rollator oder schon kurz nach Beginn des Lockdowns in den Haus- Rollstuhl möglichst leicht die Straße überqueren kön- eingängen zu finden. Auch über die Plattform nebenan. nen. Sind diese Ecken zugeparkt, müssen Umwege ge- de gab es vielfältige Hilfsangebote. Auch als sehr posi- gangen werde. Bei einer Geheinschränkung sind auch tiv aufgenommen wurde das Engagement vom Spren- 20 Meter sehr weit. gelhaus, das während des Lockdown Briefe mit Coro- nabezug an die über 60-Jährigen versendete. Enthalten Laut AG Verkehr parken nicht nur Anwohner, sondern waren beispielsweise Tipps für sportliche Übungen auch Mitglieder der Beuth und des Krankenhauses im zuhause. Es ist gerade in schwierigen Zeiten schön, Kiez. Alle Einrichtungen haben eigene Parkmöglich- 5
Kiezleben keiten, die jedoch für die Mitarbeiter kostenpflichtig ausfällt, muss man dann die 30 Minuten im Stehen und daher nicht attraktiv sind. Eine Lösungsidee ist, warten. die Parkmöglichkeiten der Parkhäuser, zumindest des Parkhauses der Beuth-Hochschule in der Triftstraße Generell sollten mehr öffentliche Sitzgelegenheiten besser zu nutzen. Aktuell ist dies für Mitglieder der angeboten werden. Vor einigen Jahren gab es durch Uni kostenpflichtig, so dass diese lieber auf die öf- das Sprengelhaus die Initiative, bei der sich fünf loka- fentlichen, kostenlosen Parkplätze zurückzugreifen le Einrichtungen/ Gewerbe angeboten, täglich Bänke scheinen. Auch könnte dort Anwohnerparken kosten- heraus zu stellen und abends wieder herein zu holen. günstig oder kostenlos angeboten werden, was die Si- Als dies beim Bezirk angemeldet werden sollte, sollten tuation durch eine zunehmende Anzahl von Autos von jedoch die für Gaststätten üblichen Gebühren gezahlt Anwohnern im Kiez entspannen würde. werden. Da es sich hier aber um ein reines zivilgesell- schaftliches Engagement handelte, war diese Initiative damit leider gescheitert. Wir hoffen, dass das nächste bürgerliche Engagement konstruktiver aufgenommen wird oder der Bezirk die notwendigen Sitzgelegenhei- ten selbst bereitstellt. Mitmachen Damit die SVM ihren Einfluss wirklich nutzen kann, ist es natürlich wichtig, die Bedürfnisse und Sorgen der älteren Menschen im Bezirk zu kennen. Bewohner im Kiez über 60 sollen daher sehr gern ihre Sorgen und Handlungsbedarfe zur Sprache bringen. Hierfür gibt es einen “Kummerkasten” im Sprengelladen. Hier können Senioren und Seniorinnen äußern, was ihnen für den Kiez oder den Bezirk wichtig ist. Es geht hier- bei nicht um Rechtsberatung oder Ähnliches, sondern um Themen, die an die politischen Verantwortlichen weitergeben oder durch lokales Engagement angegan- gen werden können. Die Angebote des Sprengelhau- ses beispielsweise sind sehr umfangreich und richten Der Fahrplan des 142er-Bus ist recht übersichtlich sich am Bedarf aus. Wenn Verkehrskonzepte für Autos im Kiez erarbeitet werden, sollte stets bedacht werden, dass für viele älte- re Menschen die Fortbewegung mit dem Auto wesent- lich einfacher ist, als zu Fuß oder anderweitig. Generell sollten die Verkehrskonzepte ein reibungsloses Mitei- SPRECHSTUNDE nander von Fußgängern, Radfahrern und Autofahrern DER SENIORENVERTRETUNG MITTE IM SPRENGELHAUS unterstützen. jeden 4. Donnerstag im Monat von 14.30 - Ein wichtiger weiterer Mobilitätsfaktor ist der 142 er 16.00 Uhr im 2. OG Hinterhaus Bus. So verbindet er den Kiez beispielsweise mit dem Leopoldplatz. Hier ist ein Fahrplan auch für sonntags (Zugang über den Fahrstuhl) wünschenswert, z.B. für den Besuch der Kirche. Auch fährt der 142er Bus recht unzuverlässig, d.h. er ist teil- weise sehr unpünktlich (wesentlich zu früh oder zu spät) oder fällt ganz aus. Hinzu kommt, dass es an vie- len Haltestellen keine Wartebänke gibt. Wenn ein Bus Text:Hans – Georg Rennert, Bild: Matthias Ohliger 6
Kiezleben Nach 50 Jahren im Kiez aus der Wohnung geworfen?! - Verdrängung und Gentrifizierung hautnah … ihre Wohnungen verlassen. Im Frühjahr 2018 erhielt Frau D. Besuch vom neu- en Besitzer der Wohnung, Herrn K., der ihr sagte, dass sie bleiben kann – aber leider nicht, wie lange! Am 25.08.2019 erhielt Frau D. die Kündigung zum 31.05.2020. (Die gesetzlich längste Kündigungsfrist von neun Monaten, da sie schon so lange die Wohnung gemietet hat.) Herr K. meldete Eigenbedarf an. Als Nachweis des Eigenbedarfs schrieb er, dass er selbst dort wohnen möchte wegen der Nähe zur Arbeit, und er, wenn nötig, seine Mutter mit in der Wohnung auf- nehmen würde – die Wohnung liegt im 4. Stock … Transparente gegen Verdrängung in der Luxemburger Str. 31 Frau D. möchte aber die Wohnung und den Kiez nicht verlassen. Im September 2019 hat sie Widerspruch Frau D. zog 1971 mit ihrem Mann in ihre erste Woh- eingelegt. In der Begründung haben ihr Anwalt und sie nung in der Tegeler Straße 39. Hier wurde das Kind dargelegt, dass sie fest in der Nachbarschaft verwurzelt groß und ging in die Kita und Schule gegenüber, hier und gesundheitlich angeschlagen ist. Ein Herausreißen kennt sie sich aus. Ihr Mann verstarb schon in den aus der gewohnten Umgebung dürfte ihren gesund- 80ern. Sie konnte aufgrund der günstigen Miete die heitlichen Zustand verschlechtern. Sie ist 69 Jahre alt Wohnung (2 Zimmer, Kammer, Küche, Bad) halten. und bezieht nur eine geringe Alters- und Witwenren- Frau D. hat in den 90ern im Seniorenhilfsdienst Wed- te. Das macht sie auf dem Wohnungsmarkt nicht kon- ding gearbeitet und sich danach ehrenamtlich über die kurrenzfähig. Vergleichbarer Wohnraum ist nicht zu Osterkirche darum gekümmert, dass alte Menschen in beschaffen, so die Argumentation. Doch Herr K. und ihrer gewohnten Umgebung weiter leben konnten. sein Anwalt sehen das anders. Anfang September ist der Gerichtstermin. Nun scheint sie das Schicksal zu treffen, dass sie im Alter von 69 Jahren die Wohnung und den von ihr ge- Ist Frau D. wirklich kein Härtefall? Und ist es normal, liebten Sprengelkiez verlassen muss. Schicksal? Nein, dass man eine gesundheitlich angeschlagene, nicht ver- wenn es dazu kommt, dann ist das menschengemacht. mögende Nachbarin aus ihrer Wohnung schmeißen Ein Arzt, der die Wohnung vor einiger Zeit erworben kann? So geht Verdrängung … hat, hat „Eigenbedarf “ geltend gemacht und Frau D. gekündigt! Nachtrag: In ihrer Not hat sich Frau D. inzwischen an die Obdachlosenhilfe im Bezirksamt gewandt. Sie Das Haus Tegeler Straße 39 hat in den letzten gut 20 bietet Beratung und Unterstützung zur Vermeidung Jahren dreimal den Besitzer gewechselt, zuletzt 2017. drohender Wohnungslosigkeit. Die Mitarbeiterin dort Dann wurden die Wohnungen einzeln als Eigentums- ist sofort aktiv geworden und versucht unter anderem, wohnungen verkauft. Die Mieter wurden zuerst ge- einen Platz in einer Seniorenwohnanlage für Frau D. zu fragt, aber wer kann schon so viel Geld aufbringen? finden, da es auf dem Wohnungsmarkt so schwierig ist. In der Zwischenzeit mussten schon viele der alten Es sieht so aus, dass sich eine langjährige Nachbarin Mieter*innen, die kürzere Kündigungsfristen hatten, aus dem Sprengelkiez verabschieden muss. Text:Hans – Georg Rennert, Bild: Matthias Ohliger 7
Kiezleben Corona und wie weiter! Von Siemen Dallman Am Freitag den 13. März musste ich für eine kleine OP es kommt sogar die Frage auf: „Ist ja wohl doch nicht ins Krankenhaus. Als ich am Sonntagnachmittag nach ganz so schlimm“? Wir sollten darüber sehr froh sein, Hause entlassen wurde, war alles anders. Die meisten dass bei uns die ganzen Maßnahmen früh genug da Läden durften nicht mehr öffnen, alle Gaststätten, Ca- waren, und von uns konsequent eingehalten wurden. fés und Restaurants mussten schließen. Aber Eines muss uns klar sein, dieser Virus ist noch da und wird uns wahrscheinlich auch noch ein bis zwei Unsere Kinder durften nicht mehr in die Kitas und Jahre begleiten. Selbst wenn wir die Dunkelziffer der Schulen - ja sogar die Anbetungsstätten aller Religions- Infizierten in Deutschland auf ein bis zwei Millionen gemeinschaften mussten schließen. Wir sollten nach erhöhen, gibt es noch über 80 Millionen Menschen Möglichkeit alle zu Hause bleiben und uns keiner un- in der Bundesrepublik, die den Virus haben könnten nötigen Ansteckungsgefahr aussetzen. und ihn weitergeben. Man weiß zurzeit vielleicht et- was mehr, aber es gibt immer noch Ungewissheiten. Corona war voll da und hatte alles im Griff. Wir er- Niemand kann zum Beispiel etwas zu den Spätfolgen innern uns an die Bilder aus Italien, aus Spanien und der Gesundeten sagen. Es gibt Genesende, die großen aus Frankreich. Ein unbekannter Virus verbreitete sich Probleme mit der Lunge haben. Auch gibt es bei eini- rasant auf der ganzen Welt und fast überall stiegen die gen Kindern und Jugendlichen, die die Infektion gut Zahlen der Menschen, die starben, nicht nur weil die weggesteckt haben, ein anderes Problem. Das Immun- Intensivplätze in den Krankenhäusern nicht ausreich- system wird dermaßen aggressiv und sorgt für andere ten. Weltweit stieg die Angst vor dem Virus, und über- Erkrankungen, die dann auch in Einzelfällen zum Tod all wurde das öffentliche Leben weitestgehend ein- führen können. gestellt. Es mag sein, dass es an der ein oder anderen Stelle etwas übertrieben war. Aber dadurch, dass dieses Übertriebene Angst wäre jetzt wahrscheinlich auch Virus unbekannt war, und keiner genau sagen konnte, nicht hilfreich, aber eine gesunde Vorsicht schon. Wir wie es sich weiter ausbreiten und auswirken würde, können ja das Leben nicht für ein bis zwei Jahre an- musste man es wohl so machen. Eines muss man aber halten, somit musste es nach und nach weitere Locke- auch mal deutlich sagen: „Bilder wie in unseren Nach- rungen geben. Wir sollten aber nicht leichtsinnig wer- barländern sind uns in Deutschland erspart geblieben“. den und so tun, als wenn der Virus besiegt wäre. Das „Kühlcontainer voll mit Leichen und Massengräber Schlimmste, was uns allen passieren könnte, wäre, dass gab es bis jetzt bei uns nicht“. der Virus irgendwann in noch stärkerem Maße zurück- kommt, wenn viele der Lockerungen wieder zurückge- Nach ca. 12 Wochen Lockdown werden wir ungedul- nommen werden müssen, wenn sogar Betriebe wieder dig, denn die Zahl der Verstorbenen und Intensivpati- schließen müssten. enten bei uns sind ja nicht ganz so hoch geworden. Ja, Text: Siemen Dallmann, Bilder: Pixabay 8
Kiezleben Aber bei aller Vorsicht sollte man es auch nicht über- treiben mit der Vorsicht. Ein Spaziergang an der frischen Luft ist gut für unser Immunsystem. Wir brauchen auch Kontakt zu anderen Menschen, damit es uns weiter gut geht. Auch braucht vielleicht einer unserer Nachbarn unsere Hilfe. Aber alles bitte mit Einhaltung der neuen Regeln. Es stimmt zwar, dass es kein Leben ohne Risiko gibt. Aber keiner von uns fährt bei Rot über die Ampel, nur weil die Zahl der Verkehrstoten zurück geht. In diesem Sinne bleibt gesund und vor allem bleibt weiter vorsichtig und haltet die neuen Regeln ein. Bis bald im Kiez. Was können wir machen? Halten wir weiter Abstand und tragen da, wo viele Menschen zusammenkommen, weiter den Mund- Nasen Schutz, und waschen wir uns weiter hin in re- gelmäßigen Abständen die Hände. Tragen wir uns in die ausliegenden Kontakt-Listen ein, bitte mit unseren richtigen Namen und Adresse (diese werden nach 14 Tagen vernichtet). Ich möchte schon wissen, ob ich mich testen lassen sollte. Und vor allem, ob ich vorsich- tig sein muss, damit ich nicht noch andere anstecke. Ja, und wenn wir ein ungutes Gefühl haben, hören wir darauf und gehen kein unnötiges Risiko ein. Gerade wenn wir in Situationen kommen, wo doch sehr viele Menschen zusammenkommen. Wir sollten uns immer wieder fragen: „brauche ich das jetzt wirklich oder ist mir das Risiko einfach zu groß, mich anzustecken“? Auch die Corona Warn-App könnte eine große Hilfe sein, die erneuerte Ausbreitung gering zu halten. Sie kann aber nur erfolgreich sein, wenn möglichst viele Nachbarinnen und Nachbarn sie nutzen. Bei allen Be- denken, geben wir bei WhatsApp, Facebook und Ins- tagram weit mehr Daten ab. Ja sogar, wenn wir etwas bei Google suchen oder mit der EC-Karte bezahlen, werden mehr Daten von uns gespeichert. Vielleicht sollten wir uns einfach mal die Frage stellen: „Was ist, wenn ich nicht recht habe?“ Dann haben wir die Regeln eingehalten und sonst ist nichts passiert. Aber im umgekehrten Fall haben wir uns nicht an dir Regeln gehalten, und haben einige un- sere Nachbarn angesteckt. Einige sind sogar schwer er- krankt, ja der ein oder andere ist sogar gestorben. Noch mal: „Was passiert, wenn ich nicht recht habe?“ 9
Kiezleben Halleyscher Komet und Schweinegrippe - Historische Geschäfte mit der Angst Der Halleysche Komet tenpillen und Sauerstofflaschen Rekordumsätze er- zielt. Manche Menschen gerieten sogar dermaßen Im Jahre 1910 gab es eine weltweit verbreitete in Panik, dass sie Selbstmord begingen oder sie sich Furcht vor dem Halleyschen Kometen, dessen und andere durch Kurzschlusshandlungen in Le- Schweif im Mai mit der Erde in Berührung kom- bensgefahr brachten. men würde. Ein Wissenschaftler hatte mit Hilfe Den Aufgeschlossenen, welche sich beruhigten des Lichtspektrums giftiges Gas darin entdeckt oder von vorne herein nicht an den Weltuntergang und eine globale Katastrophe vorausgesagt, bei glaubten, bot sich beeindruckendes Himmels- welcher alles Leben vom Erstickungstode bedroht schauspiel und die Gelegenheit zu Kometen-Partys. sei. Rasch gab es Gegenstimmen, die über die ge- ringe Konzentration dieses Giftgases aufklärten. Die Schweinegrippe Dank seiner Atmosphäre verfügt unser Planet auch über ein leistungsfähiges Abwehrsystem. Zudem In den letzten Jahrzehnten ist vor allem die Furcht kreuzt der Komet mindestens seit Jahrtausenden vor Krankheiten beliebter geworden. Rinderwahn- alle 74 bis 79 Jahre die Erdbahn, ohne dass dies hier sinn, Vogelgrippe, Ebola stellen gewiss Anforde- jemals mehr Wirkung gezeigt hätte als hysterische rungen an die Medizin - an Krankenhauskeimen Zukunftsängste, da seine Sichtung meist als böse sterben jedoch beständig weit mehr Menschen. Vorbotschaft fehlgedeutet wurde. Hinter dieser einseitigen Berichterstattung stehen Schon immer gab es Menschen, die lieber nur alle zum einen die sensationslüsterne Presse und das schlechten Nachrichten glauben und sich von ih- ebenso geartete bereitwillig zahlende Publikum, ren Ängsten beherrschen lassen. Diese waren stets zum anderen eine mächtige Pharmaindustrie. leichte Opfer für gerissene Geschäftemacher und 2009 wurde die Schweinegrippe als neuester Auf- Demagogen. Zum Glück sahen die Staaten und hänger für die Massenhysterie herangezogen. Regierungen damals keinen politischen Nutzen in Bereits kurz zuvor hatte die von den Pharmakon- jedweder Einmischung. zernen durchdrungene und wesentlich mitfinan- Tatsächlich wurden 1910 mit Gasmasken, Kome- zierte WHO die Kriterien zur Ausrufung einer Text: Oliver H. Herde, Bilder: Pixabay 10
Kiezleben "Pandemie" herabgesetzt: Seither zählt nicht mehr die Verbreitung von Krankheitsfällen, sondern die bloßer Infektion. Damit ist die tatsächliche Gefähr- lichkeit eines Erregers nicht mehr von Betracht, so Andere Meinungen aus- wenig wie damit einhergehende Symptome. Zahl- lose Bakterien oder Viren sind beständig in unse- halten – das ist manch- rem mit ihnen infizierten Körper zugange und oft lebensnotwendig. mal schwer! In der von den Massenmedien geschürten Hyste- rie kauften viele Regierungen Impfstoffe, die dann Ein kurzer Leserbrief zu zwei Artikeln in überwiegend gar nicht in Einsatz kamen - glück- der Ausgabe 1 / 2020 licherweise, wie man sagen muss, da die übereilt entwickelten und nicht genug getesteten Präparate Der „Kiezbote“ vertritt NICHT eine bestimmte teils schwere Nebenwirkungen zeigten und sogar Meinung. Er bietet allen Interessierten die Mög- dauerhafte Impfschäden vorkamen. In der Rück- lichkeit, aus ihrer Sicht Mitteilenswertes – am schau erweist sich somit auch die Schweinegrippe besten mit Bezug zum Kiez – zu veröffentlichen. als harmlos im Vergleich zu den jährlichen Grip- So kommt es, dass in einer Ausgabe Artikel zu pewellen. Milliarden an Steuergeldern wurden finden sein können, in denen ganz verschiedene trotzdem verbrannt, und viele gesunde Menschen Meinungen vertreten werden. So z. B. in der letz- kaputtkuriert. ten Ausgabe zum „Mietendeckel“ und im Artikel „Wohnungsmarkt“. Quellen zu beiden Themen auf der Webseite: Zum letzten Artikel möchte ich mich äußern: Hier www. ohher.de/Halley.htm wird ein „Naturgesetz des Handels“ behauptet, dass immer Geltung behalten wird: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Naturgesetz! Naturgesetz??? Soweit ich weiß, ist dies eine von Menschen gemachte Regel und deshalb „natür- lich“ veränderbar, im Gegensatz zum Beispiel zur Schwerkraft. Wenn also in diesen Zusammenhän- gen von Naturgesetzen geschrieben wird, dann ist das für mich (schlecht getarnte) Ideologie! Und darauf reagiere ich allergisch … Wie auch auf Formulierungen, die mich einneh- men sollen, wie im Artikel „Corona – Hysterie“, in dem es heißt, dass unser Grundgesetz in mehreren Punkten faktisch aufgehoben sei, und dann: „Wen erinnert dies nicht an DDR und Nationalsozia- lismus?“ – Also: mich nicht! In der DDR wurden z.B. Menschen beim Versuch des Überquerens einer Grenze getötet, und die zahllosen Gräuelta- ten während der Nazizeit will ich gar nicht versu- chen aufzuzählen. Wenn man diese in Verbindung bringt mit den derzeitigen Maßnahmen zur Ein- dämmung des Corona-Virus, die zeitlich begrenz- te Einschränkungen bringen, hat man meiner Meinung nach den Maßstab und den Kompass verloren! Ich möchte nicht in so eine „Denke“ hin- eingezogen werden! Hans – Georg Rennert 11
Kiezleben Politik im Kiez Politik? Die ist doch weit weg. Im Berliner Abge- ordnetenhaus, im Bundestag oder sogar im EU Parlament in Straßburg und Brüssel. Das stimmt jedoch so nicht. Auch auf Bezirksebene wird ins- besondere in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Politik betrieben, die direkten Einfluss auf das Leben in unserem Sprengelkiez hat. Um hier mehr herauszufinden haben wir die für das Sprengelkiez zuständigen Vertreter von Linkspar- tei, SPD, Grünen, FDP und CDU angeschrieben. Mit den Vertretern von Linkspartei und CDU ha- ben wir jeweils ein Gespräch geführt, die Grünen haben unsere Fragen schriftlich beantworten. Der Termin mit der FDP musste leider wegen Krank- heit der Gesprächspartnerin kurzfristig ausfallen, die SPD hat sich leider auf unsere Anfrage nicht ge- meldet. Um die Antworten einordnen zu können ist es wichtig zu verstehen, was die Aufgaben der BVV In der Verkehrspolitik setzt die CDU auf ein ver- sind. Die BVV ist kein Parlament, sie beschließt nünftiges Miteinander zwischen den Verkehrsträ- keine Gesetze und kann die Ausgaben des Bezirks gern. Herr Fritz sprach sich dafür aus, möglichen nicht alleine bestimmen. Stattdessen kontrolliert Konflikten zwischen Rad- und Autoverkehr mit sie die Geschäftsführung des Bürgermeisters sowie kreativen Lösungen zu begegnen. Hier wurden ins- der Stadträte, macht Vorschläge und gibt Empfeh- besondere mehr und besser gekennzeichnete Fahr- lungen ab. Da der Wedding und damit auch das radwege und Fahrradparkhäuser genannt. Nach- Sprengelkiez zum Bezirk Mitte gehört, ist die „BVV fragen zur Umverteilung von öffentlichem Raum Mitte“ zuständig. Sie besteht aus 55 Bezirksverord- weg vom Auto (z.B. durch den Wegfall von Park- neten. Die größte Fraktion bildet die SPD (16 Ver- plätzen) wich Herr Fritz aus. Die CDU setzt sich ordnete), gefolgt von den Grünen (12), der Links- für den Erhalt der Kleingärten aus und möchte die partei (10), der CDU (7), der AfD (5), der FDP (3) „Catcherwiese“ in der Rehberge in eine Sport- und sowie der Gruppe der Piraten (2). Erholungsfläche umwandeln. Dies steht im Gegen- satz zum aktuellen Zustand als Naturschutzfläche. Für die CDU sind die drei wichtigsten Themen für den Sprengelkiez Sicherheit, Verkehr sowie Grün- Für die Linken haben wir mit Herrn Bordsted ge- flächen. Herr Fritz, stellvertretender Vorsitzender sprochen. Der freiberufliche Designer kam von den der CDU Wedding, gebürtiger Berliner und seit sei- Piraten zur Linken. Für ihn unterscheiden sich die nen Tagen als Schüler auf einer katholischen Schu- Linken von den anderen Parteien im grundsätzli- le Unionsmitglied erwähnt hier insbesondere den chen Politikansatz: „Unsere Politik orientiert sich Leopoldplatz. Er wünscht sich hier insbesondere immer am schwächsten Mitglied der Gesellschaft“, ein stärkeres Vorgehen gehen die Trinkerszene und so Bordsted. Als politische Hauptthemen nennt er die Durchsetzung eines Alkoholverbots. Darüber die Verkehrspolitik, die Mietenpolitik, sowie die hinaus sollte die Polizeipräsenz erhöht und die Vi- Vernetzung mit der Zivilgesellschaft. Nach der deoüberwachung ausgebaut werden. Durch diese Lösung der Verkehrsprobleme im Sprengelkiez Maßnahmen könne der „Angstraum“ Leopoldplatz gefragt, wird Herr Bordsted deutlich. Um die Wen- seinen Schrecken verlieren. de hin zu umweltfreundlichen Verkehrsmitteln zu Text und Bilder: Matthias Ohliger 12
Kiezleben schaffen, muss zwingend Verkehrsraum umverteilt der sie einen besonderen Fokus auf den Radverkehr werden. Dies schließt insbesondere eine Umwand- legen, die Wichtigkeit des Klimawandels. Hierbei lung von PKW-Parkplätzen ein. geht es nicht nur um die Verringerung der CO¬2- Emissionen in Kiez und Bezirk sondern auch um Bei der Mietenpolitik betont die Linkspartei, dass die Anpassung an die sich verändernden Klima- die meisten Regelungen Bundes- oder Landesrecht bedingungen. Zum Beispiel wurden bereits neue darstellen und die direkten Einflussmöglichkeiten klimaresiliente Bäume gepflanzt und die Bewässe- auf Bezirksebene begrenzt sind. Dies betrifft insbe- rung des Baumbestands verbessert. sondere die Mietpreisbremse und den Mietende- ckel. Auf Bezirksebene gibt es zwei Angriffspunkte: In der Mietenpolitik sehen die Grünen den Mili- Zum einen versucht die Linke den Bezirk dazu zu euschutz und das bezirkliche Vorkaufsrecht als die bewegen häufiger sein Vorkaufsrecht wahrzuneh- zentralen Instrumente um bezahlbaren Wohnraum men, also Mietwohnungen in öffentliches Eigen- zu erhalten. tum zu überführen und sie damit dem Markt zu Zum Abschluss unserer Gespräche haben wir so- entziehen und dauerhaft Einfluss auf die Mieten- wohl Herrn Fritz als auch Herrn Bordsted gefragt höhe nehmen zu können. Darüber hinaus setzen wie man sich in ihren Parteien politisch einbringen die Linken im außerparlamentarischen Bereich an. kann. Beide Lokalpolitiker betonen, dass dies sehr Laut Bordsted kennen viele Betroffene ihre Rechte einfach und niederschwellig möglich ist. Die CDU zum Beispiel bei Mieterhöhungen und Moderni- veranstaltet regelmäßig eine Bürgersprechstunde sierungen nicht. Aus diesem Grund hat die Links- zu der alle interessierten Bürgerinnen und Bürger partei eine regelmäßige Sprechstunde zum Thema mit ihren Anliegen kommen können. Auch der Mieten ins Leben gerufen, die in ihrem Büro in der Ortsvorstand und Herr Fritz selbst stehen jederzeit Tegeler Straße 39 durchgeführt wird. Hier können für ein Gespräch bereit. Auch bei der Linkspartei sich Mieter beraten lassen und auch mit anderen besteht die Möglichkeit einfach in deren Büro vor- Betroffenen vernetzen. Diese Beratung schließt an beizuschauen. Hier besteht auch als Nichtmitglied ein weiteres Thema an, das Herrn Bordsted und den die Möglichkeit sich sowohl bei der praktischen Linken besonders am Herzen liegt: Der Zusam- Arbeit in den einzelnen AGs als auch bei der pro- menarbeit mit zivilgesellschaftlichen Initiativen. grammatischen Weiterentwicklung einzubringen. Die Linkspartei sieht sich als ein Akteur, der die verschiedenen im Sprengelkiez und im Wedding Die Politik auf Kiez- und Bezirksebene bietet für aktiven Initiativen und Organisationen zusammen- alle Bewohnerinnen und Bewohner des Sprengel- bringt und deren Effektivität erhöht. kiezes die Möglichkeit, die Zukunft mit zu gestal- ten, und die Parteien sind hier ein wenn auch nicht Die Grünen betonen neben der Verkehrspolitik, in die einzige Anlaufstelle. 13
Kiezleben Täuscht der Eindruck - Das Bezirksamt verschaukelt das „himmelbeet“? und Amandla beschrieben, und das Konzept wurde als preiswürdig befunden. Doch plötzlich wurden Vorverträge zwischen Bezirk und Amandla unter- schrieben – und das himmelbeet war „draußen“. Die Aktiven machten sich auf die Suche und mach- ten mehrere Vorschläge – unter anderem auch nach Hinweisen und „Einladung“ aus dem Sprengelkiez für den Mettmannplatz und den „toten Stummel“ der Tegeler Straße nach deren Schließung an den Bahnüberführungen. Ende Oktober 2020 läuft der Nutzungsvertrag an der Ruheplatzstraße aus – Ende Februar gab es eine Bald läuft der Nutzungsvertrag für den Gemein- erste (!) Ortsbegehung mit Verantwortlichen aus schaftsgarten in der Ruheplatzstraße aus, und dem Bezirk am Mettmannplatz – und eine münd- nichts tut sich bei der Suche nach einem Ersatzs- liche Flächenzusage. Auf einer Telefonkonferenz tandort. Ende Mai wurde den Aktiven mitgeteilt, dass die Fläche wegen Bauarbeiten der Deutschen Bahn Ich vermute, dass viele Menschen aus dem Spren- und wegen der bestehenden Bäume NICHT zur gelkiez das himmelbeet in der Ruheplatzstraße Verfügung steht. Seitdem gelang es dem himmel- „hinter Karstadt“ kennen. Es ist meiner Ansicht beet nicht, mit dem Bezirksamt weiter zu kommu- nach bewundernswert, was die Aktiven in weni- nizieren! Das himmelbeet könnte ab 1. November gen Jahren aus der Brachfläche gemacht haben. Im ohne Fläche dastehen. Gemeinschaftsprojekt werden die Ziele „mehr Ge- rechtigkeit, mehr Zusammen, mehr Perspektive“ Doch plötzlich und unerwartet gibt es seit Som- mit Leben gefüllt. mer Probleme bei Bezirk und Amandla bei der Fi- nanzierung von bauvorbereitenden Maßnahmen Wenn ich richtig informiert bin, war immer unsi- (Fernwärmeleitung), so dass sich das Vorhaben cher, ob die Nutzung des Geländes dort mehr als verschiebt. Jetzt wir himmelbeet wieder eingela- eine Zwischennutzung sein kann. Von daher war den, EIN weiteres Jahr auf dem Gelände an der Ru- die Suche nach einen Ersatzgelände, oder aber die heplatzstraße zu bleiben – eine feste Zusage gibt es Sicherung des jetzigen Standorts Dauerthema für - Mitte August – noch nicht! die Aktiven im himmelbeet sowie Politik und Ver- waltung. WIE allerdings „der Bezirk“ mit dem him- Es ist nicht zu fassen! Die Gründe und Interessen melbeet umgeht, kann ich nicht fassen. Wenn ich so mit einem bewährten Gemeinschaftsprojekt mich richtig erinnere, geht die Geschichte so: umzugehen, erschließen sich mir nicht. Die Amandla-Stiftung will auf dem Gelände einen Nachtrag: Ich persönlich meine, dass das Gemein- „Safe-Hub“ schaffen, einen Ort, an denen Kinder schaftsprojekt ein anderes Gelände „verdient“ hät- und Jugendliche „mit der Kraft des Fußballs und te als den doch sehr abgehängten Mettmannplatz, Bildung ganzheitlich gefördert werden“. Sicherlich z.B. den Stummel der Tegeler Straße bis zur Bahn auch ein wichtiges Projekt für den Wedding. Erst in Verbindung mit dem Spielplatz oder gar die sollte himmelbeet weg, dann wurde mit einem Grünfläche zwischen Parkhaus und Triftstraße, Konzept der gemeinschaftlichen Planung und Um- aber ich höre schon die Gründe, warum das nicht setzung der Vorhaben eine Zukunft für himmelbeet geht … Text : Hans – Georg Rennert, Bild: Himmelbeet 14
Kiezkinder Bei den Massai Anderntags fahren Aminata, Fritz und ihre Eltern oder irgendwelchen Geldgebern vertreiben oder mit Gebhard in die Massai-Steppe. Er kennt sich ihre Gebräuche vorschreiben lassen. hier aus, denn auch hier hat der Onkel gute Freun- de gewonnen. Am Abend wieder im Hotel, drückt Fritz gegen- Von Ferne können sie endlich einige Büffel sehen, über den Eltern sein Mitleid mit den Massai aus: ebenso mancherlei verschiedene Vögel und gar "Die sind ja noch ärmer als die Leute in Aminatas zwei Giraffen. Immer wieder bleibt der Wagen ste- Dorf! Das hat sogar sie gemerkt!" hen, damit alle in Ruhe schauen können. Mit der „Es ist einfach eine andere Lebensweise", beru- Kamera des Vaters darf Fritz viele Fotos und Filme higt die Mutter. „Geld und überhaupt Besitz sind aufnehmen. Zwar staunt Aminata über das techni- nicht die einzigen Merkmale von Wohlstand, den sche kleine Spielzeug und findet es lustig, sich selbst die Massai nach der Zahl ihrer Rinder bemessen. einmal daran zu versuchen, aber so recht nützlich Zufriedenheit jedoch lässt sich nicht kaufen, denn kommt es ihr dann doch nicht vor. "Die Tiere sind dann will der Mensch nur immer mehr und kann ja so winzig darin!" findet sie. "Ohne das Ding sieht deswegen nie ganz zufrieden sein. Dabei sind man sie doch weit besser!" Freundschaften und Freiheit ja um ein Vielfaches wichtigere Voraussetzungen. Außerdem werden die Später zieht eine Gruppe von Massai vorüber, An- Massai auch seltener krank als wir, weil sie natürli- gehörigen eines in Tansania und Kenia verbreiteten cher leben und dadurch ein besser geübtes Immun- Volksstammes. Die Männer tragen große Decken system haben. Tansania hat innerhalb Afrikas eine oder Tücher ähnlich wie Umhänge, die vor allem in der höchsten durchschnittlichen Lebenserwartun- roten und violetten Tönen gehalten sind. Jeder von gen." ihnen hält einen Stab oder eine Lanze. "Vielleicht sind sie auf dem Weg zur Jagd, aber ver- Das kann auch der Vater bestätigen: "Ja, unsere me- mutlich patrouillieren sie nur etwas umher", erklärt dizinischen Möglichkeiten sind zwar toll, aber oft Gebhard. wird etwas viel zu schnell und zu viel behandelt und mit Medikamenten, Therapien oder Operationen Bei ein paar Lehmhütten wird angehalten. Hier mehr Schaden angerichtet als geheilt. Und schau wohnt niemand mehr; die Gebäude dienen nur dir die anderen Nebenwirkungen der modernen noch den Touristen zur Anschauung. Lediglich ein Gesellschaft an! Die Umweltverschmutzung macht einheimischer guter Bekannter Gebhards führt die die Welt nicht nur hässlicher - sie schadet auch un- Besucher umher und erklärt allerlei. serer Gesundheit, und das mehr als es irgendwelche Aminata und Fritz kommt das alles sehr ärmlich Krankheitserreger könnten." vor. Sie wundern sich darüber, dass die Massai ihre Zwar fällt es Fritz noch immer schwer sich vorzu- alte Lebensweise behalten wollen, anstatt die Seg- stellen, ein Leben wie ein Massai oder auch nur nungen der Zivilisation zu übernehmen. Denn, so wie Aminata zu führen - so ganz ohne Comics und stellt der Fremdenführer klar, es liegt nicht bloß Computerspiele - aber denen geht es ja offenbar am Geld, sondern ist eine bewusste Entscheidung umgekehrt ebenso. Es hängt wohl sehr viel davon der Massai. Sie wollen sich nicht von der Regierung ab, wie man aufwächst und was man gewöhnt ist. Konzept: Narcisse Djakam; Text: Oliver H. Herde 15
Das Klima und der Kiez: Wieder Was ist eigentlich mit dem Müllsammelaktionen Heizkraftwerk Moabit? im Sprengelkiez Der Runde Tisch Sprengelkiez lädt zu einer Informations- und Diskussionsveranstaltung am 18.11. von 18.30 bis 20.30 Uhr ins Aktive Anwohner*innen und die Beschäftig- SprengelHaus ein. ten im Nachbarschaftsladen laden wieder zu Müllsammelaktionen im Sprengelkiez ein. Das Weltklima? – das ist doch weit weg! Weit ge- Greifzangen, Handschuhe und Müllbeutel wer- fehlt! Ich bin schon oft am Heizkraftwerk Moabit den gestellt. Bitte gute Laune mitbringen! Alle, am Kanal vorbeigefahren, ohne mir viele Gedan- die mitmachen möchten, treffen sich bitte am ken zu machen. Vielleicht ging es Ihnen ähnlich? 19.09. vor dem Nachbarschaftsladen im Spren- Dort wird KOHLE zur Erzeugung von Strom und gelHaus. Bitte achten Sie auf Aushänge für Uhr- Fernwärme genutzt. Wenn also das Land Berlin zeit und weitere Informationen oder fragen Sie „aus der Kohle aussteigen“ will, dann muss sich ei- im Nachbarschaftsladen nach. niges im Heizkraftwerk Moabit ändern. Was wird dann aus der Fernwärme? Am 16.09.20 haben wir einen Vertreter des Betrei- bers (Vattenfall) eingeladen, um uns die Situation und Pläne für das Heizkraftwerk zu erläutern. Wir hoffen, dass jemanden vom BUND bzw. Kohle- ausstieg Berlin anwesend sein wird, um uns die Vorschläge zur „Wärmewende in Berlin: 100% er- neuerbar und sozialverträglich“ vorzustellen. Wir hoffen auf eine „heiße“ - und zivilisierte – Diskus- sion. Der Runde Tisch Sprengelkiez – ist offen für alle, denen der Sprengelkiez am Herzen liegt. Alle In- teressierten sind zur Teilnahme und Beteiligung eingeladen. Ort. Veranstaltungsraum im 2. OG im Hinterhaus. Wir beachten die AHA – Regeln. Höchstens 20 Teilnehmer*innen sind möglich. Um Anmeldung wird gebeten! Kontakt: Hans – Georg Rennert, Gemeinsam im Stadtteil e.V. / SprengelHaus; Tel. 45 02 85 24; info@gisev.de Wer Lust und Ideen hat, melde sich unter: info@runder-tisch-sprengelkiez.de oder 0176-24825083 Web: www.runder-tisch-sprengelkiez.de Pflanzkübel in der Fehmarner Straße - von Nachbar*innen aufgestellt Text : Hans – Georg Rennert, Bild: Siemen Dallman Herausgeber: 16
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